glänzt

Panische UrinspurenZeichnung❬a❭
Zum Denken müßte er sich eigentlich zu Boden
werfen (auch um das voreilige Denken zu ver-
hindern, das voreilige Bild, die voreilige Sprache)

er sich die Brust aufreißen wollen für die
Abendlandschaft, die Stadt im Kessel und die
nahen ungeheuren Berge; die Lärchenwälder
in ihrer wolkigen Gräue inmitten und vor den
Fichtenwäldern wie Rauch und Staub; die
vielfarbige Stadt mit de m ❬n❭ Häusern in alle
Richtungen, stolz, einheitlich, die Kirche all-
mählich als das einzig Unbeleuchtete

Seelenruhig zurückrutschen auf dem Eis
Die Lärchenzweige wie aufgetrennte Rosenkränze
(zerrissen) kreuz und quer auf dem Schnee, da-
zwischen die Nadeln (seltsame Geographie,
Landkarte)

In der Milde des Schneeabends; die Büschel
der duftenden Lärchen"nadeln", die doch sehr
weich sind in der Hand

Schillernde Ölspuren auf dem schmelzenden
Eis (vom Traktor vor der Kirche)

Die Kirche innen in der Dämmerung: kein
Gehäuse mehr, sondern ein Abstellraum,
d❬ü❭ster, weihelos, trotz des glimmenden Ewigen
Lichts; das gotische Rippengewölbe wie
verdrehte Balken gegen den Einsturz, das
riesige Kruzifix❬1❭ von der Decke hängend als
aus der Decke Gebrochenes von einem Erd-
beben (Schmelzwasser tropft noch draußen)

" – Ich bin jetzt hier"; Tageslichtrest durch
das Schlüsselloch
85
glänzt​
Panische UrinspurenZeichnung❬a❭
Zum Denken müßte er sich eigentlich zu Boden werfen (auch um das voreilige Denken zu verhindern, das voreilige Bild, die voreilige Sprache)​
– sich die Brust aufreißen wollen für die Abendlandschaft, die Stadt im Kessel und die nahen ungeheuren Berge; die Lärchenwälder in ihrer wolkigen Gräue inmitten und vor den Fichtenwäldern wie Rauch und Staub; die vielfarbige Stadt mit den Häusern in alle Richtungen, stolz, einheitlich, die Kirche allmählich als das einzig Unbeleuchtete​
Seelenruhig zurückrutschen auf dem Eis​
Die Lärchenzweige wie aufgetrennte Rosenkränze (zerrissen) kreuz und quer auf dem Schnee, dazwischen die Nadeln (seltsame Geographie, Landkarte)​
In der Milde des Schneeabends; die Büschel der duftenden Lärchen"nadeln", die doch sehr weich sind in der Hand​
Schillernde Ölspuren auf dem schmelzenden Eis (vom Traktor vor der Kirche)​
Die Kirche innen in der Dämmerung: kein Gehäuse mehr, sondern ein Abstellraum, düster, weihelos, trotz des glimmenden Ewigen Lichts; das gotische Rippengewölbe wie verdrehte Balken gegen den Einsturz, das riesige Kruzifix❬1❭ von der Decke hängend als aus der Decke Gebrochenes von einem Erdbeben (Schmelzwasser tropft noch draußen)​
" – Ich bin jetzt hier"; Tageslichtrest durch das Schlüsselloch​
❬1❭Kruzifix: Darstellung Christi Jesus Christus
am Kreuz (www.dwds.de )

Zeichnungen

❬a❭Z01/NB 014: Urinspuren – gewellte Linie; kleine eh. Zeichnung (Fineliner: blau), mit korrespondierender Notiz: "Panische Urinspuren"(ES. 87).


glänzt

Panische UrinspurenZeichnung❬a❭
Zum Denken müßte er sich eigentlich zu Boden
werfen (auch um das voreilige Denken zu ver-
hindern, das voreilige Bild, die voreilige Sprache)

er sich die Brust aufreißen wollen für die
Abendlandschaft, die Stadt im Kessel und die
nahen ungeheuren Berge; die Lärchenwälder
in ihrer wolkigen Gräue inmitten und vor den
Fichtenwäldern wie Rauch und Staub; die
vielfarbige Stadt mit de m ❬n❭ Häusern in alle
Richtungen, stolz, einheitlich, die Kirche all-
mählich als das einzig Unbeleuchtete

Seelenruhig zurückrutschen auf dem Eis
Die Lärchenzweige wie aufgetrennte Rosenkränze
(zerrissen) kreuz und quer auf dem Schnee, da-
zwischen die Nadeln (seltsame Geographie,
Landkarte)

In der Milde des Schneeabends; die Büschel
der duftenden Lärchen"nadeln", die doch sehr
weich sind in der Hand

Schillernde Ölspuren auf dem schmelzenden
Eis (vom Traktor vor der Kirche)

Die Kirche innen in der Dämmerung: kein
Gehäuse mehr, sondern ein Abstellraum,
d❬ü❭ster, weihelos, trotz des glimmenden Ewigen
Lichts; das gotische Rippengewölbe wie
verdrehte Balken gegen den Einsturz, das
riesige Kruzifix❬1❭ von der Decke hängend als
aus der Decke Gebrochenes von einem Erd-
beben (Schmelzwasser tropft noch draußen)

" – Ich bin jetzt hier"; Tageslichtrest durch
das Schlüsselloch
85
glänzt​
Panische UrinspurenZeichnung❬a❭
Zum Denken müßte er sich eigentlich zu Boden werfen (auch um das voreilige Denken zu verhindern, das voreilige Bild, die voreilige Sprache)​
– sich die Brust aufreißen wollen für die Abendlandschaft, die Stadt im Kessel und die nahen ungeheuren Berge; die Lärchenwälder in ihrer wolkigen Gräue inmitten und vor den Fichtenwäldern wie Rauch und Staub; die vielfarbige Stadt mit den Häusern in alle Richtungen, stolz, einheitlich, die Kirche allmählich als das einzig Unbeleuchtete​
Seelenruhig zurückrutschen auf dem Eis​
Die Lärchenzweige wie aufgetrennte Rosenkränze (zerrissen) kreuz und quer auf dem Schnee, dazwischen die Nadeln (seltsame Geographie, Landkarte)​
In der Milde des Schneeabends; die Büschel der duftenden Lärchen"nadeln", die doch sehr weich sind in der Hand​
Schillernde Ölspuren auf dem schmelzenden Eis (vom Traktor vor der Kirche)​
Die Kirche innen in der Dämmerung: kein Gehäuse mehr, sondern ein Abstellraum, düster, weihelos, trotz des glimmenden Ewigen Lichts; das gotische Rippengewölbe wie verdrehte Balken gegen den Einsturz, das riesige Kruzifix❬1❭ von der Decke hängend als aus der Decke Gebrochenes von einem Erdbeben (Schmelzwasser tropft noch draußen)​
" – Ich bin jetzt hier"; Tageslichtrest durch das Schlüsselloch​
❬1❭Kruzifix: Darstellung Christi Jesus Christus
am Kreuz (www.dwds.de )

Zeichnungen

❬a❭Z01/NB 014: Urinspuren – gewellte Linie; kleine eh. Zeichnung (Fineliner: blau), mit korrespondierender Notiz: "Panische Urinspuren"(ES. 87).
Zitiervorschlag

Handke, Peter: Notizbuch 08.01.1978-24.04.1978 (NB 014). Hg. von Anna Estermann und Katharina Pektor. In: Ders.: Notizbücher. Digitale Edition. Hg. von Katharina Pektor, Ulrich von Bülow und Bernhard Fetz. Deutsches Literaturarchiv Marbach und Österreichische Nationalbibliothek, Wien: Release 14.06.2024. Seite 87. URL: https://edition.onb.ac.at/fedora/objects/o:hnb.nb.197801-197804/methods/sdef:TEI/get?mode=p_87. Online abgerufen: 21.09.2024.

Transkription und Übersetzung fremdsprachiger oder stenographierter Textstellen

Ioannis Fykias (Altgriechisch), Ana Grigalashvili (Georgisch), Angelika Kolesnikow (Russisch), Anna Montané Forasté (Spanisch), Helmut Moysich (Italienisch, Französisch), Martin Springinklee (Steno), Dominik Srienc (Slowenisch) und Dorothea Weber (Latein).

Lizenzhinweis

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