daß auch mein Bewußtsein
anonym wird

Ich starrte diesen mir Bekann-
ten so lange an, bis ich fürchtete,
nie mehr in die Bekanntschaft
zurückzufinden (es sei denn,
durch fürchterliches Grimassenschnei-
den)

Sein Dilemma: Er wollte keine
Schwierigkeiten vorführen müssen
mit den Wörtern, aber er wollte
auch nichts vortäuschen an
Harmonie in der Sprache, er
wollte wahr sein

Ein Tag, kaum unterbrochen durch
Denken

Die Frau im Zug: statt sie an-
zustarren, sollte ich besser
versuchen, sie nicht zu vergessen

Der Nachtwind an den Hemd-
ärmeln

Von Leuten, mit denen man war,
weggehen wie von einem Ver-
hör, wo einem kein Geständnis
entlockt werden konnte

? Alles, was ich bemerke,
49
daß auch mein Bewußtsein anonym wird​
Ich starrte diesen mir Bekannten so lange an, bis ich fürchtete, nie mehr in die Bekanntschaft zurückzufinden (es sei denn, durch fürchterliches Grimassenschneiden)​
Sein Dilemma: Er wollte keine Schwierigkeiten vorführen müssen mit den Wörtern, aber er wollte auch nichts vortäuschen an Harmonie in der Sprache, er wollte wahr sein​
Ein Tag, kaum unterbrochen durch Denken​
Die Frau im Zug: statt sie anzustarren, sollte ich besser versuchen, sie nicht zu vergessen​
Der Nachtwind an den Hemdärmeln​
Von Leuten, mit denen man war, weggehen wie von einem Verhör, wo einem kein Geständnis entlockt werden konnte​
Alles, was ich bemerke, ​

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daß auch mein Bewußtsein
anonym wird

Ich starrte diesen mir Bekann-
ten so lange an, bis ich fürchtete,
nie mehr in die Bekanntschaft
zurückzufinden (es sei denn,
durch fürchterliches Grimassenschnei-
den)

Sein Dilemma: Er wollte keine
Schwierigkeiten vorführen müssen
mit den Wörtern, aber er wollte
auch nichts vortäuschen an
Harmonie in der Sprache, er
wollte wahr sein

Ein Tag, kaum unterbrochen durch
Denken

Die Frau im Zug: statt sie an-
zustarren, sollte ich besser
versuchen, sie nicht zu vergessen

Der Nachtwind an den Hemd-
ärmeln

Von Leuten, mit denen man war,
weggehen wie von einem Ver-
hör, wo einem kein Geständnis
entlockt werden konnte

? Alles, was ich bemerke,
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daß auch mein Bewußtsein anonym wird​
Ich starrte diesen mir Bekannten so lange an, bis ich fürchtete, nie mehr in die Bekanntschaft zurückzufinden (es sei denn, durch fürchterliches Grimassenschneiden)​
Sein Dilemma: Er wollte keine Schwierigkeiten vorführen müssen mit den Wörtern, aber er wollte auch nichts vortäuschen an Harmonie in der Sprache, er wollte wahr sein​
Ein Tag, kaum unterbrochen durch Denken​
Die Frau im Zug: statt sie anzustarren, sollte ich besser versuchen, sie nicht zu vergessen​
Der Nachtwind an den Hemdärmeln​
Von Leuten, mit denen man war, weggehen wie von einem Verhör, wo einem kein Geständnis entlockt werden konnte​
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Zitiervorschlag

Handke, Peter: Notizbuch 23.05.1977-14.10.1977 (NB 012). Hg. von Johanna Eigner und Katharina Pektor. In: Ders.: Notizbücher. Digitale Edition. Hg. von Katharina Pektor, Ulrich von Bülow und Bernhard Fetz. Deutsches Literaturarchiv Marbach und Österreichische Nationalbibliothek, Wien: Release 14.06.2024. Seite 53. URL: https://edition.onb.ac.at/fedora/objects/o:hnb.nb.197705-197710/methods/sdef:TEI/get?mode=p_53. Online abgerufen: 21.11.2024.

Transkription und Übersetzung fremdsprachiger oder stenographierter Textstellen

Ioannis Fykias (Altgriechisch), Ana Grigalashvili (Georgisch), Angelika Kolesnikow (Russisch), Anna Montané Forasté (Spanisch), Helmut Moysich (Italienisch, Französisch), Martin Springinklee (Steno), Dominik Srienc (Slowenisch) und Dorothea Weber (Latein).

Lizenzhinweis

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