als ob man sie schon tiefst berührt
hätte, intim st

Eine wilde Traurigkeit hat ihn (ihn
durchpulsend), darüber, daß er einem Freund
nichts mehr sagen kann; daß er sich ver-
schweigen muß vor ihm, ab jetzt, für alle
Zeit

Das Kind erschauert über den einzigen Baum
in der Landschaft; daneben erglänzt schon
der rauchende Gletscher (Eiszeittraum)

Blind geworden, geriet er mit der Hand in
das Maul eines großen Hundes; sehend
und doch nicht sehend

Die letzte, rote Sonne in der Bahnhofssenke,
der Bahnsteig verlassen wie in der Nacht

S.'s Sorger, Valentin
Körper in der Umformung (F.-E.❬1❭)

selbstbewußte Traurigkeit: er sorgt sich we-
nigstens nicht mehr

Er schreit sie an: "Ich will nicht nach mir ge-
fragt werden! Ich verbitte mir deine Sorge."

Ballspiel im Regen
"Ich kann denken: ich kritisiere" (oder
einfach nur: unterscheide)

Wieder Nachmittag: und die Zeit bricht alle
Beziehungen ab, überall ragen gerissene
Stahldrähte aus einem, in einen hinein

"Moi seul je sens mon coeur et je connais
les hommes"❬2❭

Ihr Mund, der nach Tierleber roch
Sie seufzte neben ihm als plötzlich altge-
wordene Frau

Sie bewegt sich nicht, als S. Sorger, Valentin
mit ihr
schläft, doch hat er das Gefühl einer schweren,
77
als ob man sie schon tiefst berührt hätte, intim​
Eine wilde Traurigkeit hat ihn (ihn durchpulsend), darüber, daß er einem Freund nichts mehr sagen kann; daß er sich verschweigen muß vor ihm, ab jetzt, für alle Zeit​
Das Kind erschauert über den einzigen Baum in der Landschaft; daneben erglänzt schon der rauchende Gletscher (Eiszeittraum)​
Blind geworden, geriet er mit der Hand in das Maul eines großen Hundes; sehend und doch nicht sehend​
Die letzte, rote Sonne in der Bahnhofssenke, der Bahnsteig verlassen wie in der Nacht​
S.'s Sorger, Valentin
Körper in der Umformung (F.-E.❬1❭)​
selbstbewußte Traurigkeit: er sorgt sich wenigstens nicht mehr​
Er schreit sie an: "Ich will nicht nach mir gefragt werden! Ich verbitte mir deine Sorge."​
Ballspiel im Regen​
"Ich kann denken: ich kritisiere" (oder einfach nur: unterscheide)​
Wieder Nachmittag: und die Zeit bricht alle Beziehungen ab, überall ragen gerissene Stahldrähte aus einem, in einen hinein​
"Moi seul je sens mon coeur et je connais les hommes"❬2❭
Ihr Mund, der nach Tierleber roch​
Sie seufzte neben ihm als plötzlich altgewordene Frau​
Sie bewegt sich nicht, als S. Sorger, Valentin
mit ihr schläft, doch hat er das Gefühl einer schweren, ​
❬1❭F.-E.: Ein in den Notizbüchern häufig verwendetes Kürzel, das einem Hinweis von Peter Handke zufolge als "Form-Element" aufzulösen ist.
❬2❭Rousseau: Les Confessions. Les Confessions
1973, S. 33 LV. Übersetzung: "Einzig und allein ich. Ich fühle mein Herz – und ich kenne die Menschen." (Rousseau: Bekenntnisse. Les Confessions
1956, S. 7 LV)


als ob man sie schon tiefst berührt
hätte, intim st

Eine wilde Traurigkeit hat ihn (ihn
durchpulsend), darüber, daß er einem Freund
nichts mehr sagen kann; daß er sich ver-
schweigen muß vor ihm, ab jetzt, für alle
Zeit

Das Kind erschauert über den einzigen Baum
in der Landschaft; daneben erglänzt schon
der rauchende Gletscher (Eiszeittraum)

Blind geworden, geriet er mit der Hand in
das Maul eines großen Hundes; sehend
und doch nicht sehend

Die letzte, rote Sonne in der Bahnhofssenke,
der Bahnsteig verlassen wie in der Nacht

S.'s Sorger, Valentin
Körper in der Umformung (F.-E.❬1❭)

selbstbewußte Traurigkeit: er sorgt sich we-
nigstens nicht mehr

Er schreit sie an: "Ich will nicht nach mir ge-
fragt werden! Ich verbitte mir deine Sorge."

Ballspiel im Regen
"Ich kann denken: ich kritisiere" (oder
einfach nur: unterscheide)

Wieder Nachmittag: und die Zeit bricht alle
Beziehungen ab, überall ragen gerissene
Stahldrähte aus einem, in einen hinein

"Moi seul je sens mon coeur et je connais
les hommes"❬2❭

Ihr Mund, der nach Tierleber roch
Sie seufzte neben ihm als plötzlich altge-
wordene Frau

Sie bewegt sich nicht, als S. Sorger, Valentin
mit ihr
schläft, doch hat er das Gefühl einer schweren,
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als ob man sie schon tiefst berührt hätte, intim​
Eine wilde Traurigkeit hat ihn (ihn durchpulsend), darüber, daß er einem Freund nichts mehr sagen kann; daß er sich verschweigen muß vor ihm, ab jetzt, für alle Zeit​
Das Kind erschauert über den einzigen Baum in der Landschaft; daneben erglänzt schon der rauchende Gletscher (Eiszeittraum)​
Blind geworden, geriet er mit der Hand in das Maul eines großen Hundes; sehend und doch nicht sehend​
Die letzte, rote Sonne in der Bahnhofssenke, der Bahnsteig verlassen wie in der Nacht​
S.'s Sorger, Valentin
Körper in der Umformung (F.-E.❬1❭)​
selbstbewußte Traurigkeit: er sorgt sich wenigstens nicht mehr​
Er schreit sie an: "Ich will nicht nach mir gefragt werden! Ich verbitte mir deine Sorge."​
Ballspiel im Regen​
"Ich kann denken: ich kritisiere" (oder einfach nur: unterscheide)​
Wieder Nachmittag: und die Zeit bricht alle Beziehungen ab, überall ragen gerissene Stahldrähte aus einem, in einen hinein​
"Moi seul je sens mon coeur et je connais les hommes"❬2❭
Ihr Mund, der nach Tierleber roch​
Sie seufzte neben ihm als plötzlich altgewordene Frau​
Sie bewegt sich nicht, als S. Sorger, Valentin
mit ihr schläft, doch hat er das Gefühl einer schweren, ​
❬1❭F.-E.: Ein in den Notizbüchern häufig verwendetes Kürzel, das einem Hinweis von Peter Handke zufolge als "Form-Element" aufzulösen ist.
❬2❭Rousseau: Les Confessions. Les Confessions
1973, S. 33 LV. Übersetzung: "Einzig und allein ich. Ich fühle mein Herz – und ich kenne die Menschen." (Rousseau: Bekenntnisse. Les Confessions
1956, S. 7 LV)
Zitiervorschlag

Handke, Peter: Notizbuch 24.04.1978-26.08.1978 (NB 015). Hg. von Anna Estermann, Vanessa Hannesschläger und Katharina Pektor. In: Ders.: Notizbücher. Digitale Edition. Hg. von Katharina Pektor, Ulrich von Bülow und Bernhard Fetz. Deutsches Literaturarchiv Marbach und Österreichische Nationalbibliothek, Wien: Release 14.06.2024. Seite 79. URL: https://edition.onb.ac.at/fedora/objects/o:hnb.nb.197804-197808/methods/sdef:TEI/get?mode=p_79. Online abgerufen: 21.11.2024.

Transkription und Übersetzung fremdsprachiger oder stenographierter Textstellen

Ioannis Fykias (Altgriechisch), Ana Grigalashvili (Georgisch), Angelika Kolesnikow (Russisch), Anna Montané Forasté (Spanisch), Helmut Moysich (Italienisch, Französisch), Martin Springinklee (Steno), Dominik Srienc (Slowenisch) und Dorothea Weber (Latein).

Lizenzhinweis

Distributed under the Creative Commons Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 International License (CC BY-NC-ND 4.0)

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