verloren hat; Gefühl der tiefsten
Nacht, obwohl erst früher Abend
ist; Gedanken an das Messer,
das man sich hineinrennen wird;
und dazwischen Gedanken an die
in diesem Fall zu viel gezahlte
Miete; Schadenfreude sich selber
gegenüber: "Geschieht dir recht!", daß
man die Katastrophe verdient
hätte, weil man sich bis jetzt zu
oft bei Nebensächlichem aufgehal-
ten und dieses aufgeblasen hätte
als Leben: ❬Un-❭ Gefühl der Schande
und der Schuld, ohne Tragik;
die Panik ist gefühllos; und
doch g❬ab❭ es Ansätze zu den tägli-
chen ❬Verri❭chtungen, als ob deren
Ausführung eine Ordnung die übliche
Ordnung nach sich ziehen könnte:
Schließen der Fensterläden, Ab-
waschen von Gläsern usw.; große
wunde Leere in der Brust, und
die nicht einmal traurige, einfach
nur fühllos tatsächliche Gewiß-
heit, daß einem nicht einmal
der Wahnsinn oder der Selbst-
mord offenstehen, sondern daß
man einfach fassungslos
110
verloren hat; Gefühl der tiefsten Nacht, obwohl erst früher Abend ist; Gedanken an das Messer, das man sich hineinrennen wird; und dazwischen Gedanken an die in diesem Fall zu viel gezahlte Miete; Schadenfreude sich selber gegenüber: "Geschieht dir recht!", daß man die Katastrophe verdient hätte, weil man sich bis jetzt zu oft bei Nebensächlichem aufgehalten und dieses aufgeblasen hätte als Leben: Un- Gefühl der Schande und der Schuld, ohne Tragik; die Panik ist gefühllos; und doch gab es Ansätze zu den täglichen Verrichtungen, als ob deren Ausführung die übliche Ordnung nach sich ziehen könnte: Schließen der Fensterläden, Abwaschen von Gläsern usw.; große wunde Leere in der Brust, und die nicht einmal traurige, einfach nur fühllos tatsächliche Gewißheit, daß einem nicht einmal der Wahnsinn oder der Selbstmord offenstehen, sondern daß man einfach fassungslos

Kein Stellenkommentar auf der aktuellen Seite vorhanden.


verloren hat; Gefühl der tiefsten
Nacht, obwohl erst früher Abend
ist; Gedanken an das Messer,
das man sich hineinrennen wird;
und dazwischen Gedanken an die
in diesem Fall zu viel gezahlte
Miete; Schadenfreude sich selber
gegenüber: "Geschieht dir recht!", daß
man die Katastrophe verdient
hätte, weil man sich bis jetzt zu
oft bei Nebensächlichem aufgehal-
ten und dieses aufgeblasen hätte
als Leben: ❬Un-❭ Gefühl der Schande
und der Schuld, ohne Tragik;
die Panik ist gefühllos; und
doch g❬ab❭ es Ansätze zu den tägli-
chen ❬Verri❭chtungen, als ob deren
Ausführung eine Ordnung die übliche
Ordnung nach sich ziehen könnte:
Schließen der Fensterläden, Ab-
waschen von Gläsern usw.; große
wunde Leere in der Brust, und
die nicht einmal traurige, einfach
nur fühllos tatsächliche Gewiß-
heit, daß einem nicht einmal
der Wahnsinn oder der Selbst-
mord offenstehen, sondern daß
man einfach fassungslos
110
verloren hat; Gefühl der tiefsten Nacht, obwohl erst früher Abend ist; Gedanken an das Messer, das man sich hineinrennen wird; und dazwischen Gedanken an die in diesem Fall zu viel gezahlte Miete; Schadenfreude sich selber gegenüber: "Geschieht dir recht!", daß man die Katastrophe verdient hätte, weil man sich bis jetzt zu oft bei Nebensächlichem aufgehalten und dieses aufgeblasen hätte als Leben: Un- Gefühl der Schande und der Schuld, ohne Tragik; die Panik ist gefühllos; und doch gab es Ansätze zu den täglichen Verrichtungen, als ob deren Ausführung die übliche Ordnung nach sich ziehen könnte: Schließen der Fensterläden, Abwaschen von Gläsern usw.; große wunde Leere in der Brust, und die nicht einmal traurige, einfach nur fühllos tatsächliche Gewißheit, daß einem nicht einmal der Wahnsinn oder der Selbstmord offenstehen, sondern daß man einfach fassungslos

Kein Stellenkommentar auf der aktuellen Seite vorhanden.

Zitiervorschlag

Handke, Peter: Notizbuch 16.09.1976-03.11.1976 (NB 008). Hg. von Anna Estermann und Katharina Pektor. In: Ders.: Notizbücher. Digitale Edition. Hg. von Katharina Pektor, Ulrich von Bülow und Bernhard Fetz. Deutsches Literaturarchiv Marbach und Österreichische Nationalbibliothek, Wien: Release 14.06.2024. Seite 112. URL: https://edition.onb.ac.at/fedora/objects/o:hnb.nb.197609-197611/methods/sdef:TEI/get?mode=p_112. Online abgerufen: 21.11.2024.

Transkription und Übersetzung fremdsprachiger oder stenographierter Textstellen

Ioannis Fykias (Altgriechisch), Ana Grigalashvili (Georgisch), Angelika Kolesnikow (Russisch), Anna Montané Forasté (Spanisch), Helmut Moysich (Italienisch, Französisch), Martin Springinklee (Steno), Dominik Srienc (Slowenisch) und Dorothea Weber (Latein).

Lizenzhinweis

Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International License (CC BY-NC-ND 4.0)

Weitere Informationen entnehmen Sie den Lizenzangaben.

Links