Nathalie nicht identifiziert
hat dauernd im Reden
diesen Ton der Ausgeschimpften,
Zurechtgewiesenen, dennoch aber
beharrlich auf alles Versessenen

Sie heulte auf, als sie am Telefon
hörte, daß ihr Vater krank sei;
und die Mutter sagte mir, ich sollte
sie umarmen, sie sei so sensibelliebe ihren Vater so;
dann ging ich sie also trösten, und sah,
daß sie schon ganz gedankenlos
Seifenblasen fliegen ließ

Ich betrachtete das fremde Kind
ohne Zuneigung (und das fiel mir
auf – als sei es fast undenkbar,
einem Kind gegenübersitzend, es
ohne Zuneigung zu betrachten)

Ein Tag, an dem man, wie
sonst nie beim Werfen oft das
Ziel verfehlt

Ich glaube, es ist auch dieses
so eindeutig blaue Hemd, das
mich heute so griesgrämig macht

Meine Abneigung gegen "glockenhelle"
Stimmen

Geteilte Langeweile, die Schmerz
wurde, doppelt

51
Nathalie nicht identifiziert
hat dauernd im Reden diesen Ton der Ausgeschimpften, Zurechtgewiesenen, dennoch aber beharrlich auf alles Versessenen​
Sie heulte auf, als sie am Telefon hörte, daß ihr Vater krank sei; und die Mutter sagte mir, ich sollte sie umarmen, sie sei so sensibel❬,❭liebe ihren Vater so; dann ging ich sie also trösten, und sah, daß sie schon ganz gedankenlos Seifenblasen fliegen ließ​
Ich betrachtete das fremde Kind ohne Zuneigung (und das fiel mir auf – als sei es fast undenkbar, einem Kind gegenübersitzend, es ohne Zuneigung zu betrachten)​
Ein Tag, an dem man, wie sonst nie beim Werfen oft das Ziel verfehlt​
Ich glaube, es ist auch dieses so eindeutig blaue Hemd, das mich heute so griesgrämig macht​
Meine Abneigung gegen "glockenhelle" Stimmen​
Geteilte Langeweile, die Schmerz wurde, doppelt​

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Nathalie nicht identifiziert
hat dauernd im Reden
diesen Ton der Ausgeschimpften,
Zurechtgewiesenen, dennoch aber
beharrlich auf alles Versessenen

Sie heulte auf, als sie am Telefon
hörte, daß ihr Vater krank sei;
und die Mutter sagte mir, ich sollte
sie umarmen, sie sei so sensibelliebe ihren Vater so;
dann ging ich sie also trösten, und sah,
daß sie schon ganz gedankenlos
Seifenblasen fliegen ließ

Ich betrachtete das fremde Kind
ohne Zuneigung (und das fiel mir
auf – als sei es fast undenkbar,
einem Kind gegenübersitzend, es
ohne Zuneigung zu betrachten)

Ein Tag, an dem man, wie
sonst nie beim Werfen oft das
Ziel verfehlt

Ich glaube, es ist auch dieses
so eindeutig blaue Hemd, das
mich heute so griesgrämig macht

Meine Abneigung gegen "glockenhelle"
Stimmen

Geteilte Langeweile, die Schmerz
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hat dauernd im Reden diesen Ton der Ausgeschimpften, Zurechtgewiesenen, dennoch aber beharrlich auf alles Versessenen​
Sie heulte auf, als sie am Telefon hörte, daß ihr Vater krank sei; und die Mutter sagte mir, ich sollte sie umarmen, sie sei so sensibel❬,❭liebe ihren Vater so; dann ging ich sie also trösten, und sah, daß sie schon ganz gedankenlos Seifenblasen fliegen ließ​
Ich betrachtete das fremde Kind ohne Zuneigung (und das fiel mir auf – als sei es fast undenkbar, einem Kind gegenübersitzend, es ohne Zuneigung zu betrachten)​
Ein Tag, an dem man, wie sonst nie beim Werfen oft das Ziel verfehlt​
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Zitiervorschlag

Handke, Peter: Notizbuch 08.05.1976-13.06.1976 (NB 005). Hg. von Anna Estermann und Katharina Pektor. In: Ders.: Notizbücher. Digitale Edition. Hg. von Katharina Pektor, Ulrich von Bülow und Bernhard Fetz. Deutsches Literaturarchiv Marbach und Österreichische Nationalbibliothek, Wien: Release 14.06.2024. Seite 55. URL: https://edition.onb.ac.at/fedora/objects/o:hnb.nb.197605-197606/methods/sdef:TEI/get?mode=p_55. Online abgerufen: 23.11.2024.

Transkription und Übersetzung fremdsprachiger oder stenographierter Textstellen

Ioannis Fykias (Altgriechisch), Ana Grigalashvili (Georgisch), Angelika Kolesnikow (Russisch), Anna Montané Forasté (Spanisch), Helmut Moysich (Italienisch, Französisch), Martin Springinklee (Steno), Dominik Srienc (Slowenisch) und Dorothea Weber (Latein).

Lizenzhinweis

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