der Wohnung automatisch eine
Klingel in Betrieb, welche die Hausfrau
herbeiruft, oder auch nicht. Sonst muß
der Besucher im Lift, in dem sich inzwi-
schen auch das Licht ausschaltet,
so daß man völlig im Dunkeln steht,
an die Lifttür klopfen, um von
jemand in der Wohnung gehört zu
werden, der ihm dann öffnen könnte
(Für den "Entrée de service❬1❭" geht der
Lift nur bis zur Etage darunter, so-
daß jeder Ankömmling, der nicht GAST
ist, noch eine Treppe zu Fuß gehen muß)

Fast alle Bilder aus meiner Kindheit
sind Bilder "kühlschöner Beschaulichkeit",
wo ich selbst ein morgenstarres Etwas,
ein Zubehör zum Bild bin

"mehr horchend als zuhörend"
Als müßte man für sich die vorsichtig
schönen Lebensformen
der alten
Literatur wiederfinden, fürs Leben

Das Kind aufgewacht, die Augen weit offen,
sagt erst lange gar nichts; erst als laut
mein Magen knurrt, lacht sie, sagt
aber noch immer nichts

Manche verwenden das Wort "Gedanken"
nur für ihre SORGEN ("Ich mache mir
65
der Wohnung automatisch eine Klingel in Betrieb, welche die Hausfrau herbeiruft, oder auch nicht. Sonst muß der Besucher im Lift, in dem sich inzwischen auch das Licht ausschaltet, so daß man völlig im Dunkeln steht, an die Lifttür klopfen, um von jemand in der Wohnung gehört zu werden, der ihm dann öffnen könnte❬)❭ (Für den "Entrée de service❬1❭" geht der Lift nur bis zur Etage darunter, sodaß jeder Ankömmling, der nicht GAST ist, noch eine Treppe zu Fuß gehen muß)​
Fast alle Bilder aus meiner Kindheit sind Bilder "kühlschöner Beschaulichkeit", wo ich selbst ein morgenstarres Etwas, ein Zubehör zum Bild bin​
"mehr horchend als zuhörend"​
Als müßte man für sich die vorsichtig schönen Lebensformen der alten Literatur wiederfinden, fürs Leben​
Das Kind aufgewacht, die Augen weit offen, sagt erst lange gar nichts; erst als laut mein Magen knurrt, lacht sie, sagt aber noch immer nichts​
Manche verwenden das Wort "Gedanken" nur für ihre SORGEN ("Ich mache mir ​
❬1❭Übersetzung: "Dienstboteneingang"


der Wohnung automatisch eine
Klingel in Betrieb, welche die Hausfrau
herbeiruft, oder auch nicht. Sonst muß
der Besucher im Lift, in dem sich inzwi-
schen auch das Licht ausschaltet,
so daß man völlig im Dunkeln steht,
an die Lifttür klopfen, um von
jemand in der Wohnung gehört zu
werden, der ihm dann öffnen könnte
(Für den "Entrée de service❬1❭" geht der
Lift nur bis zur Etage darunter, so-
daß jeder Ankömmling, der nicht GAST
ist, noch eine Treppe zu Fuß gehen muß)

Fast alle Bilder aus meiner Kindheit
sind Bilder "kühlschöner Beschaulichkeit",
wo ich selbst ein morgenstarres Etwas,
ein Zubehör zum Bild bin

"mehr horchend als zuhörend"
Als müßte man für sich die vorsichtig
schönen Lebensformen
der alten
Literatur wiederfinden, fürs Leben

Das Kind aufgewacht, die Augen weit offen,
sagt erst lange gar nichts; erst als laut
mein Magen knurrt, lacht sie, sagt
aber noch immer nichts

Manche verwenden das Wort "Gedanken"
nur für ihre SORGEN ("Ich mache mir
65
der Wohnung automatisch eine Klingel in Betrieb, welche die Hausfrau herbeiruft, oder auch nicht. Sonst muß der Besucher im Lift, in dem sich inzwischen auch das Licht ausschaltet, so daß man völlig im Dunkeln steht, an die Lifttür klopfen, um von jemand in der Wohnung gehört zu werden, der ihm dann öffnen könnte❬)❭ (Für den "Entrée de service❬1❭" geht der Lift nur bis zur Etage darunter, sodaß jeder Ankömmling, der nicht GAST ist, noch eine Treppe zu Fuß gehen muß)​
Fast alle Bilder aus meiner Kindheit sind Bilder "kühlschöner Beschaulichkeit", wo ich selbst ein morgenstarres Etwas, ein Zubehör zum Bild bin​
"mehr horchend als zuhörend"​
Als müßte man für sich die vorsichtig schönen Lebensformen der alten Literatur wiederfinden, fürs Leben​
Das Kind aufgewacht, die Augen weit offen, sagt erst lange gar nichts; erst als laut mein Magen knurrt, lacht sie, sagt aber noch immer nichts​
Manche verwenden das Wort "Gedanken" nur für ihre SORGEN ("Ich mache mir ​
❬1❭Übersetzung: "Dienstboteneingang"
Zitiervorschlag

Handke, Peter: Notizbuch 16.04.1976-08.05.1976 (NB 004). Hg. von Johanna Eigner und Katharina Pektor. In: Ders.: Notizbücher. Digitale Edition. Hg. von Katharina Pektor, Ulrich von Bülow und Bernhard Fetz. Deutsches Literaturarchiv Marbach und Österreichische Nationalbibliothek, Wien: Release 14.06.2024. Seite 67. URL: https://edition.onb.ac.at/fedora/objects/o:hnb.nb.197604-197605/methods/sdef:TEI/get?mode=p_67. Online abgerufen: 21.11.2024.

Transkription und Übersetzung fremdsprachiger oder stenographierter Textstellen

Ioannis Fykias (Altgriechisch), Ana Grigalashvili (Georgisch), Angelika Kolesnikow (Russisch), Anna Montané Forasté (Spanisch), Helmut Moysich (Italienisch, Französisch), Martin Springinklee (Steno), Dominik Srienc (Slowenisch) und Dorothea Weber (Latein).

Lizenzhinweis

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