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Liste der Korrespondenzen

Lemberg, 7. Juli 1880 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lemberg in Galizien 7/7 80
Sixtusgasse 14.

Sehr geehrter Herr Doctor!

Aus dem neuesten Hefte von Schnorrs Archiv ersehe ich, dass Ihnen Benzlers Nachlaß zur Veröffentlichung überlassen wurde. Nun hat Heinrich Pröhle in seinem ‚Friedrich der Grosse u. d. d. L.‘ S. 270 f einen Brief Hirzels an Gleim vom 14. März 1759 mitgeteilt. Es wäre also wol möglich, dass sich andere Briefe Hirzels in diesem Nachlasse vorfinden, vielleicht also auch einige an E. v. Kleist. Sie wissen wol aus der Zs., sehr geehrter Herr Doctor, dass ich in meiner Kleistausgabe auch die gesammelten Briefe drucken lasse und ich möchte Sie freundlichst gebeten haben, mir das Einschlägige aus den Papieren gütigst mitzutheilen. Wie sehr man bei ähnlichen Sammlungen unter der Unvollständigkeit und Lückenhaftigkeit des Mater[ia]les leidet, ist Ihnen ja so bekannt wie mir. Ich darf also wol die Bitte anfügen, wenn Sie sonst etwas von ungedruckten oder versteckten Kleistischen Briefen wissen, mir darüber Nachricht zu geben.
Entschuldigen Sie meinen Brief. Durch gemeinsame Freunde wie etwa Erich Schmidt und Karl Luick meine ich Ihnen nicht ganz unbekannt zu sein, wie ich umgekehrt immer gerne von Ihnen erzählen hörte.
Mit hochachtungsvollen Grüßen
Ihr
Ergebener
Dr. August Sauer.

Würzburg, 10. Juli 1880 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzburg 10 juli 1880.
Herzogengasse 5

Sehr geehrter herr doktor,

Der verfasser des Brawe und des fünffüssigen iambus hat nicht nöthig mir seinen namen durch gemeinsame freundesbeziehungen wolklingend zu machen. Ich freue mich herzlich der gelegenheit mit Ihnen in persönliche beziehungen zu treten.
Freilich ohne dass Sie sich freuen werden: ich kann Ihnen nichts bieten! der Benzlernachlass enthält keine zeile von oder an Kleist, überhaupt nur briefe an und von Benzler (in sehr geringen ausnahmen kommt ein anderer briefwechsel als referat zur geltung), beginnt überhaupt erst mit dem jahre 1767. Woher Benzlers enkel den brief Hirzels hatte, den er Pröhle gab, weiss ich nicht; jedenfalls zufällig, da sein grossvater erst 1768 mit Gleim in berührung kommt. Übrigens ist der bei Pröhle genannte dr. Benzler (inzwischen †) eben derjenige, welcher die papiere seines grossvaters der klosterschule Rossleben schenkte, von wo ich dieselben bekommen habe. Von einer zersplitterung des nachlasses ist in Rossleben nichts bekannt.
Auch andere spuren Kleistscher briefe habe ich nicht gefunden. Ich bedauere für Sie dies resultat. seien Sie versichert, dass ich Ihnen sofort nachricht gebe, wenn ich etwas entdecke das für Sie werthvoll sein könnte.
Der name Kleist wird in den briefen, die mir vorliegen, öfters genannt; natürlich; wenn ich mich recht erinnere ohne irgend eine bedeutende aufklärung. Wie etwa, das können Sie aus dem beifolgenden sonderabdruck eines noch nicht erschienenen heftes der Zs des Harzvereins ersehen. Ich musste die sichtung der briefe liegen lassen, so sind sie mir etwas entfremdet. im august werde ich wol an die ausarbeitung gehen. Dann kann ich vielleicht mehr sagen, wenn auch stellen über Kleist keinen unmittelbaren werth für Ihre arbeit haben.
Mit den ergebensten grüssen eilig

Ihr
dr BSeuffert.

Liebegottesgrube bei Rossitz, Mähren, 1. August 1880 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Liebegottesgrube 1.8.80

Sehr geehrter [Her]r College! Herr Custos Janicke war so freundlich, die beiden von Ihnen bezeichneten Bändchen mir von Halberstadt hierher zu senden. Der Quartband enthält aber nur 4 Lieder von den 11 der Lessingschen Ausgabe. Ich kann daher noch nichts anfangen. Im Texte weichen diese Lieder von der L. Sammlung nur an 4 oder 5 Stellen ab. Es ist fraglich, ob überhaupt alle Lieder in Einzeldruck erschienen sind, Körte spricht nur von fünfen. In diesem Falle müsste entschieden die Lessingsche Sammlung dem Neudrucke zu Grunde gelegt werden. Finden sich alle Einzeldrucke vor, dann stimme ich mit Ihnen für diese.
Mit herzlichen Grüssen aus meiner sommerlichen Faulheit
Ihr AugustSauer.

Würzburg, 28. Dezember 1880 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzbg. 28 XII 80.

Geehrter herr kollege, zu s. 6 Ihrer mir gütigst vorgelegten Kleistuntersuchungen glaube ich Ihnen mitteilen zu sollen, dass Sie vielleicht bei h. premierlieutenant a. d. von Goeckingk in Wiesbaden (Blumenweg 2) über Ramlers nachlass etwas erfahren können. Derselbe soll sich für seinen urgrossvater, den dichter, sehr interessieren; ich kenne ihn nicht u. weiss von seiner existenz nur dadurch, dass ich von einem gemeinsamen bekannten ersucht wurde, genanntem herrn Goeckingkiana zuzustellen, wenn ich auf solche stosse; dazu hatte ich bisher keine gelegenheit. Jedesfalls ist er sammler des nachlasses Gs, ich vermute, dass er sein biograph werden will. Wollen Sie davon nicht mehr gebrauch machen, als für Ihre zwecke Ihnen notwendig erscheint.
Meinen anzeigen hoffe ich bald den neudruck des ‚Otto‘ nachsenden zu können.
Prosit neujahr!
Ergebenster
BSeuffert.

Lemberg, 31. Dezember 1880 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

L. Sylvester, 1880.

Herzlichen Dank, geehrter Herr College, für Ihre freundliche, aufmerksame Mitteilung, die ich mir in den nächsten Tagen zu Nutzen machen werde. Bis heute hielt mich die Vollendung der Kleist-Biographie ab, die endlich morgen nach Berlin wandern soll. Auch für Ihre beiden Recensionen sage ich Ihnen meinen besten Dank. Dass wir alle Ihre Neudrucke sehnlichst erwarten und freudig begrüßen werden, brauche ich Ihnen nicht zu versichern; bes. wir an den Grenzen der Civilisation postirten ‚Pionniere‘.
Mit den fröhlichsten Neujahrswünschen
Ergebenst
August Sauer.

Lemberg, 15. Januar 1881 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lemberg 15/I 81.

Meinen besten Dank, sehr geehrter Herr Collega, für Ihre schöne Gabe und noch einmal ein herzliches Glückauf! Zum Beginn Ihres Unternehmens, dem ich recht raschen Fortgang wünsche. Kleist I. wird sich nächstens einstellen u. bittet um Nachsicht!! Ihre Mitteil. habe ich bereits genutzt u. bin insofern zu einem Resultate gekommen, als mir Herr Goeckingk mitteilte, sein Urgroßvater habe Ramlers Nachlass in 3 Paketen 1802 der Königl. Bibl. in Berlin übergeben, worüber er die Empfangsbestät. besitze. Es ist also reine Faulheit der Berliner Herren dass sich derselbe noch nicht wieder vorfand. Ich will also von Neuem in Berlin Schritte thun.
Hochachtungsvoll Ergebenst
AS.

Würzburg, 13. März 1881 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzburg 13.III.81.

Sehr geehrter herr kollege,
Soeben erhalte ich von Hempel Ihre Kleistausgabe und beeile mich für das wichtige buch zu danken. Durch den ferienbeginn kann ich die lektüre und das studium sofort aufnehmen.
Nächstens hoffe ich Ihnen das 2. stück meiner DLDenkm. schicken zu können.
Mit hochachtungsvollen grüssen
BSeuffert.

Berlin, 4. Juli 1881 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Berlin W. Krausenstrasse 6/7
Werners Hotel. 4 VII 81.



Sehr geehrter herr kollege,

Eine vertrauliche bitte! Möchten Sie in meinen Litteraturdenkmalen des 18. jhrhs. das 4. heft, Gleims Grenadierlieder herausgeben?
Ich gestehe Ihnen offen, dass ich es selbst thun wollte, nun aber da ich das ganze semester u. bis in den herbst hinein auf wissenschaftlichen reisen bin, finde ich schwer die zeit dazu. Sie würden also mir einen doppelt grossen gefallen erweisen, wenn Sie sich zur herausgabe entschlössen; einmal indem es mir überhaupt schmeichelhaft wäre Sie zum ersten mitarbeiter zu haben u. dann, indem Sie mich von einer augenblicklichen last befreien. Abgesehen davon sind Sie ja durch Ihre Kleiststudien der eigentlich berufene mann, auch diesen patrioten zu edieren u. es kann Ihnen keine mühe machen, da Sie ja Ihre vertrautheit mit dieser specialität in deutlichster weise bewiesen haben. Dass ich gerade Sie darum bitte, ist auch auf veranlassung Scherers geschehen, der mir Sie geradezu als den einzigen erprobten herausgeber bezeichnet hat.
Die einrichtung der sammlung darf ich als bekannt voraussetzen. es handelt sich um einen neudruck der 1. ausgabe. Sollten Sie auf eine kritische ausgabe, d. h. auf das beifügen des kritischen apparates (offen gestanden wider mein erwarten) gewicht legen, so würde ich meinen verleger dazu bestimmen. In der vorrede sind Sie nur verpflichtet, über das bibliographische aufschluss zu geben. Doch würde es mir lieb sein, wenn Sie die litteraturgeschichtliche bedeutung einem allgemein gebildeten leserkreise darlegten, wie Sie es für Kleist ja so vorzüglich thaten. Einen bogen vorrede nehme ich als normalmass; doch würde auch ein etwas grösserer umfang Ihrem bedarf zur verfügung gestellt werden können. Ich bäte die arbeit bis oktober etwa druckferig zu machen, damit das heft im november erscheinen kann. Die druckerei ist gut und prompt.
Mit Henninger haben Sie nichts zu schaffen; nur mit mir. Um auch das äusserliche gleich zu fixieren, teile ich Ihnen mit, dass Sie pro bogen 20 m. honorar bei einer auflage von 1000 ex. erhalten. Wahrscheinlich wird aber vom 4. heft die aufl. 1500 ex. betragen, Sie also 30 m. pro bogen erhalten. Zudem 20 freiex. Ich lese als herausgeber 1 revision.
Nun bitte ich Sie diese nur für Sie bestimmte einladung sich zu überlegen u. mir hoffentlich den erbetenen bescheid zu geben. Bis ende der woche trifft mich Ihre antwort hier. Darnach Halberstadt postlagernd. Selbstverständlich wäre ich bereit, Ihnen in Halb. etwas nachzusehen.
Mit freundlichem grusse eilig

Ihr
ergebener
B. Seuffert.

Da der 2. bd. Ihres Kleist in Druck oder vielleicht schon fertig ist, haben Sie ja freie hand.

Lemberg, 6. Juli 1881 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Berlin

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Auszug:

Lemberg Sixtusgasse
No 14. 6.VII.81.

Sehr geehrter Herr College!

Ihr freundlicher Brief hat mir grosse Freude gemacht und sage ich Ihnen für das entgegengebrachte Vertrauen meinen besten Dank.
Die Herausgabe des 4. Heftes Ihrer Denkmale übernehme ich herzlich gerne und hoffe dieselbe zu Ihrer Zufriedenheit durchführen zu können. Da ich aber zunächst aufs Land [g]ehe und erst im Herbst (2. Hälfte September) eine grössere Bibl. werde zur Verfügung haben, so möchte ich das druckfertige Man. nicht unbedingt für Anfang October wol aber für die 2. Hälfte dieses Monates in Aussicht stellen.
Soweit ich heute nach älteren Collationen den Text der Grenadierlieder übersehe ist eine kritische Ausgabe nicht nötig. Die Ausgabe mit der Lessingschen Vorrede wird zu Grunde gelegt werden müssen, diese stimmt mit den Einz[el]drucken fast ganz und ebenso mit dem Abdruck in der (wie überall so auch hier) wertlosen Körteschen [Au]sgabe. Nur aus Manuscripten, wie sie dem Gleim-Kleist’schen und Gleim-Uz’schen Briefwechsel beiliegen u. sich vielleicht sonst noch in Halberstadt vorfinden, wird sich einiges für den Text ergeben. Nur das letzte Gedicht: ‚Der Grenadier an die Kriegsmuse nach dem Siege bei Zorndorf‘, das bei Lessing noch fehlt, das aber in die neue Ausgabe unbedingt aufgenommen werden muss, ist bei [K]örte verändert. Das Man., das ich hier habe, habe ich noch nicht verglichen.
Besitzen Sie etwa die Originalausgaben, so bitte ich Sie freundlichst mir dieselben zur Verfügung zu stellen; ich selbst habe keine. Auch was Sie sonst (an Recensionen etc.) für das Heft etwa gesammelt haben, werden Sie mir wol für die Einleitung schicken. Ich kann manches handschriftliche beisteuern.
Von dem Fortgange der Arbeit werde ich Sie verständigen und sehe eventuellen Wünschen von Ihnen jederzeit entgegen. Bis zum 15. bin ich hier. Später: per Adresse Bergingenieur Sauer. Liebegottesgrube bei Rossitz. Mähren. Dort bleibe ich wahrscheinlich b[is] Anfang September.
Von den ersten zwei Heften Ihrer Unternehmung habe ich eine kleine [A]nzeige für die Götting. Gel. Anz. geliefert.
Ich kann diesen Brief nicht ohne den Wunsch schliessen, dass Sie noch öfter meine Kräfte für Ihre Neudrucke in Anspruch nehmen möchten.
Mit den besten Grüssen
Ihr
ergebener
Aug. Sauer.

Der Druck des II. Bd. Kleist geht langsam fort, hindert mich aber an anderer Arbeit nicht.

Berlin, 8. Juli 1881 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Berlin W. Krausenstr. 6/7. Werners Hotel
8/VII/81.

Ihre zusage, sehr geehrter herr kollege, und die freundliche art, in der Sie dieselbe gaben, verpflichtet mich zu vielem danke. Wenn Sie bis mitte oktober das ms. liefern, sind verleger und leiter der sammlung sehr zufrieden. Ich möchte nur, dass das heft noch vor dem weihnachtstrubel versandt werden kann. Weiter wird Sie niemand drängen. Aber 14 tage – 3 wochen vor weihnachten thuen die sortimenter nichts für dergleichen erscheinungen. – Leider bin auch ich nicht in besitz der originalausgaben. Wenn Sie glauben, dass sie durch ein ausschreiben erreichbar sind (ich bezweifle es, aber man könnte es versuchen), werde ich die Henninger dazu veranlassen: sie müssen mirs um den buchhändlerpreis besorgen. Ich stelle Ihnen dann die drucke zur verfügung. An recensionen habe ich nichts gesammelt, aber vielleicht können Sie ein paar notizen brauchen, die zu hause liegen: d. h. ich weiss nimmer, ob es wertvollere sind; ich werde anfg. august Ihnen darüber schreiben. Alles, was Sie mir über Ihre arbeit mitteilen, wird mir interessant sein, aber einmischung haben Sie nicht zu gefährden. In Halberstadt kann ich Ihnen nichts besorgen, ausser was etwa neben dem Gleim-Kleist u. Gl-Utz briefw. (die Sie beide zu kennen scheinen) vorliegt? Bitte schreiben Sie mir ein paar zeilen über meine 2 fragen nach Halberstadt, postlagernd. Ich danke f. die anzeige von DLD in d. Göttg. Gel. Mit freundschftl. gruss Ihr Seuffert.

Lemberg, 15. Juli 1881 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Halberstadt

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Auszug:

Sehr geehrter Herr College! 15/7 81.

Ich habe Erich [Sch]midt, der die erste Ausgabe der Grenadierlieder besitzt – er hat sie, glaube ich zu Ostern von Wagner in Erlangen ausgefürt – um dieselben gebeten, bis heute aber keine Antwort bekommen. Die Berliner Bibl. besitzt ein Exemplar: ich sehe aber keine Möglichkeit ab, mir dasselbe während der Ferien zu verschaffen. Bitte machen Sie den Versuch im Börsenblatte! Vielleicht führt er zum Ziele. Die Briefwechsel Gleims mit Kleist und Uz habe ich hier in Lemberg. Ich bitte Sie also sonstige Man. der Grenadierlieder für mich zu collationiren, falls sich solche vorfinden. – Dann eine andere Bitte, können Sie zufällig in Halberstadt den 1. Druck des Gedichtes ‚Die Milchfrau‘ einsehen (z. Buch der Fabeln) so bitte ich um Abschrift der ersten 4 Zeilen; es soll, glaube ich, dort heissen: ‚z .... und 4 Stübchen Milch‘ und das punktierte Wort kann ich nicht lesen. Heute habe ich Colleg geschlossen, Montag oder Dienstag reise ich.
Mit herzlichen Grüssen Ihr
Sauer.

Lemberg, 15. Juli 1881 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Halberstadt

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Auszug:

Erich Schmidt hat das Buch heute gesandt. Die Hauptsorge wäre also behoben. Sie brauchen jetzt nicht mehr suchen zu lassen; denn die Einzeldrucke der Lieder finden wir doch nicht, brauchen sie auch schliesslich nicht; im Herbste will ich mich ! aber bei mehreren Bibl. anfragen. Möglicherweise aber sind sie in Halberstadt. Herr Custos Janicke ist gewiss so freundlich, sie direct an mich zu senden – ohne Vermittlung der Bibliothek.
Mit besten Grüssen
Herzlichst Ihr
Sauer.

Lemberg 15/7 81.

Halle/Saale, 17. Juli 1881 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Liebegottesgrube bei Rossitz, Mähren

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Auszug:

Halle 17.VII.81. Sehr geehrter herr kollege, Leider traf mich Ihre karte nicht mehr in Halberstadt. Ich eile sie von hier aus zu beantworten. Den Henningern habe ich auftrag gegeben, die ausg. mit Lessings vorrede zu suchen. Müssten nicht die einzeldrucke in 4 (sowol in Berl. kgl. bibl. als in Halberst. Gl.arch. befindlich) zu grunde gelegt werden? – Der Halberst. sammelbd. 4 enthält keine hsl. Korrektur, daggen das bändchen: Der Grenad. a. d. Kriegesm. n. d. Siege b. Zorndf. 1759 zieml. viele, die ich für sie notiert habe u. ein andermal Ihnen schicke. Sonst fand ich nichts hsl. Ihren andern wunsch konnte ich nicht berücksichtigen, da, wie gesagt, Ihre karte mir erst hier zukam. Verzeihen Sie auch diesmal die kürze: ich muss zur bibliothek, um meine zeit auszunützen. Mit bestem gruss
Ihr
ergebenster
Seuffert

Würzburg, 7. August 1881 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Würzburg 7.VIII.81.
Herzogeng. 5.

Geehrter herr kollege,

Nach hause auf ein paar tage zurückgekehrt, beeile ich mich Ihre karte vom ersten d. m. zu beantworten.
Leider habe ich die 1. ausg. der Grenadierlieder nicht, um genauer zu citieren. Den Halberstädter sammelband habe ich zu flüchtig betrachtet, also nicht gesehen, dass er nur 4 lieder enthält. Als besitz der k. bibl. in Berlin notierte ich mir:
1) [Gleim] Lied eines Preuss. Grenad. bey Anfg. des Krieges 1756 u. Schlachtgesg. der Preussen vor d. Schlacht bey Prag den 6. May 1756 nebst dem Liede der Preussen .. nach Wiedereroberung der Stadt Breslau .. Berl. 1758. 4o | Yk 7623.
2) In dems. sammelband Yk 7623: Siegeslied der Preussen nach der Schlacht bei Lowositz am 1. okt. 1756. Berl. 1758 4o (auch in Yf 6652 no 2)
3) Ebenda Yk 7623 Siegeslied d. Preuss. n d. Schlacht bei Lissa 5. dec. 1757. Berl. 1758 4 ( auch in Yf 6652 no 5)
4) Siegeslied der Preussen nach d. Schlacht bey Prag. Berl. 1757. 4o Yk 7626.
5) Siegeslied der Pr. n. d. Schl. bey Rossbach Berl. 1757. 4o | Yk 7631.
Dasselbe o. o. 1757. 4o ‚an Yl 4916‘.
Das wären die in Berl. vorhandenen einzeldrucke.
Von der Lessingschen ausg. Berl. Voss (1758) kl 8o Yk 7646 existiert eine 2. ausg. ibidem o. j. Mit verbesserg. von druckfehlern u. vermehrung durch d. ged. Der grenadier an die kriegesmuse kl 8o Yk 7647.
Vgl. ferner: Preuss. Kriegsll .... Mit neuen Melodien (von Telemann) Berl. 1778 8o Yk 7651. Dass. ohne titelvign. 8o Yk 7652.
Ein nachdruck unter d. titel Kriegs- u. Siegesll. d. Pr. von ein. Pr. Gren. Nebst einem anhg einiger gedd. Berl. 1760 | 8o Yk 7656.
Ferner: Der Grenadier a. d. Kriegsmuse n. d. Siege bey Zorndorf d. 25. Aug. 1758. o. o. 1759. kl 8o an Yk 7647. Dass. verbess. abdr. 1782. 8o Yk 7671.
Als nachahmungen u. stoffverwandte ll. ausser Gerstenbergs Dän. Grenad.-ll. besitzt die k. bibl. in Berl:
Denkmal der freude u. des danks, den siegreichen kgl. preuss. waffen in Böhmen geweihet von patriotisch gesinnten unterthanen. Sammlg. 4o Yl 4941 no 1 u. 2 oder 4o Yl 4851.
Israels triumphlied bey d. siege des Barak wider die Cananiter, bey gelegenh. d. österr. niederlage, die von den Preuss. den 6. may 1757 geschah, entworfen v. e. getreuen Brandenburger. 4o Yl 4942 no 2.
Ode auf d. Schlacht bey Prag, d. 6. may 1757. Berl. 4o ~Yl 4941 no 5 oder 4o Yl 4851 no 4
Die glorreichste Eröfnung des Böhm. feldzugs. Im j. 1757 4o Yl 4941 no 9 oder 4o Yl 4942 no 1.
Dieter. Aug. Rotth, Der sieg bey Weissenfels erfochten d. 5. nov. 1757. oo. 4o Yl 4941 no 8. od. 4o Yl 4851 no 8.
George Gottfr. Rogall, Der sieg bey Praag, in d. kgl. deutschen gesellschft. besungen. Den 6. may 1757. Königsberg 4o Yl 4941 no 7.
Bernh. Heine, Ode auf d. sieg bey Prag .. Aurich 1757. 4o Yf 6652 no 27.
Ode a. d. am 6. may dieses 1757. j.. erfochtenen grossen sieg bey Prag. Von J. H. S. R. Berl. 4o Yf. 6653 no 3 oder Yl 4941 no 6.
H. B. D. Graf v. Schwerin, Ode a. d. 6. may 1757. Brandenburg 4o Yl 4941 no 4 oder Yl 4851 no 3.
Ferner eine reihe von sammelbden oder fascikeln über dens. gegenstand: 4o Yl 4941. 4o Yl 4851. 4o Yf 6653. 4o Yl 5310. 4o Yl 5381. 4o Yl 6669. 4o Yl 6670.
Reime eines dän.offiziers 1759. o. o. 8o Yl 5541.
Neue Kriegsll. mit melodien. Lpz. Castel u. Zwäzen 1769. 8o Yl 8951.
Ich notierte mir (z. tl. ganz unbedeutende erwähnungen, die mir nur gewisse gesichtspunkte anzugeben schienen; nachprüfen kann ichs aus zeitmangel nicht):
Vgl. Scherer, Lessing. Deutsche Rundschau 1881. S. 281f.
Goethes Gespr. m. Eckermann III 217.
Klopstocks ww I 108ff (ich glaube wegen stellung zu krieg oder dgl.)
Loebell, (Klopstock) Entwicklg d. d. poesie I 346.
Schubart, Deutsche Chronik 1774. s. 57.
E Schmidt Klopstock I. neuen Reich 1881 I 24 u 29f. (oder 1880 II?)
Sie sehen, nichts von belang.
Ich bin Ihrer meinung, dass Lessings ausgabe die Grundlage bilden müsse, da nicht alle ll. einzeln gedr. zu sein scheinen. Auf die verwandten poesien einzugehen oder nicht überlasse ich natürlich Ihren absichten.
Als im besitz der Münchner hof- u staatsbibl. befindlich verzeichne ich noch: Preuss. Kriegsll. in d. feldzügen 1756 u. 1757. Von einem Gren. Mit neuen melodien. Neue Aufl. 1786, Berl. in komm. bei Fr. Maurer.
Meine kollation von dem Halberst. exempl. no 338 brauche ich Ihnen nun nicht mehr mitzuteilen, da Sie sich das bändchen kommen liessen.
Verzeihen Sie das durcheinander. Ich wurde viermal unterbrochen und brachte erst heute 8. VIII. den brief zu ende. Ende der woche reise ich in die Schweiz. Postlagernd Zürich würden mich briefe erreichen. Mit grüssen u. besten wünschen in die sommerruhe eilig Ihr Seuffert.

Beilage:

Aus den hss in Gleims Familienarchiv in Halberst.

Gleim an legat.-sekretär Schubart in Erlangen. Halberst. 9. nov. 1798. (abschrift): ‚Die preuss. kriegsll. eines grenadiers sollen v. d. vortreffl. vater vortreffl. componiert seyn; der würdige sohn würde mich ihm verbindl. machen wenn er diese composition mir zu verschaffen die güte hätte.‘
Schubart sohn an Gleim o. o. uj. ‚empfg. 21. dec. 1798‘: ‚Die composition zu Ihren herrl. kriegsll., womit mein vater bis an sein ende so manchen erdensohn mit begeisterg. f. Friedr. entflammt hat, sollen Sie gleichfalls von sohnes hand erhalten.‘
In Sulzers briefen widerholt urteile über die Gren.-ll, aber so viel ich flüchtig blätternd sah, keine eindringenden.

Wien, 5. September 1881 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Wien 5/9 81.

Sehr geehrter Herr College!

In der Eile der Abreise wenige Worte, damit mich Ihre Antwort noch rechtzeitig in Lemberg trifft.
Ich habe während der Ferien an Text u. Einleitung zu den Kriegsliedern alles gethan, was ich thun konnte. Fertig machen kann ich beides erst in Lemberg, wo mich die mir noch unbekannten Einzeldrucke aus der Berliner Bibliothek hoffentlich schon erwarten. Ich werde Ihnen also das Man. des Textes am 15. senden können, muß aber wol das zu der Einleitung noch ein paar Tage zurückhalten.
In letzter Stunde sind mir aber viele Zweifel an der Berechtigung der Arbeit aufgestiegen. Der Text der Lieder stimmt fast ganz mit der Körteschen Ausgabe. Eigentlich ist also ein Neudruck überflüssig. Wie wäre es also, wenn wir in diesem einen Falle für die Erklärung der Lieder etwas thäten in Form von Anmerkungen am Schluße des Bändchen. Ich habe eine Reihe von Briefstellen, gedruckt & ung[ed]ruckt; die wichtigsten derselben könnte man den Anmerk. einverleiben, [na]türlich müßten auch die Lessingschen Stellen zu einzelnen Versen hinein. Zum Gedicht über die Schlacht bei Zorndorf habe ich einen interess. Brief von Uz mit Gleims Antwort über einzelne Ausdrücke & Wendungen, die man zerstückelt dort verwenden könnte. Ein Commentar scheint mir nach Ihren Worten in der Einleitung zum ‚Voltaire‘ von dem Plan der Sammlung nicht ausgeschloßen. Auf ‚Nachahmungen‘ [ka]nn ich in der Einleitung nicht eingehen.
Ich komme spätestens am 10. Oct. nach Lemberg, weil ich mich auf der Reise aufhalte. Vielleich[t] schreiben Sie mir bis dahin eine Karte.

Verzeihen Sie die Flüchtigkeit.
Mit besten Grüßen
Ihr
Ergebener
DrSauer.

Würzburg, 5. Oktober 1881 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Faksimile fehlt.

Würzburg 5. okt. 1881
Herzogeng. 5.

Lieber herr kollege,

Endlich ist meine reise zu ende und es freut mich, Sie gleich aus der heimat zu begrüssen.
Ich habe Ihre Grenadierlieder und den Kleist nicht vergessen. Ich fragte und sah fast an allen bibliotheken nach den Kleistschen ‚Freiheitsklippen – Korallenlippen‘; umsonst. Sie wissen jedesfalls von den briefen E v Kleist an Salomon Gessner dd. Schaffhausen 16. I. 53. 23.I.53. 31 I 53. 12.II.53. 22 II 53 2 III 53. 13 III 53. 26 III 53. 3 IV 53. Potsdam 16 V 53 19 X 55. Lpz 25 VI 57. 15 IV 58 u. einer souj., die Hermann Schulz infirma Otto August Schulz in Leipzig 4 I 66 durch vermittlung eines h. Hermann Naegeli aus dem nachlasse Gessners von dessen nachkommen gekauft hat.
Zu den Grenadierliedern notierte ich:
Fast alle ungedruckten briefe der Schweizer voll jubel darüber, aber nichts wichtiges. Auch das Winterthurer programm der höheren stadtschulen 1866 von Geilfuss enthält in den Briefen von W D Sulzer (stadtschreiber in Winterthur) lob desselben.
Bodmer hat sich in sein exempl. des Siegesliedes der Preuss. nach d. schlacht bey Rossbach 1757 6 bl 40 mit musiknoten die strophe ‚Der Schweizer der auf s. flucht‘ u. d. 76de. eingeschrieben.
Die Züricher Stadtbibl. besitzt ausser diesem einzeldrucke nur das lied An die Krieges-Muse nach d. niederlage der Russen bey Zorndorff. Von einem Preussischen Grenadier 24 [bl]ss. 80 im originaldruck. Ich habe mir davon einen späteren einzeldruck in kl 80 ‚Der Grenadier an die Kriegesmuse nach dem Siege bey Zorndorf den 25. August 1758. [arabeske] 1759 gekauft, der Ihnen natürlich zur verfügung steht im bedarfsfalle. Ich lege ihn lieber gleich bei; Sie können ihn ja auch unbenützt zurücksenden, wenn Sie die ausgabe schon gesehen haben.
Darf ich die frage beifügen, bis wann etwa Sie das ms. fertig zu haben glauben? und welchen umfang Sie berechnen? das lässt sich ja durch die verszählung sehr leicht bestimmen. Ich möchte meinem verleger davon mitteilung machen.
Das 3. heft neudruck praesentirt sich. Ich habe es mit einer neuen art von einleitung versucht. Die erste hielt ich fast nur bibliographisch; die zweite sollte eine sachliche einführung sein – über den verf. schwieg ich absichtlich; in der dritten suche ich werk und dichter zu charakterisieren: alles um des lieben publikums willen. Ich muss auf jede weise suchen, die käufer zu befriedigen (der absatz scheint gut zu sein) u. dadurch neue zu gewinnen, um eine frische und rasche fortsetzung der sammlung zu ermöglichen.
Während ich schreibe, kommen die separatabzüge meiner anzeige Ihres Kleist. Sie sind mir hoffentlich nicht böse ob der ‚paar andersmeinungen‘. Hielte ich nicht so grosse stücke von dieser edition, so hätte ich Sie nicht gebeten, die Grenadierlieder zu übernehmen. Zu s. 100 könnte ich nun noch einen einzeldruck anführen, den die Züricher Stadtbibl. besitzt: Ode / an / die Preussische / Armee. / Den 15. April 1757. fraktur 40 2 bl. 2 s. frei.
Und damit genug. Ich eile, weil ich viele briefschulden habe. Bestens grüsst
Ihr
Seuffert.

Würzburg, 6. Oktober 1881 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Wzbg 6.X.81. Mein brief an Sie, lieber h kollege, war abgegangen mit seinen einlagen, als ich den Ihren erhielt. Ihre nachricht ist mir so wenig erfreulich wie Ihnen das resultat. Aber jetzt nützt die reue nichts mehr, dass ich mich durch fremden rat ohne gleich selbst zu prüfen, zur aufnahme der Grenll. verleiten liess. Wir müssen uns eben dahinter verschanzen, dass kein sonderdruck der Grenll. zugänglich ist u. dass manche, welche die gesammtausg. nicht wollen, doch diese ll. besitzen möchten. Sie finden gewiss eine beschönigende und uns schützende wendung. Uns dann ausserdem durch einen kommentar aufzuhelfen, ist ein gedanke, den ich freudig begrüsse. Nur möchte ich Sie bitten, denselben nicht als anmerkungen am schluss zu geben, sondern der einleitung einzuverleiben oder anzuhängen. Notenzählung brauchen wir nicht: die zeilenzählung ersetzt dieselbe. Gehts, wie ich wol glaube, mit einem zur darstellung abgerundeten komment. nicht, so können sie ja die knappen bemerkungen stets der citatziffer anfügen. Stellen Sie gedrucktes und ungedrucktes zusammen, was Sie für wertvoll halten. Wenn ganze briefe die ll. betr., desto besser; wenn nur stellen darin, so kann man ja die anrede- u. schlussformel u. die übrigen allotria (im ernsten sinne) weglassen. Wie viel platz rechnen Sie für die einleitung, wie viel für den text? Sie erlauben mir wol, dass ich Ihnen über die vorbemerkung vor deren drucklegung meine ansicht sage, da nun deren gestalt eine weiterbildung der sammlung bedeutet, die ich als herausgeber wol oder übel wegen der zukunft prüfen muss. – Ich komme immer wieder auf den gedanken zurück, man sollte nach den einzeldrucken veröffentlichen mit ausnahme des liedes, von dem Sie keinen einzeldruck auffinden konnten. Die 1. fassung des liedes nach d. schlacht bei Rossbach z. b. ist doch viel kräftiger durch ihre kürze. Sie könnten doch die abweichungen in der einleitg. geben? oder sind es genug zu einer krit. ausg.? In all diesem unterwerfe ich mich Ihrer besseren kenntnis. Gruss Ihr BSeuffert

Lemberg, 20. Oktober 1881 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Lemberg 20/10 81.
Ulica Kotlarska

Lieber Herr College,

Noch nie ist es mir so schwer geworden, ein Man. abzuschicken, als diesmal. Heute muß es aber geschehen, sonst halten Sie mich für einen Zauderer und Trödler, der ich nicht bin.
Wir müßen die Lessing’sche Ausgabe abdrucken laßen; wenigstens wage ich es nicht die Einzeldrucke wiederzugeben. 1. habe ich nicht alle und vielleicht auch nicht immer die echten Drucke; 2) wüßte ich nicht, nach welchem Druck die anderen, nicht einzeln er[s]chienenen Lieder wiederzugeben wären; Der Schlachtgesang bei Eröffnung des Feldzuges 1757 scheint in der Bibl. der Wiss. zuerst gedruckt zu sein; eine Einheit ließe sich kaum herstellen; damit nun die wenigen abweichenden Lesarten der Flugblätter nicht verloren gehen, so habe ich sie zusammengestellt u[n]d reihe sie der Vorrede ein, ebenso die handschriftl. Lesarten, die mir zu Gebote stehen, so daß wir eine kritische Ausgabe in nuce und doch den intacten Neudruck beisammen haben. Wenn Sie einen Blick auf meine (nur für mich gemachten Notizen) unter dem Striche werfen wollen, so können Sie sich über mein critisches Material selbst eine Meinung bilden. Interpunction und Orthogr. berücksichtige ich aber bei meiner Zusammenstellung in der Vorrede nicht. Diese wird also 1.) eine allgemeine Würdigung der KL. 2) die bibliogr. Beschreib. der zu Grunde gelegten [A]usgaben 3) die Varianten der Einzeldrucke & Man. und 4) einige Beiträge zur Erklärung im Einzelnen an der Hand mehrerer ungedruckter Briefstellen bringen; ich vermeide die Form des Kommentars, ohne die Sache selbst aufzugeben. Ein wenig Zeit müßen Sie mir aber zu dieser Einleitung noch geben; ich denke, daß der Druck des Textes, wenn er gleich in Angriff gewonnen wird, doch mindestens 14 [Ta]ge dauert; bis dahin soll das Man. bereits von Ihnen durchgearbeitet sein. Denn es ist selbstverständlich, daß Sie mir ganz unbe- schränkt Ihre Bemerkungen, Änderungsvorschläge etc. mitteilen. Ich glaube mit 1 ½ Bogen auszukommen.
Lachen Sie nicht über die komische Art, mit der ich den Titel der KL wiederzugeben suchte; ich bin aber in allen ‚zeichnenden Künsten‘ schlecht bewandert. Im Orig. hat jedes Lied ein Schmutzblatt mit dem Titel vor sich, wie Sie aus der Zählung sehen werden. Ich glaube, daß es genügt, wenn wir nur bei jedem Liede eine neue Seite beginnen.
Und nun besten Dank für Brief, Karte, Buch und Re[cen]s. Die letztere hat mich sehr gefreut. Sie ist der schönste Lohn für meine Mühe, den ich mir vorstellen kann. Ich danke Ihnen herzlichst dafür. Sie hat mir aber auch viele Anregung gegeben. Bes. ist die Bemerkung [da]ß Ramler & Körte doch Kleistsche Lesarten in den gemeinsamen Versen benutzt hätten, nicht abzuweisen. Ohne neue gründl. Prüfung könnte ich freilich ein Urtheil nicht fällen. Daß ich Kleist zu günstig beurteilt habe, glaube ich auch heute noch nicht. Als Dichter gewiß nicht. Als Mensch vielleicht.
Ihre Einleitung zu Müllers Faust ist sehr schön, greift aber nach meiner Meinung zu weit aus. Wenn solche Vorreden das Publicum an die Sammlung heranziehen, dann freilich muß dieses Opfer gebracht werden; wie wärs, wenn Sie einmal ein [lu]stiges Heftchen aus den Romantikern brächten, Brentano, Tieck oder Arnim. Auf die Frankfurter Gelehrten Anzeigen freue ich mich sehr. Da hat die Masse der Philologen was zu kauen und ich sehe schon im Geiste wie jeder Recensent des Heftchens neue Entdeckungen über die Scheidung der Autoren macht.
Ich war mit Übersiedlung, Bücherordnen, Collegienbeginn etc. so beschäftigt, daß ich seit den zehn Tagen meines Lemberger-Aufenthaltes noch nicht zu Athem gekommen bin. Daher auch die Verzögerung, die Sie gütigst entschuldigen wollen ebenso wie die Flüchtigkeit dieses Briefes.
Und nun seien Sie bestens gegrüßt von
Ihrem
Ergebenen
DrSauer.

Das Heft ‚an die Kriegsmuse‘ [fo]lgt zurück; es ist der Orig. Druck, den ich in 2 Exemplaren zur Verfügung habe. hätte ich ihn früher gehabt, so wäre vielleicht das Abschreiben zu ersparen gewesen.

Würzburg, 23. Oktober 1881 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Faksimile fehlt.

Würzburg 23. X. 81.

Lieber herr kollege,

Besten dank für das schöne ms.! So rein sah ich noch selten druckvorlagen.
In der typographischen ausstattung würden Sie sich auf meine bitte vielleicht dem bisherigen gebrauch anschliessen. Z. b. dürften wol alle gedichtüberschriften, ob sie von Ihnen nicht, einfach oder zweifach unterstrichen sind, gleichmässig gedruckt werden, etwa das stichwort wie DLD 2 s. 3 Voltairens Anzug, die zusätze nach der Schlacht u dgl wie die dort darauffolgende zeile.
Das doppelt gestrichene im text, das Sie fett angeben, darf vielleicht wie in DLD 2 s 3 z 4 Paris mit Schwabacher lettern gesetzt werden. Ich habe in den andern stücken dafür einfach sperren lassen, musste aber hier die Schwabacher schrift nehmen, weil ein anderes wort gesperrt ist im original. So geht es wider in Ihrem heft: wenn im lied An die Kriegsmuse n. d. niederl. d. R. bey Zorndorf nicht z. 27 Die du gesperrt wäre, könnte alles andere gesperrt werden. So aber muss dies in Schwabacher stehen. Eine fettere schrift, die ich seiner zeit probierte, sieht hässlich aus.
Ferner, würden Sie nicht statt der paar kursivworte in den noten der vorrede die worte zu sperren gestatten? Es wurde bisher noch nichts kursiv gesetzt u. ich meine, es sei auch hier kein zwang dazu vorhanden.
Ich erlaube mir diese bemerkungen mit rücksicht auf den in mein gedrucktes programm aufgenommenen satz: typographische nachahmung der originale wird nicht angestrebt. Man sieht bei Braunes neudrucken wie solche versuche liederlich ausfallen: wissenschaftlichen wert haben sie gewiss nicht. Jeder schriftwechsel aber verteuert die satzkosten* Doch bitte ich um Ihre ansicht und will Ihren gegengründen gewiss nicht zuwider sein.
Die kurzen roten striche in Ihrem ms. bedeuten wol für den setzer nichts?
Wichtiger als diese kleinigkeiten, die man leider bei der drucklegung einer sammlung nicht ganz umgehen darf, ist die frage: soll die zeilenzählung pro lied oder wie in DLD 1-3 pro seite gehen? Ihre anordnung entspricht dem gebrauch bei gereim versifizierten stücken und ich würde sie unbedingt billigen, wenn ich nicht erwägen würde, dass das citieren nach seite u. zeile leichter ist. Die zeilenzählung innerhalb der einzelnen lieder zwingt beim citat die ztl sehr umständlichen titel anzugeben, während nach meiner meinung nur s. u. z.zahl citiert werden müsste, was bequemer wäre. Für den letzteren fall werden auch die zeilen, welche die überschriften füllen, mitgezählt, was bei der angabe von varianten dazu sehr bequem ist. Wie meinen Sie darüber?
Bestehen Sie darauf, dass jedes lied auf einer neuen seite beginnt, so ist mirs recht. der raumersparnis wegen – und wir müssen des absatzes wegen jedes mittel zu grösserer billigkeit benützen – zöge ich reihen vor. ich liess auch bei neuen akten keine neue seite anfangen aus diesem grunde.
Den von Ihnen kopierten titel müssen wir den bisherigen anpassen, also auch die zierumrahmung fallen lassen, eben wider, weil typographische nachahmungen vom plane ausgeschlossen sind.
Sie sagen wol in der vorbemerkung ein wort darüber dass die melodien fehlen; es macht sich etwas komisch, dass dieser hinweis auf dem titel steht, ist aber absolut nicht zu ändern.
Ich gebe dem setzer gar keine druckanweisungen, bevor Sie mir meine fragen beantwortet haben. Bei der korrektur möchte ich Sie bitten, möglichst den bisherigen typographischen usus beizubehalten: um dies beachten zu können, habe ich Sie seiner zeit gebeten, mir das recht einer revision* einzuräumen. Ich habe z. b. bisher auch zeilen, welche dem kleineren format der vorlage gebrochen wurden, stets in eine vereinigt u dgl m. das ms. schicke ich sofort an den verleger. Mit der vorrede eilts nicht zu sehr; auch wenn die pressen sofort frei sind, dauert der satz gewiss 14 tage.
ich freue mich sehr auf Ihre vorrede, zumal mir die wenigen noten unter dem strich schon einen guten vorgeschmack geben. Von Ihrem freundlichen zugeständnis dieselbe vor der drucklegung ansehen zu dürfen, werde ich gewiss nur den gebrauch machen, zu dem eben ein redakteur der homogenität der sammlung zu liebe verpflichtet ist. Gewiss thun Sie gut, interpunktion u. orthographie nicht zu kollationieren.
Ihre meinung, dass meine Fausteinleitung zu weit ausholt, ist auch die meine. Ich probierte das nur einmal wegen mehrerer briefl. u. gedruckter äusserungen, die das verlangten, werde aber keineswegs stets so verfahren. Ich wollte nur einmal der kritik darüber den mund stopfen.
Den einzeldruck trieb ich leider erst in Zürich auf, sonst wäre er Ihnen früher zur verfügung gestanden u. hätte in die druckerei wandern können.
Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie auf die anmerkungsform zu gunsten des bisherigen gebrauches verzichteten. es freut mich sehr, dass Sie mein bestreben, Ihrer Kleistausgabe gerecht zu werden, anerkennen konnten.
Ueber die romantiker ein andermal.
Mit den besten grüssen u wünschen

Ihr
Seuffert.

* daher auch am schluss der vorrede griechisches wort statt griechisches wort. Ich zweifle dass Fischer u Wittig in Lpz. griechische letter hat.

* welcher? Sie bekommen kontraktlich so viele als Sie nur immer für nötig halten.

Lemberg, 25. Oktober 1881 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Lemberg 25/X 81

Lieber Herr Kollege,

Ich freue mich, daß mein Man. im ganzen Ihrem Wunsche entspricht. Bei der Correctur werde ich streben, mein Heft ganz den vorher gehenden anzugleichen; Ihre Anfragen im Einzelnen beantworte ich nach der Reihenfolge Ihres Briefes:
Die Gedichtüberschriften alle gleichmäßig wie Sie vorschlagen nach DLD 2, S. 3.
Was ich als fett angebe, kann mit Schwabacher Lettern gesetzt werden: mir thut es leid, daß wir nicht blos gesperrte Schrift anwenden können.
Auch gegen die Umwandlung der Cursivworte in gesperrte, so wie gegen ein Wort griechisch habe ich nichts einzuwenden.
Die kurzen rothen Striche im ms. gehen den Setzer nichts an.
Wegen der Zählung habe ich wol Bedenken; eine Vereinfachung für Citate ließe sich durch Numerierung der Lieder anbringen; man könnte die Nummern immer in runden Klammern etwa voransetzen. Aber ich [se]he ein, daß dem Zwecke der Neu- drucke eine Zählung nach Seite und Zeile besser entspricht und bitte daher in diesem Sinne die Bemerkungen für den Setzer zu machen.
Mit Raumersparnis bin ich ganz einverstanden; ich bitte also mit Beginn eines Liedes keine neue Seite anfangen zu lassen.
Den Titel habe ich mir kopiert, weil ich mich auf die Benennung der Lettern nicht verstehe; es soll einzig & allein der Unterschied in der Schrift dadurch angezeigt sein.
Wegen der Melodien findet sich eine kurze Bemerkung in der Einleitung; ich führe dort auch die einzelnen Tempo-Angaben der Lieder an, weil mir dieselben (z. B. Hurtig & Herzhaft) für den Ton der einzelnen Gedichte charakteristisch scheinen.
Ich denke, es ist am besten, wenn Sie die zweite von 3 Correcturen lesen; ist der Druck sehr gut u. genau, so kann ev. die dritte Corr. entfallen. Wollen aber Sie sich vorbehalten, das imprimatur zu erteilen, so habe ich nichs dagegen u. bitte Sie, sich dann die 3. Correctur zu wählen. Darüber sagen Sie mir dann bei Beginn des Druckes noch das abschließende Wort.
Wir haben greuliches Wetter, unter dem Leib und Seele leidet.
Bestens grüßend
Ihr
Sauer

Würzburg, 1. November 1881 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Wzbg. 1.XI.81. Nach empfang Ihres briefes habe ich den verlegern die druckanweisung zugehen lassen u. zwar im einklang mit Ihren mitteilungen ausser in zwei punkten. 1) Ihr vorschlag, die lieder zu numerieren gefiel mir so gut, dass ich von Ihrem einverständnis mit meiner bitte um zeilenzählung keinen gebrauch machte, sondern lied- und verszählung anordnete. Die fette liedzahl wird am rande zwischen der verszählung verzeichnet (wie in vielen ausgaben klass. autoren kapitel u. §. angezeigt ist): dadurch ersparen wir uns die klammer u. halten den text von allen zusätzen frei. 2) Da meine einsicht in die korrekturbogen lediglich die äussere anordnung beziehgsweise die übereinstimmung mit der einrichtung des druckes der früheren nummern bezweckt, so empfahl sich mir nach überlegung doch am meisten, die 1. korrektur zu lesen und Ihnen zu schicken, so dass Sie dieselbe event. bei Ihrer revision beachten könnten, wenn Sie Ihre 1. korrektur schon vor empfang meiner korrektur der druckerei zurückgeschickt haben. Sie verkehren stets unmittelbar mit der druckerei und erteilen natürlich selbst das imprimatur.
Ich habe der druckerei gestattet, die beisätze der titel ‚nach der Schlacht ...‘ u. dgl. nach bedarf u. ohne rücksicht auf die umbrechung im original zu brechen, da die beachtung der vorlage in diesem punkt doch lediglich äussere nachahmung wäre. Endlich stelle ich Ihrer erwägung anheim, der vorbemerkung ein verzeichnis der liedanfänge mit beisetzung der von Ihnen eingeführten nummer und neuen seitenzahl anzuhängen.
Ergebenst grüsst Seuffert.

Würzburg, 22. November 1881 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Wzbg 22 XI 81

Lieber herr kollege, Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass die verlagsbuchhandlung mich um Ihre vorbemerkung gebeten hat, da der textsatz nahezu vollendet sei. Sie kann sich nicht entschliessen mehr als 1000 ex. zu drucken.
Eiliger gruss von
Ihrem
Seuffert.

Lemberg, 25. November 1881 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Lieber Herr College, morgen abends kann ich das Man. hoffentlich absenden. Der Brief, den ich beilegen werde, soll die unangenehme Verzögerung entschuldigen.
Mit bestem Gruße
Ihr
Sauer

L. 25/11 81.

Lemberg, 26. November 1881 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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L. 26.11.81.

Lieber Herr Collega,

Ich muß mich wahrhaft schämen vor Ihnen, daß ich Sie mit dieser Kleinigkeit so lange hingehalten u. Ihnen vielleicht Ungelegenheiten bereitet habe. Meine Entschuldigung: 8 Stunden Colleg, beide Collegien neu, 1. Stunde regulären Vortrag in der Woche und daneben eine Wiederhol. ders. nervösen Zufälle wie im vorigen Winter. Ich muß mir die eigentlichen Arbeitsstunden stehlen.
Nun bin ich begierig, wie Sie mit den Vorb. zufrieden sind? Großes ist nichts daran, aber im Kleinen ist alles aufgeklärt, was aufzuklären war. Finden Sie Änderungen nötig, so können Sie ja kleinere selbst vornehmen u. mir darüber schreiben, damit der Druck nicht länger aufgehalten wird.
Jedenfalls bitte ich alle Bemerkungen für den Setzer nach eigenem Ermessen zu geben[.]
Ich weiß nicht, ob Sie alle Varianten, auch die im Text gegebenen mit anderer Schrift wollen drucken lassen etc. Können Sie Irrtümer verzeichnen, so helfen Sie mir ein wenig nach.
Ich kann das Man. nicht ohne den Wunsch, die Bitte absenden, Sie möchten bei Gelegenheit wieder über meine Kräfte zu Ihren Zwecken verfügen.
Also noch mal verzeihen Sie den Aufschub!
Mit besten Grüßen
Ihr
Ergebener
Dr Sauer.

Würzburg, 29. November 1881 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Würzbg. 29 XI 81.

Indem ich Ihnen, l. h. kollege, den empfang Ihrer postkarte und des ms. bestätige, danke ich Ihnen für die übersendung des letzteren, das sofort in die druckerei wandern soll, natürlich ohne änderungen von meiner feder. Ich möchte Sie bitten, keinen vom haupttexte abweichenden satz für die varianten in anspruch zu nehmen: die sache wird in Ihrer darstellung auch so deutlich und ich finde alle mischung komisch. Leider habe ich fraktur bei dem verzeichnis der druckfehler einmal angenommen u. so muss es dabei bleiben. Gerne würde ich sehen, wenn Sie meiner anordnung, alle monatsdaten im texte (nicht in den anm.) in abgekürzte (oder vollständige) angabe in buchstaben zu setzen, beipflichten würden. Ich tue das dem grossen publikum zu liebe. Ein urteil können Sie dem herausgeber der sammlung seinen geehrten mitarbeitern gegenüber nicht gestatten. So muss ich alles in die versicherung meines dankes zusammenschliessen und werde immer stolz darauf sein, Sie wider an der sammlung beteiligt zu sehen. – Der umschlagtitel macht sich schlecht; aber er geht wohl nicht anders als Preussische / Kriegslieder / von einem Grenadier / von J L W Gleim. Das doppelte von ist hässlich. Ich wage aber nicht zu schreiben ‚eines Grenadiers‘ oder ‚Grenadierslieder‘. Aendern Sie, so bitte ich um anzeige. Ich habe stets die aushängebogen nochmals mit d. original verglichen u. zur angabe etwaiger druckfehler mir die letzte seite der vorbemerkung reserviert. Gruss Seuffert.

Beste wünsche für Ihre gesundheit!

Würzburg, 30. November 1881 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Wzbg 30 XI 81.

Lh kollege, Meiner gestrigen karte schicke ich diese zeilen nach mit der korrektur, dass ich in Ihrem texte alle monatsnamen mit buchstaben setzen liess, deren datum durch ‚vom‘ o. dgl. eingeleitet waren, alle andern mit ziffern u. zwar alle diese in klammern. Ferner erlaube ich mir Ihren satz ‚Die Tempobezeichnungen der Melodien, die in unserm Neudruck fehlen‘ zu ändern in ... Melodien, deren Noten unser Neudruck nicht wiedergeben will‘: ich habe das redaktionelle gefühl, als ob das ‚will‘ von belang wäre. Endlich habe ich Sie aufmerksam zu machen, dass der setzer auf d. preuss. orthographie eingeschult ist, u. ich möchte diese nicht nur der einheitlichkeit wegen für die vorbemerkungen festhalten, als auch speziell diesmal weil ich preuss. schüler als käufer wünsche.
Grüssend
Seuffert.

Lemberg, 13. Dezember 1881 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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L. 13.12.81.

Lieber Herr College! [Zu]nächst meine Freude, meinen Da[nk] darüber, dass Sie, wie ich aus dem [U]mschlage entnehme, als No 5 das Faustfragment festgesetzt haben. Es war mein aller innigster Wunsch. Denn: ich habe auf den letzten 5 Seiten beiläufig einiges noch einfügen müssen, einige Anmerkungen zu Gleims Brief etc. Sollte Henninger irgend eine Bemerkung wegen Correcturkosten machen, so ist es selbstverständl., dass ich dieselben trage.
Ferner zwei Fragen. Haben Sie bei Maler Müller sich nie um Tiecks Nachlass bekümmert, wissen Sie nicht, ob er in Dresden ist, ob er zugänglich ist etc. Dann haben Sie wichtigere Notizen über Hölderlin? Alte Drucke von ihm in Almanachen etc. Ich bereite eine kleine Publication über H. vor im Verein mit zweien meiner Schüler.
Leider bin ich recht unwol, musste heute Colleg absagen; morgen soll ich abends über Heinrich v. Kleist einen Vortrag halten und weiss nicht, ob es gehen wird. Dann aber kommen 4 Wochen Ferien.
Bestens grüssend
Sauer.

Würzburg, 15. Dezember 1881 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Wzbg 15 XII 81.

Leider 2 nein auf Ihre fragen, lieber herr kollege. Viel glück zur publikation! Sie sind ja furchtbar fleissig! Aber 4 wochen ferien! glücklicher mann; ich habe nur die hälfte.
Kleine textveränderungen schaden nichts. Ich habe in der vorbemerkung zu DLD 3 grössere vorgenommen u. darum Henninger aufgefordert mir die kosten in rechnung zu stellen. Er bürdete mir 2/3 auf. Ich überlasse das Ihren ausmachungen. Gute gesundheit! In gröster eile
Seuffert.

Würzburg, 20. Januar 1882 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzbg. 20 I 82

Lieber herr kollege, Für die wol auf Ihre freundliche anweisung hin erfolgte zusendung des 2 teiles Ihres Kleist danke ich verbindlich und beglückwünsche Sie zugleich zur vollendung dieser schönen arbeit. Inzwischen werden Sie auch mit den verlegern der DLD abrechnung gehalten haben; da dieselben bei mir wegen der druckkorrekturen einsprache erhoben, ermächtigte ich sie nach Ihrer erlaubnis, Ihnen einen teil derselben in rechnung zu stellen. Ich kann beim abschluss dieser berührung den wunsch u. die bitte nicht unterdrücken, sie möge sich als andauernde verbindung bewähren.
Grüssend
Seuffert.

Lemberg, 24. Januar 1882 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Ich möchte Sie bitten, lieber Herr College falls Sie dem 2. Bande [Kle]ist ebenfalls ein paar Worte [i]n der Zs. widmen wollen, damit freundlichst zu warten, bis der 3. Bd. in Ihre Hände kommt, der wenigstens einige Lücken ausfüllen u ein großes Versehen berichtigen wird. Auch kommt die Vorbemerk. zum Briefwechsel erst mit dem 3. Bande. Mit Henninger ist alles in Ordnung. Die ganze in Frage stehende Summe betrug 13 Mark, wovon er mir nur 5 M. anrechnete. Jetzt ist die Reihe umgekehrt an Ihnen, daß Sie mir einmal zu den Deutsch-Oest. Studien einen Beitrag liefern.
Herzlich grüßend
Sauer

L. 24/1 82.

Lemberg, 6. März 1882 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

L. 6.3.82.

Der ‚Faust‘ präsentirt sich trotz Hollan[d] und Mohr recht schön und stattlich. Hoffentlich schadet auch die Concurrenz Ausgabe dem Absatz nicht viel. Herzlichen Dank dafür. Meine Rec. der DLD. ist bereits gesetzt, ob schon erschienen, weiss ich noch nicht. Nächstens zeige ich auch 3–5 dort an. Ihre Einleitung mit den Wieland-Parallelen ist sehr hübsch. Dieselbe macht uns auf das Erscheinen Ihrer W.-Biographie nur noch mehr gespannt. Im GJ. III ist ein prachtvoller Aufsatz ESchmidts, den ich in den Correcturbogen geniessen konnte und der mir wahre Bewunderung abnötigte. Ich möchte doch einmal etwas ähnliches zu Stande bringen. Gegen 20. fahre ich nach Wien.
Herzliche Grüsse von Ihrem Ergebenem
Sauer

Würzburg, 11. März 1882 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Wzbg 11.III 82.

Lieber herr kollege, Dank für karten und anzeige! Nachdem h Steinmeyer mir die rec. des 2. bdes Ihres Kleists angetragen hatte, teilte ich ihm mit, dass ich dieselbe bis zum erscheinen des schlusses verschieben möchte. – Ihre gütige aufnahme meiner Faustbeobachtung und der DLD freut mich sehr. Ich beziehe jetzt alles auf den Wieland, aber das buch über ihn ist noch lange nicht fertig, obwol ich mich aller allotria entschlage. Zudem fliessen fortwährend noch neue quellen – hss u. briefe – zu. – Ihre mir sehr wertvollen vorschläge für DLD treffen zumeist mit dem programm in meinem schreibpulte zusammen. Nur z. b. möchte ich der krit. Messiasausg. nicht konkurrenz machen; verleger u. herausgeber tun sich ohnehin schwer genug. Eben darum liess ich die Darmstädter odensammlg. bei seite. Göttinger Almanache kommen sicher. Die seltene Dichtkst Breitingers ist ärgerlich dick: ich muss darauf wegen meiner verleger grosse rücksicht nehmen; das kontraktliche jahrespensum wird schon in diesem jahre bedeutend überschritten. Ich versichere Sie, die auswahl ist sehr heikel. Ich hätte z. b. schon jetzt auf Hettners wunsch gerne die Masuren drucken lassen. Aber dann ists zu viel Sturm u. Drang! Andere wollen älteres.

Am linken Rand nachgetragen:
Ihr
Seuffert.

Wien, 9. April 1882 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Herr Collega! Eine vertrauliche Anfrage. Haben Sie in nächster Zeit d[ie A]bsicht in Ihren Neudrucken öst[erre]ichische Sachen zu bringen: Hanswurststücke, Sonnenfels, Alxinger, Schreyvogel etc. oder ist dies überhaupt in Ihrem Plane gelegen. Ich glaube kaum, möchte Ihnen aber, falls dies sein sollte, nicht hinderlich sein. Da ich gegenwärtig viel in Austriacis arbeite, auch das erste Heft unserer Studien zur deutsch-öst. Lit. Gesch. vorbereite, so kommen mir allerlei Pläne. Sie würden mir eine Gefälligkeit erweisen, wenn Sie mir in den nächsten Tagen gleich antworten würden, so lange ich noch in Wien bin.
Glückliche Feiertage!
Mit besten Grüssen
Ihr
Sauer.

Wien I. Schwarzenbergstrasse 8.
9.IV.82.

Würzburg, 10. April 1882 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Wzbg 10 IV 82

Lieber h. koll., Umgehend beantworte ich Ihre fragen dahin, dass ich kaum schon im nächsten jahre etwas österr. in meinen DLD bringen werde, es müsste denn sein, dass Sie durch Ihre genauere kenntnis dieses mir schwer zugänglichen gebietes mir ein dringend des neudrucks wertes werk nachweisen. Später aber kommen sicher auch Austriaca u. es wäre mir offen gestanden sehr fatal und würde meine verleger in verzweiflung setzen, wenn Sie wie ich zwischen Ihren zeilen zu lesen glaube, ein eigenes österr. unternehmen der art gründen wollten. Verzeihen Sie diese offenherzigkeit, ich muss auf meine verleger acht haben. Selbstverständlich kann dies geständnis Ihre entschlüsse nicht beeinflussen.
Ich habe keine rechte vorstellung was der 3 bd Ihres Kleist bringt? Ist er fertig? Ich habe inzwischen einen brief Kls. an Zellweger Schaffh. 5 II 53 gefunden u. stelle Ihnen denselben zur verfügung, wenn es noch zeit ist. Im andern fall werde ich denselben in der anz. Ihrer fortsetzung drucken lassen. Mit gruss
Seuffert.

Wien, 12. April 1882 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Herr College! Besten Dank für Ihre rasche Antwort. Das Unternehmen, das S[ie] richtig vermutheten, ist noch ganz i[m] Keime, würde Sie aber wol viel weniger beeinträchtigen, als Sie glauben. Werner, Minor und ich geben ‚Studien zur deutsch-öst. Lit. Gesch‘ heraus, die ich mit einem Heft über das erste Manuscr. von Grillparzers Ahnfrau eröffne. Je mehr ich mich nun mit öst. Lit. zum Zwecke dieses Unternehmens beschäftige, desto notwendiger scheint es mir, auch wichtigere öst. Sachen in Neudrucken vorzulegen. Ich würde die Samml., die sich keineswegs auf das 18. Jh. beschränken, sondern das 16–19 umfassen sollte, etwa mit einer Prehauserischen Comoedie eröffnen, 2. etwa Sonnenfels über die Tortur, 3. etwa ein Drama des 16. Jh. Jakob u s Söhne von Brunner 4.5. Schreyvogels Sonntagsblatt. 6. Sonnenfels Dramaturgische Briefe. Das Hauptgewicht würde auf Hanswurststücke, auf Hafner, Perinet, Hensler etc. gelegt werden. Ich glaube, dass Sie auf lange Jahre hinaus bei Ihrem überreichlich fliessenden Stoff für dgl. Dinge nicht Raum finden werden. Auch würde ich specielle ‚Viennensia‘ nicht verschmähen, die Sie gar nicht brauchen können. Sie werden also sehen, dass Ihre Furcht unbegründet ist. Ein eigentliches Concurrenz-Unternehmen wäre es nicht. Wenn ich es überdies ausschlage, so übernimmt ein anderer die Leitung. – Kleist III enthält die Briefe an Kleist und wird etwa im Mai fertig. Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie mir den Brief für meine Nachträge noch überliessen. Ich bleibe bis zum 21. hier. Bestens grüssend Ihr Sauer. Wien 12/4 82.

Würzburg, 13. April 1882 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Wzbg 13 IV 82

Anbei der Kleistbrief zu Ihrer verfügung, lieber herr kollege; er kommt aus dem Zellwegerarchiv in Trogen.
Ich habe wol nicht deutlich genug zwischen dem herausgeber und den verlegern der DLD unterschieden. Der erstere wird Ihr neues unternehmen natürlich nur freudig begrüssen, die andern werden, geneigt durch die Mohr-Siebecksche konkurrenz, in demselben nur neues rivalisieren wittern. Ich werde sie seiner zeit zu beruhigen wissen. Selbstverständlich ist mir nichts angenehmer als wenn Sie die leitung haben. Mit einem fremden würden sich etwaige grenzstreitigkeiten nicht so leicht schlichten lassen. Also herzlich glück auf zu den beiden entreprisen!
Eilig grüsst
Ihr
Seuffert.

(Wien), 15. April 1882 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

15/4 82

Indem ich mich anschicke, Ihnen für den willkommenen Kleistbrief bestens zu danken, fällt mir ein, daß ich mir für Sie ein Wielandsches Brieffragment zurecht gelegt habe, das Sie wol kaum kennen dürften. Es würde mich freuen, wenn es engere Bezhg. zwischen Wieland & Wien aufzudecken helfen sollte. Sie könnten leicht einmal ‚die öst. Nachkommenschaft Wielands‘, die sehr zahlreich ist, für unsere Studien en gros abschlachten.

Herzlich grüßend
Ihr
Sauer.

Würzburg, 16. April 1882 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Wzbg 16 IV 82

Geehrter kollege,
Vielen dank für das excerpt: der text muss auch anderswo gedruckt sein, denn er ist mir bekannt, ich kann nur nicht gleich finden woher. Dieser druckort ist mir neu.
Ich habe unserm kollegen RMWerner schon früher einmal geschrieben, dass wenn ich dazu komme ich in Ihren österr. studien gerne den ‚Wieland in Öst.‘ machen würde. Verzeihen Sie meine anfängliche animosität über Ihren andern plan: ich habe schon so viel missliches mit den neudrucken schlucken müssen, dass ich mich rasch verführen lasse auch da böses zu wittern, wo nur gutes zu erwarten ist.
Grüssend
Seuffert

Lemberg, 7. Juni 1882 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

L. 7/6 82.
Ulica Kotlarska 2.

Lieber Herr College!

Wenn das Schreiben ein Aktenstück wäre, so müßte ich es mit dem Worte: ‚Vertraulich‘ überschreiben. Ich bitte Sie also von den folg. Mitteilungen keinen weiteren Gebrauch zu machen, da ich das Versprechen vollständiger Discretion geben mußte.
Ich bin vom Schicksal – scheint es – dazu auserkoren, mit Ihnen auf demselben Arbeitsboden zusammenzutreffen. Diesmal ist es noch viel weniger meine Schuld als bei dem früheren Project. Speemann hat mich zu einer großen Sammlung deutscher Dichter des vorigen Jh. geworben u. ich habe eine [Au]wahl d. Stürmer & Dränger, sowie der Göttinger Dichter übernommen. Die Ausgabe verfolgt rein populäre Zwecke, Interpunction & Orthogr. ist modernisirt. Nur die Wortformen bleiben unangetastet, also nach Hempels Muster. Ich nehme Ihnen also höchstens die Kindermörderin u. ein oder das andere Lenz’sche Stück vorweg, die Sie aber trotzdem noch einmal bringen mü[ßte]n. Von Ihren bisherigen Heften muß ich leider den Müllerschen Faust wieder bringen. Ich weigerte mich. Aber Kürschner, der Leiter der Samml. will absolut nur das Princip der Wichti[g]keit gelten lassen. Im Allgemeinen hat auf 2 Bd. à 18 Bogen wirklich sehr wenig Platz.
Nun muß ich aber überdies Ihre Hilfe noch in Anspruch nehmen. Ich möchte Sie fragen, wie ichs mit Müllers Genofeva ! halten soll. Haben Sie etwa eine Abschrift? oder ein Exemplar mit den Verbesserungen. Sie würden gewiß nichts dabei verlieren, auch wenn sie es in den DLD. später einmal abdrucken lassen wollten. Ich muß sonst [w]ie Hettner Tieck abdrucken u. kann höchstens die Fehler berichtigen nach den von Ihnen im Anhang mitgetheilten Berichtigungen. Also ich bitte Sie darüber um Auskunft: womöglich um Beistand.
Noch ein Wort zu meiner Rechtfertigung. Ich habe Speemanns Anerbieten hauptsächlich aus [p]ekuniären Gründen annehmen müßen. Die Arbeit ist nicht groß – der Sommer wird freilich draufgehn – u. das Honorar erträglich, zumal da die Correcturen wegfallen. So lange ich keine Anstellung habe, kann ich nichts von mir weisen, was den Lebensunterhalt halbwegs erträglich macht.
Ich bin recht fleißig – eigentlich nur fleißig, leide unter der Hitze ziemlich viel u. bleibe wol bis Sep[t.] in Lemberg. Was machen die Frankfurter gelehrten Anzeigen?
Kleist Band III wird sich in den nächsten Wochen präsentiren und um eine milde Behandlung bitten. Er ist nicht so gut wie I. Ohne Bibliothek soll d. Teufel Briefe herausgeben! Mit besten Grüßen Ihr Sauer.

Würzburg, 10. Juni 1882 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Würzburg 10 VI 82.
Herzogeng. 5

Lieber herr kollege,

Ihre vertrauliche mitteilung nehme ich gar nicht tragisch. Selbst mit Ihnen als mitarbeiter wird die Spemannsche bibliothek den DLD nicht gefährlich werden können; um zu konkurrieren müsste man gleiche tendenzen haben. In der beziehung fürchte ich jetzt nur Mohr-Siebeck.
Komisch war, dass ich eben die Kindermörderin, deren herausgabe bei mir Erich Schmidt zugesagt hat, angekündigt hatte auf der umschlag korrektur des 6. heftes, als ich 12 stunden später Ihren brief empfing. Da ist nun nichts zu machen, und Sie werden Schmidts ausgabe den vorrang ablaufen. An Lenz neudrucke dachte ich noch nicht: ich habe ein stück teilweise kollationiert, Erich Schmidt ein anderes: wir fanden beide, dass die originale zu wenig von den Tieckschen drucken abweichen. Müllers Faust – seis drum; ich hoffe er hat sein publikum schon gefunden u. wird in der einzelausgabe auch dann noch verkäuflich sein, wenn er in Ihren sammelbänden steht. So verstehe ich wenigstens Ihre angabe, dass Sie in 2 bänden eine auslese zusammendrucken lassen wollen oder sollen.
Müllers Genovefa will ich auch nicht bringen, wenigstens zunächst nicht. Sie erhalten anbei meine kollation. Bei Ihrer verwendung müssten Sie freilich wegen meiner stellung zur familie des toten besitzers der hs. sagen, dass ich durch Hettners güte eine kollation von der hs. machen durfte. Entschuldigen Sie unreifheiten derselben damit, dass ich dieselbe in vorarbeiten meiner ersten litterrarischen tätigkeit machte. Orthographisch habe ich – damals in der zeit sehr gedrängt – nicht kollationiert, d. h. nur die kollationierten worte in der originalschreibung verzeichnet. Bei etwaigen differenzen der hsl. koll. mit der gedruckten liegt im druck der fehler, was Sie mir nicht allzu schwer ankreiden wollen. Den 1. druck korrigieren u. noch dazu so eilig, fiel mir nicht leicht.
Nun haben Sie mich aber neugierig gemacht und wenn Sies nicht unverschämt finden, bitte ich um nähere auskunft. Ihrem verleger schadets ja nicht, zumal ich Ihnen diskretion eigens noch zusichere. Mir aber als leiter einer sammlung ist es von wert zu wissen, was mit den Göttingern von Ihnen beabsichtigt ist. Ich stehe im begriff, auch darüber ankündigungen zu machen, da ich jetzt ein grösseres zukunftsprogramm aufstelle, um prioritätsstreite zu vermeiden.
Ferner möchte ich auch gerne fragen, wie es mit Ihrer österr. neudrucksammlung steht. Fragen kostet ja nichts u. Sie müssen ja nicht antworten.
In DLD steht jetzt Wielands epos Hermann nach der hs. hg. v. Muncker. Die ersten korrekturen sind sämmtlich erledigt. Das ist heft 6. Von 7 ‚Frkft Gel. Anz.‘ sind 5 bogen gesetzt; in den herbstferien erscheint die 1. hälfte, zu ende des jahres die zweite. In aussicht stehen: Bodmer, Charakter d. d. gedd. (krit. ausg.). Brentano, Wasa. Hagedorn, Versuch einiger gedd., Klinger Plimplamplasko (mit den holzschnitten), Moritz, Anton Reiser, AW Schlegel Ueber litt., kunst u. geist des zeitalters, Wagner, Kindermörd., Wieland, Erzählungen usf. Die reihenfolge der erscheinungen ist noch nicht festgestellt. Sie hängt vom absatz des bisherigen u. von der bereitwilligkeit der mitarbeiter ab; ich muss nun werben gehen, da ich mich entlasten muss für andere sachen. Bodmer macht mir Bächtold.
Ihrem Kleist sehe ich sehr freudig entgegen u. trotz Ihren vorbehalten so kritisch streng wie dem 1. band. ich bin überzeugt, dass Ihre ausgabe stich hält. Aber Sie dürfen auf die anz. nicht drängen: ich hab furchtbar viel zu tun.
Eilig grüsst
Ihr
Seuffert.

Lemberg, 13. Juni 1882 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

L. 13/6 82

Lieber Herr College!

Für die freundliche Übersendung Ihrer Collation der Genovefa meinen besten Dank! Die Papiere folgen in einiger Zeit unversehrt zurück.
Dass Speemannsche Sammlungen Ihrem Unternehmen nicht schaden, ist auch meine Überzeugung. Ich habe selbst keinen genauen Einblick in das ganze Unternehmen, weil etwas geheimnisvoll umgegangen wird. Es scheinen Goethe, Schiller, Lessing, Wieland-Ausgaben etc. geplant zu sein. Ob auch diese nur in Auswahl weiss ich nicht. Ich habe übernommen 2 Bde Stürmer & Dränger mit Einleitungen und Anmerkungen zu versehen, in denen Klingers Zwillinge, Sturm & Drang, Faust; Lenzens Hofmeister, Soldaten & Gedichte, Müllers Faust Genovefa & Gedichte, Wagners Kindermörderin & e[ine] Auswahl aus Schubart enthalten sein soll. Desgl. Göttinger 2 Bde: überall nur Auswahl. Ich werde die Luise in erster Fassung abdrucken lassen, dann Gedichte von Voss, Hölty, Miller, Stolberg, (Hahn?) Claudius Randbemerkung: [Es kommen auf jeden etwa 4 ½ Bogen] und Leisewitzens Julius von Tarent. Bürger bekommt einen eigenen Band mit einer Auslese der Gedichte. Ich habe nur die Texte anzuordnen übernommen, habe keine Correcturen zu besorgen, mir aber eigens[inni]ge Änderungen von Seiten des Correctors strengstens verbeten. Ich habe ziemlich gebundene Marschroute und werde wissenschaftlich nicht viel dabei leisten können. Die Ausgaben dürften nicht den Brockhausischen auf eine Stufe [zu] stellen sein. Wenn der Ton meines letzten Briefes mehr entschuldigend als blos mitteilend war, so wollte ich auch den Schein vermeiden oder beseitigen, als ob ich Ihnen ins Handwerk pfuschen möchte. – Überdies wollte sich Speemann wegen der Wieland-Ausgabe sogar an Sie selbst mit einer Anfrage wenden.
Wegen der öst. Neudrucksammlung ist noch nichts beschlossen. Ich konnte mich mit dem Verleger nicht einigen; in etwa 14 Tagen dürfte die Sache entschieden sein; ich theile Ihnen das Re[su]ltat dann mit und sende Ihnen auch ein Verzeichnis der proj. Stücke ein; wahrscheinlich beginne ich mit Abraham a Sancta Clara Mercks Wien.
Schliesslich hoffe ich trotzdem aus dem Kreise Ihrer Mitarbeiter nicht ganz ausgestrichen zu sein; es wäre vielmehr sehr schön, wenn Sie mir jetzt, wo sie solche ‚werben‘ wollen, etwas übertragen m[öc]hten. Zwar für das heurige Jahr könnte ich nichts übernehmen, aber Sie machen ja Programm auf lange hinaus; da ich mich in die Gött. einarbeiten muss, ohne sie irgendwie erschöpfen zu können, so wäre ich vielleicht gerade für eine Aufgabe aus dieser Gruppe tauglich. Noch lieber übernähme ich Götzens Gedichte eines Wormsers oder Uzens erste Sammlung. Auch wenn Sie für Hagedorn niemanden haben, bin ich bereit. – Warum fehlt Wielands Oberon noch immer in Ihrer Liste und die ganze Serie der kritischen Schriften ebenfalls?
Einen Streit wie den über die [P]riorität des Faustfragmentes wird es a[l]so in keiner Bzhg zwischen uns geben.

Bestens grüssend und dankend

Ihr
Sauer.

Würzburg, 20. Juni 1882 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Würzburg 20 VI 82.
Herzogeng. 5.

Lieber herr kollege,

Dank für Ihre mitteilungen, die ich Ihnen freilich hätte ersparen können, da Kürschner kurz nach meinem letzten briefe an Sie mir das programm so viel und so wenig entwickelte, als es zur aufforderung, ihm den Wieland und einiges andere zu machen, nötig war. Ich habe abgelehnt aus verschiedenen gründen.
Ihre freundliche versicherung, dass Sie trotz Ihren neuen aufgaben meiner sammlung treue bewahren wollen, erwidere ich mit der bitte, mir Hagedorn, Versuch 1729 zu machen. Ich weiss nicht, ob eine übersichtlichekrit. Ausg. möglich ist, da die abweichungen von späteren ausgaben, so weit ich sah, sehr bedeutend sind. Wenn aber, so würde sich wahrscheinlich für diesen fall ein kritischer apparat empfehlen. Doch überlasse ich die entscheidung darüber Ihrer näheren beschäftigung mit dem schriftchen. Es wäre mir lieb, wenn ich das ms. in der 1. hälfte januar 1883 haben könnte; schreiben Sie mir, ob Ihnen das möglich ist, sonst muss ich ein anderes heft voranstellen.
Später wird Ihnen der Götz-Wormser gedd. nicht entgehen. Die Göttinger kann ich Ihnen nicht bestimmt versprechen, da schon vor jahresfrist ein junger herr sich um die herausgabe bewarb; ob ich ihn zulasse hangt von der tüchtigkeit seiner noch ausstehenden dissertation ab. Uz hatte ich mir wegen der Wielandopposition ausersehen; aber ich werde mich freuen, wenn Sie denselben übernehmen.
Warum nicht Oberon? Nicht krit. schrften? Weil sie zu dickleibig sind.* Wälzer wie die Frkft. gel. Anz. darf ich nur ausnahmsweise bringen. Jetzt steht Anton Reiser als solcher in aussicht: der darf doch auf grosses publikum rechnen. Wer kauft mir aber Breitingers Dichtkst ab? Und die wäre das nötigste. Unter 7–8 m. könnte ich sie nicht neudrucken. Wo sind dann die abnehmer? Wielands Oberon ist so billig zu haben, dass nur die engsten gelehrtenkreise eine krit. ausg. kaufen würden. Diese u. andere stücke sind nicht ausgeschlossen für die zukunft; aber zunächst muss kleines heft auf kleines heft kommen. nur so kann das unternehmen in schwung kommen; nur was unter 1 m. kostet, hat absatz. Kaufen aber einmal leute einige zeit hinter einander billige nummern, so nehmen sie dann der vollständigkeit der serie wegen auch eine teuerere in kauf. Ich muss solche spekulationen machen, weil der absatz meinen erwartungen nicht entspricht, wenn auch die verleger nicht klagen.
Sie werden noch manches angezeigt finden, was ich jüngst nicht nannte. Ich habe mit Scherer ein programm von 50–60 nummern festgestellt, dessen kleinsten teil ich jetzt vorlege. Natürlich ist die reihenfolge noch nicht bestimmt und nicht ausgeschlossen, dass andere stücke eingeschoben werden. Wollen Sie sich daraus auslesen zur herausgabe, so werden Sie mich zu dank verpflichten.
Und noch eines: wie wäre es mit einem heftchen: kriegs-volkslyrik des 7 jähr. krieges? Da sind Sie der mann, der allein sagen kann, ob sich das empfiehlt, ja ob eine zusammenstellung möglich ist. Dass Ihre bejahung die folge hat, dass Sie auch der herausgeber sind, ist ja selbstverständlich.
Creizenach nach Krakau?!
Bestens grüsst und erwartet zusagen

Ihr
ergebener
Seuffert.

* Die kleinen eigentl. Streitschriften sind doch zu tot, um sie dem publ. als interessant vorzustellen. Ich habe in Zürich viele gelesen. Später kommen auch solche!

Lemberg, 30. Juni 1882 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lemberg 30.VI.82.
Ulica Kotlarska 2

Lieber Herr College!

Ihr langer ausführlicher Brief hat mir viel Freude gemacht. Ich freue mich auf das Programm, das das nächste Heft bringen wird. Auf Uz verzichte ich gerne, wenn Sie sich das schon vorgenommen haben, nur glaube ich, daß ich, wenn mir die Halberstädter gewogen bleiben, wie es den Anschein hat, aus diesen Papieren noch manches für Ihre Samml. speciell für Uz [fl]üßig machen könnte. Ich bekomme im Sept. eine neue Sendung von dort, worunter wahrscheinlich Götz, Rudnik u Pyra-Sachen. Das hätte ich am liebsten langsam bei Ihnen verwertet. Die Volks-Kriegslyrik ist ein ganz prächtiger Gedanke, den ich mit Freude und Eifer aufnehme. Nur wäre es doch nöthig, daß ich [vo]rher in Berlin gewesen wäre, wo vieles einschlägige in Handschriften liegt. Im Laufe des nächsten Jahres – wenn nicht zu Weihnachten dieses – wird nun mein Wunsch dahin zu reisen, endlich erfüllt werden. Wenn es Ihnen also recht ist, dieses Heft im Laufe der nächsten 2 Jahre – allgemein gesagt – zu bringen, so kann ich darauf eingehen u. bitte mir es zu reserviren. Hagedorn Versuch nehme ich selbstverständlich an und verspreche Man. erste Hälfte Januar zuverläßig. Ob kritische Ausgabe oder nicht, kann ich jetzt auch nicht entscheiden, will Ihnen aber in einiger Zeit – etwa [im] Sept. – wenn ich die Sachen durchgearbeitet habe, ausführlich Nachricht geben.
Was nun unsere österreich. Neudrucke anlangt, so bin ich mit dem Verleger übereingekommen, es zunächst mit 3 Heftchen zu wagen. Die Sachen, die ich bringe, liegen ganz außer Ihrem Gesichtskreis, nemlich
1. eine Schrift von Abraham a Sancta Clara.
2. eine anonyme Erzählung ‚Der Hausball‘, deren Umarbeitung Goethe für das Tiefurterjournal begonnen vgl Hempel V, 271.
3. Wahrscheinlich Kurz-Bernardon: Prinzessin Pumphia; doch bin ich mit dem letzten noch nicht einig.
Dann würden sich wieder ältere Sachen anschließen. Ob nun die Unternehmung Bestand hat, ob der Verleger verstehen wird, die Heftchen zu vertreiben, wird sich ze[ig]en. Ihre Verleger wird das ganze nicht touchiren.
Mit vielem & herzlichem Danke sende ich Ihnen die Collation der Müllerschen Handschrift anbei zurück. Sie hat mir wesentliche Dienste geleistet. Daß ich bei dem Abdrucke Ihren und Hettners Namen nenne, ist selbstverständlich.
Creizenach wird wol nach Krakau kommen und wir bleiben wieder sitzen. Aber es sind nicht die [schl]echtesten Mädchen, die sitzen bleiben oder erst spät heiraten! Hier sind die Verhältnisse zum aus d Haut fahren!
Glückliche Ferien!
Herzlich grüßend
Ihr
Sauer

Lemberg, 28. Juli 1882 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Herr College, Haben Sie zufällig in irgend einem Eckchen ein überflüssiges Exemplar Ihrer Habilitationsschrift über Genoveva; wenn nicht, so leihen Sie mir gütigst auf ein paar Tage das Ihre; ich sende es Ihnen pünktlich zurück. Ihr ‚Maler Müller‘, in den ich mich gerade sehr vertiefe, macht mir viel Freude.
Genießen Sie die Würzburger Festtage und bringen Sie die Ferien angenehm zu!
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Ergebener
Sauer

Lemberg 28/7 82.
Ulica Kotlarska 2.

Würzburg, 28. Juli 1882 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzburg 28 VII 82.

Dank, geehrter kollege, für die übersendung des 3. bds. Kleist: leider kann ich mich nicht gleich darüber machen, da der festtrubel vor der türe steht. Ich wollte die jubiläumsfeierlichkeiten wären überstanden, zumal ich vor u. nachher notwendig zu tun habe. – Die Genov-kollation hätten Sie füglich länger behalten können; es freut mich, wenn Sie dieselbe verwerten. – Zugleich danke ich Ihnen für die übernahme des Hagedorn für januar 83 und weiterer stücke in den DLD. Auch den Uz bitte ich Sie, sich endgültig zuzueignen. Es ist besser, Sie begleiten ihn mit Halberstädter urkunden als ich mit Wielandquatsch. Ich verlasse mich darauf, dass Sie ihn zu Pyra, Götz usf. nehmen. Ueber den zeitpunkt der veröffentlichung reden wir später, ebenso über den des heftes Volkskriegslyrik. Ihren Oesterr. neudrucken sehe ich freudig entgegen. Kürschner hat nochmals wegen des Wieland an mich geschrieben u. mir unbeschränkte zeitfrist angeboten: ich lehnte aber doch ab. Ich machte lieber endlich die biographie u. will auch darum im nächsten jahrgg. DLD nur wenig selbst machen. Von den Frkft. G. Anz. 72 ist ein drittel gedruckt. Die einleitg. macht wahrscheinlich Scherer.
Gegen mitte august werde ich auf ein paar wochen ausruhe nach Tirol (?) gehen. Hab ich Sie oder Minor in den citaten aus Stud. z. G.philol. in meiner untersuchung DjG u. Wld berührt? Können Sie den hauptergebnissen beistimmen? Grüssend
Seuffert.

Lemberg, 13. August 1882 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

L. 13.8.82.

Lieber Herr Colle[ge]! Unsere karten haben sich ge[kre]uzt. Während der schönen Festtage, die ich ich in der Allg. Ztg. mit grossem Interesse verfolgte, wollte ich Sie mit meinem Dank für Ihr Genofevaheft nicht stören, hole also denselben jetzt nach. Ihre Wielandsachen konnte ich nur ganz flüchtig lesen, das was Sie gegen die Studien vorgebracht haben, scheint mir so evident, dass wir uns nur darüber freuen können, dass diese Sachen einmal sicher gestellt sind. – Uz sammt Anhang eigne ich mir nun zu. Wenn die Halberstädter Kiste ankommt, will ich über ihren Inhalt referiren. Ich stecke ganz in den Sturmern & Drängern, aus deren Armen mich nur manchmal Abraham a S. Clara empfängt. 8 Tage Krankheit abgerechnet, die ich im Bette sein musste, bin ich sehr fleissig. Ihnen wünsche für Tirol gutes Wetter & heitere Stimmung.
Mit besten Wünschen
Ihr
Sauer.

Würzburg, 1. Oktober 1882 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzbg. 1.X 82

Sehr geehrter kollege, Sie wollten nach einer früheren mitteilung im sept. umschau über Hagedorn halten, ob ausg. mit krit. apparat oder ohne solchen. Ich würde Ihnen keine antwort jetzt abnötigen, wenn die verleger nicht anfragten, ob es nicht möglich sei das heft 9 Hagedorn noch vor DLD 8 erscheinen zu lassen. DLD 7 ist fertig, 8 in druck. Da aber Scherer dazu die einleitung erst nach neujahr schreiben kann, wird die pause bis ein neues heft erscheint, etwas gross; darum ist das einschieben einer späteren nummer wünschenswert. Können Sie ohne zu grosse beschwerde den Hagedorn früher als januar fertig machen, so erweisen Sie mir einen gefallen. U. zwar ist mir die ablieferung des ms. (event. mit nachfolge der vorr. in kurzer pause) morgen lieber als übermorgen. Aber ich will nicht zudringlich sein. Nur bitte ich um baldigste mitteilung des frühesten termins, bis wann Sie das Hagedornheft (oder ein anderes der besprochenen) mir liefern könnte.
Dankbar und grüssend
Ihr Seuffert.

Lemberg, 4. Oktober 1882 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lemberg. 4/X. 82. Krassickigasse 6.

Ihre Karte, li[ebe]r Herr College ist meinen Na[ch]richten um einige Tage zuvorkommen. Heute kann ich wegen Unordnung beim Umzug in eine neue Wohnung nur weniges sagen. Hagedorn habe vor ! 3 Tagen aus Berlin bekommen, aber noch nicht vgl. Jedenfalls könnte Text bis 15. November, Einleitung bis 1. Dec. fertiggestellt werden. Lang wird die Einleitung auf keinen Fall. Stellt sich eine krit. Ausgabe – was die nächsten Tage entscheiden werden – als unmöglich heraus, so kann der Text früher abgeliefert werden. Bis zur gleichen Zeit könnte ich Ihnen, falls es Ihnen lieber wäre, ‚Die Oden Anakreons Frankf u Leipz. 1746 von Uz Götz und Rudnik‘ (Goed 581) versprechen, wovon ESchmidt ein Ex. besitzt, das er gewiss herleiht. Der Einl. kämen dann die Uz-Götz-Rudnik Papiere zu gute, die ich sämmtl. aus Halb. hier habe. Besitzen Sie Hagedorn-Ausgaben und welche? In 4–5 Tagen folgt ein Brief mit dem Resultat der Vergleich. Ich freue mich herzlich, Ihnen mit meiner Arbeit ein klein wenig dienen zu können. Herzlich grüssend Ihr Sauer.

Würzburg, 7. Oktober 1882 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Wzbg. 7 X 82 Herzogeng 5.

Lieber h. prof. suppl., Dass Sie meinen bitten gehör schenken, macht mich zu Ihrem schuldner. Ich darf also bis spätestens mitte novemb. den text u. die einleitg. so zeitig erwarten, dass keine pause im drucke eintritt. So wird das heft als neujahrsgeschenk fertig werden. Lieber wäre mir der 1729er Hagedorn (– von dessen werken ich nur stückweise, elende nachdrucke besitze –) weil ich den käufern gerne was altes vorsetzen möchte. Ist Ihnen aber der Anakr. jetzt lieber, so bin ich nicht so unbescheiden, zu widerstreben, zumal ich der dränger bin.
Ich hätte eher gehofft u. gewünscht, dass Sie weggezogen werden als dass Sie umziehen. ‚Ach, wir armen!‘
Treulichen gruss von
Ihrem BSeuffert.

Muss no 15 Rede des Photinus s. 112 auch der lat. Lucan mit abgedruckt werden?

Lemberg, 17. Oktober 1882 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lemberg, Krassickigasse 6. 17/10 82.

Lieber Herr Colle[ge]! Das Resultat meiner Verglei[chu]ng ist folgendes: Von den 16 Gedichten der Sammlung scheinen 11 nicht wieder gedruckt zu sein. No 16 ist bei Eschenburg IV 142 f. daraus wiederholt. Zu No 6 ‚Der Schwätzer Satyre‘ gibt es ein zweites Gedicht mit ders. Überschrift u. über dens. Vorwurf, das aber ein ganz anderes Gedicht ist u. als 2. Fassung absolut nicht bez. werden kann (1744 zuerst erschienen. Esch. I 84 ff.) Von No 5 ‚Die Grösse eines weislich zufriedenen Gemütes‘ wurden einzelne Stellen in dem Lehrgedicht ‚Der Weise‘ (Hamb. 1741. Esch. I 15 ff) ganz umgearbeitet verwendet. Vollständige Umarbeitungen erfuhren No 3 Der Wein; später einzelne 1744. Esch. III 196 ff. u. No 8 Satire von den unvernünftigen Bewunderern als ‚Schreiben an einen Freund‘ in den ‚Moralischen Gedichten‘ 1750 42 ff Esch. I 40 ff. Wollte man diese Umarbeit. versinnlichen, müßte man sie parallel nebeneinanderstellen. Da außerdem No 8 in der hamb. Zs Matrone gedruckt ist; von mehreren anderen Einzeldrucke existiren sollen (ich vermute von 1 und 10. Das Hamburger Schriftstell. lex. ist mir nicht zur Hand.) so meine ich, von einer krit. Ausgabe absehen zu sollen u. werde nur in der Einl. die Hauptänder. ihren Principien nach besprechen; wenn es Ihnen so recht ist.
Bestens grüßend Ihr AS.

Würzburg, 21. Oktober 1882 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzburg 21.X 82.

Natürlich stimme ich Ihrem urteil zu, lieber h. kollege. Auch ich vermutete, dass manche gedd. hier allein gedruckt sind, u. dass eines zu stark zu einem krit. apparat verändert ist, hatte ich nachgeprüft. Ich wollte aber Ihrer meinung nicht vorgreifen. Da die verleger noch gerne im nov. ein heft brächten, so werde ich wol oder übel eine kleinigkeit – wol ein drama v Bodmer, das mir zur hand ist – selbst einschalten müssen. Ihr heft kommt aber doch in druck, sobald Sie fertig sind. ‚Wir‘ arbeiten jetzt mit dampf.
Bei folgt die 1. hälfte der Frankfurter, deren fertigstellung die druckerei ganz ungebührlich verzögerte.
Gruss und dank von
Ihrem
Sfft.

Lemberg, 23. Oktober 1882 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Zuerst besten Dank, l. H. C., für den ersten Theil der Fr. G. A. u. m[ein]en Glückwunsch zu diesem [neu]en ‚stattlichen‘ Bande Ihrer Sammlung. Vom Hagedorn ist die Hälfte bereits abgeschrieben, in den nächsten zwei stimmungslosen Tagen wird auch die andere Hälfte absolvirt; denn ich muß dieses Geschäft zu allem Überfluß selbst besorgen; sonst kann ich mehr Correcturkosten bezahlen als ich Honorar bekomme, wie beim ‚Abraham‘, wo ich einen späten Druck zu Grund legte. Sie können also den Hagedorn bis zum 1. haben u. flottweg drucken, wodurch wieder umgekehrt mir ein Gefallen geschieht; denn ich möchte das Buch aus Berlin so lange hierbehalten, nicht zurückschicken u. wieder begehren. Könnte ich Ihnen aber die Mühe mit Bodmer oder einem anderen Einschub ersparen, so solls mich freuen. Es ist doch besser eines wird beschleunigt, als zwei. Im nächsten Jahr will ich aber das Arbeiten mit ‚Dampf‘ wie Sie richtig sagen, sein lassen. In erster Linie leidet bei mir die Gesundheit darunter. Bestens grüßend Ihr Sauer.

Lemberg, 1. November 1882 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lemberg 1/11. 82.

Lieber Herr College, Hier ist das [kl]eine Ding mit dem vielem ! Papier. Die Abschrift ist so deutlich als möglich, nur werden die mancherlei Schriften vielleicht Schwierigkeiten machen. rot bez. antiqua; unterstrichen die Schwabacher Lettern; Sie haben wol die Güte, die Bemerkungen für den Setzer selbst zusammen zu stellen, wenn mein Blatt nicht genügt.
Die lat. Rede aus dem Lucan [h]abe ich weggelassen, Ihrer Zustimmung schon im vorhinein gewiß; die beiden Druckfehlerangaben am Schluße können wir wol gleichfalls weglassen; hingegen werden die in der Vorrede verbess. Druckfeh[le]r auch dort angeführt u. in meinem Verzeichnisse wiederholt werden müssen.
Mit den Correcturen halten wir es vielleicht wie das erste Mal; Sie senden mir die erste Correctur mit Ihren Bemerkungen, die ich dann bei der zweiten verwerte. Wenn Ihnen beim Lesen der Correcturen son[st] etwas auf- und einfällt, das in der Einleitung erwähnt wer- den sollte, so bitte freundlich!: machen Sie mich darauf aufmerksam.
Die Einleitung werde ich Ihnen so bald als möglich schicken.
Mit den Anmerk. weiß ich sonst nichts anzufangen, als sie abzudrucken, wie sie dastehen. An ein Nachschlagen der Citate etc. ist nicht zu denken. Hingegen werde ich die Mottos und sonstigen Citate aus Horaz, Ennius, Corneille u. deutschen Dichtern bei der Correctur vergleichen.

Mit den besten Grüßen
Ihr
Ergebener
Sauer.

Das Paquet war gestern für einen Brief zu schwer, folgt also heute in zweien. Bitte die Verzögerung zu entschuldigen[.]

Würzburg, 5. November 1882 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzburg 5 XI 82.

Lieber herr kollege,

Gestern abend empfing ich dankend Ihr ms. und schickte dasselbe heute an die verleger ab mit dem ersuchen, den druck baldmöglichst beginnen zu lassen. Es ist jedoch eine störung in der druckerei eingetreten: heft 9, Bodmers Karl v Burgund, war vor [von Sauer(?) rot unterstrichen] eintreffen Ihrer letzten karte dahin abgegangen mit der forderung sofortiger drucklegung, weil das heft zum 15. nov. erscheinen sollte. Die druckerei lässt ohne entschuldigung über 14 tage nichts von sich hören. Ich habe aber jetzt den herren eingeheizt u. hoffe, dass wenigstens Ihr 10. heft nicht darunter leiden soll. Die drucklegung desselben wird wol das ende des jahres kosten – ich schätze den text auf 8 bogen + Ihre vorbemerkung –; anfangs januar kann das heft dann erscheinen.
DLD 8 (2 hälfte Frkft gel Anz.) wird doch vor februar nicht fertig werden.
Die schriftenwahl erlaube ich mir gemäss den anderen heften zu regeln.
Schwabacher nehme ich nur da zu hilfe, wo das original gesperrt u Schwabacher unterscheidet. So war es bei den Grenadierliedern. Diesmal ist das, so weit ich sehe, nicht der fall; also wird alles, was Sie Schwabacher angaben, gesperrt.
Ebenso darf wol auch alles, was Sie mit roter wellenlinie auszeichneten, antiqua gesperrt werden statt kursiv.
Ich muss wegen der druckkosten sehr darauf dringen, möglichst einfachen satz zu erhalten u. überdem wissen Sie ja u. billigen es hoffentlich, dass die originale nicht u. in keiner weise typographisch imitiert werden sollen. So stehts im programm.
Also wird auch im Titel nichts rot gedruckt werden trotz Ihrer angabe. Die fussnoten der vorrede werden einspaltig gesetzt werden, weil die spaltung ebenfalls sinnlose imitation wäre.
Die vorr. mit denselben lettern wie der haupttext. In DLD 3 wurde sie durch ein mir u. den verlegern unangenehmes versehen grösser gesetzt.
Bei dieser anordnung weiss ich nicht, wie es mit der prosa s. 76 f. des originales gehalten werden soll. Ich würde hier am liebsten petit wählen, habe aber auch nichts gegen den gewöhnlichen fraktursatz. Ich bitte mir hierüber anweisung zugehen zu lassen; Sie zeigten an: wie die vorrede.
Die überschriften der gedd. werden nach dem muster von DLD 4 behandelt werden u. wie dort, so gestatten Sie wol auch diesmal, dass der setzer die zeilenteilung des originales in diesen titeln nicht unbedingt bewahrt. Zeilenzählung wie in DLD 4 rechts u. links aussen: in Ihrem ! mss. herrscht wol nur zufällige verschiedenheit hierin.
Zu Ihrer vorbemerkung haben Sie wol die güte ein inhaltsverzeichnis der gedichte anzufügen wie in DLD 4.
Die druckfehlerkorrektur am schlusse habe ich nach Ihrer erlaubnis gestrichen. Die in der vorr. müssen wir beibehalten. Aber ich sehe keinen grund, warum Sie dieselben in Ihrem verzeichnis der verbesserungen nochmals anführen sollten. Ich habe was der autor verbessert stets stillschweigend in den text aufgenommen. Ihre vorbemerkg. hätte nach meiner meinung einfach zu bemerken, dass die verbessergen des autors aufgenommen seien. Das weglassen der lat. rede des Lucan entspricht ganz meiner erwartung.
Ich lese die 1. korrekt. u. schicke sie Ihnen zu; ebenso alles, was mir bei der lektüre einfallen sollte. Es wird aber = 0 sein.
Dank auch für Ihre anz. aus der Zs f. ö. g. Besonders erfreut war ich, dass ein östereicher meine bei der habilitation aufgestellte these: Lenau gehört mehr zur schwäb. Dichterschule als zu den österr. Dichtern billigt.
In welcher anwandlung von mildem sinne haben Sie u. Minor Schobers Heinse so sehr gut gefunden? ich kenne den verf. als ein hornvieh ersten grades u. hielt sein buch für stümperhaft. Sogar die Jenenser fakult. hielt es zu schlecht, um daraufhin den alten herrn zu promovieren.
Eilig grüsst
Ihr
ergebenster
BSeuffert.

Lemberg, 13. November 1882 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

L. 13/11 82.

Lieber Herr Colleg[e], alle meine Druckbemerk. [wa]ren mehr für Sie als für den Drucker berechnet; u. ich habe gewußt, welche Eintheil. Sie vornehmen werden; wolle Ihnen aber nicht vorgreifen. Also ich bin mit allem, was Sie angeordnet, einverstanden, habe auch gar nichts dagegen, wenn Sie für die Prosa S. 76 f petit wählen.
Daß der Druck rasch vor sich geht, wünsche ich nur deswegen, weil ich das Exemplar nach Berlin zurückschicken muß. Zunächst habe ich es bis 1. Dec. prolongiren lassen. Hoffentlich ergibt sich auch dann kein Anstand.
Schober Heinse ist freilich nicht gut; aber wir nahmen ihn, für das als was er sich gab, für einen Dilettanten. Ich bin ferner des scharfen Critisirens überdrüßig. Meine letzte Polemik mit Düntzer ist mir höchst unangenehm.
Bestens grüßend
Ihr AS.

Lemberg, 18. November 1882 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lemberg, am 18. Nov. 82.

Im Titelblatt haben Sie eine kleine Änderung vorgenommen. Es lautet die letzte Zeile im Original:
HAMBURG, bey König und Richter, 1729.
Sie haben die Zeile gebrochen. Mit Absicht? Ich habe es nicht geändert; bitte Sie aber, falls der rote Theilungsstrich bei Ihnen vielleicht nur Zufall war, demgemäß ordre an die Druckerei zu geben. Ferner macht das Orig. in der Antiquaschrift Unterschied zwischen ſ und s (Anfangs u. Schluß s.) Mein Man. hat es nur ein paarmal berücksichtigt u so haben sich zwei solche ſ in den Druck eingeschlichen. In ihren Intentionen liegt es nicht, solche Unterschiede nachzuzeichnen; ich werde also auch die paar ſ streichen und Gleichförmigkeit einführen. Über beide Punkte bitte ich ein Wort.
Bestens grüßend AS.

Würzburg, 20. November 1882 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Umgehend nach empfg. Ihrer karte. eilig die antwort, dass ich im titelbl. absichtl. die verlagsfirma unter den verlagsort setzte; ich hatte auch sonst die titel so geordnet u. nach dieser analogie auch diesmal.
Dass Sie s statt ſ setzen billige ich, wagte aber die änderg. in d. korr. nicht, obwol ich auch in Frkft gel. Anz stets die änderg. von ſ in s antiqua vornahm.
Die zeilenzählg. der motti u. anm. scheint mir nötig: wie wollen Sie sonst im vorwort etwaige druckfehler citieren? Natürl. müssen die ziffern dabei kleiner sein als die der verszählg.
Ich muss in die 2. vorlesg. Gruss
Seuffert

20 XI 82.

Ich schickte Ihnen bis jetzt 2 bogen u. 1 titelrevis.

Würzburg, 25. Dezember 1882 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Wzbg 25.XII 82.

Ich bekomme sorge, dass Sie, lieber h. kollege, unwol geworden sind, oder dass Ihre vorbemerkung im weihnachtstrubel auf der post verloren ging. Wollen Sie mir doch in ein paar zeilen aufklärung geben.
Prosit neujahr!
Ihr Seuffert.

(Wien), 3. Januar 1883 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Herr Kollege!

Ich habe ein recht schlechtes Gewissen Ihnen gegenüber: es hat nicht erst Ihrer freundlichen Karte bedurft, die ich gestern in Wien fand, um mir meine Schuld & Nachlässigkeit zum Bewußtsein zu bringen. Ich hatte mich in der ersten Hälfte Dec. [üb]erarbeitet, in der Hoffnung, doch alles zwingen zu können, was ich mir vorgenommen. Die letzten Tage vor Weihnachten konnte ich absolut nichts mehr thun, nicht einmal einen Brief schreiben. So warf ich denn alles zusammen – auch d. Hagedorn – in d. Koffer u. fuhr zum Bruder. Dort gieng es mir in der Ruhe der Familie bald besser u. ich konnte die Vorbemerk endlich aus d. Brouillon ins reine schreiben. Heute habe ich Sie durchgesehen & sende sie anbei. Mehr weiß ich nicht zu sagen; die Varianten lassen sich nicht anführen; ich habe mir alles in die Correcturbogen eingetragen gehabt; ich glaube, für den Zweck wird es genug sein.
Haben Sie die Güte, die Seite bei dem [Ti]tel aus Haller hinzuzufügen; ich habe nichts [b]ei mir. Glauben Sie sonst etwas einschieben zu müssen, so bitte, thun Sie es. Ebenso der Titel.
Correctur bitte ich bis 12. l. M. nach Wien, IX, Mariannengasse 7; 3. Stiege, 1. Stock. Am 15. früh bin ich wieder in Lemberg. Sind Sie mir nicht böse u. bewahren Sie mir im neuen Jahr Ihre freundliche Gesinnung. Mit den besten Wünschen & Grüßen
Ihr
Ergebener
Sauer.

NB. Ist es nothwendig
S. 32 Z. 11 Joh. aus Joh
S. 32 Z. 12 Histor. aus Histor
S. 77 Z. 21 135. aus 135,
unter den Verbess. speciell anzuführen; könnte dies nicht unter den ‚Unregelmäßigkeit[en] des Druckes‘ mit inbegriffen sein? [We]nn Sie diese Ansicht theilen, so bitte ich Sie die 3 Dinge zu streichen.

Würzburg, 4. Januar 1883 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Wzbg 4 I 83

Ihre vorbemerkung, die mir sehr gut gefallen hat und die ich nur in bezug auf die einheitliche orthographie der L Denkm. u. dgl. geändert habe, ist durch eilboten zum druck abgegangen. Ich bedaure Ihr unwolsein um so mehr, als Ihr mitwirken an meiner sammlung mitschuldig ist. Hoffentlich haben Sie sich gründlich erholt, bis Sie wider in die vorlesungen müssen. Hätte ich nur auch so lange ferien!
Dank und gruss u. prosit neujahr von
Ihrem
jetzt u. fürder
getreuen
BSeuffert.

Lemberg, 24. Januar 1883 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lemberg 24/1 83.

Lieber Herr College!

Nachdem bisher nur die Wiener Beiträger Minor und Werner Exemplare der Neudrucke besitzen, erhalten Sie die ersten Hefte, die ich versenden darf. Nehmen Sie sie freundlich auf und sagen Sie mir auch gelegentlich ob sie Ihnen gefallen und ob Sie mit Wahl und Form zufrieden sind. Ich freue mich, daß gleichzeitig mit diesen 3 Heften auch der Hagedorn fertig ist, so daß ich meine Thätigkeit an beiden sammlungen beweisen kann. Ich habe die Vorrede am 16. imprimirt.
Sagen Sie mir nächsten[s] einmal auch, wann Sie beiläufig wieder ein Heft von mir brauchen, ob noch in diesem Jahre, oder erst im nächsten. Je später, desto besser.
Auf d. Umschlag von Heft 2 werden Sie einen Grundriß zur G. d. d. L. i Ö. angekündigt finden. Erschrecken Sie nicht vor diesem Wagnis. Es ist absichtlich eine Vorausverkündigung auf [la]nge Jahre; denn ich werde mich erst vom nächsten Jahr ab darauf concentriren können. Übrigens hängt diese [A]rbeit von meinen Wiener aufenthalten ab; denn alles kann ich nicht hieherschleppen.
Ich habe mich in den paar Wochen in Wien sehr erholt; hatte es aber auch schon gründlich nötig; sah Heinzel, Schönbach, Werner, Seemüller u. zuletzt auch noch Schmidt, dessen Lessing ich bewundern durfte, soweit er fertig ist; am schönsten waren die Cap. über den jungen Gelehrten u. d. Sara. Im Theater: Calderons [R]ichter von Zalamea & Faust. Vom 2. Thl einen großartigen Eindruck bekommen. Ungeahnte Schönheiten gingen mir auf. Ich möchte jetzt immer nur Faust lesen; habe aber so selten Zeit.
Über 100 neue Raimundbriefe erweiterten meine Kenntnis des Dichters; einiges wenige kriegte ich auch aus Grillpar[zer]s Nachlaß zu Gesicht; im ganzen wird dieser aber von feurigen Drachen gehütet und harrt erst eines Votums durch d. famosen Wiener Gemeinrat, bis er erlöst werden darf.
Die Ernennungsfrage ist auch wieder am Tapet, seitdem Creizenach eingeschmuggelt wurde. Bis Ende Februar wurde d. Facultät Termin gesetzt, sich zu äußern. Ich bin das Supplenten u. Supplicantenwesen schon satt.
Mit den herzlichsten Grüßen
Ihr
Ergebener
Sauer.

Würzburg, 27. Januar 1883 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzburg 27 I 83

Geehrter herr kollege,

Vielen dank für die WND! Dass Sie gleich mit 3 stücken auf dem schauplatze erscheinen, ist gewiss vorteilhaft. Auch ist die wahl gewiss gelungen. Ich freue mich dieses unternehmens jetzt sehr, denn es hat entschiedene familienähnlichkeit mit meinen DLD. Schon darum muss es mir gefallen. Wir sehen uns ähnlicher als dem grosspapa Braune. Die farbe Ihres umschlages ist hübsch. die des meinen scheusslich; aber der Ihre ist dünn, meiner steifer. Auch ist Ihre schrift bedeutend kleiner – fast etwas klein fürs liebe grosse publikum sollte ich meinen. Sie haben 3 zeilen mehr auf der seite als ich. Endlich sind Sie um ein paar pfennig teurer; etwa 3 ₰ pro bogen, so viel sich bis jetzt berechnen lässt. Ich wünsche Ihnen von herzen gute aufnahme der WND. Man redigiert viel freudiger, wenns gut geht im laden u. in der kritik. An beidem kanns bei Ihnen nicht fehlen. Die Österr. kaufen mehr bücher als die Deutschen und der kritik werden Sie keine wunde stelle zeigen.
In beidem sind die DLD nicht gleich gut daran. Übrigens scher ich mich den teufel drum, so lang die verleger mutig bleiben.
Jetzt sind drei hefte im druck! aber unter uns! ich will Ihnen anvertrauen, dass Der Messias 1748 u. Bodmer 4 Krit. gedd. unter der presse liegen. Dass drittens der 2. tl. der Frkft. gel. anz. vollständig gesetzt ist bis auf einleitung u. register, darf alle welt wissen.
Ihrem wunsche gemäss werde ich den fortgang meiner sammlung so einzurichten suchen, dass ich Ihre beihilfe bis nächstes jahr entbehren kann. Dann aber hoffe ich wider auf dieselbe zählen zu dürfen.
Ich denke, dass Ihnen in den allernächsten tagen die freiex. u. das honorar zu DLD 10 zugehen.
Es scheint ja als ob Sie die WND ganz allein herausgeben wollen? ich schliesse das daraus, weil Sie die vorbemerkungen nicht unterzeichnet haben. Da müssen Sie eine eisernere arbeitskraft als ich besitzen, um das auf die dauer (‚rasch!‘) auszuhalten.
Ihr vorwort hat mir – ich darfs doch sagen, da Sie mich fragten – sehr gut gefallen. Eben so die vorbemerkungen. Ich empfand dabei eine gewisse genugtuung, dass Sie (gleich wie in den DLD geschieht) auch sehr verschiedenartige vorbemerkungen zu geben gezwungen sind. Das lässt sich nun einmal nicht meiden. Eine kritik, die sich hierüber aufhalten würde, verriete nur ihren eigenen unverstand. Anfangs freilich hatte ich an uniformierung der vorbemerkungen gedacht, sofort aber mich von der notwendigen differenzierung überzeugt.
Wenn ich nur einen herausgeber für Brentanos Gustav Wasa wüsste; kennen Sie einen in dieser zeit u. gegend der litteratur bewanderten und textkritisch erprobten mann?
Darf ich wissen wer u. was zunächst in den schriften der Wiener beiträger auftritt? Darin werden Sie ja die besten quellenstudien u. vorarbeiten zu Ihrer Littgesch. haben. Glück auf zu beidem.
Glück auf auch zur erhofften beförderung. Dass Creizenach nach Krakau kam, war mir das unerwarteteste von der welt. Der mann hat glück. Kurz zuvor erschoss sich ein kollege u. freund von ihm u. vermachte Creizenachen 50 000 m. Authentisch!
Die Prager stelle wird Ihnen nun Minor wegangeln. Sie Österreicher sind doch noch gut daran, Sie bekommen doch unterstützungen. Wie gerne wollte ich supplicieren, wenns was nützte. Ich werde jetzt der welt bald adieu sagen müssen und mich als assistent in eine kleine landstadt verflüchtigen, wenn nicht irgend ein hoffnungsstern sich bald zeigt. Ich hätte es schon getan, wenn mir das herz nicht blutete, dann meinen wissenschaftlichen nachlass auf abbruch versteigern zu müssen. – –
Den 2. tl. Faust sah ich vor 2 jj. in Dresden glänzend aufführen – aber ich besann mich ob dies ausstattungsstück Faust ist. Ich bin ein ketzer und glaube nicht an volle bühnenfähigkeit des Faust, weder des 1. noch des 2. tles.
Nochmals dank u. immer neuer u. treuer gruss
von Ihrem ergebenen
BSeuffert.

Lemberg, 30. Januar 1883 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Herr College; Dank für Ihre Theilnahme. Dass der Umschlag zu dünn [s]ei, hat der Verleger schon beim [ers]ten Hefte bemerkt; dem dürfte wol abgeholfen werden. Die kleine Schrift werde ich wol beibehalten müssen; doch hängt dies von der Theilnahme ab. Der Preis wird später auch vielleicht billiger werden können. Die ersten 4 Hefte mache ich allein; später ist mir Theilnahme sehr willkommen. Stranitzky macht Werner, Schmelzl wahrscheinlich ein Schüler Schmidts. Wollten auch Sie einmal ein Gegenheft bei mir machen: So wäre das sehr hübsch. Der Grundriss ist natürlich in die Ferne gerückt. In den Beiträgen soll Heft 1 sein: Ahnfrau von mir; II Briefe von Leon, Haschka, Alxinger, Born an Reinhardt hrsgg. von Keil. Dann folgt wahrscheinl. eine Arbeit über Schmelzl. Fertig ist sonst noch nichts! Zum Gustav Wasa schlage ich Ihnen Minor vor (Prag Stefansgasse 3III) er kennt die Romantiker, auch die jüngeren, erstaunend genau und wird es sehr gerne übernehmen. Vom Messias hat mir Muncker geschrieben. Freue mich herzlich darauf. Dass Sie so trüb in die Zukunft blicken müssen, ist sehr traurig. Ach Gott!!!! Ihr Sauer.

Würzburg, 4. Februar 1883 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzbg. 4 II 83.
Herzogeng. 5.

Geehrter herr kollege,

Ihre freundliche karte bringt mich in doppelte verlegenheit.
Dass Sie an meine neugierige frage, ob Sie allein alle hefte der WND herausgeben wollen, eine einladung zur mitarbeit, an mich gerichtet, knüpfen, schlage ich zwar hoch an und danke bestens dafür. Aber Sie dürfen nicht glauben, dass ich jene antwort durch meine frage hätte herausfordern wollen: eine solche unterstellung verbietet sich schon dadurch, dass ich Ihrer einladung nicht folgen darf, weil ich kontraktlich gebunden bin, an keinem meinen DLD ähnlichen unternehmen teil zu nehmen. Wer hätte gedacht, als ich jenen kontrakt unterschrieb, dass ‚ähnliche‘ sammlungen sich mehrfach einstellen würden! Aber nun rächt sich dieser mangel an voraussicht und ich muss Ihnen weigern, was zu bieten ich stolz wäre.
Die andere verlegenheit! h. Minor für den Gustav Wasa – ja daran hab ich auch schon gedacht; auch für das andere angekündigte romantische heft – A W Schlegel – wüsste ich keinen, der mir anständiger wäre. ‚Er wird es gern übernehmen‘ schreiben Sie? wissen Sie das gewiss? er hat s. z. in dem Litbl. Behaghel – Neumann – Bartsch die DLD so schlecht gemacht und neuerdings in der N fr. presse das dort vorgetragene nochmal aufgewärmt – wenn auch unter beigabe einiger geschmacksverdeckender saucen – dass ich unmöglich in der lage bin, auf seine beihilfe zu rechnen. Sie werden begreifen, dass wenn ich ihn anwerbe, das den anschein erwecken wird, als wolle ich sein urteil zum schweigen bringen. Das odium würde ich nicht auf mich nehmen, auch wenn ich ein viel, viel schlechteres redaktionsgewissen hätte.
Ein anderes aber wäre es, wenn h. Minor selbst sich dazu mir anböte oder die übertragung der romantiker verlangte. Er hat s. z. an mich ein recht brüskes kategorisches briefchen geschrieben, ich solle seinem Friedr. Schlegel nicht konkurrenz machen; ich gestand dies in seinem interesse sofort zu. Seit jener zeit hörte ich und sah ich nichts von ihm. Und ich habe keinen anlass aufdringlich zu sein.
Glauben oder wissen Sie aber, dass h. Minor wirklich gerne mitarbeiter der DLD wird, so werde ich es mit grosser freude begrüssen, wenn Sie ihn bestimmen können, sich selbst – so gut wie das viele andere z. b. auch prof. Geiger in Berlin getan haben – bei mir anzumelden.

Dank für Ihre sonstigen mitteilungen und nochmal glück auf zu den neuen unternehmungen.
Vom Messias ist der 1. bogen gesetzt, von den Frkf. der letzte im reindruck. das register ist eine niederträchtige arbeit.
Treuen gruss von Ihrem
ergebenen
BSeuffert.

Würzburg, 4. März 1883 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzburg 4 III 83.

Geehrter und lieber herr kollege, Ich danke Ihnen für Ihr schönes geschenk, dessen besitz mir viel freude macht – denn ich hange an dem helden meiner erstlingsarbeit – und danke Ihnen für Ihre erfolgreiche vermittlung zwischen h. Minor und mir. Ich bin froh also auch mit dem dritten der österr. (Wiener) beiträger in freundliche verbindung zu kommen.
Mit bestem grusse Ihr
Seuffert.

Lemberg, 3. April 1883 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lemberg 3/4 83.

Sehr geehrter Herr College!

Ich bin länger in Ihrer Schuld, als es billig ist u. ich verantworten kann; nur indirect habe ich Ihnen kund gethan, daß ich Ihren letzten Brief erhalten habe. Ich freue mich innig, daß Minor Ihr Mitarbeiter geworden ist, und hoffe, daß beide Theile miteinander zufrieden sein werden. Es war die letzte Zeit mit ihm schwer auszukommen. Aber man kann sich auch schwer in die Lage eines Menschen versetzen, der in einem Jahre von Mailand über Krakau (in effigie) nach Prag gesetzt wird, ohne sicheres Einkommen heira- ten muß und so wenig zuversichtlich in die Zukunft blickt. Und dann sitzt ihm immer das Wort auf der Zunge u. das Tintenfaß geht ihm über von [de]m, was ihm im Herzen drängt. Ein wie grundguter, grundedler Mensch er ist: davon sollen Sie sich wol noch selbst überzeugen.
Die letzte Zeit ist an mich wieder die Prüfung herangetreten. Hier wurde Werner vorgeschlagen. Ein Minoritätsvorschlag scheint vom Minist. nicht berücksichtigt zu werden. So hieng ich eine zeitlang in der Luft, bis mir endlich von Schönbach in des Minist. Namen ein Extraord. für neuere Lit. in Graz angetragen wurde, das ich mit Freuden annahm. Ich verliere momentan ein paar 100 fl. dabei, weil die Lehrkanzel in Graz noch nicht systemisirt ist, aber z[u] meinem schließl. Gewinne dürfte es doch ausfallen. Ich bin aus diesen unerquickl. Verhältnissen für immer erlöst; darf wieder Mensch u. wieder Deutscher sein. Zu solchem Völkerkampfe tauge ich nicht; da gehören härtere Naturen dazu oder leichtlebigere Menschen. Ich bin bei weitem nicht mehr das, was ich vor 4 Jahren gewesen u. will nur hoffen, daß ichs wieder werde. Im Herbst, wenn alles gut geht, wandre ich und [G]alizien sieht mich nie mehr wieder. Von meinen Arbeiten nur ein paar Worte; ich zehre noch immer an dem Fleiße des vorigen Jahres; die beiden ersten Bände der Stürmer & Dränger sind längst fertig, der 2. wol auch schon ausgegeben, ich habe aber noch keine Ex. Beim ersten habe ich die Gesammteinleit. übermäßig lange verschleppt, bis ich aus der Sache völlig draus war u. mich wieder vom neuen [ei]narbeiten mußte. Nichtsdestoweniger ist sie g[ä]nzlich mislungen. Wie ich überhaupt an den ganzen Bänden keine Freude habe.
Neudrucke 4 Klemm, ‚Der auf den Parnaß versetzte grüne Hut‘ ist fertig; die ganz kurze Einleit. dazu machte sehr viel Arbeit, ich mußte 12 Bände Zeitschriften durchmachen. 5. Schmeltzl Saul & Samuel 1545 ebenfalls, von Dr Spengler besorgt, von dem ein schönes Buch über Schmeltzl in unseren Beiträgen erscheint. 6 soll Stranitzkys Ollapatrida (von Werner besorgt) sein; Creizenachs Recension beirrt mich darin nicht; sollte es aber meinen Verleger touchiren, bei dem ich erst anfragte, [so] hat Werner auch Stranitzkys Reisebeschreibung schon fertig, die dann rasch eingerückt wird.
Das, was bei Ihnen jetzt kommt, erwarte ich sehnsuchtsvoll. In den letzten Wochen habe ich mich nach dem ‚Anton Reiser‘ gesehnt.
Bleiben Sie mir gut und seien Sie mir herzlichst gegrüßt. Ihr Ergebener
Sauer.

Würzburg, 6. April 1883 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Wzbg. 6 IV 83 Herzogeng. 5

Meinen aufrichtigen glückwunsch, verehrter herr – –
ja wie soll ich Sie nun anreden? ich bitte dass Sie auch als professor den untergeordneten privatdocenten nicht vergessen u. seine bekanntschaft nicht verschmähen. Ich hatte von der vertauschung Werners u. Sauers schon gehört, verstand aber die ratio nicht, da doch W. in Graz schon vorgeschlagen war. – Was Sie mir über Minor schreiben, war mir sehr wertvoll. Nun verstehe ich erst seine wunderlichen briefe. Sie haben mich so frappiert, dass ich mich schliesslich auf den trockensten geschäftsstil beim antworten einschränkte. Das werde ich nun nach Ihrer charakteristik nicht mehr tun. Hoffentlich habe ich M. nicht verletzt. – Ueber Ihre neudrucke habe ich für die Zs. f. d. A. Anz. eine notiz gemacht auf Steinmeyers wunsch. Nehmen Sie mir nicht übel, dass ich gegen Ihre neigungen typographisch nachzuahmen, etwas ankämpfe. Ich freue mich recht auf die fortsetzg. Stranitzkys Ollapotr. wollte Wern. früher bei mir machen. Scherer, mein berater, sprach sich sehr entschieden gegen den neudr. aus, u. so ward er zurückgestellt, obwol ich nicht ganz abgeneigt war. – Immer noch fehlt Scherers einleitg zu den Frkft. gel. – Auch ESchmidt lässt nichts von sich hören. Ich wollte schon vergangene weihnachten das ms. zur Kindsmörderin haben; seit jener zeit schweigt er sich aus. – Anton Reiser wird L. Geiger, der sich darum beworben hat, im nächsten jahre machen. Jetzt bekomme ich von ihm Frdr. d. gr. Im mai von Martin die Ephemerides. Ich seufze unter der last der korr. u. bin totmüde vor arbeit. Verzeihen Sie darum auch, dass ich Ihren brief mit so dürftigen zeilen beantworte. Wenn ich wider einmal (wann??) zu einer menschlichen stimmung komme, schreibe ich wider mehr u. besser.
In Basel ist Bächtold, Henning, Roediger vorgeschlagen. Treu grüsst Ihr ergebener BSeuffert.

Lemberg, 9. Juni 1883 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lemberg, 9/6 83.

Lieber Herr College! Unter einem erhalten Sie heute Band 1 u. 2 meiner St & Dr. [s]owie Heft 4 u. 5 meiner WND [mi]t der Bitte, alles freundlich aufzunehmen. Mit den St & Dr. habe ich viel Ärger & Verdruß gehabt; es ist gar nicht alles so wie ich wollte u. zu allem Unglücke ist das Zeug noch fehlerhaft gedruckt, wenigstens der 1. Band. Eigentlich bin ich für die Correcturen der Texte nicht verantwortlich, aber auch von meinen Einleitungen habe ich theilweise nur eine Correctur bekommen.
Für Ihren Nekrolog besten Dank; ich habe leider Hettner nicht gekannt. Wie ich aus Berlin erfahre, soll die LitG. bis aufs Register fertig sein; da werden Sie ja die Einleit. zu den Frankf. Gel. Anz. auch bald bekommen. Bei mir ist jetzt Heft 6 Stranitzkys Reisebeschreibung (Werner) u. 7 Sonnenfels Briefe in Druck. Der Verleger klagt u. die Geschichte wird wol glorreich eingehen. Sei’s.
Mit vielen Grüßen Ihr Ergebener AS.

Würzburg, 11. Juni 1883 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Geehrter herr kollege, das ist eine reiche beschenkung! ich freue mich recht auf Ihre einleitungen zum sturm- u drg. u. auf die neudrucke. Haben Sie für alles vielen dank. dass Sie mir auch etwas nicht von Ihnen ediertes schicken, beschämt mich, da der redakteur der DLD nicht so gut mit freiex. gestellt ist, das zu können. Das zusammenarbeiten mit Kürschner mag gewiss unangenehm sein; bei solcher massenproduktion ist sorgfalt im druck nicht möglich. die erneuerung der Prometheusviecher ist aber sehr nett. Bei mir ist eben auch die Kindermörderin fertig geworden, nur Schmidts einleitung ist noch nicht gesetzt; ich erwarte täglich die korrektur. Bis mitte juli kommen 5 hefte DLD, vorausgesetzt dass Scherers einleitung endlich, endlich eintrifft. Bevor dies ist, werden alle bände in arrest gehalten. Bodmer ist ganz fertig, Wagner wie gesagt, Goethe Ephem. bis auf einleitung u. Gustav Wasa ist im druck. Im juli kommt De la litt. allem. an die reihe u. dann dieses jahr nur noch A W Schlegel Berl. vorlesgen. Die verleger sind sehr überrascht, dass ich Ihnen das dreifache des kontraktlichen jahrespensum zu mute, aber ich sagte: der bien muss, u. so fanden sie sich drein. Dass die WND nicht gleich florieren, sollte Ihren verleger nicht kopfscheu machen. Ich weiss allerdings auch nicht, wie lange sich meine Henninger den luxus erlauben; denn ein luxus ists neudrucken vom standpunkte eines verlegers. – Ist Ihre ernennung nach Graz eingetroffen? die Werners soll perfekt sein. – Wenn Sie auch hören, hier seien Walthers v. d. V. gebeine gefunden worden, so erklären Sie energisch, dass das gerede leerer humbug sei. Nochmals dank und treue grüsse von Ihrem ergebenen BSeuffert.
11 VI 83.

Lemberg, 25. Juni 1883 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Herr College, in der Anhoffung, daß Sie mir unumwunden die Wahrheit sagen w[er]den, richte ich eine Bitte an Sie. Währ[e]nd ich nemlich in diesen Tagen den Umschlag zu den ersten Heften unse[re]r ‚Beiträge zur Geschichte der deutsch Lit. u. d. geistigen Lebens in Oest‘ redigirte, fiel es mir ein, daß Sie früher Werner u. später auch mir versprochen haben, bei Gelegenheit ein Heft ‚Wielands Einfluß auf die deutsch-öst. Lit‘ oder wie Sie es dann betiteln wollen, für diese Sammlung zu spenden. Dürften wir dieses Heft unter den anderen „in Vorbereitung befindlichen‘ ankündigen? Sie übernehmen dadurch keine bestimmte Verpflichtung, am wenigsten einen einzuhaltenden Termin. Auch bei anderen dort angekündigten Arbeiten ist noch nichts lebendig als der Plan. Sie würden mich u. meine beiden Herren Mitredacteure sehr dadurch verbinden u. unserm Unternehmen entschieden nützen, da die Liste, wie Sie sehen werden im übrigen ziemlich armselig ist & ‚illustre‘ Namen völlig fehlen. Ein großes Ja auf einer Postkarte genügt für den beschäftigten Redacteur der DLD. Herzlich grüßend
Ihr AS.

Lemberg, 25.6.83.

Lemberg, 26. Juni 1883 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Herr College! Ich sage Ihnen beste[n] Dank für die Recension Ihrer | lies: Ihre Recension der:| Neudrucke und ich werde gewiß mehrere Ihrer Ratschläge vor Augen halten; Sie dürfen nicht vergeßen, daß ich als Redacteur ein Anfänger bin; auch war die Druckerei leider nicht so geschult wie die Ihre; nur daß mir gerade von Ihnen ein ‚handwerksmäßiges‘ Vergehen vorgeworfen wird, hat mich geschmerzt; da Sie – wie ich meinte – aus meinen beiden bei Ihnen erschienenen Heften das Gegentheil hätten ersehen können. Bei mir ist oft sogar zu große Wärme für die Sache, die mich zu viel ins kleinliche führt. Für alles aber, was ich daraus gelernt habe, nochmals meinen aufrichtigen Dank. Ihr treulich grüßender
AS.

Würzburg, 26. Juni 1883 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Verehrter herr doktor, Verlagskontrakt zw. meinen verlegern u. mir sagt in §. 1: ‚dr BSfft verspricht kein ähnliches werk über Wld. zu veröffentlichen.‘ Nun halte ich zwar, was ich etwa für Ihre beiträge stiften könnte, nicht für ein ‚ähnl.‘ werk, aber die verleger sind etwas gereizt, weil ich sie warten lasse u. könnten an der ankündigung anstoss nehmen. Haben sie einmal mein ms. und halte ich dann noch die ausführung meiner idee, die ich nur so flüchtig hinfasste u. deren bearbeitung ich wol angedeutet aber nicht ‚versprochen‘ haben kann, für zweckmässig, so gehts gewiss ohne einrede der herren ab. Aber jetzt – Sie werden begreifen, dass eine missliche hängerei entstehen könnte. Ich schlage Ihnen sehr ungern etwas ab, aber diesmal doch mit leichterem herzen: denn der name des langweiligen Sfft. mag zwar vielleicht im engeren kreise nicht unbekannt sein, aber als lockvogel fürs publikum ist er ganz stimmelos. also geschädigt werden Sie eher durch die ankündigung meiner mitarbeiterschaft als ohne dieselbe. Weisen Sie mich seiner zeit, wenn ich anzuklopfen wage, nicht ab, so wird mirs freude machen. In treuen grüssend ergebener
BSeuffert.

Wzbg 26 VI 83.

Würzburg, 29. Juni 1883 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzburg 29 VI 83.

Sehr geehrter herr kollege,

So erfreulich mir Ihre erste karte war, so bedauerlich die nachfolgende.
Wenn Sie den umfang der Littnotiz über die Wiener neudrucke betrachten, der doch gewiss für diese stelle ein ganz abnormer ist, so mussten Sie schon daraus ersehen, dass mir die empfehlung Ihrer sammlung am herzen lag.
Dass ich Ihre art zu arbeiten überhaupt sehr hoch einschätze, glaube ich wahrlich in der anzeige Ihres Kleist bewiesen zu haben. Ausserdem können Sie überzeugt sein, dass ich Sie nicht um Ihre mitarbeiterschaft an den DLD gebeten hätte, wenn ich nicht Ihre arbeitskraft und -weise billigen, ja für musterhaft halten würde. Sie könnten gewiss sein, dass ich Sie nicht zum zweiten male gebeten hätte, wenn mir die herausgabe des 4. heftes durch Sie nicht ganz zugesagt hätte. Ferner habe ich ja widerholt Sie darum zu ersuchen mir erlaubt, auch fürder Ihre beihilfe in anspruch nehmen zu dürfen, habe in rücksicht darauf das von Ihnen gewünschte heft Pyra u. Lange, Thirsis und Damon auf dem umschlage der neuesten nummern angekündigt, was ich wahrlich nicht getan hätte, wenn ich an Ihnen irre geworden wäre. Ich hoffe und bitte ausdrücklich, dass Sie Ihre zusagen nicht zurückziehen, dass Sie dies, die preussischen volkskriegslieder und anderes bei mir edieren.
Ich hätte geglaubt, diese tatsachen sprächen deutlich genug, um mich vor misverständlicher deutung meiner worte zu schützen. Trotzdem glaubten Sie leider, den satz, worin der ausdruck ‚handwerksmässig‘ vorkommt, auf sich beziehen zu dürfen. Ich habe den satz ganz allgemein hingestellt und indem ich fortfahre: Sauer hat fehler beseitigt, wird ja doch klar, dass ich Sie zu den kritischen und nicht zu den handwerksmässigen neudruckern (bei denen ich lediglich an Hollands Faust, d. h. an Drugulins Faust dachte) rechne. Was ich meinte, Ihnen sagen zu dürfen, ja sagen zu müssen im interesse einer gedeihlichen entfaltung des unternehmens, das war der wunsch, Sie möchten die kritik, die Sie bisher geübt in den WND, noch weiter ausdehnen.
Gewiss habe auch ich erst während des neudruckes gelernt und hoffe noch mehr zu lernen. Insbesondere gedenke ich – wenn ich selbst herausgeber eines stückes bin – das druckfehlerverzeichnis stärker zu kürzen als bisher. Aber ich wäre sehr froh gewesen, wenn sich jemand mit der äusseren seite meiner ausgaben beschäftigt hätte; dann hätte ich mit einem male gelernt, was ich erst nach und nach auf mich selbst angewiesen erfuhr. Die druckerei war von anfang an gut, dann ward sie nachlässig und ich habe vor 2 monaten einen grossen kampf mit ihr geführt; in der alternative, entweder den satz zu verlieren oder sich einen besseren korrektor anzuschaffen, wählte sie den letzteren weg. Aber auch jetzt ist sie kein Drugulin. Ich habe alle bogen der Frkft. gel. anz. in korr. und 2 revisionen, zuweilen in 3 revisionen gelesen, jede derselben mindestens dreimal; also jeden bogen 9–12 mal; und trotzdem sind sicher fehler stehen geblieben, durch meine eigene schuld u. die der druckerei.
Doch wozu rede ich davon! dass ich mich nicht für unfehlbar halte, wissen Sie wol. und dass ich gerade darum keinem anderen unbillige vorwürfe machen darf und will, am allerwenigsten Ihnen, liegt auf der hand.
Ich bitte also das misverständnis auszustreichen und unser verhältnis in der alten weise fortzuführen. Ich muss in diesem augenblicke um so ernstlicher darum bitten, als Sie wol gar meine antwort auf Ihre frage wegen des ‚Wieland und Österr.‘ in einen zusammenhang mit Ihrer auffassung meiner Littnotiz bringen wollen. Damit ich sicher gehe, habe ich einem unbeteiligten Freunde meinen Wielandkontrakt und Ihre karte vorgelegt und auch er hat unbeeinflusst von meiner auffassung die befürchtung gehegt, meine verleger könnten gegen die von Ihnen angebotene ankündigung einspruch erheben. Ich bedauere aufrichtig, dass ich leichtsinnig kontrakte einging, die mir diesmal wie für die mitarbeiterschaft an den WND die hand binden.
In unveränderter hochachtung und ergebenheit grüsst treulichst
BSeuffert.

Lemberg, 3. Juli 1883 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lemberg 3/7 83.

Lieber Herr College!

Was zunächst den in Aussicht gestellten Wieland-Aufsatz betrifft, so kann von irgend einer Kränkung meinerseits keine Rede sein. Als ich die Ankündigungen auf dem Umschlag zusammenstellte, fiel mir ein, daß wir einmal darüber correspondirt u. ich hielt es für eine einfache Pflicht der Höflichkeit, nochmals bei Ihnen anzufragen. An Ihren Contract [m]it Rütten und Löning dachte ich nicht, sonst hätte ich die Bitte nicht gestellt. Können Sie später einmal dies oder eine andere Arbeit zur öst. Lit. Gesch. liefern, so stehen Ihnen die Blätter der Beiträge offen.
Auch wegen Ihrer Recension – sehe ich jetzt ein – habe ich ja [g]uten Theil Unrecht; auch ich habe mir von befreundeter Seite Rat erholt u muß, um der Wahrheit Ehre zu geben, gestehen, daß man meine Auffassung des fraglichen Satzes nicht ganz teilte u. überhaupt den Ton der Recension für viel wolwollender erklärte, als ich anfangs gelten lassen wollte. Da nun noch Ihr aufklärender, freundlicher Brief dazu kommt, so wäre [e]s Thorheit von mir, irgend einen Schatten von Misverständnis zwischen uns walten zu lassen.
Daß ich aber als Mitarbeiter den DLD. treu bleibe, ist über alle Zweifel erhaben. Ich danke Ihnen für die Ankündigung von Thyrsis & Damon u. [w]enn es Ihnen recht ist, kann ich dieses Heft im Laufe des nächsten Jahres zu einem von Ihnen näher zu bestimmenden Termin liefern. Ist Ihnen aber die erste Uzische Gedichtsammlung, resp. eine kritische Uz-Ausgabe (ich schwanke noch immer) lieber, so kann ich diese liefern. Für Götz kann ich nichts machen, so lange die ‚Gedichte eines Wormsers‘ unauffindbar sind; die preussischen Volkskriegslieder hängen von einer Reise nach Berlin ab, zu der ich hoffentlich von Graz aus leichter komme, als von hier.
Beschränkung des Druckfehlerverzeichnisses wäre auch mein Streben, besonders da ich an einem dicken Hefte (Sonnenfels Briefe über die wienerische Schaubühne) arbeite; aber wie stellen Sie sich diese Beschränkung vor; darf ich alles übergehen, was der 2. Druck in den Ges. Werken gebe[ss]ert hat?! Eine große Gefälligkeit [we]rden Sie mir aber erweisen, wenn Sie mir Correctur oder Aushängebogen Ihres Registers zu den Fr. G. A. zur Verfügung stellen wollten; nur auf wenige Tage; ich soll zu Sonnenfels ebenfalls ein Register machen u. schlöße mich gerne Ihrem Muster an.
Ich danke Ihnen für Ihren langen, ausführlichen Brief und bitte Sie, meine Hitze mir nicht übel zu nehmen.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
treulichst ergebener
August Sauer.

Würzburg, 7. Juli 1883 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Verehrter herr kollege, Ich freute mich Ihres briefes sehr. Die gewünschten korr.bogen erhielten Sie gestern. Mit dem register werden Sie gar nichts anzufangen wissen; denn es ist ad hoc gemacht u. ich glaube, es muss für jeden fall ein neues registerprincip aufgestellt werden. Mich hat die herstellung und sichtung viele wochen gekostet, grosse zweifel und schwere entschlüsse. Ich habe das ganze 3 bis 4 mal neu durchgearbeitet, um gleiche gesichtspunkte für die behandlung zu gewinnen. Auch jetzt noch wird manchem zu viel, anderen zu wenig geschehen sein. Für die einleitung verfahre ich rein äusserlich: jeder name der da steht (ausser denen der modernen autoren, die Sie aber in Ihren Kleist aufnahmen). Für den text ist das register zugleich eine eine art kommentar, indem es anonyma u. anspielungen etc. auflöst. – Bezüglich der graphischen einleitung schwebt mir vor (aber ich habe es noch nicht erprobt): von allen fehlern beispiele; auch die buchstabenverwechslungen alle, weil man aus ihnen einmal eine f. die textkritik (auch von hss.) wegweisende sammlung häufiger versehen zusammenstellen kann. Vollständig im einzelnen aufgeführt werden sollen, wie ich jetzt meine, nur die fehler, welche eine an sich richtige grammatische form, an sich einen sinn haben u. nur wegen des zusammenhangs falsch sind. Ich denke wir beiden könnten beim zusammenwerfen unserer erfahrungen einmal bestimmte principien publicieren. Grüssend Seuffert
7.VII.83.

Würzburg, 22. Juli 1883 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzburg 22 VII 83.

Sehr geehrter, lieber herr kollege, Die korr.bogen u. meine erläuterungskarte sind wol in Ihren händen. Verzeihen Sie die kurze fassung, ich hatte grosse eile. Darum dankte ich auch nicht gleich für Ihre freundliche zusicherung der fortdauer Ihrer mitarbeiterschaft. Ich hole das hiermit nach. Wenn Sie mir die wahl lassen, wäre mir allerdings Uz lieber als der langweilige Pyra; also jener zuerst, dann dieser. Wie darf ich den titel für Uz ankündigen?
Und dazu noch eine recht knauserige frage, die Sie nicht übel nehmen wollen. Erhalten Sie etwa f. die Gött. gel. anz. alle DLD als recens.ex.? dann möchte ich bitten, mir nicht übel zu nehmen, wenn ich Ihnen DLD 8 nicht schicke; im andern falle wird es mir nach wie vor freude machen, Ihnen die hefte, die ich selbst bearbeite zuzustellen. Misdeuten Sie die offenherzigkeit nicht. hätte ich von Steinmeyers redaktion Ihre WND erhalten, so hätte ich Ihnen Ihr geschenk dankend zu anderweitiger verwendung zurückgestellt. – Da Steinm. mir s. z. erklärte, er könne nicht alle hefte der DLD zur anzeige bringen, so wird er es auch mit den WND so halten. Sie dürfen also keine fortsetzung meiner notizen über dieselben erwarten.
Ich habe noch ein bild von mir – s’ ist allerdings nicht ganz neuen datums. Aber wenn Ihnen der besitz spass macht, so schicke ichs. Mir ist nemlich um Ihre revanche zu tun!! Freundschaftlich grüsst Ihr ergebener BSeuffert.

Lemberg, 25. Juli 1883 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Lemberg, 25.7.83.

Lieber Herr College! Für Ihre Correcturbogen danke ich vielmals; ich kann selbstverständlich das Register als solches gar nicht brauchen, wollte aber wissen, wie beschränkt oder ausführl. Sie es angelegt haben. Da Ihnen (u. auch mir) Uz [li]eber ist, so werde ich, sobald als ich wieder seßhaft sein werde, im October, die Sache in die Hand nehmen. Vielleicht wird am besten sein, ein Abdruck der ältesten Ausgabe mit den Varianten der zweiten. Aber um dies zu entscheiden, muß ich meine Collationen noch einmal durcharbeiten. Also können Sie höchstens ankündigen ‚Uz Gedichte‘. – Die DLD. bekomme ich von den Göttingern nicht regelmäßig. Hermann, Messias habe nicht bekommen; wol aber Heft 7, so daß ich also Heft 8 jedenfalls auch bekomme: für dieses danke ich Ihnen also schon jetzt. Hätte ich geahnt, daß es Ihnen mit den Ex. schlecht geht, hätte ich meine Dupplicate ! nicht verschleudert (d. h. an einen Studenten geschenkt), also verzeihen Sie dies: schicken Sie mir in Zukunft ein Heft erst dann, wenn ich es von den Gött. nicht bekomme. Daß Sie mir aber Ihr Bild versprechen, freut mich riesig! Bitte nur recht bald! Denn ich werde mich auch noch im nächsten Monate revangiren !. Ich laße mir in diesen Tagen ein Lemberger-Abschiedsbild machen u. davon war schon längst für Sie eines bestimmt. Das muß uns einstweilen die persönl. Bekanntschaft ersetzen, nach der ich mich schon recht sehne! Wann & wohin gehen Sie auf Ferien? Ich bin bis Anfang Sept. hier; dann in Wien; von Ende Sept. in Prag. Mit freundlichen Grüßen Ihr Ergebener
AS.

Ist es wahr, daß Sie nach Strassburg kommen sollen?? !!

Würzburg, 28. Juli 1883 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzburg 28 VII 83

Sehr verehrter herr kollege,

Da haben Sie das monstrum! denken Sie sich den mann etwas gealtert, den bart etwas grösser, den haarbusch, damals à la kgl. bayr. raupenhelm geschnitten, etwas erniedrigt und mit leichten grauen spitzen da u. dort – wie es eben bei jemand geht, der unter der last 6jährigen privatdocententums und 5jährigen brautstandes gebeugt ist. dazu die augen etwas weniger weit aufgerissen als dies in der verdammten photographier stube, atelier genannt, not tat.
Und nun freue ich mich auf Ihre einkehr bei mir.
Der Uz ist auf dem umschlag von DLD 16 angekündigt. Sie brauchen damit nicht zu eilen. vor ostern wird die drucklegung kaum angehen. Randbemerkung mit geschweifter Klammer, bezogen auf den folgenden Absatz: [vertraulich] meine verleger haben nemlich neuerdings mir auszüge aus Ihren geschäftsbüchern geschickt von so erschreckender gestalt, dass ich ihren mut nicht begreife, mit dem sie auf der fortsetzung als etwas selbstverständlichem bestehen. aber eine folge hat das doch: ich darf im nächsten jahre nicht so hausen wie in diesem, wo ich allerdings unbändig viel auf den markt werfe. also haben auch Sie nachsicht, wenn ich Sie nicht so rasch mit dem Uz zur öffentlichkeit kommen lassen kann.
Wissen Sie dass ein Wiener herr Schnürer oder wie, jetzt in Innsbruck über Uz u. Cronegk arbeitet? vielleicht ist es bequem für Sie, wenn er seine schrift so rechtzeitig ediert, dass Sie dieselbe noch nützen können.
Ich soll nach Strassbg. kommen?! wie so denn? da Hennings berufung nach Basel fehl schlug, ist ja kein platz da. und wenn er wirklich – was ich bezweifle – nach Kiel berufen werden sollte, sässe Kluge in Strassburg zur empfangnahme des Henningschen extraordinariates bereit, und Kluge hat freunde. Sie wissen ja wol, dass weder Schmidts noch Hennings berufung nach Strsbg. glatt ging. selbst wenn ich also – im falle von Hennings einstigem abgange – von einer seite dort vorgeschlagen würde, würde die opposition wider sehr stark sein und gewiss alle kräfte aufbieten, um nicht zum 3. male in dieser frage zu unterliegen. Sie sehen, das gerücht fusst lediglich auf den unmöglichsten konditionalsätzen. ich sitze hier eingepfercht und habe nichts als das wolwollen der hiesigen fakultät und einige zustimmende freunde auswärts – aber beides sind ideale werte, die ich gewiss hoch einschätze, die aber keine praktische folge haben. –
Wenn ich mir überhaupt ferien gönne – und ich bin ziemlich abgearbeitet, – so gehe ich wahrscheinlich auf zwei wochen nach Thüringen. aber s’ist noch nicht bestimmt. jedesfalls genügt meine hiesige adresse zu jeder zeit.
NB: haben Sie eigentlich Ihr extraordinäres dekret in der tasche? ich las noch nichts davon u konnte darum auch keinen rechtzeitigen glückwunsch überbringen.
Damit genug für heute: lassen Sie das bild ein unterpfand sein der treuen hochachtung

Ihres
ergebenen
BSeuffert.

Lemberg, 1. August 1883 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lemberg 1. August. 83.

Sehr geehrter Herr College!

Gestern hätte ich nur eine kurze Karte schreiben können: so habe ich lieber bis heute gewartet, um Ihnen für Ihr Bild recht herzlich zu danken. Es ist doch gleich etwas anderes: wenn man sich wenigstens auf diese Weise gesehen hat: Es bringt uns doch näher: man sieht denjenigen vor sich, an den man oft schreibt [un]d noch öfter denkt. Also ich habe mich so recht gefreut, als ob es ein leibhafter Besuch gewesen wäre und wie meine Bilder fertig werden: setze ich mich in einen Einspänner (zweispänner trägts mir nicht), um Ihnen die Gegenvisite zu machen. Aber auch Gegenklagen habe [ich] bereit. Meine Ernennung ist immer noch nicht herunten. Ich bin wol in Graz einstimmig vorgeschlagen worden; aber im Ministerium scheint alles auf Urlaub zu sein; ich muß mich daher wol bis Anfang Sept. gedulden. Sicher scheint die Sache: wenn man einer Regierung von der Perfidität der unseren trauen darf. In die kornblumenblaue Stadt Graz [g]ehe ich aber jedenfalls, selbst wenn das unglaubliche wahr werden sollte.
Ihre Strssbrger Aussichten weiß ich durch Schmidt. Kluge soll ja nach Jena kommen; oder wer sonst?
[Is]t es denn in Würzburg, Erlangen oder München nicht durchzusetzen, daß man Extraordinarien gründet? So zu arbeiten, wie wir seit 3 Jahren thun, hält man ja nicht aus. Ich bin manchmal so müde, daß ich mich selber nimmermehr kenne u. trinke Thee bis zur Bewußtlosigkeit. Wenn ich aber dann in Graz diese Ruhe u. Ungestörtheit nicht [ha]ben werde, was dann?
Daß unsere Neudrucksammlungen nicht gut gehen, begreife ich aufrichtig gesagt nicht. Zuerst schreit alles, wir armen Provinzler, wir armen Studenten, wir armen Lehrer können nichts arbeiten, haben kein Material! u. s. w. Nun schafft man’s ihnen u. es wird ignorirt. Man sollte meinen so 1000 Stück Frankf. Gel. Anz. etc. seien im Nu [w]eg! Aber mir geht’s gerade so; wenn nich[t] der Wiener Gemeinderath jedem Besucher der hist. Ausstellung einen Abraham a. S. C. als Belohnung mitgibt, so werden wir wol aufhören. Auch ein Gesuch ans Min. habe ich deswegen gemacht. Sie unterstützen doch so vielerlei anderes, warum das nicht.
Ich bleibe bis gegen 8. Sept. hier. Dann ist bis 1. Oct. meine Adresse: Wien IX Mariannengasse 7; später Graz Univers. Wenn ich aber in Wien als elektrischer [M]aschinenmeister Anstellung finde, bleibe ich dort.
Mit besten Grüßen
Ihr
treulich ergebener
Sauer.

Würzburg, 2. September 1883 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Lemberg

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Auszug:

Würzburg 2 IX 83.
Herzogeng. 5

Lieber herr kollege,

Das ist freundlich von Ihnen, dass Sie mich bei meiner rückkunft aus Thüringen – denn dahin, in die nähe von Eisenach, bin ich ein paar wochen gezogen – mit einem bildlichen besuche erfreuen. Seien Sie bestens bedankt! Gross und schlank habe ich mir Sie vorgestellt, aber – blond! warum, wüsste ich nicht; man macht sich ja aus briefen und schriftstellereien bilder von den verfassern und geht freilich auf diesem wege nicht sicherer als Lavater auf dem umgekehrten. Nun werde ich beim lesen Ihrer schriften mir Ihr wahres porträt im auge behalten und so hoffentlich sicherer zu einem rechten verständnis Ihrer person gelangen. Wollen Sie mich nach wie vor durch Ihre briefe darin unterstützen!
Auf die angekündigten neudrucke freue ich mich sehr. Sie haben vor meiner sammlung voraus, dass Sie mich und wol viele Deutsche in ganz unbekannte gebiete führen. Ich freue mich des raschen fortschrittes und wünsche aufrichtig, dass der absatz Ihrem eifer entsprechend gross sein möge.
Auch auf den Bürgerband bin ich sehr begierig. Ihre einleitung wird mir gewiss den mann verständlich machen: bisher wollte es mir nie gelingen, ihn als einheit zu fassen. Für meine vorlesungen war er mir immer eine wahre crux. In den DLD soll späterhin eine kritisch-historische ausgabe seiner gedichte kommen. ich habe bisher vergeblich nach einem fähigen bearbeiter umschau gehalten. jetzt weiss ich, an wen ich mich wenden darf.
Habe ich Ihnen wirklich nicht mitteilung gemacht, dass ich das 19. jhrh. auf den titel setzen wolle? Die verleger wünschten es seit mehr als jahresfrist; ich sträubte mich gegen die vermehrte ausdehnung, da mir die arbeit ohnehin lästig ist. Aber schliesslich gab ich doch nach und bin nun sehr glücklich über die wahrhaft genussreichen Vorlesungen Schlegels, deren druck eben h. Minor besorgt.
Zum schlusse den aufrichtigen wunsch, dass Ihre ernennung nach Graz baldigst einlaufen möge und dass Sie also angenehm zu dem gezwungen werden, was Sie doch auch freiwillig tun müssten. Vergessen Sie dann als wolbestallter professor den sitzengebliebenen privatdocenten nicht!
Nochmals dankend grüsst
Ihr
ergebener
BSeuffert.

Graz, 15. Oktober 1883 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz, Sparbersbachgasse 45 15/10 1883.

Lieber Herr [Col]lege! Meine endlich erfolgte [Er]nennung werden Sie wol gelesen haben; meine Übersiedlung kann ich Ihnen heute nur kurz vermelden u. Ihnen zugleich danken für Ihren letzten Brief, auf den ich wie ich glaube noch nichts erwidert habe. So habe ich Ihnen wol auch mein Entsetzen noch nicht geschildert als ich mich von Ihnen nach meiner Photographie als groß, schlank und blond verkannt sah. Ich bin keines von den dreien: Mittelgroß, gedrungen und kohlpechrabenschwarz, so daß mir Scherer seinerzeit den Namen ‚Der Schwarze‘ gab, wie er noch heute im Freundeskreise gang und gäbe ist. Da das schwarze Haar bei meiner sonstigen Negerphysiognomie das einzige wäre, worauf ich stolz sein könnte, so muß ich es schon ein klein wenig verteidigen. Alles andere nächstens in einem längeren Briefe.
Herzlich grüßend
Ihr Ergebener
Sauer
der wol auch unter Scherers literarische
Heißsporne sich einrechnen darf.

Würzburg, 17. Oktober 1883 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Würzburg 17 X 83.

Sehr verehrter professor,
Nein, kein wort hab ich gelesen! Sonst hätte ! dem ‚Schwarzen‘ sogleich meine beifreude (Gr. WB I 1370) ausgedrückt. Also: besten glückwunsch! Sie fühlen sich als Schererscher heissporn getroffen? ich dachte nur an Minor und bes. Werner, als ich die vorläufige verwarnung las. Gegen Rich. Maria hat er sich etwas schärfer ausgelassen, als ich wünschte. Aber da liess sich nichts mildern. Werner sandte mir den Stranitzky; offen gestanden hatte ich mir mehr amusement davon versprochen.
Verzeihen Sie gnädig meine irrige konstruktion Ihres süssen leibes: ich sehe wol, dass ich kein umgekehrter Lavater bin. Und lassen Sie, herr college meiner sich auch fürder herab – zum gegenstück des ewigen juden, zum ewig
sesshaften BSfft.

Würzburg, 14. November 1883 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Lieber herr professor, Ich muss mein versprechen über Uz so weit es die zeit der ausgabe betrifft leider rückgängig machen und bitte dafür um nachsichtige verzeihung. Der 2. u. 3. tl. der vorlesungen Schlegels umfasst nach neuester ausgabe mehr als doppelt so viel, als ursrpünglich von Minor angezeigt war. Da nun eine verschiebung der fortsetzungen nicht angeht – aus verschiedenen gründen äusserlicher aber zwingender art –, da ich ausserdem aus eben solchen gründen den längst angekündigten Winckelmann nicht nochmals verzögern kann, so bitte ich Sie, mich mit dem Uz nicht zu drängen. Hoffentlich passt die verschiebung in Ihre sonstige arbeitsteilung: jedenfalls rechnen Sie mir nicht als sünde an was nicht meine schuld ist.
Meine rec. Ihres Kleist II III war fertig, ehe die anz. Ihrer Wiener ND erschien. Gedruckt wird sie erst im februar oder märz erscheinen: h. Steinmeyer hatte zu
viel material für den anzeiger liegen.
Sind Sie gut eingewöhnt in Graz? Mit den besten wünschen grüsst Ihr
ergebener
BSeuffert.

Graz, 16. November 1883 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Herr College! An der Verschiebung der Uz-Ausgabe liegt mir [bei] sonstigen nur zu reichlichen [Arb]eiten, gerade nicht viel. Wenn ich das Material beisammen habe, an dem mir noch einiges fehlt: so mache ich das Man. fertig und lege es Ihnen vor: warum sollen unsere Man. es nicht auch vertragen, ein Jährchen im Pulte zu liegen? Haben Sie etwa ältere Ausgaben von Uz und Götz und welche? Auf die Kleist-Rec. freue ich mich.
Gestern war bei uns Inauguration und Commers; der erste, den ich mitmachte – denken Sie sich, ein so schlechter Student war ich. Alles was Geselligkeit, Collegialität etc. betrifft, läßt nichts zu wünschen übrig. Daß ich nicht gesund bin, ist wol auf Rechnung der Acclimatisation zu schieben. Es ist aber so arg, daß ich eigentlich noch immer nichts gearbeitet habe und kein Ende sehe.
Herzlich grüßend
Ihr Ergebener
Sauer.
16/11 83.

Würzburg, 24. November 1883 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Lieber herr professor, Ich danke Ihnen für die freundliche rücksicht auf meine zwangslage. natürlich werde ich das ms. gerne in empfang nehmen so bald es fertig ist und gewiss mein möglichstes tun, die drucklegung desselben zu beschleunigen.
Uz und Götzausgaben besitze ich nicht, d. h. keine nennenswerten. Von Uz nur den 2. bd. eines nachdruckes Carlsr. Schmieder 1776 sowie Sämmtl. poet. werke Wien, gedr. für Frz. Ant. Schrämbl. bey Ignaz Alberti 1790 3 bde. antiquasatz. Von Götz besitze ich nichts als das facsimile der Mädcheninsel in Götz, Geliebte Schatten.
Dass Sie Ihre übersiedlung mit unwolsein bezahlen müssen ist fatal. ich hoffe es hat sich inzwischen gehoben.
Eiligst aber nicht minder herzlich denn sonst
grüsst Ihr ergebener
BSeuffert.

Würzburg 24 XI 83.

Graz, 24. Februar 1884 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz 24/2 84.

Besten Dank, lieber Herr College, für die ausführliche und schöne Rec. [m]eines Kleist, die mich umsomeh[r] freut, als ich langsam wieder zu Kleist-Studien zurückkehre und voraussichtlich im Sommer eine Fortsetzung meiner Academieschrift Kleist-Ramler werde erscheinen lassen. Ich habe nicht nur ein Fragment der von mir supponirten Ramlerischen Bearbeitung des Frühlings aus den Jahren 49/50 aufgefunden, sondern auch den entscheidenden Brief von Kleist an Ramler über die Ausgabe der Werke erhalten. Die beiden Billetts, die Bächtold auffand, hat er mir schon vor längerer Zeit mitgeteilt. Es wäre eigentlich hübsch gewesen, wenn sie Ihrer Rec. einverleibt worden wären. Bedeutend sind die aber nicht. Auch einen älteren Brief an Ramler über die Berufung nach Soroe habe ich. Mit dem Neudruck der freundschaftl. Lieder müssen wir jetzt nach Ihrer Rec. doch ernst machen. Mit vielen Grüßen Ihr AS.

Würzburg, 1. April 1884 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Sehr geehrter herr professor, Sie können immer schenken und immer schöne grosse sachen. Ich habe nichts als kleine kleinigkeiten dagegen und werde so immer dankschuldiger. Ich freue mich sehr auf Ihre einleitung zum Bürger: ich schrieb schon früher, dass ich diesem dichter gegenüber noch lernbedürftiger bin als sonst. – Wie steht es mit Ihrer gesundheit und Ihrem leben in Graz? Ich lebe im hochgefühl eines 7jährigen privatdocenten, den fakultät, senat und minister aus barmherzigkeit zum extraordinarius machen wollten: die mitleidlosen landtagsabgeordneten aber sagten: das ist unnötig. Ausserdem excerpiere ich wider einmal ungedruckte Wielandkorrespondenz, gehe im sammeln auf und gewinne nicht mehr den äusseren und inneren mut, was grösseres zu machen. Leben Sie wol und vergessen Sie nicht Ihren
Seuffert.

Würzburg 1.IV 84.

Graz, 16. Mai 1884 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz 16/5 84.

Lieber, verehrter Herr College!

Da ich eigentlich eine ziemlich rege Correspondenz führe, so begreife ich es nicht ganz, wie es kommt, von Ihnen so selten etwas ausführlicheres zu hören und umgekehrt an Sie so wenige längere Berichte zu liefern. Fast will es mir scheinen, als ob ich die Schuld auf Sie abwälzen dürfte.
Schon lange liegt mir dieser [B]rief im Sinne und nur eine Lemberger Reise und traurige Erlebnisse innerhalb meines engsten Freundes- kreises haben ihn um 4 Wochen verzögert. Es hat mich tief betrübt, aus Erichs Mitteilungen z[u] erfahren, daß in Bayern für Sie nichts gethan wird; zwar darf ich mein Österreich nicht rühmen; um einen volkstümlichen Ausdruck zu gebrauchen, kann ich von meinen jetzigen Einkünften sagen, sie seien zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel; aber wenigstens hat man Minor und Werner anständig versorgt und ich kann mich damit trösten, daß ich als der überzählige in die [W]elt der Germanistik eingetreten bin. Neuerlich sind wieder Gerüchte aufgetaucht, daß Sie in Straßburg ankommen sollen; auch Wienscheint aus dem Hintergrunde herzuleuchten und ich würde mich herzlich freuen, Sie bei uns begrüßen zu können. Meine Aussichten sind gleich Null; man hält nicht einmal die mir gegebenen Versprechungen und ich raufe mich noch immer wegen der Seminarremuneration für den vergangenen Winter.
Doch lassen wir diese traurigen Geschichten. Ich wenigstens bin ich ! Graz sehr, sehr zufrieden. Keine polnischen Juden und keine polnischen Collegen. Ein netter, lieber Umgangskreis, engere Fachgenossen (Schönbach, Zingerle), Wien in der nächsten Nähe; eine herrlich[e] Gegend, eine erträgliche Bibliothek. Man sollt meinen, hier müße man frisch und gesund sein, was [b]ei mir nicht ganz der Fall ist. Aber ich bin so fleißig als es meine Gesundheit erlaubt, manchmal auch etwas mehr. Ich habe wie gewöhnlich mehrere Eisen im Feuer, kehre abwechselnd zu ihnen zurück, verbrenne mir gelegentlich auch die Finger: freue mich aber im ganzen herzlich, wie meine [A]rbeiten gedeihen und wachsen. Ich habe äußere und innere Arbeiten. Die letzteren treten ab und zu an das Tageslicht, um wieder unter den Felsen zu verschwinden. Meine österreichi[sch]en Probleme hege ich im Stillen. Für Kürschner fördere ich einiges, was ich in Lemberg schon fast beendigt hatte, die alten Kleist-Untersuchungen denke ich wieder aufzunehmen, da die entscheidenden Briefe über die Ausgabe letzter Hand gefunden wurden; für Uz habe ich Bücher aus [Be]rlin hier und Handschriften aus Halberstadt. Mein Publicum über Goethes Wilhelm Meister interessirt mich riesig und ich habe viel dafür [zu]sammengelesen. Manchmal mache ich mir bittere Vorwürfe, daß ich es mir an Concentration fehlen lasse; aber wie oft läuft mir mein Rößlein ganz einfach davon und ich muß froh sein, durch ein paar Tage hindurch ein anderes reiten zu dürfen.
Freilich ein Buch wie Lessing von Schmidt oder Ihr Wielandgeht aus dieser Vielgeschäftigkeit nicht hervor. Aber das eine darf ich diesen Arbeiten an die Seite setzen, die Liebe und Wärme, mit der ich alles pflege, w[as] in meinen Gesichtskreis tritt. Mir kann eine Lesart Herzenssache werden, was zwar pedantisch aber der Sache meines Erachtens nicht abträglich ist. Ich sah es wieder als ich meine Bürger-Einleitung corrigirte, wie ein ganzes großes Stück Leben während der zwei Jahre als ich [da]ran gearbeitet hatte, hineinverwebt worden war und bei einzelnen Sätzen konnten ! ich die Tage angeben, an denen ich sie geschrieben.
Soweit war ich gestern gekommen, als ich zu einem Spaziergange abge[h]olt wurde, an den sich eine Germanistenkneipe knüpfte; spät heimgekehrt, habe ich gegen Gewohnheit lange geschlafen und sitze erst spät am Schreibtische. Wol möchten sich die Gedanken noch lange fortspinnen; aber im Hause gegenüber singt eine kräftige schöne Stimme Lieder von Schubert und Rubinstein [u]nd ich bin zu viel Süddeutscher, besser gesagt zu viel Wiener als daß ich meine fünf Sinne zusammen halten könnte, wenn Musik an mein Ohr klingt. So schließe ich in der Hoffnung, daß Sie sic[h a]uch einmal ein Stündchen von Arbeits- oder Ruhezeit abreißen, um mir von Ihrem Leben und Weben etwas zu erzählen.
Mit besten Grüßen
Ihr
Ergebener
Saue[r].

Kürschner hat den ganzen MalerMüllerschen Nachlaß erworben; 8 Akte Faust darunter, eine Iphigenie etc. auch alle Handzeichnungen und die ganze Correspondenz der römischen Zeit. Er will glaube ich eine kritische Ausgabe machen. Auch den Nachlaß von J. N. Götz hat er. Diese Gräben wären also geöffnet.
Zum Schluße fällt mir ein, daß ich [I]hnen weder zu den prächtigen Bden der Schlegelschen Vorlesungen gratulirt, noch über das selige Ende meiner Wiener Neudrucke Nachricht gegeben habe. Sie sind am Samstag vor Ostern in eine bessere Welt hinüber gegangen. Zwar wurden während ich in Wien war Wiederbelebungs[V]ersuche angestellt, bis jetzt ohne Erfolg. Im Juli will mir Konegen den allerletztesten Entschluß mitteilen. Sei’s! Über die beiden Hefte 7/8 hätte ich viel zu erzählen. Heft 7 war im August fertig bis auf die Einleitung, die durch die Ü[be]rsiedlung unterbrochen wurde und dann nur mühsam zu Stande gebracht werden konnte. Bei Heft 8 bin ich meinem Freunde Glossy aufs Eis gegangen. Es hätte während der Ausstellung erscheinen und verkauft werden sollen. Er verschleppte es bis October, der Verleger ließ es bis jetzt liegen; also veraltet und für das Alte[r] zu wenig reichhaltig. Ein Misgriff in jeder Beziehung. –

Würzburg, 18. Mai 1884 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Lieber herr professor, Nun kann ich den grund Ihres langen schweigens, das mir recht empfindlich war, einsehen, da ich 2 hefte von Ihrer hand empfange. Ich danke herzlich dafür. Aber der hsl. beisatz müsste eigentlich einen kondolenzbrief statt eines dankbriefes schreiben machen, wenn ich wirklich glauben soll, dass Ihr verleger so schnell kopfscheu geworden. Jedenfalls darf ich aber doch hoffen, Ihren Sonnenfelskommentar noch zu sehen. Ihrer Ahnfrau erscheinen wird wol durch Muth, Fäulhammer u Laube verzögert? Wie geht es Ihnen in Graz? Ich lebe im alten geleise, es ist recht ausgefahren. – Winckelmanns Nachahmung bis auf die einleitung rein gedruckt, die bilder zu Goethes Guten weibern fertig. Sonst kommt in diesem jahre nichts mehr als Uz, hg. v. A Sauer, aber wol schon mit der vorläufigen jahrzahl 1885. In derselben äusseren datierung hoffe ich ein ‚Verzeichnis der briefe von und an Wieland mit vielen mitteilungen aus handschriften‘ zu publicieren, wenn ich nicht noch schätze heben kann, die nur bis jetzt verschollen blieben. Nochmals dank und immer treuen
Ihr ergebenster
BSeuffert

Wzbg. 18 V 84.

Würzburg, 2. Juni 1884 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Würzburg 2. VI 84.
Herzogeng. 5.

Geehrter, lieber herr professor,

Da haben Sie ganz recht, ausführlich zu schreiben ist nicht meine sache. Ich bin ein korrespondenzkartenmensch, d. h. ich schreibe schon auch briefe, aber sie sind inhaltlich und stilistisch nur mehrere postkarten. Damit hangt zusammen, dass ich selten etwas schreibe, was rein innerlich ist. Selbst mit h. Steinmeyer – und ich habe mit niemand einen regeren briefwechsel – tausche ich zumeist nur äusserlichkeiten, fachgenossische erlebnisse und vorgänge aus. Nun ich hab ich mirs ganz abgewöhnt, darüber hinaus zugehen. Nicht aus der heiligen scheu, die mein hochgehaltener freund Schnorr in Dresden hat, es möchte einem meiner korrespondenten einfallen, meine briefe einer öffentlichen bibliothek zu vermachen (das passierte dem ArchivSchnorr!), sondern weil ich überhaupt mich auf mich zurückgezogen habe. Früher hatte ich einen sehr engen kreis von freunden hier; dieser freie bund von fünfen scheint mir noch heute eine ! ideal, obwol ich sonst nicht sehr idealistische neigungen habe. heute ist der bund zerstreut und die verschiedenheiten der stellung und berufsarten heben zwar den verkehr nicht auf, machen sich aber stärker geltend als beim persönlichen zusammenleben.
Ich blieb hier sitzen. Mit meinen kollegen habe ich keine fühlung, mit anderen menschenkindern ebenso wenig, eben weil ich früher in engem bunde lebte. Aus der geselligkeit – wenn man hier jetzt von einer solchen noch sprechen darf, was eigentlich ein anachronismus ist – hab ich mich ganz zurückgezogen, wie es einem sechsjährigen bräutigam geziemt.
Warum erzähl ich Ihnen das alles? um zu zeigen, dass ich das sich aussprechen durch meine hiesige lage verlerne und darum auch in briefen es selten zu wege bringe. Ich lebe recht einsam und beschränke mich ganz auf das haus meiner mutter und meiner braut.
Ich habe ja wol das gefühl, dass dies für mein ganzes sein nicht vorteilhaft ist. Pedantische anlagen wachsen dabei mächtig heran. Aber die einsicht nützt nichts: denn der zwang der lage ist stärker.
Uebrigens bin ich nun so in meine stube und an den schreibtisch und zum regelmässigen tagesleben gewöhnt, dass mirs ordentlich bang ist, wenn ein zufall mich daraus losreisst auf ein paar stunden. Und ich leugne nicht, dass ich am zufriedensten bin, wenn ich schriftstellere. Von hause aus klassischer philologe und in deren etwas umständlicher methode erzogen freut auch mich wie Sie jede kleine entdeckung und ich spiele gerne mit ihr. Aber die rechte lust ist mir doch erst geworden, wenn ich sie als glanzlicht in ein grösseres bild eintragen kann. Mein streben geht immer aufs weite. Ich habe das wol noch aus der zeit an mir, wo ich aus Hettners buch die ersten nachhaltigen eindrücke empfing. Denn merkwürdiger weise hat mich dies werk zuerst für neuere litteratur geweckt. Ich sage merkwürdiger weise deswegen, weil Hettner im grunde philosoph ist und das bin ich gar nicht. Ich habe eine unglaubliche abneigung gegen alle philosophischen terminologien und systeme und tue mir unendlich schwer, sie zu verstehen, wenn ich einmal dahinter rücken muss. Die hauptschuld daran wird mein schwachkopf tragen; aber viele auch der Brentano, der dann zu Ihnen nach Wien kam: er war der einzige philosoph, den ich hier hören konnte und hat in einem semester alles getan, mir diese disciplin zu verleiden.
Was mich an Hettner band, war ohne zweifel, dass er zugleich auch archäolog und kunsthistoriker war. Ich habe 5 semester lang mich viel mit alter kunst beschäftigt, freilich mehr privatim; wäre der geistvolle Urlichs zu meinen studentenzeiten nicht schon alt und träge gewesen, er hätte mit leichtigkeit mich bei seinem fache erhalten können. Das ist überhaupt der fluch meiner universitätszeit: es fehlte mir ein lehrer mit überwältigendem eindrucke. Ich naschte da und dort, trieb bald sanskrit und vergleichende sprachwissenschaft, bald archäologie, bald antike litteratur, bald romanisch, bald germanisch und hauptsächlich geschichte. Von allen meinen lehrern hat keiner – auch Scherer nicht, den ich darnach in Strassburg hörte, noch Schmidt, dessen initien ich hier mitmachte – einen ähnlichen einfluss auf mich gehabt wie der historiker Wegele. Acht ganze semester habe ich bei ihm gehört und gearbeitet. Aber er ist nicht der mann schule zu machen und methode zu lehren. Sein können ist zuvörderst das meisterhafte zeichnen von charakteren und einzelbildern: davon hat aber der schüler wenig. Doch werde ich nie vergessen, dass er mir freiere weltanschauung und historischen sinn gab.
Ich wollte mit 6 semestern die universität wechseln: da starb mein vater und ich blieb hier bis zum 9. semester. Als ich dann nach Strassburg kam, war ich methodisch so ziemlich fertig und kritisch genug, um nicht jeden druck, jeden fingerzeig meiner dortigen lehrer – es waren neben Scherer Steinmeyer und Studemund – begeistert aufzunehmen. Und es traf sich auch da, dass ich keine litteraturgeschichte hören konnte. Ein wunderbarer Zufall, dass ich, der ich jetzt nur litterarhistorie lehrend und schriftstellernd treibe, ausser einem publikum bei Schmidt und bei Scherer zeit meines lebens nie ein deutsches litterarhistorisches kolleg gehört habe. Bei Lexer hörte ich nur grammatik. Ich könnte mich also auf meinem hauptgebiete fast autodidakten nennen, wenn ich nicht aus den verschiedensten vorlesungen anderer art mir die methode für mich zusammengestoppelt hätte.
Ich schreibe Ihnen da viel mehr, als Sie interessieren kann. Aber Sie müssens hinnehmen, weil Sie selbst die aufforderung zum herausgehen aus mir selbst mir gaben durch Ihren lieben brief. Sie werden aus diesem bildungsgange die arten und unarten meiner leistungen leicht zusammenstellen, wenn Sie gefallen daran finden sollten.
Wenn ich sagte, dass ich beim schriftstellern am zufriedensten bin, so dürfen Sie das nicht so verstehen, als ob ich auf dem katheder ohne freude stände. In der tat befriedigt es mich mehr neues zu finden als zu reproducieren was andere auch wissen. Und die letztere tätigkeit ist doch überwiegend die eines akademischen lehrers von meinen jahren, wenn ich auch redlich mich bemühe, so weit möglich meine vorlesungen aus den quellen selbst zu schöpfen und selbständig zu bearbeiten. Aber die möglichkeit ist eben nicht sehr weit.
Auch müsste ich ein publikum vor mir haben, das specielles interesse für meinen gegenstand hat, wenn mich das docieren ganz befriedigen sollte. Dem ist aber hier nicht so. Es wäre ganz undenkbar ein publikum allein über WMeister hier zu lesen. Bekomme ich doch selbst für Schillers leben nur etwa 60 leute in den hörsaal. Und habe ich im 4stündigen privatkolleg 30 mann, so bin ich heilfroh; selten warens mehr, oft weniger. Das ist wenig bei einer studentenzahl von 1000–1200; aber über die hälfte sind mediciner und der mediciner ahnt nicht, dass es eine historisch-philologische sektion gibt.
Entschuldigen Sie das lange gerede über meine existenz! Wenn ich die Ihrige aus Ihrem briefe lese, so ist sie flotter, freier, beweglicher. Ich meine das nicht in rücksicht auf Ihre professur, sondern im allgemeinen die ganze stellung. Wenn Sie andeuten, dass ich hoffnungen habe nach Strassburg oder Wien zu kommen, so erweisen Sie mir damit viel ehre. Aber ich glaubs nicht. Strassburg wäre ja vielleicht nicht ganz unmöglich, obwol es zweifelhaft ist, ob ein günstig gesinnter die stimmen der ganzen übrigen abgeneigten fakultät würde besiegen können. Aber es fehlt dazu die voraussetzung: Henning ist in Strassburg und ob er wegkommt?? nach dem was ich höre ist das sehr zweifelhaft. Und gar Wien! soll Schmidt wegkommen? nach Berlin etwa? und soll er dann mich vorschlagen? soll das ministerium einen Deutschen nehmen? Sie werden die zwei letzten fragen selbst mit: unmöglich! beantworten und ich wüsste auch die zwei ersten nicht zu bejahen. Und wenn Sie kunde haben, dass man sie bejahen darf, dann denken Sie an sich oder an Minor und treffen gewiss das richtige für die nachfolge.
Was Sie über Ihre neudrucke schreiben, bedaure ich. Ich freute mich Ihrer sachlichen nachbarschaft. Vielleicht besinnt sich Konegen wider. Gut heil für dies und für alles, was Sie schaffen und erleben!
Dank für Ihren brief!
In treuen grüsst
Ihr
ergebener
BSeuffert.

Könnten Sie mir die adresse von Prosch verschaffen?

Graz, 3. Juni 1884 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz, 3/6 84.

Verehrter, lieber herr College! Tausend Dank für Ihren ausführlichen lieben Brief, den ich zu guter Stunde beantworten werde.
Heute nur Prosch’ Adresse: Währing bei Wien, Alsbachstrasse 6.
Lichtenstein ist endlich Professor!
In aller Eile
Treulichst ergeben
AS.

Graz, 4. September 1884 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz 4. Sept. 1884
Sparbersbachgasse 45.

Sehr geehrter lieber Herr College!

Noch nie vielleicht im Leben habe ich einem [Me]nschen so beschämt gegenüber gestanden als heute Ihnen. Ich schreibe Ihnen nach mehrjähriger brieflicher Bekanntschaft einen aus dem geschäftlichen Verkehr herausgehenden, warm angehauchten Brief, wie ich ihn längst im Sinne trug, weil Sie mir unter den Fachgenossen, die mir nicht längst zu Freunden angehören, am meisten lieb und wert geworden waren. Sie weisen meine Bitte um ausführlichere Nachricht nicht von sich. Sie schreiben mir einen langen, freundlichen Lebensbrief, wenn [i]ch so sagen darf, Sie legen mir den Entwickelungsgang Ihrer Studien dar, schildern mir Ihren Umgang, Ihre Arbeitsweise. Und dieser Brief regt mich aufs tiefste an und auf. Ich erkläre mir alles im Zusammenhange, was mir bisher einzeln an Ihnen entgegengetreten war; ich stelle Vergleiche an zwischen meinem Lebens und Studiengange und dem Ihrigen; ich entwerfe eine An[tw]ort rasch und ausführlich – in Gedanken. Und doch vergehen Monate, ohne daß diese Antwort an Sie gelangt; die Ferien kommen heran, deren Anfang sonst zum Abschluß privater Angelegenheiten zu drängen pflegt. Ich aber schweige. Ich muß mir gestehen, daß ich mir über den bald vergangenen Sommer selbst schwer Rechenschaft geben kann; ich habe ihn in frevelhaf[ter] Schwäche und Unthätigkeit hingebracht und wieder einmal dem Spruche Bauernfelds alle Ehre angethan: Zu unsern Unarten
Gehört zumeist das Warten:
So wird der Tag verprasst
So wird das Jahr verpasst.

[Da]nn freilich kam die Waffenübung vom 1–28 August, die mir zu irgend etwas Geistigem weder Zeit noch Kraft ließ. Sie aber hat mich doch aus dieser Lethargie aufgerüttelt und einer der Beweise daß es wieder besser mit mir geht, ist dieser Brief, in dessen Verlaufe sich auch der Grund meiner Stimmungslosigkeit enthüllen dürfte.
Wenn ich Ihnen einen Umriß meiner äußeren und inneren Entwicke[l]ung zu geben versuche, so müßte ich wol zuerst Neu-Oesterreich Ihnen schildern, wie es seit 48, 59 und 66 sich herausgestaltet hat. Ich müßte dabei aber betonen, daß das Wesen dasselbe geblieben ist, daß überstürzte Reformen nicht über Nacht alles das ändern und bessern konnten, was Jahrhunderte vernachlässigt haben, daß wir ganz in der alten Haut noch stec[k]en, unseren Charakter nicht verleugnet haben und wol nie verleugnen werden und daß wir daher wenn auch nicht mehr um ganze so gewiß noch um halbe Pferdelänge hinter dem übrigen Deutschland zurückstehen. Neben diesem einen Vorsprung haben Sie noch einen andern: Sie sind aus akademischen Kreisen hervorgegangen; Sie haben die gelehrte Luft von Kindheit an eingesogen, sind wol auch systematisch zu einem gelehrten Berufe herangeleitet worden. Wie ganz anders bei mir. Meine Familie stammt aus Deutsch-Böhmen u. ist seit 3 Generationen in Wien angesiedelt. Der Urgroßvater soll Schullehrer bei Leitmeritz gewesen sein. [Der] Großvater war Kaufmann u. das ist mein Vater, der sich später dem Versicherungswesen zu wandte, eigentlich auch gewesen. Meine Mutter, die zweite Frau meines Vaters, starb, als ich zwei Jahre alt war, und als 5 Jahre später eine Stiefmutter zu uns 3 Jungens ins Haus zog, war ich in der Gunst meines Vaters schon zu sehr befestigt, als daß Ihre oft wol berechtigte Strenge mich jemals hätte aus dem Sattel werfen können. Vertrat mein Vater altbürgerliche Principien, so [k]am durch die Mutter eigentlich ein bäuerliches Element in die Familie und dadurch wurde ein Zwiespalt geschaffen, der bis zum heutigen Tage nicht ganz ausgeglichen ist. Das eine aber ist ihr Verdienst. Wir mußten lernen so viel als möglich und in späterer Zeit wurde es ihr Ideal, aus mir einen Juristen zu bilden[,] davon sie einige in ihrer Bekanntschaft hatte. In mir aber wallte frisches, heißes sinnliches Wiener Blut. Nur die Fröhlichkeit und Heiterkeit des Wieners habe ich nicht ganz geerbt: diese stellt sich immer erst langsam bei mir ein als die Blüte längeren inneren Zufriedenseins. Mein Vater war ein leidenschaftlicher Theaterfreund. Jahre lang war er ständiger Besucher des Burgtheaters, mit dessen älteren Mitgliedern [er] in persönlicher Verbindung stand. Theater und Musik war von Kindheit auf mein Lebenselement. Eine Vorstellung von Raimunds Alpenkönig und Menschenfeind ist meine älteste Theatererinnerung. Wagners Don Carlos die erste Gestalt, die [m]ir am Burgtheater entgegentrat; mein erster eigener Versuch war eine Nachahmung des Don Carlos. In meines Vaters Bücherkasten standen neben Schiller & Goethe: Grillparzer, Halm und Raimund. Und wenn es mir je gelingt, den Plan einer Geschichte der deutschen Litt. in Österreich auszuführen, dann darf ich sagen, daß ich mein Lebensziel erreicht habe. Die Vorliebe fürs Theater wurde durch meine enge Verbindung mit [ M]inor, die bis in unser 12 Jahr zurückreicht, in mir bestärkt. Minor wollte Schauspieler werden, besaß ein seltenes Talent, das leider durch ein Hals und Ohrenleiden geschädigt wurde. So las ich im Gymnasium alle modernen Dramatiker von Kotzebue bis Benedix mit Eifer durch, fraß sie so z[u] sagen mit Haut und Haar auf; denn Vollständigkeit war mir schon damals ein Herzensbedürfnis. Dazu kam Prof. Maretas sorgliche Anleitung bei unserer Privatlectüre im Obergymnasium; mit einem Worte: ohne je einen Universitätsprofessor gekannt, ja nur gesehen zu haben, stand es gegen den Willen meiner Eltern u. gegen den des Arztes (ich hatte mich damals überarbeitet) am [E]nde des Gymnasiums bei mir fest, Germanist zu werden und dadurch hauptsächlich der öst. Lit. Gesch. ein Retter zu sein. Ich trieb nun in Wien durch vier Jahre Philologie bei Vahlen und Hartel, Geschichte bei Lorentz und Büdinger, Deutsch bei Tomaschek und Heinzel, [Ro]manisch bei Mussafia, Englisch bei Zupitza. Den ungünstigsten Einfluß hat Büdinger auf mich genommen. Die querköpfige Art, mit der er aus Herodot und Polybius tausenderlei Dinge herauszulesen meinte, die den trefflichen Griechen nie in den Sinn gekommen waren, entfremdete mich der class. Philologie; die egoistische Methode, mit der er mich alte Salzrechnungen aus der Zeit Ferdinand II und III im Finanzarchiv abschreiben ließ, um [dar]aus selbst Schlüße auf die politischen Verhältnisse zu ziehen, entfremdete mich der Geschichte. Ich erklärte eines Tages meinen Austritt aus dem hist. Seminar und widmete mich ganz der Germanistik. Tomaschek, der Vertreter der neueren Lit. Gesch., war ein für s. Fach begeisterter Mann, ein Jünger Schillers in allem u jedem und in dieser grenzenlosen Verehrung hat er uns aufgezoge[n]. Aber er wußte eigentlich sonst sehr wenig, seine Vorträge konnten wir bald auf ihre Quellen zurückführen u. als solche ergaben sich bei Goethe Hettner u. die Einleitungen der Hempelschen Ausgaben. Bei aller persönlichen Liebenswürdigkeit, bei allem Wolwollen war er nicht im Stande Schüler zu erziehen oder auch nur Themen zu stellen. Er hat mir in alle[m] Ernste: J. W. v. Brawe als passendes Thema für eine Dissertation angegeben u. als ich ein halbes Jahr später die dürftigen Resultate mühsamsten Nachforschens ihm vorlegte, fragte er mich: Haben Sie schon bei Jördensnachgesehen? !!! Heinzel war damals noch Anfänger als akademischer Lehrer. – [Ei]ntönig, stotternd, manchmal wie theilnahmslos, trug er s. Sachen vor, er gab sich keine Mühe uns kennen zu lernen, trat einem jedes Mal kälter und abstoßender entgegen und ich bin bis heute nicht im Stande mit Heinzel auch nur eine Viertel Stunde lang ein zusammenhängendes Gespräch zu führen. Die Vorträge, die er ganz aus eigenem schöpfte, so ein 2stünd. Publ. [ü]ber Tristan, waren meist eine geistreiche Verkehrtheit, wie Müllenhoff von seinen Sachen zu sagen pflegte. Zum Glück gab er wenig eigenes, sondern es waren wörtlich & buchstäblich Scherers Collegien, die er uns mittheilte u. so bin ich indirect vom ersten Semester an Scherers Schüler gewesen. Und er erfüllte uns mit solchem Enthusiasmus zu seinem gleichaltrigen, [b]egabteren Freunde, sprach mit solcher Ehrfurcht und doch wieder mit solcher Liebe und Hingebung von ihm und seinen Arbeiten, daß wir Scherer als den Mittelpunkt unserer Wissenschaft ansahen, uns auf alles stürzten, was aus seinem Munde kam und ihm uns mit Leib und Seele zu eigen gaben. Scherer persönlich kennen zu lernen, war das sehnsüchtigste Ziel meiner ganzen Studentenzeit; [die] Griechen können nicht erhabener von Delphi gedacht haben als ich damals von Strßbrg. Es war ein Fieber, an dem ich förmlich krank lag. Endlich kam die heiß erflehte Zeit. Ich stieg die Stufen zu seiner neu eingerichteten Wohnung in Berlin hinauf und stand vor ihm, [sch]eu, vor Freude und Schrecken sprachlos: ähnlich wie Grillparzer vor Goethe. In Berlin habe ich erst arbeiten gelernt. In wenigen Tagen war ich mir klar bewußt, daß ich trotz meinem Doctor weniger von Methode verstände als ein Schüler Scherers im dritten Semester. Ich habe von da ab Tag und Nach ! ununterbrochen gearbeitet und heute noch zehre ich von meinen Berliner Excerpten für die Periode Lessings u die folg. Zeit. Lücken aber lassen sich [ni]e ganz ausfüllen, versäumtes läßt sich nie ganz nachholen und so werden die Fehler und Schwächen, die meine bisherigen Arbeiten gezeigt haben, vielleicht nie ganz verschwinden; denn wurzeln in meiner ersten und längsten Bildungsepoche.
Über die Folgezeit kann ich mich kürzer fassen. Ein halbes Jahr in Bosnien, dann ein halbes Jahr in Wien während der Habilitation. Dieses Jahr war [ur]sprünglich noch für Berlin bestimmt gewesen: aber im Rathe der Götter war es anders bestimmt gewesen. Herbst 1879 zog ich nach Lemberg. Wenn ich die vier Jahre dieser Übergangszeit überblicke, in der ich alles gearbeitet habe, was von mir vorliegt, so kann ich sie nicht als günstig für meine Entwickelung ansehen. Ich war dem eigentlich wissenschaftlichen Leben völlig entfremdet. Ich mußte alles aus mir selbst heraufpu[mp]en; das ist schlecht für erst reifende Menschen, die der Anregung be- dürfen, wie dürres Gras eines Gewitterregens. Schädlicher aber sind die Jahre für mich als Menschen geworden. Als ich nach L. kam, war ich mit einer jungen [Wie]ner Dame verlobt. Das Verhältnis löste sich ein Jahr später unter schmerzlichen Kämpfen. Hatte ich mich das erste Jahr von der Gesellschaft zurückgezogen, weil ich auch in der Ferne nur mit der Geliebten lebte, so drängte mich das zweite Jahr noch mehr in mein Inneres zurück; denn ich haßte die Menschen und verachtete die Frauen, wie es solche Perioden bitterster Enttäuschung mit sich bringen. Alle Anlagen einer sensibeln Natur, die in mir seit Kindheit vorhanden sind, entwickelten sich unter solchen Umständen üppig. Nichts hinderte mich, daß ich mich meinen Stimmungen ganz hingab und so that ichs. Das Resultat ist ein höchst hypochondrischer Mensch, der nun unter andere Verhältnisse versetzt, nichts mit sich anzufangen weiß und einmal ein böses Ende nehmen kann.
Zwar bin ich am Wege der [B]esserung gewesen. Es hat sich mir in Lemberg vom zweiten Jahre angefangen eine Beziehung erschloßen, die die schönste meines Lebens war und es auch bleiben wird. Die Tochter des verstorbenen Hofburgschauspielers Ludwig Loewe, lebte dort seit mehr als 20 Jahren; zuletzt als die Wittwe eines Grafen Potocki allein, zurückgezogen, verbittert und kränklich. Selbs[t e]inst Schauspielerin gewesen, war sie als junges Mädchen diesem ihrem Berufe durch einen Beinbruch entzogen worden. Das mag wol mit die Veranlassung gewesen sein, daß Sie ! ihre Bildung weit tiefer anlegte, [als] es sonst bei Schauspielerinnen der Fall zu sein pflegte. Mit den besten Traditionen der Weimarer Dichtung und der romantischen Philosophie verknüpfte sich bei ihr der offene Wiener Sinn und die herzlichste Gemütlichkeit. Die geistreiche alte Dame, mit der mich meine Arbeit an der Raimund-Ausgabe zusammenführte, hatte sich die Theilnahme an allen Lebensfragen u. Litteraturinteressen in seltenen ! Maße bewahrt. Sie trat mir entgegen als die Verkörperung jener classischen Zeit Österreichs, an der ich seit meines Vaters Erzählungen hänge. Und sie nahm sich umgekehrt die Mühe sich in meinen Gefühls und Gedankenkreis zu versetzen; ich habe in diesen drei Jahren keine Zeile geschriebe[n], die ich ihr vor dem Drucke nicht vorgelesen habe, kein irgendwie bedeutendes Buch durchgearbeitet, das sie nicht mit mir genoßen hat. Im letzten Jahre war sie mein einziger Umgang. Ich kann Ihnen nicht im einzelnen darlegen, wie innig sie mit allen meinen Lebensinteressen verwoben war; ich gieng nie ohne Rath und Trost, nie ohne Freude und Dankbarkeit von ihr weg. Von dieser Seite war meine Abberufung [au]s Lemberg ein harter Schlag, wenn sie auch die erste war, die das Vor- theilhafte des Wechsels für meine Zukunft laut anerkannte. Aber sie hat sich stärker geglaubt, als sie innerlich war und hat die Rückkehr zur alten einsamen [Leb]ensweise nicht mehr ertragen. Ein altes Leiden stellte sich wieder ein und machte ihrem Leben vorschnell ein Ende. Im April stand ich am Sterbebette und Grabe der Dreiundsechzigjährigen. Der Briefwechsel mit ihr war mir im Winter ein Bedürfnis geworden, ohne welches der Tag seinen Abschluß nicht finden konnte. So bin ich denn seit meiner letzten Rückkehr aus Lemberg im Anfang Mai dieses Jahres in jene hypochondrische Einsamkeit zurückgeschlagen, von der ich oben sprach. [U]nd ich bin noch nicht so stark gewesen, mich ganz aufzuraffen und dem Leben wieder ins Auge zu schauen. An einem besseren, klareren Tage des Mai mag es gewesen sein, als ich Ihnen jenen Brief schrieb, dessen Antwort vor mir liegt. Er war ein heller Moment innerhalb meines Dunkels. Und nun – damit kehre ich wieder zu der Darstellung [m]eines geistigen Lebens zurück und bringe sie zum Abschluße – ist seit jeher meine Arbeit aufs innigste mit meiner Seelenstimmung verquickt. Alles was ich schreibe, ist von Tag und Stunde abhängig, und darum arbeite ich so schwer, so unzusammenhängend, so ungleich. Jene himmlische Gelehrtenruhe, wie sie DF. Strauß in seinen letzten Lebensjahren umgab, ist mir ein unerreichbares [I]deal. So bin ich entstanden, so bin ich, so lebe ich! Wenn die Menschen wirklich mit dreißig Jahren fertig sind, so bin ich bald fertig und muß dann den Rest meines Lebens so bleiben! Sei’s! Seit 5 Tagen bin ich der militärischen Kleidung ledig und athme wieder auf. Es ist eine Qual, die Sie nicht [k]ennen. Man wird während solcher vier Wochen ganz dumm. Außerdem sind mir meine Ferien ganz verdorben und ich hätte gerade heuer ausgiebige Luftveränderung nöthig gehabt. So gehe ich blos (circa am 15.) nach Vöslau zu Minor, dann zu meinem Bruder nach Brunn und endlich zu den Eltern nach Wien. Am 13. Oct. muß ich hier sein und die Mühle beginnt.
Laßen Sie mich daher heute von litterarischen Plänen und Arbeiten schweigen; habe ich doch auch bemerkenswerte Fortschritte nicht zu berichten. Ihre Geduld aber habe ich in so starkem Maße mißbraucht, daß es Zeit ist, das Tintenfa[ß] zu schließen. Vergelten Sie nicht Gleiches mit Gleichem und laßen Sie mich, wo immer der Brief Sie treffe, mit ein paar Zeilen wißen, wie es Ihnen gehe.
Erich Schmidts Exodus nach Berlin scheint verschoben zu sein. Haben Sie nicht Aussicht nach Zürich. Ich werde mich wol um die Bedingungen [er]kundigen; hingehen aber möchte ich nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Treulichst Ergebener
Sauer

Würzburg, 8. September 1884 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Würzburg Herzogeng. 5
8 IX 84.

Gestatten Sie, dass ich Sie mit lieber Freund anrede. Ihr brief gibt mir dazu, glaub ich und hoff ich, das recht. Es war mir eine rechte freude, von demselben bei meiner gestrigen ankunft hier als dem ersten posteinlauf empfangen zu werden. Haben Sie dank dafür! Sie liessen mich in die intima cordis blicken und ich weiss das wahrhaftig zu schätzen.
Es geht Ihnen wie meinem Wieland. Der sagt einmal von sich: es hat mir noch niemals geschadet, wenn mich jemand näher kennen lernte. Ich weiss nicht wie es kam, dass ich mir von Ihnen, wie von Ihrem äusseren bevor ich Ihr bild erhielt, so auch vom inneren ein falsches bild machte. Ich hielt Sie für ein stilles wasser, für so tief als diese sind, aber ich ahnte nichts von den stürmen, die darin waren. Soll ich Ihnen mein mitgefühl versichern? Sie wissen, dass Sie es haben.
Vor allen dingen fesselt mich – ich möchte sagen, ich beneide Sie darum – Ihr verhältnis zur gräfin Potocki. Solche teilnahme ist das köstlichste, was der mensch finden kann. Und wenn sie Ihnen nun fehlt, so haben Sie doch die erinnerung, dass Sie die frist voll und rein ausgenossen haben.
Ich habe nur eine kleine erfahrung in derselben richtung. Als anfänglicher docent erteilte ich mehreren mädchen privatunterricht in der litteratur. Ich verkehrte mit ihnen auch gesellschaftlich und eine war darunter voll geist und interesse, die mich hob, indem ich sie förderte. Aber es kam dazwischen, was das verhältnis zwischen zwei jungen ehelosen leuten stört. ich war damals noch nicht verlobt, aber meine neigung war entschieden, meine wahl war getroffen. Empfindlich berührte mich zu hören, dass der verkehr mit meiner schülerin als liebesbeziehung gedeutet ward, empfindlicher, dass ich nicht mehr, einmal aufmerksam gemacht, verkennen konnte, dass in ihr sich eine neigung zu mir entwickelte. Ich antwortete mit meiner verlobung und schränkte den verkehr mit der schülerin ein, ich dürfte sagen, brach ihn ab; denn jetzt sehen wir uns selten und sprechen dann, was man eben beim souper spricht.
Aber ich kann vollauf begreifen, was Sie an der geistreichen freundin hatten.
Wenn ich Ihnen jetzt wünsche sagen soll, wäre es der, dass auch an Ihnen wahr wird: Die glocke tönt, die erde hat mich wider. Ich meine die glocke der liebe. die tote gräfin soll und darf Ihnen nicht ersetzen, wenn Sie in der ehe glücklich werden wollen. Ihr geistiges leben wird weniger dabei genährt werden, aber die ruhe Ihres gemütes wird über Sie kommen und mit ihr wol die himmlische gelehrtenruhe, die Sie vermissen.
Ich kann sagen, ich habe dies köstliche gut, hab es trotz den inneren kämpfen wegen des äusserlich fruchtlosen lebens, trotz der aussichtslosen entfernung vom ehlichen ! und beruflichen ziele. Bringt mich dies und jenes aus dem gleichgewicht: ich fänd noch jedesmal eine frohe und freie heiterkeit der stimmung bei der arbeit wider. Und selbst, wenn ich etwas anpacken musste, was mir anfänglich zuwider war, allemal stellte sich bei der vertiefung der genuss ein. Ich bin eigentlich nur unglücklich wenn mich eine körperliche indisposition vom arbeiten abhält, oder wenn sonstige äussere gründe mich auf ein paar tage dem schreibtische entfremden. Das geht so weit, dass ich auch keinen erholungsauf- enthalt mehr zu geniessen vermag, ohne mindestens jeden zweiten tag einige stunden zu arbeiten und zwar nicht irgend etwas, sondern an dem, was mich überhaupt gerade beschäftigt.
So komme ich auch jetzt nach 3wöchentlichem aufenthalte am Bodensee mit vermehrten Wielandkenntnissen zurück. nach einiger vorbereitung gehe ich – in etwa acht tagen – nach Weimar: der grossherzog gewährte mir wider erwarten die benützung der Wielandpapiere seines hausarchives. Kann ich Ihnen in Weimar etwas besorgen? Briefe mit der hiesigen adresse treffen mich allzeit.
Und nun empfangen Sie nochmals dank, lieber freund. Wann werden wir uns einmal persönlich kennen lernen? Wird es bald oder spät, wir wollen inzwischen treue bruderschaft halten. Verkennen Sie ich nicht, auch wenn ich meiner ernsten und schwerfälligen natur nach dürftig und trocken bin.
– – Scherrs stelle wird doch wol Bächtold zufallen, (der sie wahrlich brauchen kann) sobald nur erst Scherr völlig zurücktritt, was nicht geschehen ist.
Die besten wünsche für Ihre ferien! und gruss
von Ihrem ergebenen
BSeuffert.

Graz, 17. September 1884 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz, 17.9.84.

Lieber Freund! Ich kann nicht von Graz fortgehen, ohne Ihnen für I[hr]e herzlichen Worte gedankt zu haben und Ihre freundschaftlichen Gesinnungen durch ebensolches Entgegenkommen zu erwiedern. Ich habe nach der Absendung meines Briefes noch manche Zweifel gehabt; nicht als ob ich Ihnen etwa mehr gesagt habe als ich Ihnen hatte eröffnen wollen; sondern weil ich vielmehr das Gefühl hatte, über manches viel zu schnell weggegangen zu [se]in, was als Bindeglied notwendig gewesen wäre. Aber wenn ich die erregten Zeilen als Brouillon behandelt hätte, so wäre gewiß auf dem Wege zur Reinschrift, die bei mir immer eine Umarbeitung ist, so manches verloren gegangen, was jetzt wie ich sehe auch so fruchtbaren Boden gefallen ist. Haben Sie [D]ank für Ihre Theilnahme, für Ihre Wünsche, für Ihre Ratschläge. Daß diese die richtigen sind, fühle ich selbst am tiefsten. Und es wäre ein Glück, wenn sich bei Zeiten ein solches Bündnis knüpfte, wie es Ihnen die Gegenwart verschönt und die Zukunft als begehrtes Ziel erscheinen läßt. Denn ich muß gestehen, dieses egoistische Hinleben in den Tag und für den Tag ist gräßlich. Nu[r f]ür sich selbst zu sorgen, eine Qual; für den andern zu sorgen, eine Lust. Glauben Sie mir, den Thee für mich selbst zu kochen, scheint mir überflüßig u. zwecklos. Und so geht’s bis zum größten fort. Und dann ein anderes, was Frau Löwe in die Formel klei[de]te: laut zu denken. Alles sagen zu können, was einem in den Sinn kommt und der Aufnahme sicher zu sein! Aber ich vergeße, daß ich weniger als in Lemberg im Stande bin, eine Frau zu erhalten und meine Aussichten gleich Null sind. Die Stelle in Zürich ist nur eine Halbprofessur zu 4–5 Stunden wöchentlich und demgemäß mit nur 2000–2500 Francs Gehalt. Ich habe mich erkundigt; denn sie war in der Allg. Ztg. als erledigt [a]usgeschrieben. So wird sie wol Baechtold bekommen.
Ich reise morgen früh nach Vöslau. Mit mehr Freude als mich in den letzten Tagen beseelte; denn Scherer ist in Stixenstein, wo ich ihn besuchen werde. Es sind gerade 4 Jahre, daß ich ihn ebendort zum letzten mal sah. Unter einer mächtigen Eiche schl[u]g er mich mit meinem Säbel – ich war zufällig in Uniform – zum Ritter für die polnische Campagne! Was hat sich seitdem alles verändert; nur meine Liebe und Verehrung zu ihm ist die gleiche geblieben.
Viel Glück für Weimar und reiche Ausbeute. Ich beneide Sie darum, daß Sie so unverrückt mit einem Gegenstande sich beschäftigen können, während ich schließlich meine Kräfte zerplittert haben werde.
Nochmals tausend Dank für Ihr[e]n Brief. Es ist mir ein erhebender Gedanke, sich einen Freund erworben zu haben und je älter man wird, desto schwerer und seltener ist es. Nun walte die Treue!
Ihr Sie herzlich Grüßender
Sauer.

Würzburg, 27. Oktober 1884 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Lieber freund, Darf ich den Grazer litterarhistoriker mit einer lokalen frage heimsuchen? Goethe in s. Novelle Die guten weiber sagt (Hempel 16, 173), ein reisender erzähle in der stadt Graitz seien viele hunde und viele dumme, halb alberne menschen. Wer ist der reisende? er muss vor 1800 (herbst) geschrieben haben, da Goethe im septbr. seine novelle verfasst hat. Nicolai in seiner Reise erwähnt Graz nicht. Riesbeck spricht wol von vielen hunden in Wien und von tölpeln, ‚die fast ganz ohne sprache‘ in Graz; aber nicht von hunden in Graz. Möglicherweise hat Goethe doch durch einen gedächtnisfehler beides vereinigt. Oder kennen Sie einen Grazreisenden, der beides von Graz sagt?
Ich bin für eine kurze antwort sehr verbunden – aber ich habe eile d. h. die verleger drängen. Gruss und nachträglichen dank für Ihren letzten brief
Ihr
Seuffert.

Würzburg Herzogeng. 5
27 X 84.

Graz, 29. Oktober 1884 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Freund! Ich kann Ihnen leider keine genauere Auskunft [g]eben. Mir scheint es aber [si]cher zu sein, das die Riesbeck’sche Nachricht zu Grunde liegt. Für alle Fälle will ich noch den Grazer „Culturhistoriker“ Schlossar fragen, den ich aber heute kaum mehr sehe. Bekommen Sie in den nächsten Tagen keine Karte, so weiss er auch nichts.
Meine Ferien waren ganz verpfuscht. In Wien musste ich mit einem kranken Fusse im Bette liegen. In Graitz bin ich trotz aller Tölpeln ‚die fast ganz ohne Sprache‘ doch wieder recht zufrieden und fleissig.
Mit besten Grüssen Ihr
Sauer.

29./X 84.

Graz, 1. November 1884 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Freund!

Schönbach macht mich darauf aufmerksam, dass Lisele und Beisele (in den flieg. Bl. der 40er Jahre) auch nach Graz kommen und über die vielen Hunde in den Strassen stolpern; das liesse darauf schliessen, dass im vorigen Jh. der gleiche Eindruck zu erlangen war. Aber nachweisen kann ich es nicht.
Eiligst
Ihr
ergebener
Sauer

1./XI 84.

Graz, 19. Dezember 1884 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graitz 19.12.

Verehrter Freund! Für die zwei netten bildergeschmückten Hefte meinen besten Dank. Sie streben nun den Dreißigern zu; ich habe Mühe das [er]ste Dutzend voll zu bringen. Do[ch] kommen zu Ostern zwei neue Hefte; eines mit lustigen Tiroler Fastnachtspielen von Vigil Rab (hrsgg. von Zingerle) und eines mit Stranitzkys Ollapatrida (hrsgg. von Werner). Die nächsten zwei werde ich mit Comödien des vorigen Jh. füllen. – Zwei Fragen: 1.) Wissen Sie vielleicht, wo Stolbergs gedicht ‚Schön Clärchen‘ (Werke I 273 mit der Jahreszahl 1781) zuerst gedruckt ist? 2.) Wissen Sie, wo Julian Schmidt Herbst Voss I oder II 1 zuerst recensirt hat. In seiner Gesammtanzeige des Buches in den Preuss. Jahrbüchern beruft er sich auf eine Detailrecension an anderm Ort? Für gelegentliche Antwort wäre ich sehr dankbar. – Wann wollen Sie Uz? Minor meinte wol, daß Pyra und Lange viel nothwendiger und wichtiger wäre. Der Text der freundschaftlichen Lieder ist längst fertig. Die Einleitung wäre bald gemacht. – Die herzlichsten Wünsche zum Feste und zum Jahreswechsel. Es gehört zu den schönsten Freuden des ablaufenden Jahres für mich, mir Ihre Freundschaft erworben zu haben. Bestens grüßt
Ihr A. S.

Würzburg, 23. Dezember 1884 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Würzburg 23.XII 84.
Herzogeng. 5.

Lieber freund,

Auch ich freue mich, dass ich am schlusse dieses jahres mit dieser anrede zu Ihnen sprechen darf.
Auf Ihre beiden fragen über Stolberg und Voss weiss ich leider nicht bescheid zu geben.
Dass Ihre neudrucke, die Sie schon begraben wähnten, noch weiter leben freut mich; besonders froh erwarte ich die Fasnachtsspiele. Ihr versprechen von anmerkungen zu Sonnenfels lösen Sie doch bald ein? Und wie ists mit Ihrer Ahnfrau? sie spukt und spukt und lässt sich nicht sehen, ganz anders als es weisse damen sonst zu thun pflegen.
Aus Ihren worten sehe ich, dass Sie leider erst mit Pyra u. Lange auftreten als mit Uz. Und ich werde dem nicht widerstreben. Vielleicht liegt mir nur mehr an Uz, weil ich gerne Ihren unterricht über ihn genösse und weil ich ihn zum Wieland brauche.Thirsis und damon kenne ich bis zum überdruss, was freilich nicht ausschliesst, dass Sie sie mir in neuem lichte zeigen.
Sie haben ja wol die beiden drucke der Freundschaftlichen lieder vor sich. Ich kenne nur den zweiten. Aus der ersten müsste man wol die in der 2. fehlenden 2 nummern aufnehmen; denn ich setze voraus, dass Sie die vollständige 2. auflage drucken lassen wollen. Oder sollte man die erste drucken und der zweiten überschuss als anhang geben? Auch weiss ich nicht, ob varianten unter dem texte anzumerken sind. besonders auch der erste 1737er druck des Tempels wäre daraufhin

zu betrachten. Haben Sie auch die Beschäftigungen auf dem lande Halle 1777 (Wanieck 127)? Die würden auch für den anhang etwas geben. Ob man von den hsl. tragödien Pyras etwas beigeben soll?
Pyras Aeneis, seine 2 Erweise fallen weg. Oder ich habe auch schon bedacht eine gesammtausg über Pyra an stelle des neudruckes der frdschftl. ll. zu setzen. Langes dichterei ist elend, auch eigentlich nur im zusammenhange mit seinem Horaz beachtbar zu machen.
Haben Sie die güte, diese andenkungen etwas in erwägung zu ziehen, so weit es noch nicht geschehen ist.
Ein paar anmerkungen: Waniek s. 38 Angaben aus Waniek und Bernays detailliert
Bitte schreiben Sie mir, bis wann Sie mir ms. schicken können. geschieht es bald, dann kann der druck sofort beginnen. Ausserdem muss ich ein anderes heft dazwischen schieben. Die verleger sehen sehr darauf, dass die einleitung mit dem text eingeliefert wird, weil sie einmal 3, das andermal gar 8 monate mit dem text fertig waren, ehe die einleitung kam. Und bis wann ungefähr dann Uz?
Verzeihen Sie, dass ich Ihnen heute einen allzu redaktionellen brief schriebe. Aber die musse und die stimmung zu besserem fehlt. Aber wir sind ja auch so unserer gegenseitigen gesinnungen sicher.
Hat meine ‚schmerzenspfeiferei‘ vor den vor den guten frauen Sie einigermassen überzeugt?
Ich wollte, ich könnte wieder ganz in Wieland stecken, wie während der ferien. Aber – recensieren soll ich, soll recensieren. Na, so will ich denn die leute wieder ärgern, ungern zwar, aber es tut not. Ich möchte immer loben, aber – -
Kennen Sie Robert Keil? ich hab mir den herrn in Weimar angeschaut und bin mit absehen (das wort ist ein bischen übertrieben!) von ihm gegangen. Mit seinen Wiener freunden hat er Ihnen auch wenig ehre gemacht. Sie werdens doch nicht krumm nehmen? ich muss es bald einmal laut sagen.
Genug und genug! Wollen Sie gemütsspeise, so lesen Sie Leutholds gedichte, aber ja nicht alle wie ich. Der fluss und ton ist bestrickend. Und Bächtold hat eine famose einleitung dazu gemacht, eigentlich zu gut für diese stelle.
Treiben Sie denn das kritische handwerk gar nicht mehr? Ja freilich, positiv sein ist besser als negativ. Aber man lernt verteufelt viel, wenn man die bücher recht scharf ins auge fasst.
Die besten wünsche für die festtage und das neue jahr; ich wünsche mir unter anderm (z. b. einer professur) die erhaltung Ihrer freundschaft.
Treu
ergebenst
BSeuffert

Auf S. 4 gedruckte Mitteilung des Verlags der Gebrüder Henninger an die Mitarbeiter der „Deutschen Litteraturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts in Neudrucken“:

Graz, 25. Dezember 1884 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz 25/12 84.

Lieber Freund!

Sie werden eine umgehende Antwort nicht erwartet haben, am wenigs[ten] mit Manuscript. Erschrecken Sie nicht; es gehört blos zum Anschauen. Indem ich nemlich Ihren Brief lese u. die betreffenden Papiere durchsehe, bemerke ich, daß ich eine Abschrift der 2. Ausgabe mit den Varianten der ersten Drucke (wahrscheinlich noch in Lemberg in denkfauler Zeit) angefertigt habe. Sie werden daraus [er]sehen, daß die Vergleichung nicht viel ergiebt. Wollen Sie, daß auch die orthographischen Varianten angemerkt werden, so können sie unterm Text stehen bleiben oder als Anmerkungen am Schluße auftreten. (Beim ‚Tempel‘ ist die Vergleichung nicht vollstä[n]dig durchgeführt; es war mir offenbar zu langweilig; aber der Text ist an der hiesigen Bibliothek.)
Die Beschäftigungen auf dem Lande habe ich vor Jahren für Kleist gesucht u. nicht gefunden. Waniek scheint sie auch nicht zu kennen. Pyras Halberstädter Hdschft habe ich zwar durchgearbeitet, aber nicht abge[sch]rieben. Ich glaube, die Tragödien lohnen die Mühe des Druckes nicht. Ziehen Sie aber ein Heft Pyra (mit d. Handschriften) dem Neudruck der freundschaftlichen Lieder vor, so [m]üßte das, falls ich es machen sollte, noch 1 Jahr warten. Besser wäre es überhaupt Waniek dazu aufzufordern, der vielleicht die Sachen abgeschrieben liegen hat. Ich glaube aber, solche Specialarbeiten werden Sie mit der Zeit aus den DLD verbannen müßen. Die ‚Lieder‘ aber repräsentiren eine Richtung, waren ein viel gelesenes Buch und wenn Sie dieses reproduciren, sind Sie Ihre Verpflichtung gegen Lange u. Consorten für ewige Zeiten los. Auch das scheint mir zu Gunsten der ‚Lieder‘ zu sprechen, daß Bodmer sie herausgegeben u. m[it] Übersetzungen geschmückt hat. Wir bringen gewissermassen wieder eine Collectivarbeit wie bei den Grenadiersliedern. Erwarten Sie aber von meiner Einleitung nichts neues; nur die Nothwendigkeit des Neudruckes will ich gründlich rechtfertigen. Wenn Sie mir das Ms. umgehend wieder schicken, will ich bis Mitte Febru[ar] die Einleitung versprechen. Der Uz kann doch erst zu Ostern fertig werden; da müßten Sie ein Heft einschieben. Über die Einleitung zu den guten Frauen nächstens.
Leuthold ist ein lieber alter Freund von mir seit der ersten Auflage; auch die dritte habe ich gesehen, weil ich sie als Geschenk verwendete. Bächtolds schöne Einleitung stand zuerst vor ein paar Jahren in Nord und Süd. So schlecht ich die modernen Dramatiker kenne, so gut kenne ich die modernen Lyriker. Eine Entwickelungsgeschichte deutscher Lyrik [i]m 18. & 19. Jh. schwebt mir seit langem als ein Lieblingsplan vor der Seele! Hinab mit ihm in das Chaos, in dem die andern Pläne ruhen. Ich bin mit Recensionen arg im Rückstande; hoffe aber nächstens den ganzen Wust aufzuarb[ei]ten. Nehmen Sie Keilnicht zu hart mit, weil Sie dadurch dem ganzen Unternehmen schaden. Als das Heft in Druck war, giengen uns freilich die Augen auf. Warum waren wir aber auch so stockblind! Meine Ahnfrau erscheint spätestens zu Ostern; sie ist soeben beim letzten Putze u. fast gefällt sie mir!
Ich stecke gerade in der zweiten [A]uflage des Grimm; ein herrliches, herrliches Buch! Ich will zum 4. ein paar Zeilen in unsere Tagespost schreiben, nur damit nicht etwas noch schlechteres dort den Raum füllt.
Vielen dank für Ihre Mitteilungen; theilen Sie mir Ihren [E]ntschluß bald mit.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Ergebener
August Sauer.

Würzburg, 31. Dezember 1884 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Würzburg Herzogeng. 5.
31 XII 84.

Lieber freund,

Hätte ich gewusst, dass Sie in der arbeit schon so weit vorgeschritten sind, so wäre mir nicht eingefallen, die unnützen bemerkungen niederzuschreiben, die ich neulich gab. Ich sende Ihnen dankend das ms., das ich heute früh erhielt, zurück, bitte Sie die einleitung zu schreiben, sobald es Ihnen passt und mir dann das ganze zur drucklegung zuzustellen. Das wird nach Ihrer berechnung also ungefähr mitte februar sein. Den plan die gesammtwerke Pyras zu drucken gebe ich in anbetracht Ihrer arbeit auf und bin froh, wenn Sie in Ihrer einleitung die berechtigung des neudruckes der Frdschftl. ll. erweisen und Lange u. Pyra so erschöpfend charakterisieren, dass die Litteraturdenkmale ein für allemal diese richtung der litteratur aufgeben können.
Die textvarianten – ich hatte mir stärkere erwartet – können ganz gut unter dem texte beibehalten werden; rein orthographische verschiedenheiten anzuzeigen scheint mir überflüssig; das druckfehlerverzeichnis von B könnte wol auch in diese fussnoten aufgenommen werden.
Die vorrede zur ersten auflage würde eine neue seite beginnen (oder neues blatt??), die zur 2. dürfte sich wol unmittelbar anreihen. Dann wider neues blatt:
Freundschaftliche Lieder und unmittelbar anschliessend das erste lied. Alle lieder reihen sich an einander an, also keines beginnt neue seite. Oder wünschen Sie das vor dem Tempel?
Könnten Sie wegen der Beschäftigungen auf dem lande nicht doch einmal bei Waniek anfragen? ich erinnere mich, dass ich wegen Ihres Kleists seiner zeit d. h. 1881 selbst beim besuche einiger norddeutscher bibliotheken darnach suchte. Wollen Sie nicht einmal in der DLZtg. eine öffentliche anfrage erlassen?
Den Uz machen Sie dann nach bequemlichkeit.
Auf Ihre Ahnfrau freue ich mich sehr. Noch mehr freilich auf die entwicklung der deutschen lyrik. Werfen Sie den plan doch ja nicht unter den tisch! Je schwerer mir fällt, lyriker fest zu greifen, desto begieriger bin ich nach einer guten arbeit darüber. Stiefel und Schröter sind doch lage nicht genügend.
Sehen Sie mit Litzmann in Liscow Boileau oder mit mir Swift? Es tat mir leid, dass ich die arbeit Litzmanns nicht noch sanfter behandeln konnte. Aber das bringt das kritische handwerk mit sich, das man seine gefühle schweigen heisst.
Verzeihen Sie heute die kürze! ich eile Ihr ms wider in Ihre hände zu bringen; vielleicht wollen Sie die weihnachtsferien noch zu seiner verwertung benützen.
Prosit neujahr!

Ihr
ergebener
BSeuffert

Würzburg, 26. Februar 1885 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Lieber freund, Verzeihen Sie, dass ich ein bischen drängte, wenigstens um auskunft bitte, bis wann ich Damon u. Thirsis erwarten darf. Es ist wegen der weiteren hefte: ich habe einem andern, da Sie bis mitte februar einliefern wollten, den 8 märz als ablieferungstermin für das folgende heft gesetzt, damit wir ununterbrochen fort drucken können. Ihrem nachfolger bin ich also eine erklärung schuldig und nur darum stell ich die unangenehme frage. Zugleich bitte ich, wenns tunlich ist, die druckfehler in der einleitung so zu stellen, dass sie auch wie in d. Guten frauen als note oder hinterdrein mit petit gesetzt werden können: der laie soll sehen, dass er hier nicht weiter zu lesen braucht. Aus Ihrem Bürger, den ich Kürschner gar nicht gönne, hab ich jetzt, da ich ihn fürs kolleg gründlicher als vordem durcharbeitete, wider massenhaft gelernt; meine zuhörer danken Ihnen mit mir.
Treulichen gruss!
Ihr
BSeuffert

Würzburg Herzogeng. 5
26 II 85.

Graz, 6. März 1885 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz 6/3 85.

Lieber Freund! Verzeihen Sie, dass ich Ihnen nicht umgehend geantwortet habe; ich meinte, das Man. gleich absenden zu können; aber die warme Frühlingsluft der Übergangszeit hat mich so hergenommen, dass ich kaum die Feder führen, geschweige denn arbeiten kann. In ein paar Tagen ist das hoffentlich vorbei. Wie die Dinge jetzt liegen – durch meine Schuld – möchte ich Sie sehr bitten, den Druck zu beginnen, weil ich die Bücher aus Berlin hier habe. Die Einleitung wird zuversichtlich viel früher fertig als der Setzer mit dem Texte, zumal da Mittwoch meine Ferien beginnen. Also wenn Sie diese Ausnahme noch einmal machen wollen, so kann ich das bereits revidierte Ms. umgehend schicken. Ihre Angaben werden genau befolgt werden. Unter welchen Schwierigkeiten ich arbeite, kann ich Ihnen gar nicht sagen. Glücklich, wer auf seinen Körper bauen kann. Bitte, seien Sie nicht böse. Ihr herzlich Ergebener
AS.

Würzburg, 8. März 1885 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Dachte ich doch, lieber freund, Sie müssten verliebt oder krank sein. Das erste wäre mir natürlich lieber gewesen; es tut mir leid, dass Sie unwol sind, und ich möchte beileibe nicht Ihnen unbequemlichkeit machen. Aber wenn Sie mir das ms. des textes schicken, ist mirs lieb; die einleitung kann dann nachfolgen: ich verlasse mich auf Sie. ich bin neugierig wie Eva, wie Sie sich zu Waniek stellen.
Eben habe ich Pentzhorns Abbt gemordet: Werner zog sich zwei paar handschuhe an, da er ihn in der DL Ztg anfasste; ich fasste mit nackten händen derb zu und da – war das buch tot. Was denken Sie von Zarnckes Schelmuffsky?
Grüssend und das beste wünschend Ihr
BSeuffert.

Wzbg. Herzogeng. 5.
8 III 85.

(Graz), 20. März 1885 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

20/3 85.

Lieber Freund!

Wenn etwas die Notwendigkeit unseres Neudruckes zu beweisen im Stande ist, dann muß es diese Verzögerung thun.
Denn ich habe zwar die andern verlangten Bücher, wie ich nach Absendung meines letzten Briefes sah, aus Berlin bekommen; die 2. Auflage (die meinem Text zu Grunde liegt) ist aber ausgeliehen; Scherer, an den ich mich wandte, weil ich weiß, daß er das Buch besitzt, kann es nicht auffinden. Nun steht meine Hoffnung auf Bernays oder die Münchner Bibliothek; auch in Berlin habe ich gebeten das Buch zurückzuverlangen. Sie können also getrost zu drucken anfangen; von einer Seite wird das Buch schon eintreffen. Ich habe nun alle rein orthographischen Varianten (bis auf 2–3 sehr interessante) weggestrichen; den Wechsel zwischen n u. m in der Adjectivflexion, so unregelmäßig er auch auftritt, glaubte ich verzeichnen zu sollen; ebenso die Abweichungen in der Interpunction. Ich habe aber nichts dagegen, [w]enn Sie etwa noch wegstreichen, was Ihnen überflüßig scheint. Die Chiffern A und a habe ich weggelassen,

B beibehalten; auch die Druckfehler habe ich soweit es mir nothwendig schien in die Lesarten aufgenommen; zu den im Druckfehlerverzeichnisse von B verbesserten habe ich (Dr.) hinzugefügt. Sonst glaube ich, daß alles in Ordnung und außer Zweifel ist. Höchstens wegen der Neuen Seiten oder Blätter werden Sie in Widerspruch mit mir sein; ä[nd]ern Sie das, wie es Ihnen gut dünkt; ich bins zufrieden. Das Inhaltsverzeichnis folgt mit der Einleitung. Wahrscheinlich [s]chicke ich Ihnen auch ein Wortverzeichnis, das Sie dann nach Gutdünken aufnehmen oder weglassen können. Von mir werden Sie im nächsten Monate mancherlei gedruckt sehen, was seit langem vorbereitet ist. Der be[g]innende Frühling weckt auch meine schlummernden Kräfte u. so gehts lustig mit allem zu Ende.

Sie fragen mich um meine Ansicht über Zarnckes Buch. Ich habe es im vorigen Sommer gleich nach s. Erscheinen gelesen u. für au[s]gezeichnet befunden. Scherers kühleres Urteil hat mich nachdenken gemacht. Und nun muß ich gestehen, daß es stellenweise recht breit ist u. andererseits doch die Resultate nur andeutet, bis zu denen die Untersuchung wird vordringen müßen. Aber eine solc[ he] Entdeckung bringt immer Ruhm mit sich, während

andere ebenso mühsame u. gute Arbeiten kaum Anerken[n]ung erwarten dürfen.
Schreiben Sie mir doch einmal Ihre Meinung über eine große Wieland Ausgabe. So sehr ich mit Munckers Thätigkeit einverstanden bin, so soll ihm doch nicht alles in die Hände fallen. Er macht den Lachmannschen Lessing neu [u]. hat sich mit Pawel zur kritischen Ausgabe Klopstocks für den Kl.-Verein verstanden. Sie sollten sich Wieland nicht entgehen lassen. Ich habe viel mit Fresenius vor Jahren darüb[er] verhandelt u. mir längst [P]läne dazu entworfen. Es ist doch eine unabweisliche Aufgabe unserer Wissenschaft, die bedeutendsten Classiker abschließend herauszugeben. Wären wir ein reiches Volk wie Engl. & Franz., so wäre es wol schon längst geschehen.
Oft wollte ich Ihnen das [sch]on schreiben. Laßen Sie nur Ihre Ansichten wissen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr treulichst ergebener
A. Sauer.

Würzburg, 21. März 1885 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Ich weiss nicht, ob Waniek Schmids Biographie der dichter 2. für Pyra benutzt, noch ob er Dusch Brfe zur bildg. des geschmacks eines jungen herrn v. stande 2. aufl. thl i 1 [?], wo der Tempel d. dichtkst. beurtelt ist, angesehen hat. Ich hab beides auch nicht gelesen, weiss also nicht obs was taugt.
Eilig grüsst
Ihr
BSeuffert

Wzbg. Herzogeng. 5
21 III 85.

Würzburg, 24. März 1885 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Würzburg, Herzogeng. 5
24 III 85

Lieber freund,

Heute früh ward mir Ihr ms. auf der zollstation ausgehändigt. Ich danke Ihnen vielmal für die übersendung. Jetzt ist es schon unterwegs nach Heilbronn. An Ihrem kritischen apparat habe ich natürlich nichts geändert. Nur von Ihrer erlaubnis betr. des eintritts neuer blätter habe ich gebrauch machen zu müssen geglaubt; ich darf hoffen, dass die wenigen änderungen Ihre zustimmung haben. Ihre titelblattdurchzeichnung lege ich bei: sie könnte den setzer zur nachahmung verführen und die ist ja wie Sie wissen für mich stier ein roter lappen. Ferner erlaubte ich mir, statt der beschreibung der titelvignette (es ist die, die Hemmerde auch auf die Messiasdrucke setzte) nur [Vignette] auf den titel zu setzen; nach analogie der früheren hefte wäre die beschreibung in der vorrede unterzubringen, wenn es Ihnen passt. Dann notierte ich dreimal: [Kopfleiste] bei, weil ich das jetzt auch in der sammlung angefangen habe. Endlich möchte ich die vorrede zu Wort des höchsten nicht gerne in Schwabacher gesetzt haben; sonst müssten für die 2 ersten vorreden auch grössere typen verwendet werden als für die lieder, dem original entsprechend und das hielten Sie ja auch nicht für nötig. Ich setzte in den kritischen apparat: Die vorrede ist in Schwabacher schrift gedruckt.* Passt Ihnen das?
Dass Sie der einleitung inhalts- u. wortverzeichnis beifügen wollen, freut mich, obwol ich bekenne, dass mir zunächst der inhalt des glossares noch nicht klar ist.
Auf Ihre ankündigungen betr. neuer schriften aus Ihrer feder bin ich aufrichtig gespannt.
Ueber Schelmuffsky – Zarncke denke ich, dass ein alter herr geschwätzig ist, sich gerne widerholt, was man ihm stillschweigend zu gute hält und dass man manches andere hätte sagen dürfen, vielleicht auch sollen, aber nicht müssen. Sie sehen, ich denke wie Sie.
Und nun von Wieland. Ja, will denn Muncker wirklich dran? ich dächte Lessing und Klopstock füllen ein paar gute jahre leben allesfalls aus! Natürlich hab ich lange schon darüber gesonnen, auch seit dem jahre 1881 mündlich und brieflich bis in die neueste zeit mit grossen verlegern und grossen und kleinen fachgenossen darüber beraten. Es liegt mir ja nahe und ist fatal genug dass es mir mit der biographie geht wie Haym Suphan gegenüber: die ausgaben sollten zuvor da sein! Aber – – Kein aber, einmal muss die möglichkeit werden. Zunächst bilde ich mir ein, mehr einzeldrucke und ausgaben gesehen zu haben als die meisten von uns, habe auch manuskripte, gedruckte und ungedruckte ausgekundschaftet und mir zugänglich gemacht, kenne teilnahmen an zss. u. dgl., die wenigstens öffentlich bisher nicht angezeigt sind. So könnte ich zu einer Wielandausgabe allerdings wol ziemlich viel beisteuern und wills auch wenn die zeit kommt durchführen. Ich freue mich sehr, dass Sie auch pläne in der gleichen richtung haben und dass sich also unsere wünsche auch hier freundschaftlich begegnen. Auch mit Fresenius, der neujahr bei mir war, streifte ich das thema. Zunächst verband er sich mit mir wie Sie zu den DLD.

Entschuldigen Sie die dürre, härte, kälte dieses briefes mit der eile: Sie sollen auf die empfangsbestätigung nicht warten.
Treu ergeben
Ihr
Seuffert

* Konsequent müsste man dann auch die grössere schrift der 1. einleitgen anmerken!

Graz, 27. März 1885 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz, 27.3.85.

Lieber Freund! Es will mir scheinen, als ob Sie einen Passus meines letzt[en] Briefes misverstanden haben. [Ich] finde es bedauerlich, daß Lachmanns Lessing nicht von einem Schüler Lachmanns oder wenigstens von einem s. Anhänger neu gemacht wird. M. hat dies offenbar durch Bernays & Goedekes Empfehlung erreicht. Ich meinte also, Sie sollten sich nicht etwa auch den Wieland entgehen lassen. Ob M. daran denkt, weiß ich nicht. Aber glauben Sie ja auch nicht, daß ich daran denke. Ich werde an einer Wielandausgabe nur wie an der Herders als eifriger Leser u. dankbarer Schüler theilnehmen; ich bin auf Jahre hinaus in den Kreis meiner gegenwärtigen Arbeiten gebannt u. will dann mein Leben ganz den Oesterreichern weihen. Aber erwogen habe ich den Plan oft, wie man den die notwendigsten u dringendsten Aufgaben s. Wissenschaft gerne bei sich hegt. Und weil ich wieder die grenzenlose Armut meiner Bibliothek in Wieland in diesen Wochen inne wurde, so ließ ich den Wunsch laut werden. Und er scheint zu laut geworden zu sein. Wenn wir nur einmal ein paar Tage reden könnten! Treulichst Ihr Ergebener
AS.

Würzburg, 29. März 1885 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

29 III 85

Da haben wirs, lieber freund! Schrieb ich nicht, dass ich in eile war? Ich wählte die zeiten zwischen ¾ und stadtpostschluss hir !, war abgearbeitet, müde und – ich bekenns offen – das thema selbst berührt mich peinlich, weil ich mir schon vergebliche mühe um das unternehmen gemacht habe. Also verzeihen Sie, wenn ich anders schrieb als ich schreiben wollte. Sagte ich denn nicht, dass mir Ihre begegnung auf dem wege zum gleichen ziele erfreulich sei? Warum sollten Sie keine Wielandausgabe machen? Es wäre mir lieber, als wenn Sie sich ganz in austriacis vertiefen. Freilich lehren können Sie uns alle dabei sehr, sehr viel; aber ob Sie in der grenzprovinz der literatur (wie ich mir Österreich vorstelle!) genügen für sich finden?? – – Ich kann nicht sagen: ich werde eine Wielandausgabe machen; aber wenn mich jemand dazu auffordert, mitarbeiter an einer zu sein, d. h. an einer wissenschaftlichen (eine auswahl für Spemann zu machen habe ich abgelehnt) gesammtausgabe, so glaube ich einiges nützliche beitragen zu können. Muncker fürchte ich nicht: zu plänen gehören verleger! Ist nun das misverständnis wider ausgeglichen? ich wünsche und bitte: ja! Da haben Sie meine hand aus der ferne, das aus der nähe nicht sein kann: ich meinte es nicht böse. Ihr BSeuffert.

Graz, 31. März 1885 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz 31.3.85.

Lieber Freund! Meiner Karte muß die nötige Wärme und Herzli[ch]keit gefehlt haben, sonst [k]önnten Sie nicht eine Verstimmung bei mir vermuthen. Aber auch ich bin müde u. abgearbeitet, ein ständiger Druck auf den Kopf macht mich fast unfähig zu denken. Ich weiß gewiß viel weniger von Wieland als Sie über die Oesterreicher; das kann ich Sie versichern. Hätte ich geahnt, daß Sie das Thema peinlich berührt, ich hätte es gar nicht angeschlagen. Und somit ist alles wieder gut!
Bernays hat das Buch geschickt u. ich bin zur Correctur gerüstet. Warum bin ich in Graz festgeschmiedet? Ich gienge so gern nach Bayern während der Feiertage u. zuerst zu Ihnen. Freundliche Ostergrüße
von Ihrem AS.

Graz, 11. April 1885 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Herr College!
Verzeihen Sie mir, wenn ich mir mit der nachfolgenden Bemerkung einen Eingriff in ihre ! Redactions-Thätigkeit erlaube. Mir sind Trennungszeichen in den Lesarten entsetzlich. In No 6 der DLD sind sie nicht. Könnte man sie nicht hier auch entfernen?
Die Langeschen Unterhaltungen haben sich gefunden u. zwar in der Königl. Bibl. zu Berlin!?! –
Ergebenst
Ihr
AS.

Graz 11/4 85.

Würzburg, 13. April 1885 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Faksimile fehlt.

Pereant die trennungsstriche! ich lieb sie nur, weil allein durch sie in die augen springt, dass eine interpunktion zur lesart gehöre, und weil man dadurch bequem 2 varianten aus einem vers trennen kann ohne die ziffer zu widerholen oder die unverständlichen .... zu setzen, die ja in gewissem falle auch Lesart sein könnten. aber ich bin ein narr milder sinnfälligkeit kritischer apparate! also schreiben Sie, bitte, dem setzer, dass in zukunft alle | wegfallen (ausser bei titeln z. B. zum Tempel). Kann auch der punkt nach Dr wegfallen?
Gratuliere zum funde der Unterhaltungen. machen Sie daraus einen anhang zu d. Frdschftl. ll.? Oder lohnt sich gar ein neudruck der ganzen Unterhaltungen? Wann gedenken Sie Uz zu bringen u. was von ihm? ich möchte Sie nicht drängen, bitte aber um antwort, damit ich mein übriges jahrespensum darnach einteile. Zerstreut – meine mutter ist krank – und eilig! Herzlichen gruss von Ihrem Seuffert. 13 IV 85.

Graz, 15. April 1885 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz 15.4.85.

Mit Uz, lieber Freund, ist es eine v[er]zwickte Sache geworden. Ich habe alle Drucke beisammen, von fast der Hälfte der Gedichte die Manuscripte, weiß aus dem Briefw. zw. Gleim & Uz alles wissenswerte über s. Dichtungen u. möchte am liebsten eine Gesamt-Ausgabe bringen nach Art meines ‚Kleist‘. Erste oder letzte Fassungen mit allen Varianten; chronol. Reihenfolge; hübsche Gruppierung [n]ach Entwicklungsstufen; vor jeder Gruppe kurze Einleitungen, die übrigens auch vorn zusammengefaßt werden können u. eine bio- graphische Skizze. Das soll zwar alles knapp u. möglichst gedrängt gegeben werden; aber es wird doch zie[mli]ch viel. Sie können es sich nach einer beliebigen Ausgabe ausrechnen. Ob Sie nun vom redactionellen Standpunkt aus einem Dichter von der Bedeutung Uzens so viel Raum widmen können, müßen Sie allein entscheiden. Gehen Sie auf eine solche kritische Ausgabe ein, so muß ich, bevo[r] ich sie abschließen kann, an einigen Bibliotheken Deutschlands u. speciell in Anspach gewesen sein und wenn mir diese Reise im Herbste gelingt, kann ich zu Neujahr Manu[scr]ipt versprechen.
Eine andere Möglichkeit sich mit Uz abzufinden wäre, die Ausgabe von 1768 abdrucken zu lassen mit den Varianten aller früheren (die von 1772 & 1804 könnten separat zusammengestellt werden); weil dies die eigentliche Ausgabe letzter Hand ist; ein Anhang könnte die paar späteren Gedichte anreihen. – Dies würde bei[lä]ufig ebensoviel Raum einnehmen als die früher skizzirte Ausgabe.
In diesen beiden Fällen würde Uz in s. Gesammtthätigkeit vorgeführt werden. Da er als Lyriker nun ungleich bedeutender ist denn als Ep[ik]er & Satiriker, so wäre eine dritte Mögichkeit nur die lyrischen Gedichte zu reproduciren; also etwa den ersten Band der Ausgabe 1768 mit den Varianten. (Man könnte dann später den zweiten wenn es verlangt wird, nachfolgen lassen.) – [Die Ausgabe von 1768 ist überdies wie mir scheint, nicht so schrecklich selten]
In allen diesen Fällen wür[d]en die Lesarten der Manuscripte mit herangezogen werden; wollen Sie sich auf einen bloßen Neudruck der ersten Ausgabe, von 1749 die ungemein selten ist, beschränken, so würde diese gar wenig Raum einnehmen. (Ich habe sie abgeschrieben u. könnte eine Vorbemerkung dazu aus dem Vollen bald liefern.) Bei den folgenden Ausgaben von 1755, 1756, 1765, 1767 [s]ind zu den „lyrischen“ Gedichten überall schon die „anderen“ gekommen. Eine Reproduction einer dieser Ausgaben hätte keinen Sinn. Ich bemerke noch, daß ich, wenn ich meine bisherigen Vorarbeiten für Ihre Sammlung nicht gan[z v]erwenden kann, dann wahrscheinlich eine kleine Monographie über Uz machen werde; sie giengen mir also nicht verloren. Aber eine kritische Gesammtausgabe wäre mir natürlich das liebste.
Über die Unterhaltungen werde ich berichten, so bald ich Sie ! bekomme; ich glaube: die Pyraschen Gedichte [i]n einem Anhange zu bringen, wäre das Beste. Nun besten Dank dafür daß Sie mir die Trennungszeichen ge[op]fert haben. Ich habe auch die Punkte nach (Dr) gestrichen. Da ich mir deswegen vom 1. Bog noch eine Revision ausgebeten habe, so bitte ich Sie mir über folg. 2 Stellen ihre ! Ansicht zu schreiben:
Wie fassen Sie 9,15 ‚die sie ohnedem ein gerechtes Verlangen bezeiget haben‘ [a]uf? Relativisch! oder: soll ich ‚da sie‘ schreiben
10,10 ‚meinen ... auf ihre verfertigte Traurliedern‘
kann kaum stehen bleiben?! Hoffentlich ist Ihre Mutter nicht gefährlich krank! Aber wie es immer sei, ist es viel verlangt von Ihnen, einen so langen Brief zu lesen.
Also beste Grüße von
Ihrem
treulichst Ergebenen
Aug. Sauer.

Ich habe jetzt die Widmungsode an Meier als 1 mitgezählt. das ist doch viel vernünftiger.

Graz, 15. April 1885 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Ich muß [zu] meinem Briefe noch hinzu[fü]gen, daß ich natürlich die Wichtigkeit der andern Schriften von Uz nicht verkenne, daß sie bes. für d. Kampf mit Wieland wichtig sind, wie Sie wissen; u. daß einiges im Sieg des Liebesgottes später stark verändert wurde u. daß ich auch von 2 Gesängen dieses Gedichtes das Man. habe.
AS.

Würzburg, 17. April 1885 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Würzburg Herzogeng. 5
17 IV 85

Lieber freund,

Eine vollständige kritische Uz ausgabe wäre mir ebenso das liebste wie Ihnen. Ich überschlage, dass der text etwa 20 bogen füllen könnte; dazu 5–7 bogen einleitung, so würde die sammlung den band tragen können. Aber dann wäre mir lieb, wenn Sie den text der ersten drucke zu grunde legten und die einführungen zusammenschöben; auch die biographische skizze lässt sich vielleicht hiermit vereinigen, damit die einleitung als ganzes angenehm lesbar werde. Aber das gibt sich. Glauben Sie, dass ich mich im umfang schwer verrechnet habe? Briefwechsel wollen Sie doch nicht mit abdrucken? ich frage weil Sie auf EvKleist als muster verweisen. Ferner bitte ich zu überlegen, ob Sie nicht anderwärts mehr honorar ernten können, als ich Ihnen bieten kann. für den fall müsste ich, wenn auch sehr ungerne, zurücktreten. aber Sie sollen durch Ihre freundlichkeit nicht in schaden kommen. Sie wissen, dass ich für die bogen mit bedeutendem kritischen apparat 25 m. zahlen kann. (beim Pyra wirds wol mit 20 m. sein bewenden haben müssen, da der apparat doch sehr klein und nicht allzu mühsam ist; oder erwarteten Sie mehr? ich bitte um volle offenheit.)
Auf Ihre fragen wegen des Liedertextes:
9,15 fasse ich als relativsatz und würde nicht ändern.
10,10 würde ich verfertigten schreiben, obwol auch in den liedern die rektion ungleich ist.
Erlauben Sie mir ein paar bemerkungen:
Am Ende von zeilen, besonders langen fehlt häufig die interpunktion. Lied 7, 15 würde ich ein komma anhängen. (7,41.68 würde ich die sprecher nach unserer druckweise gerne vor die zeile setzen.)
NB ist alles dummes geschwätze und bei Pyra stets ganz richtig; der temporalsatz hört mit schertzt auf und zu ‚deinem Mann‘ und ‚mich‘ ist ‚auf‘ zu ergänzen aus v. 46. So hatt ichs beim ersten lesen verstanden und inzwischen vergass mein taubes gehirn den zusammenhang!!
Auf Ihre nachrichten über die Unterhaltungen bin ich begierig.
Ihre vorrede darf ich wol bald erwarten. Bis wir korrektur erhalten, ist der setzer immer schon mit dem nächsten bogen fertig, da eine korrektur in der druckerei gelesen wird.
Noch hab ich keine stimmung zum behaglich schreiben. Zwar die ernsten sorgen um die mutter sind vorüber, aber die langsame rekonvalescenz umfängt noch den sinn. Entschuldigen Sie damit auch, wenn ich noch schlechter korrigiere als sonst.
In treuen
Ihr
ergebenster
BSeuffert.

Den umschlags- und einleitungstitel stellt man wol so:
Freundschaftliche
Lieder
von
J. J. Pyra und S. G. Lange ?

Wann kommen denn Ihre Sonnenfelsanmerkungen?

Graz, 19. April 1885 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz 19/4. 85.

L. F. Ich antworte umgehend, um die S[ache] zum Abschluß zu bringen. 20 Bogen Text u. 7 Bogen Einleitung, sagen wir also zusammen 30 Bogen (hoch gerechnet) wird das ganze geben. Von den Briefen ist keine Idee; ich habe nur Kleist I im Auge gehabt als Muster der Anordnung etc. Ich sähe die Ausgabe gern in Ihrer Sammlung untergebracht; wer nimmt sie mir überhaupt auch sonst in Verlag? Und wenn ich sie irgend [e]iner Sammlung (wie den Kleist der Hempelschen) angliedern muß, so werde ich auf die alte Orthographie u. auf anderes mehr verzichten müssen, was ich immer sehr ungern thue. Ich bin mit diesen 25 M. ganz zufrieden (Bei Pyra habe ich [n]icht auf so viel gerechnet, weil ich nicht wußte, daß Sie überhaupt mehr als 20 zahlen.)
Also: Texte der ältesten echten Drucke mit den Varianten der erhaltenen Handschriften u. späteren Ausgaben am Fuße jeder Seite; wahrscheinlich chronologische Anordnung; absolute Vollständigkeit (mit Ausnahme der prosaischen [Ho]razübersetzung.) Biographisch-literarhistor. Einleitung. Manuscript bis Neujahr 1886 abzuliefern. Eventuelle Verzö- gerung würde ich Ihnen Anfang October l. J. zur Kenntnis bringen.
Wenn Sie dem beistimmen, so theile ich mir den Sept. u. Octobr so ein, daß ich auf Uz reise. –
Die Sonnenfels Anmerkungen können erst erscheinen, wenn meine Sammlung über die ersten 12 Hefte fortgesetzt wird, wozu bis jetzt keine Aussicht ist. Zunächst erscheint 1 Heft Stranitzky (Ollapatrida) u. 2 Hefte [S]terzinger Faßnachtsspiele aus dem Anfang des 16. Jh. (Das erste von Werner, die beiden letzten von Zingerle besorgt.)

Dank für Ihre Mittheil. über Lange-Pyra. Man. folgt sobald die zum Abschluß nothwendigen Bücher aus Berlin od. München eintreffen.
Haben Sie Verbindungen in Hamburg (außer Redlich, den ich schon zu oft mit dergl. belästigt habe); ich brauche die Kritik im Hamburg. Corresp. über die erste Auflage der Lieder u. Langes Erwiederung.

Möge die Genesung Ihrer Mutter rasch fortschreiten.

Herzlichst
Ihr
Sauer.

Würzburg, 21. April 1885 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Topp also! Der ganze Uz, so wie Sie es in aussicht nehmen, etwa bis janr. 86. Sie wissen als redacteur, dass man sich nicht absolut verpflichten kann, gerade im januar drucken zu lassen, si dii obstant. Wenn Sie nach Ansbach kommen, sehe ich Sie auch hier!
Mit Hamburg hab ich leider gar keine verbindung, nicht einmal mit Redlich.
Nach meinem kontrakt sollen die verleger für ausgaben mit grossem kritischen apparat m. 25 zahlen. Die einleitung auch hiebei wie sonst mit m. 20. Ich hoffe nicht, dass bedenken über den absatz die herren kontraktbrüchig machen. – Haben Sie noch ein ex. Ihrer Eigenbrodtanzeige für mich überflüssig? ich seufze über einem referat hierüber für den Anz. Die vorgeschichte ist doch sehr, sehr mangelhaft.
Grüssend
BSeuffert

Würzburg Herzogeng. 5
21 IV 85

Graz, 23. April 1885 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz 23/4 85

L. F. Ob Sie im Sommer oder später zu drucken beginnen, ist mir gle[ic]hgültig. Wir werden darüber [in] keinen Streit gerathen. Es ist mein fester Entschluss, im Herbste nach München, Würzburg, Ansbach etc. zu gehen. Ich spare krampfhaft zu diesem Zwecke. Kaufe keine Bücher, mache aber ein sehr schönes: Diesmal muß mir ! doch glücken!
Eigenbrodts saubere Arbeit hat mir sehr gefallen und wenn ich die krause Arbeit Krauses über Friedr. d. Grossen u. das schreckliche Buch von Fisch dagegen halte, muss ich mein Urteil wiederholen. Meine Anzeige folgt mit einigen anderen. Ich pflege dergl. Rec. nicht zu verschicken. Wollen Sie aber eine Serie älterer Anzeigen von mir nicht unfreundlich aufnehmen, so kann ich sie leicht heraussuchen.
Herrlicher, unglaublich schöner Frühlingstag, an dem die Arbeit fliegt. Gestern habe ich Hamels Klopstockausgabe in den Grund gebohrt.
Herzlich grüßend AS.

(Graz), 3. Mai 1885 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

3/5 85.

L. F.

Damit Sie nicht Angst bekommen, daß ich die Sache wieder hinausziehe, sende ich Ihnen zunächst heute was sich aus den Beschäftigungen für Pyra ergiebt. Es ist nicht viel, aber immerhin der Aufnahme wert. Freilich wäre es nothwendig in diesem Falle auch das eine Gedicht aus den ‚Gedanken einer unsichtbaren Gesellschaft‘ aufzunehmen, von dem Pyra Waniek berichtet; es soll zwar elend sein; aber die Vollständigkeit wäre da erwünscht. Diese Ztschrft ist aber in Berlin, München u Halle nicht vorhanden. Meine letzte Hoffnung ist Weimar, von wo ich in ein paar Tagen Antwort [h]aben muß. Kommt sie von dort, so rücke ich das Gedicht noch in den zweiten Anhang ein, der vielleicht als Nachlese zu bezeichnen wäre. Mit ist aber nun der Gedanke gekommen, daß wir wenn wir schon eine solche Nachlese anfügen, dann auch die Virgilüberse[tz.] aus den Beiträgen außnehmen müßten, so daß alles was an poetischen Sachen (einschließlich Übersetz.) von Pyra gedruckt ist, vereinigt wäre. Nur die paar Übersetzungsproben im „Erweis“ u. [di]e Proben aus den Handschriften bei Pyra würden fehlen.
Es fragt sich aber, wenn wir diese 160 Verse aus den Beiträgen aufnehmen, lassen wir Gottscheds Vor u Nachbemerkungen mit abdrucken?
Langes Vorbemerkung zu den drei [B]ruchstücken aus den Beschäftigungen darf nicht fehlen u. kann in meiner Einleitung nicht nachgeholt werden, weil die drei Stücke sonst nicht verständlich sind.
Gottscheds Vorbemerk. zur Aeneis könnte auszugsweise in unserer Einl. stehen. (Ich habe z. B. bei der Ode auf Friedrichs Regierungsantritt bei d. Correctur noch die Varianten aus den Bemühungen eingesetzt, die Vorbemerkung u. die Anmerkungen dazu aber in die Einleitung verwiesen; freilich aber halte ich den Druck in den Bemühungen nicht für den ersten, sondern für einen schlechten Abdruck [e]iner Einzelausgabe.) Es fragt sich aber dann, wo drucken wir Schwarzens Übersetzungsprobe ab, die Gottsched im Anschlusse an die Pyras mittheilt? Als Beilage wie Müllers Gedicht [in] DLD 12? Das gienge; am Schluße des Artikels theilt aber Gottsched noch eine Übersetzungsprobe aus d Ilias mit; sollen wir diese ganz weglassen. Alles zusammen hat im Druck der Beiträge 18 Zeilen; also bei uns vielleicht 9 Z. Könnte also wol aufgenommen werden. Weiters enthalten dann [die] Beyträge V 128 f – 140 Pyras Vertheidigung; VI, 69 – 88 Schwarzens Vertheidigung, die dann beide ganz oder auszugsweise nicht fehlen dürften; auch hier wäre wol Heft 12 Muster.
Ich weiß nicht ob ich Ihnen alles deutlich gemacht habe (da Sie [d]ie Beyträge wol kaum zur Hand haben dürften); sagen Sie mir aber umgehend Ihre Meinung; bis Ihre Antwort kommt, ist es wol auch entschieden, ob ich die ‚Gedanken einer unsichtbaren Gesellschaft‘ erhalte oder nicht. Waniek kann ich darum nicht angehen, er hat mir auf eine Anfr[a]ge wegen der ‚Beschäftigungen‘ keine Antwort gegeben.
Ist alles das erledigt, dann schicke ich auch meine Einleitung, die frei[lich] alles was W. offen gelassen hat, nicht ausfüllen kann.

Eiligst
Ihr
treu ergebener
Aug. Sauer.

Die ‚Beschäftigungen‘ enthalten zu viel ledernes Zeug, als daß sich ein Neudruck rentirte. Das Gedicht von Ev Kleist darin ist recht schlecht, aber interessant. Daneben werden Sie in meinen neuen Kleistuntersuchungen nach einiger Zeit alles Wissenswerte lesen.

Würzburg, 5. Mai 1885 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Lieber freund, Schönen dank für die Nachlese. Ich werde mich freuen, wenn Sie dieselbe aus der unsichtbaren gesellschaft vermehren können. Zählen Sie absichtlich die 3 stücke mit 1 nummer? Die Aeneïs Pyras zu bringen scheint mir eher deswegen bedenklich zu sein, weil ja viel Gottsched u. Schwarz u. prosaisches daran hängt. Ferner würde ich dann keinen grund zur erlaubnis sehen, die fragmente um den Erweis, ja diesen selbst zu streichen, wenn wir doch einmal übersetzungen u. den beginn des streites bringen. Zudem ist der Erweis seltner als die Beiträge. Was Pyra u. Schwarz miteinander da machen, ist mir in sehr unbedeutender erinnerung; dass ich auf die übersetzung nicht viel halte, sagte ich wol öffentlich. Also: wenn Sie kein besonderes gewicht darauf legen, lassen wirs mit den originaldichtungen Pyras genug sein, u. nehmen, da wir ja doch keine vollständige ausgabe geben wollen u. können, die übersetzungen u. die prosa nicht dazu. DLD 12 ist mir in der beziehung nicht musterhaft, dass es in beilagen u. in der vorrede neue dinge auftischte: aber auch das musste einmal probiert werden. – Ihrer einleitung fügen Sie doch ein register der gedichtaa, worin die verfasser der einzelnen stücke beigeschrieben sind?
Eilig grüsst Ihr
BSfft.

Wzbg. Herzogeng. 5
5/V/85

Graz, 7. Mai 1885 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

L. F. Die unsichtbare Gesellschaft macht ihrem Namen Ehre und i[st] nicht zu finden. Zwar hab[e ic]h noch nach Gotha und einige andere Bibl. geschrieben; aber wol auch umsonst. Ich glaube also das beste wäre, Sie schicken die Ihnen übersandte Nachlese in die Druckerei und wir schliessen damit ab. Ich zähle die 3 Stücke mit einer Nummer, weil ich sie für Fragmente eines und desselben Briefes halte; darauf führt auch der Wortlaut von Langes Vorbemerkung.
Heute eine ganz andere Frage. Es arbeitet hier jemand über Alxinger. Besitzen Sie Briefe von ihm an Wieland oder an sonst jemanden? Und wenn Sie mir diese Frage beantworten, so sagen Sie mir vielleicht auch, ob Sie über die Verbindung Schreyvogels mit W. neues wissen. Natürlich ganz kurz.
In gewohnter Eile Ihr
AS.

Graz 7/5 85.

Würzburg, 11. Mai 1885 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

L. fr. Wenn es Ihnen recht ist, möchte ich, da der satz nun unterbrochen ist, lieber die Nachlese zugleich mit Ihrer einleitung in die druckerei schicken. Das kann ja jetzt nicht mehr lange dauern. Vielleicht spielt Ihnen das glück doch noch die unsichtbaren gesellschaftsschriften in die hand. – Von Alxinger habe ich nur 2 briefe an Wieland aber aus privatbesitz und mit der verpflichtung, sie selber oder nicht zu verwerten. Von Schreyvogel* ebendaher einen und ebenso. Tut mir leid, nicht hilfreicher sein zu dürfen. Sonst weiss ich nichts.
Für Ihre recensionen danke ich nachträglich u. bitte gelegentlich mir noch mehr auszulesen, wie Sie anboten. Ich besitze gerne die anzeigen von kritikern, auf deren arbeit ich etwas halte.
Gruss.
BSfft.

Wzbg. Herzogeng. 5
11.V 85

*Wo steht etwas über Wieland und Schreyvogel?

Würzburg, 10. Juni 1885 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

! Der Not gehorchend, nicht dem innern drange!!
Lieber freund, die verleger, die verleger! Sie wissen ja wol aus erfahrung, dass sie ungeduldige mahner werden können. Und in meinem kontrakt steht: ich sei verpflichtet text und einleitung zugleich abzuliefern! Retten Sie mich aus der bösen verlegenheit oder schreiben Sie mir wenigstens ein warum der langen pause.
Bestens grüsst
Ihr BSfft.

Wzbg. Herzogeng. 5
10 VI 85

Graz, 13. Juni 1885 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz, 45 Sparbersbachgasse 13. Juni 85.

Lieber Freund!

Daß ich gerade Ihnen das anthun mußte, ist mir bei all meinem Elend das Unangenehmste. Ich bin seit Jahr und Tag unwol, ja krank. Vor vier Wochen steigerte sich das Übel (ein nervöses Unterleibsleiden) so stark, daß ich nicht mehr gehen, noch weniger sitzen konnte. Nun nach 3. Wochen Karlsbader Cur ist es abends besser u. ich kann mit Unterbrechung arbeiten, obwol es mir der Arzt untersagt hat. Jeden Tag wollte ich Ihnen schreiben, jeden Tag unterließ ich es, weil ich glaubte am folgenden einen Termin angeben zu können, bis zu welchem ich das Manuscript absenden werde können. Da ich in der nächsten Woche mit dem Wassertrinken pausiren muß, wird wol auch die Einleitung, an der sehr wenig mehr fehlt, bis Ende derselben fertig; also ich denke am 20–21 kann ich sie absenden. Wenn Sie erlauben, werde ich mich persönlich bei Ihren Herrn Verlegern entschuldigen. Verzeihen Sie tausendmal, daß ich Sie so im Stiche lassen mußte.
Ich habe den ersten Druck der Ode an Friedrich in Breslau u. Langes Erwiederung auf die Recension im Hamburger Corresp. in Straßburg aufgefunden, Die Gedanken der un- sichtbaren Gesellschaft aber an circa 24 Bibliotheken vergebens gesucht. Waniek hat sie wol auch nicht in der Hand gehabt.
Von der Zerrüttung in meiner Stimmung können Sie sich keinen Begriff machen. Ich bin seit Jahren überanstrengt, nervös, überreizt. Jetzt ist die Grenze erreicht. Ich muß in den Ferien nach Karlsbad oder Marienbad und dann in ein Nordseebad, wahrscheinlich nach Sylt.
Meine Hölderlingedichte und eine Reihe älterer Aufsätze liegen für Sie bereit u. folgen mit dem Manuscr.

Mit vielen Grüßen
Ihr
gänzlich disparater
Sauer.

Würzburg, 15. Juni 1885 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Lieber freund, Wie leid ist mirs, dass ich Ihnen zu all Ihrem leiden noch beschwerlich fallen musste! Aber wer konnt sich auch den Sauer krank denken, dessen ununterbrochenes arbeiten von eiserner konstitution zeugte! Hoffentlich gehts denn auch rascher vorüber, als die begreiflich zerstörte stimmung Sie jetzt annehmen lässt.
Ueber die einleitung und den anhang zu DLD 22 sage ich kein wort. Natürlich richten Sie sich ganz nach Ihrem befinden. An die verleger schreib ich gleich, auch dass Sie mir entschuldigungen für Sie aufgetragen, so dass Sie sich die mühe des schreibens sparen können.
Die besten wünsche und herzliche grüsse!
Ihr treu ergebener
BSeuffert

Würzburg, Herzogeng. 5
15 VI 85.

Wollen Sie die gedanken der unsichtbaren gesellschaft nicht einmal Centralblatt f. Bibliothekswesen hg. v. Hartwig, oberbibliothekar in Halle u. Schulz, reichsgerichtsbibl. in Lpz (Lpz. Harrasowitz) ausschreiben?

Graz, 23. Juli 1885 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Freund! Ich habe Ihre Geduld lange auf die Folter gespannt; heute bin ich so weit, daß ich sagen kann; morgen Vormittag oder Nachmittag kann ich das Paket mit dem Manuscript auf die Post geben. Ich habe zwar nicht alles, aber vieles gefunden. Die Quellen des Tempels, s. Entstehung etc genau nachgewiesen. Erst in letzter Stunde hat sich alles ergeben. Vielleicht benachrichtigen Sie die Druckerei, daß das Manuscript in ein paar Tagen dort eintrifft; denn mir liegt an sehr raschem Druck.
Alles übrige im morgigen Briefe.
Herzlich grüßend
Ihr
AS.

23.7.85.

Graz, 24. Juli 1885 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz. 45 Sparbersbachgasse 24.7.86.

Lieber Freund!

Hier haben Sie das Schmerzenskind; gestern meinte ich es sei gerathen; heute kommts mir wieder anders vor. Lesbar ist die Einleitung leider nicht; ich hätte zu viel aus Waniek u. ihrer ! Recension wiederholen müssen u. habe mir mit Verweisen geholfen. Ohne Resultate ist sie nicht u. das ist die Hauptsache. Waniek hätte doch alles das u. noch [m]ehr finden müßen. Wenn Ihnen das Schema überflüßig scheint, so bedenken Sie, daß mir der Plan & Sinn des Gedichts erst durch dasselbe aufgegangen ist; es mag also wol andern Leuten auch so gehen; die Anmerkungen der ‚Bemüher‘ zur Ode auf Friedr. II möchte ich gleichfalls ungern entbehren; ich überlasse es Ihnen, ob Sie sie vielleicht petit drucken wollen.
Ein paar Fragen & Bitten:
Wer ist No 24 II 277 Der edle Tyberschwan.
Was ist No 24 V. 47 Hiacynth, Narcisse
Was 24 V 50 der Franke dessen Kiel Susannens Keuschheit prie[s?]
Wissen Sie das, so setzen Sie gütigst die Nummern im Schema dafür ein.
Bis 31. l. M. bin ich sicher hier, vielleicht noch ein paar Tage länger; im August ist meine Adresse Nordseebad Westerland – Sylt. Deutschland. poste restante. Wenn ich hier noch einen Bogen Correctur lesen könnte, wärs mir angenehm; in Sylt kann ich es leicht erledigen. Da ich alles Geld für die kostspielige Reise nothwendig zusammenraffen muß, so wäre mir auch deswegen die baldige Beendigung des Druckes höchst wünschenswerth. Verzeihen Sie, daß ich Sie auch mit solchen Dingen belästige.
Der Wiener Vorschlag ist für uns alle sehr erfreulich, wenn ich für meine Person auch kaum etwas profitieren werde. Ich wünschte aufs herzlichste, daß Sie nach Prag kämen, wenn Minor weggeht.
Bitte schreiben Sie mir, ob und wann Sie im Sept (– Anfang Oct.) in Würzburg sind oder wo Sie sich um diese Zeit aufhalten; ich möchte Sie um jeden Preis aufsuchen.
Bitte, lassen Sie mich den Aufschub nicht entgelten u. nehmen Sie auch fernerhin Antheil an d[em] Schicksal
Ihres
Ergebenen
Aug. Sauer

Graz, 24. Juli 1885 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Freund! Nachdem der Brief geschrieben und das Paket gesiegelt ist, f[ä]llt mir alles mögliche ein, was i[ch] mir zu schreiben vorgenommen hatte. Vor allem wollte ich Sie wegen des grausen (Pyras Lieblingswort) Manuscriptes um Verzeihung bitten; nur die erste Hälfte ist abgeschrieben; bei der zweiten wars unmöglich; machen Sie sich also auf das schlimmste gefaßt. – Ferner habe ich irrtümlich das Inhaltsverzeichnis vorangestellt u. auch so nummerirt; ich weiß, daß es rückwärts kommt; sollte sonst eine Änderung nothwendig sein, so nehmen Sie sie nur selbst vor u. fragen nicht erst an.

Mit besten Grüßen
Ihr treu ergebener
AS.

24.7.85. Abends.

Würzburg, 28. Juli 1885 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Würzburg 28 7 85 abends
Herzogeng. 5.

Lieber freund,

Es war mir sehr empfindlich, mich nicht nach Ihrem wolsein erkundigen zu dürfen: ich fürchtete jede, nur darauf gerichtete frage des freundes könnte als versteckte mahnung des redakteurs misdeutet werden und solcher misdeutung wollte ich mich durchaus nicht aussetzen.
Nun bin ich froh ex silentio – Sie schrieben keine zeile über Ihr befinden – und aus dem abschluss der mühseligen arbeit – Sie haben sichs schwer gemacht, wie ich dankbarst anerkenne – schliessen zu dürfen, dass Sie geheilt sind und nur zur besseren stärkung ins bad gehen.
Leider kann ich Ihnen da nicht die volle ruhe gönnen, die man eigentlich auf dem strande haben soll: es müsste denn sein, dass Sie mir die korrektur der bogen nach Ihrem ms. anvertrauen wollten, wozu ich natürlich bereit bin. Zunächst habe ich Ihrer weisung entsprechend auftrag gegeben, Ihnen die korrekturen nach Sylt zu senden. Und zwar gleich dahin. Denn Ihren wunsch, noch in Graz einen bogen zu erhalten, konnte ich nicht erfüllbar machen. heute erst ging mir die aufforderung, auf dem zollamte Ihre sendung zu holen, zu. Sie ging mit der Abendpost nach Heilbronn weiter, kommt da am 29. abends an, läuft nach Leipzig – 30. und wenn wirklich die druckerei (was noch nie geschah) augenblicklich beginnt, ist, bis der erste bogen gesetzt, umgebrochen, korrigiert und versandt ist, der 5 august da: also kommt er gerade recht nach Sylt, um Ihnen dort den willkomm zu bieten.
Ich habe den verlegern geschrieben, es müsse eilig gehen, glaube dass sie selbst eilen wollen, und habe Ihnen auch ans herz gelegt, Ihnen eine postanweisung zu schicken. Obs geschieht, weiss ich nicht: in dieser beziehung hab ich die herren noch nicht geprobt.
Nach Ihren beiden karten war ich sehr gespannt auf das innere und äussere der einleitung. Ein- mal ward ich befriedigt und einmal enttäuscht. Ich lebte der selbstgefälligen einbildung, den Pyra recht nahe beguckt und ihm recht scharf ins auge gesehen zu haben; aber Sie schauen ihn noch gründlicher an und Ihre ergebnisse, so weit ich sie bei einer kai! kai!-lesung erfasste, sind sehr reich. Also darin war meine erwartung sehr befriedigt. Enttäuscht über die verheissene grause schrift. Wenn Sie nicht schlechter schreiben können und an Ihren entwürfen nicht mehr ändern müssen, beneide ich Sie.
Die drei verhüllten autores kenn ich nicht: der Tyberschwan ist genau so beschrieben, wie nur Horaz beschrieben sein kann und dafür nahm ich ihn früher, zumal schwan, lorbeer, laube alles Horazianische ausdrücke über sich sind. Aber dann wär er zweimal da. Und leider beide mal als odendichter.
Hyacinth u. Narcisse? Gerlach und die Sibylle Schwarz? Ich kenn diese frauenzimmer des 17. jhrhs. ja wenig d. h. deutsch gesagt: nicht. Die Hoyer? Über den Susannenmann habe ich mich schon früher besonnen. Ob es nicht einer der vielen Frank oder Franke heissenden ist? Schweigen wir die dunkle gesellschaft tot!
Das Tempelschema hab ich mir seinerzeit auch gemacht, um aus dem bandwurm klug zu werden. Das einzelne begreif ich nun wol, aber das ganze ist doch nur simmelsammelsurium, wie das entdeckte vorbild.
Sie erwarten für sich nichts von der Wiener erledigung? warum nicht? Und ich deutscher soll mir etwas erwarten dürfen? Seien Sie versichert, ich erwarte mir gar nichts. Im winter les und schreib ich noch, im sommer geh ich ins kloster, will sagen in den schullehrerdienst. darüber red ich nicht gerne, es verdirbt mir die laune.
Zur aufbesserung erinnere ich mich daran, dass Sie hierher kommen; das bleibt fest und wird ein fest. Sollte ich etwa doch, nach Giessen zur philologenversammlung gehen, so wird es sich wol richten lassen, dass wir uns sehen. Es muss sich richten lassen. Wissen Sie übrigens sicher, dass in Ansbach Uziana sind? ich hörte einmal von dort: nein!
Zum schlusse und nur deswegen zum schlusse weil ich noch keine zeit fand sie durchzusehen, besten dank für die reiche auswahl an ausschnitten.
Gute wünsche und grüsse von Ihrem
Seuffert.

Westerland auf Sylt, 14. August 1885 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Bad Brückenau, Bayern

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Auszug:

Bad Westerland – Sylt. Bei Clausen. 14.8.85.

L. F. Verzeihen S[ie,] wenn ich nur eine Karte schreib[e,] aber es ist hier schwer, die Feder in die Hand zu nehmen, bes. in den ersten Tagen, da jede Welle, die ans Ufer schlägt, noch mein helles Entzücken hervorruft. Also vielen Dank für die Freundlichkeit, die Sie mir durch Ihren Brief an Gebr. H. erwiesen haben; ich habe gestern M. 100 von ihnen erhalten. Correctur ist heute Bogen 6 eingelaufen u. wird morgen erledigt. – Ich bin spät hieher gekommen; die letzten Tage in Graz verliefen übel; dann einen schönen Tag bei Scherer in B. – Goetheausgabe etc. Hier fühle ich mich als Süddeutscher in der exclusiv norddeutschen Gesellschaft sehr unwol. Auch Dir. Redlich war höchst steif. Nichtsdestoweniger bessert sich meine Gesundheit und wenn Sie mich im Sept. sehen, werden Sie einen schwarzen Teufel mit struppigen Haaren erblicken; denn ich will mir einen Vollbart wachsen lassen. Wann ich nach Würzburg komme, ob ich etwa auch nach Gießen gehe etc. etc. ist noch ganz unbestimmt u hängt von der Dauer meines hiesigen Aufenthaltes ab. Ich werde mich aber rechtzeitig bei Ihnen anfragen. Es wünscht Ihnen die schönsten Ferien Ihr Ergeb
AS.

Bad Brückenau, Bayern, 15. August 1885 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Westerland auf Sylt

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Auszug:

Lieber freund, Ich wünsche Ihnen glück zum abschlusse der korrektur und werde mich sehr freuen, gute nachricht über Ihr befinden zu erhalten. Ich korrigierte den 1. boden ! der einleitung vor gepacktem koffer, 2 stunden vor der abreise und den letzten unter der ankunft von gähnen; beide also unverantwortlich leichtfertig. Dazu muss ich das beschämende bekenntnis ablegen, dass meine englischen kenntnisse sehr verschwunden sind und da ich hier aller hilfsmittel beraubt bin, konnte ich den text nicht prüfen. Zweimal erweisen Sie mir zu viel und streichen mich wol. Sollten Sie aber, wider meine bitte, an der 2ten stelle doch nennen wollen, so wäre ich aus dem nominativ in den obliquen casus zu setzen. An Scherer schicken Sie ein ex.? oder tue ichs. Doch Braune muss ich eines schicken, weil er mich früher darum bat. Ich schreibe das, damit wir nicht doppelt versenden. – Ich vermute, dass Sie Hauffs Schubart von der DLZ zur anz. erhalten. Ich kenne den alten pfarrherrn, der in einem erbärmlichen neste, abgeschnitten von allem litterarischen verkehr und handwerkszeug in knappen verhältnissen lebt. Ein kriticus wie die Tübinger theologen überhaupt. Er hat mich brieflich und persönlich heimgesucht: ein künstlerisches ganze zu schaffen, konnte ich ihm freilich nicht mehr anlehren: dazu ist er zu alt. Auch zur vollständigkeit liess er sich nicht zwingen. Verzeihen Sie dass ich das schreibe; ich weiss dass ich dadurch die objektivität Ihrer event. anzeige nicht im geringsten alteriere, aber ich bitte um einen milden ton.
Ihr dankbar ergebener Seuffert. In eile.

Bad Brückenau (Bayern)
Villa Knell.

Westerland auf Sylt, 17. August 1885 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Bad Brückenau, Bayern

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Auszug:

L. F. Ich bewundere Sie, daß Sie Ihre Pflichten als Redacteur so unbedingt erf[üll]en u. danke Ihnen für Ihre Be[mer]kungen. An Scherer schicke ich 1 Ex. Auch sonst habe ich noch mehrere frei, wenn Sie darüber verfügen wollen. Ihre Mittheil. über Hauff sind mir sehr willkommen; denn ich habe das Buch bei mir, um es hier für die DLZ. abzuschlachten. Die Milde, die Sie fordern, soll er finden. Das Buch ist ein komisches Gemisch von Wahrem & Falschem. Die ewige Polemik gegen Strauss, mich u. A. lächerlich.
Mir thun Wasser, Wind, Sand & Faulheit außerordentlich gut. Und wenn ich übrhaupt wieder gesund werden kann, so wird’s hier wol geschehn; auch denke ich viel ruhiger über alle die Dinge, die mich in d. letzten Monaten alterirten.
Eiligt und herzlichst
Ihr Ergebener
AS

Bad Westerland Sylt. 17.8.85.

Westerland auf Sylt, 6. September 1885 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Westerland 6. Sept. 85.

Lieber Freun[d] Ich schreibe gleichzeitig eine [K]arte nach Brückenau, falls Sie noch dort sind. Ich frage mich nemlich an, ob Sie am 20. 21. oder 22. dieses Monats zu hause sind, oder wo ich Sie etwa in der Umgebung treffe. Ich bin beiläufig bis zum 15. hier, bleibe 2 Tage in Hamburg u. vielleicht in Göttingen. Jedenfalls warte ich hier Ihre Antwort ab. Mir geht es um vieles besser, nur lebe ich in absoluter Einsamkeit, die ich ja doch eigentlich vermeiden wollte.
Alles übrige mündlich. Ich freue mich herzlichst, Sie von Angesicht zu Angesicht kennen zu lernen.
Mit besten grüßen
Ihr Ergebener
Aug. Sauer.

Westerland auf Sylt, 6. September 1885 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Bad Brückenau, Bayern

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Auszug:

Westerland 6. Sept. 85.

Lieber Freun[d]! Ich schreibe gleichzeitig ei[ne] übereinstimmende Karte nach Würzburg, falls Sie schon dahin zurückgekehrt sein sollten. Ich frage mich nemlich an, ob Sie in der Zeit vom 20–22. dieses Monates zu Hause sind, oder wo ich Sie in diesen Tagen treffen kann. Ich bin beiläufig bis zum 15. hier, bleibe 2 Tage in Hamburg u. vielleicht in Göttingen. Jedenfalls warte ich hier Ihre Antwort ab. Mir geht es um vieles besser, nur lebe ich in absoluter Einsamkeit, die mir wieder schädlich ist.
Mit besten Grüßen
Ihr
Ergebenster
AS, der sich herzlich
freut endlich Ihre pers. Bekanntschaft zu machen.

Würzburg, 8. September 1885 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Westerland auf Sylt

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Auszug:

Würzburg Herzogeng. 5.
8.IX 85

Lieber freund,
Sehr und freudigst willkommen hier! Ich bin jedenfalls 20–22 septbr und in der umliegenden zeit hier. Kommen Sie wohlauf, aber mit niedrigen erwartungen zu Ihrem

Seuffert.

Da ich Ihnen im hause meiner mutter leider keine wohnung anbieten kann, so rate ich Ihnen, falls Sie nachts ankommen, Hotel Rügmer, oder wenn Sie I. klasse reisen Kronprinz oder Russischer Hof. Am tag erwart ich Sie am bahnhof, da ich stundenanzeige erwarte.

Westerland auf Sylt, 18. September 1885 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Freund! Ich habe mir erlaubt Correctu[re]n von Drugulin (resp. Titze) an Ihre Adresse senden zu lassen und bitte Sie mir dieselben aufzubewahren, falls Sie vor mir eintreffen sollten. Ich selbst denke am 22. oder 23. in Würzburg zu sein. Nähere Angabe kann ich Ihnen erst von Hamburg aus senden.
Besten Dank für Ihre Karte. Aber wie können Sie auf die Vermuthung kommen, daß ich erster Klasse reise?!
Auf freundliches Wiedersehen
Ihr AS.

Westerland 18/9 85

Westerland auf Sylt, 21. September 1885 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Fre[u]nd! Wenn alles so stimmt, [wie] das Reichs-Kursbuch es mir ausweist, fahre ich
am 23. Abends (Mittwoch) 10 Uhr 15 Minuten von Hamburg ab und bin
am 24. Nachmittag um 2 Uhr 34 Minuten in Würzburg.
Es wäre mir unangenehm, Sie während Ihrer Essenszeit zu stören; bemühen Sie sich lieber nicht auf den Bahnhof. Ich steige in dem von Ihnen empfohlenen Hotel ab.
Auf Wiedersehen
Ihr
AS

Westerland 21.9.85.

München, 29. September 1885 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

München, Deutscher Kaiser 29.9.85.

Lieber Freund! [I]n Stuttgart fand ich nicht Zeit, Ih[n]en den Erfolg meines Heil[b]ronner Besuches zu erzählen. Ich traf [di]e 3 Brüder zu Hause. Vortrag. Pause. Neuer Anlauf meinerseits. Pause. Dritter Versuch. Endlich winkten sie sich mit d. Augen zu & d. Sprecher antwortete zustimmend. Wenn Sie die Werke in die Lit. Denkmale aufnehmen, sind H. bereit die Biographie in Verlag zu nehmen. Dann nahmen mich 2 in d. gemütlichsten Weise unter d. Arm: schleppten mich in eine Weinstube: begleiteten mich zur Bahn. Sind famose Leute. Habe so viel von Ihren Wielandschätzen erzählt, daß ihnen der Mund nach einer Sammlung ungedruckter Briefe wässerte. In Stuttgart bei Kü die scheußlichste Jagd nach dem Glücke, wie er es nennt, nach d. gelde, wie ich es nenne. Liter. Fabrik. Manches ist einiges besser an ihm, als aus d. Entfernung scheint. In Maler Müllers Papieren gewühlt. Hunderte von Briefen; alle Entwürfe & Concepte. Zeichnungen. Das Berliner Material scheint blos Bruchstücke aus dieser Masse zu enthalten. Götz. Iffland. etc. – Hermann Fischer in d. Bibl. aufgesucht; die Hölderlinpapiere mit heiligem Schauer besehen. Cotta: Koch der leider ein schauerlicher Jude. – Nun will ich hier mein Glück versuchen. Den mir nachgesandten Brief habe erhalten. Vielen Dank dafür. Mit freundl Grüßen
Ihr AS.

Würzburg, 7. Oktober 1885 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Faksimile fehlt.

Würzburg Herzogeng. 5. 7. X 85

Lieber freund,
Zuvörderst meinen herzlichen dank für Ihren freundschaftlichen besuch: wie kurz er war, empfind ich hinterdrein doppelt schwer, wo ich allerlei mit Ihnen besprechen möchte. Als wir aus einander gehen mussten, waren wir erst warm geworden, mein ich. Rechnen Sies meiner natur, nicht meinem willen und meiner gesinnung zu schuld, dass ich zurückhaltend anhebe. Heyne, so interessant wol auch Ihnen seine bekanntschaft war, hat uns eigentlich gestört und besonders die lange sitzung bei dem leidenden Lexer war zeitvergeudung. Also: das müssen wir bald nachholen.
Darnach dank für Ihre karte, die mir ein sicherer beweis Ihrer völligen genesung ist, wenn nicht Ihr hiesiger aufenthalt das gleiche schon gezeigt hätte. So frisch haben Sie mir kaum je geschrieben. Die situation bei den 3 Henningern ist kostbar. Ich habe von den herren auch nachricht erhalten: nichts als dass Sie zur Hbiographie bereit seien, wenn ich den verf. zuvor in den DLD mitarbeiten lassen. Schlau sind die schwaben alle! damit umgehen sie die frage um meine meinung, die sie nicht mehr stellen wollten, weil Sie vor mir kamen; und verlangen doch indirekt mein urteil, da sie wissen, dass ich die mitarbeiter so sorgfältig als möglich auswähle. Na, in diesem falle halte ich mich zunächst an Sie.
Ihre andeutungen über Kürschners hs. sammlung zwingen mir eine frage auf: was will er mit den Müllerpapieren machen? Aber ich begreife vollständig, wenn Sie sich darauf ausschweigen und in Kürschners geschäftsgeheimnis hüllen. Dass in Mannheim viel bedeutenderes liegt als in Berlin, war mir ja nach dem gespräche mit der damaligen besitzerin klar; aber ich hatte nicht lust, mich dadurch von der ganzen arbeit abhalten zu lassen. Ich bin heidenfroh, dass ich so zu rand kam und dass der MM abgeschlossen hinter mir liegt, so abgeschlossen, dass ich mich nicht einmal entschliessen konnte, das oder die briefchen die ich von ihm seit jahren fand zu publicieren. Ich will an diese erstlingsarbeit nicht mehr die hand legen. Aber wenn Sie mit K. über die ausnützung des nachlasses reden, so sorgen Sie doch tunlichst dafür, dass er die briefe, die Weinhold noch besitzt, die welche Yorck von Wartenburg hat (sie sollten in Wagners Archiv kommen und gingen aus dessen nachlass an Yorck zurück, so viel ich weiss) und die sachen, welche Oertel, der ein programm über Müllers jugend schrieb, bewahrt, zusammen bringt, damit man alles auf einmal kriegt. Weinhold und Oertel wollen biographien schreiben, so viel ich weiss. Oertels jetztigen aufenthalt kenne ich nicht. 1875 war er gymnasiallehrer in Wiesbaden. – –
Richtig, Sie haben mir wirklich ende 1884 geschrieben, dass Sie eine entwicklungsgeschichte deutscher lyrik im 18./9. jhrh. planen! Wie ich das nur vergessen konnte! Wol deswegen weil Sie das entschiedene wort beifügten: Hinab mit dem plan in das chaos! Aber wie wär es, wenn diese verwünschung lügen gestraft würde? Wie schön wäre es! Und dann packen Sie noch gleich eine andere erklärung dazu in den verschlossenen chaosschrank, nemlich die, dass Sie nach dem Uz das edieren aufstecken wollen. Ueberlegen Sie sichs einmal in sonnigen stunden, wenn Sie wandeln, ob Sie nicht die Schillerschen Musenalmanache und auslesen aus Vossischen und dann den Tieckschen neudrucken lassen wollen, gemächlich, nach und nach, und dabei schreiben Sie als einleitungen ein kapitel der entwicklungsgeschichte nach dem andern! Sie setzen Ihren Kleist und Ihren Uz und Ihren Gleim und Ihren Bürger und alle übrigen vorarbeiten voran, und ich folge Ihnen mit neudrucken auf schritt und tritt und eines tages ist die ganze geschichte fix und fertig; das störende detail lassen Sie in meinen vorreden aufgespeichert, das allgemein wichtige heben Sie heraus, fügens zusammen und das buch ist fertig, ohne dass Sies merken. So kommen Sie auf dem bequemen umweg von ausgaben doch zu einem selbständigen buche. Bitte, bitte, bedenken Sie sich das, aber antworten Sie mir nicht rasch mit einem nein! sondern warten Sie reine stunden der besinnung ab.
Und nun zum Uz!
Der k. landgerichtsrat Schnizlein in Ansbach, sekretär des histor. vereins schrieb mir: Der histor. verein f. Mittelfranken besitzt von Uzscher korrespondenz lediglich 3 briefe Uz’ an Junkheim. Die schlossbibliothek habe gar nichts. Er persönlich besitze einen Brief Uz’ an seinen grossvater und mehrere stammbucheinzeichnungen. Uz habe vor tod an die noch lebenden korrespondenten ihre briefe zurückgeschickt (Weisse vor ausg. 1804). Das ist alles.
Wegen der einrichtung des kritischen apparates schrieb ich Fresenius und erhielt antwort. Die grundverschiedenheit besteht zwischen seiner und Ihrer ausgabe darin, dass er auf dem antiquadruck der vorlage beharrte während der Uz in fraktur gesetzt werden darf. So muss Fres. für alle seine eigenen zusätze (zb. fehlt, neuer absatz u dgl.) kursive verwenden, wo es bei Ihnen die antiqua tut. Uebrigens gewinnt er dadurch den vorteil die jahreszahlen womit die einzelnen ausgaben bezeichnet werden abzukürzen, d. h. das ‚17‘ weg zu lassen. Und wenn das für Uz auch geschehen soll, so müsste 46, 49, 55 usf auch kursiv gesetzt werden, damit die ziffern von der verszählung abstechen und dann wäre ich der meinung lieber gleich, wie Fres., alle Ihre zusätze kursiv zu setzen und gar keine antiqua zu verwenden. Übrigens spart man ja wol raum durch die beseitigung des ‚17‘, aber ob damit nicht die einfältige denklichkeit etwas beschränkt wird zweifle ich.
Inzwischen hab ich mir über die einrichtung der ausgabe folgendes erdacht, was, teilweise im widerspruche steht mit dem, was mein langsamer geist Ihnen hier sagte.
Das auswerfen des druckortes, aus dem der text des betr. gedichtes genommen ist, in [ ] oben links vor überschrift wird doch hässlich und Ihr vorschlag, nach E v Kleist es einzurichten, ist besser. Also
Vorrede.
........
______________
49. usf.
1 An Herrn Secretar Gleim.
.....
______________
1: 42. 49 usf. Die einzelnen jahreszahlensiglen durch punkte getrennt. Darnach verszählung: die ziffern ohne punkt. Nach der variante jahreszahlensiglen, am schlusse kein punkt, nur kleines spatium, dann wider versziffer usf. Niemals vers 1f. oder 1ff. sondern: 1.2 und 1.2.3 Ist eine serie von jahreszahlsiglen so heisst es 46–04 Ist eine längere folge von gedichten in gleichen ausgaben vorhanden so würde man der vereinfachung zu liebe schreiben können: 1–10: 46.49.53.55. usf. Aber es fragt sich, ob es nicht für die orientierung über das einzelne gedicht besser ist, bei jedem alle ausgaben zu vermerken. So sehr ich für prägnanz des kritischen apparates bin, so sehr scheue ich nachgerade zu viel kürzen. Deswegen möchte ich auch zusätze wie: neuer absatz nicht abgekürzt wissen.
Nach dem lemma steht ] wie in Ihrem Kleist.
Geht eine variante durch eine reihe von ausgaben durch, aber so dass eine der gruppe eine kleine eigenheit hat, so wird diese in klammer dazwischen geschoben. Ich exemplificiere nach Fresenius’ Wieland: 2 Herrscht ein Caliph in Bagdads stolzen Mauren (Mauern 98) Der die Sicilischen Tyrannen 62–98
Für versbruchstücke oder einen ganzen vers wird keine neue zeile im apparat begonnen. Wenn aber die variante sich auf mehr als einen vers (1 ½ oder mehr) in continuo erstreckt, so wird im apparat mit jedem vers (bezw. wenn der halbvers voran steht in der mitte der zeile) neue zeile begonnen.
40 schwebten
41 Und vieles pflegt’ er selbst, in deren Zügen
42 Von ] Statt 62.70 45 du – selbst ] wie hast du dich 70
Sollte der fall eintreten, dass in einer der späteren ausgaben starke, mehrere verse umfassende veränderungen eintreten, so wird der ganze passus im apparat mit x x umfangen und die ordnung innerhalb des passus ist so, dass natürlich alle kleinen veränderungen bis zur schlusszeile des passus und dann die grosse variante vom ersten bis zum letzten verse folgt; also einfaches beispiel:
x70 sie war 62.70, 69.70 fehlen 98x
komplicierter: x439 Vor ] Statt 62.70, 438 neuen wonniglichen Stande 439 fehlt 98x
Sind bei den varianten neue verse hinzugetreten, so werden die einschiebsel als vers 1a–z gezählt. Ist dagegen die gleiche verszahl geblieben, aber verschiebungen in der reihenfolge sind eingetreten, so wird im apparat nicht der verschobene vers mit der im text ihm gegebenen zahl, sondern nach der neuen ordnung gezählt; also oben steht 1 in ausgabe 46
2
3
4
5
In ausgabe 49 wird die ordnung tatsächlich 1.3.2.4.5; so wird aber im apparat nicht beziffert, sondern wider 1.2.3.4.5; die erste u. ziffer muss mit den textversenziffern stimmen.
Also z. B.
x179 alle Furcht ] die Gefahr 62
Indem ein Trank, ein Wunder seiner Kunst,
178 Des Fiebers Wuth und die Gefahr des Todes
179 In einem Schlaf 70.98x
Was im text in der ausgabe 62 in vers 179 stand, steht in ausgaben 70.98 in vers 178 wie Sie an dem identischen ‚die Gefahr‘ sehen.
Aber so komplicierte fälle kommen hoffentlich bei Ihnen nicht vor. Und es ist wol besser, wenn Sie die güte haben beim stossen auf absonderlichkeiten, mich davon in kenntnis zu setzen, damit wir gemeinsam ordnen, ohne Ihre freiheit zu beeinträchtigen.
Druckfehlerangaben von belang (also nicht gestürzte u u. dgl.) kommen in den apparat.
Voraus denke ich mir am schlusse der einleitung ein chronologisches titel(quellen)verzeichnis: 46 Die Oden Anakreons ... Frankfurt und Leipzig 1746. 84 S 8o
49 Lyrische Gedichte. Berlin 1849 ... S. 8o usf
Könnte man nicht hier zugleich statt der paralleltafel, die wir am schlusse planten die zählung der gedichte nach dem neudrucke beifügen? also 1746. 84 S. 8o enthält: 1–10. 12–16 usf.? Und zwar in der reihenfolge des betr. druckes; also etwa enthält: 5.2.10.21.1.7 usf. Wenn Sie es für nötig halten (ich bin zweifelhaft) lässt sich hier auch gleich die seitenzahl beisetzen; also enthält: S. 1:5. S. 2:2. S. 3.4:10 oder umgekehrt 5 (S. 1). 2 (S. 2). 10 (S. 3.4). usf. Dann haben wir, glaub ich, alle finessen erreicht, wenn ich nichts vergesse. Soviel und schon zu viel über die form.
(Gesammttitel des textes wird wie beim Messiasneudrucke antiqua werden müssen, da er nicht original ist.)
Nun zur sache.
Vgl. Böttiger Lit. Zustände und Zeitgenossen 2, 190.
Hoffmanns Findlinge 1, 304.
Morgenblatt 22. apr. 1839. nr. 96. s. 382 ohne Uz zu nennen gegen die richtung.
Dass Uz sich nachrichten über Wld. zutragen liess, ergibt morgenbl. 1840 nr. 284 s. 1135. 1840 nr. 285 s. 1137. 1138. nr. 286 s. 1143. nr. 287 s. 1146. 1147. nr. 292 s. 1165 nr. 292 s. 1166 nr. 293 s. 1171 nr. 294 s. 1174. 1175. nr. 301 s. 1201.
Im Bodmernachlass in Zürich, stadtbibl., fand ich einen brief Uz’ an Bodmer; ob er gedruckt, weiss ich jetzt nicht; ich excerpierte mir nur: Anspach 7. janr. 1780. Es schmerze ihn, dass Bodmer immer noch einen gewissen Unwillen gegen ihn nähre, den er nicht verdiene. Er habe B. allzeit hochgeschätzt, B. sei sein erster Lehrer gewesen. Über einige Dichtungsarten sei er anderer Meinung und habe im Feuer der Jugend der Sache des guten Geschmacks schuldig zu sein geglaubt, darüber zu spötteln. ‚Niemand würde darauf geachtet haben, wenn nicht der Wielandische und Duschische* Angriff darauf gefolgt wäre, deren Ursprung ich bloss aus der Schweiz herholen konnte.‘ ... ‚Aber wer denkt mehr an diese Kleinigkeiten?‘ ....
Ausfälle gegen reindichter s. in Bodmers Crito 1751. [??]
Ueber den streitanfang vgl. Solkas, von dem Ursprunge des Hasses gegen die Patriarchaden 1758 in Archiv der Schweizerischen Kritick. Zürich 1768 s. 252ff. Zuerst: Freymüthige nachrichten Zürich 1758 st. 10 s. 78ff. st. 11 s. 86f.
Die Larve, (von Bodmer) 1758. Darin gegen Uz Lottchen.
Deutsche Litteraturdenkmale 12. dgl. 18, 264.
Erdichtetes Schreiben des Verfs. der Lyrischen Gedichte an einen seiner Freude: Freymüthige nachrichten. Zürich 1758. st. VII d. 54–6. st. 8 s. 60–63. Dazu ‚Gewissenhafter vorbericht zu d. erdichtet. schr.‘ Ebenda st. 9 s. 69f.

* d. i. Dusch, Verm u. satyr. schriften. Altona. 1. brf. (Freym. nachr. 1759 s. 278f. teilen dies zitat mit, ohne urteil anzuknüpfen.)

und will darüber nicht mit ihm sprechen. Das müssten Sie direkt tun. Den inhalt Ihres briefes kennt er.
Was ich wollte bei der neuen prüfungsordnung – und Schönbach u. die kommission haben meinen antrag angenommen – war bei Deutsch Nebenf. eine kleine hausarbeit, nur eine interpretation eines textes, das ganze vielleicht 6–8 4°seiten. U. zwar deswegen, weil der fall eintreten kann, dass von einem solchen cand. gar nichts deutsch geschriebenes vorliegt; weil ich seinen deutschen stil u. orthographie beurteilen will, wozu andere haus- u. clausurarbeiten keinen anhalt geben; weil ich interpretationskunst für das notwendigste beim gymn. lehrer halte, sie im mündl. zu prüfen zu zeitraubend ist u. sie in andern philol., wo nur das sprl. herrscht, nicht gelernt wird. Darauf gab das hohe ministerium keine antwort als die neue prüfungsordnung, die davon schweigt. –
Ich muss enden. Nehmen Sie nichts krumm: weder die heimsuchung mit dem endlosen mscpt, noch meine unfähigkeit, Ihren prüfungsorganisationsplan zu unterschätzen. Ich bin eben als forscher u. prüfer ein sklave meiner verhältnisse.
Im herzlichen treuen
Ihr
BSeuffert
Gratien vom Parnass verjagen! Ist niemand weis, als wer nur immer weint? etc.
Erlauben Sie mir, Hr. Utz, eine kleine Anmerkung. Es scheint nicht dass Sie die Gratien Homers und Pindars kennen. Das waren gantz andere als die ihrigen. Aber wer verlangt dass man immer weinen, dass man schwehrmüthig seyn soll? Merken sie nicht dass das die gemeinen alltäglichen Ausflüchte lüderlicher Bursche sind, wenn sie von ihren Eltern zu einem anständigen Leben vermahnt werden? Sollte Hr. Utz nicht wissen dass die Tugend mitten zwischen den zween Abwegen liegt Allerdings sollte der Liebling der Gratien wissen was die moral Venus und die moral Graces sind von denen Shaftesbury spricht. Welch ein liebenswürdiger Scribent wären sie gewesen, wenn sie diese Gratien gekannt hätten! Verzeihen Sie diese Abschweiffung. Erato sagt dem armen Jüngling im Traume noch mehr dergleichen spruchreiche Sachen, Ja es kommt in ihrer Rede eine Stelle vor („sie ist in der Bibliothek der schönen Wissenschaften 1. Bd. 2. St. S. 423 angeführt) die recht artig ist. Aber ach! die Muse, Erato, die Muse der Liebe, sagt ihm itzt ohne komplimente, ihm und seinen Freunden: Man liesst euch nicht. (Das hat der Jüngling nicht gewusst. Wer mag wohl dieser man seyn?) und warum liesst man euch nicht? ihr lehrt nicht reitzend, sagt Erato. Sie lehrt ihn darauf, wie einen dummen Knaben, der Stoff allein machte keine Meisterstücke u. dgl. der Jüngling wird darüber ganz toll, er runtzelt die Stirne, er schwöhrt dem heidnischen Parnass und den Musen ewigen Hass, und so trollt er sich weg und H. Utz lacht von gantzem Hertzen. Wie artig können Sie träumen, H.Utz! Wie fein haben Sie mir gesagt wer ich bin, und wie sehr ist ein Mensch, der weil er lebt, den Menschen überhaupt und sein eignes Selbst mehr als irgend etwas anders studiert hat, Ihnen für diese Anecdoten von sich selbst verbunden! Nun weiss ichs endlich, ein einfaltiger, stolzer, unwissender den Grazien und Musen verhasster Jungling, das ich bin, und Sie? sie sind ein Dichter von der ersten Grösse; Sie ein Myron, ich MeisterZimmermann. Wer muss nicht lachen? Ich für meinen Theil muss allemal lachen, wenn mir einfällt was die andre witzige Herren zuweilen aus mir machen wollen. Der Dichter der Bodmerias machte mich zum Schildknappen, zum Sancho Pansa, und liess mich eben so klug reden wie Sie. Das beste ist, dass diese gedichteten Wielande, dem würklichen, den Gott geschaffen hat, nicht so ähnlich sind, als die beyden Sosia beym Plautus einander waren. Doch erlauben Sie mir noch eine Anmerkung im Ernste zu machen. Es scheint Sie suchen etwas darinn mich einen Jüngling zu betiteln. Sie waren wohl auch einmahl ein Jüngling. Aber es giebt, wie sie wissen allerley Jünglinge. Der Jüngling, der in seinem 18t Jahre das Gedicht von der Natur der Dinge schrieb, that das Werk eines Mannes. Der Jüngling, der die lyrischen Gedichte schrieb, muss entweder, wie jener beym Shakespear wünscht, ewig ein Knabe bleiben, oder die Zeit erleben, da er sich schämen muss, ein Jüngling gewesen zu seyn. Weil es hier das 1. und letzte mal ist, dass ich dem Publico mit einer Selbstvertheidigung beschwehrlich fallen werde, so muss ich noch einige Dinge sagen, welche für allemal gesagt seyn mögen. Meine Freymüthigkeit wird mir noch manche Insultes zuziehen, eh ich dieses Theater der menschlichen Thorheiten wieder verlassen werde. Es mag seyn. Unvermeidliche und allgemeine Schiksale muss man für bekannt annehmen. Ich lasse mich gerne zurechtweisen, aber nicht einem jeden steht es wohl an, sich zu meinem Lehrer aufzuwerfen.‘ [Die weitere ausführung ist allgemein und ohne direkten bezug auf Utz. Wenn Sie wünschen, kopier ich auch diese seiten noch. Ich hebe aus:]
‚Ich habe niemals nur durch eine Zeile beleidigen wollen, ob ich gleich zum Schutz der Wahrheit zuweilen Dinge schreiben musste die für Beleidigung aufgenommen wurden.‘ … ‚Die Herren Utze, die Bibliothecaires der Sch. Wiss., die Nicolai, die Verf. der Aesth. Nüsse und Bodmeriaden, haben freye Hand zu thun was Ihnen beliebt. Die Welt wird uns alle richten. Da ich selbst alle Talente hochschätze, und alle wahre Verdienste eben so sehr liebe, als ich die falsche Grösse, den falschen Witz, und den unverdienten Ruhm verachte, und da meine Hauptsorge ist, auch als Schriftsteller und Poet ein Rechtschaffner Mann und ein Menschenfreund zu seyn So sehe ich nicht, warum ich mich weiter mit Leuten abgeben sollte, die ihr niedriges Hertz und die elenden Triebfedern ihrer Handlungen so wenig verbergen können.‘ ....... In welchem litterarischen zusammenhange diese erklärung Wielands steht, habe ich noch nicht untersucht. Dass sie gedruckt ist, glaube ich nicht, aber ich weiss es nicht. Einen teil zu Wlds. Vorrede der Sammlung critischer schriften bildet sie nicht, auch nicht zur vorrede an Sack, und in den Freymüthigen nachrichten jener jahre fand ich sie nicht und kann nicht gut annehmen, dass ich sie da übersah. Aus ungedr. briefen gewinne ich gleichfalls keinen anhaltspunkt. 2) Zwischen hsl. korrespondenz Bodmer in Zürcher stadtbibl. liegen 2 bl. druck, fraktur, 8o, s. 35–38 paginiert, norm C 2, C 3. Bodmer schrieb darauf: ‚sollte in die edit. von 1758 kommen, wir haben es verhüthet.‘ Der druck lautet. ‚Nachricht an den Leser. Ich muss wegen der Veränderungen, die in der Vorrede vorgenommen worden, einige Nachricht geben. …… Es haben sich einige durch gewisse Stellen der Vorrede beleidiget gefunden. Meine Absicht war nicht, sie zu beleidigen. Der Eifer der mich begeisterte als ich schrieb, war Liebe zur Wahrheit und Religion. Je grösser und reizender diese Gegenstände sind, desto leichter kann die Liebe, welche sie in einer feurigen Seele erweken, in einen Eifer aufwallen, der die Grenzen überschreitet, quos ultra citraque nequit consistere rectum. Ich besorge, dieses sey damals mein Fall gewesen. Ob ich izt meinen Fehler dadurch gut gemacht, dass ich die beleidigenden Stellen [36] weggelassen habe, weis ich nicht. Indessen bin ich mir bewusst, dass eben die Redlichkeit des Herzens welche sie mich vor zwei Jahren schreiben gemacht, izt Ursach ist, dass ich sie ausstreiche. Meine Gedanken vom Missbrauch der Poesie sind immer die gleichen. Dieser Missbrauch hat eine Seite, die einen Scribenten der für das Beste der Menschen mehr als gleichgültig ist, gar wol in Eifer seyn darf. Das Urtheil, das ich über den Verfasser der Lyrischen Gedichte gesprochen, trift in gewissen Stüken auch einige von meinen jugendlichen Werken. Vielleicht hat H. Uz, da er seine muthwilligsten Oden schrieb, sich selbst für eben so unschuldig gehalten, als ich mich unschuldig hielt, da ich die Lyrischen Tändeleyen schrieb, die an den Anti-Ovid gedrukt sind. Vielleicht sind die Ausschweifungen von Platonischer Liebe, die in einigen meiner Poesieen herrschen, in ihrer Art eben so verwerflich, als die sinnlichen Ausschweifungen, die in einigen Liedern des H. Uz herrschen. Der Wiz und das Herz sind beyde Verführer, denen desto schwerer zu entgehen ist, je mehr Aehnlichkeit mit Wahrheit und Natur sie ihren Eingebungen anzustreichen wissen. Mich dünkt aber, der Ver- [37] fasser der Lyrischen Gedichte habe das gleiche Recht wie ich, Vergebung zu erwarten. Das Publicum ist uns diese Nachsicht, und wir sind ihm Bescheidenheit und Besserung schuldig. Der gedachte Scribent wird es mir nicht übel nehmen, wenn ich hier wiederhole, dass einige seiner Lieder so beschaffen sind, dass er ohne Zweifel selbst izt oder in wenigen Jahren wünschen wird, sie nicht gemacht zu haben. Es haben sich schon sehr grosse Männer in diesem Falle befunden, und dieses kann seyn Trost seyn. Mir wird es in Absicht derselben Lieder wol zu vergeben seyn, wenn ich mein Missfallen in zu starken Ausdrüken bezeugt habe. Dass ich aber einem Poeten, der wegen einer guten Anzahl schöner und artiger Stüke, Achtung verdient, nicht um derselben willen, mit Achtung begegnet bin, dieses war ein grösserer Fehler, und wie kann ich anders als ihn nicht gemacht zu haben wünschen? Ich bin bey dieser Erklärung desto unpartheyischer, da mich, wie ich hoffen darf, wol niemand im Verdacht haben wird, dass ich mich bey dem Verfasser des Siegs des Liebesgottes einschmeicheln wolle.‘ … Der rest bezieht sich nicht auf Uz. Das ganze ist unterz.: Zürich 12. april 1758. Meines wissens ist dies blatt wirklich unterdrückt und sein inhalt auch auf keine andere weise öffentlich worden. Die sache hat aber einen haken. Die von Goedeke angeführte ausgabe 1755 4° der Empfindungen existiert wol nicht. Die erste ausg. ist von 1757 (besitze ich, Berl. u. Zürich usf.). Zürich stadtbibl. hat eine ‚Zweyte Auflage‘ 1758, welche seiten gleich mit dem druck in Sammlung einiger Prosaischen Schriften von C. M. Wieland. Zweyter Theil. 1758. 8 ist, den ich besitze, also SA aus dieser sammlung. Nun wäre zu erwarten, dass zu dieser ausgabe, in deren Zuschrift an Sack in der tat die 2 auf Uz u. Bock anfallenden sätze der 1. aufl. (s. 18.19) fehlen, obige Nachricht gesetzt und dann weggelassen wurde; es muss aber von s. 32 an der satz der zuschrift abgebrochen und der ganze dritte bogen neugesetzt worden sein: denn was jetzt s. 35–8 steht schliesst sich eng an das vorhergehende an und ist der rest der alten zuschrift, den Wld. der Nachricht zufolge bei der 2. aufl. hatte weglassen wollen. Dass die Nachricht ein bischen grösseres 8° format hat, verschlägt nichts, da auch bogen 2 der dekretierten ausgabe etwas grösser (wenn auch immer noch kleiner als die Nachricht) als bogen 1 ist.
Wie wichtig den Zürchern die unterdrückung der Nachricht war, sehe ich aus ff. briefstellen M. Künzli’s – Winterthur an Bodmer:
18. mai 1758. ‚Was will es mit unserm W. werden! Wollen Sie denselben die Nachricht an den Leser, welche beyliegend zurükke kömmt, so wie sie ist, ohne Abänderung druken lassen! Oder ist er wirklich so verstokt dass er sich hierüber nicht will rathen lassen! Einen so formlichen und wirklich kriechenden Wiederruf, der dem Verfasser selber und der guten Sache, die derselbe bis dahin so ????? und hizig verfochten hat, nicht anders als nachtheilig seyn kann, hätte ich von Herrn W. am wenigsten vermuthet. Ich kann seine Absicht, in so ferne er der Tugend treu bleibet, und nicht eigennüzig handelt, nicht errathen; Ich will sagen er hätte Uzen in so weit zu viel gethan dass er nicht mit mehrerer Achtung von ihm als einem wizigen und nicht ungeschikten Poeten geschriben hat, so hat er ihm darinne mit keinem Wort zu viel gethan, dass er gegen seine, zu wirklichen Lastern reizenden Lieder, mit einer seinem moralischen Charakter geziemenden Heftigkeit geeiferet, die Liebe, die Uz lobet, ist wirkliches Laster – – Das ist keine blose Tändelei, wie die von W. gepriesene platonische Liebe; mich wundert dass Wieland nicht erröthet über diese Ungerechtigkeit gegen Sich Selber‘ usf. im gleichen tone. ‚Nur Wielands Feind kann ihm rathen, dass er dieselbe [die Nachricht] so druken lasse?‘
25. mai 1758. Da er zu kurz in Zürich gewesen, um Bodmer aufzusuchen, berichte er schriftlich über seine unterredung mit Wield. ich sagte ihm ‚warum ich expresse nach Zürich gekommen, ich erzählte demselben, dass ich seine veränderte Zuschrift an H. Sak und die derselben angehängte Nachricht gelesen; stellte ihm die schlimmen folgen vor, wenn er die unanständige abbitte nicht supprimiere. ‚Nachdem ich allso ihm die ganze Lage auf einmal gegeben hatte, striche er die Seegel, und sagte ohne die geringste Einwendung weiter zu machen, er gestehe, dass er nicht geglaubt habe, dass die Sache solche schlimme Folgen haben würde: ich solle nur sagen, wie der Sache am besten zu helfen. Ich schlug ihme vor, die Zuschrift unverändert zu drüken und die Nachricht ganz zu Supprimieren; er sagte, er wolle es thun, und allso den Bogen ganz umdrüken lassen, und die Genealogie wegen Mangel des Plazes an Stat der Nachricht um etwas abgekürzet, dem Druker übergeben.‘ Künzli will zugleich im namen aller freunde u. gönner Wlds. gesprochen habe; Wld. hätte grund zur sorge gehabt, dass Sack von Wld. eine warnung hätte drucken lassen. ‚Um ein Uhr kame er zu mir zur Sonnen und sagte, dass er schon in der Drukerey gewesen und die verabredeten Anstalten gemacht habe.‘ Vom erfolg dieser unterredung gab Künzli noch in Zürich in einem billete Breitinger kunde: ‚Mit gegenwärtigem habe Ihro Hochwürden nur melden wollen dass Herr Wieland die Nachricht will Supprimirn,‘ … Dies undatierte billet versah Bodmer mit dem beisatz: ‚Zürich den 22. May 1758 ex aedibus zur Sonne.‘
5. brachmonat (juni) 1758 schreibt K. ferner an Bodmer: ‚Nun bin ich wegen einem so baldigen Rükfall unsers Hrn. W. unbesorget, Eberts Brief muss ihn nothwendig in dem guten stärken; der lässt ihm keinen Zweifel übrig, dass wenn er seine kriechende Abbitte gethan, er es auch mit den rechtschafnen Deutschen verdorben hätte.‘ Auch pfarrer Ehrhart, auf den Wld. etwas halte, billige die unterdrückung.
Den brief Eberts kenne ich nicht. Das ist alles was ich aus ungedr. quellen über Wlds. verhältnis zu Uz besitze. Auch sonst habe ich nichts über Uz notiert, was etwa nur die stimmung der Schweizer anginge. Nur eine anzeige der Lyr. lieder in den Freymüthigen nachrichten 1755 s. 310 finde ich eben noch, die möglicher weise aus Wlds feder ist. Ich muss mir nun freilich Ihre meinung erbitten, ob Sie glauben, dass diese dinge in Ihrer Uzeinleitung ausführlich und mit mitteilung der belege gedruckt werden können. Ich fürchte, sie sprengen das ganze, da Sie doch anderes wichtige zu sagen haben und dies kaum in gleicher ausführlichkeit werden behandeln können. Das material steht aber zu Ihren diensten. Wollen Sie einen zs. artikel daraus schmieden, so geb ich Ihnen auch die (nicht auf Uz bezüglichen) lücken, damit doch alles beisammen steht. Und nun endlich zum schlusse dieses bandwurmbriefes, über den Sie die geduld verlieren werden. Mit dem wunsche, dass die übliche wirkung der hochzeitsbeheiligung (das verlieben und verloben) sich auch an Ihnen bald zeige Ihr ergebenster BSeuffert.
8.X 85
Ich kann mich nicht entschliessen, den brief zu überlesen, verzeihen Sie also flüchtigkeiten oder fehler!

Graz, 10. Oktober 1885 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz, 45 Sparbersbachgasse 10/10 85

Lieber Freund!

Sie sind mir mit Ihrem Briefe zuvorgekommen; morgen oder übermorgen hätte ich [ge]schrieben. Ich bin erst gestern mit der großen Bücherreinigung fertig geworden, die eines nahen Hausbaues wegen heuer doppelt nothwendig und doppelt beschwerlich war. – Ja gewiß, lieber Freund, war unser Zusammensein zu kurz und obendrein gestört; auch mir lag noch manches auf der Seele und Zunge, das herausgelockt sein wollte und herausgelockt worden wäre. Aber auch so bin ich herzlich froh Sie kennen gelernt zu [ha]ben und die Anregung, die Sie mir gegeben haben, wird durch den einsamen Winter hindurch in mir nachwirken. Lassen Sie mich etwas ausführlicheres noch über meine Reise sagen. Henningers haben auch mir gegenüber ihre Zustim- mung ähnlich formulirt und ich bin zufrieden damit. Denn wenn die Arbeiten nicht gut werden, dann will ich niemanden damit prellen. Ich habe nun die Hölderlin-Papiere selbst gesehen und habe einen deutlicheren Beg[riff] auch von den Details ihrer Ausnutzung. Ich habe auch den Plan der Ausgabe und Biographie mit dem Bibliothekar Fischer genau durchgesprochen, der neben Petzold die Papiere am genauesten kennt, weil er sie selbst mühsam geordnet hat. Es ist sehr viel neues und schönes drinnen, auch ungedrucktes. Die späteren Umarbeitungen der guten Gedichte aus der Wahnsinnszeit wird ma[n] für eine Ausgabe bei Seite lassen müssen. Die Empedocles Fragmente sind abgesondert; sie lassen sich ganz gut früher erledigen als die übrige Masse und ich bin jetzt erst recht dafür, daß diese den Anfang der Ausgabe machen. Fischer hält eine vollständige Sammlung der Briefe für nothwendig, was ich bestreite; überdies soll Kelchner in Homburg, wo [n]och andere Hölderliniana liegen, eine solche vorbereiten. Dann wäre die Biographie ganz entlastet. Näheres kann ich Ihnen erst mittheilen, wenn ich mit Petzold, der wahrscheinlich hieherkommen wird, darüber gesprochen habe.
Kürschner ist in der That ein genialer Mensch, der ein großartiges Erfindungs- und Organisationstalent besitzt; alles aber ist in den Dienst seiner grenzen[l]osen Erwerbssucht gestellt, die freilich ihrerseits wieder einem idealen Ruhe-Bedürfnis dienen soll. Sechs Jahre denkt er in dieser rastlosen Hast noch fortrasen zu müssen, um sich dann seinen Lieblingsstudien hingeben zu können. Schaut man aber das schwindsüchtige Männchen dabei an, so möchte man hinzusetzen: Wenn Du bis dahin noch lebst. 40000 Mark verdient er jetzt im Jahre, er müste es noch auf 50000 brin[ge]n und eine Reihe von Unternehmungen begründen, die ihm eine jährliche Rente abwerfen. Heuer übersetzt er sein Lexicon ins französische und englische; im nächsten Jahre soll ein Lexicon der Zeitgenossen erstehen und so fort. Sein Kopf glüht förmlich vor lauter Plänen. In der ersehnten Ruhezeit dann will er seine litterarischen Schätze verarbeiten, auch den Maler Müller; er denkt an eine große Ausgabe; aber irgend etwas greifbares hat er mir nicht entwickelt. Ich will ihn auf die andern Handschriften Müllers aufmerksam machen. Ich habe mir alle Mühe gegeben, ihm den Götz zur Bearbeitung zu entlocken. Mit diesen Papieren, die hunderte und hunderte von Gedichten enthalten und ein mehrjähriges kritisches Studium verlangen kann er absolut nichts anfangen; das sieht er auch schon zum Theile ein und er hätte sie mir vielleicht gegeben, wenn er nicht fürchtete, mich dadurch von der DNL abzulenken, für die ich ich noch einiges übernommen habe (nicht jetzt, sondern vor 3 Jahren.) Diese wird sich noch durch 4–5 Jahre hinausziehen; er versprach mich gar nicht zu drängen und so gelang es mir nicht davon loszukommen, wie eigentlich meine Absicht war. Und da kann ich gleich an Ihren neuen Plan anknüpfen, der mir sehr große Freude gemacht hat. Ich bin zwar des Herausgebens überdrüßig; aber zu den Musenalmanachen habe ich große Neigung. Nun habe ich aber bei Kürschner 2 Bände: Lyriker und Epiker der Goethe- und Schillerzeit übernommen, deren Plan ich Ihnen wol entwickelt habe (Ich bin aber meiner Sache nicht sicher, weil ich [a]uch Kürschner und Max Koch davon gesprochen habe.) Es wird dies äußerlich einer Anthologie gleich sehen, ohne es doch eigentlich zu sein. Die Eintheilung soll nach den Musenalmanachen geschehen:
Der Kreis des Göttinger M A.
Vossischen
Stäudlinschen
Schillerschen
Berlinischen
Wienerischen etc.
Dazwischen werden die bedeutendsten Dichter wie Matthisson selbständig behandelt werden und den Schluß sollen die Freiheitsdichter bilden. Ich habe viel dazu gesammelt und besonders Almanache. Nun werde ich in diesen Bänden einzelnes aus den M A. gewiß abdrucken lassen; von einer vollständigen Reproduction kann schon dem Raume nach nicht die Rede sein und es müssen auch diejenigen Gedichte berücksichtigt werden, die nicht zuerst in M A. standen. Wenn Sie nach dieser Mittheilung noch auf Ihrem Antrage bestehen, dann können Sie mich für die Musenalmanache in Vormerk bringen. Ich möchte aber nicht das Odium des doppelten Herausgebens auf mich laden, das Düntzer und Boxberger so in Verruf gebracht hat.
Wenn ich noch einmal zum Reisebericht zurückkehre, so geschieht es nicht, um Ihnen die etwas lederne Hochzeit in Pola zu schildern (bei der mein Herz ganz intakt blieb, denn ich fuhr mit drei Bräuten im Wagen) sondern um Ihnen die Hexenkomödie mit Bernays und meine Bekanntschaf[t m]it Max Koch zu erzählen. Letzterer hat mir sehr gut gefallen. Ich habe das Gefühl, daß wir, Minor und ich, ihm schweres Unrecht gethan haben und wenn ich auch nicht Freundschaft suche, so will ich wenigstens den Frieden zu erhalten suchen. Bernays hat mir Weihrauch in der Größe von Taubeneiern gestreut, war aber etwas enttäuscht als er nur Hirsekörner zurückerhielt. Es waren gerade die Tage, [in] denen sein Artikel über den Braunschweiger erschien, den er für eine große Leistung ansieht. Was könnte man in dieser Bibliothek, die alles enthält, was mein Herz begehrt, für schöne Dinge arbeiten. Er hat mir einen mir ganz unbekannten Privatdruck mit Uzischen [Ge]dichten geliehen, so daß er nun auch da wie bei Pyra das Gefühl haben wird, wir hätten alles von ihm!!!
So bin ich denn auf großen Umwegen bei Uz angelangt, dem Ihr Brief gewidmet ist. Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen für diese reichen Mittheilungen danken soll und mein erster Gedanke war, daß Sie selbst in der Zs. einen Artikel ‚Wieland und Uz‘ als Pendant zu ‚Wieland und Goethe‘ schreiben sollten, den ich dann dankbar benutzen werde. Sie haben alle Wieland-Ausgaben, die ich mir erst zusammensuchen muß und der Schwerpunkt in einem solchen Aufsatze läge auf W., nicht auf Uz. In die Einleitung werden diese Streitigkeiten, wie Sie richtig bemerken, kaum hineinpassen, obwol sie für die Entwickelung Uzens als Dichter sehr wichtig sind. Da Sie ja wahrscheinlich sogleich an die Ausarbeit[un]g eines solchen Aufsatzes nicht gehen dürften, so lassen Sie mir Zeit, bis ich wol im nächsten Monate zu Uz zurückkehre; bis dahin kann ich Ihnen eventuelle Einwändungen gegen Ihre Vorschläge zur Einrichtung des Apparates erst machen; ich werde mich zunächst strenge an das Muster halten. Die abgekürzten Jahreszahlen aber gefa[lle]n mir nicht. Alle übrigen Mittheilungen werde ich sorgfältig beachten, die Spuren weiterverfolgen und so auch hier auf Ihren Schultern stehn wie beim Pyra.
Ich wühle heute in den Papieren des Loeweschen Nachlaßes, aus dem ich ein paar wertvolle Stücke zu meines Vaters 70. Geburtstage als Handschrift drucken lassen will. Ich weiß, daß diese österreichischen Sachen Sie nicht interessiren; vielleicht werfen Sie um des Zusammenstellers willen einen Blick auf die Blätter, wenn sie ihnen zukommen.
Dank für die kleine Recension, viel Glück zur Wintercampagne und herzliche Grüße!
Aufrichtig Ergeben
Ihr
Sauer.

Würzburg, 20. Oktober 1885 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Würzburg 20.X 85

Lieber freund,
Sie hatten mir allerdings flüchtig gesagt, dass Sie für Kürschner noch weitere bände übernommen haben, wol auch berührt, dass es lyrik sei, aber das nähere verrieten Sie mir nicht. So kommt meine bitte betr. der Musenalmanache viel zu spät. Denn so reiflich ich mirs überlegt habe und so ungern ich von meinem plane abweiche, Sie als herausgeber zu wünschen, so kann ich mich doch der einsicht nicht verschliessen, dass Sie durch, wenn auch nur halbe, doppeltherausgaben Ihrer tätigkeit schaden könnten – wozu ich Sie nicht verleiten darf – und auch dass es meiner sammlung nicht wol anstehen möchte, mit dem gleichen bearbeiter der Nationallitteratur scheinbare konkurrenz zu machen. Ich werde also zu früheren personalplänen zurückgreifen oder auch die sache selbst erledigen müssen.
Was Sie mir über Kürschner schreiben, war mir sehr interessant. Es ist jammerschade, dass er den Götz nicht aus den händen lässt. Jetzt ist gerade diese partie der litteratur an der reihe der bearbeitung – tatsächlich wendete sich ein auswärtiger wegen einer arbeit über die ältere anakreontik an mich – und so werden diese studien unvollständig und andererseits die spätere publikation Kürschners verspätet.
Auch Ihr übriger reisebericht fesselte mich sehr. Schüren Sie am Hölderlin. Ich empfange ihn mit offenen armen. Ueber Koch habe ich mich gegen Sie schon geäussert. Ich halte ihn für geistig bedeutender als Muncker, nur war dieser und ist es wol noch der kenntnisreichere und solidere arbeiter nach meiner meinung.
Einen artikel über Wieland-Uz zu schreiben, brenne ich jetzt nicht; äusserlich das thema zu fassen, wäre leicht und rasch getan, aber eine innerliche behandlung der sache zieht mich jetzt in andere jahrzehnte als die briefe, die ich hier habe und kopieren muss. Auch meine vorlesung liegt zeitlich weiter herab. Da Sie den artikel nicht schreiben wollen, so werde ich überlegen, was ich tun kann, um Ihnen das material bequem zum benützen vorzulegen.
Entschuldigen Sie das zerhackte des briefes. Ich fühle mich nicht frisch und habe so viel jagendes vor mir: massenhaft Wielandiana, deren perlschrift den kopisten in eine aufreibende hast bringt. Immer noch korrekturen am Iffland, dessen einleitung – eheu!! fast so gross wird als der text, was mir sehr, sehr gegen den willen ist und gewiss nicht wider vorkommen soll. Den nahen beginn des semesters und dazu die nagende sorge, es könne mein letztes sein. Ich glaube ja nicht im entferntesten an das rosige bild, das Ihnen und mir die Allg. ztg. vormalte, d. h. wol in bezug auf Sie, aber nicht auf mich. Wie steht Ihre sache in Graz oder Prag? Will denn Werner nicht nach Prag? Ich muss die zurückhaltung, die ich mir darüber auferlegte, weil mir nichts peinlicher ist, als mit freunden zu rivalisieren und ich weiss, dass dabei jedes wort der umdeutung preis gegeben ist, aufgeben. Meine seele zehrt sich auf. Ich bin ja allerdings vom minister wider ins bairische budget eingesetzt, aber die ultramontane kammermajorität wird, zumal sie noch extremer auftritt als in der letzten session, auch diesmal den posten verweigern. Auch darüber fallen die würfel erst im januar. Sie gestehen mir wol zu, dass ich qualen des langens und bangens zu tragen habe. Und darnach le deluge sehe. Im frühjahr muss ich bezahlter extraordinarius sein oder einen andern lebensweg einschlagen. Dass ich unter solchen umständen nach Oesterreich hinüberschiele, trotz aller unwahrscheinlichkeit, finden Sie begreiflich.
Auch die sache gehört zu den dingen, über die ich gerne schweigen würde: dass ich eine annonce von Titze durch meinen sortimenter erhalten habe, die Ihren namen trägt. Wenn das einer der punkte, die ich wie Sie schreiben aus Ihnen hätte herauslocken sollen, war, so tut es mir leid, das wie das übrige unterlassen zu haben. Aber es entspricht nicht meiner natur auszufragen, was andere treiben; ich denke, was sie gerne sagen, offenbaren sie auch so. U. was sie geheim halten wollen, werde ich ihnen gewiss nicht abringen. In dem speciellen falle wäre es doppelt unanständig von mir gewesen zu fragen, da ich Ihnen einen druckbogen von Drugulin – wie ich auf der adresse lesen musste – übergab. Der anlass war gegeben, aber mir war verboten, ihn zu benützen.
Ich schreibe nicht aus empfindlicher seele. Wollte ich nicht dass Sie mein wesen richtiger beurteilten, so würde ich auch jetzt darüber kein wort haben verlauten lassen. Aber ich möchte meine zurückhaltung nicht misdeutet wissen. – Vergessen wir, was in anderthalb tagen verschwiegen wurde und behalten freundlich im sinne was wir sprachen!
Mit treuen grüssen und wünschen
Ihr
ergebenster
BSeuffert

Würzburg, 21. Oktober 1885 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Lieber freund, Soeben erhalte ich Neudrucke 9 und 11, mit vielem, vielem danke. Ich sehne mich nach der ruhigen stunde des lesens: aber die nächsten 14 tage muss ich noch unausgesetzt kopieren, kopieren, kopieren! In dieser drangsal schrieb ich gestern meinen brief, verstimmt, dass aus meinem frommen wunsche, Sie mit den Musenalmanachen in den DLD zu sehen nichts werden kann, und verstimmt aus den andern gründen, die ich angab, über mich selbst. Der tag war sehr neblig und da konnte auch Wieland nicht briefe schreiben, wie er oft sagt. Also seien Sie nachsichtig beim lesen! Ich hab das unbestimmte gefühl, dass ich unsicher schrieb. Mit den besten wünschen Ihr
BSeuffert

Wzbg. Herzogeng. 5
21.X.85.

Graz, 22. Oktober 1885 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Graz, 45 Sparbersbachgasse 22/10 85

Der unglückselige Heyne! lieber Freund! Als Sie am zweiten Tage meines Würzburger Aufenthaltes mich abzuholen kamen, da hatte ich vor die Bilder aus meinem Koffer zu nehmen und sie Ihnen zu zeigen und wenn sich eine ruhige Viertelstunde ergeben hätte, so hätte ich gerne einen oder den andern Correcturbogen aus der Tasche gezogen. Nun müssen Sie auch so das Buch nicht unfreundlich aufnehmen, wenn es in etwa 14 Tagen sich bei Ihnen einstellt. Sie thun am besten, es Ihrer Braut zu Weihnachten zu schenken und einen freundlichen Gruß von mir dabei [a]uszurichten. Denn die Bilder sind in der That sehr schön, besonders die nach Handzeichnungen wie die Stein und die Hertz. Der Text besteht aus Vorträgen, die ich vor 4 Jahren in Lemberg gehalten habe. Der Plan des lange und still gehegten Buches rührt von meiner vers[tor]benen Lemberger Freundin her, über die ich Ihnen einmal geschrieben habe und der das Buch gewidmet ist. Und vielleicht muß es von dieser Widmung aus begriffen werden. Es macht keinen Anspruch wissenschaftlich [zu] sein; ist aber mit dem wärmsten Herzensantheil geschrieben, den niemand verkennen wird.
Und nun das andere! Glauben Sie mir, es versteht Ihre Qualen vielleicht keiner Ihrer Freunde so gut wie ich; denn seit 6 Jahren habe ich sie selber zu bestehen und am Anfang dieser Zeit bin ich auch durch zwei Jahre verlobt gewesen. Das Verhältnis löste sich eben deswegen, weil ich so rasch die erwünschte Versorgung nicht bieten konnte und freilich hat sich dadurch das Mädchen und ihre Familie der Liebe unwürdig erwiesen, die ich an sie verschwendete. Ich sehe es auch ein, daß Scherer und Schmidt Ihre Anstellung mehr am Herzen liegen muß als die meinige und ich weiß, daß sich beide jetzt [gr]oße Mühe gegeben haben, Prag für Sie zu gewinnen. Ob es ihnen geglückt ist, weiß ich nicht, höre aber auf Umwegen daß Kelle zunächst an ein Provisorium denkt und sich mit Lambel eine Zeit lang begnügen will. Hier wird vielleicht die Facultät wieder eine Eingabe für mich machen. Aber wenn ich ganz aufrichtig schreiben sollte, so müßt[e] ich Ihnen einen Einblick in eine selten egoistische Natur gewähren, an die mein Schicksal leider gebunden ist. Und das kann ich aus anderen Gründen nicht, weil ich dieser Persönlichkeit trotz alledem zu großem Danke mich verpflichtet fühle. Bei mir hat sich aber die Erbitterung, die mich in den letzten zwei Jahren beseelte, etwas gelegt in der Einsamkeit des Sommers, in dem ‚Bade der Stille‘ (mit Frau von Kalb zu reden) und ich bin so froh, wieder Herr über meinen Willen und meine Arbeitskraft zu sein, daß mir die Zukunft momentan gleichgiltig ist. Ich habe auch keinen Menschen auf der Welt, dem zu Liebe ich vorwärtsstreben sollte und wollte; und alles nur seinetwegen zu thun, dazu geht einem die Lust endlich aus.
Also, lieber Freund, fürchten Sie [in] mir keinen Rivalen und thun Sie für Prag, was Sie thun können.
Ich habe Ihnen am Montag zwei Hefte WND. gesandt; auch Nr. 10 ist für Sie bestimmt, aber noch nicht eingetroffen. Über sonstige geschäftliche Dinge ein andres mal. Ich wollte nur in persönlicher Beziehung kein M[is]verständnis zwischen uns aufkommen lassen.
Herzlich grüßend
Ihr
treulichst ergebener
Sauer

Würzburg, 25. Oktober 1885 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Dank, herzlichen dank, l. fr., für Ihren lieben brief. Ob ich Ihr buch, das Sie gütig versprechen, wirklich meiner braut ankündige, bezweifle ich doch: ich werde Ihre charakterbilder zu notwendig brauchen, um sie ausser haus zu geben. Denn ich bin über diese frauenzimmer ganz dumm und bedarf belehrung. Ists nebenher ein schönes buch in stil und ausstattung, so ists desto besser. Ich möchte meine Wieland-biographie auch warm schreiben und suche nach mustern. Aber später soll Ihr wunsch in erfüllung gehen und das buch meiner frau gehören; den gruss bestell ich ihr gleich heute. Ich hab inzwischen von dem alten reinen Sokrates-Wieland wider stimmung und frieden gesogen und das wehmüllern aus dem hause verwiesen. Ich weiss ja, dass Sie auch nicht auf rosen gebettet waren noch sind. Drum eben ist mir doppelt fatal, dass wir uns im lichte stehen sollten. Aber Ihre nachrichten entheben dieser not: also Lambel! nun, wenn er erst aushilft, dann rutscht er schon ganz hinein, und selbst Richard Maria wird ihm nicht den rang ablaufen, wenn er sich auch bemüht. Lambel! der casus macht mich lachen. Dass übrigens Scherer der mir noch nie über d. Oesterreicher stellen schrieb und Schmidt sich mehr für mich erwärmen sollten als für Sie, klingt Ihnen doch selbst unwahrscheinlich. Es müsste denn sein – aber ich kanns nicht glauben, obwol ich mich alles freundlichen sonst von beiden versehe – dass sie jetzt noch mehr mitleid mit dem 8jährigen docenten als dem Hinterextraordinarius haben. NB in Innsbr. soll Z. bleiben u. der dortige docent hilfs eo. werden. Obs wahr ist, weiss ich nicht. In den Fastnachtspielen hab ich doch schon gelesen, der reiz war zu gross. Aristophanes nennt Wieland einen schweinigel. Was würde der Osmantinese von diesen dingen sagen? Er würde sie trotzdem (oder gar eben deswegen?) famos finden. Besten gruss! In treuen
Ihr BSeuffert

Wzbg. Herzogeng. 5. 25 X 85

Graz, 1. November 1885 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz, 45 Sparbersbachgasse
1. November 1885

Lieber Freund! Ich benutze die Ruhe des Sonntag-Abends um Ihnen auf Ihre beiden Karten zu antworten und einiges aus Ihren letzten Briefen zu erledigen. Ich habe meine älteren Wielandiana gemustert und nur folgendes gefunden:
Die Natur der Dinge 1752
Der gepryfte Abraham Zyrich 1753
Ankündigung einer Dunciade 1755
Biribinker Ulm 1769
Prosaische Schriften Zürich 1771.72. 2 Bde, worin von den für Uz nothwendigen Sachen ‚Die Sympathien‘ und ‚Empfindungen eines Christen‘ enthalten sind. Da ich nun von den deutschen Bibliotheken ohnehin vieles mir muß kommen lassen, möchte ich Sie um das, was Sie entbehren können, auf einige Zeit bitten; zunächst
Sympathien 1756
Empfindungen 1757 (auch Redlich in Lessings W[er]ken Hempel 9, 49 citirt ‚[Zü]rich 1765)‘
Schreiben von der Würde etc. in den Fragmenten 1755
Sammlung einiger Prosaischer Schriften 1758.
Dann etwa auch, wenn Sie es haben, den ersten Druck des ‚Schreibens‘ Zürich 1752 (der Hempel 40, 292 angeführt ist) und die Poetischen Schriften 1762.
Wann Sie mir die Bücher schicken, ob [i]m November oder December, und auf wie lange, ist mir gleichgültig. Ich werde mir meine Arbeit darnach einrichten. Auch ob ich die Resultate der Untersuchung mir gedrängt in der Vorrede verwerte, oder einen eigenen Aufsatz für die Zs. nach Ihrem Rathe schreibe, kann ich heute noch nicht angeben. In letzterem Falle würde ich Ihre Zustimmung mir vorher noch einholen.
Wegen eines endgiltigen Entschlusses in Bezug auf die MA., wenigstens die Göttinger warten Sie vielleicht das Erscheinen des ersten Bandes meiner ‚Göttinger Dichter‘ ab, der ja nicht allzu lange auf sich wird warten lassen; ich finde die Vorbemerkung recht brauchbar, wie sie in meinen Papieren sich vorfindet und glaube sie daher bald abschließen zu können. Der Text des Bandes ist ja längst gedruckt und wie ich in Stuttgart erfahren habe, auch in Lieferungen schon ausgegeben. Darnach werden Sie sehen, ob eine Herausgabe der MA. in Ihrer Sammlung von meiner Seite eine Concurrenzarbeit sein [m]öchte oder nicht. Haben Sie sich aber übrigens schon an Redlich wegen dieser Hefte gewendet? Ich glaube, so gut (oder besser) wie er, können auch wir es kaum machen und er wird kaum ablehnen, wenn er auch erst den Herder wird fertig machen wollen. Es thut mir wirklich leid, Sie in Verlegenheit zu sehen.
Bei der Lectüre des neuen Halbbandes Lessing ist mir der Gedanke gekommen, daß man doch eigentlich einmal alle Stücke über die Lessing spricht in der hamb. Dram. in einem Neudrucke vereinigen sollte. Auch die Übersetzungen soweit sie erreichbar sind, wie sie auf die Bühne kamen. Unsere beiden Commentare zur Dram. mit allen ihren Inhaltsangaben genügen doch für den Lehrer nicht, kaum für den Schüler. Und erhielte die Sammlung den richtigen Titel ‚Das Repertoire der Hamburger Bühne zu Lessings Zeit‘ oder ‚Die Stücke der Hamburg. Dram‘ oder ähnlich, so wären die Käufer dafür gewiß vorhanden. Wenn Sie etwa immer 4–5 Stücke in einem Heft vereinigen, hätten Sie es in einer Reihe [vo]n Jahren bequem erschöpft. Überlegen Sie sich den Plan oder wenigstens den einer Auswahl. Später könnten Sie für die Weimarer Bühne unter Schiller und Goethe vielleicht ähnliches leisten.
Was nun die Beantwortung Ihrer beiden Karten anbelangt, so bitte ich Sie dringlichst an das gewisse Buch ni[ch]t mitzu großen Erwartungen heranzugehen u. den Plan des ganzen nicht außer Acht zu lassen. Sie werden nichts daraus lernen; den Anspruch erhebt es gar nicht; ich denke es mir am liebsten in Händen von Frauen; eine Frau hat die ersten Linien desselben gezogen und unter Frauengunst und –theilnahme ist es erwachsen. Also erfüllen Sie meine Bitte immerhin!
Über Prag lauten die Nachrichten wieder anders. Nicht Lambel, sondern Kelle selbst soll alles übernehmen. Offenbar hat er sich durch Minors Einfluß gedrückt gefühlt und will jetzt die alten süßen Zeiten der Alleinherrschaft wieder heraufbeschwören. Hoffen wir, daß ihm die Fakultät einen Strich durch die Rechnung macht. Ich hoffe in Wien etwas näheres zu erfahren und werde Ihnen getreulich Bericht erstatten.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
aufrichtig Ergebener
Aug. Sauer.

Würzburg, 3. November 1885 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Es ist zwar sünde und schande, l. fr., für ein solches buch auf einer postkarte und in wenigen zeilen zu danken, aber ich habe eben die geburtswehen eines neuen kollegienheftes, was manche unart entschuldigt. Hineingeguckt habe ich doch in frevelhaft gestohlenen minuten: Sie werden nicht erwarten, dass ich am bilde der Luise einen narren gefressen habe! Sonst bleibt meine vorliebe für die Kalb, ein götterweib. Von den texten las ich nur rasch den der Anna Amalia; sie steht ja meinem Wieland am nächsten. Sie fassen sie gross, wie sie war. Aber, darfs ich gestehen? ich liebe sie noch mehr als weib und ihr und Ihr männliches Bild geben sie mir nicht ganz, wie ich sie mir vorstelle. Aber jedenfalls haben Sie das sichere gewählt. Auch ist über weiber noch schwerer gleiches urteil zu gewinnen, als über männer. Die veränderlichkeit und vielseitige empfänglichkeit ist grösser und entzieht sich knapper darstellung. Verzeihen Sie dem undankbaren und doch so dankbaren, der gleich auch noch etwas meint, da er blos geniessen sollte! Ich muss heute meinen, da ich kollegienheft mache! Ein andermal geniesse ich mit reiner seele. Herzlichen glückwunsch zur vollendung des buches, der erfüllung der pia ????? und freundlichen gruss von Ihrem
BSeuffert

Wzbg. 3 XI 85.

Graz, 6. November 1885 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Vielen Dank für Ihre freundliche Theilnahme l. F. Ich glaube, daß Sie [in] Ihrem Urtheile über die Herz[og]in AA. unter dem Eindrucke ungedruckter Mittheilungen stehen. Bedenken Sie das dürftige Material, das mir an gedruckten Quellen bekannt war. Ich habe mir wol die Frage vorgelegt: hat sie Wieland geliebt? aber ich konnte sie nicht beantworten. Das Bild d. Luise ist auch mir unsympathisch u. weil es das wol jedem Leser sein wird, so suchte ich das Mitleid, wie es mich selbst für sie erfasste, auch bei meinen Lesern rege zu machen.
Wenn meinem Buche ein Weiterleben über die heurigen Weihnachten hinaus bestimmt ist, dann soll es einmal sobald Ihre Wielandforschungen & die Schätze des Goethearchivs vorliegen, umgearbeitet werden.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
AS.

Graz 6/11. 85.

Würzburg, 25. November 1885 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Faksimile fehlt.

Würzburg, Herzogeng. 5. 25 XI 85

Lieber freund,
Sie denken, der Seuffert wird bummelig und da haben Sie recht. Nur dass ich eine reihe, wie ich mir einbilde, gewichtiger entschuldigungsgründe vorbringen könnte, wenn ich nicht in dem glauben darauf verzichtete, Sie übten auch so nachsicht.
Ich schicke Ihnen – sobald ich zum packen komme! – 1) Sympathien 1756 2) Empfindungen 1757. 3) Fragmente 1755 4) Sammlung einigr prosaischen schriften 1758 5) Hempel bd. 40 wo ich kollation der 1752 er ausg. d. Schreibens v. d. würde eintrug. 6) Poet. schrften 1762. 7) Prosaische schriften 1763/4. Letzte haben Sie zwar nicht gewünscht, aber sie sind Ihnen vielleicht wichtiger als Ihre 1741/2 er ausgabe. Zusammen 10 bände.
Von den Empfindungen kenne ich (aber besitze ich nicht) einen druck von 1758 der als 2. ufl. auf d. titel bezeichnet ist (identisch mit Samlg pros. schrften 1758 bd. 2). Daraus erhellt schon dass nicht 2 drucke von 1755 u. 1757 vorangehen können. Ausserdem verweise ich auf Wielands brief an Zimmermann vom 7.XI.56, woraus sich die erscheinungszeit feststellt (Wlds Ausgew. brfe 1,228). Ich erlaube mir oder erdreiste mich diesmal selbst an Redlich zu zweifeln. Uebrigens werde ich all das bombenfest aufbauen können, sobald ich nur im zusammenhang hinter meine notizen komme. Wozu mir ein gütiger gott bald äussere und innere musse verleihen möge. amen. – Ich lebe jetzt des guten glaubens, dass ich Ihnen alles gab, was ich zu der sache weiss; aber der wille und das ????? allein reicht nicht aus; es ist nicht wahrscheinlich, aber auch nicht unmöglich, dass ich irgendwo doch noch etwas ad hoc angemerkt habe. Stosse ich drauf, so sollen Sie’s haben. Darauf können Sie sich verlassen.
Wollen Sie die bücher so lange benützen, als sie Ihnen dienlich sein können. Jetzt glaube ich sie nicht zu bedürfen. Freilich wissen Sie ja aus eigener erfahrung, dass man nicht weiss, wie oft man ein buch, das zur hand ist, zur hand nimmt, und dass man gewiss etwas vornehmen möchte oder muss, was man aus der hand gegeben hat.
Betreffs der Musen Almanache kam Ihr freundschaftlicher rat zu spät. Am 25 oktober hatte ich schon die zusage Boxbergers. Ich hoffe, dass er Ihre erwartungen übertrifft. Freilich, Sie kann er mir nicht ersetzen. Aber ich glaube nach wie vor, dass es Ihnen und mir schädlich wäre, wenn die DLD mit Kürschners Nationallitteratur so zusammenstossen. Uebrigens vertrau ich Boxberger und werde die augen offen halten, ob das vertrauen gerechtfertigt ist.
Mit Redlich habe ich keine fühlung. Ich möchte längst von ihm den kompleten Jhn Frd Hahn. Aber so lang er in Lesssing macht, ist er kaum zu haben und bei fremden leuten hole ich mir nicht gern körbe.
Ihr vorschlag, die in der Hamburg. dramaturgie besprochenen stücke und anderes repertoire für die DLD in aussicht zu nehmen hat viel lockendes; ich werde den plan im auge behalten und danke herzlich für den fingerzeig. Dabei kann man auch an zwei praesumtive herausgeber denken; um so greifbarer wird mir der plan.
Die berühmten frauen hab ich natürlich längst ganz und zum teil widerholt gelesen, auch erfolgreich propaganda in dem kleinen frauencirkel dafür gemacht, den ich hier kenne, so dass wol zu weihnachten hier ein paar exemplare abgesetzt werden. Was Sie mir über meine ansicht der Anna Amalia schreiben ist allzu wahr. Ich hab aus der handschrift und allerlei papieren ein allgemeines bild: seine richtigkeit zu beweisen würde mir schwer fallen. Der positiven angaben sind wenige. Ueber das bild der Luise wollte ich das gegenteil dessen schreiben, was ich geschrieben haben muss: es war mir überraschend sympathisch, nicht das gegenteil! Da sieht man wider, wie vorsichtig wir philologen brieftexte behandeln sollten: in der eile fällt uns ein nicht aus; und so gings gewiss auch zweilen den alen briefstellern.
Wenn ich recht offen sein darf, so glaub ich doch zu merken, dass Ihre eingehenden studien über Bürger der Molly sehr zu gut gekommen sind und dass dies weib darum mehr farbe bekam als andere. Den romantischen frauen bringen Sie mehr liebe entgegen als ich; das ist eine mir längst bekannte schwäche meiner organisation. Aber ich kann mir nicht helfen. Vielleicht werd ich noch einmal klüger. Ich wünsche es mir besonders der Herz wegen. Auch Eva Lessing ist mir nichts, das gerade gegenteil einer Bettina. uebrigens glaub ich, dass es frauen gegenüber viel viel schwerer ist zu einem einheitlichen urteile zu gelangen, als männern gegenüber. Es spielt so viel mit, sie sind zu vielseitig, der sieht das, jener ein anderes stärker hervortreten. Im ganzen aber genoss ich so viel anregung und belehrung – Sie tun zwar als ob es eine schande sei, wenn ich dabei etwas lerne, aber ich schäme mich doch nicht – aus Ihren bildern, dass ich nochmals herzlich danken mus. Die darstellung, wenn ich darüber reden darf, ist mir zuweilen zu lapidar; man kann sie warm, man kann sie kalt vorlesen. Ich glaube, dass Ihnen gelingen müsste, den vorleser durch den stil immer zur wärme zu zwingen. Scherers schwebende ausdrucksweise in den Vorträgen langt wol für frauenbilder besser als die bestimmte. Aber auch das ist nur meinung. Es drängt mich trotzdem zu diesen äusserungen, weil ich unsere freundschaft für fest genug zu solchen proben halte.
Jetzt sind Sie wol mit der Schmidt-Lessing-anzeige fertig! Ich wollte ich fände eine ruhige woche, den 2. bd. für die DLZ. anzuzeigen. Alle arbeit stockt wegen des kollegs, für das ich von früh bis nachts arbeite. Herder-Haym hab ich durchgemacht und dabei meine unwissenheit wider recht empfunden. Grade Hayms vortragsart, die ja für den unfachgenössischen leser zu breit ist und dem litteraturhistoriker doch auch wider dann und wann zu eng im gesichtskreise, finde ich ausserordentlich lehrhaft. Man sieht wie er lernt und lernt mit ihm. Ich wollte, ich dürfte meinen Wieland so schreiben. Es Er? würde schneller von statten gehen, als wie ich ihn schreiben soll u. will.
Natürlich hab ich wider Wielandhss. hier. Aber ich darf nicht dran denken, sonst freut mich die vorlesung nicht mehr.
Was Sie über Prag schreiben, ist fatal für Sie und mich. Und mich: denn ich muss nach auswärts lugen; in Baiern werde ich neuen zuverlässigen nachrichten aus abegordnetenkreisen zufolge wider nichts, wenn nicht wunder geschehen. Wie das drückt und lastet!
Lassen Sie die letzten nachrichten über mich einen teil der entschuldigungen sein, der ich für mein zaudern habe.
Mit treulichem gruss
Ihr
BSeuffert.

6.XII. O schrecken! Da liegt der pack noch immer! Verzeihung. Ich warte nun seit ende vorigen monats täglich auf DLD 23/24 die ich Ihnen beipacken wollte. Und noch sind sie nicht da.
Inzwischen hab ich neuen anlass, Ihnen zu danken: für die schöne gratulationsschrift, für die Ollapatrida, für die sanftmütige anzeige des Hauffschen Schubert, über den ich dem verf. viel schärfer schrieb. Die Ollapatr. wag ich nicht zu behalten, da mir Werner kurz vor Ihnen ein exempl. schenkte: das wäre räuberei und Sie können einen andern damit glücklich machen wollen. Mein dank bleibt gleich.
Und Scherer krank! Es ist hart, persönlich für uns alle, noch mehr für das fach. Schrieb ich Ihnen früher, dass im Morgenbl. 1840 brfe. von Weisse an Uz über Wieland stehen? Ich will Sie aber nicht zu einer allzulangen einleitung verführen, sost wird der Uzband gar zu stark.
Nochmals die bitte um entschuldigung u. gruss!
BS.

Graz, 14. Dezember 1885 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

L. F. Nur die sichere Hoffnung, Ihnen baldigst einen Brief schreiben zu können, ließ mich die Bestätigung Ihrer wertvollen Sendung aufschieben. Da ich aber zu Weihnachten verreise, so häuft sich mir die Arbeit so sehr, daß ich mich kaum durchdrängen kann.
Also zunächst vielen Dank für die neuen Hefte, die Sie nun glücklich los haben u für die Wielandiana, die ich nun freilich vor Weihnachten (resp. Neujahr) kaum mehr erledigen kann; dann aber rasch absolviren werde.
Nächste Woche mehr.
Bestens grüßend
Ihr AS.

Graz 14/12 85.

Graz, 6. Januar 1886 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz, 45 Sparbersbachgasse 6. Jan. 86.

Lieber Freund!

Ich bin 14 Tage bei meinem Bruder gewesen und ich bin dort, sowie vorher und nachher [wie]der unwohl gewesen. Das alte Übel ist stärker wiedergekehrt und ich sehe den nächsten unter allen Verhältnissen arbeitsreichen Wochen mit Angst und Bangen entgegen. Vieles hat mich böse und bitter verstimmt. Die eine Woche, die ich im November in Wien zubrachte, hat so viel Ärger, Verdruß, Trauer und Sorgen mit Eltern, Verwandten und Freunden heraufbeschworen, daß ich in der katzenjämmerlichsten Stimmung nach Hause zurückkam. Aber wenn ich ganz aufrichtig [se]in soll: das was mich am meisten zurückgeworfen hat, waren die Auskünfte im Ministerium und die darauf folgenden Prager Vorschlagsgeschichten. Man erklärte mir rundweg, daß die Grazer Vorschläge für die Katze seien und daß man mir hier höchstens eine mäßige Gehaltsaufbesserung versprechen könne. Würde ich in Prag vorgeschlagen, so käme ich wahrscheinlich hin. Mit dieser tristen Nachricht, die durch Minors Mittheilungen über Lambls Stellung in der Prager Facultät noch verstärkt wurde, kehrte ich nach Graz zurück. Da erwartete mich nun freilich ein Brief Kelles mit der Erklärung, daß ich primo loco von der Kommi[ssi]on vorgeschlagen worden sei. Kelle hat aber so viel ich weiß siebenmal innerhalb 3 Monaten seine Meinung geändert. Endlich hat Lambl doch insoweit gesiegt, daß er pari loco mit mir wenn auch nach mir vorgeschlagen wurde. Statt der alphabethischen Reihenfolge, die Lambls Freunde anstrebten, hat Kelle doch die der Wertschätzung durchgesetzt, wenn ich recht berichtet bin. Den elenden Machinationen des Strebers Brandl i[s]t es gelungen, seinen Spießgesellen u[n]d Landsmann Wackernell an zweiter, resp. dritter Stelle durchzuschwindeln. Eine unerhörte Frechheit. Der Mann hat eine Rec. über Belling Schillers Metrik geschrieben und vor Jahren in einer verschollenenen öst. Ztschrft ein paar Gedichte Platens u. Briefe Lichtenbergs abdrucken lassen. Und wir müßen es uns gefallen lassen, einem solchen Menschen gleichgestellt, ja nachgesetzt zu werden. Lieber Freund, der Prager Vorschlag [ist] unter diesen Umständen für mich mehr eine Schande als eine Ehre und ich habe nur den einen Seufzer: Warum bin ich nicht unabhängig! Warum bin ich nicht frei! Diesem bornirten OtfriedKrämer seinen ganzen Antrag vor die Füße zu werfen, wäre mir der höchste Genuß! So werde ich, wenn ich hinkomme, Frieden mit ihm halten müßen und wieder alles in mich hineinfreßen müßen, wie es hier mein Loos ist. Obgleich ich auf der Reise zu meinem Bruder Wien passiren mußte, habe ich [m]ich in die Stadt nicht hineinbemüht. Wieder die alte Bettelei im Ministerium anzufangen, widerstrebt meinem Gefühle. Setzt Lambl s. Ernennung durch, seis! Dieses Grillparzersche Wort wird auch mich trösten und ich werde dann neue Wege einzuschlagen suchen! –
Indem ich Ihren letzten Brief wiederlese, sehe ich, wie weit ich mich von dem Gedankenkreise desselben entfernt habe; ich kann mich jetzt wol auch nicht leicht hineinfinden; bes. über die Frauenbilder fehlt mir momentan jedes Urtheil. Nach dem wenig erfreulichen Bericht des [Ver]legers haben sie nur einen Achtungserfolg erzielt.
Für die beiden Hefte DLD & für die Rücksendung d. Ollapatrida habe ich – soviel ich mich erinnere – vor d. Feiertagen gedankt. Ihre beiden großen Rec. habe ich studiert. Über Eigenbrodt muß ich freilich jetzt anders denken. Bei Reuter scheinen Sie mir nicht immer recht zu haben. Doch habe ich die Stücke nicht gelesen. Wie immer habe ich Ihre Schärfe, Ihren Fleiß u Ihre Genauigkeit im Recensieren bewundert.
Unter die wenigen Freuden, die mir das abgelaufene Jahr gebracht hat, gehört die, [S]ie von Angesicht zu Angesicht kennen gelernt und einen ! dauerndes persönliches Freundschaftsverhältnis mit Ihnen geschlossen zu haben. Ich kann heute nur sagen: haben Sie mit dem gedrückten u. leidenden Freunde etwas Geduld! Vielleicht kommen doch bessere Zeiten. Möge uns beiden 1886 günstiger sein. Mit herzlichen Grüßen Ihr
Treulich Ergebener
AS.

Kennen Sie Diesen ! Nachdruck?!

Graz, 10. Januar 1886 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

L. F. Hartel schickt mir heute für die ‚Zs. f. d. ö. G.‘ die zwei letzten [Bä]nde Ihrer DLD. Es steht Ihnen also ein Ex. zur Verfügung; Sie haben die Wahl zwischen dem aufgeschnittenenen ungestempelten u. dem unaufgeschnittenenen auf d. Titel (Umschlag) gestempelten. Bitte mir zu sagen, welches Sie wollen.
Bei mir ist niederster Barometerstand, unglaubliche Seelendepression ... ... ...
Ihr AS.

10/1 86.

Würzburg, 13. Januar 1886 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Würzburg 13 I 86.

Lieber freund,

Es ist ja wahr, dass man Ihnen nicht so recht zu der nennung in P. gratulieren kann. Die gesellschaft ist gar so schlecht. U. es ist ein freundschaftliches misgeschick, dass Sie jetzt mit dem Lambel in ein joch gespannt werden, mit dem ich vor jahren gejocht war. „Ich bin stehen geblieben“ diktiert Kelle, also Lambels gesellschaft nicht mehr würdig. Ja freilich, Lambel hat seit 10 und mehr jahren erstaunliche fortschritte gemacht! Na, ob Sie hin kommen, hin müssen oder nicht: etwas haben Sie und denken Sie bei dem etwas an mich, der gar nichts hat und heute die nachricht erhielt, dass der abgeordnetenausschuss, dem die erste entscheidung obliegt, die professur wider abgelehnt hat, so kommt Ihnen Ihr geschick vielleicht etwas weniger tragisch vor. Sie dienen dem staate kürzer als ich und haben seit jahren eine subvention, von anfang an, und ich bis heute keinen pfennig. Der trost ist herzlich schwach. Aber es ist doch ein trost zu wissen, anderwärts ists noch schlechter. Und den kann ich Ihnen geben.
Rechnen Sie dazu, dass meine mutter schwer und unheilbar krank seit mitte dezember ist, dass ich langjähriger bräutigam bin und machen sich dann einen Lenauschen vers auf mich und meine stimmung.
Ein ende mach ich meiner situation jetzt doch nicht. Ich lasse das schicksal mich rufen. Aus freien stücken darf ich jetzt nur hier am krankenbette bleiben. So ists mir pflicht und bedürfnis.
Auch ich denke mit vergnügen an Ihren besuch und danke nochmals herzlich dafür.
Wie im vorigen so war auch in diesem jahre dr. Fresenius aus Berlin der erste der mich aufsuchte. Wir haben drei tage gewielandet. Da kann man philologisch arbeiten lernen. Aber wer so genau arbeitet, kommt zu nichts. Nur ihm lohnen sich die feinsinnigsten schlüsse aus unendlich mühsamen statistiken. Seine Erzählungen ausgabe wird vortrefflich; das muster eines kritischen apparates und zugleich, fürchte ich, der beweis, dass bei solchen veränderungen ein kritischer apparat, der übersichtlich wirkt, kaum mehr möglich ist. Die Goethegesellschafter können für die neue ausgabe draus lernen, glaub ich.
Auch Erich Schmidt war einen tag hier. Gross und frisch; im strudel des hoflebens glücklich und in den äusserlich engen, geistig weiten verhältnissen eingelebt.
Wär mein gemüt frei gewesen, so wären es schöne tage gewesen. So litt ich durch den gegensatz und die schwunglosigkeit meiner gefesselten seele.
Dank für den unbekannten Abderitendrucknachweis. Dank für das angebot mir die doubletten zu senden. Darf ich wählen, so wähl ich das angestempelte exemplar.
Werner tadelt auf einer karte, dass ich Iffland neu drucken liess, die Laufbahn sei nicht selten. Da hat er recht. Aber ich wollte 2 hefte fürs grosse publikum, um die sammlung über wasser zu halten; mit fachwissenschaftlich allein interessantem töte ich sie. Ich wollte auch den gymnasialdirektor, der den iffland anbot, nicht abweisen: so gewinn ich, hoffentlich, endlich gymnasialkreise zu käufern. Um den bestand des unternehmens zu sichern, darf man wol zuweilen sein programm überschreiten. Freilich haben mir beide herausgeber nicht genüge geleistet. Doch – vergleichen Sie. Ihnen als recensenten darf ich das nicht schreiben. Vergessen Sie’s. Sie müssen unbefangen urteilen.
Haben Sie den Lessing angezeigt? Bald denk ich meine anzeige in der DLZ zu lesen.
Auch für die freundliche aufnahme meiner anzeigen danke ich. Haben Sie sich am rande notiert, wo Sie betr. Reuter anderer ansicht sind, so schicken Sie mir doch ja die glossen. Bitte.
Und noch eins: sollten sich bei Ihnen meine korrekturen zu Hagedorn, Versuch erhalten haben, so zeigen Sie mir die bogen, wo ich auf Goethe und Schiller verwies. Ich weiss es nicht mehr genau und bräuchte es, da Biedermann auch auf Goethe-Hagedorn kam.
Glück auf! und trotz gegen misgeschick!
Freundschaftlich
Ihr
BSeuffert.

(Graz), 16. Januar 1886 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Freund, indem ich Ihnen beifolgend die gewünschten Blätter übersende (nur dies habe ich bewahrt; es wird aber alles von Ihnen bemerkte sein), kann ich es nicht thun, ohne ein paar Worte d. Antwort hinzuzufügen. Da sich schweres häusliches Leid hinzugesellt, mein lieber Freund, ist freilich Ihr Loos das trübere; was ich leide, leide ich ferner allein und Sie müßen noch den Antheil, den Mutter [un]d Braut daran nehmen, miterleiden. – Ganz vertraulich will ich Ihnen nun mittheilen, daß mir Schönbach bereits ganz sicher versprochen hat, falls ich wegkäme, Sie und zwar allein (wie sichs gebührt) vorzu- schlagen. Meine Ansicht ist, daß sich losgelöst von meiner Person, die seit Lemberg im Ministerium schlecht angeschrieben war, eine Professur hier wird durchsetzen lassen. Heinzel hat mir im November so warm von Ihnen gesprochen, daß er sich wol für Sie einsetzen wird. Schmidt und Scherer haben vielleicht, wenn sie wollen, auch noch Einfluß. In meiner Angelegenheit hat allen diesen Herren der gute Wille gefehlt.
Mir würde durch diese Aussicht der Abschied von Graz erleichtert werden; denn ich gehe ungern weg u. am unliebsten nach Prag.
Nur so viel für heute nebst herzlichen Grüßen von
Ihrem
Treulich ergebenen
Sauer.

16/1 86.

Würzburg, 18. Januar 1886 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Wir senden Ihnen die Trauerbotschaft von dem heute erfolgten Hinscheiden unserer lieben Mutter

Amalie Seuffert geb. Scheiner,
Juliusspitaldirectors-Wittwe.

Würzburg, 18. Januar 1886.

Univ.-Prof. Dr. Lothar Seuffert in
Erlangen und Frau Auguste
geb. Schierlinger
Elise Seuffert.
Gymn.-Prof. Dr. Adam Eussner und
Frau Babette geb. Seuffert.
Priv.-Doc. Dr. Bernhard Seuffert.

(Graz), 22. Januar 1886 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Freund! Es erschüttert mich, daß die Katastrophe so rasch eingetreten ist; ich hatte nach Ihrem letzten Briefe die Hoffnung auf Besserung nicht aufgegeben gehabt. Möchten Sie in den schweren Tagen den Muth nicht sinken lassen und wenn ein Körnchen Trost in Ihren Schmerz sich einsenken kann, so nehmen Sie die Vers[iche]rung entgegen, daß aus voller Seele warmen, innigen Antheil nimmt
Ihr
Treulich verbundener
Aug. Sauer

22/1 86.

Würzburg, 13. Februar 1886 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Würzburg Herzogeng. 5
13 II 86

Lieber freund

Ich danke Ihnen lebhaft für Ihre freundlichen worte der tröstung. Ich habe zusprache recht sehr nötig. Denn so lange und gut ich vorbereitet zu sein glaubte, da meine mutter starb, verliess mich alle fassung und hätte mich wol auch verlassen, wenn es weniger rasch gegangen wäre. Noch weiss ich mich nicht zu finden, und lebe mit meiner schwester in den räumen, wo ich geboren bin und immer bei der mutter war, dumpf dahin.
Was Sie mir zuvor geschrieben, war eine freundliche hoffnung zu erwecken geeignet. Aber inzwischen ist das wol wieder anders geworden und wenn Sie, wie ich denn nun leider wünschen muss, da Sie in Graz nicht besser gestellt zu werden glauben, nach Prag ziehen, wird wie ich höre ein Österreicher Ihr nachfolger werden. Es ist was schönes an autochthonie.
Inzwischen hat die bairische kammer abermals die professur für mich dem minster abgeschlagen, wie zu erwarten stand. Und die prophezeiung, die reichsratskammer, welche nun auch noch ihr votum abzugeben hat, werde den abstrich billigen, ist keine astrologische. Also bleibe ich dozent. Das zur übrigen lage, ist viel. Aber der verlust der mutter ist härter und erleichtert mir jetzt das andere. Später freilich wirds umgekehrt sein, wenn ich wieder zur selbstbesinnung gekommen bin.
Mich drängt es, von Ihnen wieder zu hören. Wie Ihre aussichten sind, wie Ihre gesundheit, wie Ihre arbeiten. Stimmen Sie meiner anzeige von Schmidts Lessing bei? Ich höre, sie sei ein starkes lob. Ich anerkannte aus überzeugung, aber ich glaubte auch, deutlich meine bedenken und ablehnungen geäussert zu haben.
Grüssend
Ihr
BSeuffert

Graz, 17. März 1886 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Freund! Ich hoffte, es würde mir möglich sein, Ihnen einen ausführlichen Brief zu schreiben; aber ich bringe es noch nicht über mich. Ich bin sei[t] geraumer Zeit in einer Stimmung, in der ich nur fluchen oder schweigen kann. Mitte Januar hieß es, die einleitenden Schritte zu meiner Ernennung seien gemacht. Jetzt geht das Semester zu Ende, ich weiß nicht: bleibe ich hier oder komme ich nach Prag etc. etc. etc. etc. Dabei war meine Mutter lebensgefährlich krank, mein Vater in der größten Verzweiflung; ich hier gefesselt und immer mehr in meine vorjährigen Übel zurückfallend, mit den Einleitungen zu meiner militärischen Superarbitrirung gequält, mit Arbeit fürs Colleg überbürdet. Daß ich dabei noch andre Sachen arbeite ist ein reines Wunder; aber freilich; es ist [die]s auch darnach ausgefallen.
Bitte zürnen Sie mir nicht, daß ich so lange stumm war und daß Ihre Bücher noch immer daliegen. Ich expedire sie sicher in der nächsten Woche und Anfang April hoffe ich dann auch ruhiger zu sein, so daß ich schreiben kann. Bis dahin grüßt Sie herzlichst Ihr theilnehmender Freund AS.

Graz, 6. April 1886 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz, 45 Sparbersbachgasse 6. April 86.

Lieber Freund! Gestern Nachmittag sind Ihre Wielandbücher endlich auf die Post ge[ko]mmen, von meines technischen Freundes Stelzel kunstvoller Hand eingepackt, so daß sie wol gut bei Ihnen anlangen werden. Vielen, vielen Dank dafür! Wenn ich Ihnen nur einen Gegendienst erweisen könnte! Bücher hätte ich genug, aber keine, die Sie brauchen können. Die Masse meiner Bücher lastet gerade jetzt, wo ich die Übersiedlung in Erwägung ziehen muß, schwer auf meiner Seele. 30 Kisten habe ich bereits gehabt, als ich von Lemberg abreiste; um ein Drittel dürfte sich das Quantum hier wol vermehrt haben. Wenn sich die einstweilen nur vertraulich an mich gelangte Nachricht bestätigt, so werde ich in der Charwoche meine Hütte abbrechen und wandern. Ich thue es leichteren Herzens, seitdem ich weiß, daß Schönbach alles thun wird, um Sie zu meinem Nachfolger z[u] machen.
Ich hatte die Möglichkeit einer Übersiedlung jetzt zu Ostern schon ganz bei Seite gelassen und ich sehe mich in den Plänen die ich mir für die nächsten Monate entworfen hatte mannigfach gekreuzt. So muß ich die Maifahrt nach Weimar aus Geld- und Zeitmangel sein lassen und damit zerstieben die Hoffnungen Sie und andere m[ei]ner deutschen Freunde zu sehen. Dann hatte ich mir ruhige Arbeit für die 3 Sommermonate vorgenommen, von der ich nun nicht weiß, wie sie gedeihen wird. Cottas haben mir nemlich – ältere Verhandlungen wieder aufnehmend – die Besorgung der neuen (4.) Ausgabe von Grillparzers Werken ü[be]rtragen. Da die jetzt vorhandenen 10 Bde stereotypirt sind, so handelt es sich nur um eine 3 Bogen starke Einleitung und um 2 Ergänzungsbände, für welche mir das Material von Vollmer bereits zum Theile gesichtet übergeben wurde. Aber da mir das Wiener Archiv nun einmal zu unbeschränktem Gebrauche geöffnet ist, werde ich die Gelegenheit benutzen, so viel als mög[lich] von dem Material für mich zu gewinnen u. werde also die Sommermonate in Wien versitzen. Ich habe durch diese Arbeit angeregt auch bereits den Plan gefasst, eine große Grillparzer-Biographie auszuarbeiten, wozu ich durch meine Vorstudien, Sammlungen, Excerpte, durch Geburt und Neigung wie ich glaube recht eigentlich prädestinirt bin und der Stein der Wei[s]en, d. h. mein Schriftsteller, mein großes Buch (Sie erinnern sich wol meiner Klagen!) wäre also gefunden. Das sind alles natürlich noch Träume u. als solche werden Sie sie auch in sich verschließen.
Daran knüpfe ich eine andre Bemerkung. In meinen heurigen Stilübungen habe ich auch Hamann (aus dem Tragelaphen von P. u. H., sehen Sie, daß ich Plato schreiben wollte) vorge[n]ommen und einer meiner Zuhörer hat sich mit mit besonderer Liebe und Tiefe in diesen Schriftsteller versenkt. Er hat mir in den Übungen u. in mündlichen Gesprächen nachgewiesen (was mir übrigens längst klar war) daß für die Erklärung Hamanns alles noch zu thun ist u. daß diese nur möglich ist mit einer ausgebreiteten [Ke]nntnis der antiken Litteraturen, bes. aller der entlegenen griechischen Schriftsteller, welche der Magus in s. phänomenalen Gedächtnisse aufgestoppelt hatte. Mir fiel dabei ein, ob Sie nicht einmal eine kleine Hamannsche Schrift als specimen einer commentirten Ausgabe in Ihren DLD. bringen sollten. Sie müßten einen [c]lassischen Philologen dazu finden, der die nöthige Neigung mitbringt und in deutscher Litteratur gut beschlagen ist. Besagter studiosus Johann Conta würde sich nach einigen Jahren vielleicht dafür eignen; ich will ihn im Auge behalten, erkläre aber ausdrücklich, daß ich Sie nur auf die Sache aufmerksam machen wollte.
Nun: Uz! Es wäre mir lieb, wenn Sie mir sagten, bis wann Sie auf das Mskrt rechnen oder rechneten. Der Text macht keine Schwierigkeiten mehr; aber die Einleitung noch viele, weil mir die Zeitschrift ! fehlen, gerade die schweizerischen; aber auch andere. Von Prag aus wäre ein ‚Rutscher‘ nach Dresden leicht; etwa im Juli, bevor [ich] nach Wien gehe. Ich werde mir das nach Ihrer Antwort einteilen. Wären etwa schon von Fresenius’ Heft einige Bogen gedruckt, so würden Sie mir durch deren Communication meine Arbeit erleichtern.
Ich weiß gar nicht, ob ich Ihnen alles g[es]chrieben habe, was ich Ihnen schreiben wollte; das ist der Fluch meiner menschenscheuen, briefscheuen Periode, in der ich alles in mich verbeißen mußte. Damit wirds ja jetzt wol zu Ende sein. Auch meine Mutter – obwol sie vor 10 Tagen neuerlich an einer Lungenentzündung erkrankt war – ist wieder besser. Hätte es nicht schon mehrmals trügerisch das Ansehen gehabt, so wür[d]e ich sagen: es scheint mir, als ob sich endlich Glück und Zufriedenheit zu mir herabsenken würde; wenigstens lebe ich zunächst an der Seite der Hoffnung.
Strafen Sie mich nicht zu sehr und lassen Sie etwas von Ihnen hören. Mit freundlichen Grüßen Treulichst
Ihr
AS.

Würzburg, 6. April 1886 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Ich dank Ihnen für Ihre briefkarte, l. fr. Schreiben kann ich nicht: der landtag hat die für mich eingesetzte professur definitiv abgelehnt. Sorgen Sie also, dass Sie die fettere pfründe bekommen, damit Sie mir dann die magerere wenigstens zuschieben können und vor allem: cura ut valeas.
Ihr
BSfft.

Wzbg. 6 IV 86.

Würzburg, 11. April 1886 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Graz

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Auszug:

Würzburg 11.IV 86

Lieber freund

In der erwartung Ihrer ernennung stöberte ich heute österreichische zeitungen durch und fand sie richtig proklamiert. Nehmen Sie meinen ehrlichen glückwunsch dazu. Sie gehen nicht gerne, aber es wäre doch schlimmer gewesen, wenn Sie so hätten bleiben müssen und ein anderer nach Prag gekommen wäre. Mögen Sie gut eingewöhnen und angenehmes leben in und ausser dem hörsaale finden.
Ihre neuerlichen verheissungen über Schönbachs gesinnung gegen mich tun mir ‚sanfte‘; aber, aber, ich fürchte das ministerium, wenn wirklich in Graz die jetzige meinung sich in tat umsetzt. Wie erbärmlich mirs wieder in Baiern gegangen ist, schrieb ich auf der karte, die mit Ihrem briefe kreuzte. Wie vor 2 jahren verweigerte der landtag meine professur und der minister ist dagegen bei uns machtlos. Diesmal war die weigerung um so schroffer als die reichsratskammer das veto der zweiten kammer reparierte, dann aber die 2. Kammer abermals ihr nein widerholte. Warum, fragen Sie. Angeblich, weil solche stellen nur an den grössten universitäten zulässig seien[.] Ueberdies sei die behandlung der neueren litteratur zumeist nichts als heroenkult und dafür professuren zu errichten, sei nicht begründet! Ich wette, wär ich ultra- montan wie unsere abgeordnetenmehrheit, so wäre mein extraordinariat schon vor zwei und mehr jahren unentbehrlich gewesen. Ich habe in diesen monaten des hin- und herverhandelns furchtbar gelitten.
Für die ablieferung der wolbehalten angelangten bücher und für Ihren brief sage ich besten dank. Ich freue mich dass Ihnen die sorge um die mutter genommen ist (mir ist sie auch genommen, aber wie anders!!), freue mich dass Ihnen Ihr Grillparzer nun als fixstern am produktionshimmel steht. Mög er Ihnen leichter werden als mir mein Wieland, für den ich immer noch sammle, sammle, sammle. (Jetzt gerade kopierte ich Alxingerbriefe an ihn.)
Dass Sie auf Hamann für die DLD weisen, dank ich Ihnen auch und will sehen, was sich tun lässt. Die hauptschwierigkeit wird sein, einen passenden herausgeber zu finden. Wer mag viel gelehrsamkeit auf den wunderling verwenden und doch braucht man so viel, um dies konglomerat von kopf zu zerlegen. Wer Hamann liebevoll behandelt, ist mehr schwärmer als forscher, wer ihn nüchtern untersucht, verliert die liebe zu ihm; so glaub ich. Vielleicht wächst sich Ihr zuhörer gut aus oder findet sich ein anderer geeigneter mann.
Jetzt hab ich eine kolossale einleitung zu Meyers kleinen schriften vor mir, die die beziehung zwischen Goethe und M. neu prüft. In 14 tagen will der herausgeber das heft druckbereit machen.
Mit Ihrem Uz dräng ich nicht gerne, weil die übersiedlung Ihnen versprechungen schwer macht. Wenn Sie aber im juli und august text und einleitung abschliessen können, wär es ein segen für mich.
Von Fresenius’ Wieland ging noch nichts in die druckerei. Die übernahme der DLZ scheint ihn ganz in anspruch zu nehmen. Auch mit anderer mitarbeiter zusagen ging bisher alles krumm und ich bin ausser möglichkeit zuverlässige berechnungen anzustellen.
Leben Sie wol! Nochmals glück auf!
Ihr
Seuffert

Graz, 12. April 1886 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Graz, 45 Sparbersbachgasse 12.4.86. Dienstag

Lieber Freund!

Ich antworte rasch, weil wol bald eine größere Pause in meiner Correspondenz eintreten wird. Gestern war Abschiedskneipe der Studenten; jetzt jeden Tag Einladungen; am Montag Abschiedsabend d. Professoren; Dienstag noch ein Vortrag bei der Trauerfeier für Scheffel; dann [da]s Packen und Ostersonntag hoffe ich in Wien zu sein. Der Abschied fällt mir recht, recht schwer.
Inzwischen haben Sie nun Schönbachs Brief erhalten, der Sie über die Situation ganz aufgeklärt hat. Im Vertrauen: es ist ihm wirklich ernst darum, Sie herz[u]bekommen. Aber verlieren will er dabei nichts. Wenn er z. B. sich entschließen könnte, die 600 fl, die er fürs Seminar bezieht, mit dem Extraordinarius zu theilen; dann könnte dieser vielleicht auch mit 1000 fl oder 1200 hergehen, falls sich das Ministerium zu den ganzen 1620 fl. nicht herbeiließe. Ich kann Ihnen nur sagen, daß man hier sehr billig und angenehm lebt, daß Sie – zumal Sie ja doch mit fertigen Collegienheften herkommen werden – sehr viel Zeit zur eigenen Arbeit haben werden und daß die Selbständigkeit und Unabhängigkeit auch eines Extraordinarius hier nichts zu wünschen übrig läßt. Schönbach hat viele Eigenheiten; aber wer hat die nicht! Und seine Aufrichtigkeit läßt einen über manches hinwegsehen.
Heinzel will Ihnen sehr wohl, Scherer desgleichen; Schmidt hat zwar nicht mehr vielen, aber doch einigen Einfluß. Wenn diese drei sich beim Ministerium f[est] ansetzen; dann erreichen sie es auch. Für mich haben sie es nicht gethan. Wäre es schon entschieden!

Wenn ich in Prag in Ordnung bin und die Situation überblicken kann, will ich wegen Uz einen Termin bestimmen. Bis dahin üben Sie Nach[si]cht.

Vielen Dank für Ihren Brief und herzliche Grüße

Ihr
Sauer.

Würzburg, 17. Mai 1886 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Mit dem ersten gruss in Ihre neue wirkungsstätte verbinde ich den wunsch, Sie möchten sich leicht eingewöhnt haben. Ich danke Ihnen noch für die letzten worte aus Graz und dass Sie bei Sch. für mich sprachen. Im juni wirds ja da entschieden werden und fällt das loos so, dass es nach Wien weiterläuft, so werd ich neue monate eines sehr zweifelhaften hoffens durchleben. Ich war in Weimar beim Goethetag und lernte da auch Waldberg kennen. Viele alte und neue bekannte, viel zu viel getöse für meine jetzige stimmung und einsame lebensart. Loeper war da, endlich wart die schriftliche bekanntschaft zur mündlichen. Aber Scherer fehlte und fehlte sehr. Schmidt war der liebenswürdige wirt. Wissen Sie, dass ich den Göttling II für die gesellschaftsausgabe spielen soll? Aber ich fürchte die riesenarbeit der 150 bände und kann den Wieland nicht verschmerzen. Ich flüchtete aus den keilversuchen mich mit der urenkelin meines götzen an sein grab und suchte seinen dämon durch lorberspende zu versöhnen. Aber – er verzeiht mir doch nicht, wenn ich wie seine zeit wegen des grösseren von ihm abtrünnig werde. Lassen Sie mich in einer zeile hören, dass es Ihnen gut geht. Grüssend
BSeuffert

Wzbg. 17.V. 86.

Prag, 18. Mai 1886 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Prag II Stefansgasse 3. 18.5.86.

Lieber Freund! Ihre Karte trifft mich zwischen Unannehmlichkeiten einer versuchten und nur halb gelungenen militärischen Superarbitrirung und den Arbeiten für die Donnerstägige Antrittsvorlesung über die ‚Nachblüte der deutschen klassischen Litteratur in Österreich‘. Ich habe in den letzten 4 Wochen äußerlich viel, aber noch mehr innerlich durchlebt und bin wieder einsam in der Fremde. Ich will noch kein Urteil fällen, ich will nicht undankbar scheinen; aber .... Wegen Weimar beneide ich Sie; ich wäre zu gerne hingefahren; auch zu der Goethe-Ausgabe Glück auf, wenn es mir auch viel lieber gewesen wäre, Sie hätten uns endlich Ihren Wieland geschenkt. Wenn Sie sich für Grillparzer interessiren, so hätte ich vieles zu [be]richten; das schönste von dem was [ic]h nun gefunden habe, ist ein Stück von der Fortsetzung der Esther. darüber weiteres in einem Brief, der in circa 8 Tagen wird folgen können.
Mit vielem Dank für Ihren Gruß Herzlichst Ihr AS.

Prag, 14. Juni 1886 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Prag II Stefansgasse 3.
14. Juni 1886.

Lieber Freund! Ich hätte die Pfingstfeiertage nach Wien fahren sollen; auch zu einem andern Ausfluge wollte man mich bereden; ich aber bin froh die Ruhe und Ordnung die ich mir endlich geschafft habe auch genießen zu können und eine der ersten Früchte, die sie mir getragen hat zu pflücken indem ich die halb abgerissenen Fäden meiner Correspondenz wieder anknüpfe. Ihnen wollte ich gleich nachdem mir das erfreuliche Resultat von Schönbach mitgetheilt worden war zu dem Vorschlage gratulieren. Aber wieder eine so trockene Karte wie meine erste von hier aus war – ich brachte es nicht über mich. Ich kann es Ihnen nicht sagen, was für eine Freude und Befriedigung es mir gewähren würde, wenn Sie nach Österreich, wenn Sie nach Graz kämen, und da Sie nicht allein, sondern gleich mit Ihrer Frau die Verpflanzung in die neuen Verhältnisse vornehmen werden, so wird sie Ihnen leichter fallen, als mir, der ich in kurzer Zeit zweimal allein unter fremde Menschen geworfen wurde. Wir würden uns dann im Laufe des Herbsts in Wien (oder Graz) treffen und ich könnte Ihnen mündlich meine Ansichten über die dortigen Verhältnisse besser mittheilen als auf dem Papier, auf dem alles so schwer und klebrig sich ausnimmt.
Nachdem der Kaiser zu Justis Berufung (die sich wie ich höre inzwischen wieder zerschlagen haben soll) seine Zustimmung gegeben hatte, so ist nicht zu früchten, daß politische Gründe Ihre Ernennung verderben könnten. Zu fürchten ist einzig u[n]d allein der Finanzminister; aber Gautsch soll viel mehr bei ihm durchsetzen als Conrad, der immer auf Kriegsfuß mit ihm lebte.
Ich habe während der letzten zwei Monate in großer Unruhe und Aufregung gelebt, die sich erst jetzt allmälig legt. In Graz zwang man mich zum Abschiede eine Scheffelrede zu halten, die ich etwas widerwillig und unter dem Getriebe des Abreisens ausarbeitete, dann aber mit Glück bei einem Commers in den allerersten Tagen hier wiederholte. Sie ist im Maiheft der Cott[asc]hen Zeitschrift gedruckt und die Grazer Collegen haben sie gelobt. Ich fühle nur zu gut, daß ich ganz von außen an die Sache herangegangen bin. Dann habe ich meine jetzige Kenntnis über die öst. Litteratur des 19. Jh. in meiner Antrittsvorlesung knapp zusammengefasst, die drucken zu lassen ich mich aber trotz mehrseitigen Zureden nicht entschlie- ßen konnte, weil das wichtigste daraus in meinem Buch über die ‚Ahnfrau‘ und in meiner Einleitung zur neuen Grillparzer Ausgabe seinerzeit zu lesen sein wird. In Wien habe ich peinliche Tage verlebt, indem ich die schwerkranke Mutter und den trostlosen Vater um mich hatte; ich konnte mich auch zu den notwendigsten Besuchen nicht zwingen; war nur [i]m Ministerium; 2 mal höchst einsilbig bei Minor, der übrigens mit seinen Hofrats-Allüren unausstehlich war; sonst saß ich immer im Stadtarchiv u. habe mit großem Genuß den ganzen Nachlaß rasch durchgenommen, so daß ich wenn ich Ende Juli nach Wien komme, gleich intensiv zu arbeiten anfangen kann. Ich glaube mich zu erinnern, daß Sie Grillparzer wenig Interesse entgegenbringen; aber einiges will ich Ihnen doch vorplaudern. Die neue Ausgabe soll 14 Bände umfassen, von welchen die zehn den alten entsprechenden un[ve]rändert bleiben müßen weil sie stereotypirt sind. Der zweite wird eine Nachlese zu den Gedichten und 4 fertige Jugenddramen enthalten, darunter die Blanka von Castilien. Der neunte wird den gesammten dramatischen Nachlaß, der aus wenigstens 30 Fragmenten, Skizzen, Plänen besteht zusammenfassen; darunter ein reizendes Fragment Psyche, wahrscheinlich eine Vorstudie zur Hero; scharfe litterarische u. politische Satiren in dramat. Form, so eine Fortsetzung der Zauberflöte gegen Kaiser Franz & Metternich. Das wichtigste ist ein Stück Fortsetzung der Esther, Schluß des 2. Aktes mit einer ganz prachtvollen Scene zwischen Haman und Mordochai und Beginn des 3. Aktes. Der 11 Band wird die Studien zu den griechischen und spanischen Dramatikern, der 13. alles übrige Ungedruckte aus den Pros[a]schriften enthalten, soweit es wertvoll und verständlich ist. Da Dr. Glossy gleichzeitig eine Sammlung von Briefen Grillparzers bei Cotta heraus gibt, so wird das Bild des Dichters in nächster Zeit ein volleres und reicheres werden. Mir aber geht ein Herzenswunsch in Erfüllung, den ich seit Grillparzers Tod und noch länger in mir trage und mit Hopfen kann ich sagen:

Als Jüngling hat man von so manchen Sachen
Gedanken, die nicht Stich zu halten pflegen[.]
Eins müßte mich vor Allem glücklich mache[n],
Meint’ ich, und Deutschland und die Welt bewegen
Womöglich unter Cottas altem Drachen
Solch einen Band Gedichte zu verlegen.

Ich habe mich nach der Obhut des alten Drachen immer gesehnt und ich glaube, daß diese neu eingegangene Verbindung für mich von Segen sein wird.
Doch, lieber Freund, wenn Sie diesen Brief lesen, werden Sie ein falsches Bild bekommen von dem was ich arbeite. Zwar lerne ich für Grillparzer fleißig spanisch und denke oft an diese Arbeit; aber diese selbst wird ja doch erst in den Ferien beginnen und den Winter ausfüllen; jetzt soll der ältere Ansbacher Freund ans Tageslicht, [a]uf das er so lange harrt. Zwar der Abstecher an die Dresdner Bibliothek war mir noch nicht möglich; denn ich blute noch aus alten Wunden von der Übersiedlung her und das Ministerium hat mir bis jetzt keinen Kreutzer ersetzt; auch ist mein Manuscript voll klaffender Lücken; aber ich hoffe doch diese auszufüllen und wenn Sie mir während des halben Jahres, den ja der Druck des Textes in Anspruch nehmen wird, die Einleitung wieder auf eine Zeit zur Nachbesserung zurückstellen wollen, werde [ic]h mich leichter dazu entschließen, sie Ihnen zu schicken. An einen bestimmten Tag kann ich mich vorerst noch nicht binden; es hängt so vieles von Frau Sonne ab; ob sie sich entschließt, länger hinter dem Wolkenschleier auszuharren oder ihre versengenden Blicke in den glühenden Thalkessel sendet, in den Prag gebannt ist.
Über Ihre Arbeit an der Goethe-Ausgabe habe ich Ihnen meine Meinung schon geschrieben. Sie opfern so viele Zeit der Sammlung Ihrer Neudrucke, Zeit, die Ihnen (wie mir bei der meinigen) doch eigentlich für die eigene Arbeit entgeht, wenn Sie diese auch noch so energisch fördern. Wollen Sie beides bewältigen? Wenigstens sollen Sie sich für die DLD inzwischen eine Hilfskraft nehmen[;] ich komme immer mehr zur Einsicht, daß man mechanische Arbeiten wie Abschriften etc. ganz von sich abwälzen soll und auch bei dem Correcturlesen sich so viel als möglich helfen lassen soll. Freilich übe ich praktisch diese Einsicht noch nicht aus; wenn sich meine Verhältnisse aber stabilisiren werden, dann soll es geschehen. Erich Schmidt scheint dies jetzt in großem Style zu thun; denn eigentlich käme ihm diese Arbeit der Revision selber zu. Wie die g[an]ze Ausgabe organisirt sein wird, das interessirt mich lebhaft. Daß Herr von Loeper die Biographie schreibt, halte ich nicht eigentlich für glücklich. Aber Scherer hat Recht: wenn ich einen Goethe schreibe – sagte er – so will ich ihn allein schreiben und meine Art der Betrachtung nimmt mir Herr von L. doch nicht weg. (Denken Sie sich: Max Koch hat Cotta eine dreibändige Goethe Biographie angeboten, die diese ablehnten! Im jetzigen Augenblicke!! Aber machen Sie keinen Gebrauch davon.)
Was sagen Sie dazu, daß Brahm auch einen Schiller schreibt. Hepp, Weltrich, Minor, Brahm. Wenn einer von den vieren die Briefe gesammelt hätte, das wäre doch vernünftiger. Minor will im nächsten Jahre mit dem 1. Bde heraus!
Ich weiß nicht, ob wir über Kochs neue Zeitschrift unsere Meinung schon ausgetauscht haben. Ich weiß nicht, ob er der rechte Mann dazu ist. Er will durchaus etwas ins erste Heft von mir haben; ich kann aber mit dem besten Willen wahrscheinlich nichts geben. Schönbach hält die ganze Idee für verfrüht, was ich nicht glaube.
Erwarten Sie heute keine Details über hiesige Verhältnisse; der Sommer ist eine schlechte Zeit zum Anfang in einer großen Stadt; ich trauere um das schöne, grüne, gesunde Graz in diesem Steinhaufen und vermisse wol auch gute Bekannte. Die Hörer (15 an der Zahl) sind reine Brotstudenten; sehr arm, ganz unwissend. Neue Litt. hat hier gar keine Tradition. Kelle ist sehr liebenswürdig; im Umgang witzig, unterhaltend; auch recht fleißig; aber einseitig und verschlagen. Sonst sind die Ordinarien hier sehr hochmüthig, ganz anders als in Graz.
Ihr armer König! Hier spricht man von nichts anderm. Unsere Zeitungen aber wühlen im Dreck. Pfui und nochmals Pfui!
Lassen Sie bald was von sich hören u. seien Sie herzlich gegrüßt von Ihrem aufrichtig ergebenen AS.

Würzburg, 21. Juni 1886 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Würzburg Herzogeng. 5
21 VI 86

Lieber freund,
Vor allem will ich Ihnen danken für Ihren anteil an unsers königs traurigem geschick. Es ist ein schwerer schlag für Baiern, das so lange auf seinen idealen, hochgebildeten, deutschgesinnten regenten stolz war, ein schwerer schlag fürcht ich auch fürs reich. Mögen wenigstens die letzteren befürchtungen unnütz sein!
Und nun meinen glückwunsch zur ! Ihrer vertiefung in Grillparzer. So verrannt bin ich denn doch nicht, dass ich Ihre studien über ihn ohne freude verfolgte. Ja ich hege die überzeugung, dass ich ein liebevolleres verständnis für den dichter, der allerdings jetzt meiner seele noch fremd ist, gewinne, wenn Sie mich führen. Mögen Sie sich unter dem Cottaschen drachen wol fühlen. Ich kämpfe mit dem eindrucke dass diese firma niedergeht und mehr auf alten lorbern ruht als neue pflückt. Aber auch darin täusche ich mich gern.
Mit Ihrer Scheffelrede sind sie ! ja bereits in den Cottaschen kreis eingetreten. Ich habe sie mit aufmerksamkeit gelesen. Ich hätte die gedenkworte nicht so warm zusammen gebracht, als es die veranlassung heischte. Die schlotterigen verse ärgern mich immer aufs neue, obwol ich mir tausendmal sage, dass sie dem Gaudeamus und noch mehr dem Trompeter anstehen, besser als stilvolle vollendung. Ich bin für Scheffels humor gar nicht unempfindlich und huldige vor seinem Ekkehard. Aber da scheint er mir am meisten Scheffel, wo seine dichtung unreif sprudelt.
Uebrigens bin ich ein antiquar und verzeihe sündhafter weise den poeten vergangener jahrhunderte mehr als den neuen. Warum haben Sie aber auch Goethe als vormann!
Goethe! Sie haben nun auch die Grundsätze der neuen ausgabe erhalten. So erstaunt wie ich werden Sie aber den 14. grundsatz nicht gelesen haben. Ich warte noch heute auf die verheissene nähere bestimmung des generalkorrektorberufes. Bis dahin versprach ich, die gegebene ablehnung nicht als eine definitive zu betrachten. Wer nun recht behalten wird, ob die gesellschaft oder ich, ist schwer zu sagen. E Schmidt schrieb mir erst heute, ich möchte mir noch überlegungszeit lassen und nur jetzt nicht absagen. Dies im vertrauen und nur für Ihre augen.
Hüben steht der Wieland, drüben Goethe; hüben darstellung drüben textkritik; hüben beifall oder blamage, drüben eine stille tätigkeit; hüben eine individuelle vorliebe, drüben die beteiligung an einem monumentalen werke; hüben wenig pekuniärer gewinn, drüben eine kleine aber sichere einnahme. Was fällt schwerer in die wagschale?
Die DLD gebe ich darum nicht auf, wenn sie die verleger nicht aus triftigen gründen einschlafen lassen. Ihren rat einen teil der arbeit abzuwälzen kann ich auch nicht befolgen. Statt meine aufsicht einzuschränken, habe ich sie von heft zu heft gesteigert, wenigstens neuen mitarbeitern gegenüber, habe die vorreden stark beeinflusst, den druck mit den originalen verglichen und gesehen, wie dringend notwendig das war. Danken wird mirs niemand, als die sache selbst. Nach diesen erfahrungen, die für die methodische bildung mancher männer guten namens recht betrübend sind, kann ich mich erst recht nicht entschliessen, einen hilfsarbeiter anzunehmen, selbst wenn sich einer fände, der mir verlässig genug schiene. Auch halte ich es für verdammte pflicht und schuldigkeit, wenn ich als herausgeber der sammlung figuriere, es auch zu sein.
Bei Ihrem Uz werde ichs ja wider leicht haben. Aber ich möchte doch bitten, dass Sie die einleitung fertig stellen. Die verleger sind in diesem punkte ganz unzugänglich geworden; ich fürchte, auch ein vorgelegter brouillon[,] bestimmt sie nicht zum beginne des satzes. Ich kann es ihnen auch nicht ganz verargen; denn es ist fatal ein heft ¾ jahre lang fertig zu haben und immer noch auf die einleitung zu warten. Dazu kommt, dass sie das tempo überhaupt eher verlangsamern ! als beschleunigen wollen, weil der bisherige absatz ihnen nicht genügt. Aber Ihren Uz drucken wir, sobald das ms. druckfertig ist, darauf können Sie sich verlassen.
Von Kochs Zs. erwarte ich mir gar nichts. Ich habe ihm, dessen leeres strebertum mir im grunde der seele zuwider ist, auf seine zusendung des programmes nicht geantwortet. Dann traf ich ihn in Weimar und schlug die mitarbeiterschaft vorläufig ab, hielt ihm auch die verdiente standrede, wie er zur Goetheversammlung erscheinen möge, nachdem er in den Bll. f. bair. gymn. wesen so unflätig über die clique, die die gesellschaft beherrsche, geschimpft habe und sonst jede gelegenheit benütze Scherer und seine freunde in der boshaftesten weise in den kot zu ziehen. An diesem gesellen verfängt nichts. Zum dank für meine grobheit verfolgt er mich mit höflichkeit. Mir ists leid, wenn Sie und andere anständige menschen unter seinen namen arbeiten stellen.
Sagen Sie mir eben so offen Ihre meinung über Franzos’ Deutsche dichtung. Er forderte mich brieflich zur mitarbeiterschaft auf.
Von der ghgl. Goethebiographie erwart ich mir wenig. H v Loepers kenntnisse in ehren, schreiben kann er nicht.
Ein Schiller von Brahm wird ihm den fluch aller schwaben zuziehen. Mir ists willkommen, wenn einmal ein zersetzender geist über Schiller kommt. Ich weiß die übertreibungen dann schon abzustumpfen. Aber vor büchern wie Weltrichs bewahr uns ein gütiger gott. Ich hoffe, dass er das ende seines buches nicht erlebt.
Ich habe eben eine rezension über Biedermanns N. G. Forschungen abgeschlossen, mich für Satyros-Herder erklärt und über Elpenor viel getüftelt. Bin selbst begierig wie mir diese denkübung gedruckt gefällt. Ich fürchte, sie blamiert mich. Aber ich habe nicht zeit, sie länger ausreifen zu lassen.
Jetzt bin ich wider bei Wielandbriefen. Die bächlein rieseln noch. London und Brüssel müssen auch herhalten.
Ich hoffe, Sie werden noch besser in Prag eingewöhnen, als sie es jetzt zu sein scheinen. Und ich hoffe, Sie bekommen Anlass, mir zum einleben in Graz zu helfen. Freilich weiss ich noch nicht mehr als Sie aus den zeitungen oder von Schönbach erfuhren. Heinzel scheint sich der sache anzunehmen. Und es können noch wochen und monate vergehen, ehe ein verheissungsvoller schritt für oder gegen geschieht. Möglich, dass ich einmal selbst in Wien mich produciere, aber lieber unterlasse ichs. Doch könnten Sie die güte haben, mir für den fall der reise – die dann wol bald geschehen würde – einen gasthof zu nennen, der anständig u. doch dem geldbeutel nicht zu gefährlich ist. Fahre ich und höre ich gutes, so geh ich über Graz zurück, wenn ich hier so lange kolleg schwänzen kann (jedesfalls jage ich) und wo soll ich in Graz absteigen, wenn ich überhaupt übernachte?
In Wien werde ich an Minor nicht vorübergehen, möchte aber doch von Ihrer freundschaft vertraulich erfahren, welche aufnahme ich zu gewärtigen habe.
Mit den besten grüssen und wünschen

Ihr
treu ergebener
BSeuffert

Prag, 22. Juni 1886 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Freund!

Nur in Eile einige Zeilen! Sie werden durch Schönbach die Absicht des Ministeriums erfahren haben. Wenn es mit Ihren Verhältnissen halbwegs vereinbar ist: bitte, gehen Sie auf den Vorschlag ein. Thun Sie es nicht, dann setzt uns das Ministerium noch den greulichen Wackernell nach Graz und ich würde mich über einen solchen Nachfolger zu Tode ärgern. Aus der Generalrevision der Goethe-Ausgabe erfließt Ihnen auf Jahre hinaus eine sichere und regelmäßige Einnahme, die Ihnen über diese Zeit hinweghelfen wird und Graz ist billig. Kein Zweifel, daß sich inzwischen ein bestimmtes Gehalt wird herausschlagen lassen. Vielleicht lassen Sie sich einen bestimmten Termin dafür vom Ministerium zusichern.
Ich kann nur sagen: es wäre für die Sache ein Unglück, wenn Sie nicht beistimmten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
treulich ergebener
August Sauer.

Prag 22/6 86.

Prag, 22. Juni 1886 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Freund! Ich habe Ihnen heute Mittags gleich nach Empfang von Schönbachs Brief einige eilige Zeilen geschrieben, jetzt Abends erhalte ich Ihren Brief. Da Sie wahrscheinlich gleich reisen werden, so will ich Ihnen Ihre Fragen wegen der Hotels beantworten. in Prag unbedingt: Stadt Triest; gut und nicht übermäßig theuer, sehr günstig gelegen. In Wien ists schwer. Schmidt pflegte im Hotel Tegethoff zu wohnen; I. Bez. Johannesgasse, wo es aber etwas theuer zu sein scheint. Ein gut bürgerliches Gasthaus wäre die goldene Birn‘ Landstraße (III) Hauptstraße; nicht weit von Schmidts (Minors) Wohnung; meine Familie steigt der Namensverwandtschaft wegen dort ab. Aber wenn auch sonst nicht schlecht gelegen, ist es doch von der Stadtbahn sehr weit, mit der Sie ankommen. Da hätten Sie näher zum Hotel Klomser, Mariahilferhauptstrasse; freilich etwas weit in die Stadt.
Aus meinem ersten Briefe werden Sie ersehen haben, daß ich die Übernahme der General-Correctur jetzt für günstig halte d[er] Einnahme wegen. Überdies: muß denn Wieland deswegen liegen bleiben? Kann nicht auch nebenbei gefördert werden? Was bearbeiten Sie? Ich: Götz und Hausball.
Lassen Sie mich gleich auf die andern Punkte Ihres Briefes antworten.
Die Scheffelrede ist etwas zu warm ausgefallen, wie es in solchen Momenten eben geht; der Horde der blinden Bewunderer war sie dennoch zu kühl. In die Cottasche Ztschrft kam sie durch Zwiedineck, den Redacteur.
Der Uz scheint also gar nicht zu drängen; wenn ich die Ferienmonate ohne Correctur leben könnte, wärs mir lieb; aber wenn wir im October zu drucken beginnen, werden wir bis Dec. – Jänner kaum fertig und ich brauche zu Neujahr viel Geld. –
Daß Koch Schmäh-Artikel gegen die Goethe-Gesellschaft schreibt – habe ich nicht gewußt. Für die Ztschrft werde ich ihm irgend etwas wol geben müßen; einen Mitarbeiter im eigentl. Sinne wird er an mir nicht haben.
Gegen Franzos habe ich ein altes Vorurteil; er ist und bleibt doch ein polnischer Jude und diese Sorte kenne ich. Ich habe ihm abgeschrieben; war aber dabei auch etwas von dem Gedanken beeinflußt, Cottas nicht vor den Kopf zu stoßen, die mit Bonz in Feindschaft leben. Also laßen Sie sich durch mein Beispiel nicht beeinflußen. Cotta ist freilich nicht mehr was es vor 100 Jahren war; aber die Zeit der Decadence scheint mir für die Firma vorüber.
Über Elpinor habe ich viel spintisirt, aber nie etwas herausgekriegt; bin also sehr begierig auf Ihren Aufsatz. – Dank für Bodemann-Haller. Zu milde, zu milde!
Ist B. Sphn. im Centralblatt: Suphan?!
Sie fragen wegen Minor! Ich habe mich zu Ostern sehr schlecht mit ihm gesprochen; aber die Schuld war da mehr auf meiner Seite; ich war unwol verstimmt und voller Sorgen. Er wäre seiner Stellung nicht würdig, wenn er Sie nicht höchst aufmerksam und freundlich empfienge.
Verzeihen Sie das diffuse dieses Briefes und seien Sie herzlichst gegrüßt von Ihrem
Treu ergebenen
Aug. Sauer.

Prag 22/6 86.

Würzburg, 24. Juni 1886 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Würzburg 24 VI 86

Lieber freund,
Ich dank Ihnen für die beiden briefe. Einer berufung nach Graz auf der bezeichneten grundlage werde ich keine schwierigkeiten in den weg legen. Wäre ich nur erst so weit, dass ich ernstlich den ruf erwarten dürfte. Ich mistraue dem minister und fühle mich nach den vorsichtigen mitteilungen Heinzels zu dem optimismus, den nun Schönbach hat, nicht berechtigt. Da Heinzel eine vorstellung in Wien zunächst nicht für angezeigt hält, unterbleibt die reise. Aber läuft die sache besser, als ich jetzt noch glauben darf, so werde ich von Ihren gasthofnachweisungen gebrauch machen. Vor Heinzels nachricht war ich allerdings gesonnen – auf Schmidts u. Schönbachs rat – heute nach Wien zu fahren, weil der feiertag und der am dienstag mir eine längere frist ohne zu starke vernachlässigung der vorlesungen gstattet hätten.
Ueber die generalkorrektur ist das letzte wort nicht gesprochen. Ich fürchte nicht sowol ein gänzliches aufgeben Wielands als eine allzu lange verzögerung. 3–5 korrekturen in der woche zerreissen alle zusammenhängende arbeit. Auch fürchte ich, dass meine philologische neigung durch die korrektur neue nahrung erhält und ich dem ästhetisch-historischen darstellen noch mehr entfremdet werde. Der erziehliche einfluss einer solchen jahrelangen beschäftigung ist gewiss nicht günstig. Doch immer wider – ich brauche geld und ich weiss es zu schätzen mit allen bedeutenden männern des fachs durch die korrektur in fühlung zu sein.
Sie haben meine äusserungen über Uz richtig interpretiert. Ich musste den verlegern versprechen, da sie das tempo verlangsamen wollen, keinen der mitarbeiter zu drängen. Aber so viel darf ich doch tun, dass ich Sie inständig bitte, keine andere grössere arbeit vor abschluss des Uz in angriff zu nehmen. Wenn ich das ms. habe, wird gedruckt werden u. zwar im gleichen tempo wie früher. Ich habe den verlegern das versprechen abgenommen, die abmachungen die ich vor 1. mai gemacht habe, pünktlich zu erfüllen. Vorauszahlung kann ich Ihnen nicht zusichern, so gerne ichs täte; aber die verleger haben im vergangenen jahre darüber einen höchst unerquicklichen strauss mit Geiger (im vertrauen!) hartnäckig gekämpft und halten am buchstaben ihres vertrages mit mir, wonach das honorar erst bei versandbereitschaft der hefte fällig ist. Von meiner seite wird gewiss alles geschehen, was Ihnen eine erleichterung sein kann. Ich hoffe, Sie kennen meine zuverläsigkeit nach der seite.
Dank für die mitteilung übr Franzos. Ich bin umgekehrt wie Sie mit Bonz früher persönlich bekannt gewesen, werde aber das blatt erst prüfen, ehe ich meinen namen hingebe. Ich bin darin sehr stolz – zum schaden meines geldbeutels.
Bodemann hab ich freilich mild durchschlupfen lassen; meine anzeige ist so langweilig wie das buch. Es hat mich so geödet, dass ich nicht einmal den zorn des tadels bekam. Auch bin ich Hallers satt seit der der anzeige über Hirzel.
Ja, Suphan hat gegen Kürschner u. Minor im Centrbl. geschrieben. Da er mich zuvor in einem briefe eigens um mein urteil über seine recension anging, so habe ichs ihm nicht vorenthalten und gestehe auch Ihnen ehrlich, ob Sies gleich nicht gerne hören, dass ich seinen ausfällen auf die Natlitt. beifall gebe. Ueber Minor lehnte ich ausdrücklich jedes urteil ab, weil mir der vorwurf mangelnder objektivität dabei gemacht werden könnte. Eine bittere bemerkung über Suphanschen prophetenstil schluckte ich hinab, der mann kann doch nicht mehr anders werden.
Durch alle diese offenherzigkeiten möche ich einen teil meines dankes für Ihre freundlichkeit abstatten. Nachdem wir uns persönlich kennen, haben wir ein recht auf offenheit auch da, wo unsere meinungen auseinander gehen.
Treulich grüsst
BSeuffert.

Prag, 26. Juni 1886 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg
Würzburg, 28. Juni 1886 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Ich habe mich über Ihre karte so sehr gefreut, dass ich Ihnen lieber freund das gleich sagen muss. Wir sind nun auch darin einig und Ihr wunsch, Sie möchten sich nie mit der Natlitt. befasst haben ist der meine von herzen. Ich glaube Ihnen meine aufrichtige bewunderung Ihres Bürger, den ich gerade heraus für das beste halte von dem was Sie für Kürschner arbeiten, obwol alles hoch über dem steht, was mir von andern leuten des unternehmens zu gesicht kam, seiner zeit bestimmt genug ausgesprochen zu haben. Dass er sich in der schlechten umgebung verliert, wenigstens öffentlich nicht die verdiente anerkennung findet, ist auch mir betrübend. Und es war mir bis heute betrübend, dass Sie hier so günstig über Kürschner und sein unternehmen sprachen. Ich habe mich seiner zeit Roediger zur besprechung der Wielandausgabe zur verfügung gestellt – obwol ich sonst grundsätzlich mich um keine recensionen bewerbe – Roediger hat mich abgelehnt. Bei Steinmeyer laufen keine recex. ein und so bin ich lahm gelegt meine meinung im guten oder im schlechten zu sagen. Uebrigens können Sie Suphan oder einem andern, der nicht hirnverbrannt ist, doch verstand genug zutrauen, dass er Ihren weizen nicht unter die spreu der andern wirft.
Mit gruss Ihr Seuffert.

Wzbg. Herzogeng. 28 VI 86.

Dank für den Hamel, den ich schon – und grösstenteils beipflichtend – gelesen hatte in der Öst. zs.

Prag, 31. Juli 1886 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Lieber Freund! Vor meiner Ferienreise muss ich Ihnen noch mittheilen, dass ich mich nicht entschliessen kann, das Man. des Uz aus der Hand zu geben und die Ferien mir Correcturen aufzuhalsen. Auch hat mich die Preissherabsetzung Ihrer Sammlung nicht ermuthigt, in einem solchen Augenblick Ihnen einen solchen Wälzer aufs kämpfende Schiff zu werfen. Ich gehe wie Sie wissen nach Wien IX Pelikangasse 10, 2. Tr. wo ich sicher bis 24. Sept. vielleicht bis 6. October bin; steht meine Arbeit günstig, so reise ich vielleicht Ende Sept. nach Graz und in die Nähe davon zu Freunden. Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie mir sobald Sie aus Wien sicheres erfahren, Nachricht davon geben. Nach Sch..chs Mitteilungen soll alles günstig stehen. Ich habe in den letzten Wochen rasend gearbeitet; aber es war Frohndienst. Sonst geht’s mir gut. Verzeihen Sie Eile und Kürze Ihrem herzlich grüssenden Treulichst erg
AS

Prag 1.8.86.

Würzburg, 23. August 1886 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Lfr. Gestern lief das berufungsschreiben von David ein. Vielleicht komm ich bald nach Wien. Schönbach sprach ich vergangenen freitag in Erlangen. Dann fuhr ich nach Jena zu Schmidt u. paktierte über die generalkorrektur und die mitredaktion an Scherers stelle. Gestern abends kam ich zurück.
In eile
Ihr
treu ergebener
BSeuffert

Wzbg. Herzogeng. 5
23 VIII 86.

Wien, 24. August 1886 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Wien, IX Pelikangasse 10.

L. F. Ich freue mich herzlich, daß die Sache endlich in Fluß kommt! Möge es Ihnen bei uns recht gut gefallen u. recht gut gehen!
Ich bitte Sie sehr, falls Sie nach Wien kommen, [mic]h rechtzeitig zu verständigen, daß ich Sie am Bahnhof erwarten und Ihnen etwas an die Hand gehen kann. Für die Vormittage (bis zwei Uhr) freilich müßten Sie mich im weiteren Verlauf Ihres Hierseins entschuldigen; aber d. Nachmittag & Abend soll ganz Ihnen gehören.
Mich hat Scherers Tod halb krank gemacht; [s]. arme 70jährige Mutter, bei der ich einige Mal schon Stunden lang gesessen, ist schwer krank – ein rechter Jammer! Was wird nun in Berlin werden!
Eiligst im Rathaus unter Grillparzerpapieren
mit vielen Grüßen
Ihr AS.

24.8.86.

Würzburg, 28. August 1886 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Würzburg Herzogeng. 5
28 VII 86

Lieber freund,

Dank für Ihre wünsche. Ich habe Schönbach zweimal in Erlangen besucht und nach der zweiten zwiesprache gestern meine annahme der berufung bedingungslos erklärt. Hoffentlich fällt nun kein stein mehr aufs geleise und kommt die ernennung ohne allzu starke geduldprüfung.
Schönbach erklärte mein jetziges erscheinen in Wien für ganz überflüssig und so komme ich nicht dahin. Aber ich treffe Sie doch noch dort, wenn wenigstens meine braut von ihrem scharlach so weit erholt ist, dass ende september die hochzeit u. dann die übersiedelung nach Graz statt finden kann. Ich werde dann zuvor in Wien besuche machen müssen.
Haben Sie unter Ihren Grillparzerarbeiten eine müssige und zerstreute stunde, die sie dem praktischen alltag opfern mögen, so erinnern Sie sich Ihres versprechens, mich über Grazer personen und verhältnisse zu unterrichten. Für das äusserlichste und doch wichtige werden Sie freilig wenig rat spenden können. Schönbach wünschte, dass ich selbst zum wohnungmieten vorher komme; aber das ist mir zu kostspielig. Lässt er oder ein anderer hilfreicher mann – den ich nicht kenne – sich nicht darauf ein, für mich zu mieten, so nehme ich, was ich eben sofort haben kann, im oktober. Haben Sie junggeselle erfahrung, ob ich etwa 5 zimmer für höchstens 500 fl. haben kann und in welchem stadtteile ich am besten bescheiden unterkommen, so enthalten Sie mir sie nicht vor.
Schönbach empfiehlt eine antrittsvorlesung zu halten. Da ist wol kürze das beste, der gehalt nebensache. Oder darf man eine glockenstunde sprechen? Sie schrieben von einer kommerse rede ! gelehrten inhaltes. Werde ich auch in diese ganz ungewohnte verlegenheit kommen? Derlei kommerse kennen wir hier gar nicht.
Wie ist das gesellige leben? Rege u. nahe und einfach, oder sprungweise, steif und üppig? Familiär oder nur im bierhause?
Ich hätte so viel zu fragen, aber es ginge fragen u. antworten mündlich so viel leichter, und ich darf Ihre arbeitszeit nicht schädigen. Sonst fragte ich, ob die kleidungspreise hoch sind – dann staffierte ich mich hier vorsorglich aus –, ob schreinerarbeiten hoch bezahlt werden – dann liesse ich mir hier noch büchergestelle machen totz der transportkosten.
Wie viel haben Sie umzugsentschädigung nach Prag erhalten? Wissen Sie etwas davon, ob versetzungs- und brautgut frei von zoll eingeht?
– – – –
Scherers tod geht uns allen mit dem gefühle der verwaisung nach. Was in Berlin werden wird, weiss wol noch niemand. Schmidt, Steinmeyer, Schönbach, Martin, Lexer wissen so viele vermutungen wie Sie und ich, aber nicht mehr. Mit Martin, Steinmeyer u. Schönbach war ich jüngst in Bamberg beisammen. Dass ich bei Schmidt war und die generalkorrektur u. mitredaktion der Weimarschen ausgabe übernahm, schrieb ich wol schon.
Ich bin zerstreut, hastig, freue und fürchte mich. Wir wollen nun die staatliche gemeinschaft zu doppelt guter freundschaft ausnützen. Das ist mir einer der wenigen festen punkte der zukunft und ein lieber punkt.
Lassen Sie mich abbrechen. Ich habe zu viel am herzen, um gemütlich zu plaudern.
Grüssend
Ihr
BSeuffert

Wien, 30. August 1886 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Wien IX Pelikangasse 10.
30. August 86.

Lieber Freund! Ich hoffe mit Ihnen, daß nun alles glatt ablaufe und daß ich Sie mit Ihrer jungen Frau Ende Spt. oder Anfang October hier noch werde begrüßen können. Da wird sich mündlich noch manches aussprechen lassen, wovor die Feder zurückzuckt. Aber die wichtigsten Ihrer Fragen hoffe ich Ihnen genügend beantworten zu können.
Freilich wegen der Wohnung weiß ich wenig Rath. Sie können nur in den neuen Stadttheil (Jakomini) ziehen und müßen Sich eine der ruhigen Straßen Lessing- Rechbauerstraße etc. aus- suchen; die Straße, in der ich wohnte ist eine der ruhigsten. Aber theuer sind die Wohnungen dort allerdings und um 500 fl. werden Sie wol nur 4 Zimmer kriegen. Wenn Schönbach sich nicht angetragen hat, Ihnen etwas zu verschaffen, so will ich Mittel und Wege suchen, Ihnen eine Wohnung miethen zu lassen – freilich auf die Gefahr hin, daß sie Ihnen nicht ganz convenirt. Aber im October ist es auch schwer, etwas passendes zu erraffen.
Ich habe mich seinerzeit der Antrittsvorlesung in Graz entzogen, obgleich Schönbach sie gewünscht hatte, in Prag habe ich sie jetzt gehalten; Sie müßen doch ¾ Stunden reden; ich würde zu keinem speziellen Thema [r]athen; etwas methodologisches empfiehle sich am besten. Oder eine Einleitung zu Ihrem Hauptcolleg? –
Wegen der Kommersrede müßen Sie mich misverstanden haben. Gelehrte Reden werden da überhaupt nicht gehalten und als neuangekommener, als Ausländer noch dazu können Sie sich durch lange [J]ahre hindurch aller solcher Zumuthungen entziehen. Es gibt viele Leute in Graz, die nie eine öffentliche Rede gehalten haben.
Über die geselligen Verhältnisse könnte ich Ihnen die genauesten Auskünfte geben, wenn Sie als Junggeselle einzögen. Mit der Frau gestaltet sich so etwas anders; jedenfalls viel complicirter. Die Fakultäten pflegen in Graz ziemlich abgeschlossen zu sein; dennoch würde ich Ihnen rathen bei Helly, dem Gynokologen ! Besuch zu machen, dessen praktische Frau in allen häuslichen Dingen als Orakel gehört wird; wenn Sie an Krafft-Ebing, den Psychiatriker heran könnten, wäre da[s v]on großem Vortheil. Er ist ein Badenser, seine Frau – glaube ich – auch eine Reichsdeutsche. Ich habe in beiden Häusern nicht verkehrt. Was unsere Fakultät betrifft, so empfehle ich Ihnen als den Treuesten der Treuen Prof. Gurlitt, eine goldene, reine Seele; [e]in gescheuter Mensch, der, mehr Künstler als Professor, es leider in der letztern Laufbahn noch nicht sehr weit gebracht hat. Seine Frau ist mir unter allen in Graz die sympathischeste; sie ist auch ganz anders als die andern; in einem hocharistokratischen, fürstlichen Hause erzogen hat sie mit [d]er Feinheit der Bildung nicht auch zugleich die Ansprüche des Adels in sich aufgenommen und waltet in ihren bescheidenen Verhältnissen als die lieblichste Hausfrau. Prof. Bauer (alte Geschichte) wird Sie durch sein liebenswürdiges Behnemen ! gewiß bald gewinnen; seine Frau könnte der Ihrigen wol in praktischen Fr[ag]en gut an die Hand gehen. Von jüngeren Collegen sei Ihnen Prof. Haberlandt, der Botaniker warm ans Herz gelegt; dessen Frau, eine Würtembergerin, anfangs still und scheu, bei näherem Bekannwerden etwas ungemein Anziehendes hat. Endlich sind aus meinem näch[ste]n Freundeskreise – denn diesen habe ich zuerst umrissen – Zwiedineck und Frau hervorzuheben; stoßen Sie sich bei ersterem nicht an dem burschikosen Wesen, das manchmal durchbricht, bei letzterer nicht an [d]en etwas pretensiösen Allüren – die französischen Ausdrücke sind absichtlich gewählt – : Sie werden in beiden ein paar herzensgute Leute kennen lernen, die Ihnen gewiß aufs freundlichste entgegenkommen werden. In allen diesen Häusern werden Sie sans gêne nur im kleinen Kreise verkehren und sich hoffentlich wohl fühlen.
Von älteren Collegen machen zunächst Karajans Haus: ich bin im Groll von der Frau geschieden, Ihrer übertriebenen Zimperlichkeit wegen u. Schönbach wird Ihnen auch nur böse Erfahrungen mittheilen: aber sie ist eine ganz gescheut[e] Frau, die mit Ihrem Wissen nur etwas weniger flunkern müßte; eine Mainzerin; da gibt es im Winter steife und trockene Musik-Abende. Dann kämen für Sie wol Graffs in Betracht, wo zwar nicht ich, aber Schönbach und andere angenehm verkehren. Er war früher an der Forstakademie in Ascha[ff]enburg; seine Frau ist zwar eine Grazerin – wie ich glaube – hat aber viel deutsches Wesen angenommen. Bei Krones und Goldbacher da werden Sie zu größeren Tafeln geladen werden, die dann meistens [r]echt ungemütlich ausfallen; in diesen beiden Familien, sowie beim Chemiker Pebal herrscht am meisten österreichischer Ton und wenn dieser vermieden, umgangen werden soll, wirds einfach gräulich. Wappnen Sie sich da mit Geduld! (Bei Gott: [d]er Brief wird sehr vertraulich; denn wenigstens bei Krones war ich viel im Hause; aber immer nur en petite comitee und als Junggeselle. Frau Gurlitt hat beide Häuser längst aufgegeben.) Erich Schmidt wird Sie gewiß an den Chemiker Schwarz von der Technik weisen, eine angenehme sächsische Familie; die Frau [r]echt hausmütterlich. Da waren noch vor zwei Jahren große Tafeln, bei denen die Tische sich bogen; aber durch Krankheit ist es unterbrochen worden. – Die Gasthausgesellschaften kenne ich zu wenig; Bauer hat als Junggeselle eine regelmäßige Skatgesellschaft gehabt[,] die er auch jetzt noch gelegentlich besucht. Sonst gehen die Professoren wenig in Gasthäuser.
Wegen Kleidung fehlt mir der Maßstab. Ich habe in dem „1. Männer-Kleider-Macher Consortium“ Herrengasse (ich glaube 5; [g]leich beim Auerspergbrunnen arbeiten lassen u. war zufrieden. Mein Winterrock kostete dort fl. 40; ein Salonrock 32; aber da müßte man die Sachen erst sehen. Hingegen glaube ich, daß Sie die Büchergestelle in Graz billiger und ebenso gut bekommen. Werner hat sich als er schon im Lemberg war, von Graz alles nachschaffen [l]assen. Gurlitt hat einen vorzüglichen Schreiner; auch Zwiedinecks Stellagen sind hübsch. Meine waren und sind ganz einfach; bei einem Tischler in der Sparbersbachgasse, (Nr. etwa 31 oder 33??) gemacht, den ich für ganz gewöhnliche Arbeit empfehlen kann. Wegen Übersiedlungsgebühr müßen Sie mit dem Ministerium verhandeln. Ich habe seinerzeit für die Strecke Lemberg [ – ] Graz 150 fl. (Werner für dieselbe 200) bekommen; nach Prag habe ich nochnichts erhalten; bei Avançement ! gebührt nichts; ich habe aber angesucht. Österreich ist in dieser Beziehung sehr knickerig; Sie müßen dem Minister direct deswegen zu Leibe gehen. Versetzungs- und Brautgut ist unbedingt zollfrei (ich weiß es von Schmidts Übersiedlung und sonst); aber es müßen genaue Verzeichnisse angefertigt u. an dem Aufgabeort – von wem?? – bestätigt sein.
So viel, lieber Freund, etwas eilig und flüchtig; aber zunächst wol genügend. Bitte, stellen Sie mir weitere Fragen; ich antworte sehr gern. Wegen der Wohnung präcisiren Sie Ihre Wünsche und ich will mein Glück probiren.
Sind wir auch in Zukunft weit auseinander, so treffen wir uns doch wol öfter im gemeinsamen Mittelpunkt und [G]raz soll mir von nun an eine doppelt angenehme Besuchsstation sein.
Herzlichst
Ihr
aufrichtiger
ASauer.

Würzburg, 1. September 1886 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Würzburg Herzogeng. 5. 1 IX 86

Lieber freund,
Ihr brief ist goldes wert. Ich danke Ihnen lebhaft dafür und werde die vertraulichen äusserungen redlich für mich bewahren aber auch für mich nutzen. Gurlitts werden Sie uns ja nicht gönnen; soll er nicht nach Prag kommen? Graff kenne ich, wie ich mich jetzt erst erinnere; d. h. ich hab einmal mit ihm und seinem freunde Erich Schmidt ein stündchen verkneipt. Sonst sah ich ihn nicht. Noch kenne ich von aussen einen liebenswürdigen alten herrn v. Ettingshausen oder wie, botaniker seines zeichens, der hier beim jubiläum war. Sie nannten ihn nicht. Ihr schreiben war sehr woltätig, denn eine freundin meiner braut, die kurze zeit in Graz lebte, bis ihr vater (Röll, direktor der tierarzneischule oder so was) reaktiviert nach Wien zurückkehrte, hatte ein ziemlich tristes bild vom Grazer dasein gezeichnet. Ich bin recht dankbar, dass Sie es etwas menschlich belebten.
Ihre güte wegen der wohnung in anspruch zu nehmen, behalt ich mir vor. Jetzt hab ich noch nicht courage zu mieten; oder meinen Sie, das dekret sei unausbleiblich? Auch hat Schönbach sich erboten, adressen zu sammeln und ich denke, dann ist die mühe des mietens nicht mehr gross, dessen odium er nur scheut. Oder fällt derlei Schönbach schwer? ist er eine unpraktische natur? Er bot auch seine haushälterin, frau Pöltl oder ähnlich an. Ist sie die perle, für die er sie hält? Darf man ihr eine bemühung zumuten und anvertrauen?
Sie sehen ich schreibe gleich wider einen brief mit fragezeichen und da sies erlaubt haben, fahr ich darin fort. Antworten Sie mir nur lakonisch, damit Ihre zeit nicht allzu sehr darunter leidet. Aber Ihre auskünfte haben meiner braut u. mir so imponiert, dass wir uns gerne weiter an sie klammern.
Also: pflegt es in Graz grimmig kalt zu werden? ich meine, dass 10 und mehr kältegrade Réaumur anhalten?
Wegen der wohnung: die universität ist doch noch in der stadt beim dome? ich habe einen stadtplan von 1882 vor mir, wo ein neubau in der nähe der Schubertgasse bei naturwissenschaftlichen instituten skizziert ist. Ist hier das kollegienhaus? Ich scheu weite wege nicht, denke also der billigkeit wegen an die peripherie der neuen stadtteile zu ziehen, wenn es da nicht besondere hinderungsgründe gibt. Auch viele treppen irren mich nicht. Die freundin meiner braut tat als ob überall gasleitung wäre; mir ist eine hängelampe lieber. Vier ordentliche zimmer oder drei mittelgrosse u. zwei kleinere, dazu magdkammer, garderobe oder dgl. wären mir lieb. Auf wanzen und derlei gäste verzichte ich gerne. Oder stellen sie sich überall von selbst und ungebeten ein? wie in Berlin O? Bitte nennen Sie mir einen führer von Graz mit stadtplan, den ich mir durch die hiesige buchhandlung besorgen kann. Ich würde mir den neuen Bädeker kaufen, wenn nicht gerade auf 1887 eine neue auflage versprochen wäre und ich nicht lieber etwas ausführlicheres hätte. Ich mag Schönbach nicht darum schreiben, weil das wie bettelei ausschaut.
Noch eins! Schönbach empfahl mir italienisch zu lernen wegen der prüfungen – und dann sauste der zug mit ihm ab. Ich lese nun so leidlich italienisch, aber ich kanns nicht schreiben geschweige sprechen. Wozu brauch ichs? u. wie viel?
Meine braut liegt immer noch zu bette an ihrem fatalen scharlach. Das erschwert den abschluss der vorbereitungen ungemein. Hoffentlich kommt nicht auch noch besorgnis dazu.
Kennen Sie Linz? lohnt sich ein kurzer aufenthalt da? und wo sollte man absteigen? Ich denke daran, bei gutem wetter von Passau an auf der Donau zu fahren, das soll sehr hübsch sein. Bädeker empfiehlt auch über Linz hinaus die wasserstrasse zu ziehen. Das wird aber die langsamkeit des vorwärtskommens nicht lohnen?
Ihre übersiedelungsgelder sind knapp. In Baiern erhält jeder von auswärts berufene solche gelder bis zu 2400 m. worin allerdings die anstellungstaxe 10 % vom gehalt inbegriffen ist). Nur wer in Baiern avanciert, erhält nichts (also wie Sie von Graz nach Prag).
Sagen Sie mir gelegentlich auch darüber noch ein wort aus Ihrer erfahrung. Schmidt drängte mich bedingnisse vorher abzumachen und auch Sie rieten s. z. mir zuvor den zeitpunkt des überganges der unbesoldeten lehrkanzel in eine systemisierte versprechen zu lassen. Schönbach widerriet jeden anspruch als gefährlich für den ausgang so entschieden, dass ich mich mit gebundenen händen dem ministerialrat zu füssen warf. Schönbach sagte, nach u. nach liessen sich allerlei kleine aufbesserungen, seminarvorstandschaft, dann später remuneration hiefür, weiter aufbesserung u. s. f. erreichen, auch die übersiedelungskosten sollte ich erst später fordern. Hat Schönbach mit dieser auffassung der staatsverwaltung recht? oder behandelt er gerne alles dilatorisch? Ich vertraue mich mit solchen fragen Ihrer diskretion an, wie Sie der meinigen für Ihre antworten sicher sind.
So viel heute. Sie sind gar nicht sicher, dass bald wider ein fragebogen kommt. Haben Sie geduld mit mir.
Denken Sie nur, Martin will in einem jahre den Wackernagel bis zum schlusse – Platen-Rückert scheint es – fertig haben. So sagte er mir. Ich glaube aber, er wollte mir dadurch nur ad oculos demonstrieren, dass er der richtigste nachfolger Scherers ist. Flehen Sie doch mit mir zu den guten göttern, dass sie uns den balken nicht zum könige setzen.
Treulich
Ihr
BSeuffert

Wien, 3. September 1886 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

Wien, 3.9.86.

Lieber Freund! Es freut mich, daß meine raschen Bemerkungen ir[g]endwie nützlich sein können und wäre es auch nur zur momentanen Beruhigung eines furchtsamen Frauenherzens. Ich muß gleich heute antworten, weil die nächsten Tage durch eine in der Nähe unangenehme Verpflichtung – eine Rede bei der Enthüllung der Gedenktafel F. Raimunds in Pottenstein – ausgefüllt sein werden.
Meine Revue der Collegen war nur nach dem Gesichtspunkt der Gefälligkeit angeordnet; da Ettingshausen, den ich sonst gut kenne, niemanden bei sich sieht, so habe ich ihn übergangen; nachträglich fiel mir aus meinem näheren Bekanntenkreise noch Dölter ein, der Mineralog; wo alljährlich ein großer Ball war [un]d wo ich auch sonst gelegentlich einen Sonntag-Abend verbrachte. Er ist der Sohn eines Juden und einer Creolin;wenn er aus seiner türkischen Lethargie aufgescheucht wird (wie bei der Frage des chemischen Institutes) ein brauchbarer, gar nicht unebener Mann. Sie, eine Wie[ner]in, aber, um mich des sonderbaren Ausdruckes zu bedienen, Aristokratenfexin; sehr oberflächlich; gelegentlich aber ganz amüsant. – Was die Freundin Ihrer Braut sagt begreife ich. Die Wiener sind alle unglücklich in Graz, eben weil sie Wiener sind. – Wenn Schönbach Ihnen versprochen hat, Adressen zu sammeln dann können Sie zufrieden sein; denn er rührt da keinen Fuß, das macht alles Frau Pöltl, die praktischeste und bravste Person (nebenbei auch die häßlichste) die Sie sich vorstellen können. Ich habe freilich ein geheimes faible für Sie, weil Sie mich an meinen [s]tabilen Montag-Abenden mit meinen Lieblingsspeisen traktirte. Graz ist ziemlich rauh; da ich aber für Kälte gar nicht empfindlich bin, so kann ich die Grad-anzahl schwer angeben. Jedesfalls sorgen Sie sich so vor, als ob es 10° gäbe.
Die Universität, soweit Sie an derselben zu thun haben ist noch immer beim Dom; das neue Haus steht immer noch n[ur] auf dem Papier. Entfernungen gibt es in Graz überhaupt nicht; ich hatte von der Herz-Jesukirche (die Sie auf Ihrem Plan finden werden) zur Universität 12–15 Minuten (die Grazer nannten das freilich sehr weit). Also an die Peripherie der neuen Stadttheile können Sie sich immerhin ziehen; nur das Einkaufen, die Entfernu[n]g des Marktes (wo wol der jetzige Kaiser-Josefplatz bei der protestantischen Kirche) ins Auge zu fassen ist, gäbe zu bedenken. –
Möglich, daß die ganz neuen Häuser Gas haben; durchschnittlich ist es nicht. Ich hatte eine vollkommenreinliche Wohnung in Graz u. solche finden sich wol viele. Wenn ich Ihnen mit meinem Baedeker (denselben den ich in Würzburg kaufte 1884) bis auf weiteres aushelfen kann, so soll er per Kreuzband folgen; ich habe ihn ein[g]epackt; ich weiß eigentlich nicht wozu? Ich hatte – wenn ich nicht irre – einen Plan aus den „Steierischen Wanderbüchern“ von dem Grazer Touristenverein herausgegeben u. war ganz zufrieden damit.
Das Italienisch lernen ist wieder eine der beliebten Schönbach-schen Schrullen. Da fiel ihm nichts anderes mehr ein u. da kam e[r] damit. Sie werden nemlich gelegentlich bei slavischen und italienischen Lehramtscandidaten zu constatiren haben, ob sie des Deutschen so weit mächtig seien, daß sie wissenschaftliche Werke lesen und verstehen können. Schönbach pflegte Ihnen ! da eine von Lessings Fabeln lesen und [de]m Inhalt nach wiedergeben zu lassen; ich nahm meistens ein beliebiges Buch. Da müßten Sie also ebenso gut slovenisch lernen, was weder Schönbach selbst, noch irgend sonst jemand außer dem Slavisten kann. Also keine Spur einer Not[w]endigkeit!
Die Fahrt bis Linz soll auf der Donau sehr schön sein; daß es die andere ist, weiß ich aus eigener Erfahrung; Linz selbst ist ganz unbedeutend u. wol eines Aufenthaltes nicht werth; es wäre denn, daß Sie sich für das Landesmuseum interessiren, das, glaube ich, ziemlich reich ist. Aber dergleichen läßt man auf der Hochzeitsreise doch links liegen.
Hoffentlich geht es Ihrer Braut bald ganz gut. Das ist doch des Teufels, daß jetzt Krankheit dazwischen kommen muß.
Nun zu dem wichtigsten & schwierigsten. Würden Sie als „bezahlter außerordentl.“ Prof. hereinberufen, dann wäre an einer Übersiedlungsgebühr nicht zu zweifeln; Sie werden aber wol – wie ich es war – zum „unbesoldeten außerord.“ Prof mit Remuneration ernannt. Und da eben das ganze leicht an den Geldforderungen scheitern könnte, so ist es – nachdem Sie sich einmal entschloßen haben, unter diesen Verhältnissen, nach Graz zu gehen, besser, auf nicht[s] zu pochen. Immerhin können Sie, wenn irgend weitere Verhandlungen noch statt finden sollten, wegen dieser Übersiedl. Gebühr eine Forderung stellen. Schönbach ist in allen Dingen, die ihn selbst betreffen, sehr energisch u. zugreifend; zu mir sagte er ganz dasselbe, was er Ihnen sagte; aber alle die kleinen Aufbesserungen, Seminarremunerationen etc. erwiesen sich als Luft; ich hatte in Graz nur meine nackten 600 fl.; zweimal machte er Vorschläge, mit denen er Ihnen gegenüber auch nicht kargen wird u. er meinte wol auch, sie würden Erfolg haben; aber über diese akademische Art der Förderung hinaus, hob er keine Hand auf und ich habe es ihm gelegentlich eines Streites zum Vorwurf gemacht, daß er 2mal in Wien war – zu einer Zeit, wo ich Aufbesserung hoffte – u. [de]n Weg ins Ministerium nicht machte. Und wegen des Seminars steht es so. Schönbach hat 600 fl. Remuneration; das ist sehr, sehr viel. Mehr kann das Ministerium nicht leicht zahlen; er müßte sich also entschließen, diese Remuneration mit Ihnen zu theilen. Ich habe es nicht ve[rla]ngt u. konnte es nicht verlangen. Er hat nie etwas dergleichen gethan. Übrigens wird in Ihrem Dekret stehen, was z. B. in meinem für Prag steht, daß das Seminar ohne Anspruch auf spezielle Vergütung zu leiten ist.
Alles das war u. ist bei mir. Ausländer hat man in der Regel viel coulanter behandelt. Überdies will Ihnen Heinzel sehr wol (der für mich nie etwas that) und Sie haben keinen Gegner in Wien; während Schmidt uns im Ministerium direct geschadet hat; wenn auch nicht immer mala fide.
Ihre Ernennung halte ich zwar für sicher; aber da haben Sie Recht: Wohnung miethen können Sie doch noch nicht!
Über Berlin höre ich böse Sachen; Sievers u. Willmanns oder beide sollen Aussicht haben. Da wäre die lachmannsche Schule endgiltig todt. Ich kann nur immer wieder sagen: Scherers Tod ist ein großes, großes Unglück für uns alle.
Verzeihen Sie meine schlechte Schrift; ich habe heute Vormittag zwei mal meine Rede ins Reine geschrieben, einmal für mich und einmal für den Druck und da giengs jetzt nicht mehr besser.
Fragen Sie weiter, lieber Freund, u. ich will weiter antworten, so gut ich eben kann. Herzlich grüßend
Ihr Aug. Sauer.

Würzburg, 6. September 1886 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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L. fr. Widerum vielen dank für Ihre mitteilungen. Ich werde sie alle gut nützen können. Schönbach teilte mir nun seine rückkehr nach Graz mit und so werde ich nun von dort aus noch einiges nötige (über Ihre bisherigen vorlesungen und wie ich daran weiterspinnen kann soll u. dgl.) hören.
Viel glück zur Raimundrede. Wo wird sie gedruckt, dass man sie doch auch zu lesen kriegt?
Wilmanns und Sivers ! sind leider möglich. Ich bin für Heinzel, der aber kaum geht? und Steinmeyer. Dieser und Schmidt – ein anderer zweiter ist doch nicht da – wäre famos. Fast zu vernünftig ums für wahrscheinlich zu halten. Haben Sie andere besetzungswünsche als ich? Schade, dass ich der Berliner fakultät meine persönlichen vorschläge nicht oktroieren kann. Treu Ihr Seuffert.

Wien, 22. September 1886 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Wien 22.9.86.

Lieber Freund!

Da ich die Wienerzeitung nicht sehe, so erfuhr ich Ihre Ernennung erst aus dem Abendblatte und es war zum telegraphiren zu spät. Also auf diesem Wege meinen aufrichtigen Glückwunsch! Möchten Sie es nicht nur nie bereuen nach Österreich gegangen zu sein, sondern möchten Sie sich wohl und behaglich fühlen. Ich glaube, wenn man an Deutschland einen Rückhalt hat, ist es in Österreich doppelt angenehm; fast jeder Reichsdeutsche hat sich hier noch eingelebt.
Ich bin bis 3. October hier u. hoffe Sie zu sehen.
Auf treue Freundschaft im gemeinsamen Wirkungslande!

Ihr
Sauer.

Würzburg, 24. September 1886 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Lfr. Ich erwidere Ihren herzlichen willkomm mit dem herzlichsten danke. Ich werde suchen, kein Ihnen unwürdiger nachfolger im amte zu sein. Wenn der beruf lohnt, dann gewöhne ich überall ein. Das dekret habe ich noch nicht erhalten. Doch, durch spediteurangebote aufmerksam gemacht, suchte u. fand ich die ernennung gestern in der Nfr presse. – Ich möchte gar zu gerne mit der frau übersiedeln u. da deren genesung so fortschreitet, dass ich eine vermählung in der 2. od. 3. oktoberwoche für möglich halte – doch ist der arzt noch zu befragen – so werde ich möglichst spät nach Graz übersiedeln, vielleicht mir sogar – wenn es sein muss – bis 25 okt. urlaub geben lassen. Ist das wegen der zuhörerschaft sehr schlimm? Schönbach rät bestimmt zu morgenstunden. Kann ich die konkurrenz des romanisten u. slavisten aufnehmen? ist 8 uhr keine zu frühe stunde! hier ist das im winter zu bald für den schlaf der studenten. Leider, leider vermisse ich Sie nun in Wien. Das ist mir sehr ärgerlich, nicht nur weil ich durch Sie noch weiter hätte orientiert werden können, sondern weil ich Sie sehr gerne widergesehen hätte. Hoffentlich kommen wir doch bald sonst zusammen. In freundschaft grüsst Ihr
BSeuffert

Würzburg Herzogeng. 5 24 IX 86.

Würzburg, 28. September 1886 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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L. fr. Schönbach hat mir wohnung an der ecke der Glacis- u. Harrachstrasse, 3 häuser von der seinigen, also in sehr schöner lage gemietet. U. ich wäre sehr glücklich darüber, wenn sie ein magdzimmer hätte. Dass mir Gurlitt bleibt, freut mich lebhaft, obgleich ich ihn Ihnen ja gegönnt hätte. Das dekret ist immer noch nicht da. Sonderbar. Können Sie vielleicht bei einem übergesiedelten erkunden, ob man seine möbel auf einmal überführen muss oder nur innerhalb einer gewissen zeit, gleichviel auf wie viel fahrten, (was mir sehr bequem wäre), so wäre ich dankbar. Ans zollamt schrieb ich nicht, weil auf derlei anfragen mit theoretischen umständlichkeiten geantwortet zu werden pflegt, die praktisch doch keine geltung haben. – Noch eins! könnten Sie mir ein oder das andere restaurant in Wien empfehlen, wo ich mit der frau speisen könnte? NB u. dazu bier trinken! denn im hotel nimmt man wol nichts, nicht einmal das frühstück.
Treulich
Ihr
Seuffert

Dank für die neuen auskünfte!

Wzbg. 28 IX 86.

Wien, 29. September 1886 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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L. F. Ich glaube nicht, daß Sie Urlaub nehmen brauchen, auch wenn h[ier] erst um den 25. Ferien begi[nn]en; doch fragen Sie sich beim Dekan an u. thun Sie was der meint. Dölter der heuer Dekan ist, dürfte ein ziemlich weites Gewissen haben. Ich habe in Graz immer von 8–9 gelesen u – da Schönbach es thut, rathe ich Ihnen dazu. Wenigstens für diesen Winter. Später können Sie sich ja eine Ihnen genehmere Stunde aussuchen. Romanisten & Slavisten sind nicht zu befürchten. Auch mit der Frequenz giengs erträglich. Um die Faschingszeit verspätet sich Einer oder der andere L– Gurlitt ist Ihnen geblieben. Ich jammere bitterlichst. Wie steht es mit der Wohnung?
Dank für die reichhaltige Anzeige. Elpenor werde ich gleich in Prag vornehmen. Hier fehlt mir die Zeit & Stimmung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
ASauer.

29.9.86.

Wien, 1. Oktober 1886 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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Auszug:

1.10.86.


L. F. Die Wohnung scheint mir vorzüglich. Beste Gegend; hell, gute [Lu]ft. Sie wären doch weni[gst]en ! diesen Winter geborgen. Das Dekret liegt wol in Graz beim Dekan. Verlangen Sies von dem oder bitten Sie Schönbach, daß er anfrage. Ihre Anfrage wegen eines Gasthauses in Wien werden Sie, sobald Sie Wien kennen, als völlig überflüßig erkennen, weil es nirgends so viele u. so gute Gasthäuser gibt als hier u. vorzügliches Bier überall zu haben ist. Wohnen Sie auf der Landtraße, so haben Sie zur Linde in der Rothenturmstraße nicht weit; Graben: Tabakspfeife. Weihburggasse: Königin Elisabeth. Alsergrund: Riedhof (vorzüglich.) Johannesgasse: Gause. Beim Burgtheater (Kohlmarkt) Lothringer etc. etc. etc. etc. Wegen der Zollgeschichte in einigen Tagen. Treulichst Ihr AS.

Wien, 8. Oktober 1886 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Würzburg

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L. F. Voller Eile während d. Abr[ei]se: Brautausstattungen können in so vielen Abtheilungen als man will transportirt werden. Gar kein Anstand. Minor freut sich bereits, Sie baldigst hier begrüßen zu können. Gehen Sie nicht an ihm vorüber.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
AS.

Graz, 4. November 1886 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Der erste gruss aus Ihrem vaterland. Ihre adressen für Wien taten uns sehr wol. Hier sind wir Harrachgasse 1/III vortrefflich untergebracht und fast eingerichtet. Die zollwirtschaft u. die langsamkeit des spediteurs hielt uns eine weile auf. Schönbach ist voll freundlichkeit. Andere kollegen kenne ich noch nicht, da ich noch keine besuche machte ausser bei rektor u. dekan. Der hörsaal war stark besucht, ich beginne aber erst am montag regelmässig zu lesen u will sehen, ob ich den studenten ein annähernder ersatz für Sie bin. Mein dekret musste ich im ministerium in W. aus seiner vergessenheit loslösen, sonst wär es nimmer expediert worden, wie man gestand. H v David war zuvorkommend. Heinzel voll aufmerksamkeit, Minor gezwungen. Ich sprach ihn nur einmal in seiner wohnung, ging allerdings auch nicht zuerst zu ihm, sondern zu Heinzel. Graz selbst besticht mich vorläufig nicht, aber seine umgebung sieht sich vorzüglich an.
Auf gute landsmannschaft! Treulich Ihr
BSeuffert.

NB. Hochzeitsanzeigen liess ich nicht drucken.

4 XI 86

(Graz), 5. November 1886 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Ω βαλτιστε helfen Sie mir. Riedel schreibt 23. VIII 72 an Wieland über dessen berufung nach Weimar: Ich habe Ihren Ruf, sammt dem ehrenvollen Betragen des Kurfürsten in dem hiesigen Diario angeblasen .... Was meinte er da für eine zeitung? welche kann er meinen?
Ich bin nach pfingsten nach Weimar zu sitzungen einberufen. Kommen Sie nicht auch einmal? Das wäre ideal. Sie zum vergnügen, ich zu einer wol wider unerquicklichen arbeit.
Treulich u. herzlich
BSfft.

Graz Harrachg. 1
11 V 86

Prag, 12. November 1886 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. Fr. Ein Unwolsein, das ich mir wahrscheinlich auf der Rückreise von Wien um [Al]lerheiligen zugezogen habe, ist [sc]huld, daß ich erst heute Ihren ersten österreichischen Gruß erwidere. Und alles in allem muß diese Karte also sein: Glückwunsch zur Vermählung, zur Übersiedlung; zur Eingewöhnung. Oder sind Sie vielleicht Sch.s nachfolger in Weimar, wozu ich freilich auch nur gratulieren könnte. Daß Sie von Wien keinen ungünstigen Eindruck bekommen haben, freut mich; aber das exempel der österreichischen Unpünktlichkeit ist stark! Das Capitel Minor würde mich bitter machen. Er hat mich mit einer wahren Hofratsmiene empfangen und wir sind doch zusammen in die Schule gelaufen. Seis, sage ich mit meinem Grillparzer! –
Grüßen Sie Schönbach und empfehlen Sie mich gütigst Ihrer jungen Frau. Einen ausführlichen Bericht ersehnt baldigst
Ihr treu ergeb.
AS.

Prag 12.11.86.

Graz, 8. Dezember 1886 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Graz Harrachg. 1
8 XII 86

Mit dem gewünschten ausführlichen bericht, lfr., hat es gute weile gehabt. es hangt zu viel an einem eingewöhnen und gar an einem zweischichtigen, drum und dran. Dank der ausgezeichneten zuverlässigkeit der mir hier angeratenen tischler kam ich endlich letzten samstag in besitz der nötigen ureinfachen büchergestelle, entbehre aber noch immer andere bestellte dinge, kleinigkeiten, die mir jedoch abgehen zur behaglichkeit.
Sonsten lebt sichs hier – wenn man dem ochsenfleische und dem knoblauch entrinnt, was allerdings schwierig ist – recht gut. Und ich kann sagen, dass die eingewöhnung vollzogen ist. Im kolleg bin ich sehr zufrieden, mit der zahl und mit der aufmerksamkeit, im seminar ist die zahl 20 fast zu gross und was ich bisher zu hören bekam erfreute mich nur durch seinen aussergewöhnlichen fleiss. Ich lebe übrigens lediglich den vorlesungen und habe für mich noch nichts gethan.
Nun zu den menschen. Zuvorkommend sind sie alle. Und dann und wann glaube ich Ihrem gütigen vorworte, dessen gewicht hier gross ist wie ich merke, die freundlichkeit zu verdanken. Ihre beschreibung führte mich eben so bequem wie korrekt in den kreis ein. Dass derselbe in der Stadt Triest zusammenkommt, wissen Sie. Und ich hoffe, dass dieser verkehr dauert. Gurlitt wird freilich da nicht erscheinen, sagt man. ich habe einen gemütlichen abend bei ihm verlebt. Auch Graffs nicht oder kaum, was ich, zu ihnen als einstigen Unterfranken und wegen seiner lebendigkeit und ihrer feinheit hingezogen, sehr bedaure. Frau v Zwiedinek vermisst Sie schmerzlich und ich kann ihr das nicht annähernd sein, was Sie ihr waren. Ihr mann bewies mir gleich beim ersten eintritt in die Joanneumsbibliothek seine grosse gefälligkeit. Die liebe frau Bauer und ihr mann, den ich von allen kollegen bevorzuge, die sehr anregende und äusserst zuvorkommende frau Dölter, in deren gefolge ihr mann alle seine freundlichkeit aufbietet, Richter und Haberlandt und ihre frauen, mir noch zu wenig durchsichtig, vervollständigen die gruppe. Wir sind so ins richtige nest gekommen und werden uns bald eingetan fühlen, wenn man uns so nachsichtig weiter duldet wie bisher. Sie kennen mich ja, wissen dass ich anfangs zurückhaltend bin, überhaupt schwer aus mir herausgehe, mich schwer anschliesse. hab ich das erste überwunden, so ist der anschluss um so fester. Schliess ich aus der art, wie man sich uns gleich offenbart, auf die art die man von mir erwartet, so werde ich enttäuscht haben: denn so sehr ich mich bemühe, ich kann mir die gleiche gemütlichkeit und vertraulichkeit nicht abgewinnen. Und das zugeknöpfte, das Schönbach in meinem auftreten fand, werden alle andern finden und mich darüber und über meine stumme langweiligkeit bei Ihnen mit fug verklagt haben, wenn sie es der mühe wert fanden.
Von der umgegegend kenne ich noch wenig, eigentlich nichts. Die frau ist keine eifrige gängerin und ich zerreisse mir die arbeitszeit nicht gerne. Wir weiden uns am anblick der einzig schönen schneelandschaft von den fenstern aus.
Dass Schönbachs maschine brach, er stürzte und das schwache bein dehnte und quetschte, setze ich als bekannt voraus. es wird vor neujahr nichts mehr mit dem lesen werden. gestern probierte er – da das schreibtischsitzen wider möglich war – das anlegen der maschine, es ist ihm aber nicht gut bekommen. Für die predigten II ists gut so.
Ich hörte von dem riesenerfolge Ihrer vorlesungen und freue mich von herzen darüber. das wird Ihnen manches Prager leid überwindbar und erträglicher machen.
Was sagen Sie zu Schmidts nachfolger? Und wer wird nun die von Heinzel abgelehnte professur erhalten? ich fürchte Sievers. dann dürfen wir unsere traditionen begraben und ich wäre wirklich begierig zu sehen, wie viele unserer jungen kollegen die schwenkung ins andere lager machen. Zunächst bin ich froh, dass wenigstens Schmidt gerufen wurde und los kam.
Mit den besten grüssen
Ihr
BSeuffert

Prag, 17. Dezember 1886 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 17. Dec. 1886.

Lieber Freund! Ich muß Ihnen gestehen, daß ich auf Ihren Brief höchst [beg]ierig war, daß mir aber sein Inhalt nicht unerwartet kommt. Ich glaube Ihnen, daß Sie sich an unsere Art schwer werden gewöhnen können; nur von der Stadt als solcher hätte ich Sie mehr entzückt vermuthet; aber Sie kennen wahrscheinlich mehr schön gelegene deutsche Städte als ich, der ich nicht einmal in Heidelberg noch gewesen bin und so wird es nur die Unkenntnis [a]uf unserer seite sein, die die Begeisterung für den Ort hervorruft. Von den Studenten dürfen Sie nicht allzuviel Vorbildung erwarten; denn ich bin nur 5 Semester dort gewesen und erst im dritten – kann ich sagen – begann mein größerer Einfluß. Bei Ihnen ists leichter; Sie kommen aus dem Ausland; es geht Ihnen ein Ruf voraus und gewisse Traditionen finden Sie doch vor, während Werner ein großes Vacuum mir zurückließ. Daß Ihnen Bauer so gut gefällt, freut mich sehr. Ich vermisse das liebe Ehepaar täglich und stündlich. Es war eine so angenehme Arbeitsunterbrechung mit den beiden so liebenswürdigen wie anspruchslosen Menschen nach Tisch ein Stündchen spazieren zu gehen. Es war dazu keine Vorbereitung nothwendig wie für einen Besuch und Ungezwungenheit ist mir die größte Würze des Umgangs .... doch; ich wollte Ihnen ja nicht von meinen Grazer Erinnerungen vorschwärmen, da ich ja hier in anderer Weise zwar; aber doch alles finde was ich begehre und die endlich erlangte Gemüts-Ruhe meinen großen Arbeiten zu Gute kommt, denen ich mich nun endlich zuwenden kann. Freilich: schwer liegt die Vergangenheit mit einigen Kürschnerschen [Co]ntracten auf mir, die abzuwälzen mir trotz mannigfachen Versuchen schwer zu werden scheint; aber selbst das werde ich zu bewältigen trachten, wenn nichts Hemmendes in meine äußere Exiszenz eingreift. Momentan ist eine Verschiebung meiner Pläne insofern eingetreten, als die Vorräthe, welche die Cottasche Buchhandlung von der letzten Auflage Grillparzers noch besitzt, auszugehen drohen und daher der Druck der neuen beschleunigt werden muß. Ich muß daher die Ferientage in Wien zur Correctur an der Hand der Manuscripte benutzen, was mich um einen projectirten Grazer Ausflug bringt; andererseits muß ich Sie freundlichst bitten, wegen der Verzögerung bei Ablieferung des Uz nicht ungehalten zu sein. Bis Anfang Mai muß der Grillparzer ausgedruckt sein; da kann sich der Uz unmittelbar daran schließen; inzwischen werde ich zu Ostern (in Weimar wie auf der Reise dahin) zu ergänzen tracht[en], was wegen Mangels an Büchern in der Vorrede noch fehlt.
Der Name Weimar ruft nun alle die merkwürdigen Vorgänge der letzten Wochen mir ins Gedächtnis zurück. Meine Meinung über Suphans Berufung wird Ihnen wol Schönbach mitgetheilt haben. Schlecht wird er seine Sachen nicht machen; aber, aber ....
Mein Scherzgedicht werden Sie – Schmidts wegen – doch nicht übel nehmen. Ich weiß die ‚Charakteristiken‘ recht gut zu schätzen und habe i[mm]er aus seinen Aufsätzen viel gelernt.
Verzeihen Sie das umgekehrte Briefblatt und die Theespritzer oben! Ich schrieb während des Frühstück; denn ich will Abends nach Wien fahren.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
aufrichtig ergebener
A. Sauer.

Fröhliche Ferientage und beste Wünsche für das neu beginnende Jahr!

Graz, 9. Februar 1887 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Dadurch dass zu meiner früheren korrespondenz noch die nach Würzburg dazu gekommen ist, komme ich seltner zum schreiben. Sehr spät danke ich Ihnen für Ihren brief. Sie stecken nun ganz im Grillparzer und – ich tue nichts. Ich finde trotz der bequemen wochenteilung in kollegbehaftete und -freie keine zeit zu ruhiger arbeit. Freilich wird wider stark an DLD gdruckt u. ich habe in der letzten zeit mitarbeiter, die mich das 5fache an aufmerksamkeit und zeit kosten als ein Sauer. Geht jetzt gar bald der Goetherummel an, so begraben Sie mich getrost, dann ist mein bischen wissenschaft tot und ich bin nicht mehr als der nächstbeste faktor einer druckerei. Dabei werd ich mich vollends zu grunde richten und niemand wird mirs danken. – Im hörsaal bin ich zufrieden, die studenten haben fleiss u. guten willen und ein paar wirklichen eifer. In die umgegend der stadt habe ich noch sehr wenig geguckt. Dieser tage wider einmal vom Schlossberge aus und da war eine reinheit des abendhimmels zwischen sonne und mond, wie ichs bisher nie hatte. Mein herz sehnte sich in die wunderbare landschaft die ich vor augen sah, noch nicht betrat und ach! wie selten betreten werde.
Ich bin gerne hier, aber wenns draussen krieg gibt, möchte ich doch auch draussen sein. Pax nobiscum, bet ich.
Treulich grüsst Ihr BSeuffert. Harrachg. 1. 9 II 87

Graz, 10. April 1887 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Sind Sie in Prag oder in Wien? Es würde mich freuen wenn das letztere der fall wäre, dann hoffte ich Sie nächste woche da zu sehen. Ich denke auf 1 tag, möglichst kurz, nach Wien zu fahren, ins ministerium u. zu Heinzel zu gehen, sonst niemand zu sehen als hoffentlich Sie.
Um antwort bittet
Ihr Seuffert

Graz, 24. April 1887 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Wir sagen Ihnen, lieber freund, den herzlichsten dank für Ihre grosse freundlichkeit. Es war ein sehr angenehmer tag. Lassen Sie sich Ihren opfermut nicht reuen, Sie übten grosse woltat. U. nun hand aufs herz: erinnern Sie sich, dass Sie in Wzbg. davon sprachen, dass verbesserung der lage den charakter Ihrer freunde zu verderben pflege. Sagen Sie mir, ob Sie das bei mir auch finden, oder irgend eine veränderung. Sie müssen aber ehrlich sein. Ists Ihnen fatal, so verstehe ich Ihr schweigen und werde suchen wider privatdocent im wesen zu werden.
Zu Seemüller kam ich leider nicht, es war zu schön in Schönbrunn. Die nacht von freitag auf samstag fuhren wir. Schönbach hat den antrag betr. meiner auf die tagesordnung der nächsten sitzung gestellt.
Ich bin von einem stoss korrekturen empfangen worden. Die augen schmerzen mich. Gute nacht. In Halle ist vorgeschlagen: Paul Sievers Vogt. Hübsch, recht hübsch. Wir werden ausgeräuchert.
Treulich
BSfft.

Graz 24 IV 87

Prag, 26. April 1887 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Sie sind mir, lieber Freund, mit Ihrer Karte zuvorgekommen; denn auch ich habe zu danken für die überfreundliche Aufnahme in Graz und die liebevolle Begegnung in Wien. Ich wollte, ich hätte auch Donnerstag mit Ihrer Frau und Ihnen in Schönbrunn sein können, statt daß ich bei Minor saß, wo drei fremde Weiber zu Besuch waren [und] ich mich kläglich langweilte. Keine Worte über die schwebende Offerte, keines über Wissenschaft. – Nein, mein lieber, die Erfahrung, die ich an diesem und andern Freunden gemacht habe, gilt für Sie, Gott sei Dank, nicht und ich hoffe, alljährliche Begegnungen wie ich sie anstrebe: sollen uns gegenseitig zeigen, daß wir uns ganz gleich bleiben und sollten wir selbst einmal k. k. Regirungsräthe werden. Auch Schmidt hat aus Berlin überraschend freundlich geschrieben u. ich bin froh, die alte Neigung zu ihm nicht ganz aufgeben zu müßen, wie ich schon meinte. Er ist voll Dankbarkeit gegen Ihre aufreibende Thätigkeit.
Der Hallesche Vorschlag ist bös! Um so mehr müßen wir nun zusammenhalten. M[öge] Sch.s Antrag Erfolg haben.
Bitte, grüßen Sie gelegentlich die Kränzchen-Freunde: ich konnte blos meinen lieben Herbergseltern in der Grethestraße bisher schreiben. Später mehr.
Mit freundlichen Grüßen an Ihre liebe Frau und Sie
Treulichst Ihr AS.

Prag 26.4.87.

Prag, 22. Juli 1887 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 22.7.87. Lieber Freund! Ich will Ihnen vor meiner Abreise noch glückli[che] Ferien wünschen; möchte es [Ih]nen besser gehen als mir, der ich durch viele innere und äußere Bedrängnisse gequält worden bin und sehr leidend zunächst zu meiner Familie gehe; dann vielleicht in ein Seebad; im Spt. nach Weimar. Leider hat die Druckerei auch die Gr. Correcturen arg verschleppt, so daß ich auch diese crux noch auf mir habe. –
Was sagen Sie zu der Creizenachiade? Das sind Schmidts Schützlinge.
Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau und verbringen Sie Ihre Freizeit recht angenehm. In besserer Stimmung mehr.
Ihr treulichst Ergeb.
AS.

Graz, 24. Juli 1887 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Österreichisches klima ist für korrespondenz nicht gut, wie es scheint. Ich schreibe auch weniger als sonst und leide sehr unter der hitze. Dazu seufze ich wie Sie unter korrekturen. Was ich für not und ärger seit mai hatte, dagegen ist alles was ich Ihnen im frühjahr sagte, nichts, gar nichts. Die Goethearbeit geht vielfach nicht nach meinen ansichten, ich kann mich nicht überzeugen, dass sie darum besser wird, zumal Schmidt in allem wesentlichen mit mir übereinstimmt. Ich will schriftlich nicht aus der schule schwatzen. Wen haben Sie als redaktor über sich? – Die sache war einmal so dass ich meinen austritt so gar ! aus der mitarbeiterschaft anbot. Es gehört verflucht viel opferwilligkeit zu diesem geschäft u. meine ist verbraucht. Ob ich mir neue anschaffe??
Creizenach freut mein herz: ich habe Schmidt vor jahren vor ihm gewarnt. Nun entpuppt er sich. Sehen Sie doch die beiträge an; da springt man mit Müllenhoff auch gut um. Die hh. Leipziger marschieren vor, da Bismarck u. Moltke uns tot sind. Halle haben sie auch erobert. Ich lösche alle friedenslust aus. – Morgen fahren wir – die frau erwidert Ihren gruss freundlichst – langsam nach Würzburg, Herzogeng. 5 u. in der 1. septbrwoche über Wien hieher zurück. Begegnen wir uns wo? Die besten wünsche für leib u. seele
von Ihrem BSeuffert

Graz 24 VII 87

Prag, 3. September 1887 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 3.9.87.

L. F. Sie kehren nach Graz zurück, da ich mich eben zur Weimarer-Reise anschicke, die m[ich] in Ihrem weiteren Verlauf wol auch nach Wrzbrg hätte führen können; ich glaube nemlich, daß ich nach [Heid]elberg muß (wo eine Götz-Handschr. liegt); möchte in Stuttg. mit Kürschner & Cotta conferiren; treffe in Bayreuth vielleicht mit Muncker zusammen. Nach d. Süden Österreichs komme ich leider nicht; weder nach Wien, noch nach Graz. – Den Aug. habe ich in völliger ländl. Abgeschiedenheit bei meiner Familie verbracht u. bin immer noch nicht ganz hergestellt; aber doch wieder halb vernünftig.
Ihnen habe ich für die schönen Brentanobriefe zu danken, die ich – seitdem Sie mir den einen vorgelesen – mir oft gedruckt gewünscht habe. Erschiene doch bald ein Band: Wieland-Briefe! Der ‚Schlegel‘ scheint mir recht gut. Gelesen habe ich die Einl. noch nicht.
Wen ich als Redactor über mir habe, das weiß ich nicht; ich weiß überhaupt nichts u. packe mir nur alle Texte ein, die ich besitze. Hätten Sie mir etwas mitzutheilen, so trifft mich eine Nachricht bis 10. hier; vom 15 – circa 25 Weimar postlagernd. Anf. Oct. hier. Grüßen Sie den Meister, wenn er zu Hause ist u. empfehlen Sie mich Ihrer Frau. Herzlichst
AS.

Graz, 9. September 1887 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Schade, schade, dass wir uns nicht sehen. Ich hätte viel zu erzählen, was ich nicht schreiben darf. Gute arbeit in weimar! Sie werden Schmidt dort treffen, der nach seinen briefen in herrlicher stimmung ist, geniessbar wie in den besten zeiten und uns freundschaftlich gesinnt. Ihr redaktor ist Suphan. Verlassen Sie sich auf sich. Ich weiss nicht wie es weiter mit der redaktion wird. Schmidts Faustapparat gefällt mir. Aber Ihr Götz ist viel schwieriger. Wer von der 2. serie an generalkorr. wird, weiss ich nicht. Ich habe niedergelegt und bin nur mehr im fünfercomité, dh ein ‚leiter der G.ausg.‘
Wenn Sie mir ein vertraulich wörtlein über Suph. schreiben, auch ob er über mich spricht, bleibts gut bewahrt. Ich vertrage mich nicht mit ihm, richtiger: er verträgt mich nicht. Aber lassen Sie diese offenherzigkeit gegen keine seite merken.
Grüssen Sie Schmidt u. Köhler und Ruland u. Böhlau von mir. Ich hoffe jetzt etwas ferien zu kriegen, bisher habe ich wie ein sklave geschafft.
In treuen
Ihr
BSfft.

Graz – wo ich gestern abend eintraf –
Harrachg. 1 9 IX 87

Weimar, 22. September 1887 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Welch confluxus von G.-Forschern jetzt hier ist, hat Ihnen Suphan geste[rn] geschrieben. Inzwischen kam noch [Mi]nor hinzu. Auch Boxmeyer (wie ihn Walther aus Jena irrtümlich nennt) war gestern Abends zu sehen. Beim Götz kommt leider gar nichts heraus. Die Arbeit aber ist weitläufig u. peinlich. Der Faust-Apparat, den ich einsehen durfte, ist in d. That sehr übersichtlich u. gut. Besser jedenfalls als die Principien! Was meinen Sie, wenn ich die Theaterbearbeitungen so behandelte wie Schmidt die Inscenirungsversuche des Faust: dh. abgetrennt von den Lesarten der Ausgaben C – E 1773. Es wäre viel, viel übersichtlicher. – Derjenige, über den Sie Auskunft begehren, ist mir viel zu selbstbewußt, manirirt, eingeherdert und eingehamannt, als daß ich ihn vertragen könnte. Von seinem neuen Geschäft weiß er so gut wie gar nichts noch. Jeder ist sich selbst überlassen u. das Werk wird in s. einzelnen Theilen ebenso ungleich wie nur die Hempelausgabe etwa s. kann. Nach Hause zurückgekehrt, schreib ich Ihnen einen großen Brief.
Bis gegen den 1. hier. Erbprinz. Um 3–4 Stuttgart. Cotta. Herzliche Grüße AS.

Weimar 22.9.87.

Graz, 24. September 1887 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Weimar

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Auszug:

Lieber freund, Ich bin in der eile nicht auf der höhe G v B, um zu wissen, ob ich mögliches dachte. Mit Schmidt hab ich einmal beredet, dass Bd. 8 der neuen ausg. nur bis S incl. zurückreichen soll u. alles bis zur letzten höheren bearbeitung enthalten soll. Hingegen Bd. 37 von H durch E bis S incl. (so dass in S die beiden apparate sich die hand reichen.) Die bühnenbearbeitgen wie die Faustinscenierungsversuche zu behandeln, will mir nicht recht einleuchten.* Ich meine vielmehr, sie wären wie U zu behandeln. Aber es wird nützlich sein, ein Scenarium, vielleicht vgl. scenentabelle, am schlusse beizufügen. * weil sie sich doch z. tl. wörtlich treffen. Uebrigens nochmals: verlassen Sie sich nur auf sich. Wir redactoren wissen alle nichts. Schreiben Sie mir ausführlich das für u. gegen, wenn Sie sich mit mir etwa gerne aussprechen, dann will ichs sehr gerne überlegen. So weiss ich zu wenig. Aber Ihr specieller redactor kaum mehr. U. ich bilde mir ein, praktischer zu sein als er. Aber – ich glaube, Sie brauchen niemand. Doch steh ich zu allem mitüberlegen bereit. Jedes wort über Ihren speciellen redactor unterzeichne ich u. sagte Ihnen noch mehr dazu von mund zu mund. Sollte er von unsrer freundschaft reden, so glauben Sies nicht. Schonen Sie den armen, bescheidnen Boxberger u. grüssen ihn herzlich von mir. Ich hab so viel gift u. galle aufgestapelt, dass es gut ist, dass mich jetzt kein vertrauter wie Sie trifft. Treulich u. herzlich
Ihr
BSfft.

Gr. Harrachg. 1 24 IX 87

Fragen Sie doch Kürschner, obs wahr ist, dass er den Maler Müllernachlass nach Amerika verkaufte.

Wiesbaden, 3. Oktober 1887 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Wiesbaden, Hotel Block. 3/10 87.

Lieber Freund! Gerne hätte ich Ihnen [n]och von Weimar aus geschrieben; es war aber im Drang zwischen Arbeit, idealem Genuß und freundschaftlichen Zusammenkünften unmöglich. Hier ist mir ein ruhiger Tag gegönnt und ich beginne mich wieder auf mich selbst zu besinnen und vollziehe nun in der prachtvollen Kurstadt, was ich im lieblichen Weimar versäumt.
Eigentlich in Jena, von Schmidt und Prof. Rosenthal, bei einem anregenden Abendessen, erfuhr ich Ihre Gehaltserhöhung, die uns alle sehr sehr erfreute. Ich wünsche Ihnen aus voller Seele Glück dazu und freue mich, daß dieser Gewinn nun auch für die Zukunft Ihren eventuellen Nachfolgern verbleiben werde, wenn Sie [u]ns längst entführt sein werden an eine der blühendsten Universitäten des Reichs. Aber auch zu dem Zeitschrift-Unternehmen, über das mir Schmidt zuerst leise Andeutungen, später reichere Mittheilungen zukommen ließ, muß ich Sie beglückwünschen. Ich habe die Überzeugung, daß Sie diesem neuen Schiffe ein vorzüglicher Steuermann sein werden und es soll mich freu[en] auf Ihr Commando als leichter Matrose auf die Raaen klettern zu können oder als Heizer bei dem Keßel der Dampfmaschine Verwendung zu finden. Diese Gründung wird unserer stark geschädigten Schule, die durch H Reimers Tod wie ich glaube den größten Verlust erlitt, der ihr [i]m gegenwärtigen Augenblicke widerfahrn [k]onnte, wieder auf die Beine helfen. Also: Schwimme, glücklicher Schwimmer!
In Weimar wars herrlich. Schmidt war freundlich; mit Minor kam ich nach ernster Auseinandersetzung endlich wieder ins Gleichgewicht. Rödiger wiederzusehen freute mich sehr. Boxberger, Strehlke, der sehr nette Elster waren angenehme Bekanntschaft. Der prächtige Geologe Walther ein guter Kneip-Kumpan. Von den ein[hei]mischen ist Köhler ein Juwel, das geradezu unschätzbar ist. Ein goldtreuer Mensch, dem man für immer angeeignet ist, wenn man ihn etwas näher kennen gelernt hat. Die Spaziergänge mit ihm gehören zu den schönsten Stunden meines Lebens. Suphan fehlt in dieser Liste. Er ist mir nicht sympathisch, wie jeder Mensch, dem ich nicht ins Aug blicken kann. Er ist mir ein widerliches Gemisch von Hochmuth u. Demuth. Außerdem trägt er eine unverkennbare Abneigung u. Geringschätzung alles dessen zur Schau, was mit der Universität zusammen hängt. Minors Ausfall birgt endlich & schließlich als ‚Charakter[i]stik‘ das Wahrste in sich. Er war überdies sehr liebenswürdig gegen mich u. ich habe keinen Grund mich mit ihm schlecht zu stellen. Nur fließt ein breiter Strom zwischen uns.
Der Text des Götz ist sehr einfach; die Lesarten werden sehr complicirt; bes. dadurch, daß die eine Theaterhandschrift, die vorhanden ist, drei verschiedene Stadien der Umarbeitung vertritt. Feststeht mir bis jetzt nur folgendes. Die älteste Handschrift muß ganz für sich stehen: ohne Lesarten einer späteren Fassung. Zum [Tex]t von C müßen alle Lesarten bis E, (aber nicht bis zu H) gegeben werden. – Wie die Theaterbearbeitungen zu behandeln sind, ist mir noch zweifelhaft. Aber ich glaube, daß Sie recht haben, wenn Sie meinen so, wie Schmidt U im Faust. Nur wird der Apparat weit unübersichtlicher als der zum Faust ist. – So viel für heute. Grüßen Sie die Freunde: Meister, Gurlitts (denen Frau Schmidt Grüße schickt) Bauers, Zwiedinecks und empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau. Herzlichst und
treulichst der Ihrige.
AS

Sonntag komme ich nach Hause.

Graz, 7. Oktober 1887 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz Harrachg. 1. 7 X 87.

Lieber freund,

Ich möchte Sie bei Ihrer rückkehr gleich begrüssen und für Ihren brief danken. Es ist mir gar nicht recht, dass mir Schmidt in der mitteilung des zs.planes bei Ihnen zuvorkam. Ich konnte mich nicht früher darüber äussern. Sie erinnern sich wol nicht, dass Sie mir im vorigen jahre schon schrieben, dass eine zs. uns not tue. Ich war damals noch nicht für eine gründung, sprach aber mit Schmidt im august darüber, er solle sich, wenn er nach Berl. komme, die sache bedenken. Im mai d. j. kam Schm. auf die sache zurück u. fragte mich, ob ich redigieren wolle. Ich schlug das aus mit verweisung auf die generalkorrektur. Damals erfuhr ich, in Weimar zuerst, vom nahen ende des Archivs. Dazu Zachers tod u. das vermutliche aufhören seiner Zs. So war auch äusserlich raum u. ich drängte in Schm., ernst zu machen. Er wollte – ich möchte nicht dass Sie dies weiter sagen, es waren lauter vertrauliche vorbesprechungen, von denen Sie alles wissen sollen – eine zs. bei Reimer. Zur verschiebung unseres planes, für den aber ein redacteur fehlte, trug die idee bei, die Loeper, geschmackvoll genug beim festmahl, den Goethegesellschaftern vortrug: monatshefte für kunst u. litteratur, allzeit bereites organ für Goetheana, schneller, detaillierter als das G-Jahrb. Der plan war Grimmisch. Er wollte für sich u. seinen schützling Suphan eine verherrlichungsstätte, erst mit dem schönen hieroglyphentitel W. K. F., dann als ihm das lächerliche vorgehalten wurde: Goethearchiv u. G.-museum hg. v. Suph u. Gr.
Loep. war feuer u. flamme. Böhlau sollte bereit sein (das war aber nicht so ganz richtig). Suph., ohnehin von der arbeitslast der sinecure die er in W. erwartet hatte bitter enttäuscht zog nicht recht, bat um aufschub. Schmidt verekelte den herren beim abendbrot die sache etwas u. ich sekundierte dabei. Im laufe des sommers kam Schmidts u. mein brfw. widerholt auf die sache. Wir entwarfen pläne, bedachten die abfindung mit Steinmeyer, überlegten herausgeber, es bot sich auch schon einer u. der andre an, der uns untauglich schien. Da legte ich die generalkorr. nieder u. in demselben briefe, worin Schm. mir deren annahme durch die direktion mitteilte, schrieb er, nun sei ich frei u. solle redigieren. Ich weigerte mich, im hinblick auf meine fortdauernde verwendung als Goetheredaktor, als hgeber der DLD (die ich vergeblich abzuschütteln versuchte, um für Wieland freie hand zu bekommen) und auf Wieland. Er liess nicht nach u. wir bedachten den modus einer geschäftsredaktion, mit Schmidts aufsicht u. unter meiner event. unterstützung der geschäfte. Denn Schm. selbst wollte die geschäfte nicht haben u. taugt auch nicht dazu meine ich. Dass ich leider besser zu so äusserlicher geschaftlhuberei als zu darstellenden arbeiten eigne, habe ich ja einsehen lernen u. so fragte ich mein gewissen, ob ich mich nicht bescheiden solle zu leisten was ich eben vielleicht kann u. grösseres, was mir kaum gelingt, zu verschieben und nebenher gehen zu lassen. So kam ich nach Erlangen u. beredete die sache mit Steinmeyer. Er riet mir ab. Aber wie die sachen liegen, hoffte ich mit Steinm. am leichtesten von allen jüngeren ein abkommen treffen zu können, das dahin ging, dass wir die zs. in einen alten u. neuen teil mit gesonderter redaktion teilen. Das war mein ideal. Denn es ist doch wunderlich, wenn die Zs. die neue bibliogr. u. den Anz. neuer litt. behält. Dies zu lösen, verbiss ich mich u. eben weil ich mir einbildete, wenn es einem gelänge, so wäre ichs bei meiner nahen stellung zu Steinmeyer, verbohrte ich mich in die möglichkeit, doch gegen den willen redacteur zu werden. Bei einem späteren besuche in Erlangen, ein paar wochen darnach, meinte ich auch Steinm. viel geneigter zu finden. Die sache – und auch hiefür wie für alles bitte ich um strenge vertraulichkeit – war darum so heikel, weil Steinm. gerne die redaktion los hätte, während ich ihn erst recht binden wollte: es redigiert uns keiner die Zs. so wie er. Nun kam eine neue wendung: die grossherzogin Sophie wünschte die zs. für Weimar. Da musste aber ein Weimaraner redigieren. Köhler wäre nicht zu haben. Suph. untauglich. Also ein heer von mitwirkern: Suph., viell. Köhler, Schmidt, Grimm u. ich als geschäftsleiter. Dagegen verwahrte ich mich. Ich schlug vor Böhlau zum verleger zu nehmen, dabei solle sich die grosshzgin bescheiden, aber womöglich schon dafür zahlen. Da rückte Schm. heraus, dass er auf dem Titel stehen u. mitredigieren wolle. Ich lehnte das ab, entweder allein oder nicht. Nun führte ich die entscheidende korrespondenz mit Steinm., deren resultat meine niederlage war. Die teilung motivierte er als unmöglich aus äusseren u. inneren u. persönlichen gründen. Darauf riet ich Sophie auszunützen u. das Weimarische unternehmen ohne mich in scene zu setzen, entwarf ein programm u. hoffte los zu kommen. Schm. liess mich nicht los. Böhlau, den ich principiell empfahl schon weil man Reimer nicht zumuten konnte sich selbst ein konkurrenzbl. zu gründen, auch weil ich von ihm schlechte bedingungen fürchtete u. weil an seiner firma parteiodium klebt, war bereit; serenissima war bereit. Mein programm, das in wesentlichen punkten von Schmidts entwurf abwich, z. b. statt der recensionen jahresberichte enthielt usf., war angenommen. Aber wenn Sophie etwas tun sollte, was doch sachlich recht nützlich war, musste Schmidt u. Suph. auf den titel. Nun schien mir allerdings die formel unter mitwirkg. von ES u. BSu hg von BSe acceptabler als hg. v. ES u. BS, aber ich wollte mir nichts drein reden lassen, wenn ich schon das opfer überhaupt bringen wollte, zu dem mich Schönbach mit aller überredungskunst drängte. Schliesslich musste ich auch, damals noch im unklaren über meine systemi- sierung, ein paar 100 mark redaktionsgebühren anschlagen. Trotzdem weigerte ich mich, bis Schm. das unerhörte anbot, er u. Suph. wollten mir einen schein ausstellen, dass sie mir nichts drein reden, was ich nicht will. Darauf sehen Sie ein war ein nein grobheit. Ich empfing den schein u. bin redacteur, freilich noch ohne zu wissen was die grossherzogin tut. Jedesfalls hab ich mir auch völlige unabhängigkeit von ihr bedungen u. sie wird wol gar nicht genannt werden. Nun schmiede ich am prospekt, der durch Schms. u. Suphs. esse geht u. Sie sehen ihn vielleicht bald gedruckt.
Mir liegt es schwer auf der seele. Wie werd ich mich zurechtfinden? Wie werd ichs leisten können? Ich habe liebe zur sache, besser gesagt eifer, aber keinen mut. Hier wo ich keine bibliothek zur verfügung habe, so weit vom druckort: lauter umstände, die ich gegen mich geltend machte, umsonst geltend machte. Ich bin nichts ohne den guten willen der fachgenossen. Werden Sie ihn haben? Von Ihnen hoff ich ihn u. erbitt ich ihn. Beweisen Sie mir ihn gleich durch einen beitrag zum ersten heft, das im j. 1888 erscheinen soll, sobald wir stoff genug haben. Machen Sie mir womöglich etwas österreichisches, Grillparzer oder sonst was aus der neuen zeit. Sie müssen mir auch der ständige referent über alle Austriaca sein. Schlagen Sie ein. Von allen engeren fachgenossen steht mir nächst Schmidt keiner so nahe wie Sie, das brauche ich Ihnen kaum zu sagen. – –
Was ist das für ein ausfall Minors gegen Suphan von dem Sie schreiben? – Ich beneide Sie um die Weimarer tage.
Nochmals: lassen Sie alle geschichte der vierteljahrschrift in Ihrer brust beschlossen sein u. schreiben Sie mir bald ein ermutigendes wort. Das brauch ich.
Meine frau grüsst. Mit Bauers u. Gurlitts leben wir viel.
Treulich Ihr
BSfft.

Prag, 24. Oktober 1887 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Manuscript soeben abgeschickt –

Sauer

Graz, 1. November 1887 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ich bin unruhig, dass ich auf meinen brief, der Sie am 1. tage Ihrer rückkehr empfangen haben muss, ohne Antwort bin. Ward er Ihnen nachgeschickt u. blieb nun liegen? Gab Ihnen Elster DLD 27? Sonst erhalten Sie s von mir. Minor lud auch mich zu vortrag im Goetheverein ein. Ich bin nicht so grossartig wie Sie u. möchte Sie aufstacheln, es sich nicht bieten zu lassen, dass die Wiener ausländer holen, wenn sie geld haben, und inländer, wenn sie keines haben. Wir österr. kollegen müssen zusammenhalten u. dürfen uns nicht wegwerfen. Warum wollen Sie billiger sein als der fabrikant Ludwig Geiger? Ich habe erklärt, dass ich keinen Kr billiger bin. Die Zs. geht langsamer als ich dachte u. kämpft mit hindernissen, die ich beseitigt glaubte, glauben musste nach Schmidts optmistischen mitteilungen. Aber sie wird wol doch werden. Also bald ein paar gute Worte bitt ich! Treu Ihr Sfft.

Graz Harrachg. 1
1 XI 87

Prag, 3. November 1887 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 3.11.87.
Stefansgasse 3.

Lieber Freund! Es ist mir wirklich peinlich, daß ich gerade diesen Brief so lange unbeantwortet lassen mußte, der mich bis tief in die Seele freute u. [er]quickte. Aber: Anfang des Septembers; ein Grammat. Colleg (Encyclopädie); maßenhafte Correcturen (während meiner Reise wurden zwei Bände gedruckt, die jetzt meiner harren); eine unbedingte notwendige Umstellung meiner Bücher; endlich eine Reise zu meinen Eltern, die ich im Sommer nicht hatte besuchen können. Mit einer Karte wollte ich aber [g]ar nicht beginnen ...
Wie glücklich ich über die Gründung einer neuen Zs. bin, hat Ihnen schon mein letzter Brief bewiesen. Glauben Sie mir: es taugt keiner von uns – denn auch ich hätte im heurigen Sommer die Redaction einer Zs. übernehmen können, wenn ich Neigung und Beruf dazu in mir verspürt hätte – zu dieser aufopferungsvollen Stellung als Sie. Das einzige, was dabei bedauernswert ist: daß der Wieland in weitere Fernen rückt. Könnte vielleicht dadurch ausgeglichen werden, daß gerade die Zs. ein Ort wäre, um Ihren Wielandstudien zur Herberge zu dienen. Bringen Sie der Wissenschaft und Ihren Freunden dieses Opfer.* Wir werden Sie gewiß nicht im Stiche laßen und werden Ihnen sehr dankbar dafür sein.
Wir, schreibe ich. Aber gerade ich bin ein recht schlechter Mitarbeiter bei Zs., oder war es wenigstens bisher. Während Sie u. alle anderen massenhaft Recensionen wertvollster Art geschrieben haben: [k]omme ich über kurze Anzeigen nie hinaus. Während Sie so manche schöne Untersuchung in Zs. veröffentlicht haben: stecken meine Arbeiten in Einleitungen verborgen, wo sie niemand sucht u. sie mir niemand dankt. Ich möchte wünschen, daß dies anders würde. Für die allernächste Zeit aber habe ich noch an den Sünden meiner Vergangenheit zu tragen u. erst wenn ich meine Versprechen für die DLD u. für Kürschner voll eingelöst habe, bin ich wieder ein freier Mann. Da ich mein reiches Wissen über Grillparzer auch in eine Einleitung habe unterstecken müssen, so kann ich Ihnen zunächst gar nichts für die Zs. versprechen; wenigstens keine Untersuchung. Es wäre denn, Sie nehmen den zweiten Thl. ‚Über die Ramlerische Bearbeitung e[tc]. an, der eigentlich für die Akademie bestimmt ist. Wenn Sie auch Material veröffentlichen, so kann ich manches beisteuern: ich besitze interessante Briefe von Bürger an Goeckingk, deren Veröffentlichung mir vielleicht von d. Familie G. gestattet wird; auch sonst verschollene Bürgeriana; Nachträge zu Kleist; Vossische Jugendge[d]ichte. Aber das ist doch alles nur Füllsel. –
Was den Jahresbericht betrifft, so möchte Minor für die Austriaca weit besser taugen als ich, weil er im Continuum ist u. weil er doch einmal durch s. Bibliographie dieses einst von mir inne gehabte Arbeitsgebiet an sich gerissen hat. Auch wird Werner darauf Anspruch erheben u. ich habe beim Grillparzer schon so viel Anfechtung erfahren, daß ich gerne ins Dunkel zurück trete.
Nun gleich zwei Fragen:
1. Strauch bittet mich, ich solle in der öst. Gymnasialztschrft ein paar lobende Worte über s. Bibliographie sagen, weil er aus Öst. noch immer keine Beiträge dazu bekommt. Ich könnte das nur thun, wenn Sie damit einverstanden sind u wenn der Jahresbericht in Ihrer Zs. dem Strauchischen nicht allzu ähnlich wäre.
2.) Erinnern Sie sich vielleicht, daß ich in gräßlicher, jetzt durch gar nichts mehr [z]u entschuldigender Weise die Recension des Schmidtischen Lessings für Steinmeyer verbummelt habe. Durch mehrere Jahre schon. Die Recension liegt halbfertig da u. wenn ich mich drüber mache, so kann sie in einigen Wochen leicht fertig sein. Glauben Sie, daß sie Steinmeyer jetzt noch drucken wird? Er hat höchst wahrscheinlich die schlechteste Meinung [v]on mir u. ich habe mich in d. That gar nicht gut gegen ihn benommen. Ich werde nun wol nie mehr in die Zs. schreiben: ich möchte aber nicht gar so in Unehren von diesem Organ & seinem Leiter Abschied nehmen. An Steinmeyer kann ich mich mit einer Anfrage nicht mehr wenden. Ich kann ihm nur die Recension senden auf gut Glück oder weiter schweigen.

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Nun noch Diverses:
Kürschner hat den Maler Müller Nachlaß noch in Besitz. Das „mit Amerika“ war ein Schreckschuß für Deutschland. Er denkt ihn nach Berlin zu bringen. Wenn ich ihm nur den N. Götz herausfilutiren könnte. Er ist aber mit allen Salben gerieben.
Minors Ausfall ist im letzten Heft der Zacherschen Zs. unter den Quellenstudien: man ist noch lange nicht der irische Dechant mit der Peitsche, wenn man dessen Stil auch noch so schulmeisterlich nachzustümpern gelernt hat.
Auch ich habe es abgelehnt, im Goetheverein zu lesen. Auch mir ist meine Zeit u. meine Arbeit zu kostbar, als daß ich [sie] so mir nichts dir nichts wegwerfen könnte. Wol müßen wir Österreicher zusammenhalten; aber M. versteht darunter: seinen Wünschen & Winken Folge leisten.
Elster hat mir DLD 27 versprochen; bis jetzt aber nicht geschickt. Warten Sie noch 8 Tage, bis Sie das Heft vergeben. Ich bitte Sie darum, wenn von Elster nichts kommt. Können Sie meinen ‚Göttinger Dichterbund’ I (Voss) etwa brauchen? Die Exemplare liegen seit [v]ielen Monaten ungenutzt da. Ich wollte sie erst mit dem II. Bd. verschicken; aber nun dauerts mir doch zu lange. Vom Grillparzer kann ich Ihnen leider nur die Einleitung schicken; ich bekomme nur 3 Ex. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau und grüßen Sie – bitte – den schweigsamen Meister.
Herzlichst & Treulichst Der Ihrige AS.

* positioniert auf S. 2 Für Ihre große Aufrichtigkeit, wie für alle Ihre Mittheilungen meinen herzlichsten Dank. Ich habe alles in mich eingeschloßen u werde es für mich behalten.

Graz, 6. November 1887 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz Harrachg 1
6 XI 87

Lieber freund, was für eine dunkle laune haben Sie wider! Minor soll Ihnen die Austriaca entrissen haben, Werner werde ansprüche darauf erheben! Was liegt mir daran? Schmidt u. ich wollen Sie als referenten dafür und ich bitte Sie, s dabei zu belassen. Es kann Ihnen als arbeit, die Sie doch für Ihre Österr. LG. machen müssen, nur bequem sein. Minor wird an Schiller u. den romantikern genug zu referieren haben, Werner soll für Nicolai u. seinen kreis beschäftigt werden; beide wissen noch nichts davon. Sie hab ich mir zu anderem ausgesucht und ich bitte, diesen redactordespotismus zu ertragen, wenn Sie nicht stichhaltigere gründe dagegen haben, als die vorgebrachten.
Und dann beschwör ich Sie, fürs erste heft der Vjs. etwas Österreichisches zu liefern. Von Minor hab ich doch wol nur Schillerei zu erwarten und stehe mit keinem österr. kollegen so, dass ich ihn um etwas bestimmtes bitten könnte, wie mit Ihnen. Ich muss etwas gutes Österreichisches: denn nach dem 1. hefte soll das ministerium um unterstützung angegangen werden u. dazu muss betrieb der österr. litt. im hefte vorgelegt werden. Haben Sie ein einsehen und tun Sie dem gedeihen des unternehmens zu lieb, was Sie mir verweigern wollen. Geben Sie Ihre gewiss vorbereiteten anmerkungen zu Sonnenfels als geschlossene charakteristik: als eigenes heft passen sie so nicht gut in Neudrucke. Oder geben Sie Grillparzerisches was Sie nicht in der ausgabe verwerteten. Oder geben Sie was Sie wollen. Nur geben Sie! Warum wollen Sie nicht damit als der eigentliche verwalter der österr. litt. proklamiert sein? Mir scheint das möglich für Sie. Ja, wir geben auch material. Und was Sie anbieten, soll nach u. nach kommen. Nur fürs erste heft etwas anderes! U. dann das andere schön glossiert, so dass Ihre zutat mehr besagt als das material. Ich dränge alle urkunden in 2. stelle hinter die wissenschaftliche arbeit.
Ich setze bei all dem immer voraus, dass die Vjs. wird. Noch ist das nicht definitiv. Es sind nur unsanfte briefe von Böhlau gekommen. Ich darf jetzt bessere erwarten. Die hauptschwierigkeit bietet die einrichtung der jahresberichte. Aber ich setze alles daran, dass sie gelingt. Für Strauch können Sie jedenfalls ein gutes wort vortragen. Er wird vollständiger sein als mein Jahresber. Dieser wird womöglich nie nur titel nennen, sondern immer kritik; er wird nur das bleibende nennen. Die beiden, bibliogr. u. jahresbericht, ergänzen sich, schliessen sich nicht aus.
Ihre andere frage ist heikel. Rund heraus: ich glaube nicht, dass Steinm. Ihre Lessinganzeige noch nimmt. Er war verstimmt. U. gerade weil die lage heikel ist, möchte ich nicht ohne speciellen auftrag von Ihnen anfragen. Ich habe widerholt mit empfehlungen von referenten bei Steinm. kein glück gehabt (NB. dass er Ihnen Schmidts buch gab, geschah aber ohne mein wissen) und darum hüte ich mich seit einiger zeit, über seinen Anz. mit ihm zu reden. Beauftragen Sie mich aber, so werde ich sehr gerne u. zwar ohne ihm zu sagen dass ich beauftragt sei ihm die sache vorlegen. Nur müsste dann allerdings auf seine antwort, wenn sie bejahend lautete, Ihr ms. umgehend folgen können.
Darf ich so neugierig sein nach dem wie u. wo der Zs. zu fragen, deren redaktion Sie, klüger als ich, abgelehnt haben?
Ich werde möglichst wenig in die Vjs. geben, wenn ichs über mich gewinne: denn sie soll nicht meine zs. sein, sondern unsere. Wie so Ihre arbeiten in einleitungen versteckter sein sollen als in zss., begreife ich nicht, ausser dem Kürschnerischen unternehmen gegenüber. Das ist ja im ganzen so schlecht, dass Ihre guten und allein guten arbeiten dabei leiden. Ihren Voss freue ich mich sehr zu erhalten u. ebenso die Grillparzereinleitung, wenn Sie sie entraten können. Elster wird sein versprechen des Heinse halten: er ist nur in Glasgow u. da währt es länger. Aber es steht Ihnen noch längere zeit ein ex von mir mit vergnügen zu diensten. Ich lege es jetzt den seminarübungen zu grunde. Die verleger bewilligen für seminarzwecke besonderen rabatt. Vielleicht wählen Sie auch einmal etwas aus den DLD. für die übungen.
Von Ihrem Uz rede ich heute nicht, wo mir die Vjs. noch mehr am herzen liegt.
Dass wir zum Goethevereine uns gleichmässig stellten, freut mich. Minor wollte mich locken, indem er mir schrieb, Sie hätten gegen ersatz der reisekosten zugesagt.
Schönbach hat den predigtendruck unterbrochen und fabriciert – leider, fürcht ich – 3 vorträge über die allgemeine bildung und die lektüre. Ausfälle aufs zeitungswesen, das theater, eine liste dessen, was der gebildete gelesen haben soll. Ich hab so gar wenig verständnis für so ins weite gehende ideen. Seine Engländer verführen ihn. Die vorträge werden nächstens elegant gedruckt u. sollen um tage nach dem mündlichen verlesen um buchhandel sein. Mir ist, als ob er sein wissenschaftliches ansehen durch derlei schädigen könne. Aber ich kanns nicht hindern. Denn Sie kennen seinen enthusiasmus.
Gurlitts sind frisch, Bauer im augenblick weniger heiter als sonst, Zwiedinecks sah ich selten, die einführung des frl Greta scheint nun die hauptsache. Wir sind in geselligkeit etwas zurückgezogener, weil meine frau öfter unwol ist. Sie verträgt den hiesgen winter schlecht. U. auch ich leide unter den langen südwinden unglaublich.
Meine frau grüsst Sie bestens.
Und nun lassen Sie mich bald hören, dass Sie auch mit taten Ihre guten wünsche für die Vjs. beweisen wollen.
Treulich
Ihr
BSeuffert

Erinnern Sie sich einer erwähnung der Genovefalegende bei Abraham a St. Clara?

Prag, 24. November 1887 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 24.11.87

Lieber Freund! Sie müßen mich für recht [u]nartig halten. Aber sollte ich Ihnen wieder einen verstimmten Brief schreiben! Es hat sich alles gegen mich verschworen. Außerdem bin ich von den letzten Correcturen ganz stumpf. Ich habe Ihnen daher vor einigen Tagen eine vorläufige bejahende Antwort auf meinen Voß gegeben.
Ich will also das Referat über die Austriaca übernehmen und danke Ihnen herzlich für die gute Meinung & für das Vertrauen, das Sie mir entgegenbringen. Wie es zu machen ist, davon habe ich noch keine Vorstel- lung: das wird der Prospect hoffentlich lehren.
Was einen Artikel für das erste Heft betrifft, so bin ich trotz des besten Willens in heller Verlegenheit. Sonnenfels ist nicht zu brauchen. Jenes Heft sollte hauptsächlich Neudrucke von Streitschriften etc. enthalten. Untersuchungen eigentlich nicht. Für Raimund müßte ich alles neu machen. Glossy hat mir d[e]n betreffenden Aufsatz vor einer Reihe von Jahren verloren.
Bliebe: Grillparzer. Da komme ich an allen Ecken und Enden mit Cotta und dem Wiener Gemeinderath [in] Conflict. Ich hatte eine Idee: das Ahnfraubuch, da ja zum Theil gedruckt da liegt, zu condensiren, da es ja selbständig nicht mehr erscheinen wird. Aber wird Cotta das erlauben, wo ich eine Biographie bei ihm schreiben !; wird nicht Konegen schließlich doch auf seinem Schein bestehen und nun ein erstes Heft der Beiträge haben wollen. Die Sachen sind sehr verwickelt. Einen großen Aufsatz, den ich über den Text und die Anordnung von Grillparzers Gedichten (zum Zweck einer Jubiläumsausgabe) vorbereite, kann ich erst abschließen, wenn ich die ersten Drucke in den Almanachen, die sehr selten & sehr zerstreut sind, alle verglichen habe. Das wichtigs[te] ist: wann brauchen Sie den Aufsatz? Hätte ich Zeit zur Verfügung, dann wäre es mir ein leichtes. Über Enk, über Schreyvogel, über Feuchtesleben habe ich vieles gesammelt; über jeden von diesen schreibe ich baldigst einen Aufsatz oder Studien wenigstens. Aber ich brauche dazu einen längeren Aufenthalt in Wien, weil ich die ganzen Serien der Wiener Zeitschriften nicht besitze, zu Weihnachten werde ich aber – falls ich überhaupt nach Wien komme – nicht länger als 8 Tage zur Arbeit haben. Nach Ostern könnten Sie alles, was Sie wollen, von mir haben.
Können Sie so lange mit dem Erscheinen des 1. Heftes nicht warten, so will ich Ihnen für dieses einen kleinen Aufsatz über die Quelle von Lessings Faust liefern. Denn die Rec. des Schmidtschen Buches für Steinmeyer gebe ich endgiltig auf. Er druckt sie ja doch nicht mehr. Ich danke Ihnen für Ihre Bereitwilligkeit in dieser verlorenen Sache noch etwas thun zu wollen. Die Schuld trage ich allein.
Über jenen Zeitschrift-Plan vom Sommer habe ich versprochen nichts näheres auszusagen. Nur so vi[el], daß die Sache mir gänzlich verfehlt schien. Der Verleger meinte, man müße in aller Stille ein erstes Heft vorbereiten u. es wie einen Blitzstrahl herausschleudern; während ich hingegen als erste Bedingung hinstellte, alle maßge [be]nden Personen vorher einzuladen & zu verständigen. Auch wenn der Verleger, wie ich nicht glaube, den Plan ausführt, so brauchen Sie ihn nicht zu fürchten. Es wird ein todt gebornes Kind sein. Aller Mitarbeiter IhrerZtschrft thun gewiß dabei nicht mit u. ohne diese Mitarbeiter können Sie sich höchstens eine Ztschrft für vgl. Litteraturgeschichte denken.
Ich habe in der letzten Zeit mehrere Ihrer Aufsätze – Goethe-Wieland, Elpenor – fürs Colleg eingehend durchgearbeitet u. mich insbesondere über den ersten wieder sehr gefreut. Bei der Ausgestaltung des Elpenor Planes hat Sie der Demetrius wie ich erinnere, etwas zu sehr beeinflußt. Aber ich kann Ihren Vermuthungen nichts Positives entgegenstellen.
Schönbach hat mir sein Bild[u]ngsbuch bereits angekündigt. Auch ich stehe diesen seinen amerikanischen Streifzügen ziemlich ferne. Aber sein ganzes Glück liegt in solchen Debauchen: er findet darin Ersatz für so vieles, was ihm wol ewig versagt bleibt und so mischt sich bei mir immer eine wehmüthig[e] Theilnahme ein, welche mich wärmer erscheinen läßt als ich bin.
Lesen Sie Bartschens Nekrolog auf Scherer im letzten Heft der Germania. Der Gipfel der Gemeinheit & Niederträchtigkeit.
Alles Schöne an Ihre liebe Frau. Herzlichst
grüßt AS.

Prag, 26. November 1887 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

26.11.87.

L. F. Als Nachtrag zu meinem letzten Briefe will ich heute noch bemerk[en], daß ich DLD. 27 für die D[L]Z. zur Recension übernommen, Ihnen also für ein Freiex. herzlich danke. Die Idee ist vorzüglich. Gegen die Einleitung habe ich manche Bedenken. Muncker Klopst. ist schwächer als ich dachte; nicht gut geschrieben, zu breit, zu quatschig, wenn Sie dieses Wort gestatten wollen; aber sehr fleißig. Über die Goethe-Ausg. würde ich Ihnen mündlich manches sagen. Daß sie eigentlich castrirt ist, macht einen sehr unangenehmen Eindruck. Der Urfaust ist famos. Halten Sie nicht für möglich, daß die Scene in Auerbachs Keller überhaupt auf d. Schweizerreise, gleichzeitig mit jenem tollen Tagebuch entstanden ist? Herzlich Ihr AS.

(Graz), 1. Dezember 1887 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Dank für Ihren Voss und brief und karte. Heine war schon unterwegs an Sie, da Sie ihn ablehnten. Wenn Sie ihn mir zurück schicken, hab ich eine passende verwendung für das ex. Böhlau ist über die mö – – – Ich wurde unterbrochen, der anfang blieb liegen, die post bringt den Heine; ich danke dafür; dass Ihnen die idee gefällt macht mich sehr zufrieden; ich habe bedenken gehabt, als ich sie erfand: harte philol. können sagen: dies hat nie als B. d. ll. existiert. Auch Elster nahm anfangs anstoss, als ich ihn für meinen plan zu gewinnen suchte, befreundete sich aber dann damit. Die vorr. ist unter starkem drängen geschrieben; Elster hatte mich sitzen lassen, z. tl. freilich ohne schuld. So ist sie zu lang geraten und etwas quatschig. Auch stimm ich nicht mit allem überein, hätte lieber nur das herausgehoben gehabt, was diese fassung anders macht als spätere, u. dessen ist unglaublich viel, woraus sich der junge H. poetischer zeigt als der alte. Aber ich kann die vorreden nicht so schreiben lassen, wie ich sie für recht halte, wobei noch gar nicht gesagt wäre, dass es so recht wäre. Der fall drückt mich nun schwer, wenn ich an zs.-beiträge denke. Wie oft werd ich da meine meinung verleugnen müssen oder um eines guten wortes willen viel mässige ertragen; und das aller schlimmste, gelegentlich doch auch nur um der person willen!! Es gibt für den unabhängigen und schroffsten redacteur grenzen. U. ich fürchte mich sehr vor diesen. – – Böhlau ist, um auf das angefangene zurückzukommen, über die möglichkeit, der jahresbericht werde zu gross u. zu belastend für die Vjs., ängstlich geworden; u. so werden zunächst keine regelmässigen berichte u. nicht umfassende erscheinen, bis die neue zs. auf festen füssen steht. Aber wir wollen einstweilen langsam anfangen und muster von kurzen, lebendigen, geschmackvoll zusammenfassenden berichten geben und Sie sollen ja das jahr 1888 sich zusammenstellen u. sobald sichs lohnt los schiessen. Über die äußere u. innere art schreib ich ihnen einmal mehr; heute nur noch, dass Sie alle bücher gratis bekommen, welche die verleger gratis als rec.ex. abgeben, und 40 m. honorar pro bogen bericht.
Das 1. hft. soll anfangs märz heraus; ich fürchte es wird anfang april werden. Doch brauch ich vorher ms., um übersicht zu haben. Also müssen Sie was wählen, das bald fertig sein kann. Haben Sie denn keinen entwurf, keine reichlichen notizen für den verlornen Raimund? Oder Grillparzers Ahnfrau: fragen Sie doch Konegen direkt, ob er ein 1. heft bald bringen will. Warum sollen Sie die studien noch länger ablagern lassen? Vor Cotta brauchen Sie gewiss keine scheu zu haben: steht in Ihrem kontrakte, dass Sie nichts über Grillparzer drucken lassen dürfen? wenn das nicht drin steht, haben Sie freiheit, jedes kapitel Ihrer biographie da u. dort zu publicieren, nur dürfen Sie eben nirgends eine ganze biogr. veröffentlichen. Das ist also kein anstoss. Bis mitte januar bitte ich um ms. U. ausser dem österreichischen, an dem mir wegen des ministeriums, wie neulich schon gesagt, liegt u. das ich von Ihnen am liebsten hätte, weil Sie den grösten ! plan dazu u. wol am längsten hegen (während die andern an reichsdeutsche themata gebunden sind) schicken Sie jedesfalls die Lessingsche Faustquelle als abhandlung? und was sie sonst an neuem zu Schmidts buch notierten als miscellen.
Dass Sie den Elpenoraufsatz mit Demetrius in verbindung bringen, überrascht mich ungemein. Ich habe bis zu Ihrer bemerkung keinen moment an Demetrius gedacht. Ich habe überhaupt an gar keine parallele gedacht und suchte mich recht eigentlich auf das fragment zu beschränken. So möchte ich wol auch einmal an den Göchhausenschen Faust herantreten. Nur ist es da schwerer, sich aller einfälle zu enthalten, welche der vervollständigte Faust gibt u. wol auch kaum erlaubt. An die Schweizer reise hab ich noch nicht gedacht. Aber ich möchte die schülerscene (u. dann wol auch den keller) nach Leipzig setzen. Mich dünkt der pedantische Meph. so schal, dass er nur als persönliche karikatur (Clodius??) wirken kann, also im kreise der Leipziger zechbrüder. Für Strassburg ist so fuchsenmässige erfahrung undenkbar, obwohl das ausschliessliche besprechen der medicin eher dahin als nach Lpz. passt. Vielleicht verbrenne ich mir den mund einmal mit solchen hypothesen. Mehr noch aber reizt mich die verquickung der nachtscene u. Wald u. höhle: da ist ein angelpunkt, da war etwas einfacher, was später gespalten wurde; und das einfache möchte ich zu ende denken können; aber es klappt noch nicht in meinem hirn.
Bartsch ist ein lump. Ich habe seine totenschau leider gelesen. Zarncke begräbt in der Nibelgenvorr. die streitaxt u. reibt sich im Ctrbl. doch an Scherer.
Ihre empfindung für Schönbach ist mir so wol erklärlich, dass auch ich nicht nur mit kritik an seine ‚nebenstunden‘ herantrete; mir ist leid, seinen enthusiasmus zu stören; mir ist aber eben so leid, dass er sich solche blössen gibt – denn dafür halt ich die vorlesungen –; und aus diesem dilemma kam ich nicht hinaus, hab ihn geschont, mehr als mein gewissen erlaubt, ihm einwürfe gemacht, mehr als seine liebhaberei vertrug. Schliesslich kam es doch zu keinem ernsten kampfe, u. wir sind gute freunde, die sich nur etwas genauer kennen lernten: der eine hält den andern für zu beschränkt, der andere den einen für zu schweifend. Treulich Ihr BSfft.

(Prag), 28. Dezember 1887 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

28.12.87.

L. F. Ich bin heuer mit Antworten an Sie so saumselig gewesen, daß ich nicht auch noch das neue Jahr heraufkommen laßen will, bevor ich Ihnen geschrieben habe. Glauben Sie mir, es war neben einer Reihe tiefeingreifender innerer E[rl]ebnisse, von denen niemand im Zusammenhange weiß und die ich Ihnen nur in langwierigem Gespräche darlegen könnte; neben diesen inneren Erschütterungen und Zerrüttungen, die drei Viertel dieses Jahres ausfüllten, war es hauptsächlich die nun eben fertig gewordene Grillparzer Ausgabe, die mich außer allen Verkehr mit meinen Freunden setzte. Denn Sie werden von andern Grazer Freunden dieselben Klagen über mich vernommen [ha]ben. Nun bin ich wenigstens auf eine Zeitlang den Correcturen entbunden. Auch sonst schaffe ich mir manches vom Halse: in einem Jahre etwa werde ich meine ganze Zeit frei für Untersuchungen haben. Gott genade der VJS die sie alle aufnehmen und den Lesern, die sie alle verdauen müßen.
Ihr Programm finde ich präcis, einfach, polemisch-sicher; lapidar. Ob nicht zu wortkarg? Ich bin etwas entsetzt über das niedrige Honorar. Ein Mensch wie ich, der viel verdienen muß, der kraut sich hinter den Ohren bei 20 Mark! 40 für den Jahresbericht klingt schon etwas besser. Sie sollen aber in der ersten Z[ei]t alles haben, was Sie von meinen Sachen brauchen können. Einen Aufsatz über Stolberg habe ich Zwiedineck versprochen: Das ist aber ohnedies nichs für Sie. Bis Mitte Januar bekommen Sie gewiß etwas von mir noch fürs erste Heft. Wie es ausfällt, kann ich noch nicht sagen. Vielleicht auch eine Kleinigkeit über österreichisches, für das Schmidt übrigens einiges zusammenstellt.
Die Grillparzersachen sind deshalb so verwickelt, weil sich in alles meine Kenntnis der Papiere hineinschlingt und da passen die Cerberusse in Wien: auf der einen Seite die Stadtbibliothek und ihre Behüter, auf der andern Seite Minor als Gegner auf u. mir sind die Hände gebunden. Was hätte ich sonst alles!!
Möchten Sie mir nicht einiges von dem verrathen, was Sie an Manuscript-Vorrat haben. Ich will es still ins Herz beschließen.
Unter den Briefen Bürgers an Goeckingk, [de]ren ich 80 Stück besitze, ist einer, biographisch vielleicht der interessanteste, den wir von B. haben, indem ! er ein Stück glühendsten Liebesbriefes an Molly enthält. Ich habe eine Zeitlang gedacht ihn abzutrennen u. für Heft I darzureichen; ein Anknüpfungspunkt an Gedichte für eine einleitende Bermerkung hätte sich gefunden. Aber einmal sind ein paar ziemlich freie Ausdrücke im späteren Verlauf des Briefes, die für diesen Zweck vielleicht nicht ganz [p]aßten, während sie im weiteren Fortgang der Ztschrft Niemandem ! geniren und zweitens würde mir der Rest der Correspondenz ziemlich entwerthet. Und wenn ich auch nicht verlangen kann, daß Sie alles freundschaftliche Gewäsche drucken, so ist doch die Mehrzahl der Briefe deshalb des Druckes bedürftig, weil die Antworten Göckingks in der Strodtmannschen Sammlung zugänglich sind.
Noch ein Wort vom Grillparzer. Bitte sind Sie mir nicht böse, daß ich Ihnen kein Ex. d. Werks schicken kann, da doch Schönbach eines erhält. Ich bin ihm von meiner Grazer Zeit her mannigfach verpflichtet; er hat mir unter anderem [s.] großes Predigtbuch geschenkt; er hat sich ferner viel mit Gr. beschäftigt; vieles mit mir durchgesprochen etc. Für Sie haben ja auch die ganzen Werke weniger Interesse u. die Einleitung, auf die ich allein Wert lege, erhalten Sie baldigst. Sagen Sie mir ein gutes Wort drüber; denn es hängt – neben vieler, vieler Mühe; denn fast hinter jedem Satze steckt eine Untersuchung – es hängt mein ganzes Herz dran. Mit dieser Liebe habe ich nichts geschrieben seit der Widmung der Neudrucke und fast will es mir scheinen, als würde ich nichts mehr mit [di]eser Liebe schreiben; denn in dem großen Werke, das ich gewiß ausführe, müßen die andern Geisteskräfte überwiegen. – Bald werde auch ich Ihnen zu schweifend sein; aber nein: ein kleines Gebietchen zu träumen, ja phantasieren, zu schwelgen; das gestehen Sie ja jedem von uns gern zu. Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau vielmals und laßen Sie uns auch fernerhin an einander festhalten.
Treulichst Ihr AS.

Graz, 31. Dezember 1887 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

LFr. Ihren brief hab ich sehr erwartet. Ich finde heute nicht zeit zu längerem danke, wie ich gerne wollte. Über den Grillparzer bedarf es keines wortes. Ich habe auch Steinmeyer versichert, dass er in allen dingen Schönbach die erste hand lassen möge. Ich meine, er ist eifersüchtiger als ich, und so lange ich mich an die gesinnung halten darf, wie bei Ihnen, kommt mirs auf kein äusseres zeichen an. Auf die verheissene vorrede freu ich mich aber natürlich trotzdem. – Für die Vjs. habe ich im vertrauen: Briefe u. akten zur biogr. Wernickes von Bobé; Minor, Thomasius (allgemein); Hoffmann, Hamannbriefe an Nicolai (nicht viel wert); Martin, ein hexametrist vor Klopstock (mau); Kögel, Kleinigkeiten zu Goethe (Faust, Gedd.; wirkl. kleinigkeiten); Jonas, Parallelen zu d. Votivtafeln (unverarbeitet); Strauch, Scheitinana (weinschwelglitt.; sehr gelährt u. trocken); Harnack, Goethe u. Wv Humboldt (nicht übel), Bolte, Eine gesgsposse aus d. 17 jhdt.; Miscellen von R Köhler, Boxberger, Minor. Ich soll in nächster zeit erhalten: Schmidt, Proserpina u. miscellen; Bächtold, N. v. Wegle; Burdach, Perioden der LG.; Suphan?; ausserdem bald versprochen: Waldberg 17. jhdt.; Karl Rieger, Schiller, Solon u. Lykurg; Werner, Zur physiologie der lyrik u. a. m. von Muncker etc. Stoff genug, aber vorläufig nichts wirklich bedeutendes in meinen händen. U. nichts Österreichisches. U. doch wäre nur mit diesem einige hoffnung auf ministerielle unterstützung. Was bekomme ich denn von Ihnen? Schicken Sie mirs ja recht bald; ich habe jetzt schon mehr als ich im 1. heft unterbringen kann. Wenn Sie mir zeitig was schönes schicken, schieb ichs aber noch vor. Nur kann Ihnen jede post den rang ablaufen. Ihren Bürger stutzen Sie mir für ein späteres heft zurecht, bitt ich. Ihrem Voss kenn ich leider noch immer nicht. – Ja, das honorar ist klein, aber Teubner u. Weidmann zahlen nicht mehr, u. nach meiner berechnung ist auch so u. trotz der beihilfe Serenissimae der verleger wol noch schaden ausgesetzt. Ich verarge es aber niemand, wenn er, was für weitere kreise sich anrichten lässt, in besser zahlende ????? gibt. In der Vjs. muss der gelehrte ruhm das honorar ergänzen. Prosit neujahr! Wir bleiben treue verbunden. Auch grüsse meiner frau. Ihr BSfft. 31 XII 87.

Prag, 4. Januar 1888 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. Fr Wenn Sie sich die Woche bis zum 15 gedulden wollen – denn diesen Termin [h]aben Sie mir gesteckt – sollen Sie von mir bekommen: 1.) Einen kleinen wichtigen Aufsatz: Das Phantom in [L]essings Faust (Calderon, Corneille) 2) Als Miscellen: a.) Ein muthmaßlicher Aufsatz Grillparzers b.) Nachträge zu Bürgers Gedichten, Briefen; vielleicht auch c.) Zu Schreyvogels Donna Diana. – Ich kann nicht einsehen, warum Sie nicht lieber auf Suphans, Schmidts, Burdachs Beiträge warten wollen, wenn auch eine kleine Verzögerung eintreten sollte. Für die Subvention von Seiten des M.s ist es wichtiger, daß der Redacteur in Ö. ist u daß alle öst. Fachleute Mitarbeiter sind als daß öst. Litteratur darin betrieben wird. Denken Sie an die VJS für Musikwissenschaft, wo ähnlich Adler in Ö. ist; Spitta & Chrysander nicht. – Vielen Dank für Ihre Mittheilungen. Werner hat in Franzos’ DD. über d. Physiologie der Lyrik bereits gehandelt. Ganz vernünftige Einfälle in seiner unglaublich quatschigen Manier vorgetragen. Hat denn Der nichts Österreichisches? Minor – Schiller??!
Herzlichst Ihr AS.

4.1.88.

Graz, 6. Januar 1888 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 6 I 88
Harrachg. 1

Lieber freund

Gestern ward ich abgehalten Ihnen zu schreiben, heute kommt glücklich Ihre karte dazu.
Gestern nemlich wollte ich Ihnen wegen Ihres schülers Fellner schreiben. Er war bei mir, es scheint mit dem drucke seines Immermann bald zu ende zu gehen, er sprach vom rigorosum. U. wegen des letzteren möchte ich Ihre geheime hilfe anrufen. Mir machte nemlich in den wenigen gesprächen die ich mit F. hatte er den eindruck, als ob er sich zwar mit feinheit in die einzelheiten seiner Immermannfunde vertieft habe, aber darüber hinaus nicht gut beschlagen sei. Wenn ich mich teusche, desto besser; Sie werden das beurteilen können. Aber wenn ich mich nicht teusche, so setzen Sie, der einfluss auf ihn hat, ihm zu. Denn ich möchte um alles in der welt nicht, dass er sich im rigorosum blössen gibt. Ich habe ihm selbst einiges gesagt; aber wenn ich als examinator in spe zu ihm spreche kommt alles so autoritativ heraus u. ich möchte den mann nicht zu ängstlich machen. Ich habe deswegen besondere sorge, weil ich mit Schönbach neulich bei einem rigorosum einen bösen zusammenstoss hatte: er nahm es sehr übel, dass ich seinem Bezjak nicht wie er das ‚ausgezeichnet‘ gab, das er nach meiner sachlichen überzeugung nicht verdiente. Schönbach deutete das so, dass er mir nicht wissenschaftlich u. streng genug examiniere. Nach einer sehr peinlichen auseinandersetzung haben wir uns wider beglichen. Aber ich fürchte, es bleibt so viel davon zurück – was ich natürlich F. nicht sage –, dass Schönbach höhere anforderungen stellt, besonders wenn die dissertation aus der neueren litteratur genommen ist. Es wäre mir leid, wenn F. darunter litte. U. doch scheint er mir mit dem MA nicht auf gutem fusse zu stehen. Ich kann Schönbach natürlich nicht hindern u. will es nicht: denn nach dem, was ich mir erzählen lasse, wird hier wirklich mit dem ‚ausgezeichnet‘ ein misbrauch getrieben, an dem ich mich nicht beteiligen werde. Ich habe auch widerholt kandidaten abgeschlagen, ihnen ein engeres gebiet zum rigorosum zu bezeichnen, wie das bisher usus gewesen sein soll. Ich kann nicht verlässlich erfahren, wie Ihre praxis war. Sie werden sich selbst denken, dass ich mich über derlei mit Bauer u. Gurlitt benehme und deren billigung dazu eingeholt habe, auch dass ich Schönbach davon verständigte, der mir allerdings nur das recht, nicht mehr, dazu zugesteht. Ich sehe keinen grund, warum die promotion so sehr erleichtert werden soll. Ich glaube nicht, dass ich die kandidaten mit detailfragen belästige; aber ich will mich überzeugen, ob sie einen begriff der geschichte von 15–1800 haben. Ich bin durch die prüfungsordnung gehalten, das thema der dissertation abzufragen, ich werde natürlich mich auch an verwandtes halten – wie ich F. erklärt habe, dass ich bei ihm eine besondere kenntnis des dramas u. der dramaturgie der ganzen neuzeit voraussetze – aber er muss mir auch über andere dichtgattungen die hauptsachen sagen können.
Ich glaube in all diesem auf Ihre zustimmung zählen zu dürfen. Ich schreibe so viel davon, weil ich Sie bitten möchte auf F. in diesem sinne einzuwirken; er scheint das für unberechtigte ranküne zu halten, er meinte – ganz irrig – das rigorosum diene lediglich dazu festzustellen, ob die dissertation vom kandidaten verfasst sei. Ich weiss nun nicht, ob Sie ihm darüber gelegentlich äusserungen zugehen lassen können u. mögen. Mir liegt daran, dass Ihr schüler mit ehren durchkommt. Aber ich bitte Sie ausdrücklich, ihn nicht ahnen zu machen, dass ich Sie darüber anging, u. alles vertraulich zu behandeln. Sonst wird F. kopfscheu, sieht die dinge, die ihm ohnedies ungeheuer erscheinen, grösser als sie sind; und sonst wittert Schönbach wider weiss gott welche intrige zu seinem sturze, da ich ihm vielmehr doch in die hand arbeite. Ich hoffe, Sie misverstehen mich nicht.
Conta benimmt sich unglaublich wunderbar u. alle meine versuche, in sein herz zu dringen, scheitern. Er brütet über Hamann, ich weiss nicht wie u. was. Im seminar bin ich gar nicht erbaut von ihm. Er hält sich für ungemein klug, hat gewiss auch sehr viel wissen, aber mit dem arbeiten geht’s schlechter, als da ich eintraf. Sie wussten ihn offenbar besser zu führen als ich. – –
Ihren beiträgen sehe ich mit verlangen entgegen. Schmidts u. Suphans beiträge sind noch nicht da, wurden aber von mir in das 1. heft natürlich schon eingerechnet, das ohne die herren mitwirker gar nicht erscheinen kann. Werners Zur physiologie der lyrik bei Franzos gilt mir weniger als Ihnen u. ich würde einen derartigen aufsatz in der VJS nicht abdrucken; er hat noch nichts eingereicht. Ihn oder Minor zu austriaca aufzufordern habe ich nicht lust; eine solche aufforderung ist ein halbes versprechen, das bestellte dann auch anzunehmen, und dazu sind mir die beiden zu unsichere leute. Mit Schiller will Minor später kommen.
Eine frage an Sie als Hölderlinkenner: Ist Hölderlins gedicht: An die klugen Rathgeber. „Ich sollte nicht mit allen Kräften ringen“oder seine andere fassung: Der Jüngling an die klugen Rathgeber. „Ich sollte ruhn? Ich soll die Liebe zwingen“ irgendwo gedruckt? u. ebenso ist sein Vanini. „Den Gottverächter schalten sie dich? mit Fluch“gedruckt? Ich fand beides in Schillers nachlasspapieren. Machen Sie sich keine mühe damit. Ich meine nur zu wissen, dass Sie sich mit Hölderlin besonders genau befasst haben u. also bescheid erteilen können.
Ihr Brandl soll aussichten nach Göttingen haben? dort ist Roethe an Goedekes stelle vorgeschlagen. Burdach soll gehaltloser eo. geworden sein. Braune lehnte berufung nach Heidelberg ab, höre ich, ich wusste gar nicht, dass Bartsch d. gr. ersetzt werden soll.
Leben Sie wol und bleiben Sie gut
Ihrem
Sfft.

Prag, 9. Januar 1888 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag II Stefansg. 3.
9.1.88.

Lieber Freund! Ich bin Ihnen für Ihre vertraulichen Mittheilungen sehr dankbar und bedauere nur, daß Sie mit Sch. sich nicht besser vertragen. Ich hatte mir das ganz anders vorgestellt.
Bevor ich auf die Sache eingehe, gestatten Sie mir zwei Dinge vorauszuschicken. Erstens. Soweit ich mich entsinne, habe ich in Graz nur ein einziges Mal beim Rigorosum geprüft; der Candidat war ein Freund Schönbachs, ein Geistlicher aus Seitenstetten, ein älterer Herr und tüchtiger Schulmann, der allerdings in den allerneuesten Forschungen nicht bewandert war, aber sich in der Nationallit. vorzüglich auskannte. Möglicherweise habe ich ganz im Anfang jemanden geprüft, der mir fremd war. Darüber weiß ich nichts mehr. Von Hauffen habe ich noch die Diss. begutachtet; s. mündliche Prüfung fiel in das Interregnum. Ich erinnere mich noch, daß in den Reden bei der Abschiedskneipe scherzhaft hervorgehoben wurde: vielleicht hänge meine allgemeine große Beliebtheit davon ab, daß ich keinen geworfen habe, weil ich keinen geprüft hatte. Sie sehen also: von einer Tradition aus meiner Zeit kann gar nicht die Rede sein. Ich habe nichts eingeführt, aber auch nichts abschaffen können. Davon daß ein engeres Gebiet bezeichnet werde oder wurde, ist mir nichts bekannt.
Zweitens. Es ist aber niemand von Graz her mein Schüler im engeren Sin[n]e, wie denn durch meine raschen Übersetzungen überhaupt kein Germanist zusammenhängend 3 oder 4 Jahre um mich gewesen u. bei mir gelernt hat, es wäre denn ein oder der andere Lemberger. Die zählen aber gar nicht mit. Am wenigsten nun kann ich Herrn Fellner meinen Schüler im landläufigen Sinne des Wortes nennen. Er war vielleicht längere Zeit bei mir inscribirt. Ich erinnere mich aber nur, daß er im letzten Semester wirklich gehört [ha]t. Einmal war er im Seminar u. da kamen wir über Schillers Maltheser fast auseinander, wie unser Verhältnis überhaupt anfangs mehr ein gegensätzliches war. Erst als ich den glücklichen Griff mit dem Diss.-Thema that, faßte er Vertrauen zu mir, unsere Bzhg. erstarkten erst bei meinem Weggange u. wurden erst seitdem er im vorigen Winter 14 Tage bei mir war – buchstäblich Tag & Nacht bei der Arbeit – innigere. Ich habe ihn recht liebgewonnen als Arbeiter wie als Menschen, er hängt dankbar an mir u. wenn aus dem überreichen Materiale s. Immermann halbwegs etwas geworden ist, so darf ich mir das allerdings zum Verdienste anrechnen. – Aber Sie sehen aus dieser Darlegung meiner Bzhgen zu ihm: an den Lücken in seinem Wissen, an seinem ganzen Entwicklungsgange bin ich vollständig unschuldig.
Was Sie mir nun schreiben, das habe ich ihm mündlich & schriftlich oft und oft gesagt; [e]r hat auch, so weit es neben einer anstrengenden Detailarbeit, neben dem Drucke eines 30 Bogen starken, z. Thl petit gedruckten Buches angieng, in früheren Epochen gearbeitet. Über das Ausmaß s. Wissens bin ich gleichfalls nicht orientirt u. müßte bei der Prüfung ganz so vorgehen wie Sie. Vor Ihnen scheint er aber nun freilich eine Höllenangst zu haben, das schließe ich aus einzelnen Äußerungen von ihm selbst & sowie aus Schönbachs Frage zu Ostern, warum er denn nicht das Rigorosum in Prag ablege. Wenn Schönbach ihn jetzt härter anließe als er sonst geth[an] hätte, thäte es mir um Fellners gegenwärtigen Ernst & Fleiß leid. Was an mir liegt, will ich nicht fehlen lassen: ihm noch einmal energisch zur Arbeit rathen, ihm ins Gewissen reden. Ich kann dies ohne daß es ihm auffällt getrost thun, danke Ihnen auch für alle Mittheilungen herzlichst. – Daß es mit Conta nicht vorwärts geht, ist schade. Manchmal bedürfte er mehr eines Seelenarztes u Freundes denn eines Lehrers. Obgleich er mir zu schreiben versprach, hat er es doch nicht gethan. Seit meiner Abreise weiß ich nichts mehr von ihm.
Wie macht sich der junge Zeidler?
Wegen Hölderlin schreibe ich in einigen Tagen. So weit meine Erinnrung reicht, sind die Gedichte unbekannt. – Ich nehme in den Seminarübungen des Sommers Heine nach Ihren Neudrucken. Herzlichst Ihr treu ergebener
AS.

Graz, 12. Januar 1888 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Dank für Ihren brief, l. fr. Ich glaube, dass ich mich mit Sch. besser vertrage, als er sich mit mir. Übrigens hat das gewitter neulich die luft gereinigt u. unsere beziehungen sind sonnenhell. Wenigstens von meiner seite. Ich habe mir fest vorgenommen ihm nichts übel zu nehmen u. habe das bisher zu wege gebracht. Vor mir bräuchte sich F. nicht zu fürchten. Bauer versichert mir auf befragen, dass ich nicht unangenehm examiniere. Seien Sie auch überzeugt, selbst wenn einer hier Ihr schüler zu heissen verdiente, würde ich keine etwaige unwissenheit nur ihm zuschreiben: denn ich weiss einerseits was für anforderungen Sie an sich u. andere stellen u. andrerseits dass der beste lehrer gegen viele stud. ohnmächtig ist. Die beliebtheit, die Sie erwarten, vermag ich nicht zu erringen, ich bin nicht so herzlich mit den studenten. Zeidler macht mir freude. Aus ihm kann etwas werden, wenn er ausdauert. Conta ist ein rätsel, ich glaube auch für sich. Wäre nicht auch Bauer unzufrieden mit ihm, so würde ich die schuld seines zurückganges in mir allein suchen. Es nähern sich jetzt ein paar leute dem doctorate u. examen, die kaum dazu reif sind. – Wenn Sie Ihre seminaristen anweisen, DLD bei einem sortimenter zu bestellen und wenn dieser den henningern sagt, er beziehe für Ihr seminar fest u. baar, so erhalten die seminaristen einen sehr bedeutenden rabatt, was bei dem preise des Heine schon von belang ist. Event. will ich den Henningern darüber schreiben, wenn Sie es wünschen. – Herzlich grüsst BS.

Graz Harrachg. 1 12 I 88

Hrn Kelle danke ich für seine heute eingetroffene zusage zur VJS (Er will bald was dafür schicken!)

Graz, 20. Januar 1888 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Aber, l. frd., heute ist der 20 u. Sie haben bis 15 beitrag versprochen; bitte bitte das ms. u. jedenfalls antwort!
Treulich
Ihr
Sfft

Graz 20 I 88

(Prag), 23. Januar 1888 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich habe Ihnen gestern und vorgestern trotz Ihrer Mahnkarte nicht geschrieben, weil ich nicht absehen [k]onnte, was aus meiner Abhandlung werden wird. Ich bin auf Abwege gerathen gewesen, glaubte durch Vergleiche mit dem Volksschauspiel etwas zu finden, litt unter einem furchtbaren Mangel an Hilfsmittel (auf der Bibliothek fehlte Creizenach; Das Kloster war verliehen etc.). Ich schreibe das nur, damit Sie sehen; ich war wirklich bei der Arbeit; wohin einen diese führt kann man gerade dann am wenigsten sagen, wen[n] man glaubt fertig zu sein. Nun habe ich mich auf meinen ursprünglichen Plan beschränkt u. bin beim Aufschreiben, meinte auch, die Blätter heute fortschicken zu können. Es ist aber schon zu spät. Hoff[en]tlich bin ich bis morgen früh fertig. Es sind circa 20 Blätter nach bei- liegendem Format; können Sie mir also so viel Platz noch schenken im Heft, so thun Sie es, bitte!
Von den Miscellen, die ich versprochen h[a]be, kann ich zunächst nur das über Bürger schicken (das andre hat sich in Luft aufgelöst.). Ich weiß nicht, ob Sie den Brief ganz abdrucken lassen wollen, oder vielleicht Einleitung u. Schluß wegstreichen; desgleichen wie Sie es mit critischen Anmerkungen handhaben wollen. Ich habe geschrieben: Bruch [C. Gauch] Wollen Sie das irgend anders haben, so bitte, ändern Sie nach Belieben, ebenso bei den Citaten. All das soll anders werden, wenn einmal ein Heft vorliegt.
Ich habe Ihnen, glaube ich, einen Brief zu beantworten: das kann ich dieser Tage nicht. Es soll baldigst geschehen. Haben Sie meinen Grillparzer bekommen?
Fischer – Tübingen!!!!!!!

Verzeihung
Ihrem
fleißigst-saumseligen
zum faustisch wissensdurstigem
Phantom gewordenen AS.

(Prag), 25. Januar 1888 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

25. Jan.

Lieber Freund und armer Redac[te]ur! Sie müßen die Leiden Ihres Amtes früh kennen lernen und es muß ärgerlich sein, durch Stimmungen und Hemmungen Fremder gehemmt zu sein. Nun ist aber hier meine Abhandlung. Ich bin begierig, was Sie dazu sagen. Ich bin vorsichtiger gewesen, als es vielleicht nothwendig gewesen wäre. Die Sache selbst scheint mir aber sicher. Ungleichmäßigkeiten beim Citiren müßen Sie entschuldigen. Das spanische Orig. habe ich nur dort citirt, wo die deutsche Übersetzung schlecht ist und ein Misverständnis möglich wäre.
Ein Brief über anderes nächstens.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
aufrichtig Ergeb.
ASauer.

Graz, 27. Januar 1888 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 27 I 88

Lfr. Dank für alles.
Ob ich den Bürgerbrief ganz drucken soll? bezw. darf? Beckers Taschenbuch ist doch nicht so selten? oder? Mir wäre lieber, Sie entschlössen sich, nur zu sagen was Sie sagen: der brief sei ein neuer beweis für Bürgers rücksichtslose redaktion; er handle von gedd. u. zwar etwa den u. den usf. Dann die stelle von der Werthertracht u. bruchaufschneiden wörtlich u. Ihre notiz über Goethes Tr. d. Empfinds. u. Bürger Sachskenntnis daran. Wärs Ihnen so recht? Ich denke Sie misverstehen mich nicht: die herren mitwirkenden haben eigens darauf gedrängt, dass wenig ‚neugedruckt‘ werde.
Dann: glauben Sie dass Bürger unmöglich bruch geschrieben haben kann? Ein herausgeber verläse leichter Bauch aus Bruch meine ich als umgekehrt. Und Bruchoperationen sind doch auch möglich; dazu ist Bruch mehr etwas krankhaftes als bauch; und das ‚verheimlichte‘ passt auch besser auf bruch als auf bauch. Ich glaube, zur konjektur sind Sie durch Goethe u. H Sachs verführt worden, deren zusammenhang mit Bürger durch Bruch etwas weiter wird aber doch noch besteht.
Ihre LessingFaustquellen hab ich noch nicht so gründlich durchgegangen als nötig ist: denn fürs flüchtige überlesen, zu dem ich heute allein zeit fand, ist der artikel zu fein. Dazu ist mir der ungeheuerliche Calderon noch immer ein unverdauter genuss und also kein genuss, so oft ich ihn aufs neue zu geniessen versuchte. Und – ich hab jetzt keine stimmung.
So wenig, dass ich Ihren Grillparzer noch nicht las. Zerstückelt mag ich ihn nicht lesen, ganz kann ichs nicht. Wenn Sie einmal eine stunde haben, wo Sie mit Ihrer lage unzufrieden sind, dann klopfen Sie an Ihre brust und sagen: Gott, ich danke Dir dass ich nicht bin ein Goetheredaktor und Sie haben mehr recht dazu als der Pharisäer. Denn diese plackerei ist unerhört. Eine korrespondenz mit Burdach dem herausgeber des Divan, die mich zwar – fast wider erwarten in ihm einen ‚menschen‘ finden liess und sich also lohnt, aber doch eine beschwerliche: sie zählt nicht nach seiten sondern nach bogen. Und das alles um lesarten, kommata, apostrophe u. äussere einrichtung, zwischenstriche usf. Dazu korrekturbogen u. wenn ich auch nur redaktor bin, so muss ich doch bei dem wechsel der generalkorrektur genau zusehen. Dann liegt das ganze ms. zu den Noten u. Abhandlungen zum Divan da nebst krit. apparat, der herausgeber prof. sanctissimae theologiae meint es wäre manches zu ändern und gibt mir völlig freie hand. Ich muss dafür einen höflichen knix machen und tun was er hätte tun sollen und nicht tat oder nicht konnte. Und – er hat den lohn privatim u. öffentlich.
Ferner zeitschriftenkorrespondenz: wollen Sie das? wollen Sie jenes? Ja, nein, ja, nein und immer soll man höfliche sein. – Eine abhandlung wird jetzt gesetzt zur satzprobe. Ich hab zwar die typen schon längst gewählt, will aber doch sehen, wie sich unser zeug drin ausnimmt. Von den einsendern sind Sie zwar kein pünktlicher – so weit geht meine höflichkeitslügerei nicht, dass ich Sie auch Ihnen gegenüber übe – aber nicht der unpünkt- lichste. Der ‚mitwirkende‘ BS. vertröstet mich immer noch und wenn wir besser zusammenständen, hätt ich ihm schon lang gesagt: bitte bemühen Sie sich nicht. So stellte ich ihm ein ultimatum, das in diesen tagen abläuft.
Ich hoffe Ihre arbeiten unterzubringen, aber noch weiss ich nicht genau wie viel ms. der satz frisst. Seien Sie geduldig mit dem anfangsredacteur! bitte bitte! Ich darf ja im anfang den normalumfang der hefte nicht überschreiten, damit Sie billig sein können und also abonniert wird. Das ist nicht verlegerinteresse allein, sondern auch unseres: ohne abonnnenten ! können wir die VJS nicht halten.
Gehetzt – müde – ärgerlich nicht für mich arbeiten zu können (Sie seliger mann der unabhängigkeit!) – klammere ich mich erst recht an meine freunde an. Nehmen Sie den schutzflehenden milde auf!
Ihr
BSfft

28 I guten morgen!

(Prag), 30. Januar 1888 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

30.1.88.

Lieber Freund! An Verstimmungsfähigkeit wie an thatsächlicher Verstimmung geben wir einander nichts [n]ach. Und an dem ist hauptsächlich die Überbürdung mit Correcturen schuld. Sie sagen: ich sei unabhängig. Als der Grillparzer aus meinen Händen war und ich die überflüssigen Bogen wegwarf lagen über 1000 Bogen da, die ich im vorigen Jahre absolvirt hatte. Und da hatte ich schon einmal im Herbst nur Luft geschafft. Ich nehme mir fest vor, damit nun ein Ende zu machen. Wenn ich meine laufenden Arbeiten absolvirt habe: kriegt mich niemand mehr zu Texten. Es ist die schauderlichste, undankbarste, aufreibendste Arbeit. Ich fühle, wie ich langsam zu Grunde gehe. Vor vier Tagen war ich so elend, daß ich mir unsern Psychiater holen ließ!!
Freilich bringt Ihnen die Zs. neue Sorgen; aber ich glaube: die werden sich bald legen, sobald [S]ie Manuscript genug in Vorrat haben, stehen Sie leicht um einen verspäteten Aufsatz auch Ihres Mitherausgebers. Ich lasse alle Terminarbeit, auch die, welche ich mir selbst setze. Man hat im Colleg u Seminar schon Zwang genug. Freiheit! Freiheit! Freiheit!
An der Bürger-Notiz liegt mir gar nichts. Ich wollte den Brief anfangs auch nicht mitheilen; aber ich fand, man verstehe meine Bemerkungen sonst nicht. Bitte: ändern Sie ganz nach Ihrer Meinung. Am besten aber ists, Sie werfen die Notiz in den Papierkorb. Bruch kann ich nicht für wichtig halten. Einen Bruch deckt man nicht mit der Weste zu. Dann weiß ich zwar nicht, wie eine Bruchoperation vorgenommen wird; aber daß man aus der Wunde Dinge herausziehen könnte, glaube ich nicht. Also in den Papierkorb. Denselben Ort möchte ich auch am liebsten der Faustuntersuchung anweisen; da aber einige wichtige Seiten beim Abschreiben doch verändert wurden, so müßen Sie sich schon die Mühe nehmen, mir das Man. gelegentlich zurückzuschicken; ich will es dann im Zusammenhang des größeren Themas: ‚Lessing u. Calderon‘ später einmal umzuarbeiten trachten. Verzeihen Sie, daß ich Ihnen mit nichts passenderem dienen konnte; mir thut nur leid, daß ich den Januar damit verschustert habe.
Wegen Hölderlin habe ich nach Lemberg geschrieben, leider aber keine Antwort bekommen; ich kenne die Gedichte nicht. – Kelle scheint Ihnen etwas aus seinem Man. über die Lit.gesch. des 14/15 Jh. schicken zu wollen, das angeblich fertig da liegt. Hier macht Au[fs]ehen, daß Brandl nach Göttingen kommt; ich bin froh, daß ich ihn los bin. Wir haben uns sehr schlecht vertragen. Vielleicht interessirt es Sie zu hören, daß ich eine Unmasse Briefe von Voss & Boie an Goeckingk jetzt in Händen habe. Manches interessante.
Wie geht es Ihrer Frau? Grüßen Sie sie mir aufs beste und laßen Sie bald wieder etwas von sich hören. Sie sind mir in jeder Stimmung gleich herzlich willkommen.
Treulich Ihr AS.

Graz, 1. Februar 1888 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Nein nein, so hitzig bin ich nicht. Ihr Bürger kommt mit der erlaubten kürzung aber wol erst im 2. hft. Ihr Calderon-Lessing-Phantom ist ins 1. hft eingereiht u. hoffentlich teuscht mich meine berechnung des verhältnisses von ms. zu druck nicht, so dass er drin bleiben kann. Oder ist Ihr letztes wort ein befehl, den artikel zurückzuschicken? Ich denke, Sie lassen mir ihn.* – Aus Voss u. Boie geben Sie mir doch eine auslese des besten? – Ms. für 2 hefte liegt da; nicht aus mangel warte ich auf Suphan, sondern weil ich leute, mit denen ich heikle beziehungen habe, mit glacéhandschuhen anfasse. – Mit Hölderlin möchte ich Sie nochmal plagen: ich erhalte briefe von ihm an s. mutter 24 I 01, an s. schwester 23 II 01, an ihn von Gonzenbach 11.IV.01 u. 13.IV.01. Sie sind doch ungedruckt? Sie liegen in Stuttgart. ––
Ihren missmut über allerlei versteh ich recht wol. Schütteln Sie sich wie ich und spreizen Sie sich, nicht Goetheredaktor, Zshg. u. DLDhg. zu sein, davon das erste das härteste ist. Treulich Ihr BSfft.

* NB Ihr ms. geht dieser tage in die druckerei. Es wird schon gesetzt an hft. 1.

Graz, 16. Februar 1888 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 16 II 88

Sehr lieber, teurer freund
Nun erleben Sie auch den schmerz, der keinem von uns erspart bleibt, der sein leben nicht allzu früh endigt! Kenn ich Sie recht, so hangen Sie an Ihrer toten wie ich an der meinen. Man weiss nicht, wie mans tragen soll, die mutter zu missen und würde lieber sich selbt begraben als sie. Ich versuche nicht mit einem worte Sie zu trösten. Das ist alles nichts, was man sagen kann. Es gibt nur eine hilfe: arbeit und die betäubt langsam. Ich weiss es wie heute wie mir war da meine mutter vor gut 2 jahren von mir ging. Den vater hab ich gar als student eingesargt. Sie sind glücklich ihn noch zu haben. Und ihn zu stützen, wird eine stütze für Sie selbst sein.
Ich drücke Ihnen freundschaftlich die hand und meine frau bedauert Sie gleicher weise herzlich
Ihr
treuer
BSeuffert

(Prag), 25. Februar 1888 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Tausend Dank für Ihre theilnehmenden Worte. Es hat einen Riß nicht blos in mein Inneres gemacht; auch meine äußere Existenz ist mit ei [ne]m Schlage eine andere geworden. Mein Vater ist gleich mit mir nach Prag gefahren und bleibt bei mir; wir haben vom Mai ab eine größere Wohnung gemiethet und werden zu wirtschaften beginnen. Zunächst bedeutet dies für mich leider eine Fülle von Abhaltungen und Störungen; später werde ich auch die Vortheile dieses Zusammenlebens ge[ni]eßen.
Ich sende Ihnen heute den Anfang der Correctur; finden Sie stilistisch etwas zu bessern, so haben Sie die Güte es zu thun; ich bin noch zu allem unfähig und mit persönlichen Verpflichtungen überhäuft. Ist Ihnen die neu eingefügte Anmerkung sehr störend, so hängt mein Herz nicht gerade so an ihr, daß ich gegen die Weglassung Protest erheben möchte. Es freut mich sehr, daß Sie meinen Aufsatz nicht verworfen haben; Ihre ersten Wote darüber klangen wie ablehnend, ich hätte es aber nicht übel genommen.
Wegen der Hölderlinbriefe finde ich in meinen Notizen nichts. Wollen Sie aber ganz sicher gehen, so wenden Sie sich in Berlin (Bertholds Vater) der die Hölderlinbriefe sammelt. Ganz sicher ist freilich das auch nicht; denn er kannte den [e]inen oder andern jener Briefe, die ich ihm im Drucke nachwies, nicht. (NB. Der Druck der VJS gefällt mir ausgez.)
Nochmals vielen vielen Dank und schöne Empfehlungen an Ihre Frau. Herzlichst
Ihr Sauer.

25.2.88.

Graz, 27. Februar 1888 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Dank für Ihre worte u. die besten wünsche, dass Sie sich rasch in dem neuen verhältnis, das Ihnen doch auch seelisch und später körperlich – weil Sie von Ihren allzu grossen arbeitsvergraben abgehalten werden – wohltätig sein wird. – Ich habe nie gedacht Ihr Phantom verschwinden zu lassen u. begreife nicht, wie Sie zu der annahme kamen. Auch den Bürger wollte ich immer aufnehmen, nur den brief kürzen dürfen. Doch darüber sind wir nun einig.
Die adresse des Hölderlinsammlers in Berlin haben Sie in der eile ausgelassen. Bitte tragen Sie dieselbe noch nach! – Wegen Ihrer anm. hab ich dem verleger geschrieben u. hoffe, dass er sich darauf einlässt. Ich weiss ja noch nicht, wie er mit dgl. verfährt. Über Ihren Grillparzer sollten Sie einen brief haben, aber ich komme mit dem besten willen nicht dazu. Litterarhistorisch scheint mir die einleitung in jedem betracht ausgezeichnet. Es steckt kolossal viel drinnen, man merkt oder ahnt, wie viel arbeit voraus liegt u. dass sie liebevoll geschah. Nach der seite der charakteristik – ich darf zu Ihnen doch ganz ehrlich reden – scheint sie mir nicht gleich gelungen, da vermisse ich stärkere striche. Ihre liebe empfindet man überall u. sieht doch, dass Sie zugleich gerechtes urteil sprechen und einschränken oder tadeln. Ein richtiger beurteiler des ganzen bin ich mit meiner geringen kenntnis Gr.s und mit meiner noch nicht besiegten abneigung gegen ihn nicht. Für einen leser wie ich bin setzen Sie zu viel kenntnis auch der fragmente voraus; da müsste ich nachstudieren, was ich jetzt nicht kann. U. nun, um mein herz ganz auszuschütten – aber Sie nehmen mirs ja nicht übel! bitte!! – noch eines: Sie lassen Ihren mann ein kap. zu früh sterben u. verderben sich den guten ausklang, da doch die eingangsakkorde sehr voll und sehr schön gegriffen sind. Gerne schriebe ich mehr, aber ich kann nicht. Treu Ihr
ehrlicher
BSfft. 27 II

Prag, 29. Februar 1888 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

29.2.88.

L. F. Geheimrat Prof. Litzmann wohnt Berlin W. Landgrafenstrasse 2. Was Ihr Urtheil über Gr. betrifft, so gestatten Sie mir folg. zur Antwort. Sie verfallen in den selben Fehler wie leider einige andre Leser des Heftes (so daß mich der SA. d. Einleitung schon reut), die Arbeit als etwas selbstän[dig]es anzusehen, während sie nichts sein wi[ll] u. kann als eine Orientirung für den Leser der Werke, vor oder eigentlich nach diesen zu studieren. Daraus erklärt sich auch der frühe Tod meines Helden, der sonst nicht zu rechtfertigen wäre. Hier war ein andrer Schluß geboten. Zweitens aber, das werden Sie mir – Ihre Person ausgenommen, wol selbst zugeben, daß in einer Einleitung zu einer 16bändigen Gesammtausgabe, welche in circa 10,000 Ex. verbreitet werden soll, auf welche Tausende warten, welche neue Leserkreise erobern soll, nicht auf Leute berechnet sein kann, welche dem Dichter Abneigung entgegenbringen. Hier ist zwar nicht Schönfärben, aber Liebe, Liebe und dreimal Liebe am Platze. Gerade meine Charakteri[stik] Grs. ist von allen intimen Kennern des Dichters so weit ich bis jetzt Urtheile habe, übermäßig gelobt worden; Sie stehen offenbar unter dem Banne der Schererischen Litteraturgesch., welche ich in jedemWorte bekämpfe. Aber das ganze ist ja nur eine bescheidene Skizze, ein Entwurf, möge die Ausführung Sie einst besser belehren. Herzlichst Ihr treu Erg. AS.

Graz, 2. März 1888 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Darauf muss ich doch gleich ein wort antworten. Sie lasen nur das schlechteste heraus u. so hatte ichs gar nicht gemeint. Ich habe pech mit meinen worten an Sie. Ich halte die einleitung wirklich für ausgezeichnet vom litterarhistorischen standpunkt. U. wenn Sie sagen, sie sei für leute, die von der lektüre der 10 bände kommen, so treffen Sie den nagel auf den kopf. An liebe haben Sie mir eher zu wenig als zu viel getan; ich hätte die einschränkungen des lobes wahrscheinlich schärfer, aber gewiss kürzer gemacht wenn ich eine solche einleitung zu schreiben hätte. Scherer ist für mich durchaus nicht der verführer. Ich habe mir vorher meine meinung gebildet und habe den Schererschen vortrag in den Vortr. u. aufsätzen viel zu gut befunden. Dass mich seine änderung des urteils in der LG mehr freute als irre an mir machte, finden sie doch begreiflich. Mein urteil krankt hauptsächlich daran, dass ich den mann einfacher konstruiere als er war, wie es einem bei allen geht, dessen man nicht häufiges u. längeres studium zuwendet. U. nochmals: Sie brauchen Ihre skizze wahrhaftig nicht als bescheidene leistung zu bezeichnen; ich werde sie als ein muster litterarhistorischer arbeit zu betrachten nicht aufhören. Treu u. freundschaftlich ergeben Ihr BSfft.
2 III

Der verleger knurrt über Ihre nachträge in der korr. Ich habe ihm eben geschrieben, das gehe nicht an, er müsse sich künftig darauf einrichten.

Graz, 7. März 1888 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Böhlau verlangte, dass Sie die Kosten des umbrechens der schon gesetzten nächsten 5 bogen zahlen sollten, wenn Ihre nachtragsanmerkung aufnahme finden müsse. Draufhin strich ich sie, nach Ihrer erlaubnis. Auf der änderung im text beharre ich und habe für die zukunft Böhlau mitgeteilt, dass er sich derlei gefallen lassen müsse. Nur kann ichs leider nicht beim ersten hieb in diese eiche erlangen.
Herzlich Ihr
Seuffert

Graz 7 III 88

Prag, 9. März 1888 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 9.3.88.

Lieber Freund! Die Anmerkung habe ich [Ih]nen in Ihrem Ex. anheimgestellt. Die Änderungen im Texte bitte ich Sie aber auch dann aufrecht zu erhalten, wenn ich die Kosten derselben tragen müßte. Es muß ja im Anfange einer solchen Vereinigung jeder kleine Opfer bringen. Später wäre es doch das beste, Böhlau schickte an die Mitarbeiter die Abzüge in Fahnen.
Aus einer Inhaltsangabe der ersten zwei Hefte ersehe ich, daß das meiste Faust-Beiträge sind. Zu sonderbar! Schmidt soll einen Plan zum 2. Thl. aus den siebziger Jahren gefunden haben. Doch das wissen Sie besser als ich.
Herzlichst
Ihr AS.

Graz, 25. März 1888 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Der schlusstag meiner vorlesungen machte mich zum vater eines mädchens. Es hängen sorgen an der freude, besonders um die frau. Ich denke aber nun, es soll gut gehen. Meine ferienarbeiten sind nun freilich sehr beschränkt worden, ich hatte diese störung später erwartet und nicht so intensiv und extensiv. Ich rappele mich müham auf zu thätigkeit. Ihre korrekturen ausser der anmerkung sind befolgt. Fahnenkorrektur habe ich für die zukunft schon durchgesetzt. es wird alles werden. Die juristen haben Böhlau bei seiner zs. weniger schmerz bereitet als die germanisten, sagt er. Ja, wir wissen eben immer noch was. Wenn so ein jurist die feder absetzt, causa finita est. Wie stehts wie geht’s! Ruhen Sie endlich einmal etwas? Oder schaffen Sie so fort?
Treulich
Ihr
BSfft

Graz Harrachg. 1
25 III 88

Prag, 28. März 1888 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Herzlichen Glückwunsch Ihnen und Ihrer lieben Frau z[u] dem häuslichen Segen. Gr[oß]es Glück muß immer theuer erkauft werden. Ein größeres aber gibt es auf Erden nicht! –
Ich habe zerstückelte 6 Wochen hinter mir. So lange mein Vater hier war, kam ich zu gar keiner Arbeit. Dann raubten mir 3 öffentl. Vorträge, die ich in besseren Tagen angekündigt hatte den Rest dieser Zeit. Momentan bin ich fast ohne Thätigkeit; nach Ostern aber muß ich wieder fest dran; zunächst für die Goethe-Ausgabe. Dann kommt der böse Umzug Anfang Mai; die Haushaltungssorgen. Glücklicher, der Sie Frau und Kind haben!
Wann kommt das erste Heft der Ztschrft. Ich lechze danach.
Fröhliche Festtage wünscht Ihnen Treu theilnehmend an Freude u Leid
Ihr AS.

28.3.88.

Graz, 1. April 1888 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Herzlichen dank für Ihre herzlichen worte l. frd. Ohne sorgen keine freude. Aber Ihr gelehrtenleben habe ich mit der ehe aufgegeben. – Viel freude zum Götz! - Lassen Sie mich einmal recht aufrichtig fragen, wie es mit Ihrer beschäftigung mit Nikol. Götz steht. Sie haben dafür viel getan und ich wähnte, Sie würden ihn mir wie den Uz gelegentlich in die DLD stiften. Nun taten Sie aber neulich eine böse absagerei gegen alle herausgeberei u. heute fragt mich Schüddekopf, ob er den Götz bei mir hg. könne. Dass Sie mir lieber sind als Schüddek. brauche ich nicht zu sagen. Aber ich halte es für sünde, Sie zu einem noch nicht versprochenen neudruck veranlassen zu wollen, da Sie keine lust dazu tragen. Sagen Sie mir also, ob Sie doch lust zum Götz haben oder nicht. U. wenn dies, wie ich fürchte u. worauf ich Schüddek. die ausgabe anvertrauen würde, geben Sie mir vielleicht noch ein paar nötige winke, wie ich Sch. das programm stellen soll. Vollständige ausg. wünschte ich nicht. Anakreon u. gestreute ll. aus Almanachen? – Was ist das seltenste u. nötigeste?
Ich habe heute das imprimatur zum letzten, 10. bogen des 1. hftes der Vjs erteilt. Freuen Sie sich nicht zu sehr. Strauch u. bes. Martin und gar FrJonas machen langeweile. Ich hoffe, es soll besser werden. Ich muss zunächst zu sehr diplomat sein; steht die VJS auf festen füssen, so kann ich den „aufgeklärten despoten“! spielen. Obs dann besser wird?
Treulich
BSfft.

1.IV 88.

Prag, 3. April 1888 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Meine Absage an die Texte dürfen Sie so ernst nicht nehmen. Ich war damals müde und verstreut. Seitdem Schönbach es für eine ‚Kunst‘ erklärt hat nhd Texte zu machen, erwacht dieser mein Kunstrieb sogar wieder sehr heftig und nicht blos der Uz gedeiht kräftig, sondern Ansätze zu einer Schreyvogel-Ausg. sind vorhanden. Bei Götz kann es sich um 3erlei handeln. Neu[druc]k des Anakreon (habe ich abgeschrieben u. collationirt) eventuell zusammen mit den Gedichten eines Wormsers, die bisher niemand kennt. Hat sie Schüd. gesehen? Etwa im Britischen Museum? Dies würde sich bequem an den Uz anschließen u. das würde u. könnte ich machen. 2) Sammlung der zerstreuten Gedichte mit den MA. Notwendig u. schön. Das mache ich aber nicht. 3) Aber Kürschner hat den ganzen Götzischen Nachlaß. Und die ganze Frage steht meiner Meinung nach so: Wer diesen erlangt, der macht eine kritische Ausgabe (ganz oder theilweise). Gelingt es Schüd. ihn zu ergattern, so soll er es machen; er ist sehr tüchtig u. genau, wie ich Ihnen aus längerem briefl. Verkehre versichern kann. Ich habe mich bisher um den Nachlaß vergebens bemüht u. ich könnte mich überhaupt für dens[elb]en bei K. erst einsetzen, bis ich meine Verpflichtungen bei der DNL. ganz erfüllt habe. Mein Rat ist: hat Sch. den Nachlaß oder kann er ihn kriegen, so laßen Sie ihn eine Ausgabe machen; wenn nicht, so warten Sie mit Götz überhaupt, bis der Nachlaß zugänglich wird. K. verkauft ihn gewiß einmal.
Über Ihre 70 nach Erscheinen des 1. Heftes. Treulichst
AS.

Prag, 25. April 1888 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich schicke Ihnen gleichzeitig meine Heinerec. u. bitte Sie um Elsters Adresse, damit ich ihm einen Abzug schicken kann. Sind Sie zufrieden damit?
Letzten Sonntag bekenne ich: las ich die VJS. Im ganzen können Sie sehr stolz auf das 1. [Hef]t sein. Schmidts Aufsatz ist – abgesehen vom schwulstigen Anfang ausgezeichnet; Supphans Briefe höchst interessant. Diese 2 Aufs. tragen die Ehren davon. Minor?!? – Martin in der That dürre und trocken; Strauch aber nicht schlecht. Bei Kögel Schmidts Beisatz zwar das wertvollste, aber die Ansagung zu der Anmerk. ist schon ein Verdienst. Nur das 19. Jh. hätte ich an Ihrer Stelle auch vertreten sein lassen und eine chronol. Ordnung hätte ich eingeführt. Minors Festaufsatz hätte trotzdem als Einleitung stehen bleiben können. Wann werden Sie als Autor theilnehmen?? Druck, Ausstattung etc. ist sehr gut. Möchten die A[bon]nenten nicht ausbleiben.
Ich übersiedle in der nächsten Woche in meine neue Wohnung u. es herrscht bei mir in Folge dessen ein etwas dissolutes Wesen. Aber was treibt Ihr in Graz: Leitgeb, Gross, Frau Kergel, Fellner!!! Freundlichst grüßend Ihr treulichst Ergeb. AS.

Graz, 27. April 1888 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Dr Ernst Elster Jena, Vor dem Erfurterthore 3, kann sehr zufrieden sein. Ich danke Ihnen für die recensio. Ja, 19. jahrh. hätte ich schon angekündigt, wenn ich gehabt hätte. Aber wer gibt? Ich habe mich vergebens um Grillparzer umgetan und fahnde fürs 2. heft, obwols schon im druck ist, auf einen Rückert. Ich werde erst in nr. 3 auftreten. Die hh. mitarbeiter haben den vortritt. Chronologie ist innerhalb: 1) abhandlungen 2) neue quellen 3) miscellen. Sie werden auch am 2. hft. keine reine freude haben. Mein stolz ist jetzt Österr, Dtschld., Schweiz zu vereinigen, Berlin, Heidelberg, Leipzig zu versammeln, akademiker u. laien u. halbwüchsige genossen. Sch ! ich nicht auf multa u. multos, so fang ich keinen kritikaster und keinen abonnenten. Übrigens bin ich mit Ihren beifall sehr zufrieden. Meine anerkennung des 1. heftes ist reservierter. Jetzt ists lustig: Goethekorr., VJS. u. DLD-korrekturen zu gleicher zeit!
Treulich herzlich
BSfft

27 IV 88

Graz, 29. April 1888 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfreund: Eine bitte. Können Sie etwas hören, wer in Prag nachfolger des gestorbnen juristischen rechtshistorikers wird? Ist die fakultät antisemitisch? Ich wünschte so sehr, dass mein jüdischer freund Rosenthal in Jena, ein vortrefflicher mensch, der auch in seinem fache sehr tüchtig gilt und in österreichischer rechtsgeschichte geschriftstellert hat, aussichten habe.
Die frage kommt zu Ihrem umzug ungelegen, antworten Sie nach gelegenheit.
Herzliche Grüße Ihr
BSfft.

Graz 29 IV 88

Prag, 3. Mai 1888 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Für antis. halte ich die Facultät nicht; der einzige Jurist, mit dem ich überh[aup]t näheren Verkehr pflege, ist [ei]n Jude. Ob ich ihn in den allernächsten Tagen sehen kann, bezweifle ich; aber so bald ich irgend etwas erfahre, mache ich Ihnen Mitthlg. Ihr Bauer war in Jena bei der Schmidt-Féte mein Tischnachbar & gefiel mir sehr.
Herzlichst
Ihr AS.

Von morgen ab:
Prag Weinberge Hawlitschekgasse 62.

Graz, 8. Mai 1888 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Glückauf zum haushalt! ich verspreche mir davon vor allem eine Ihrer gesundheit förderliche regelmässigkeit und abziehung von allzu angestrengtem fortarbeiten. Auch gemütlich wird es Ihnen behagen, so schwer der übergang sein mag. Mir wenigstens war nach jedem längeren alleinsein das fügen in die hausordnung zunächst lästig, bald aber woltätig und nützlich. – Dank für Ihre nachricht aus der jurist. fak. Vergessen Sie die sache nicht. Der mann ist noch besser als sein erster eindruck; ich kenne ihn seit 1872 und habe jahrelang täglichen und wochenlang stündlichen verkehr mit ihm gehabt. Also wenn Sie Ihrem bekannten ein gutes wort zuflüstern können! ich rechne es Ihnen an als ob Sie mir ich weiss nicht was täten! Schüddekopf schreibt, die zerstr. gedd. Götz habe er beisammen, die Gedd. eines Wormsers 1745 (1752 existiere kaum) in Halberstadt gesehen, Kürschner wolle oder habe nach Amerika verkauft, da seien die hss. also doch verloren.
In treuen
Ihr
BSfft.

Graz 8 V 88

Prag, 13. Mai 1888 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, Weinberge.
Hawlitschekgasse 62.
13.5.88.

Dank, vielen Dank, lieber Freund, für Ihren freundschaftlichen Zuruf, dessen ich [f]reilich nöthig habe. Ich bin aus allen meinen Angeln gehoben u. es wird lange dauern, bis ich wieder fixiert bin: doch bin auch ich überzeugt, daß es zum Guten führen werde.
Was nun erstens Ihren Freund anlangt, so kann ich für ihn gewiß nicht das mindeste thun. Bedenken Sie doch: ein [jun]ger Extraordinarius, der selbst noch als Fremder angesehen wird – erst nach 3 Jahren wird man als Prager behandelt – eine andere Facultät etc. Ich kann Ihnen nur so viel sagen, daß man es auf Zallinger in Innsbruck, der vor kurzem den Straßburger Ruf abgewiesen hat, anlegt. Weiter weiß ich nichts; die Herren hüllen sich in ihre Geheimnisse wie in zerfetzte Radmäntel ein; doch hoffe ich noch einmal anklopfen zu können.
Was 2.) den Götz anbetrifft, so wollte Kürschner in der That nach Amerika verkaufen; that es aber noch nicht. Ich an Ihrer Stelle wartete noch 1–2 Jahre; es pressirt ja gar nicht damit. Höchstens die Gedichte eines Wormsers brächte ich als Vorläu[f]er. Hat aber Schüddekopf die Sache beisammen, so können Sie sich, wie schon gesagt, auf ihn gewiß verlassen und brauchen auf alte Abschriften in meinen Laden keine Rücksichten zu nehmen.* Ich offerire Ihnen vielleicht später einmal zum Ersatz ein kleines heftchen: „Goeckingk“, dessen Nachlaß ich nun ganz in Händen habe; etwa die ‚Liebe zweier Liebenden‘ in erster Auflage, oder etwas ähnliches.
3.) Wenn ich nicht ganz irre, so ist das ‚Wienerische Diarium‘ dasjenige Journal, das jetzt die amtliche ‚Wiener Zeitung‘ ist. Das Johanneum hat einige alte Jahrgänge (vielleicht auch die Universi[tät]sbibliothek in Graz). Am sichersten wäre es, sich die Stelle in der ‚Wiener Stadt-Bibliothek‘ nachschlagen zu lassen. Ich rathe Ihnen sich in diesem (und ähnlichen Fällen) an Herrn
Eugen Probst, Beamten der
Wiener Stadt-Bibliothek. Wien. I[,]
Neues Rathaus
zu wenden, einen liebenswürdigen jungen Beamten, der Ihnen zuverlässige Auskunft geben wird. Berufen Sie sich das erste Mal eventuell auf mich.
An Weimar kann ich heuergarnicht denken. Ich muß zu Pfingsten Bücher ordnen, muß aber auch außerdem jeden Kreuzer zusammenhalten, bis es wieder klappt. Aber in einem der nächsten Jahre gönne ich mir diese Pfingstreise gewiß.
Möge es Ihnen recht gut in Weimar gehen u. tragen Sie mir nicht nach, daß meine Auskünfte zum Theile negativer Natur sind.
Herzlichst
Ihr AS.

* positioniert auf S. 3 Ich glaube auch, daß ich Schüddekopf einmal geschrieben habe, ich würde ihm die Götzsachen überlassen. Ich weiß nicht, ob sich das damals nur auf die paar Halberstädter Briefe bezog oder auf die ganze Edition. Ich möchte aber mein Wort – wenn es ein solches war – nicht zurücknehmen.

Graz, 5. Juni 1888 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz Harrachg. 1
5 VI 88.

Lfr. Ich hab mir als Weimarer andenken ein bei einem sprungschritt leicht verletztes bein mitgebracht. Aber die tage zuvor waren doch recht schön. Als hauptgewinn betrachte ich das anschauen der Laune des verliebten und des – Jahrmarktsfests von Pl., das ganz überraschend lebendig wirkte. Ich suche darin fortan keine anspielungen mehr, wenigstens nicht in den masken. Die inscenierung war gut, das schattenspiel köstlich, der lacherfolg galt zum teil den jahrmarktmässigen musikeinlagen. Der reine ulk. Unter bekannten gespielt eine köstliche erlustierung.
Fischers, excellenz Kunos wollt ich sagen, ‚stellvertretendes leiden‘ der Iphigenie hat mir nicht im entferntesten imponiert. Hätte mir wenigstens freien vortrag und bessere stimmbeherrschung versprochen. Er gefiel im allgemeinen nicht. Haupteffekt war das deklamieren langer stellen aus Goethe. Schmidts Fausteröffnungen, doch wieder sehr überraschend und für die trostlose verklassicismierung (ein schönes wort!) licht bringend, lasen Sie in der N. freien. Er hat beim mahl auf Simson so schön gesprochen wie ich ihn noch nie hörte. Allerdings hatte zuvor auch Simson sich selbst übertroffen.
Die zahl der berufsgoethianer war geringer als sonst. Aber es wuchs alte germanistik heran: Sievers! O Erdmann Martin und eine fülle von liebhabern, selbst aus Mecklenburg, wie sie noch nie war. Der kronprinz von Griechenland war wol der südlichste gast, Hewett von Ithaka der westlichste.
Ich hab ein bisschen Goethe archiv gegafft, bibliothek und grhzl. hausarchiv gekramt, hab mit Siegfried in Jena über die Noten u. abhdlgen fruchtlos konferiert, die ungeduld der serenissima geschluckt, Schmidt vom häuslichen leid betroffen gefunden und sehr liebenswürdig (Berlin bekommt ihm viel besser als Wien), zu Herm. Grimm u. Loeper hinaufgeschaut, Richard M. Meyer erträglicher, Litzmann immer noch grün, Witkowski knabenhaft, Geiger fad, den guten Köhler immer verzettelter gefunden usf. Aergerlich war mir Boehlaus abwesenheit.
Ich danke Ihnen noch für Ihren brief von mitte mai.
Von Schüddekopf erwarte ich neue nachrichten.
Göckingk kann freilich dem Uz einmal folgen.
Dank für die Wiener stadtbibl.-adresse. Das diarium ist weder hier noch in der Wiener univers.-bibl. U. ebenso wenig find ich an den 3 orten – – Gebler. Sollte mans glauben? Sollten Sie ihn besitzen, wie ich vermute, so senden Sie mir bitte doch seinen ‚Minister‘, ‚Osmonde‘, ‚Leichtsinn und gutes Herz‘.
U. noch eine hoffnung setz ich in Ihre bibliothek: Sie haben unter Ihren vielen almanachen vielleicht auch den Wandsbecker boten? Da muss 1772 ein Wieland betr. Brief aus Russland stehen, dessen inhalt mir nötig ist. Oder woher meinen Sie dass ich den Boten erhalte? Diese elendigkeit der bibliotheken ist unerträglich. Ich weiss mir oft gar nicht zu helfen. U. eine attaque auf die hofbibl. wird gar nichts nützen.
Wie stehts bei Ihnen? Sind Sie zum ordinarius vorgeschlagen? Das 2. hft. VJS ist in satz mit Ihrem Bürger. Denken Sie dran, bald wider was zu liefern. Was meinen Sie: ich möchte für die VJS eine ministerialunterstützung wie sie die Germania und die Zs. erhält.* Ich dächte mir nun beim 2. oder 3. heft zu betteln u. zwar so, dass ich alle österreichischen kollegen ausser Creizenach, den ich nicht einlud und nicht einladen werde, zum unterschreiben des gesuches bitte. Sie müssen Kelle bearbeiten, dass er mit von der partie ist, denn auf Sie rechne ich ohne frage. Oder halten Sies für inopportun?
Schönbach war in folge seines 40. Geburtstags unglaublich moros. Ich hoffe, es ist nun überwunden. Seine retrospektiven anwandlungen sind heillos.
Leben Sie wol. Es sind korrekturen aufgestaut.
Treulich grüsst
Ihr
BSfft.

*Aber ich brauche dazu nötig noch einen artikel von einem Östreicher über östreichische litteratur. Helfen Sie doch, bitte, bitte.

Prag, 7. Juni 1888 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag Weinberge
Hawlitschekgasse 62.
7.6.88.

[Li]eber Freund! Dr. Hauffen, der mehrere Tage bei mir war und mich durch die in Berlin gewonnene Reife sehr erfreute, wird Ihnen morgen oder übermorgen Grüße von mir überbringen. Nichtsdestoweniger will ich Ihren Brief unmittelbar beantworten.
Was zunächst Ihren Jenenser Freund betrifft, über den Sie schweigen, so war hier nichts für ihn zu machen. In erster Linie [wer]den 3 Öst. vorgeschlagen: Zallinger, Leischen & Nissel; der 1. u. 3. Innsbrucker, der letzte dürfte die Stelle bekommen. Erst in zweiter Reihe werden Reichsdeutsche vorgeschlagen; darunter der Ordinarius in Jena Franken u. dann ein Schüler von Brunner, Pappenheim, der sich erst kürzlich habilitirt hat oder erst im Begriffe ist dies zu thun. Ich erwähne das nur, damit Sie mein Interesse an Ihrer Theilnahme daraus ersehen.
Das Weimarer Stimmungsbild ist allerdings theilweise unerquicklich. Ich bin ein Feind solcher Veranstaltungen, ohne doch deren Vortheile zu verkennen.
Bin ich einmal unabhängiger, dann erscheine ich auch ab & zu auf der Bildfläche.
Daß Sie Subvention von der öst. Regierung begehren werden, hat mir Schmidt in Weimar schon mitgetheilt; unterschreiben werden das Gesuch gewiß alle, auch Kelle, der sich sogar für die Zs zu interessiren scheint. Er will aus s. Man. über 14/15 Jh. Ihnen sogar einmal etwas senden. Ich werde aber übrigens nicht versäumen, ihm noch außerdem zuzureden. Einen öst. Artikel kann ich Ihnen vorderhand nicht liefern. Wenn es aber so lange Zeit hat, so will ich Ihnen einen Plan mittheilen. Ich arbeite nemlich im Spt. im Wiener Stadtarchiv für den 1. Bd. Grillparzer. Die Nachmittage kann ich für andere Dinge benützen u. da will ich eine meiner zahlreichen angefangenen Arbeiten über öst. Lit. fertig zu machen [su]chen. Ich könnte Ihnen also MitteOctober ein Manuscript versprechen. Worüber wüßte ich allerdings vorderhand nicht zu sagen. Hafner? Perinet? Schreyvogel? Enk? Feuchtersleben? vielleicht sogar Grillparzer? Hier kann ich nichts ähnliches abschließen, denn es geht mir wie Ihnen; es fehlen mir die betreff. Bücher. Sie überschätzen meine Bibl. sehr, wenn Sie d. Wandsbecker Boten darin vermuthen. Ich habe, da die Berliner Bibl. ihr Ex. nicht versendet, das Ex. d. Lübecker Stadtbibliothek für den II. Bd. der Göttinger Monatelang in Lemberg gehabt. Die Ihnen notwendige Stelle findet sich unter meinen Notizen nicht! Selbst Gebler besitze ich nicht ganz; leider d. Minister nicht; die andern beiden Stücke sende ich Ihnen gleichzeitig aus einer Wiener Dramensamml. unter Kreuzband. Ich will morgen übrigens noch in d. Bibl. nachsehen, ob der Minister dort ist. Diarium nur in der Wiener Stadt-Bibliothek zu erreichen. Schreiben Sie doch an Probst! (Übersehen Sie NB. für Riedel Helferts Geschichte der Volksschule, die Werner auch in s. ne[ue]m Buche citirt, nicht; da stehen über Riedels Berufung die merkwürdigsten Dinge.)

Mit Schönbach müßen Sie Mitleid haben. Er ist doch ein kranker Mann, der auf so vieles Verzicht üben muß. Mir geht es erträglich. Gewöhnen muß man sich erst an alles, auch an das bessere. Mit freundlichen Grüßen
Ihr AS.

Graz, 9. Juni 1888 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Herzlichen dank für brief u. Gebler. Leider habe ich vor korrekturen nicht zeit zu einem brief. Hauffen war da u. brachte frohes, auch von Ihnen. Vom Jenaer freunde schrieb ich absichtlich nicht mehr um Sie nicht zu quälen. Ich war ja so gewiss, dass Sie auge u. ohr dafür offen haben. Dank für die botschaft. Kelle soll nur ja seinen beitrag zur VJS senden. U. was Sie im oktober liefern, ist willkommen. – Diesmal habe ich unsern meister gewiss rein mitleidig angesehen, obwol solche verstimmung bei seiner schaffenslust und kraft verwunderlich ist. Ich hab ihm eine stud.-deputation zum 29.V. ins haus geschickt u. ihn durch meine frau feiern lassen. Sie sehen – u. nur darum schreib ichs – dass ich ihn nicht kalt betrachte.
Herzlich treulich
Ihr
BSfft

Graz 9 VI 88

Schreiben Sie mir gelegentlich ein wort von Ihrem hausgenossen philosophen. Ich hab sehr widersprechendes über ihn gehört.

Prag, 17. Juni 1888 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag Weinberge
Hawlitschekgasse 62.

Lieber Freund! Ich möchte Sie in der Angelegenheit Fellner um Rat fragen, weil er sich mir gegenüber auf Äußerungen berufen hat, die Sie gegen ihn u. Dr. Hauffen gemacht haben.
Er will nemlich in Tübingen promoviren u. glaubt dies in seiner Abwesenheit thun zu können, wenn er privatim die Herren von seiner Gerichtsaffaire verständigt. Ich soll an Fischer (den ich allerdings kenne) empfehlend schreiben. Nun bin ich in den deutschen Doctoratsgepflogenheiten gänzlich unwisse[n]d, will mich doch den Tübinger Herren gegenüber nicht so blamiren. Bevor ich also an Fischer schreibe frage ich Sie, ob Sie Fellners Plan für durchführbar halten (auch im gegenwärtigen Momente? oder später?) und ob Sie eine priv[at]e Einmischung meiner Person anraten können. Politisch würde ich mich dabei doch nicht compromittiren, [w]ie bei einer öffentlichen Besprechung, von der Schönbach abrieth, die ich aber ohnedies für litterarisch unanständig gehalten habe.
Ob Sie das Buch für gut finden etc, das ist eine andere Frage, deren Beantwortung mich freilich auch interessirte; eine Schülerarbeit im engeren [Si]nne ist sie nicht; ich konnte nur verhüten und bessern, nicht von Grund auf bauen.
Eilig beantworte ich auch Ihre Karte vom 9. Geblers Minister haben Sie nachträglich von mir bekommen. Sie brauchen daneben eine erste Aufl.; das Stück ist ganz umgearbeitet.
Kelle wird unterschreiben u. versprach neuerdings aus s. „fertigen“ Lit. gesch. des 14/15 Jh. etwas für Ihre Ztschrft loszulösen. (Doch wol erst im Herbst od Winter; denn er steckt bis zum Hals im Notker.)
Über meinen Hausgenosen könnte ich nur das rühmlichste melden. Er ist einer der gebildetsten, feinsten u. tiefsten Menschen, die ich je kennen gelernt habe; das Ideal eines Forschers eines Lehrers, eines Gatten, eines Freundes. Ich will nicht hoffen, daß ich bei diesem Urtheile durch seine Frau bestochen bin, die ihm allerdings ebenbürtig zur Seite steht. Ich bin glücklich über die Nachbarschaft, so wenig ich von ihr bis jetzt auch gehabt habe. Frau Scherer war zwei Tage hier, besuchte mich auch u. war unendlich lieb. Sie können denken, weiter auf S. 1 wie wir nur von dem Unersetzlichen sprachen; er war uns wie gegenwärtig. Treulichst Ihr AS.

Graz, 18. Juni 1888 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Faksimile fehlt.

Graz 18 VI.

Lfr.
Fellner kam zu mir mit seinem buche u. sagte, er könne nun in Österreich nicht promoviert werden, er wolle nach Dtschld zu diesem zwecke, habe sich promotionsordnungen eingeholt u. die Tübinger passe ihm am besten. Er denke da event. sogar in absentia promoviert zu werden. Ich habe ihn in diesem vorsatze bestärkt u. habe ihn zur eile gedrängt, weil damals gerade der schönfärbende artikel über seine sache in der Köln. ztg. erschienen war. Ich halte Tübingen, wie ich ihm sagte, auch deswegen für gut gewählt, weil da, besonders wol bei Fischer, der verlag seines werkes durch Cotta gut praeoccupiert. Dass er den grund, warum er nicht hier promoviert, privatim meldet, scheint mir unerlässlich. Denn ist seine verurteilung den herren dort zufällig durch die Köln. oder eine andere ztg. bekannt, oder wird sie ihnen bekannt, so wirkt sein schweigen übel.
Ich glaube nicht, dass man an der sache draussen anstoss nehmen wird. Draussen ist derlei, so viel ich weiss, kein gemeines verbrechen, sondern ein politisches, also nicht ehrraubend. Ich habe auch keine ahnung davon, ob für den dr. draussen sittliche führung vorgeschrieben ist wie hier zu lande. Ich für meine person halte den dr. lediglich für ein wissenschaftliches reifezeugnis u. keineswegs für einen ehrentitel; bin aber damit im entschiednen gegensatze zu Schönbach u. zum österr. strafgesetzbuch, das die entziehung des dr.-titels als strafe kennt. Das ist meines wissens draussen nicht der fall. Kurz ich glaube nicht, dass F. draussen wegen seiner tat zurückgewiesen wird. Übrigens hab ich mit Erich Schm. gesprochen, der sich entschieden weigerte, den mann zu promovieren. Aber der kennt unsere verhältnisse und steht noch in ihrem banne.
Ich bin weit davon entfernt, Fs. auftreten irgendwie zu entschuldigen. Ich finde, es geschieht ihm nur sein recht. Aber ich für meine person sehe nicht, warum diese geschichte ihm am dr-werden hindern soll. U. ich gestehe, dass ich mich dafür mehr interessiere als zuvor. Ich würde, wenn ich Fischer kännte, an ihn schreiben, natürlich auch, dass F. verurteilt sei u. appelliert habe, dass er darum hier zu lande schwer promoviert werden könne (denn ich halte es eigentlich nicht für unmöglich; aber Schönbach will nicht u. andere senatoren auch nicht) oder doch riskiere, dass ihm der titel wieder aberkannt werde; in Dtschld. sei meines wissens ein derartiges reinpolitisches vergehen oder auch verbrechen – über das z. b. die Köln. ztg. nr. X. berichtet habe – ohne einfluss auf die promotion. Ich würde die wissenschaftliche qualifikation des mannes empfehlen (was Sie besser können als ich) u. meine misbilligung seiner politischen stellung nicht verhehlen.
Ich sehe keinen grund, warum Sie nicht so an Fischer schreiben sollten, da Sie ihn kennen. Ihre private einmischung kann F. nur nützen u. Ihnen dächte ich nicht schaden. Es ist gar nicht ausgeschlossen, dass F. als ‚politischer märtyrer der deutschen sache‘ +Köln. ztg.!+ draussen wo unsere zustände unverstanden sind sympathien erwirkt. Ich würde mich nicht berufen fühlen, sie ihm zu zerstören, obwol ich sie nicht teile.
Es ist mir hier gesagt worden, dem gerichtshofe, an den F. appellierte, könne es nur angenehm sein wenn er fliehe. Mit der bahn werde er nicht fortgelassen, aber zu wagen. Beim kaiserjubiläum werde dann die untersuchung niedergeschlagen. Ich weiss nicht ob das richtig ist u. kann nicht dazu reden. Möglich ists: denn man hat ja bei uns auch unter hochdruck studenten relegieren sollen u. dann zu begnadigungsgesuch aneifern müssen. U. ähnl. mehr. Aber eine flucht nach Dtschld. würde ihm auch kaum helfen, denn von dort werden wol auch polit. verbrecher ausgeliefert. U. mich dünkt, er kann er eher auf begnadigung wenn er sie sache ihren weg gehen lässt. Ich schreibe Ihnen auch das vertraulich.
Den Immermann hab ich noch nicht gelesen. Ich komme zu dingen, die mir wichtiger sind u. näher liegen, nicht vor lauter Goethe u. VJS u. DLD u. s. f. F. wünschte, dass ich sein buch in der hiesigen Tagespost lobe. Das lehnte ich ab: ich schrieb noch keine zeile für sie u. werde es nicht tun, so lang sie mich nicht darum bittet. Ich hab überhaupt keine lust in ztgen. zu schreiben u. habe in meinem leben höchsten zweimal recensionen ohne aufforderung einer redaction gemacht. – –
Geblers Minister hab ich dankend erhalten. Ich hab ihn auch aus dem antiquariatskat. bestellt, Sie kamen mir zuvor. Ich darf doch die Geblers ein paar wochen behalten?
Kelle halten Sie warm. Ich hab ganz gern was aus dem 15. jhrh.
Scherers frau würd auch ich von herzen gerne wider sehen. Nur jetzt nicht, wo ich über die poetik noch ganz konsterniert bin.
Leben Sie wol, ich muss korrigieren.
Freundschaftliche treue
Ihr
BSfft.

Hauffen gefiel mir wider sehr. Berl. bekam ihm vortrefflich.
Ich hielte für F. besser je eher er einreicht. So lange er appelliert hat, ist das urteil der 1. instanz nicht rechtskräftig, so lange steht er nur unter anklage. Teilen Sie übrigens Schönbachs ansicht vom doctorate, dann sind Sie meines erachtens ausser stande an Fischer zu schreiben.

Prag, 22. Juni 1888 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Ich danke Ih[n]en herzlich, lieber Freund, [fü]r Ihren ausführlichen Brief u. theile Ihnen heute nur mit, daß ich nach Tübingen in Ihrem Sinne schreiben werde. Ich stecke tief in drängender Arbeit.
Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau u. seien Sie selbst gegrüßt von Ihrem
AS.
Graz, Weinberge, Hawlitschekg. 62
Wie Ihre letzte Adresse lautete!

22/6 88.

Prag, 16. Juli 1888 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, Weinberge
Hawlitschekgasse 62

16.7.88.

Obgleich mir lieber Freund in keiner Weise so zu Muthe ist als ob das Semester schon zu Ende wäre, so muß ich aber doch [bei] meinen Freunden die richtige Ferien- und Reisestimmung voraussetzen.
Ich habe Ihnen also zunächst für den ausführlichen Brief zu danken, den Sie mir in der Fellnerschen Angelegenheit geschrieben haben und auch für jene Zeilen, die Sie nach Tübingen selbst richteten. Über den vorläufigen Stand der Angelegenheit sind Sie durch Strauchs Antwort unterrichtet; ich bin zunächst froh, daß man mir meine [Fü]rsprache nicht übel genommen hat. Ich habe bei dieser Gelegenheit die Erwägung angestellt, wie wenig Glück ich bisher mit meinen Schülern hatte – wenn ich überhaupt von solchen reden darf. Wie ist mir der Hölderlin-Petzold so ganz verunglückt. Seit Jahr und Tag höre ich nichts von ihm; auf meine letzte Anfrage nicht einmal eine Antwort. Wenn ich nur an Hauffen mehr Freude erlebe.
Ich stecke ganz im Götz und kann Ihnen sagen: eine höllischere Arbeit hab ich bisher nie gemacht. So abstumpfend, öde, unergie[bi]g. Dabei die bange Furcht, wie ungleich die Ausgabe im ganzen wird. Herr von Loeper soll einmal von dem subjectiven Charakter der Lesarten gesprochen haben; es wäre uns allen viel mehr gedient, wenn es eine Lesarten Maschine gäbe; dann diese fast gleichlautenden Drucke!! Wer bürgt einem, daß man nicht doch eine Kleinigkeit übersehen habe. Und um Ihnen mein Herz ganz auszuschütten. Band 1 und 14 sind recht schlecht; Band 1 freilich um vieles schlech[ter] als Band 14, doch auch in letzterem Abweichungen des Textes von d. Lesarten die nur Fehler sein können. Bei Herrn v. Loeper ist aber kaum ein Gedicht ohne Fehler. Die Handschriften wie die der ersten Epistel lassen sich aus den Lesarten unmöglich restituiren! Man kann nichts anderes thun, als diesen Band einstampfen u. eine neue Auflage machen. Ich kann mir Ihre verzweifelte Lage als Generalcorrector jetzt erst in vollem Umfange vorstellen! Ich bin begierig wo ich mit meinem Herrn Redactor a[n]komme; bis jetzt macht er mir d. Eindruck: wasch mir den Pelz u. mach mich nicht naß.
Für meine äußere und innere Unruhe während der letzten Monate hat meine Ordinariatsangelegenheit reichlich genug gesorgt. Es hat sich zwar alles hinter den Culissen abgespielt u. das Resultat war ein einstimmiger Beschluß ohne jede Commissionswahl, aber die einzelnen Stadien waren weniger erquicklich. Zunächst habe ich ja a[u]ch von dem Vorschlage wol kaum einen Nutzen; ja ich habe die Überzeugung, daß es ohne Urgirung nicht zu erreichen sein wird und das erst in einiger Zeit: immerhin ist wenigstens meine Stellung der Facultät gegenüber eine gesicherte. Wie leicht liest es sich in einer Biographie: ‚1883 zum außerordentl; 1893 zum ord. Prof. ernannt‘!!
Ich bleibe bis auf weiteres hier, hoffe Anf. Aug. mein Man. nach Weimar zu senden; gehe dann, wenn wie es scheint ich von der Waf[fen]übung verschont bleibe, vielleicht in den Böhmerwald u. bin spätestens am 1. Spt. in Wien, wo Sie mich falls Sie dahin kämen in Zeit bis zum 4/5 Oct täglich in der Stadtbibliothek (Neues Rathaus) erfragen können. (Ich weiß noch nicht, wo ich wohnen werde). Weiter nach Süden komme ich heuer kaum.
Bleiben Sie in Steiermark oder reisen Sie in die Heimat? Was macht Frau und Kind? Es wünscht Ihnen recht glückliche Ferien [u]nd Freiheit von allen lästigen Geschäften nebst herzlichen Grüßen
Ihr
aufrichtig Ergebener
ASauer.

Graz, 5. August 1888 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Faksimile fehlt.

Graz 5 VIII 88.

Lieber freund
Schüddekopf hat von Kürschner keine antwort wegen der Götzpapiere erhalten, ich habe lust mich um diesen nachlass nicht zu kümmern u. eine sammlung zerstreuter Götzianer durch Sch. besorgen zu lassen. Wer weiss, ob wir je den Kürschnerschen besitz verwerten können! Dazu schreibt mir Sch., er wisse aus hsl. briefen des Götz dass der Versuch eines Wormsers nur gedichte (7) enthalte, die auch im Anakreon 1748 stehen, aber korrekter dort; „jene würden also für Sauers neudruck zu benutzen sein.“
Und nun zu Ihrem briefe. Vor allem beglückwünsche ich Sie zum ordinariusvorschlag. U. ich sehe gar nicht ein, warum Sie das nicht bald erreichen sollen, was Minor und Waldberg erreicht haben. Sie hätten also alle ursache vergnüglich u. ferienhaft gelaunt zu sein, wenn ich nicht von Schönbach erfahren hätte, dass Sie sich unwol fühlten. Ich hoffe, das ging rasch vorüber.
Für meinen Fellnerbrief an Strauch zu danken, haben Sie keinen anlass: ich tat das gern. Wenn nur Ihr eintreten ihm nützt! Er hat mir einen teil seiner eingaben u. briefe nach Tbgen. vorgelesen u. das war sehr gut; denn ich musste dem heissporn allerlei zu streichen raten.
Ihr verdruss über den Götz v. B. ist mir sehr verständlich. Ich weiss, was ich mit bd. 7 Noten zum Divan durchmachte u. durchmache. Der krit. apparat ist bis auf vielleicht 6 stellen interesselos. Ich habe das werk erst auf interpunktion durchgearbeitet u. habe mir eine ziemlich genaue statistik davon gemacht, auch sicheres über die absichten C’s gegen E in einigem herausgebracht. Nur ein teil der rel.-sätze u. compar-sätze blieb dunkel willkürlich u. die interpktion vor und. Sie können sich das vergnügen die hunderte von rel-sätzen zu zählen, zu sichten, so u. so auf mögliche gesetze zu prüfen, vorstellen. Aber mir schien das überhaupt not, denn die neuausgabe machte es sich damit bisher zu bequem. U. für das 1. prosawerk erst recht not; denn hier kommt nur das oratorische neben der logik in betracht, die interpunktionsverhältnisse sind also kontrolierbarer als bei poetischen werken, wo alle möglichen finessen gesucht werden können, wie ich glaube ohne viel recht gesucht werden. Ich habe über meine funde u. ihre lücken ein promemoria im archiv niedergelegt, das so viel ich höre bearbeitern von prosabänden mitgeteilt werden soll. Für meinen bd. habe ich tapfer drauf los normalisiert. Worin übrigens auch Burdach consentiente me redactore für seine Divangedichte mehr tat als die andern herausgeber: ich habe nur wegen einiger seiner rhythmischen abklärungen bedenken. Schmidt ist für das heilige C, sogar im typographischen; ich meine, er sucht zu viel überlegung in C. Auch haben Sie ja recht, dass an seinem bd. 14 nicht alles schön ist: zu solcher arbeit ist er nicht erzogen, nicht gewöhnt, nicht geduldig. Es war das auch nicht Scherers sache. U. es ist nicht zweifelhaft, dass es schneller u. müheloser geht, wenn man nicht normalisiert. Übrigens hat Schmidt bei der 1. serie viel gelernt. Jüngst haben wir über kürzung der apparate korrespondiert. Ich habe für bd. 7 alles verzeichnet ausser in sich sinnlose druckfehler. Die orthographien natürlich durch: so immer, so oft u. dgl. gekürzt. Ich verkannte nie, dass damit für die ausgabe viel unnützer ballast geschleppt wurde. Aber ich halte in solchen dingen jede subjektive auswahl für bedenklich – u. objektiv lassen sich die grenzen nicht scheiden; Düntzer hält z. b. erstaunlich viel für puren druckfehler, was ich für die richtige, ja einzige mögliche lesung halte – und ich meine, dass für die entwicklung unserer syntax (worüber wir noch gar nichts wissen) die geschichte der interpunktion ein, wenn auch kein immer fester stützpunkt sei; dass ferner auch die geschichte unserer orthographie doch für die lautlehre nicht ganz wertlos sei: die junggrammatiker haben ja schon manches damit gemacht. U. für dies könnte nur ein vollständiger apparatus vorarbeiten. Schmidt aber ist für entlastung der ausgabe u. ich begreife, dass es ein gesichtspunkt ist, in einer Goetheausg. nur das für Goethe wesentliche zu tun. Burdach steht auf einem standpunkt, den ich für ganz wertlos gewählt halte, obwol ihn jeder richtige Goethefex teilen wird: er nimmt es mit den drucken im app. nicht genau, verzeichnet aber jede schreibung Goethes. Nun ist nichts zufälliger als diese; sie hat für das individuum Goethe keine bedeutung u. für die geschichte der orthogr. u. interpunktion keine, oder doch in beidem betracht nur sehr wenige. Was gedruckt ward repräsentiert viel mehr Goethes schreibung wie er für die welt sie wollte u. repräsentiert jedesfalls den für die geschichte zweifellos wichtigeren gebrauch der druckereien. Das hat man fürs 16. jhrh. schon eingesehen, fürs 18. muss es auch zur geltung kommen.
Ich habe, weil ich auf gleichförmigkeit der ausgabe halte die freilich doch verschieden genug wird u. weil ich als mitarbeiter mich füge wo es irgend geht, meinen apparat auf ¼ etwa zusammen gestrichen, orthographien fast ganz beseitigt, von interpunktion aber beispiele aller art gegeben. Das letztere dient mir auch zur illustration der eigenart der drucke u. bes. der Göttlingschen recensio. Ich habe auch für nützlich erachtet sogar druckfehlerproben zu geben: sie beweisen, wie viel oder wenig sorgfalt aufgewendet ward u. dienen so zur einschätzung des druckes; nur so gewinne ich die basis, ob ich den druck für vollkommen halten soll oder daran gelegentlich ändern darf. U. die benützer sollen das mir nicht glauben, sondern einiges prägnante material selbst prüfen können.
Ich schreibe Ihnen das aus anlass des ‚subjektiven‘ apparatmachers Loeper – Ihre ansicht, man solle seinen bd. 1 einstampfen, hat Suphan schriftlich von mir seit erscheinen des bdes. –, schreibe es um Ihre ansicht zu hören u. weil es Ihnen für Ihre ausgabe vielleicht etwas dienen kann. Ich vermute, dass Sie wie andere, von Suphan keine oder falsche fingerzeige erhalten, woraus Ihnen wie anderen doppelte arbeit erwachsen kann. Ist doch das was für die herausgeber gedruckt ist dürftig, ungenügend und – irrig. So mache ich Sie als freund, denn als redactor hab ich glücklicher weise* mich nicht einzumengen, aufmerksam auf die Grundsätzeforderung einer vollständigen geschichte des betr. werkes. Dass sie Loeper für die gedichte nicht gab, hat seinen ersichtlichen grund. Im Faust konnte sie zur not u. mit mühe gegeben werden u. ward nicht gegeben. Burdach hat sie für seinen Divan eingereicht; er hat die Tagebücher in der hs. dazu ausgenützt u. nun über 40 ss. seines mscpts. damit gefüllt: dazu ist nach meiner u. Suphans ansicht die ausgabe nicht da, so vortrefflich gewiss die arbeit ist. Ich habe zuvor von Suph. auszüge aus den tagebüchern für bd. 7 erbeten u. er versprach sie. Nun zieht er das versprechen zurück u. ich habe nichts dagegen, beantrage nur, dass überhaupt keine geschichte des werkes, nur des textes, mehr gegeben werden soll. In meinem mscpt zu bd. 7, das da eben gesetzt wird, steht ein kleiner rest: ich habe frei gestellt, ob man ihn nicht tilgen wolle. Bedenklich war mir ja nur, dass die späteren herausgeber die dann gedruckten tagebücher ausnützen werden u. dass also wider ungleichheit um sich greift, wenn ich die Tagebb. nicht ausnütze.
Auch ich fühle mich unsicher, u. fürchte im krit. apparat etwas zu übersehen. Wie suchen Sie sich möglichst zu schützen? Wie oft kollationieren Sie? Man wird dabei stumpfsinnig u. die verschiednen lettern (bei mir gar antiqua u. fraktur) greifen die augen an.
Was Sie von Ihrem redactor zu erwarten haben, weiss ich nicht. Genau nimmt ers kaum. Ich bitte Sie seinen geschraubten stilum nicht übel zu nehmen, er kann das witzeln nicht lassen u. ist überhaupt ohne geschickte hand in geschäftsführung. Ich schreibe das natürlich vertraut, u. ich bitte Sie um nachsicht, nicht weil ich ihn in schutz zu nehmen mich berufen fühlte, sondern weil die sache leidet, wenn man ihn ganz ernst nimmt. Ich glaube übrigens dass mit keinem redactor so schwer auskommen ist wie mit mir, wenn ich mir auch einbilde, dass der betr. herausgeber in zweifeln eine stütze an mir hat.
Wie gefällt ihnen das 2. heft VJS.? Böhlau hat des raschen abschlusses wegen – während seiner abwesenheit bummelte die druckerei – die 1 ½ ss. leer gelassen, obwol ich ihm zum füllen rechtzeitig überflüssig viel kleine stückchen zugewiesen hatte. Ich ärgere mich über diese dummheit.
Schleswigsche Littbrfe 1 u. 2 sammlg. sind im neudruck fertig gesetzt, die fortsetzung kommt im winter. Moritz Ueber die bildende nachhmung ist in angriff genommen. Dann wird sofort Julius v Tarent nach der hs. u. mit apparat gesetzt. Werners Ulandrecensionen sind reich; aber ich glaube noch immer nicht an seine physiologie der lyrik. Im wintersemester traktiere ich mit den seminaristen AW Schlegels poetik im 1. bde seiner Berliner vorlesung u. freue mich darauf. Hab ich Ihnen schon gestanden, dass mich Scherer ganz enttäuscht hat? Nun will ich an Viehoff gehen.
Unser Schönbach hat auf der fahrt nach ????? einen zusammenstoss glücklich überstanden. Ich bleibe fest hier sitzen u. arbeite so lang ich kann. Ich fühle mich übrigens heute recht matt. Meine frau grüsst Sie bestens; das kind macht sorge u. plage und reines glück, wenn es sein heiteres gesicht lachend zeigt. Die Zwiedineckin ist ihm wie eine andere mutter u. wir kennen sie erst recht, seit die Gertraud da ist. Sie hat es lange verstanden ihre brave menschheit hinter kokette gesellschaftsformen zu verstecken. Die Bäuerin erwartet nun auch ein kindlein u. ist mit Adolf dem Traum sehr glücklich darob. Sie sind neben Gurlitts unsere besten. Schade dass sich frau Mela u. frau Mary nicht mehr verstehen. Mit Gurlitt ists eine not: er bleibt nicht über seinem buche u. seine sonst so liebe frau tut alles ihn am arbeiten zu hindern. Haberlandt sieht nun dem dritten erben entgegen: hoffentlich wird’s ein ordinariatskind. Die neue clique Graff, Richter, Skraup macht mit ihren frauen eine gebirgstour. Richter wird dekan: es war eine grosse sorge. Überhaupt fühle ich mich den fakultätssitzungen gegenüber ungemein unbehaglich u. bedaure jede minute die ich da versitzen muss.
Der Prager rechtshistoriker ist wol noch nicht ernannt? Behalten wir Gautsch?? Die Kuhnaffäre war der reine skandal; er benahm sich wie Boulanger.
Kommen Sie nicht zum plaudern hieher?
Treulich
Ihr
Sfft.

6 VIII am 10. jahrestage meiner verlobung. Suphan schreibt: Burdach werde seine geschichte des Divan auf die hälfte kürzen. Also kommen doch die tagebb.-auszüge! Heute so, morgen so.
Hauffen habe ich auf seinen wunsch Ihre Gebler gesandt.

*Denn ich bin der 1 ½ jj. Goethe grundsatt u. möchte etwas ruhe davon haben. Es wird ja so noch genug collegialgutachten wirtschaft an mich kommen.


Goethe-Sachen: hier und im Fokgenden!

Prag, 22. August 1888 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 22.8.88.
Weinberge Hawlitschekgasse 62

Lieber, mir immer näher verbundener Freund!

Ihr überaus reicher Brief traf mich nicht i[n] Prag. Mein Unwolsein im Juli bewies mir daß ich meine Kräfte überschätzt hatte und ich mußte ins Freie. Leider konnte ich nicht sehr weit weg wegen des Offiziersrapports Mitte dieses Monats; so war ich mit Maly in Hohenfurth im südl. Böhmen u. dann bei meinem älteren Bruder. Halb und halb erfrischt, kam ich Anfangs dieser Woche zurück; aber die Arbeiten wollen noch immer nicht vowärts; vielleicht hilft mein liebes altes Wien. Jedoch habe ich die lange anstrengende [ Kärr]nerarbeit aufgegeben u. werde nur etwa 14 Tage dort schürfen; wahrscheinlich erst in der 2. Hälfte Spt.
Ich habe Ihren Brief nun wieder genau durchgenommen u. will ihn der Reihenfolge der Materien nach beantworten.
Schüddekopf hat mir auch geschrieben; ich werde ihm noch heute antworten. Ich glaube, Sie haben ganz recht gethan; u. sollte sich das Kürschnersche Schatzhaus, das eher einer Grabeshöhle gleicht, auch einmal öffnen, so wird eine Sammlung der zerstreuten Gedichte Götzens sogar neben einer Ausgabe nach den Man. ihren sel[bst]ändigen Wert behalten. Schüddekopf kommt damit gewiß rascher zum Ziele als ich mit dem Anakreon (obgleich der Text des letzteren fertig im Pulte liegt); ob Ihnen das dann nicht zu viel Götzendienstes ist, laße ich dahingestellt. Vorderhand schreibe ich den Neudruck auf die Liste der von mir zu liefernden Werke und behalte die Sache im Auge.
Fellners Proceß scheint nach einem dürftigen und ungenauen Telegramm in der Boh[em]ia schief gegangen zu sein, was mir wirklich in die Seele hinein leid thut. Aus Tübingen habe ich nichts mehr gehört u. meine Hoffnung, die ohnehin nicht groß war, ist nun ganz gesunken. Wenn er die Strafe nur über sich ergehen läßt u. nicht etwa in der Aufregung Hand an sich legt. Das fürchte ich am meisten.
Ihre Mittheilungen über die Goethe Ausgabe haben mir die Augen noch weiter geöffnet, als ich sie schon aufgesperrt hatte. Von einer Geschichte des Werkes, oder auch nur des Textes ist mir gar nichts bekannt. Nach den Grundsätzen ist dergleichen sogar ausgeschlossen! Da schreibe ich j[a ü]ber den Götz einen ganzen Band! Dazu habe ich hier auch gar nicht das Material, müßte noch einmal nach Weimar oder an eine große Bibl. Das kann wie Sie wol auch meinen erst geschehen, wenn die ganze Ausgabe vorliegt.
Jetzt, wo ich nach einer Pause wieder zu den Sachen zurückkehre, stehe ich einem Chaos gegenüber. Man hätte unbedingt critische Grundsätze ausarbeiten müßen; eine Geschichte der Goethe-Ausgaben vorher schreiben lassen sollen. Der Text des Gö[t]z ist so viel ich sehe dreimal durch unechte Ausgaben hindurchgegangen. Der 2. Ausg. vom Jahre 74 liegt ein Nachdruck der ersten Ausgabe zu Grunde; der Göschenschen Ausg liegt h zu Grunde; A baut sich auf der 4bändigen Göschenschen Ausgabe auf, die doch auch unecht ist. Muß nun alles was nachweislich aus diesen Ausgaben stammt, aus dem Text wieder herausgeschafft werden. z. B. In E sagt Weislingen im Monolog des 1. Aktes: ‚Heiliger Gott, was will aus dem allen werden!‘ Von den Drucken aus dem Jahre 1774 hat der ric[ht]ig paginirte keine Änderung; die beiden falsch paginirten: ‚Heiliger Gott, was will will aus dem allen werden!‘ h1 setzt ein Komma zwischen den beiden ‚will‘; h2 = E. S nimmt die Lesart von h1 herüber u. sie erbt sich bis C fort. Dem Stil des Götz entspricht diese Wiederholung vollständig. Darf man da streichen oder nicht?
Während nun solche Änderungen wichtigerer Art sehr selten sind, so beruht aber die ganze Interpunction des Götz auch auf diesen unechten Ausgaben, insbesondere au[f] h1 und Sa, ABC ändern daran nach Willkür und so ist die Interpunction in C meiner Ansicht nach das größte Kauderwelsch das man sich denken kann. Ja noch mehr. Die Theaterhandschriften lehnen sich in Text u. Interpunction an die Ausgaben vor h1 an, geben also Goethes Intentionen genauer wieder. Befolge ich nun Burdachs Grundsatz als was in Goethescher Hdschrft vorliegt vollständig genau zu verzeichnen, so muß ich die ganze Interpunction der Theaterhandschriften wiedergeben, dadurch indirect auch die der Ausgaben vor h1. Wenn ich nun in meinem Text normalisire weiß niemand wie die Interpunction von S–C aussieht; also muß ich auch diese verzeichnen. Ließen sich für die Interpunction vor Relativsätzen, vor daß, und etc allenfalls Beispiele angeben, Was ! mache ich mit den zahllosen Frage und Ausrufungssätzchen, welche bald mit Punctum, bald mit ! bald mit ? geschlossen sind. Von Consequenz ist da nirgends auch nur eine Spur zu finden. Erwäge ich nun das was Sie schreiben von der Wichtig- keit der Druckusancen des 18 Jh. etc., so komme ich zu dem Schluß, daß die Interpunction entweder gar nicht berücksichtigt werden darf oder vollständig verzeichnet werden muß.
Am liebsten möchte ich mit der Fort[setz]ung meiner Arbeit bis zum Erscheinen der nächsten Serie warten. (NB: Suphan verlangt mein Man. für October) Ich bitte Sie daher mir sobald es Ihnen möglich ist auf einer Karte zu schreiben wann Ihre und Burdachs Arbeit erscheint; vielleicht daß ich mich nach diesen Mustern richten kann. Und weil ich schon im Fragen bin, so möchte ich gerne wissen, ob Suphan (oder Wahle) zu Auskünften verpflichtet sind; ob sie Auszüge aus Tagebüchern etc. liefern müßen oder ob das Gefälligkeit gegen den Specialherausgeber ist. Ich brauche nothwendig alle Theaterzettel der Aufführungen des Götz u. andere Dinge, die ich mir nur aus Weimar zu verschaffen weiß.
Was meine Coll. anlangt, so habe ich mich dadurch zu sichern gesucht, daß ich jeden Text mit dem unmittelbar vorausge[h]enden u. mit dem unmittelbar nachfolgenden u. dann dh meistens auch mit C oder E verglichen habe. Bei einem umfangreichen Werk wie der Werther ist erfordert aber diese Methode eine Frist von mehreren Jahren. Ich begreife, daß Schmidt über das Variantenklauben wüthend ist.
Glauben Sie, daß man mir Ihr Elaborat schickt, wenn ich es verlange? Ich scheue mich bei Suphan eine Fehlbitte zu thun. Bei all ihrer ! Strenge: Ich wäre zu Tod froh, wenn ich Sie als Redactor über mir wüßte. Mir kommt es vor, als ob sich S. nicht dafür interessirte.
Vom 2. Heft Ihrer Ztschrft habe ich bisher blos Bruchstücke gesehen, darunter sind die Forschungen zum Faustbuch die wertvollsten. Über die Schleswigschen Lit. Briefe habe ich große Freude, dgl. über Moritz. Julius v. Tarent ist ein nothwendiges Übel. Wie denken Sie über den Phöbus? Über Canitz? Bes. den Anhang zur zweiten Ausgabe. Oder verfällt der schon den Berlinern? Georg Jacobi? – Ich nehme im Seminar im Winter 16 Jh. im Anschluß an das Colleg. –
Daß Ihnen Frau v. Zwiedineck nahe getreten ist, freut mich zu hören. Auch ich mußte mich erst durch das Dornengestrüpp durchwinden bevor ich ins Heiligthum Ihrer ! Seele Einlaß bekam. Aber sie gehört nun zu meinen treuesten. Von Gurlitt höre ich nichts, von Bauer wenig. Schönbach soll ein ahd. Man. entdeckt haben; ich lese so wenig Ztgen daß ich das Wichtigste übersehe. Kelle war in der Schweiz auf einer Handschriftenjagd, die Resultate scheinen nach s. Berichten mehr negativer Art zu sein; aber er ist zufrieden. Was sagen Sie zu Rödigers neuer Sammlung. Anti-QF?? Oder nicht?
Als Rechtshistoriker fürchten wir Schuster, als Engländer hoffe ich Pogatscher. Schmidt ist in Brandl vernarrt. Ich erfahre immer mehr wie er gegen mich hier agitirte.
Empfehlen Sie mich Ihrer Frau u. arbeiten Sie nicht zu viel. Man sagt mir das so oft, daß ich es fast schon befolge. Mit herzlichen Grüßen Ihr AS.

Ich muß noch ein Frageblättchen hinzufügen. Ehlermann hat mich gebeten für die 2. Aufl. des Goedekeschen Grundrisses den § über die StDränger zu übernehmen u. da er angab im Einverstädnisse mit ESchmidt die Vertheilung getroffen zu haben, sagte ich zu. Nun ist die Sache doch sehr kitzlich, da wieder wie bei Goethe keine Grundsätze existiren. Nach meiner Meinung müßte der frühere II Band ganz in der Weise des früheren III behandelt werden werden; d. h. ich glaube bei Lenz etwa müßte ebenso jedes Gedicht verzeichnet werden wie etwa bei Rückert; ein Dichter wie Schubart kommt in der 1. Aufl. unglaublich schlecht weg. Auf diese Weise schwillt aber ein § auf das 5 oder 10fache des Raumes an (was allerdings in den bisherigen Bden der 2. Aufl. auch geschehen ist.) Ich möchte Sie nun fragen, ob Sie auch mitarbeiten u. wie Sie es dabei h[al]ten. 2. Wie es mit dem Honorar steht. E. will kein Angebot machen; mir fehlt jeder Maßstab zu einer Forderung. Da offenbar viele unserer Bekannten mitarbeiten (Minor hat dunkle Andeutungen fallen laßen), so könnte man vielleicht ein einheitliches Vorgehen dabei erzielen. Ich will kein über[m]äßiges Honorar; aber ganz um der Ehre Willen kann man doch nicht immer arbeiten; schon bei der Goethe Ausgabe verschreibt man mehr Papier mit Varianten als die Vergütung beträgt.
Nochmals der Ihrige
AS.

II. Ergänzungsblatt.

Wenn sich das Erscheinen Ihres Goethebandes verzögern sollte, [kö]nnten Sie nicht vielleicht so gefällig sein und mir Correcturbogen schicken; vom Text einige Proben, die Varianten im Zusammenhang. Ich würde sie gewiß nicht misbrauchen. Dürften Sie auch Burdachs Bo[g]en als Correctur weitergeben, so wäre mir doppelt geholfen.
Nun aber genug. Zur Post!

23./8 88.

Vor zehn Jahren war ich in Bosnien um diese Zeit. Jeder Tag bringt eine andere Erinnerung mit sich herauf.

Graz, 26. August 1888 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Graz 26 VIII 88

Lieber freund

Mög Ihnen die unfreiwillige ruhe gut bekommen! Sie sollten mehr ausspannen auf Ihre arbeit hin. Ich spüre selbst, wie nötig das ist. Aber ich bin mit einer kleinen ! behaftet, und da hilft alles nötigsein nichts. Manchmal meine ich, es geht nicht mehr weiter. Aber es muss eben gehen.
Mit Götz halten wirs wie Sie sagen. Wir lassen Schüddekopf voran gehen, Ihren Götz später folgen. Zuvor möchte ich doch gerne Ihren Uz. Ich dächte zu weihnachten oder januar, wenn es Ihnen passt, jedenfalls 1889.
Und nun zum andern ‚Götz‘. Wenn Sie Zu den grundsätzen f. d. Weimarische Goetheausgabe s. 4 oben ansehen, so finden Sie, dass alle urkundlich gesicherten Data der hsl. u. gedruckten textquellen des Götz vor dem apparat von Ihnen zu bezeichnen sind. Darnach müssten Sie für alle redaktionen alle betr. briefstellen etc. Goethes u. anderer sammeln. Aber dieser unglücks§ ist gestrichen, d. h. Zu den grundsätzen s. 4 ist getilgt u. der alte §. 13 restituiert; einzig das was zur geschichte des textes, nicht des werkes wichtig ist soll überdies über §. 13 hinaus verzeichnet werden. Beispielsweise hiefür: der abschnitt Israel i. d. wüste in den Divan-Noten u. -abhdlgen ruht auf einem im G-Archiv erhaltnen mscpt., das nicht datiert ist, aber zweifellos das ist, wovon Goethe-Schillers brfw. 1797 spricht; also auf diesen brfw. u. die tagebb. soll verwiesen werden. U. dgl. Doch allzeit ohne ausführliche entwickelung der ‚geschichte‘.
Vorarbeiten – ich gehe Ihren brief antwortend durch – hätten freilich der sache genützt. Aber ich habe, als ich gelegentlich lange vor meinem eintritt ins collegium anlass hatte ein bischen mitzuraten, nur beantragt die orthographischen u. interpunktionsgrundsätze von C auszuarbeiten; auch das war zu viel, es geschah nichts.
Jetzt haben wir nach flüchtigen stichproben vor u. während der ersten serie allerlei* entschieden u. hängen doch in der luft. Für eine reihe von dingen zu bd. 7 habe ich mir erst aa. beispiele gesucht; zumeist mit hilfe des Grimmschen WB, das freilich die taschenausgabe citiert, worauf man erst C nachsuchen muss. Übrigens ist Wahle recht aufmerksam, d. h. er passt auf u. weiss gelegentlich parallelstellen, war auch gegen mich immer gefällig. Fragen Sie ihn also: er muss als generalkorrektor antworten oder besser, adressieren Sie aussen: ans Goethearchiv, innen an die Generalkorrektur. Denn ich habe von Suphan einmal einen rüffel bekommen, da ich Wahle gen-korr. nannte, u. eine antwort, gezeichnet: die generalkorrektur. Seitdem wende ich mich an diese ‚behörde‘. (Die sache liegt so: da wir der brauchbarkeit Wahles nicht sicher waren, wurde bei meinem rücktritt ihm die arbeit unter Suphans aufsicht und quasiverantwortlichkeit zugeteilt. Suphan wacht eifrig darüber, dass man nichts von seiner mühewaltung vergisst, obwol er doch so ziemlich alles auf Wahle abwälzen soll! dicitur nicht debet)
Betreffs der vererbung unechter lesarten bis in C stehe ich im allgemeinen auf dem standpunkt (den ich auch im collegium eifrig vertrat), dass eine verschlimmerung des textes, die von einer echt Goetheschen ausgabe adaptiert wird, auch als authentisch zu gelten hat. Ich habe unter stillem zustimmen widerholt den satz verteidigt: wir dürfen Goethe nicht besser machen als er war, nehme deshalb auch offenbare fehler in sachen (falsche jahreszahlen) in die Sophienausgabe auf, so fern sie in allen echten ausgaben stehen. Mein bd. 7 hat ein paar beispiele dafür. Einen Ihrer lage gleichen fall hat bd. 7 nicht, da keine unechte ausgabe dazwischen liegt. Aber ähnlich sind versehen von C1, die in C übergingen. Da habe ich mir denn einige mal, aber nicht immer, erlaubt, auf E zurückzugreifen, und zwar lediglich nach subjektivem ermessen, ob eine absichtliche oder nicht gewollte veränderung vorliegt. Ob man das richtige dabei trifft, ist allerdings fraglich. Im ganzen muss man C möglichst konservativ behandeln, sonst geht alles aus dem fugen nach meinen erfahrungen an bd. 1.6.7.14. Ich würde also bei dem will will-fall aus Weisslingens monolog akt 1 bei C bleiben, obwol die lesart auf einen nachdruck zurückgeht; Goethe hat sie sanktioniert. Diese meinung ist nicht nur theoretisch gegründet. Sie haben gewiss so gut wie ich erfahren, dass manchmal ein setzerirrtum einem etwas nahe legt, was einem besser behagt als was man selbst geschrieben hat; folg ich dem setzer, so ist meine lesart auch strenge genommen unecht, aber ich mache sie authentisch durch meine aufnahme. Goethe freilich wird in den seltensten fällen solche überlegung angestellt haben, er war nicht so pünktlich wie – nach jetziger meinung – z. b. Wieland war. Aber war er nachlässig, warum sollen wir ihn ‚besser machen als er ist‘? Und gar in der interpunktion. Ich glaube, Goethe hatte dafür niemals grundsätze, vielleicht sogar niemals einen gebrauch. Gerade dafür lässt er Göttling freie hand und hat gewiss der druckerei-usance freie hand gelassen. Hat ihnen freie hand gelassen, obwol sie seine so viel ich weiss sehr spärliche interpunktion überreichlich mehrten. Auch hier hat er stillschweigend sanktioniert. Auch hier ist C gesetz (von dem man überhaupt pricipiell nur in den starken genetivformen ! abweichen darf, die Göttling anfangs u. auch noch als Goethes protest ihm vorlag, in den text einführte). Nur glaub ich, dass man hier Göttling nachhelfen darf u. muss. So lange wir darüber nicht reichlichere beobachtungen haben als die Burdachs zu bd. 6 (und die kenne ich nur allgemein; mein antrag bei Suphan, meine bitte bei Burdach, er möge seine beobachtungen hierüber detailliert zu den akten der ausgabe geben, hat bis jetzt keine erhörung gefunden) und meine zu bd. 7, wird jeder herausgeber neue statistik seines bandes machen müssen und zwar so, dass er beobachtet, wie Göttling sich zu C1 und zu dem nächstvorhergehenden drucke stellt: da wird man gesetze finden, was er ändern wollte, und diese gesetze führte ich – mit abweichungen zu gunsten von sinnes- und deklamationspausen (alte rhetorische kommatisierung) – durch. Es hat dies verfahren von bd. zu bd. natürlich ungleichheiten im gefolge. Das ist aber nicht ganz schlimm: denn so retten wir einen teil der jeweils bodenständigen interpunktion in die neue ausgabe herüber. Die historische interpunktion, d. h. die der früheren ausgaben berücksichtige ich nicht principiell, ausser wo sie eine sinnesänderung veranlasste u. die ältere interpunktion zweifellos den sinn richtiger traf.
Loeper u. Schmidt verfahren anders. Jener hat grossen respekt vor der historischen interpunktion, wenn ich bei dem erklärten ausdruck beharre; Schmidt schwört auf C auch wo es nachlässig ist; Wahle hat mich darüber bei bd. 15 befragt, ich habe normalisieren geraten, u. so viel ich weiss, besorgt das nun Wahle bei der generalkorrektur. auf eine differenz der normalisierenden parteien will ich speciell aufmerksam machen: 2 attributive adjectiva sind in der 1. serie nie durch komma getrennt, ausser wo dasselbe adjektiv doppelt steht, wenigstens in der theorie. Burdach hat das adoptiert. Ich in bd. 7 nicht, weil da das – allerdings nicht streng durchgeführte – bestreben herrscht, adjektive die das gleiche verhältnis zum subst. haben durch kommata zu trennen, nur die ohne , zu lassen, die ein verschieden nahes verhältnis zum subst. haben. Ich verhehle mir nicht, dass dabei spitzfindigkeiten mit unterlaufen, aber das ist nun so. Änderungen des (der) texte(s) in solchen fällen habe ich im apparat angemerkt. Auch sonst interpunktionsproben gegeben. Burdach merkt jede an im einverständnis mit Schmidt (der an meiner stelle als redactor des apparates von bd. 6 eintrat) u. zwar weil ‚in diesem fall wie kaum sonst die entwicklung von g zu E zu C in fester lückenloser kette gegeben werden könne‘. Ich fürchte Schmidt täuscht sich mit diesem entschuldigungsgrund seines abweichens von §. 16 der Grundsätze (wo in ‚Orthographie‘ interpktion eingeschlossen ist) und Zu den grundsätzen s. 7 oben; der fall wird nicht so vereinzelt stehen. Aber er ist ein guter redaktor, besonders gegen Burdach. Wenn Werner dasselbe täte, wie würde er fluchen! Ich entschuldige ihn nur damit, dass wir endlich mit Burdachs eigenwillen uns abfinden müssen, ein ende not tut. Ich habe mich nicht dazu hergegeben, die unnützen abweichungen von der uniform der ausgabe mit meinem redactornamen zu decken; Schmidt kann sich erlauben, dies und noch mehr mit seinem namen und seiner stellung zuzudecken.
In Ihrem falle würde ich doch die für E charakteristische interpunktion verzeichnen, und dabei natürlich wie lange E fortlebt; von den neubildungen der interpktion zwischen E und C aber höchstens charakteristische beispiele geben; es lässt sich das ja allerdings nur vor welcher, daß u dgl. präcisieren, aber man darf auch sagen: ‚weh!] weh, in ähnlichen Fällen öfters so‘ und die sache ist abgemacht. Eigentlich müsste man ja, wie Sie, sagen: entweder vollständig oder das wenigste; aber ich habe doch einen mittelweg eingeschlagen, weil mich dünkte, dass auch die interpunktion zur charakteristik des wertes des betr. druckes beitrage. Ich leugne nicht, dass das der standpunkt des philol. liebhabers ist, der wissen will, was jeder text wert ist. U. ich glaube, dass Ihnen Ihr redaktor nichts mehr dankt, als wenn Sie recht kürzen.
Sie haben ein richtiges gefühl, dass von Suphan etwas schwer verlangen ist. Er ist gleich mit seinem väterlichen ‚wozu das‘ bei der hand. Wäre ich nicht so hartnäckig, so hätte er mir z. b. das korr.-exempl. zu bd. 7 nicht geschickt u. doch ist dies, dessen benützung er ganz überflüssig fand, der einzige wertvolle teil meines apparates. Oder er schickt mir eine abschrift aus dem archiv, ich verlange angabe, wo die ss. beginnen u. schliessen: darüber wundert er sich höllisch. U. doch hätte ich ohne das die fragmente nicht ordnen können. Also wenn Sie ihn ungeschoren lassen, ists ihm am liebsten; er ist ein freund der ruhe und vor seiner philologischen genauigkeit hab ich leider wenig respekt; es ist ein kindischer scherz einem der über ein paar interpunktionen der hs. rat erholte vorzurechnen: kostet das komma der ausgabe 15 ₰ porto oder dgl. Ich sag Ihnen das, um Sie vorzubereiten, damit Sie sich dann nicht ärgern. Müsste ich so wenig rücksicht auf Suphan haben wie Sie, so schriebe ich allzeit curialiter ans Goethearchiv kurz u. bündig und liesse mich auf gar keine auseinandersetzungen ein. Man schreibt mir: ‚mit Suphan ist geschäftlich nicht zu verkehren.‘
Zu auskünften über archivalia ist Suphan quod partem editionis editori verpflichtet: ‚bei geringem material‘ §. 21 der Grundsätze kann auch hieher bezogen werden. Tagebücherexcerpte hat er bisher machen lassen, von nun an nicht mehr: ich hab für diese weigerung eine bedauerungswendung ad acta gegeben, aber seit die ‚geschichte des werkes‘ aufgegeben ist, wird das nicht nötig sein. Überhaupt aber stützen Sie sich auf §. 21 der Grundsätze: auch die theaterzettel gehören zu den unentbehrlichen einzeldrucken. Schreiben Sie einfach: ich bitte mir zuzustellen ... die ich zum abschluss meines bdes. bedarf. punctum.
Passt Ihnen eine vorschrift der Grundsätze oder Ihres redaktors nicht, so verfassen Sie einen grossquartbrief oder gar folioakt an das redaktionscollegium der Weim. G-ausgabe, zu handen des redaktors des bd. x und setzen Ihre schmerzen aus einander, so dass mit ja u. nein drauf zu stimmen ist. Es kommt aber selten was gescheutes dabei heraus. Suphan hat 2 stimmen, seine u. HGrimms; Loeper hängt im luftzug. Aber liegt Ihnen wirklich etwas ernstes an einer sache, über die Sie sich mit Ihrem redaktor nicht einigen können, so scheuen Sie sich nicht zweimal ans collegium zu gehen, wenn es auch zuerst gegen Sie entschieden hat; Burdach und Schmidt hat ! auf diese weise die majorität immer mürbe gemacht. Der herausgeber muss nur sagen: ich bestehe darauf.
Der kern meiner interpunktionsuntersuchungen ist:
Komma steht vor u. nach daßsätzen, vor u. nach kondit.-sätzen mit oder ohne konjunktion, indirekten fragesätzen, causalsätzen, absichtssätzen damit u. um, temporalsätzen. Relat-sätzen mit welcher, mit praep. vor relat. (welcher oder der), u. wenn das relat. (welcher wo oder der) von seinem bezugswort getrennt ist1), wenn das relat. sich auf einen ganzen satz bezieht, wenn der rel.satz eine koord. oder subord.periode ist2). Ausnahmen 1): Das .... was ..., alles ... was .., nichts .... was .., diejenigen ... die ..., u. dgl. wo das anfangskomma fehlen kann, aber immer schlusskomma steht (während ich sonst jedes anfangskomma ein schlusskomma nach sich ziehen liess). 2) wenn die relat.periode an ein das vorhergehende zusammenfassendes isoliertes wort anknüpft; also z. b. x + x + x, alles eigenschaften die man braucht, um .... Rel.sätze mit der was wo wozu udgl., in denen das rel. hart am bezugswort steht können komma haben oder nicht; dafür fand ich kein gesetz. Objekt- u. subjektrel.sätze können komma haben oder nicht, die statistik gibt kein gesetz (anders Burdach).
Kein komma vor infinitivsätzen (ohne um).
Vor und ist das komma oratorisch. Subjektwechsel ist kein kriterium. Appositionen mit komma.
Adverbiale erweiterungen oratorisch, unkontrolierbar. Hier soll gespart werden.
Kompar. verhältnisse, sowol attributivisch als periodisch, sind willkürlich behandelt. – –
Was mir Burdach mitteilte lege ich bei u. bitte es zurück.
Burdachs apparat, an dem gesetzt wird, erhalte ich nicht in korr-bogen da ich die redaktion niederlegte, den text allein kann ich Ihnen in korr.bogen schicken, wird Ihnen aber nichts nützen.
Meinen apparat in korr.bogen sollen Sie erhalten, so bald ich ihn entbehren kann für die revision, die in den nächsten tagen geschehen wird, wenn die gen-korrektur prompter arbeitet als bisher.

_______

DLD betr. Phöbus ist zu überlegen. Auch Prometheus. Gg. Jacobi möchte ich längst gerne. Aber wer machts? Canitz: auf die Berliner nehme ich keine rücksicht, aber ich weiss nicht, ob er notwendig ist. Waldberg will mir Rosts Vorspiel machen. Ich denke an Trillers Aesthetik in einer nuss?? Wüsste ich jemand verlässigen, so liesse ich den Nötigen vorrat neudrucken: aber die einleitung müsste rectificieren. Was meinen Sie zu der idee?
Gurlitt schreibt ein buch oder büchlein. Bauer ist fleissig am Calvaryschen jahresbericht. Nicht Schönbach, sondern Hörmann hat Waltharireste entdeckt. Rödiger ist unklug seine produktionslosigkeit durch neue redaktion zu decken (aber ic[h klo]pfe mich an der eignen nase.) Ehlermann hat mir Wieland übertragen u. ich habe zugesagt. Dass er kein honorar [kund tut is]t mir fatal; ich habe mich geweigert, eines zu fordern. I[ch habe ih]m gesagt, dass Wieland mindestens doppelt so gross wird. Natürlich müssen alle einzeldrucke aus zss. hinein. Schlecht bezahlen lass ich mich nicht.

Leben Sie wol. Es ist genug des geschmieres. Wenn es Ihnen nur ein bischen dienen könnte.
Treulich
Ihr
BSfft.

NB: haupths. heisst H ohne exponent. Dann folgen chronologisch die andern mit exponent 1 bis 1000. Wollen Sie eine andere sigle für hs. als H, so bedürfen Sie erlaubnis des gesammtcollegiums. Haben Sie anstände, so kann ich Ihnen vielleicht nützen, wenn Sie mich vor offiziellen schritten beim collegium darüber unterrichten.

* auch falsches z. b. Seinesgleichen , neben dem wir jetzt auch seines Gleichen zulassen müssen.

Prag, 5. September 1888 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag Weinberge
Hawlitschekgasse 62.
5.9.88.

Lieber Freund! Ich fahre übermorgen auf circa 3 Wochen nach Wien (VIII. Schlößelg[ass]e, Hotel Hamarand) und wenn ich zurückkehre beginnt die Semesterarbeit; daher antworte ich auf Ihren letzten reichen Brief lieber gleich jetzt.
Uz sollen Sie im Januar, zu Schluß der Weihnachtsferien womöglich, haben; es wäre mir dann lieb, wenn er noch vor den Sommerferien im Druck fertig wäre.
Über alle Ihre Mittheilungen die Goetheausgabe betreffend kann ich nur mit dem wärmsten Dank hinweggehen. Ich habe Sie studirt u. [w]erde sie wenn ich wieder an die Arbeit gehe, von neuem studieren. Das starre und starke Festhalten an C ist zwar gegen meine Überzeugung; aber Unterordnung ist ja in solchen Fällen Pflicht. Nachdem ich Ihre und Burdachs Ansichten über Orthogr. kenne, fallen mir meine eigenen Beobachtungen leichter. Ich werde Ihren Mittelweg so viel als möglich einzuschlagen versuchen. Suphan suchte ich so viel als möglich curialiter wie Sie sagen zu behandeln: aber er schreibt immer ‚freundschaftlich‘ zurück was mir fatal ist. Andererseits will ich ihn nicht so vor den Kopf stoßen. Jetzt laße ichs darauf ankommen u. schicke ihm das fertige Ms., um seine Wohlmeinung darüber zu erfahren. Anders geht’s nicht. Für Ihre Rathschläge bes. in Betreff des ‚Collegiums‘ bin ich Ihnen sehr verbunden, u. sollte ich Ihr Fürwort brauchen, so werde ich mich nicht scheuen es in Anspruch zu nehmen. Den versprochenen Apparat zu Bd. 7 erwarte ich. Eine Auskunft können Sie mir vielleicht aber noch geben. In „Zu den Grundsätzen“ S. 5[ ] heißt es, es würde blos g oder α oder β, nicht Hg, Hα, Hβ im Apparat gesetzt. Was mache ich also, bei dem H, H1, H2 und in jeder dieser Handschriften g1, g2, g3 nebeneinander herlaufen: also nicht g1 H1; g1 H2 etc?
sondern g1 in H1; g3 in H? oder wie?
Burdachs Karten folgen dankend zurück.
Wegen Ehlermann habe ich Sie nicht ganz verstanden. Sie haben also die Arbeit abge[leh]nt, weil er das Honorar nicht praecisiren wollte?
Was die DLD anlangt, so haben Sie die Güte mit dem Prometheus noch ein klein wenig zu warten, weil vielleicht doch meine Wiener Sammlung wieder auflebt u. dort gehörte er hinein. Oder wollen Sie auf die Wiener so wenig Rücksicht nehmen wie auf die Berliner? Ist meine Sammlung nicht wieder ins Dasein zurückzurufen, so mache ich Ihnen den Prometheus gerne u. auch andere Viennensia; Schreyvogel? ‚Aesthetik in einer Nuß‘? wäre sehr wünschenswert; ich kann sie nie kriegen u. lechze darnach. Das Vorspiel halte ich eigentlich für überflüssig u. der Nöthige Vorrath müßte doch ganz neugemacht werden; ich glaube nicht, daß man dgl. neudrucken sollte. Wenn es geschieht, so wäre Creizenach dazu die richtige Persönlichkeit, mit dem werden Sie aber nichts zu thun haben wollen; oder Bolte? Fragen Sie doch einmal wegen Georg Jacobi bei Daniel Jacoby in Berlin an; er hat den betreff. Artikel in der ADB. gearbeitet u. wäre zu einer solchen Arbeit recht gut brauchbar. Etwas langsam u. langstielig allerdings; aber sehr zuverlässig u genau. Wollen Sie, so kann ich ihn sondiren; ich stehe sehr gut mit ihm.
Ich habe eine große Rec. über Munckers Lessing geschrieben: ich bin begierig ob Sie damit einverstanden sind. Es ist wieder eine halbe Arbeit.
Sollten Sie aus der Wiener Stadtbibliothek irgend etwas brauchen (ich erinnere mich, daß Sie wegen Riedel etc. bei mir anfragten) so theilen Sie mir Ihre Wünsche mit; ich nehme mehrere halbfertige Aufsätze mit, welchen ich abschließe für VJS weiß ich noch nicht. Über Enks Don Tiburzio, oder über Perinet. Vielleicht kann ich Ihnen auch Schreyvogelsa[c]hen von Glossy verschaffen. Das neue Heft habe ich nun zwar gesehen aber noch nicht ganz gelesen. Minors Beiträge sind recht interessant. Walzel & Meyer recht schwach. Über die Anordnung komme ich nicht hinweg. Eine rein chronol. Anordnung wäre mir lieber. Reich & vielfältig ist das Heft gewiß. Bitte grüßen Sie Bauer, Gurlitt und Zwiedineck bei Gelegenheit, auch Schönbach falls er schon zurück ist, vor allem aber Ihre liebe Frau.
Treulichst Ihr AS.

Graz, 23. September 1888 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Lieber freund, Es geht in Weimar so langsam, dass ich Ihnen noch immer die korrekturbogen des app. kriticus nicht senden kann. Vergessen hab ichs nicht. Das starre festhalten an C ist gegen Ihre überzeugung, schreiben Sie. War auch gegen die meinige. Schmidt hat mich oft zu wenig konservativ gefunden. Jetzt aber denk ich anders. Es kommt übrigens auf Sie und Ihren redaktor an: wenn Sie sich mit ihm verständigen, können Sie sich ganz frei bewegen. Ich habe Burdach, so lange ich sein redaktor war, ziemlich viel abweichungen zugestanden, mehr als Schmidt z. b. bewilligt. – Siglen betr.: ich glaube es bleibt Ihnen nichts übrig als g1 in H2, g2 in H1 u. dgl. oder Sie müssen, was mir nicht gefiele, g1 g2 g3 g4 g5 durch alle hss. zählen. H1g1 neben einander wird irrtümlich, da dies für 2 siglen gilt, nachdem die siglen ohne interpunktion neben einander stehen. – Ehlermann hab ich zugesagt, aber die honorarbestimmung selbst zu treffen abgelehnt. Prometheus bleibt natürlich Ihren neudrucken. Ich hab im augenblick gar nicht dran gedacht, dass er dahin taugt. Die Wiener neudr. werd ich allzeit berücksichtigen, bis Sie schreiben: series finita. – Mit Creizenach will ich nichts zu tun haben; er existierte für mich nicht lange bevor er seinen Faustquark auspackte. Mögen Sie Daniel Jacoby wegen JGJacobis einmal ausforschen, so werd ichs dankbar annehmen. Wo u. wann kommt Ihre MunckerLessingrecensio? ich muss seinen Klopst. anzeigen. Sehen Sie, was Glossy gutes über Schreyvogel hat. Von Ihnen erwart ich, was Sie geben mögen.
Treulich Ihr
Sfft.
23 IX 88

Prag, 13. Oktober 1888 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

13.10.88.

Lieber Freund! Ich habe Ihnen für Ihre Karte nach Wien u. für die Übers. der mir sehr lehrreichen Correctur noch nicht gedankt, weil ich jeden einen Beitrag Tag schreiben zu können h[offte]. Heute sollte die Sendung abgeben, da[mit] sie pünktlich am 15. eintreffe; ich bin aber mit d. Reinschrift nicht fertig geworden. Haben Sie nur noch ein paar Tage Geduld. Es sind ‚Studien zu Grillparzers dramatischen Fragmenten‘, die am besten unter die Neuen Mittheil. gestellt werden. Sie können also immerhin an dem Heft zu drucken anfangen. Auch Glossy hat aus dem Schreyvogelnachlaß etwas beigetragen; die Masse dieses Nachlasses darf nicht zerstückelt werden: es müßen die Tageb. u. Werke in selbständ. Bänden erscheinen. Briefe wären allenfalls dagewesen; aber Glossy wäre jetzt nicht im Stande sie zu bearbeiten, u. den Rohdrucken sind Sienicht geneigt. Für die Wiener Neudr. hat mir Konegen zunächst ein 12. Heft bewilligt (3. Bd. Zingerle); damit ist die erste Reihe beschlossen u. ich gebe nicht auf eine zweite einmal eröffnen zu können. An Jacoby schreibe ich nächstens. Munckers Lessing habe ich in der Gymnas. Ztschrft besprochen; die Rec. soll noch ins Nov. Heft kommen, wie mir Hartel versprach. Den Klopstock könnte ich nur ‚vermöbeln‘ u. das will ich nicht. – In Wien habe ich herrliche Burgtheatertage verlebt u. mancherlei gelernt. Schmidt sprach ich noch flüchtig am letzten Tage. Vorderhand viele Grüße. Bitte um Geduld! Wenn ich nur Ihr S kopiren könnte! Treulichst Ihr Sauer.

Graz, 14. Oktober 1888 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Gestern sandt ich Ihnen die Gebleriana, neulich den krit. app. der Noten m. abhdlgen. Ich dank Ihnen sehr dafür. Schliesslich hab ich den Gebler gar nicht verwenden können, da mir der Wieland alleine zu lang geriet, wenn er überhaupt geraten ist. Darüber wollen Sie mir ein wörtlein sagen, offen sagen, wenn das oder die nächsten hefte VJS erschienen sind. Wie stehts? waren Sie gerne in Wien? haben Schmidt gesprochen? Was macht Ihr Götz und was haben Sie für die VJS fertig? Werner kam leider nicht hieher, ich hätte ihn so gerne endlich einmal von gesicht gesehen und gesprochen, obwohl ich auf den umständlichen apparat seines Leisewitz etwas böse bin. NB haben Sie keine photographie Ihres bartes? ich möchte sie so gerne als ergänzung ihres rasierten kopfes. Unser Schönbach schwelgt in hss. Morgen geht’s ins colleg. Ach, wir armen! Draussen haben sie noch 14 tage frist.
Für Bächtold freut ich mich herzlich. Ich bin froh wie ein kind, dass ich wieder einen Wielandartikel geboren habe – ja so, da müsst ich sagen, wie eine mutter. Mir hat er spass und elende mühe gemacht, die man ihm hoffentlich nicht ansieht. Die darstellung ist uneben, 2 partien missraten dünkt mich, aber ich kann ihnen jetzt nicht abhelfen. Grüssend Ihr
BSfft.

Graz, 15. Oktober 1888 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Unsere letzten karten kreuzten sich. Ich freu mich von herzen auf Ihren Grillparzer u. dank Ihnen im voraus dafür. Fürs 3 heft kam er leider zu spät, das ist in der druckerei. Aber ins 4. kommt er gewiss u. es soll zwischen 3. u. 4 keine pause sein wie zwischen 2 u. 3. Ich denke jetzt 3 hefte in einem athemzug hinauszuwerfen. Drum schicken Sie baldigst! Vielleicht gibts ein doppelheft! Zur fortsetzung der Wiener neudrucke wünsche ich glück. Möge die 2. reihe dann rascher fortschreiten! Gelegentlich ein wort bitt ich, ob die zweiten fussnoten zum Mosesfragment brauchbar sind. Am apparat war nichts besonderes, nur langeweile. Wenn Burdachs apparatus fertig ist, werden wir nachdem was ich kenne ein wunder sehen; nur sollte es nicht in der Goetheausg. geschehen, der knapperes halten an die reale natur geboten ist. Wie weit ist Ihr Götz? Seufzen Sie auch schon unter vorlesungen wie ich?
Treulich
Ihr
BSeuffert.
Ists nicht so schnörkelhaft? es ist väterlicher ductus darin, der schrieb so:
Seuffert

Graz 15 X 88

Graz, 19. Oktober 1888 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Schicken Sie mir doch den Grillparzer umgehend! Wir machen ein doppelheft, darein soll er, es sind schon über 2 bogen davon gesetzt. Ich verlasse mich auf Sie. Die ganze ordnung des heftes ist nun darauf eingerichtet.
Grüssend, eiligst
BSfft.

Graz 19 X 88

Prag, 22. Oktober 1888 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ihre Kart[e] habe ich gestern Früh, am Morg[en] eines ganz besetzten Sonntags bekommen; ich kann erst heute das Manuscript abschließen. Morgen geht es zuverlässig ab; denn übermorgen habe ich kein Colleg (Rectors-Inauguration). Sie sehen, daß ich im Drange der Umstände nicht anders an !.
Montag, den 22. Oct. 88.
Ihr
AS.

Prag, 23. Oktober 1888 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 23. Oct. Abends

Lieber Freund! Als Ihre erste Karte ka[m], aus der ich ersah, daß Sie mit dem dritten Hefte auf meinen Beitrag nicht gewartet hatten, da glaubte ich Zeit zu haben, inzwischen einiges andere erledigen zu können. Ich mußte daher erst gestern und heute die Reinschrift vollenden. Verzeihen Sie also, wenn ich Sie warten laßen mußte.
Was ich Ihnen sende, sind Ergänzungen zu Bd. 10 und 11 meiner Ausgabe; wenn Sie diese nicht kennen, werden Sie auch mit meinem Aufsatz wenig anzufangen wissen. Werner, der über Grillparzer liest, wird mir dankbar sein. Lassen Sie sich also durch die Verse an die Sammlung entschädigen, die ich lange gehütet habe u. immer für etwas besonderes [a]ufsparte. Die Einkleidung ist Ihnen hoffentlich nicht zuwider. Für die Correctur – der Sicilischen Scenen wenigstens – (Wissen Sie etwas über den Stoff?) müßen Sie mir ein paar Tage mehr Zeit lassen, weil ich sie ins Archiv nach Wien zu einer Revision schicken muß. Den Plan des Julius Caesar müßen Sie so halbbrüchig oder viertelbrüchig setzen lassen wie [er] geschrieben ist.
Ob Sie die nachträge zum Faustaufsatz einschieben wollen, überlasse ich Ihrer Wohlmeinung.
Gebler habe ich dankend erhalten.
In Ihren Lesarten habe ich mich ganz gut zurecht gefunden. Bei mir geht es langsam. Ich kann niemals lange bei der Stange bleiben.
Über Wien habe ich Ihnen geschrieben. Ich bin mit dem schwersten Herzen nach Prag zurückgefahren und erst langsam habe ich es wieder gelernt mich ins Joch zu schwingen. Nun bin aber mit den Collegien sehr zufrieden (16. Jh. 28, Faust 42; Seminar 18) und so wird es wieder weiter gehen!
Haben Sie Brahm gelassen !. Ich finde ihn sehr dünn und mager; ich begreife nicht wie sich Schmidt für ihn so ins Zeug legen kann.
Schicken Sie mir doch von einem oder dem andern Aufsatz Ihres Doppelheftes einmal eine Correctur, die Sie n[icht] mehr brauchen. Es ist doch ein angenehmes Gefühl den andern um ein paar Pferdelängen voraus zu sein. Daß ich keinen Misbrauch damit treibe, dessen werden Sie überzeugt sein.
Sie wollen meinen Bart! Der existirt lange nicht mehr. Es war damals nur ein Badeanhängsel, das ich eine Zeitlang duldete, weil meine Mutter Freude dran hatte. Gleich nach ihrem Tode ließ ich ih[n] mir abnehmen u. mir war als ob ich eine fa[l]sche Umhüllung abgelegt hätte. Ich sehe also jetzt dem Bilde das Sie haben wieder erträglich ähnlich u. meine älteren Freunde sind wieder mit mir zufrieden. Hoffentlich kann ich mich Ihnen bald so vorstellen.
Mit herzlichen Grüßen sehr müde Ihr
AS.

Graz, 25. Oktober 1888 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber, wider briefloser freund, Simson fiel nicht mit diesen haaren. Ihr artikel ist so vorzüglich geschrieben u. so reichen inhalts, dass ichs lieber brieflich aussprechen möchte, wie sehr ich Ihnen danke, wenn die zeit reichte. Es gehört zum besten, was Sie geformt haben. Ich dank Ihnen noch besonders für die zuverlässige sendung; karte, telegramm beruhigten mich; heute mittags kam das mscpt., ich las es gleich und es eilt in die druckerei, sammt Ihren nachträgen zum Phantom.
Corr.-bogen werde ich Ihnen anvertrauen, sobald und wenn ich welche entbehren kann.*
Ich bitt Sie dringend, das datum Ihres aufsatzes gestrichen sein zu lassen: es liegen viele, viel ältere beiträge da, verraten Sie auch Werner nicht, dass Sie jetzt erst sandten, auch er muss warten.
Meine vorlesungen mache ich alle ganz neu, sie ! wissen was das heisst. Lessing u. s. zeit 25, Wieland ein paar weniger, seminar DLD 14!! 16 mann. Hier sind das hohe zahlen, aber wie klein an sich!
Brahm las ich noch nicht; ich hab gewettet, dass er zu kalt sei, in Schillers feuer zu langen, nur kritisieren über Sch. hätt’ ich ihn lieber hören. Mit Fellner in Tbgen stehts ganz anders als mirs gefällt, er dauert mich.
Herzlich Ihr
BSfft. 25 X 88

* Darf ich Ihnen zumuten eine korr. meines Wielandartikels ohne jede verantwortung zu lesen? Schlagen Sie mirs ab, so ists auch gut. Die frau diktiert: ‚das weib grüsst und die tochter empfiehlt sich.‘ Wie viel germanistentöchter gibt’s denn in Österreich?

Prag, 27. Oktober 1888 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 27.10.88.

Lieber Freund. Ich bin zu Tod froh daß Ihnen mein Aufsatz gefällt. Das Datum wa[r m]ir allerdings sehr lieb: Seemülle[rs] 33. Geburtstag drei Tage nach meinem ebensovielten; das Verhüllen wir[d] gerade Werner gegenüber gar nichts nützen, der recht gut weiß, daß Seemüllers Rec. erst im October erschienen ist. Aber natürlich, wenn Sie es wünschen, soll s wegbleiben! Wenn Sie mir eine Correctur Ihres Wielands schicken, machen Sie mir eine sehr, sehr große Freude! Ich bitte dringend darum. Ihr Seminar ist sehr stattlich, wir halten uns die Wage. – Germanistentöchter? Hat Zingerle eine Tochter? Wenn nicht, bleiben da Seemüllers Kleine dahingerafft ist, die beiden Minorschen Mädeln von den 2 Töchtern Kelles freilich durch 20 und 30 Jahre im Alter getrennt. Doch wer weiß, vielleicht hat Creizenach eine Tochter; oder gar Strobel, der vor 6 Jahren als ich in Lg. war, zwar kinderlos war, aber nahe Hoffnungen sagte. Schade, daß Sie keine Personalangelegenheiten in der Zs. besprechen, auch ein Beitrag! Eine schöne Empfehlung an die Tochter und freundlichen Gruß an Ihre liebe Frau und Sie selbst. Treulichst
AS.

Prag, 29. Oktober 1888 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Vielen Dank[, li]eber Freund, für den kleine[n] Moritz, der wirklich eine „Lücke“ ausfüllte. Ein hübsches volles Heftchen.
Möchten Sie Schönbach von mir grüßen.
Wie geht’s bei Bauer?!
Vor einigen Tagen sandte ich Raimund und Schreyvogel.
Grillparzer, Raimund u. Schreyvogel – meine heil. Dreifaltigkeit.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
AS.

PRAG.
29.10.88

Graz, 4. November 1888 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich dank Ihnen für Raimund u. Schreyvogel. Letzteres las ich mit grossem vergnügen, Schr. berührte mich immer sympathisch; ersteren noch nicht: ich bin so im zuge, dass ich nicht einmal die ztg. lese, die ich mir halte: das verfluchte examinieren ist hauptsächlich schuld.
Anbei HGrimm zur einsicht und zurücksendung. Der artikel gehört nicht hieher. Aber abweisen konnt ich nicht; ich habe so dem herrn vor den kopf gestossen und seinem ersten leibdiener in W. auch aus anlass dieses artikels.
Wenn Sie meinen Wieland, der leider nicht omnibus numeris absolutum u. lange nicht so schön ist als der j. G. u. Wld (was dem verf. heute noch gefällt), mit korrigieren mögen, so bin ich Ihnen sehr dankbar. –
Ich habe erfahren, dass eine tochter Zingerles Ihren heiratsantrag erwartet. Die andere hat vor kurzem sich ins ehejoch gelegt.
Treulich
BSfft.

Bei Bauers Wilhelm u. seiner nahrhaften mutter geht’s vortrefflich. Schönbach sitzt zu viel um wol zu sein.

Prag, 7. November 1888 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 7/11 88.

Sie haben Recht l. F., der Artikel vom großen Pan gehört nicht dorthin. Auch [fin]de ich unfügliche Plattitüden d[ari]n. Man sieht, daß er keinen einzigen Gedanken unterdrücken kann. Über Ihren Artikel habe ich noch kein Urtheil; aber da ich lange nichts Darstellendes von Ihnen gelesen habe, will es mir scheinen, als ob er lebendiger geschrieben wäre als sonst manchmal Ihre Art ist: warum wollen Sie ihn von vornherein in zweite Reihe rücken? Mich hat er heute doppelt interessirt, weil ich gestern die Gespräche unter 4 Augen (für einen Vortrag in der Concordia: Wie die deutschen Dichter das 19. Jh. grüßten! [Den Titel hat Schönbach mir einmal gemacht, die Idee ist von mir]) gelesen habe. Die Bemerkungen und Fragezeichen sollen nur beweisen, daß ich aufmerksam gelesen habe. Herzlichen Dank dafür, daß Sie mich mich zu den Eingeweihten zählen. Hoch Wilhelm!! Herzlich Ihr AS.

Prag, 21. November 1888 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 21.11.88.

L. F. – das erste was ich mit einer Brille schreibe, an die ich mich erst [ge]wöhnen muß. Verzeihen Sie a[lso] wenn es nicht ganz so geräth wie ich will. – Ich habe mit dieser Karte bis zur Vollendung Ihres Aufsatzes gewartet. Man sieht bei jeder Zeile, bei jedem Wort, wie Sie aus dem Vollen schöpfen, wie Sie sicher und fest auftreten. Es ist der beste Aufsatz, den Ihre Zs. bis jetzt gebracht hat u. er gewährt gute Aussicht für die Zukunft. Jetzt, da ich fertig bin, muß ich auch Anordnung und Abrundung höchlichst bewundern; es ist sehr fein, daß Sie die Besprechung des Goldenen Spiegels getheilt haben; dabei ist Ihre Darstellung lebendiger als je. Haben Sie vielen Dank für die Sendung. Zu bemerken fand ich wenig. Bei den franz. Texten zuckt einem oft die Feder in der Hand wie Ihrer Hohen Protectorin, aber ich weiß, daß da nicht zu ändern ist. Mehr, mehr, mehr dergleichen! – Ich habe soeben Correctur meines Aufsatzes bekommen u. gehe gleich daran. Also herzliche Grüße von Ihrem aufrichtig Ergeb.
AS.

Graz, 25. November 1888 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 25 XI 88. nachts.

Lieber freund

Für Ihre aufmerksame korrektur meines Wieland sage ich Ihnen herzlichen dank und ebenso für Ihre nachsichtige beurteilung. Möchten auch andere gutes daran finden. Mich dünkt er, auch im druck, zu breit, aber die neuen quellen waren mein ausgangspunkt und wenn durch ihre mitteilung die sache auch schrittchenweise nur und langsam vorrückt, so waren sie mir doch zu wichtig, um sie nur zu excerpieren*. Ich meine, man druckt manche briefe, die unwichtiger sind. Gerade die Weimarer zeit vor Goethe liegt ganz im dunkel, ich habe selbst in Weimar über manche namen und sachen (theater z. b.) keinerlei auskünfte erhalten u. finden können. Dass nicht auch die briefe Wielands an die herzogin ganz und in borgissatz erscheinen hat einen höfischen grund: mir ist nicht gestattet die briefe zu publicieren, nur das biographische material derselben. Darum erscheinen sie äusserlich nicht als briefe, damit Burkhardt keine unannehmlichkeiten bekommt, u. darum sind sie nicht vollständig. Albern, aber allerhöchster befehl, den ich eben dehnte so gut ich konnte. Das urteil über Constantin ist geradezu phänomenal, noch besser als die über Carl August. Ich habe zu Böhlaus verdruss in die korrektur wenigstens noch accente aufs französische gesetzt: es sah zu scheusslich aus, sprachfehler aber als charakteristisch nicht verbessert, wo sie keine schreibfehler sind. Man sieht so was im druck ganz anders als in der hs. u. abschrift, wo die flüchtigkeiten viel erträglicher sind. Und es ist wahr, wir treiben mit der diplomatischen treue etwas misbrauch. Ich war sehr froh, dass Ihre bemerkung hinterdrein mein verfahren erlaubte. Recht misslich ist die französisch-deutsche mischung, aber sie hängt mit dem bemerkten grhgl. ukas zusammen; u. so viel als möglich wollte ich doch den – manchmal schwer übersetzbaren – urtext geben.
Diese briefe suchte ich nun auch psychologisch, nicht blos inhaltlich zu erklären; ich weiss nicht, ob ich daran recht tat; andere pflegen ja diese analyse als selbstverständlich klar zu verschweigen. Ich meinte einiges für Wielands charakter dabei zu gewinnen. Ich hab ihn hoffentlich nicht zu sehr geschont, obwol ich auch in seine schwächen verliebt bin.
Dieser biographische teil sollte durch eine untersuchung gehoben werden. Durch welche, war sicher. Das wie machte mir sorge. Wenn die teilung so gut gelang wie Sie sagen bin ich sehr glücklich. Reiflich überlegt ist die anordnung wie vielleicht bei keiner andern meiner arbeitchen. Der erste anfang wurde ein paar mal gemacht, nachdem der mittelteil, die briefinterpretation fertig war. Dann schrieb ich den eingang nach ziemlich brauchbaren entwürfen die teile ordnend, dann den schluss nach excerpten ohne entwurf. Für mich eine ungewohnte kühnheit. Politische litteratur hab ich reichlich gelesen, wenig festes gefunden. So schmiss ich fast alles bei seite. Übrigens ist in diesem punkte meine sicherheit nur schein. Ich hab mich zwar in meiner universitätszeit mehr als gut war mit socialpolitischen schriften des vorigen jahrhunderts befasst, veranlasst durch einen befreundeten Rousseauschwärmenden juristen, aber zu sicherheit bracht ichs nie. Hätt ich diesen freund zur seite gehabt, so wäre gewiss mehr zu machen gewesen.
Der äusserste schluss hat Sie hoffentlich so überrascht wie mich. Ich habe diese stärke des einflusses auf Carl A. noch nicht geahnt gehabt. U. man merkt ihm, glaub ich, die freudige überraschung an. Er ist mir wie ein quod erat demonstrandum gekommen, obwol ich diese aufgabe meiner beweisführung gar nicht gestellt hatte. Und er versöhnt hoffentlich einige leser mit den öden strecken der mitte. – –
Ihr woltätiges urteil hat mich verlockt die entstehungsgeschichte dieses opusculums zu traktieren. Nehmen Sies nicht als zu langweilig. –
Ihren Raimund hab ich längst gelesen und mit lust. Nur, ehrlich, ist mirs zu viel – für die ADB – und zu wenig – für Ihr buch über ihn. Mich dünkt er besser verfasst als Ihre Grillparzereinleitung zur ausgabe, die mir zu schwer ist. Es steht aber immer im wege, dass ich Grillparzertaub bin und Raimund besser begreife. Das einleitungsgedicht Grillparzers, das Sie der VJS jetzt spendeten, hat mich mehr gepackt als alles andere, was ich von Gr. kenne. Ich will doch sehen, ob ich dieser ! partiellen fühllosigkeit noch lo[s] werde.
Zwischen Sie u. mich tritt in der VJS ein elender Herder-Goethe-schmarren von Burkhardt, den ich trotz dem feindlichen archivarkollegen in Weimar mit glacéehandschuhen anfasse.
Ich schrieb Ihnen doch, dass vd Hellen Goethearchivarius wurde?
Mit Schönbach bin ich gar nicht zufrieden. Er fühlt sich nicht recht wol, ist aber nach meiner meinung übertrieben ängstlich, wartet auf einen herzschlag, ist moros, leutscheu, und ich bin nicht lustig genug ihn herauszureissen. Sie verdienen sich gottes lohn, wenn Sie ihn aufheitern. Aber verraten Sie mich nicht, sonst meint er, ich nehme sein leiden ernst. Bin ich frisch, so sagt er: du mein gott, du bist halt viel strammer als ich, ich werd mich ganz zurückziehen. Er dauert mich, tut sich und – mir weh. Mir ists leid u. fatal, dass er auch den studenten gegenüber mich vorschiebt u. mich zwingt statt seiner protektor des akadem. philol. vereins – der nun auch die germanisten umfasst – zu werden. Ich taug nicht dazu. Er geht nicht zum professorenessen, nicht in fakultätssitzungen, nicht zum doctorschmaus, nicht auf germanistenkneipe. Letzteres hoff ich aber noch durchzusetzen. U. wenn einer, so braucht er geselligkeit. Sehr stolz bin ich, dass er jeden sonntag kommt, mein madel anzugucken, obwol es doch noch recht dumm ist. Auch lässt er sich bewegen, alle 4 wochen das abendbrot mit uns zu teilen und wird da nach der 1. verstimmten stunde zumeist recht gemütlich.
Leben Sie wol. Ich bin jetzt so gehetzt, dass ich sogar redaktionsgeschäfte verschleppen muss.
Treu
Ihr dankbarer
BSeuffert.

Gelegentlich: kann man in dem gasthof, wo Sie zuletzt in Wien waren, einmal mit frau absteigen? Der Matschakerhof, wo wir immer waren, ist bequem gelegen, aber teuer.

Anfang u. schluss Ihrer Grillparzerkorr. hab ich erhalten. Haben Sie wünsche für die registereinrichtung der VJSchrift, so schreiben Sie mir bitte gleich.

* Auch wollt ich, um mich nicht schön zu machen seis gestanden, einen teil des für die Görtzbriefe gezahlten geldes heraus kriegen. Der artikel kostet mich mehr baar, als ich honorar erhalte.

Graz, 26. November 1888 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Eingang des Kassandrafragments: ‚dass sie an einem, einsamen Orte geschlafen‘; ich möchte jedenfalls das komma beseitigen; u. ist Gr.s sprachgebrauch so, dass er ‚geschlafen‘ erlaubt? Wollen Sie nicht: ‚Kein] geschlafen‘ oder ‚geschlafen [habend]‘ setzen? | Alvaro ‚wirft sich in den rechts im Vorgrund stehenden Lehnstuhl‘; wirklich nicht Vordergrund? | ‚Marred, den solch ein Mittel [doch] wohl mit Wahrheit lehrt‘ Zuerst: ‚füllt‘. Ich rate zu schreiben: die Wahrh. lehrt u. Anmerkg.: ‚Zuerst: mit Wahrheit füllt. Die Änderung des ‚mit‘ in ‚der‘ ist im Original vergessen.‘ So hab ich schon korrigiert. | Gerne hätte ich auch in der interpunktion der texte gelegentlich nachgeholfen, doch mag hier ‚xxxdruck‘ gelten.
Einmal erlaubte ich mir zu ‚Du‘ ‚lieber Freund‘ beizusetzen, man ist so weit von der anrede der 1. zeile entfernt.
Bitte um rasche antwort. Das ganze gefiel mir wider sehr. Es sind auch kostbare verse darunter u. ebenso gequälte stellen wie in dem Alvaro.
Treulich
BSfft.
26 XI

NB Ihr mscpt stimmt mit den von mir beanstandeten druckstellen.

Prag, 28. November 1888 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

28.11.88.

L. F. ‚an einem, einsamen Ort‘ das Komma steht allerdings im Man.: [ich?] bitte es aber zu streichen. Dage[ge]n ist an dem ‚geschlafen‘ gar nichts zu ändern; es ist einfach zu ergänzen ‚habe‘ was aus dem folgenden ‚sey‘ u. dem späteren (gestehen) ‚habe‘ leicht zu ergänzen ist. Dergleichen ist bei Gr. gar nicht auffällig, am wenigsten in einer Bleistiftskizze. Bitte, setzen Sie nach ‚Und treffen sie ein‘ ein Fragezeichen.
Grillp. schreibt immer ‚Vorgrund‘; wo in den Ausg. ‚Vordergrund‘ noch stehen geblieben ist, dürfte es auch blos auf Rechnung des Setzers zu setzen sein. – An der Stelle ‚mit Wahrheit lehrt‘ haben Sie Recht gethan, die Anmerkung beizufügen, resp. zu ändern. Und da nun Sie sich entschlossen haben Accente im franz. Text einzufügen, hätte ich auch nichts dagegen, wenn in meinem Text ein paar sparsame Interpunctionszeichen eingefügt werden. Aber ja nur die allernotwendigsten. Herzlichen Dank für Ihren Brief, Antwort nächstens. Treu dankbar Ihr AS.

Prag, 22. Dezember 1888 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 22.12.88.

Lieber Freund!

Ihr letzter Brief war so eingehend und aufschlußreich, daß er früher beantwortet zu werden verdient hätte. Aber soll ich Ihnen, der Sie selbst damit kämpfen, die Schrecken eines Collegs beschreiben? Und jede freie Viertelstunde war mit dem leidigen Götztext ausgefüllt, den ich nun endlich einmal loswerden muß. Jetzt [in] den Feiertagen drängt sich wieder vieles persönliche zusammen; aber ich will Sie wenigstens begrüßen. Ich habe das Gefühl, Ihnen im verflossenen Jahre noch näher ge- rückt zu sein; daß wir uns der Unterschiede in unseren Anlagen und Neigungen dadurch um so mehr bewußt werden, das ist gut; um so schwerer wiegt unsere Übereinstimmung. Und am wenigsten soll uns der Grillparzer entzweien, wob[ei] bei mir allerdings der Gedanke im Hintergrunde schlummert, Sie würden einst wenn Sie länger in Österreich sein werden und die Beschäftigung mit ihm nicht so scheuen, auf seine und meine Seite herübergezogen werden. Den höchsten Anforderungen halten meine Aufsätze über Grillparzer u. Raimund in der That nicht Stand; beide sind ja aus einem Compromiß her[vo]rgegangen. Auch ich weiß, daß der Raimundartikel für die ADB. zu groß gerathen ist. Aber da ich nicht weiß, ob ich das Buch über R. jemals schreiben werde, da ich Glossy durch eine selbständige Publication nicht vor den Kopf stoßen will, so wollte ich doch andrerseits meine reichen Sammlungen nicht nutzlos liegen lassen, um so mehr als sie mir Schmidt ohnehin schon ohne Quellenangabe vorweg [au]sgebeutet hat. Also ein Zwischenglied u. nicht mehr will der Aufsatz sein.
Die Entstehungsgeschichte Ihres Opusculums hat mich gerade unter diesen Umständen sehr interessirt. Aber, verzeihen Sie mirs, Sie dürfen nicht alles so schwer nehmen; sonst führt Sie Ihre Wielandforschung ins Unendliche. Freilich die Goetheaner haben es leicht, die dürfen alles mit Haut und Haar drucken lassen und d[as] will ich Ihnen nicht als Gesetz aufstellen. Wenn Sie aber bei der Masse Ihres Materials weiterhin bei jedem Wort so subtil erwägen, ob es druckenswert sei oder nicht, werden Sie niemals fertig. Auch denke ich über Quellen- publicationen insofern etwas anders, als ich meine: man könne nicht wissen, nach welcher Richtung etwas das man wegläßt einem andern interessant sein kann, ob nicht einer einmal über Titulaturen und Briefunterschriften Forschungen anstellen wolle etc. Machen Sie einen Band Br[ief]e u. dann einen Band

Wieland
Sein Leben und seine Werke.

von
Bernhard Seuffert.

Weimar.
Böhlau
1890

Ich habe mich entschlossen, die Grillparzer-Biographie in einem Bande (50 Bogen) abzuschließen u. wenn die Götter günstig sind, soll sie am 15. Jan. 91 heraußen sein u. seitdem ich den lange hin und hergewälzten Beschluß gefasst habe, ist mir wohler und fast möchte ich denjenigen danken, die mich dazu gebracht haben. (Selbstverständlich habe ich mich nichtverpflichtet, bis zu einem bestimmten Termin fertig zu sein!) Der Tod des Freiherrn von Cotta, den ich auch in andrer Hinsicht bedauere, hat mich zunächst leider etwas hingehalten; aber wenn der Plan nicht ganz in die Brüche geht, so wird er rasch in einem Zuge durchgeführt. Wir müssen einmal mit einem großen Werke hervortreten; schaun Sie Schönbach an, wies dem gelungen ist.
Sie haben mir Schönbach in Ihrem letzten Brief ans Herz gelegt; ich habe Ihrem Wunsch aber nicht Folge leisten können. Man weiß nie, in welcher Stimmung ein Brief empfangen, geöffnet und gelesen wird, und gerade Sch. ist so sehr Stimmungsmensch, daß man du[rch] eine solche Verschiebung des Verkehrs bei ihm an Freundschaft eher verlieren als gewinnen könnte. Wir stehen sehr gut miteinander, wir schreiben uns in mehr oder weniger regelmäßigen Intervallen aufrichtig und herzlich, wir senden uns unsere Aufsätze zu: zu mehr will ich Sch. nicht bewegen. Gerade ihn nicht, weil ich ihn nach dieser Seite sehr gut zu kennen vermeine.
Wann erscheint das Doppelheft? Ich bin sehr begierig darauf. Für Jahrgang 2 sollen Sie allerlei von mir kriegen, wenns die Zeit erlaubt. Läge mir nicht so vieles Halbfertige im Pulte.
Bei Jacoby habe ich angefragt, [er] bat um Bedenkzeit; vielleicht daß er um Neujahr herum schreibt.
Wissen Sie, wer Aussicht hat nach Marburg zu kommen; könnte sich da nichts für unseren Seemüller ergeben?
Bringen Sie das Fest recht gut zu und grüßen Sie mir die Ihrigen vielmals.
In treuer und aufrichtiger Gesinnung
Ihr
Sauer.

Graz, 22. Dezember 1888 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Entschuldigen Sie die verzögerung. Meine frau ist seit 3 wochen krank u. beginnt eben zu genesen. Auch ich lag an halsentzündung zu bette und bin noch nicht ganz auf der höhe, doch gehe ich wider aus. Darüber stockte die VJSchrift.
An Cottas zerschlagung tut mir leid, dass Sie den verleger verlieren, mit dem Sie so glücklich waren. Mög Ihnen der nachfolger genehm sein.
Herzliche wünsche zum feste, auch von meiner frau. Die kleine kann noch nichts als papa mama tata und damit ist Ihnen nicht gedient.
Treulich
Ihr
Sfft

Graz 22 XII 88

Prag, 24. Dezember 1888 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Ich hätte Ih[ne]n bessere Ferientage gewünsch[t] und hatte keine Ahnung daß wieder Krankheit bei Ihnen eingezogen sei. Inzwischen haben Sie meinen Brief erhalten und ich habe Ihnen also heute nur für den reichhaltigen Ferienfestschmaus zu danken, den Sie mir ins Haus gesandt haben: das ist ja kein Heft mehr, das ist ein Buch! Sie müßen mirs eine Zeitlang laßen; oder brauchen Sie die Blätter überhaupt nicht mehr wieder?
Möge alles wieder gut werden!
Herzlichst
Ihr
AS.

Prag 24.12.88.

Prag, 28. Dezember 1888 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Ich will Ihnen l. F. ein paar zwanglose Worte über das Gelesene sagen. Am meisten interessirten mich die Schildbürgersachen wie ganz natürlich. Es ist für die Zs. ein Gewinn, daß [sich] gleich in ihrem ersten Bande eine Frage [a]ufgethan hat, die da weiter erörtert wird. Ich finde aber doch, daß Sie eigentlich den Vf. des 1. u. 3. Aufs. hätten Mittheilung von dem 2. thun müßen; denn dann hätten diese offenbar ihre Bemerkungen zurückgezogen: auch kann ich es nicht billigen, daß Sie Schneiders Spott über ‚S. S.‘ nicht gestrichen haben. Heine ist schlecht geschrieben u. hat Ihnen wol viel Mühe gemacht. Weilen ist recht gut; Werner zu breit in beiden Beiträgen; Burckhardt abgeschmackt. Unter den Erklärungen der Heineschen Gedichte manches feine; überhaupt die kleineren Beiträge sehr ergiebig u. voll. Im Ganzen können Sie zufrieden sein, so viele Namen im Anfange gleich friedlich oder sich bekämpfend zu vereinigen. Es ist ohne Zweifel ein vielverheißender Beginn. Aber jetzt nachdem ich das was Ihren Aufsatz umgiebt wol alles kenne, darf ich auch sagen, daß Sie damit den Vogel abschießen u. daß das andere nicht an Ihre Arbeit hinanreicht. – Ich habe in diesen Tagen zur Erholung Harnack Goethe in der Epoche s. Vollendung gelesen, ein Buch von seltener Reife; der Mann ist erst 31 Jahre alt; dann Jodls zweiten Band, der fast eine Gesamtgeschichte der Philos. des 19. Jh. enthält; es hat mich geglückt u gekräftigt, daß ich nun wieder gerne in das Gehäuse meines täglichen Kleingewerbes zurückkehre. Herzlichst Ihr AS.

Prag, 30. Dezember 1888 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich weiß daß Sie Nachsicht mit mir üben werden, wenn ich Ihnen sage, daß ich die thörichten Anstrengungen dieses Frühjahrs und Sommers durch eine arge Nervenabspannung büßen muß, die mir alle meine Pläne zerstört hat und mir eine Reihe böser Verwicklungen bereitet. Das überaus klare und heitere Wetter der letzten Tage läßt mich allerdings Hoffnung auf Besserung schöpfen, die aber nur allzu leicht eine Selbstteuschung sein kann.
Bewahren Sie mir Ihre freunschaftlichen Gesinnungen, wie ich sie Ihnen bewahre, das ist alles, was ich im Augenblicke Ihnen zu sagen im Stande bin.
Bestens grüßend Ihr
AS.

Prag. Weinberge 450

Graz, 3. Januar 1889 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Um Ihnen, l. fr., nicht länger antwort schuldig zu bleiben, muss ich leider summarisch auf den freundschaftlichen brief u. die karten antworten. – Die fahnen können Sie behalten. Jeep habe ich auf 1/6 gekürzt, da die übrigen 5/6 nichts enthielten. Schröder scheint mir das wichtigste, Arbusow das wertloseste, das nur aufnahme fand, weil er aus Mietau kommt. Die verff. hatten kenntnis, dass u. ungefähr was die andern schrieben. Schröder riet, Jeep u. Arbusow abzuweisen, nachdem er die fahnen alle 3 gelesen hatte. Mit Heine lag ich richtig in streit, noch mehr mit Litzmann, dessen kleinigkeit ich um die hälfte beschnitt. Weilen schreibt auch schlecht. Werner ist freilich viel zu breit u. doch nicht inhaltsschwer. (Aber ein Leisewitzneudruck! jeder bogen neue verzweiflung! diese photographenarbeit schlimmster sorte!) Dass Sie die vereinigung so verschiedener namen billigen, ist mir sehr erwünscht. Für Ihr ganzes urteil dank. Bald erhalten Sie Xxxxxka, schlecht geschrieben, aber sachlich getr. neu übers schäferspiel. – Zu Ihrem Grillparzer abermals alles gute! als besten neujahrswunch. Möge Ihnen die firmenänderung nicht hinderlich sein. Mein Wieland ist noch nicht ausgegeben. Ich bin zu klein, um nicht alles schwer zu nehmen. U. über meinen feind, die kleinlichkeit, (die ich am Leisewitzeditor erschreckend sehe) werd ich so schwer und niemals völlig herr. Schönbach hat die feiertage u. die trübe stimmung überwunden. Dank für die vermittlung bei Jacoby. Seemüller lernte ich hier erfreulich kennen. In Marburg wird wol Kluge siegen. Wie steht es mit der rechtshistorikerstelle in Prag? Mein wolsein ist erträglich, das meiner frau noch immer nicht zu loben. Herzlich im neuen, wie im alten jahr
Ihr
BSfft.

Graz 3 I 89.

Graz, 11. Januar 1889 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Lfrd. Kelle, wenns recht zugeht, gibt Ihnen meine eingabe ans ministerium, worin wir unterstützung für die VJSchrift verlangen. Bitte unterzeichnen Sie und schicken den bogen an Richard Maria.
Halten Sie die VJSchrift oder wollen Sie einen SA meines Wieland?
Grüssend
Ihr
BSfft.

Graz 11 I 89

Creizenach ist in der Liste nicht vergessen?

Prag, 17. Januar 1889 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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L. F. Das Gesuch ist wolbehalten hier angekommen und mit unser[e]n Unterschriften versehen heute nach L. weitergewandert. Wie haben Sie den lausenburger Herrn entdeckt, ich hatte gar nichts von ihm gewußt. möge ! der Erfolg nicht ausbleiben. Die VJS habe ich abbonirt !; Sie werden also Ihren Aufsatz besser verwenden können, obwol ich sonst nach SA. sehr ‚happig‘ bin. Ich bin fleißig, daß die Haare dampfen! Hoffentlich geht geht es Ihnen zu Hause wieder gut.
Herzlichst
Ihr AS.

Prag 17.1.89

Prag, 22. Januar 1889 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Diesen kostbaren wunderschönen SA zu entbehren, wäre mir allerdin[gs] sehr schwer gefallen. Haben S[ie b]esten Dank dafür u. mögen sich alle Hoffnungen, die sich an diese Arbeit naturgemäß anknüpfen, in rascher Folge erfüllen.
Die Frage wegen der Besetz. der Lehrk. f. d. R u. R. G. ist in ein neues Stadium getreten, seitdem sich ein Wiener Privatd. der aber eigentlich Verwaltungsgesch. vorträgt, dafür gemeldet hat. Vorschl. sind noch nicht erstattet.
Glauben Sie mir daß ich rasend fleißig bin.
Mit freundl. Grüßen
Ihr
aufrichtig Erg.
AS.

Prag 22.1.89.

Graz, 24. Januar 1889 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ich musste für den grossherzog einen prachtabdruck machen lassen zum dank für die hausarchivöffnung u. weil er die sache wiederholt mit mir besprach. Es ist ein teurer spass. Dass Böhlau, dem ichs überliess auf carton drucken werde, ahnte ich nicht, ich schäme mich dieses aufpauschens der kleinigkeit. Ausser an den hof kamen nur an Sie u. Schmidt, die beiden hilfreichen correctores, u. an Schönbach ein exempl. dieses humbugdruckes.
Meltzl, hg. einer vielsprachigen zs., hat sich selbst als freund der VJSchrift längst gemeldet u. wollte Scheffelbriefe dreinspenden (wogegen ich spröde war). Die reise des circulares durch die österr. welt währt lange. Wie gross ist unser land! Wenn nur die fahrt der eingabe nützt! Jedenfalls bin ich, namens des verlegers allen herren dankbar für die mithilfe.
Dank für die nachricht über den juristen, die mir wichtig wie jeder fortschritt in dieser angelegenheit
Grüssend
BSfft.

Graz 24 I 89

Prag, 12. Februar 1889 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Prag. 12/2 89.

Lieber Freund! Daß Sie schon wieder so weit vorwärts geschritten seien, stellte ich mir [g]ar nicht vor. Herzlichen dank für [die] reiche Sendung. Der Schäferaufsatz ist – bis auf den sonderbaren Titel? – recht hübsch, das wes. u. unwesentlich richtig geschieden, die Gruppierung sehr übersichtlich; wol von einem Schüler Schmidts. Ich habe manches daraus gelernt; so müßen alle anderen Dichtungsgattungen in allen Perioden abgehandelt werden. Der Fischartaufsatz ist etwas breit in den polemisch-bibliogr. Anmerkungen; der Sache nach sehr brauchbar. Es wird auf diese Weise ein internationales Heft. – Mein Götz ist endlich fort; aber das tiefe Schweigen in Weimar macht mich fürchten, daß man nicht sehr zufrieden mit meiner Arbeit sein werde. – Apropos Dieser Herr Netolitschka wäre doch für den Neudruck des Neologischen Wörterbuchs etc. zu brauchen; oder wollen Sie nicht auch das ‚Natürliche‘ drucken lassen. ‚Satiren des 18 Jh. I.‘ u. s. f. wie Braune jetzt die Flugschriften d. Reform.zeit zu nummeriren beginnt: Solche Gesammttitel ziehen. Die Fahnen darf ich noch einige Zeit behalten? Ich lese ja 16. Jh. da kann ichs gut brauchen. Vor meinen Fenstern sehe ich nichts als eine weiße Schneefläche ..... Herzlichst Ihr AS.

Prag, 16. Februar 1889 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 16/2 89.

Lieber Freund! Was ich Ihnen heute mittheile ist mehr ein Schmerzensschrei als eine Bitte um Unterstützung und Abhilfe. [Su]phans langes Schweigen nach der Übersendung meines Götz machte mich schon sehr besorgt. Nun kommt heute ein Brief von ihm übertriefend vom Lobe meines „Künstlerfleißes“ zugleich aber den Vorschlag enthaltend, die Arbeit zu zerstören u. noch einmal zu machen, d. h. die Theaterbearbeitung vom Jahre 1804 selbständig – an einem erst zu suchenden Platze – mit den Varianten der späteren Theaterbearbeitungen zu drucken.
Nun liegt die Sache so; schon in den Studien zur Goethephilologie stellte ich die Forderung auf, eine critische Ausgabe müße 3 Texte bringen wie die Ausgabe letzter Hand. Ich war höchlichst erstaunt, als ich den Plan zur Weimarer Ausgabe in die Hand bekam, für die Theaterbearbeitung kein Plätzchen vorgesehen zu finden und gab meinem Erstaunen darüber Schm. gegenüber – u. wol auch Ihnen – lebhaften Ausdruck. In Weimar als nun gar die neue bis dahin unzugängliche Hdschrft zu Tage kam, sagte ich Schmidt u. Suphan wie unpractisch die Einschachtelung sei, im Spt. in Wien ersterem abermals. Man hielt mir Goethes eigene Meinung im Briefe an Rochlitz als feste Richtschnur entgegen und ich stellte mich nun streng auf den Boden de[r] ‚Goetheverfassung‘, ohne an deren Richtigkeit zu glauben. Die Mühe war furchtbar. Ich habe Texte & Apparate schon genug ge- macht wie Sie wissen; etwas so schwieriges & subtiles noch nicht. Ich schrieb das ganze 3mal um, habe das ganze vorige Jahr damit vertändelt, mußte dreimal abbrechen, weil ich ganz stumpf gew[or]den worden ! von dem Lesartenchaos. Mein Manuscript hat 312 S. Großquart.
Gehe ich auf Suphans Vorschlag ein, so muß ich alles neu arbeiten; ich muß auch die Lesarten von E–C aus der Masse erst wieder herausfischen und neu anordnen; kein Wort kann neben dem andern bleiben. Ja da ich die Interpunction gerade wegen des Ballasts der Theatervarianten so sehr zurückge[dr]ängt habe, wird es bei der Theilung nothwendig sein, wenigstens die von 1773 (wie Sie mir ganz richtig vorschlugen) mehr zu berücksichtigen. Ich habe nun Suphan erklärt, daß ich der Wichtigkeit der Sache wegen die Arbeit gerne noch einmal machen will, aber daß ich sie unmöglich umsonst machen kann, resp. die alte nicht umsonst gemacht haben wolle. Mein Man. in der gegenwärtigen Form – Text & Lesarten hätte mir 1100–1200 Mark getragen, die ich in diesem Halbjahr [in] meine Badzeit eingestellt habe. Jetzt soll ich für 200 S. Theaterbearbeitung 1 M. p. Seite statt 4 M – und wer weiß wann – bekommen. Das ! das der einzelne nicht tragen kann, das werden alle dabei betheiligten Rectoren ! in Weimar einsehen; ich bin nicht schuld daran, kann daher auch die Strafe nicht auf mich nehmen.
Ihnen mußte ich dies um so mehr jetzt schon sagen, als die verfluchte Arbeit am Götz einzig und allein an der Verzögerung des Uz[sch]uld ist, dessen Manuscript fröhlich gedeiht, falls nicht der Weimarer Hagel darauf fällt.
So viel für heute: Sie kriegen ja wohl amtlich mit der Sache zu thun. Kriege ich keine Entschädigung, leg ich die Stelle als Mitarbeiter einfach nieder; habe ich nicht Recht? Eiligst und aufgeregt Ihr Sie bestens grüßender AS.

Prag, 19. Februar 1889 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 19.2.89.

L F.
Suphan bittet mich in kurzer Beantwortung meines Briefes, ich möchte die Sache „zunächst ganz zwischen uns beiden“ schweben zu ! lassen. Es fällt mir nun gar nicht ein, auf ihn oder auf irgend jemanden andern eine Pression ausüben zu wollen; daher bitte ich Sie, den Inhalt meines letzten Briefes einstweilen in Ihrem Herzen verschlossen zu halten, bis sich Suphans Absichten klären. Ich habe an niemanden sonst geschrieben, außer an Sie; auch nicht an Schmidt, was ich ausdrücklich betone.
Herzlich grüßend
Ihr
AS.

Graz, 1. März 1889 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 1 III 89

Lieber freund
Heute da die kurze faschingspause in den vorlesungen mir etwas luft gibt kann ich Ihnen für zwei karten und den unseligen brief danken. Unselig objektiv genommen, wegen seines inhalts. Suphans wenig angenehme form in der korrespondenz mit Goethemitarbeitern ist in diesen tagen auch von anderer seite bei mir eingeklagt worden: es ist eine not, dass er weder das geschick noch die autorität zum centralleiter hat. Wir leiden alle gemeinsam darunter und ich suche mir immer wider seine vorzüge klar zu machen und zu halten, um die geduld nicht zu verlieren.
Von Ihrer sache habe ich nur mit Schönbach gesprochen. Ich wünschte sehr, dass Sie zu einem friedlichen ausgleiche kommen. Suphan hätte als Ihr redactor eben die zeit aufwenden sollen, die heikle frage zu studieren, bevor er Ihre bedenken gegen die vorschrift ablehnte. Hatten Sie nicht den eindruck, dass er das getan, so konnten Sie sich ja durch ihn mit einem promemoria ans collegium wenden. Wenn mir recht in der erinnerung ist, habe ich Ihnen allerdings diesen schritt principiell zu vermeiden geraten wegen der zusammensetzung des corpus doctissimum! aber diesmal hätte er doch vielleicht den vorzug gehabt, Ihren redactor zu einer eingehenden würdigung der sache zu zwingen und jedesfalls hätte auf einen solchen beschluss hin kein widerspruch mehr erhoben können, wenn Sie Ihre ausarbeitung darnach einrichteten. Ich bin überhaupt und war immer der meinung, wo in wichtigen fragen kein überzeugtes einverständnis zwischen redactor und herausgeber zu erzielen ist, soll die sache – gar wenn die streitfrage gegen den grundentwurf gerichtet ist – doch das collegium beschäftigen; dafür ist es da und der gegen welchen der entscheid ausfällt, hat dann doch das beruhigende gefühl, sein gelehrtes gewissen bis in die letzte instanz verteidigt zu haben und bei der umarbeitung keinen anstoss mehr zu finden, auch gegen etwaige öffentliche kritik sich auf den zwingenden beschluss berufen zu können. Dass das collegium irgend welche voreingenommenheit für ein mitglied (redactor) gegen einen herausgeber hätte, habe ich niemals bemerkt. Schmidts äusserung, der nicht Ihr redactor ist, brauchten Sie diesmal nicht so hoch einzuschätzen dünkt mich; ich glaube nicht, dass er die sache ins einzelne überlegt hat, sie ist schwierig; ich für meine person glaube mich gegen Sie schon geäussert zu haben, dass ich kein urteil ohne weiters darüber besitze. Auch ist mir Goethes einschlägige und wie Sie sagen von den andern als bindend bezeichnete äusserung gegen Rochlitz jetzt nicht bekannt. Doch – nach Ihrer späteren Karte scheint es ja glücklich, dass Suphan Ihnen zustimmen kann und damit ists zu ende. Ich würde natürlich sehr bedauern, wenn Sie zur umarbeitung veranlasst würden, deren mühe ich nicht zu klein einschätze. Andererseits erlauben Sie mir doch ganz freundschaftlich zu bekennen, dass kein derartiges unternehmen meines erachtens ohne opferwilligkeit gedeihen kann und dass die bezahlung ohnedies so gering ist, dass keiner, der gezwungen ist seine arbeitszeit nutzbringend anzulegen (was Sie übrigens doch unmöglich sind), sich wegen des einkommens engagieren lassen konnte. Nehmen Sie mir das ja nicht übel! Ich bin ein idealist in diesen dingen; der beweis dafür liegt schon hinreichend darin, dass ich die redaction der VJSchrift übernahm.
Das ministerium hat die zu deren gunsten getane vorlage, die sich –– in diesem augenblicke erhalte ich Suphans circulare in Ihrer sache, ich sollte also den brief cassieren, tue es aber nicht, weil wir zwei zu intim sind, das amtliche vom persönlichen so streng zu scheiden. Übrigens liegt Suphan an diphtheritis erkrankt im spital.
Das ministerium also hat die durch die zahlreichen unterschriften – alle german. proff. ausser Creizen. – sehr stolze eingabe mit dem ersuchen beantwortet, ihm den geschäftsstand genau darzulegen. Ob Böhlau das will?
Heft 1 des bd. 2 ist fertig, bedeutendes enthält es nicht ausser dem Netoliczka, der so reich an sachen, so dürftig in der stilisierung ist. Heft 2 ist im Satz.
Die aussicht auf Ihren Uz freut mich.
(Die Fahnen von heft 1 VJS. mögen Sie behalten.)
Ich muss enden, die mittagspost bringt einen haufen redactionsgeschäfte. Also nur noch die – ebenso wie das über Suphan geschriebene, vertrauliche – mitteilung, dass Schönbach einen antrag auf meine beförderung zum ordin. gestellt hat, über dem jetzt die fakultätskommission brütet.
Treu
Ihr
BSfft.

Graz, 2. März 1889 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Vertraulich! Ich habe im gutachten natürlich verhehlt, dass ich von Ihnen unterrichtet bin u. mich unberichtet gezeigt. Ich forderte die gründe zu hören, warum man seiner zeit im ältesten redactionscollegium und warum bis jetzt redactor und Sie keinen sonderdruck der theaterfassung wollten. Darnach wolle ich abstimmen. Ich sei principiell für die gleiche behandlung wie beim Urfaust: der sei im apparat bd. 14 gegeben u. kehre als sonderdruck im zusammenhang bd. 37 wider. Irgendwo müsse der übergang von der 87er fassung zur theaterbearbeitung im apparat dargestellt werden, darauf habe der forscher ein recht so gut ! der laie einen sonderdruck der theaterfassung erwarten darf. Entweder also nun apparat zu bd. 8 die oder eine theaterbearbeitung einbegreifen, oder es muss bei einem sonderabdruck der letzteren der apparat mit der 87er ausg. einsetzen. Ich wäre für das erstere, damit man die textgeschichte nicht aus versch. app. zusammenlesen müsse. Auch hätten Sie doch die Ihnen aufgetragene arbeit gelöst, es sei von Ihnen nicht mehr zu verlangen. – Ich bitte Sie um strenge diskretion. Ihr BS. 2 III.

Prag, 4. März 1889 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 4.3.89.

Lieber Freund! Es würde Ihnen ebenso gehen wie Suphan, wenn Sie das Manuskript sehen könnten. Es ist ganz genau eingerichtet wie Band 14 mit d[em] Urfaust; aber was dort einpaarScenen sind sind hier zwei mächtige 5aktige Stücke mit zahlreichen Correcturen. Nicht von einer Theaterumarbeitung ist die Rede; sondern von 20 Aufführungen (Th1 – Th20) seit 1804, von denen einige allerdings nur dem Titel nach andere mit Titel und Personenverzeichnis einzuschlachten waren. Suphan schreckt vor den mindestens 13 Bogen Lesarten zurück. Die Theaterbearbeitungen gar wie Sie meinen doppelt zu verwerten, einmal in den Werken, das zweitemal selbständig geht doch nicht an, weil eben die Differenzen zu groß sind. Ich bin nicht Ihrer Ansicht, daß allzu große Gleichmäßigkeit der Ausgabe zum Heil gereicht. Die Theaterbearb. blos mit der 89 Ausgabe zu vgl. wäre deshalb unmöglich, weil merkwürdiger Weise die 74er zu Grunde gelegt wurde. Es ist meiner Meinung nur zweierlei möglich; man bleibt pedantisch auf dem Standpunkt des ersten Redactionscom[it]es, also meines fertigen Manuscripts oder man acceptirt Suphans Vorschlag.
Nun erlauben Sie mir auch die andere Sache noch einmal zu erwähnen, weil ich nicht haben will, daß Sie schlecht oder falsch von mir denken. Ich habe allerdings die Arbeit nicht übernommen, um dabei ein Geschäft zu machen u. hätte die Großherzogin mich zur Mitarbeiterschaft aufgefordert ohne mir ein Honorar in [A]ussicht zu stellen, so hätte ich mich gewiß nicht geweigert, die Arbeit zu übernehmen; habe ich doch schon genug im Leben ganz umsonst (wie die Wiener Neudrucke) oder fast umsonst wie den Raimund etc. gemacht. Ich hätte mir es dann eintheilen können; denn ich muß jährlich durch litterarische Arbeiten eine bestimmte und nicht geringe Summe verdienen; [ich] habe keinen Kreuzer Vermögen; ich habe Jahre lang mit einem verschwindend kleinen Gehalt leben müßen; ich habe zum Unterhalt meiner Eltern beitragen müßen u. habe jetzt Haus und Wirtschaft, wie ein Verheirateter; oder vielleicht kostspieliger weil eine Frau doch immer die Verhältnisse in Betracht zieht, was eine fremde Person nicht thut. Ich habe das Bücherkaufen ganz einstellen müssen z. b. Auch stehe ich da mit Schönbach auf [d]em englisch-amerikanischen Standpunkt, daß die geistige Arbeit nicht umsonst gemacht werden soll. Aber immerhin: ich hätte mirs eintheilen können. Aber eine mehr oder weniger bestellte, genau umschriebene und umgrenzte Arbeit einfach doppelt machen: das scheint mir ein ganz unbilliges Verlangen. Überdies habe ich gar eine bestimmten Forderungen gestellt, habe auch Suphan gegenüber diesen Standpunkt nicht so scharf hervorgekehrt wie es vielleicht im Briefe an Sie geschehen ist und we[rd]e mich billigen Vorschlägen gegenüber auch fernerhin aufopferungsvoll verhalten; nur einfach zurückgeben zur Umarbeitun wie einem Schulknaben laße ich mir die Arbeit nicht! –
Verzeihen Sie, daß ich Sie überhaupt in die unerquickliche Angelegenheit hereingezogen habe; ich mußte mir an jenem Tage des Ärgers Luft machen und hatte niemanden als Sie, dem gegenüber ich es hätte thun können und w[ol]len. Vielen Dank für Ihre übrigen Mittheilungen und die herzlichen Glückwünsche zum Vorschlag. Möge es rascher bei Ihnen gehen als bei mir Pechvogel. Über Weinhold u. was damit zusammenhängt schreiben Sie nichts? Ich bin auf die weiteren Verschiebungen sehr begierig. Mit freundlichen Grüßen auch an Ihre liebe Frau Herzlichst Ihr AS.

Prag, 29. März 1889 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 29.3.89.

Lieber Freund! Ich sende Ihnen auf P. [t.] Suphans Wunsch beifolgendes Promemoria über die Apostrophe im Götz, mit der Bitte, dasselbe in Erwägung zu ziehen und Ihre Meinungsäußerung uns darüber sobald als möglich zukommen zu laßen. Die Sache ist in der That sehr kitzlich. Ich hatte keine Ahnung davon, daß der einzelne Herausgeber sich soweit [v]on den Grundsätzen entfernen dürfe, sonst hätte ich diese Fülle der Apostrophe niemals über den Götztext ausgegossen; Suphans Bedenken sind sind sehr gegründet; aber wo ist die Grenze für die Abweichung?
Ich danke Ihnen für die letzte Sendung u. hoffe, daß Sie bis auf die Semestermüdigkeit, die uns alle nied[er]hält, wolauf sind u. daß Sie wieder einmal ein freundschaftliches Wort an mich gelangen lassen werden, dessen ich seit langem schmerzlichst entbehre.
Der Text des Uz geht nächstens ‚zur geneigten Einsicht‘ an Sie ab; die Apostrophe werden uns dort keine Sorge machen; aber vieles andere.
Verzeihen Sie meine Eile.
Mit freundichen Grüßen an die Ihrigen
Ihr
aufrichtig Ergeb.
AS.

Prag, 30. März 1889 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

30.3.89.

L. F. Ich erhalte die noch nicht gesetzten Theile meines Man. soeben aus Weimar zurück u. sende sie Ihnen zur Einsicht, weil ich die Anfangsbogen nicht zur Verfügung habe. Man. u. Correctur bitte ich an mich direct zurückzusenden, wenn Sie das Circulare auch direct nach Weimar senden. Ich werde allmählich zum wüten[d]sten Apostrophfeinde.
Herzlichst
Ihr
AS.

Graz, 30. März 1889 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Länger hätt ich Ihnen gerne geantwortet, aber semesterabschluss u. anderes drängte. Auch heute finde ich angesichts der sommerarbeiten die ich schleunig durchsehen muss keine briefzeit. Doch möcht ich Ihnen melden, dass Ihre letzte überraschende aufklärung über die sachlage der Götzausg. mir anlass gegeben hat, Suphan gelegentlich zu schreiben: ich hätte durch Sie, mit dem ich alleweil korrespondenz pflege, jetzt private nachrichten erhalten, welche mein urteil umbildeten; hätte das Suphansche rundschreiben diese gründe nicht verschwiegen, so würde ich schon damals anders gestimmt haben, bezw. überhaupt eine definitive meinung haben äussern können. Suph. nahm, wie ein soeben eingelaufner brief zeigt, das gut auf u. entschuldigt sein verschweigen der gründe mit seiner rücksicht auf das übereilte votum des ältesten redactionscomités. In meinen augen war solche rücksicht nicht am platze, durch sie blieben wir vier mitredactores blind. Ich habe aus Ihrem briefe auch die überzeugung gewonnen, dass Sie die umarbeitung im interesse der sache selbst wünschen. Seien Sie überzeugt, dass ich Ihren verdruss vollkommen billige; gerade nachdem Sie die herrn vorher aufmerksam gemacht hatten auf die bedenken, durfte Ihnen die arbeit nicht zurückgeschickt werden. Sie müssen in der höflichsten weise gebeten werden, jeder druck auf Sie wäre ein grobes unrecht. Ich hoffe, dass der centralleiter das auch begreift. Ich habe das meinige dazu getan, dass er das verschulden bei sich suche, das kann ich Sie versichern. Nach einer dunkeln andeutung Suphans scheint übrigens die angelegenheit bereinigt, der Götz im druck. Er habe an Sie geschrieben, was auch für mich gelte: ein sonderbarer umweg. Treulich und herzlich Ihr BSfft. Bernays wird Goethefestredner!
30 III 89

Graz, 1. April 1889 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ich hab so viele zeit mit dem apostrophieren verbraucht, dass es auch heute nur zu einer karte langt. Ihrer ersten weisung nach schickte ich alles schriftliche material an Suphan, der Ihnen mein exposé, das aber sehr im dunkeln tappt, zusenden soll mit meiner antwort. Zu einer copie für Sie reicht es nicht, der brief käme sonst heute nicht mehr fort nach Weimar. Ich suche in S den schwerpunkt der entscheidung, aber es handelt sich erst ihn zu finden, u. dazu hab ich das material nicht. – Dass Suphan meinen brief ‚anmutig‘ fand, verstehe wer will; mir lag’s nicht entfernt im sinne ‚anmutige‘ vorwürfe zu machen. Alle druckbogen erhalten Sie gleichzeitig recommandiert. Dass wir schon 1887 von der sonderstellung des Götz sprachen in Weimar, erinnere ich mich nicht; aber Suphan hätte Ihnen den protokollauszug oder wie es heissen will, vor beginn Ihrer arbeit u. nicht nach beginn des druckes eröffnen müssen.
Auf Ihren Uz freu ich mich sehr. Wird er demnächst fertig, so kann er gleich gesetzt werden. Währt es noch eine weile, so schiebt sich wol ein ander ! heft ein.
Herzlichst Ihr treuer
Seuffert.

Graz Harrachg. 1
1 IV 89.

Prag, 6. April 1889 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vielen Dank für Ihre große Mühe in Angelegenheiten des A. Ich bin zwar der Überzeugung [da]ß wir solche Feinheiten nicht durchführen dürfen; aber die Untersuchungen, die Sie fordern, sollen gemacht werd[en]. Sie werden weiter von der Sache hören. Heute möchte ich Sie bitten, Ihre Entschließung wegen Einschiebung eines Heftes vor dem Uz noch auf 8 Tage zu verschieben. Da schicke ich Ihnen mein Man. zur Begutachtung. Wir müssen über einige Punkte schlüssig werden, bevor es ganz fertiggestellt werden kann. Der Druck des Textes müßte dann rasch begonnen werden, weil er sehr lange Zeit in Anspruch nehmen wird; denn es ist viel. aus dems. Grunde möchte ich die Einleit. möglichst beschränken. Uz braucht eine Monographie u. die will ich durch meine Einleit. nicht ganz überflüssig machen. Einen Theil meiner Untersuch. nehmen Sie vielleicht in Ihre Zeitschrift auf. Jedenfalls können Sie von einer Fertigstellung der Einleitung gleichzeitig mit dem Text diesmal mit gutem Gewissen absehen, weil der Text so umfangreich ist. – Durch Dr. Hauffen habe ich gehört, daß es Ihnen gut geht u. ich kann dasselbe von mir versichern, da ich längst gelernt habe, mich ins engste und bescheidenste zu ziehen und der tobenden brausenden Welt ihren Lauf zu lassen. Nach etwas mehr Sonne sehnt sich mein Gemüth allerdings und um den bald grünen Schloßberg beneidet Sie zur Osterzeit Ihr stets aufrichtig Ergeb. AS.

Graz, 11. April 1889 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Suphans vorschlag, aus den 3 ersten bogen die gesetze fürs ganze zu erschliessen, finde ich unphilologisch, ein tasten, das nicht einmal der wahrscheinlichkeitsberechnung gleicht. Ob meine anregung etwas ergibt, weiss ich nicht. Ich bin gar nicht gekränkt, wenn Sie als einziger sachkenner sie sofort beiseite werfen u. ihr kein gehör geben. Mir ist es fatal, dass ich allein aus dem collegio heran gezogen werde. Doch haben wir keine geschäftsordnung, die mir erlaubt, ein gutachten das der centralleiter wünscht zu versagen. – Ihrem Uz soll nichts zuvorkommen. Ich werde versuchen, von den verlegern den druckbeginn vor ablieferung Ihrer einleitung zu erpressen. – Ich habe zu meiner wohnung wegen des kindes zwei 1 ½ zimmer hinzunehmen müssen u. bin mit dem schändlichen umräumen beschäftigt. Treulich, herzlich
Ihr BSeuffert

Graz 11 IV 89. Aus Suphans antwort auf meine ausführung werde ich gar nicht klug, ich verstehe davon keinen satz.

Prag, 12. April 1889 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund!
Noch eine Woche solche Apostroph-Arbeit und ich bin todt. Ich hoffe aber, daß das Resultat nicht blos dem Götz zu Gute kommen werde.
Bitte, lassen Sie sich die Mühe der Durchsicht nicht verdrießen und setzen Sie Ihre Wohlmeinung wenn auch noch so kurz auf.
Sie haben die Güte alles nach Weimar ins Depot zu senden. Ich habe von me[in]em Elaborat eine Abschrift.
Wird die Sache jetzt gut, so ist es wesentlich das Verdienst Ihrer feinsinnigen Anregung. haben Sie tausend Dank dafür!
Eiligst und treulichst
Ihr
AS.

Prag 12/4 89.

Graz, 15. April 1889 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Da etwas herauskam, so bedaur ich meinen bösen vorschlag der statistik nicht. „bös“, denn ich kenne das von der kommazählerei in band 7 her zur genüge. Vortrefflich! ich habe alles an Suphan geschickt u. meine meinung zu jedem Ihrer punkte beigefügt. Auch das ersuchen, die ergebnisse für andere herausgeber zugänglich zu machen.
Sonderbar ist übrigens dies gesetz des apostr. vor vokal u. nichtapostr. vor konsonant – es sieht mir mehr Wielandisch als Goethisch aus. Ich bin nur neugierig, was Suphan dünkt, er hält nichts von statistik so viel ich weiss.
Herzliche Grüße Ihr
BSfft.

Graz 15 IV 89

Prag, 19. April 1889 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich danke Ihnen vielmals für die Zusammenfassung jener Regeln: ich bi[n] nun doch sicherer, als ich mich vor[her] fühlte. So füllte ich die zwei Zeilen, die Sie leer gelassen hatten, mit einem inhaltsleeren lobleichenden, im übrigen völlig zustimmenden Geschwätze. Man hat gar nichts von ihm und doch will er einem alles sein. – Bei der Durchführung der gewonnen Principien stellt sich jetzt noch heraus, daß wir von C gar nicht so sehr viel abzuweichen brauchen, obwohl Göttling sich der Regeln nicht bewußt war und sie auch aus C (wie ich im vorigen Jahre versucht hatte) niemals zu gewinnen gewesen wären.
Ich kann sonst heute nichts mehr hinzufügen: als daß ich Ihnen ein recht glückliches Fest wünsche. Sonne! Sonne! Sonne!
Treulichst
Ihr
AS.

Prag, Charfreitag 1889

Prag, 27. April 1889 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Indem ich Ihnen beifolgendes „Probemanuscript“ übersende, muß ich Sie tausendmal um Entschuldigung bitten, daß ich Ihnen überhaupt so etwas zumuthe. Aber ich bin durch den kläglichen Miserfolg des Götz so herabgestimmt, daß ich mir nun nichts mehr zutraue. Sie stehen außerhalb der Sache; es wird Ihnen gewiß nicht schwer fallen zu entscheiden, ob ich das [r]ichtige getroffen habe oder nicht. Wenn Sie nur die Güte hätten, vielleicht auf beifolgendem Promemoria, das ich mir mit der Tabelle zurückerbitte, mir punktweise Ihre Meinung beizufügen. Verzeihen Sie auch, daß dieses Schriftstück etwas unordentlich aussieht; ich kann [e]s heute nicht mehr abschreiben und die Sache eilt.
Bekomme ich das Manuscript von Ihnen zurück, so mache ich es augenblicklich fertig und der Druck kann beginnen.
Seines Fleißes darf sich jedermann rühmen; es ist ein tüchtiges [Stü]ck Arbeit, das ich Ihnen hier vorlege.
Was den Götz betrifft, so habe ich mich im wesentlichen an Ihre Bemerkungen angeschlossen. In Weimar machen[sie] aber schon wieder von Fall zu Fall Männchen. „Hütt’“ ist Suphan zu häßlich! Da hört sich schon alles auf.
Waren Sie in Wien? und wie steht Ihre Angelegenheit, wie die der Zeitschrift?
Für heute sonst nichts als viele Grüße von Ihrem
fleißigsten Schüler
ASauer.

Prag 27/4 89.

Blatt mit Notizen

Graz, 1. Mai 1889 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 1.V 89

Lieber freund
Vielen dank für das schöne werk. Ich habe den eindruck, dass man Sie dazu beglückwünschen darf. Ich halte den Uz an sich und nun gar mit Ihrer mehr als ‚fleissigen‘ bearbeitung für eine zierde der DLD. Möge auch andern so scheinen, damit Sie ernten.
In die einrichtung als berater drein zu reden, haben Sie mir sehr erschwert durch Ihre unterschrift. Wie in aller welt kommen Sie zu dem ‚schüler‘!?! Sie haben von mir nichts zu lernen. Also fort mit dem worte! Erst wenn ichs ausstreiche, kann ich mich entschliessen als fachgenoss zum fachgenoss, freund zum freund und redacteur zum mitarbeiter zu reden. Das letzte tu ich diesmal nicht. August Sauer ist als herausgeber zu erfahren und zu vorteilhaft bekannt, um ihn nicht seine eigenen wege gehen zu lassen, auch wo einem andere besser dünken. Aber in den ersten rollen will ichs wagen.
Ich schreib also zu Ihrem promemoria ja und nein und gebe hier erläuterungen zu den NB dasselbst mit der bedingung, dass Sie all das nur als unmassgebliche verlangte äusserungen auffassen.
NB1 Frühling und einleitungsged an Gleim.] Ich stimme für folgende fassung: Sie drucken:
Lobgsang des Frühlings.
[An Hrn. Gleim in Berlin. 1741] 1
folgt vers 1–72
x x x
[Der Frühling. 1741.] 2
folgt vers 73 ff. (nicht neue verszählung.
Damit ist die gedichtzählung der späteren sammlung gewahrt, und die textgestalt und texteinheit der ersten. Spätere fassung in den fussnoten. Es ist der weg, den Sie mit bezifferung 1 und 1a vorschlagen, ich würde wagen statt 1a gleich 2 zu setzen u. die späteren überschriften in klammern beizusetzen. Den apparat dazu stell ich mir so vor:
1 die eingeklammerte Überschrift fehlt Belustigungen (oder A?), V. 1–72 wurden als selbständiges gedicht erst abgetrennt und erhielten dabei die Überschrift 1799–1804.
folgt apparat.
2 Die eingeklammerte Überschrift fehlt Belustigungen (oder A?) vgl. zu V. 1.

NB2. Es scheint mir doch sehr wünschenswert die Beurtheilung des Siegs des Liebesgottes hart an diesen selbst zu rücken wie 1768 tat. Ungern zerstöre ich die 1768er ordnung durch die versetzung des Liebesgottes vor die Kunst fröhlich zu sein; stimme aber doch dafür, weil 1768 sonst chronologisch ist und hier gröblich u. ausnahmsweise (ohne deutliche absicht??) gegen chronologie verstösst. Also: 1) Sieg des Liebesgottes 2) Beurthlg. dazu 3) Alte vorrede zur Kunst fröhlich zu sein u. diese selbst.

NB3. Die vorredenfrage verstehe ich nicht, weil Sie nichts über ihren stand in 1768 verraten. Kann man vorreden und nachwort nicht da bringen wo sie 1768 stehen? Wenn sie nicht in 1768 stehen, würde ich sie in den anhang stellen.

NB4. An das tabellarische verzeichnis der ausgabe u. ihres inhaltes am schluss der einleitung würde ich auch die übrigen siglen u. kürzungen verzeichnet anhängen (vgl. Weimarer Goethe 7, 269 unten 268.)
H kursiv = Handschrift. h kursiv = abschrift.
A kursiv = erster druck, ob einzeln, ob in einer zeitschrift erschienen, nur nicht aus einer Uzischen sammlung. Nur wenn es den fall gibt, dass ein einzeldruck später erscheint als der druck in einer sammlung würde ich statt A immer setzen: E kursiv. Entsprechend H ∞ h würde ich einen nachdruck falls Ihr apparat einen zitieren muss a (bezw. e) nennen. Ist der einzeldruck immer der erste, kann er also immer A genannt werden, so könnte für die A gegenüberstehende in sich einheitliche schlussgruppe 1755–1804 die sigle Z kursiv verwendet werden. Ich halte das aber für umständlich und würde 1755–1804 vorziehen. (Fehlen darf es nicht, meine ich, das wäre undeutlich.)
Ich setze voraus, dass die sigle A unentbehrlich ist, dass für sie nicht auch die betr. jahrzahl eingesetzt werden kann. Mir fällt aber eben bei, dass es doch auch einen wert hat, die einzeldrucke rein äusserlich von den sammlungen sinnfällig zu unterscheiden, indem jene durch einen buchstaben, diese durch ziffern gekennzeichnet werden.
Gl kursiv ohne punkt würd ich für ‚Gleims Bemerkungen‘ als sigle vorschlagen!
Dr. antiqua für druckfehler und auch diese kürzung unten an der tabelle aufnehmen. Auch hätte in dieser nach aufzählung der sammlungen zu stehen:
‚1749–1804 = 1749. 1755. 1756. 1768. 1772. 1804.
1755–1804 = 1755. 1756. 1768. 17772. 1804. u. s. f.’ (nur diese beispiele, mehr scheinen mir unnötig zu sein.)

Ausser stehenden formeln wie üdZ u. dgl. würde ich nichts abkürzen, nicht einmal monatsnamen.
Ihrem wunsche gemäss hab ich ein paar stücke auf den apparat angesehen.* Es liegen 2 blätter, deren bleistiftgeschmiere Sie hoffentlich entziffern können, über 3 anfänge oder mittelstücke bei. Ich bitte Sie dringend, sich gerade durch diese andermeinungen nicht beirren zu lassen. Ich möchte Ihnen durchaus kein umarbeiten zumuten. In den DLD bin ich nicht in gleicher weise auf uniformität beeidigt wie als Goetheredactor. Ich habe auch gar nicht mehr genau in der erinnerung, was wir seiner zeit auf grund des Freseniusschen musters vereinbarten. Inzwischen hat mich die Goethepraxis auf teilweise andere bahnen geführt. Sie ist der fürs kürzen und ich habe mich auch dazu bekehrt: denn histor-kritische textapparate liest doch nur ein nachdenklicher mensch, dem man es also nicht allzu leicht zu machen braucht.
Nun fällt mir aber doch noch der redacteur auf die seele: Ich bitte Sie immer gleichmässig ‚ ‘, nicht dazwischen auch „ “ zu verwenden. Allgemeine anweisung an den setzer genügt nach meiner jetzigen erfahrung leider nicht für solche dinge.
Der setzer kann sich doch drauf verlassen, dass er antiqua setzt, wo Sie lateinisch, fraktur, wo Sie deutsch schreiben?
Dann bitt ich um die erlaubnis, dass die titel der einzeldrucke u. die buchüberschriften nicht auf eigene blätter gesetzt werden müssen. Mit jedem buch fängt neues blatt an, sonst nichts; die buchüberschrift steht am kopf dieser neuen, rechten seite.
Endlich wie ists doch? wir haben einmal über teilung in 2 hefte gesprochen. Ich erinnere mich nicht, warum sie nicht stattfinden sollte, ich meine die verleger wollten damals lieber eines, weiss es aber nicht mehr. Jetzt dünkt mich doch das heft würde sehr stark, wir könnten nach dem 6. buch lyrika eines schliessen. Das hat auch den vorteil, dass dann die verleger sicher den druck beginnen lassen da Ihre einleitung erst ins 2. heft käme. Es steht aber nichts im wege, dass die hefte in éinem zuge gedruckt werden, im gegenteil es wäre mir das sehr lieb. Kommen Sie mit der einleitung nach?
Auf wie viel bogen schätzen Sie das mancpt. ein? Ich dächte etwa 24 (ohne einleitung).
Nun zu andern teilen Ihres briefes u. persönlichem.
Die „fall zu fall“-entscheiderei in Weimar ist ein böses übel, das leider nicht erst mit dem Götz auf die welt kam. Wos Ihnen zu bunt wird, halten Sie ja steif: das sic volo sic iubeo des herausgebers in textfragen hat die redactionskommission selbst gegen alle ihre stimmen anerkannt.
In Wien war ich nicht. Dass aus dem ordinariat vor ablauf eines lustrums was wird glaub ich nicht. Gehört hab ich nichts darüber.
Viertjs.: das gesuch mit den 11 unterschriften ging ins ministerium. Bald erhielt ich zuschrift, worin genauerer aufschluss über geschäftslage erbeten ward. Daraus las ich, man sei geneigt. Ich gab natürlich antwort, deren inhalt in der tat mitleidswürdig war. Nun war Werner in ministerio u. schrieb mir: 1) Kleemann falle das fehlen Creizenachs auf, er habe es ihm erklärt 2) das ministerium wünsche einen durchschnittspreis zu erfahren, der wechselnde preis des jahrgangs sei schwierig. Den 2. punkt habe ich auch rasch erledigt. Gleich darnach kam der entscheid: der minister habe dermalen kein geld!! – – Warum wussten das die herren nicht gleich? warum fragten Sie dann so viel? u. wirklich, nicht 150–160 fl. verfügbar?? Glauben Sies? Ich fürchte, Werner hat über Creizenach was rebellisches gesagt, Kleemann ist Polenfreund; in der ersten zuschrift sagte das minist: eingabe der proff. d. d. spr. u. litt. an den österr. univers., im schlussentscheid zählte es die univers. namentlich auf. An dem fehlen Krakaus also liegts. Hoffentlich hat Werner nicht erst die augen darüber geöffnet. Er meinte es ja gut, u. drum will ich ihm über die unerbetene einmischung nichts als dank sagen, aber ehrlich! ich gestehe ein leises mistrauen in sein diplomatisches geschick. Was brannte ihn die sache?
Schicken Sie mir denn zum 2. bde der VJSchrift gar nichts? rein gar nichts? Ich hab schnell den Hv Kleist in Wielands Menander entdeckt und die Wahlverwandtschaften in seiner Freundschaft u. liebe auf probe. Dazu Kleist- u. Herzliebbriefe.
U. wie stehen Sie mit Ehlermann? Ehlermann bot mir 50 mark pro bogen. Ich erklärte, da ich die Wielandbiogr. wesentl. erweitern solle, sei mir das zu wenig. Nun fragt er wider wie viel ich verlange: darauf habe ich nicht lust zu antworten. Haben Sie feste abmachungen? Ich reisse mich nicht um den Wieland. Mög ihn ein anderer machen!
Leben Sie wol. Herzlich
BSfft.

Mein kind war krank u. genest langsam.
Meine frau ist sehr herunter von der pflege. Sie grüsst Sie.

*Ich bitte in fällen wie so]₰ fehlt Däschische]₰ fehlt die entbehrliche klammer wegzulassen.

Prag, 4. Mai 1889 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

4.5.89.

Lieber Freund! Ich weiß nicht, ob ich heute oder morgen zu einem Briefe kommen könnte[.] Schreibe daher gleich nach Durchlesun[g] Ihrer Briefe. Vielen, vielen Dank für [Ihr]e Mühe; es ist doch eine wesentliche [Erl]eichterung, eine andere Meinung zu hören; es klärt! Den ‚Schüler‘ bezog ich auf den Götz; da habe ich doch von Ihnen gelernt, wie ichs machen soll; und warum soll nicht unter Freunden ein Schülerverhältnis nach einer Richtung hin, in einem einzelnen Falle geben. Heute 2 Punkte: 1. Wir beginnen (sobald Henningers einverstanden sind u. Sie das Manuscr., das circa 20–24 Bog. ohne Einl. geben dürfte) den Druck; gegen Thlg. in zwei Hefte, die rasch aufeinander folgen, habe ich nichts; Einleitung kommt zum zweiten. Sie schreiben also wol gleich an H. u. geben mir Antwort. 2. Anordnung genau nach 1768; d. h. also voran „Vorrede der zweiten Ausgabe“ u. ‚Vorrede des ersten Herausgebers der lyrischen Gedichte 1749‘ wie dort u. am Schluß das Nachwort wie dort. Nur glaube ich, wenn wir uns so genau an 1768 anschließen, dann dürfen wir den ‚Sieg des Liebesgottes‘ u. die ‚Kunst fröhlich zu sein‘ auch nicht umstellen, sondern müßen annehmen, daß Uz mit der Verlegung der chronol. Reihenfolge einen bestimmten Zweck verfolgte. (das moral. Gedicht voranzustellen!!) Vorreden erhalten keine Nummern; was geschieht aber mit der Kritik über d. Liebesgott; erhält sie eine Nr. oder nicht? Auf diese letzten Fragen geben Sie bitte bald Antwort Ihrem dankbaren Freunde.

Graz, 6. Mai 1889 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Alles in ordnung. Reihenfolge genau nach 1768, auch Sieg des L. u. Kunst fr. z. sein wie 1768. Vorreden scheinen mir keiner nummern zu bedürfen. Kritik über den Liebesgott würde ich mit der nummer des Siegs hoch a etwa versehen.
Ein kurzes wörtlein über Ihr verhältnis mit Ehlermann wär mir bald lieb.
Den gern zurückkehrenden Uz werde ich gleich den verlegern ausliefern.
Kolleg begonnen!
Gruss
BSfft

6 V 89

Gurlitt ist heute früh vater einer tochter geworden, ich habs aber noch nicht von ihm selbst.

Prag, 8. Mai 1889 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Verzeihen Sie, wenn ich auch heute den Brief noch nicht schreiben kann. Es drängt vielerlei. Ehlermann wollte kein Angebot machen, ich auch nicht. Zuletzt schickte er mir die Goedekeschen Papiere u. seitdem hörte ich nichts mehr von ihm. Ich bin also ebenso rathlos wie Sie. Machen muß ich es wohl u. werde es hauptsächlich deswegen thun, weil ich gern die § über das Wiener Drama im 3. Band arbeiten würde, wodurch ich meine ‚Gesch. d. deutschen Lit. in Öst.‘ bedeutend entlasten würde. Vielleicht vereinbaren wir einen Preis, unter den wir uns nicht hinabdrücken lassen?!
Herzlich grüßend
Ihr
AS.

Prag, 11. Mai 1889 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 11. Mai 1889.

Es liegt mir schwer auf der Seele, lieber Freund, daß ich Ihnen seit einer Woche nichts als zwei Karten geschrieben habe und ich will die [Woch]e nicht zu Ende gehen lassen, ohne endlich ausführlich mit Ihnen zu reden. Ich danke Ihnen also nochmals für Ihre Meinungsäußerungen. Könnten wir ein paar Stunden drüber reden, so gienge es ja noch besser und rascher. Ich stimme im ganzen mit Ihnen überein; nur kürzen Sie mir etwas zu stark. Ich habe manchmal ein Strophengefüge (aus H besonders) als ganzes stehen lassen, wenn auch eine Zeile mit dem Text ganz oder theilweise übereinstimmt, weil es wirklich schwer ist, da[s]ganze sich zu reconstruiren. Aber darin haben Sie ja recht, für flüchtige Leser ist ein krit. Apparat nicht gemacht u. der langsam Arbeitende kommt schließlich auf alles. Inzwischen haben wir uns auch über die Reihenfolge geeinigt u. ich habe sachlich fast nichts zu bemerken, als daß Uz an der Wochenschrift „Der Freund“ nach seiner bestimmten Erklärung gegen Gleim nicht mitgearbeitet hat. Ich habe auch nichts darinnen finden können, was ihm etwa zuzuweisen wäre. Ob andre [A]nsbacher Zeitschriften in Betracht kommen, weiß ich nicht. Leider hüllen sich die Herren in Ansbach in tiefes Schweigen ein; seit einem halben Jahre verspricht Schnitzlein Antwort. Jetzt kann ich nicht mehr darauf warten. Was etwa sonst bei der Durcharbeitung sich ergiebt, schreib ich Ihnen bei der Wieder-Übersendung des Man.
Nun einiges Persönliche. Daß Sie häusliche Sorgen haben, thut mir herzlich leid. [Sie] sollten mit Ihrer Kleinen aufs Land. Wollen Sie die heurigen Ferien wieder ganz in Graz zubringen? Unsere Ernennungs-Angelegenheiten stehen leider sehr ungünstig und nicht zum mindesten des- wegen weil man sie im Ministerium zu verquicken scheint. Da werden sie immer den einen gegen den andern ausspielen. Daß aber auch das Gesuch wegen der Subvention für die Vierteljahrsschrift abgewiesen wurde, ist [ga]nz wider meine Erwartungen. Werner ist allerdings kein Diplomat und wenn das Dutzend voll gewesen wäre, so wäre vielleicht die Sache durchzubringen gewesen; aber der Hauptfehler liegt darin, daß sich niemand persönlich eingesetzt hat. Warum war Heinzel nicht bei David? Das hätte sicher zum Ziele geführt.
Über Weimar will ich nicht mehr klagen; ich drucke bei Bogen 8 und endlich wird ja auch dieses Elend ein Ende nehmen. Aber dann will ich mit der Goethe-Ausgabe nichts mehr zu thun haben.
Hätte ich auch nur 8 freie Tage, so könnte ich für die VJS etwas fertig machen; ich fürchte aber fast, daß ich vor Schluß des Semesters nicht mehr dazu komme. Ich habe schändlich viel zu thun. Haben Sie aber doch die Freundlichkeit mir zu sagen, bis wann das Manuscript in Ihren Händen sein müßte, damit es ins 3. (eventuell 4.) Heft käme. Im Herbst mache ich Ihnen in Wien einen Grillparzer Aufsatz fertig über die Entstehung der Selbstbiographie und da das Buch über die Ahnfrau nun wohl definitiv aufgegeben ist, werde ich ein oder das an[dere] Capitel für die VJS abrunden. Vossische Jugendgedichte; Briefwechsel zwischen Bürger u. Goeckingk; Neues zur Kritik EvKleists; ein Aufsatz zur Geschichte der Musenalmanache (aus Goeckingk – Boie Briefen.): alles das liegt halbfertig da. Aber ich bin im Versprechen vorsichtiger geworden; ich habe mir immer zu viel zugetraut. Wäre der verpfuschte Götz-Apparat nicht gewesen, wäre das alles fix und fertig.
Wie schön muß es jetzt in Graz sein; ich werde zu Pfingsten eine ebenso große Sehnsucht [da]hin haben wie ich sie zu Ostern hatte; im August aber, wenn ich dort sein werde, werden Sie wahrscheinlich fehlen. Sind Sie aber in der Nähe, so suche ich Sie gewiß auf. Darüber verständigen wir uns noch. Grüßen Sie Schönbach gelegentlich von mir und empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau. Ich bin mit freundlichen Grüßen Ihr
aufrichtig Ergeb
AS.

Graz, 14. Mai 1889 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Ich dank Ihnen, l. fr., für karte u. brief. Leider muss ich mich auf die kürzeste antwort beschränken. Ich habe auch dazu nur zeit, weil Conta, dessen dürftige Hamanndissert. über der Zeile eingefügt: [er kam sichtlich herunter, weil Sie ihm fehlten; ich war ihm nichts] ich mich ! not approbierte, sein rigorosum heute nochmals absagte, da er mit der vorbereitung erst in 3 tagen fertig werde! – Also: Ich schickte Ehlermann den Goedekenachlass zu Wieland zurück u. lehnte die arbeit ab. Eine „wesentlich erweiterte“ biogr. wie er sie nun verlange, könne ich um 50 M. pro bogen nicht liefern, das honorar sei zu gering, um überhaupt ein gegengebot darauf zu machen. – Den apparatum historico-criticum machen Sie ja nach Ihrem gutdünken. – Aufs land gehen wir nur, wenn der arzt es fordern sollte. Dann muss das geld gefunden werden. Die ferien bleibe ich aller voraussicht nach in Graz u. freue mich sehr auf Ihren besuch. Durch Bauers werden Sie wol in Graffs haus oder garten finden, wo sie nun naturschwelgen nach der steinernen aussicht ihrer früheren wohnung. Ich glaube auch nicht, dass das kleine frl. Gurlitt den eltern reisen erlaubt, frau Mary säugt!! – Nach pfingsten soll ich nach Weimar. Sie haben ja von Prag nicht weit, kommen Sie doch auch!! – Ihre äusserung über unsere aussichten ist betrüblich, dass ich unschuldiger weise auch noch Sie schädigen sollte, mir empfindlich; schon die alberne konkurrenz zw. Bauer u. mir, welche die fakult. töricht heraufbeschwor, machte mir pein. Hoffnung hatt ich nie, so weit ein wünschender hoffnungslos sein kann. – Von VJSchrift hft 2 muss ich einige fahnen an nah interessierte senden; es bringt wenig bedeutendes; wo möglich kriegen Sie was. – Haben Sie Conrad über Grillparzer in d. Preuss. Jahrbb. gesehen? – Auf Ihre VJSchriftverheissungen freu ich mich, namentl. auf Grillparzer u. auf d. Musenalmanache. Herzlich Ihr BSeuffert. 14 V 89.

Prag, 16. Mai 1889 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 16. Mai 1889
Johanni.

Lieber Freund! Unser nationaler Heiliger gewährt mir Muße, den Uz zu expedieren. Da die Theilung durchgeführt ist, so brauchen Sie meiner Meinung nach das Manuscript jetzt nur für das erste Heft: ich behalte den Rest daher zu meiner Bequemlichkeit zurück. Sollte ich mich irren und wollen Sie auch die andere Hälfte, so können Sie sie augenblicklich haben. Was sachlich zu bemerken ist, steht auf eigenen Blättern; bitte, zürnen Sie [n]icht über die neuerlichen Fragen u. schicken Sie mir die Tabelle gelegentlich mit Ihrer Wolmeinung zurück. Die ersten Zeilen des Manuscripts werden dem Setzer einige Schwierigkeit machen, später wirds leichter gehen. Neu abzuschreiben ist mir unmöglich; da hätten Sie bis zum Herbst auf die Übersendung warten müßen. Es wäre zu überlegen, ob auf dem Umschlage von Heft 1 nicht eine kurze Erklärung der Siglen anzubringen wäre, wie z. B. Braune beim 1. Heft des Gargantua etwas ähnliches veranlaßte. Wir brauchen dann nur diejenigen aufzuführen, die in Heft 1 vorkommen.
Ich glaube nicht, daß ich etwas wichtiges übersehen habe. Kleine Ungleichheiten werden ja beim Druck aufstoßen, das ist wol unvermeidlich. Ich darf wol hoffen, daß Sie mich wie bei früheren Heften durch Ihre Be[m]erkungen unterstützen, wie Sie wollen. Sie haben zweifellos einen noch schärferen Blick für solche Dinge als ich. Zum Dank dafür verspreche ich Ihnen ein hübsches (das letzte von mir vorläufig besorgte) Heft DLD: Goeckingks ‚Lieder zweyer Liebender‘ nach der ersten Ausgabe (ohne Lesarten!). Dann muß ich 10 Jahre mich von solchen Arbeiten emancipiren; inzwischen wächst ja auch hülfbereite Jugend [her]an; vielleicht betrauen Sie meinen Dr. Hauffen einmal mit einem Hefte! –
Ich kann Ihnen in der Affaire Ehlermann nur Recht geben. Ich habe das unglückliche Temperament, so schwer Nein sagen zu können. In letzter Zeit habe ich auch dies gelernt und geübt, habe z. B. Elster für das bibl. Institut Platen und Schiller (Kurz2) abgeschlagen. Ich darf mein Leben nicht auf diese weise verzetteln; ich muß endlich das machen, wozu ich tauge. 1. Grillparzer 2. Iambus 3. Geschichte der deutschen Litteratur in Oesterreich. Sind diese 3 Dinge fertig; dann wird’s ja auch mit mir alle sein. – Conrads thörichtes Gefasel habe ich nicht ohne Ärger gelesen; es ist traurig daß die Preußischen Jahrbücher sich mit solchem Quark füllen; mir auch unverständlich, da Treitschke in der Gesch. d. 19. Jh. für Grillparzer u. Raimund schöne u. rühmende Worte gefunden hat.
Sagen Sie Herrn Dr. Conta wenn er fertig ist doch gelegentlich, ich fände es nicht [sch]ön von ihm, daß er seit 3 Jahren kein Wort habe von sich hören lassen. Mir thut es leid, daß er so wenig entspricht; daß er unendlich schwer zu behandeln sei, das habe ich erfahren.
Graz wird also – wie Gurlitt einst scherzte – auch im Sommer eine große Kinderstube sein; ich werde den collegialen Nachwuchs kennen lernen; für einen so fabelhaften Kinderfreund wie ich bin, eine Lockung mehr.
Sie haben das Wichtigste vergessen; wann Manuscript für Heft 3 oder 4 noch zurecht käme. Bitte bald ein Wort darüber zu sagen.
Mit freundlichen Grüßen an Ihre liebe Frau und Sie selbst Ihr
aufrichtig Ergeb.
Sauer.

Graz, 25. Mai 1889 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 25 V 89

Lieber freund
Ihr mscpt. ist nach Heilbronn abgegangen und ward am tag seines einlaufes hier schon den verlegern angekündigt.
Antworten schreibe ich auf Ihre vorstellungen. Zumeist bin ich ja von Ihren anordnungen u. einrichtungen völlig überzeugt. Nur seh ich ohne weitere belehrung den grund nicht ein, die drucke (zs. u. gelegenheits-dr.) nach Uz’ tod von der tabelle 2 auszuschneiden u. als eigene tabelle aufzustellen. 2 gruppen zu bilden ist gut, u. zwar I Ihre blätter 1. 2. II Ihr bll. 3. 4.
Die titel, welche Sie in der vorbemerkung schon erschöpfend gegeben haben, können in den tabellen stark gekürzt werden, dabei lässt sich auf die vorbemerkungsseite, wo der titel genau steht verweisen.
Die noch nicht in d. vorbemerkung genau citierten zeitschrift- etc. -titel können in der tabelle genauestens verzeichnet werden, diesen verstoss gegen die uniformi- tät würde ich nicht scheuen; die tabelle bleibt ja auch bei längeren titeln durch das ausrücken der kennziffer übersichtlich.
Alles andere ist geordnet.
Hoffentlich machen die Henninger keine männchen.
Eilig. Ich muss zum maiausflug der germanisten.
Dankbar u. Treu
Ihr
BSfft.

Graz, 29. Mai 1889 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Heute kann ich Ihnen nur den empfang des mscptes anzeigen und Ihnen dafür lebhaft danken. Auch für das versprechen des Göckingk schlag ich dankend in Ihre hand ein. Ich muss heute das 3. heft der VJS. fertig redigieren, dessen mscpt bis auf 2 bogen schon in Weimar liegt; den rest will Böhlau bis zum 23. d.
Manuscript zum 4. heft kommt meiner berechnung nach bis 1. juli rechtzeitig. Es liegt auch dafür schon allerlei da. Aber ich hebe Ihnen platz auf, wenn Sie sich bald darauf setzen.
Ehlermann bietet heute 60 m.!! er böte gerne 100, aber das könne er nicht. Ich beharre bei meinem Nein. Dass Sie dem Bibliogr. institut einen korb gaben, ist ein sehr heilsamer entschluss. Hauffen ist bei den DLD willkommen.
Grüssend
BSfft.

29 V 89.

Prag, 23. Juni 1889 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Damit Sie nicht etw[a] in letzter Runde die Geduld verlieren, theile ich Ihnen mit, daß morgen oder übermorgen ein sehr umfangreiches Manuscript, das aber getheilt werden kann, für die VJS an Sie abgeht.
Uz? Uz? Uz? !!!
Bald mehr.
Herzlichst
Ihr
AS.

23/6 89

Prag, 24. Juni 1889 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 24. Juni 89

Lieber Freund!

Ich lasse zunächst die Erläuterungen zu dem heute an Sie abgsandten Manuscripte nachfolgen. Auf einmal werden Sie es schwerlich drucken lassen können. Ich habe daher die Perioden auch äußerlich hervortreten lassen, damit Sie es bequem abtheilen können. Stärker durfte ich die Briefe nicht zusammenstreichen, weil der Besitzer sie gerne ganz gedruckt sähe; wollen Sie aber hie und da noch Schlußwendungen oder ähnlichen Krimskrams wegstreichen, so habe ich nichts dagegen; nur muß noch die Unterschrift in einer Reihe von Briefen stehen bleiben. Dann ist Bürger nicht immer zimmerrein. Vieles habe ich gestrichen. Nehmen Sie noch an einigem Anstoß, besonders in einem der letzten briefe, so [wer]de ich mich nicht wehren. Umgekehrt weiß ich bei einigen Äußerungen über Goeckingks Amalia noch nicht, ob sie mir der Besitzer der Briefe passiren lassen wird. Es würde sich aber nur um 2–3 Sätze handeln. Kommen Ihnen die Zwischenbemerkungen etwas zu kahl vor, so müßen Sie bedenken, daß die Briefe nicht anders gelesen werden können als mit Strodtmann in der Hand; ich durfte also nicht wiederholen was dort steht; dasselbe Princip habe ich in den Anmerkungen befolgt. Was petit zu drucken ist, hebt sich durch die schwarze Schrift von der blauen, resp. rothen deutlich ab.
Nun bitte ich Sie, mir von dem was ins nächste Heft kommt, baldmöglichst Correctur zu verschaffen; u. theile Ihnen zugleich mit, daß ich ein paar Tage länger zur Correctur brauche, weil ich diese nach Wiesbaden schicken muß, um sie begutachten zu lassen und um einige zweifelhafte Lesungen nachprüfen zu lassen. Dilettanten aber brauchen zu so etwas Zeit.
Ich war in den Wochen der Hitze ganz caput. Jetzt geht’s mir besser. Höchst erregt bin ich aber wegen des Ausbleibens der Uz Correcturen; ich hatte sicher für Juni u. Juli auf Correctur gerechnet, um die Ferien frei zu haben[.] Ich kann mir die Verzögerung ohne Monirung und Auskunft gar nicht erklären.
Vielen Dank für Ihre Mittheil. aus Heft 2 oder 3. Den Conradschen Artikel hätte ich nicht aufgenommen. Eichler ist interessant, Ondega brauchbar. Zusammengenommen wirds übrigens ganz hübsch werden.
In Weimar soll es nach Suphans Mittheil. recht hübsch gewesen sein. Hat er Ihnen üb[er d]as Ausbleiben meins Lesartenmanuscriptes geklagt, so diene zur Nachricht, daß es bereits in Weimar ist.
Wie geht es Frau und Kind? Dem der beides hat: muß es gut gehen.
Herzlichst Ihr
AS.

Graz, 26. Juni 1889 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 26.6 89

Lieber freund
Ich sitze in erwartung Ihres artikels da, den Ihre karte gestern, Ihr ‚nachträglicher‘ brief heute ankündigte. Muss er geteilt werden, so kann er nicht ins 4. heft kommen, da ich dort nicht ihn in 2 bände zerlegen darf. Inzwischen:
Was mit Uz ist, weiss der liebe himmel. Ich habe von den Henningern keine silbe gehört. Sie werden bummelig: heute hab ich noch keine freiexemplare vom Leisewitz obwol er im handel ist. Übrigens haben sie seiner zeit sofortige drucklegung und drängelung der Piererschen druckerei versprochen. Die druckerei ist bei Werners heft – gefällt es Ihnen besser als mir? – unglaublich langsam geworden. Auch die verleger waren damit unzufrieden. Aber ein abermaliger wechsel der druckerei hätte auch bedenken. Ich habe übrigens die Henninger an den Uz gemahnt u. erwarte ihre antwort. Haben Sie geduld! Mir ists leid, ich bin aber unschuldig.
Vom Götzapparat hat mir Suphan in Weimar nicht gesprochen. Die herren dort sind meiner überdrüssig, sie begreifen nicht, dass ich so viel zeit habe, so ausführlich meine meinung zu sagen. Offenbar ists ihnen lästig, man will stimmvieh. Ich werde das zwar nicht abgeben, aber ich kann auch schweigen. Suphan sonnt sich in der jetzt völlig erlangten hofgunst u. ist behaglich. Der netteste ist Wahle. E Schmidt ging mir im Trubel mehr verloren als ich und er wollten, war herzlich, menschlich, verlässlich und tritt, wie mich dünkt, nun auch nur noch in der Goethegesellschaft, nicht mehr als redactor heraus. Grimm u. Loeper waren nicht da. Wenn ich die weite reise der redactorensitzung wegen tue, hätten sie ihre kurze vielleicht doch auch wagen können. Doch so wenig fröhlich ich über die „geschäftslage“ denke – denn Suphan hat Ihre untersuchungen über den text nicht verstanden; sein a und o ist schimpfen auf Göttling –, so hübsch war es, Schmidt, Strauch – seit 1876 zum 1. male –, den vorzüglichen Elster wider zu sprechen; und Köhler zu ehren blieb ich einen halben tag länger. Auch alte freunde aus Würzburg, die nun in Jena leben, kamen mir zu lieb herüber. Waldberg war recht angenehm. Witkowski und Elias sind mir um keine spur sympathischer geworden. Und Otto Francke sah ich nur betroffen – das ist accusativ! Der besuch war schwächer als sonst, die mitgliederzahl der gesellschaft ist durch todesfälle u. austrittserklärungen gesunken, während sie durch kaiser Wilhelms beitritt höfischen glanz mehr erhielt. Simson wird recht alt. Bernays ist noch jugendlich gross in tönenden worten; neues hat er kaum jemand gesagt; aber es klang, ich will nicht sagen gut, nur es klang. Der eitle mensch mit seinen phrasen und freundesküssen ist mir nun einmal unverdaulich. Kalischer, Öttingen – den sehr jugendlichen –, den weichen Küffer kennen zu lernen, freute mich. Geiger sass im winkel schweigsam wie immer, ein sechstes rad am wagen. Litzmann fängt wahrhaftig an, männlich zu werden und war ein ganz brauchbarer tischnachbar. Und so weiter; ich will keine liste schreiben. Das schwatzen mit fachleuten ist doch reizvoll; hier hab ich nur den einen Schönbach und abwechslung ist gesund. Noch den Otto Hoffmann will ich nennen, ein rechter Berliner schulmeister und zungenfertiger kleinmeister, wie mich dünkt. –
Was Sie zu Minors jungem journalisten Schiller sagen werden? mich kostete es viel, die VJSchrift dafür zu öffnen, obwol sachlich mehr drin ist, als im Conrad. Ein wort erbitt ich mir über mein Kleistfündchen; ists sauber gemacht? Meinen ersten schüler Eichler lass ich im nächsten hefte den 2., Lunzer, folgen u. bald einen 3. Einen 4. führ ich in den DLD ein, sobald der Uz fertig ist. Dann steck ich mein schwert ein, das heisst den lehrerstock und räume Schönbach das feld der dressur. Es ist wegen der möglichen eifersucht.
Im Wiener ministerio machte ich einen knix vor Kleemann, und traf ich niemand. Ich erfuhr zur freude, dass sie wirklich keine 160 fl. mehr für die VJSchrift übrig gehabt hätten, dass kein sachlicher grund dagegen da sei; und revociere also feierlich meinen ungerechten verdacht auf Werner (den ich leider in Gerings arme treiben musste). Übrigens: Werners galizische arbeit wird von mancher seite so aufgefasst, als habe er sich damit in Lemberg unmöglich machen wollen, um versetzt zu werden. Ich traute ihm das nicht zu. Sie? Über das ordinariat sprach Kleemann seufzend: er wisse davon und wir wollten hoffen, später einmal. – Das ist recht tröstlich. – – Ich suchte nur Heinzel und ihn nur im Kolleg auf.
Die abwesenheit büsste ich mit korrektur – u. manuscriptstössen. Noch hab ich nicht aufgearbeitet. Hätt ich doch meine zeit für mich! Am ende könnte ich doch etwas tüchtiges einmal leisten. So aber – nugae.
Frau u. kind haben ist schön, ja, Sie haben recht. Aber auch jetzt, wo ich sorgenfrei mich ihrer freuen kann, sag ich: für den arbeiter ists ein verführerischer luxus, der zum behagen u. genuss lockt. Ich hab zu viel familiensinn oder –simpelei im leibe. Das kostet mich zeit und schädigt die leistungsfähigkeit. Wer ein gelehrter bleiben oder sein will, soll junggeselle bleiben.
_____
Heute endlich, den 29. kommt Ihr pack. Ich hab ihn gleich überflogen, mich wider an dem kräftigen Bürger erbaut u. bedauert, dass der lappige Göckingk zuletzt die oberhand behält u. so die leser mit ermüdung entlässt. Aber ich begreife Ihre zwangslage, und will also nicht davon reden, dass familienklatsch zugunsten des ganzen gestrichen sein könnte.
Für den druck möcht ich um die erlaubnis bitten noch etliche kürzungen zu lösen u. bei den ganz zweifellosen lösungen die überflüssigen [ ] wegzulassen; falls dies nicht gegen Ihre grundsätze geht. Mich dünken sie philologischer ballast.
Den umfang schätz ich auf 8 bogen. Da die umfanggrenze eines heftes 10 bogen ist, doppelhefte bei der Vierteljahrschrift vermieden werden sollen – im ersten jahre machte die späte erscheinung des 1. heftes das doppelheft nötig, sonst hätt ich meinen Wieland geteilt –, kann ich allerdings den beitrag nicht auf einmal bringen. Das 3. heft ist zu weit im satz vorgerückt, einen einschub zu ermöglichen. Die veröffentlichung auf bd. 2 u. 3 zu verteilen, wird Ihnen so wenig passen wie mir. Wenn Böhlau mich nicht im stich lässt, wird auch das 1. heft des 3. bd. noch dies jahr gedruckt, um anfang januar zu erscheinen. Es soll dann den anfang bringen. U. so sag ich Ihnen dank als redacteur.
Als freund komm ich wider und muss Ihnen sagen, dass ich es für unklug halte, dies material in einer zeitschrift zu verzetteln. Ihrem litterarischen rufe würde ein buch besseren vorschub leisten. Schreiben Sie ja eine biograpisch-litterarische einleitung Göckingk u. Bürger, charakterisieren die 2 Musenalmanache, geben Sie mit hilfe Strodtmanns mehr darstellung zwischen den briefen und ein buch von 15 bogen ist fertig. Das wird Ihnen nützen. Sie ris- kieren dabei nur die 160 mark honorar, denn honoriren wird Ihnen allerdings kaum ein verleger das werk. Ich glaube, dass biographische in einem buche besser zur geltung kommt als in einer zeitschrift. Aber dies schreib ich nur als ehrlicher freund. denken Sie ja nicht, dass ich den beitrag abschütteln wollte und schreiben Sie mir bald ein wort im guten, dass Sie meine selbstlosigkeit glauben.
Und damit leben Sie wol!
Ihr
BSeuffert.

Mit Steinmeyer verschwatzte ich in Erlangen 3 gute stunden, in alter treue.

Graz, 8. Juli 1889 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Heute erhalte ich von den Henningern die nachricht, dass die Hoffmannsche druckerei Ihren Uz auf 13–14 bogen schätzt. Den verlegern wäre erwünscht, wenn Sie das mscpt. der fortsetzung nebst einleitung so einlieferten, dass der satz nicht unterbrochen wird: sie möchten Uz lieber als 1 denn als 2 hefte geben. – Der wechsel der druckerei, von dem ich, als ich Ihnen zuletzt schrieb für den Bürger dankend, noch keine ahnung hatte, erklärt die verzögerung. Versprochen ist nun das beste. Fürs halten vermag ich nicht zu stehen. Die verleger versichern die leistungsfähigkeit der mir unbekannten druckereifirma.
Herzlich grüssend
BSfft.

Graz 8.7.89.

Das 3. heft VJS ist bis auf einen kleinen rest im satz fertig, nur die bogen noch nicht alle umbrochen, das mscpt. zum 4. liegt in Weimar. Ich ersticke in korrekturen.
Suphan meldet mir, dass er zu Minor reise. Werden Sie dabei auch besucht?

Prag, 9. Juli 1889 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 9/7 89.

Lieber Freund! Ihr langer Brief, die lebendige Charakteristik der Weimarer Goetheforscher, die zahl[rei]chen Neuigkeiten, Ihr freundschaftlicher Rath: alles das hätte früher eine Antwort erheischt. Nun kann sie um so länger und herzlicher ausfallen.
Zuerst: Uz. Henningers schrieben auch mir. Allerdings daß sie von einer kurzen verzögerung sprechen, ist sonderbar. Aber sie waren wol selber in einer Zwangslage. Die Hofmannsche Druckerei hat einen guten Ruf. Meine Löwe-Briefe wurden dort höchst präcis gedruckt. Hoffen wir das beste. Ob ich aber die ganzen Ferien hindurch werde Correcturen lesen können, das kann und will ich heute nicht versprechen. Wenn ich eine mehrwöchentliche Pause machen muß, können mir Henninger das nicht übel nehmen. Über die Einlieferung der Fortsetzung gebe ich Ihnen Nachricht bevor ich von Prag weggehe, was in diesem Monat kaum mehr geschieht.
Bürger: Ich hatte mir, als ich an die Arbeit gieng, nicht gedacht, daß die Briefe so viel Bogen geben möchten; ich wollte eben Ihren Wünschen rasch nachkommen und alles übrige hätte mehr Zeit beansprucht. Nun glaube ich Ihnen gerne, daß Ihnen [d]er nächste Jahrgang etwas zu sehr damit belastet wird und ich nehme es Ihnen nicht im mindesten übel, wenn Sie mir das Manuscript zurückschicken. Ihr Rath ist ja oder wäre nicht schlecht. Nur haben Sie dabei nicht gewußt oder nicht daran gedacht, daß ich ohnedies eine Goeckingk-Publication vorbereite, für die ich einen Verleger suche, nemlich den Briefwechsel zwischen Goeckingk und Gleim. In der Einleitung dazu eine [biog]raph.-litterarhist. Skizze auf Grund von Familienpapieren etc. Auf diese Veröffentlichung kommt es dem Wiesbadener Urenkel hauptsächlich an. Ich bin wesentlich Mandatar der Familie dabei. Die Bürger Briefe waren so eine Art Drein- oder Draufgabe, sind aber eigentlich das interessantere. Nun hätte der Besitzer wahrscheinlich gar nichts dagegen, wenn ich auch diese [in] Buchform veröffentlichte. Aber zwei Bücher: Goeckingk und Gleim; Goeckingk und Bürger; das ist etwas viel. Wären die Dinge nicht so incongruent, d. h. läge nicht in dem einen Fall ein lückenloser Briefwechsel und in dem andern blos die Ergänzung zu einer halb schon gedruckten Correspondenz vor: so ließen sie sich in einem Bande vereinigen. Wären die Briefe Goeckingks an Gleim auch im Besitze der Familie [( ]sie liegen im Gleimarchiv in Halberstadt), so ließen sich ganz hübsch zwei Bändchen: „Aus Goeckingks Nachlaß“ arrangiren: 1. Gleim 2. Bürger. Man könnte den Bibra dann sogar als 3. einmal nachfolgen lassen. – Ich schreibe so aus- führlich über die Sache, weil mir der Plan eines Buches, wie Sie ihn skizziren, sehr gefällt und weil ich erwarte, daß Sie mir weiter einen Rath geben. Auf Honorar verzichte ich dabei ganz gerne. Ich h[abe] nie darauf gerechnet in dieser Sache. also ! gelegentlich noch ein Wort darüber. Bitte!
Über den Eichlerischen Aufsatz hätte ich mehr geschrieben, wenn Hauffen meine Vermuthung, der Vf. sei ein Schüler von Ihnen nicht widerlegt hätte. Ich glaubte nemlich Ihre bessernde Hand stark darin zu spüren. Sie haben rasche Erfolge, rascher als ich in Graz und Prag. Lassen Sie sich durch des Meisters eifers[üchti]ge Anwandlungen nicht abschrecken.
Suphan kommt auf der Rückreise von Wien auch nach Prag. Aber hoffentlich nicht in Werbegeschäften. Ich betheilige mich an einer Schillerausgabe gewiß nicht, laße mich überhaupt nicht und nirgends mehr ins Schleppthau nehmen. Seine Weimarer Rede finde ich höchst abgeschmackt. Diese Selbstzufriedenheit – na ich will nicht bitter werden.
Auf diesem feierlichen Blatte – würde Suphan schreiben – will ich Ihnen nun für Ihr Kleist-Aufsätzchen danken. Ich nahm Wielands Werk her und [las] es wieder einmal mit großem Vergnügen durch; aber die Anknüpfungspunkte finde ich etwas geringfügig. Sie bringen aber die Sache so vorsichtig vor und schießen so wenig übers Ziel, daß man Einwendungen gar nicht wagen darf. Schade, daß Sie den Brief Luisens nicht als Ganzes bringen durften; es hätte noch mehr gewirkt.
Haben Sie den Paulschen Grundriß gelesen? Wie kann ein Mensch, der so wenig von Litteraturwiss. versteht, der von den Briefwechseln der class. Periode als von einer schwer zu bewältigenden Masse spricht, wie kann ein solches Individuum die Frechheit haben, über Methode dieser Wissenschaft zu – kohlen. Und dann, will ich auch die Bekämpfung Scherers gelten lassen – die Art und Weise wie er Müllenhoff gegenüber dem großen Leipziger Pan in Schatten stell[t,] ist perfid. Es ist Jammerschade !, daß dieses Werk, das zweifellos einen großen Erfolg haben wird, eine so wüste Parteischrift ist. Fände sich doch jemand, der P. auseinandersetzte, was Philologie und was Litteraturgeschichte ist.
Sie fragen mich – fällt mir ein – um meine Meinung wegen Werners Leisewitz. Aufrichtig gesagt: hätte ich als Leiter der Sammlung dieses Manuscript nicht acceptirt. Und diese Einleitung, und dieser Stil. Liest man sie und seine Aufsätze in d. Gymnasialz., so weiß man wenigstens ganz genau die Ursache, warum die galizischen Gymnasiallehrer nicht deutsch schreiben können.
Verlassen Sie mich nicht während der Uz-Correcturen. Ihre Winke waren mir immer sehr fruchtbar. Mit vielen Grüßen an Ihre Frau herzlichst Ihr aufrichtig Ergeb.
AS.

Beilage:

Reihenfolge des Manuscriptes

Nr 97 Versuch über die Kunst stets fröhlich zu sein.
Nr. 98 Sieg des Liebesgottes
Nr. [9]9 Schreiben über eine Beurtheilung des Sieges des Liebesgottes
Nr 100–106 Briefe.
Nr. 107–117 Anhang. Von hier an Fahnenkorrektur

Prag, 15. Juli 1889 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Der erste Bogen sah in der Correctur etwas kraus aus; sollten He[nnin]ger darüber klagen, so beruhig[en] Sie sie freundlichst: es war eben der schwerste Bogen. Es ist also niemand eigentlich zu beschuldigen. Meine Collationen erwiesen sich als sehr genau. Der Setzer ist bei den vielen Zahlen etwas ungenau: man hätte einen mathematischen Corrector von Trübner wählen sollen; sonst ist der Mann recht intelligent. Mehrere Fragen u. Bedenken:
1. Das 1749 bis 1804 bei Übergang von einer Zeile zur andern ist unmöglich. Entweder bis (antiqua) oder was mir lieber wäre, den Strich wie immer.
Wann wird der | angewandt? auch wenn die Lesarten zusammengehören, also z. B. 8,18; 7,6; oder nur in Fällen wie 5,26? Ob man diese Striche nicht ganz entbehren könnte?
3. Ich brauche dreierlei Klammern [ ], ( ) und ; wenn es die letztere nicht giebt, was soll dann geschehen? – Bogen 2 gieng schon rascher u. glatter. Das ganze wird sich hübsch machen. Der Goethe SchillerArchivdirector – BS!

Ich schließe heute Colleg u. bin in Folge dessen in famoser Stimmung. Ihr FerienSauer!

Graz, 16. Juli 1889 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr., Meine frau zu bette, meine Wielandenkelin aus Weimar mich zu besuchen 4 tag hier, seminararbeiten zu censieren, dissertation zu approbieren, staatsprüfung, rigorosum, lähmende hitze, xx noch kolleg, das mag die saumseligkeit des verfluchten hg. der DLD entschuldigen. Er will gewiss in zukunft prompto arbeiten, sodass Sie auf seine korr. mit Ihrer ersten warten können. – Nr. 7 Z. 6 keine |; 5,26 | Ich ziehe mit Ihnen, wie die korr. zeigte, allemal – (statt bis) vor. Schreiben Sie dem setzer ein ‚immer so‘ bei. Wenn [ ] fehlt, ists fatal. – Auf Ihren lieben brief kann ich heute nicht würdig antworten. Einstweilen kurz das nötigste. Eine pause in Ihrer korr. werde ich den verlegern entschuldigen, bitte nur um baldigste ankündigung. Den Bürger behält die VJS. Ich wusste nicht, dass Sie ein Göckingkbuch machen. 2 oder gar 3 Göckingkiana kann ich Ihnen durchaus nicht raten, für die leser der VJS. wäre gut, wenn Sie sich zu einer einleitenden übersicht des inhalts der Bürgerbrfe. entschlössen, so kurz oder lang Sie wollen. Also: neues zur alman. redaction, zur Homerübersetzung usf. Verstärkg. der eigencharakteristik: derbes, innerliches usf. Biographisches: Molly usf. Die leutchen lesen die quellen nicht gerne, wenn ihnen nicht die nase zuvor auf den gehalt gestossen wird. Man studiert vor dem theater den zettel oder vor dem essen das menu. – Das sage ich um Ihretwillen, nicht von redactionswegen. – Hauffen u. ich haben mit Eichler recht. Er war in Wien, Heidelberg, dann erst hier. hatte aber vor der hiesigen zeit nichts schriftlich gearbeitet. Wo haben Sie denn meine pfote gespürt? ich würde meinen pferdefuss gern erkennen. – Über Suphan müssen Sie mir mehr schreiben als ohh!! – Über Kleist-Meander dacht ich ähnlich wie Sie wider erstaunt, dass Erich, der als ‚stiller compagnon‘ fahnen erhält, sich mit gröster entschiedenheit für überzeugt erklärte. Paul ist elend. Werner erhielt seinen Leisewitz (unter uns!) dreimal zur besserung zurück. Die vorrede zeigt unsere dividien teilweise an.
Wann kommen Sie? Ich bin hier.
Treu
BSfft

Prag, 27. Juli 1889 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 27. Juli 1889

Lieber Freund!
Ich kann den Uz nicht weiter corrigiren, bevor ich mich mit Ihnen über einige principielle Fragen verständigt habe. Zunächst, in parenthesi, daran bin ich unschuldig, daß der Setzer wo in meinem Manuscript eine neue Seite beginnt im Apparat eine neue Zeile anheben läßt; er ist überhaupt dümmer als ich geglaubt habe.
Aber manches ist mir selbst unklar und macht sich im Druck ganz anders als im Manuscript.
Wo ganze Strophen in den Lesarten citirt werden, müssen diese natürlich als [Str]ophen eingerückt, mit Spatium vorher und nachher gedruckt werden. Was geschieht aber wenn blos Strophenteile, 2–3 Zeilen als ganzes erscheinen. Auch Spatium vor und nachher? oder nicht. So wie es jetzt meist gedruckt ist, ist es unmöglich. Da hebt sich gar nichts von einander ab. Vielleicht liegt e[s] nur daran, daß die Verszahlen in solchen Fällen eingerückt werden müssen; sie stehen offenbar zu weit von den dazugehörigen Zeilen ab. Vielleicht ist Ihnen klar, wo der Hund begraben liegt.
Ferner das Citiren
1 –
2 –
3 –
4 –
in den Lesarten ist überaus häßlich; also 1–4 ....
aber was machen wir dann in dem Fall:
11
12 [im andern Fall 1a
13 b
14 c
14a d
da müssen die Ziffern bleiben]
Kleine Inconsequenzen würden da meiner Ansicht nach nicht schaden.
Ferner. Ist es nothwendig, daß mit Beginn jeder Seite im Apparat die erste Zeile eingerückt ist? das verwirrt! Im Julius von Tarent, der offenbar das Muster war, schadete das nicht, weil innerhalb der Seite kein Absatz vorkam.
Bestehen Sie auf den ausgeworfenen fetten Zahlen im Apparat; warum nicht wie in meinem Mansucript (wo ich mich nach Pyra & Lange richtete). Ich finde es deutlicher, wenn die Zahl eingerückt mit Doppelpunkt steht. Vorher Spatium! Aber Ihre letzte Entscheidung ist maßgebend.
Was Sie sonst auf den übersandten Bogen bemerken, habe ich getreulich b[e]achtet.
Ich imprimire Bogen 1.2 nicht früher und sende Correctur von 3.4 nicht eher ab, als bis ich auf diese Zeilen Antwort habe.
Freundlich grüßend Ihr fleißiger
AS.

Blatt mit Notizen

Graz, 29. Juli 1889 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 29.7.89.

Lieber freund
Ihr brief soll sofort beantwortet werden.
Auch mir gefällt der apparat nicht. Das verfluchte einrücken und das verdammte spatiiren zwischen zeilen macht ihn so unruhig. Hätt ich aber feste regeln für den setzer gefunden, so hätt ich sie Ihnen schon vorgeschlagen. Immerhin ist leichter auf grund von 4 bogen regeln, als mit 1 od. 2 in der hand. Also versuchen wirs, miteinander gesetze zu geben.
Sie sagen: Wo ganze strophen im app. citirt werden, müssen sie als strophen eingerückt, mit spatium vor- u. nachher gedruckt werden. Ich meine: ...., müssen sie als str. so weit eingerückt werden als die citatziffer fordert; und wenn 2 strophen hinter einander folgen, ist dazwischen spatium zu setzen. Ich male s. 24 her, wie sie ist: (unterbochener strich bedeutet spatium); wie sie sein sollte:

Skizze

Also: ‚Anweisung für den petitsatz. I. Einrücken:
1) Die Zeilen werden eingerückt, wo eine fette Ziffer steht (d. h. also die Anmerkungen zum nächsten gedicht beginnen).
2) Die Zeilen werden eingerückt, wenn ganze Verse bezw. Strophen mitgeteilt sind. Aber nur so weit, als durch die vor der 1. Verszeile stehende Ziffer bedingt ist; die Verse werden nicht aus dem Mittel der Seite gesetzt. Doppelt eingerückt wie der erste Verse der Strophe.
3) Die Zeilen werden nicht eingerückt zu Beginn einer neuen Manuscriptseite.
4) Ebenso nicht zu Beginn einer neuen Druckseite.
5) Ebenso nicht nach Versen.
II. Spatium: 1) Grösseres Spatium, vor mindestens 2 Zeilen, wird gesetzt vor fetter Ziffer d. h. also wo die Anmerkungen zum nächsten gedicht beginnen.
2) Kleines Spatium zwischen 2 Strophen.
3) Sonst nirgends Spatium, also nicht vor und nach Versen, wenn Prosa vorangeht oder nachfolgt.‘
______
Finden Sie das recht und genügend? Man müsste es dem setzer dadurch verdeutlichen, dass man ein paar schwierige seiten darnach (und lediglich darnach, ohne andere fehler zu berücksichtigen) korrigierte und eventuell noch ein sehr pünktlich geschriebenes mscpt.stück als muster anfertigte.
Aber aber
l. frd. das wird Sie sehr teuer kommen. Denn die Henninger tragen nur ein Teil solcher extrakosten, wenn auch Ihr mscpt. nicht eigentlich schuld daran ist. Auch beim setzer kann man jedoch nicht von verschulden reden. Wir haben jetzt 4 bogen umgebrochen und wahrscheinlich noch 2 gesetzt. Die umwälzung nach diesen regeln ist eine sehr starke und kann gelegentlich seitenbrechung veranlassen. Das gesetzte ungeändert lassen u. die regeln erst in zukunft einführen, gäbe zu starken unterschied.
Ich mag Ihnen die kosten nicht aufbürden. Dass ich das einrück- und spatiirsystem nicht kapiere habe ich auf dem 1. bogen angemerkt. Mir fiel leider nicht ein, dass es mit neuen mscptseiten zusammenhängen könne. Auch das ausrücken 1. zeile jeder druckseite habe ich bedacht, aber nicht angeordnet 1) um Ihnen kosten zu sparen 2) weil ich bei hft. 12 schon vergeblich darauf gedrungen habe: die setzer sind es zu sehr gewöhnt (und Bächtold hat kein auge für derlei).
Sollten Sie sich trotzdem zu der allerdings wünschenswerten normierung entschliessen, so bitt ich an die verleger zu telegraphieren: ‚Satz einstellen! Brief folgt.‘ Ich würde das selbst tun, wenn ich Ihrem entschlusse nicht volle freiheit lassen möchte.
Ich fahre in der antwort fort.
Ich bin nicht für das einrücken der verszahlen, um sie an die (aus dem columnenmittel gesetzten) verse (strophen, strophenteile) anzuschliessen; sondern dafür die verszahlen ausgerückt zu lassen und an sie die verse anzuschliessen. So habe ich schon oben gezeichnet.
Ich wäre auch für 1–4 statt 1 | 2 | 3 | 4 und würde selbst den fall 11 | 12 | 13 | 14 | 14a schreiben 1–14 . Es ist hier das umgekehrte wie bei gedicht nr. 23 wo 1–8 tatsächlich durch 1–4 ersetzt wird, aber doch 1–8 steht und nicht 1–4.... | 5–8 fehlt. Bei 1–14 ist eine vermehrung, bei 1–8 eine verminderung der zeilen gegenüber dem text.
Ich bin für 1 a | b | c | d gegen 1 a | 1 b | 1 c | 1 d
Ich halte ausgeworfene gedichtbezifferung auch im apparat für deutlicher; aus der revision von bogen 1, wo das einsetzen noch nicht überall durchgeführt war, wurde ich über Ihre absicht nicht klar. Aber ich bin jetzt, wo so viele ziffern eingesetzt sind (und zumal wenn wir grosses spatium davor bekommen) völlig einverstanden, dass die fetten ziffern mit doppelpunkt darnach so stehen wie auf korr. der bogen 3 u. 4.
Über diesen letzten punkt wären also dem setzer keine neuen vorschriften zu geben.
Auch über den rot angestrichenen nicht, da in Ihrem mscpt. ja zumeist das richtige zu stehen scheint.
Aber über den blau angestrichenen wol, weil Ihr mscpt. das zu bieten scheint, was wir nicht wünschen. Und doch scheint es mir hier unmöglich zu sein, dem setzer eine deutliche anweisung zu geben. Es ist an sich nicht leicht und in fällen wie s. 36 undenkbar: hier würde er 29–36 setzen, während doch 29–32 | 33.34 | 36 zu drucken ist.
NB diese seite sieht nach meinem plan so aus:

Skizze

Das gibt auch sehr viele Staffeln, ich weiss es aber nicht besser zu machen. Dabei bleibt doch der ausserordentliche vorteil, dass die stichziffer immer ausgerichtet steht, also gleich sichtbar ist. Auch ist die vorschrift für den setzer so einfacher.
Sollten Sie also diese änderung Ihres mscptes. wünschen, so müssten Sie wohl Ihr mscpt. zurückziehen u. revidieren, sonst kommen Sie zu tief in die kreide. Das möchte ich Ihnen auch nicht zumuten, so vorteilhaft mir die änderung schiene.
Ich lasse Ihnen also auch hierin freie hand, bitte nur, rasch Ihre entschlüsse zu fassen und wenn Sie die opfer der verbesserungen bringen wollen, schleunigst die verleger oder die druckerei und darnach auch mich zu unterrichten.
Zwei dinge aber bitt ich dem setzer principiell und jedesfalls vorzuschreiben:
1) Anführungszeichen bei antiqua sind immer ‚ ‘
2) zwischen 2 ziffern steht nie bis, sondern immer –
Vorgestern ging bogen 3, gestern bogen 4 an Sie ab, beide an dem tage, da ich sie erhalten.
Die 2. hälfte Ihres mscpts, die Sie noch in händen haben, bitte ich Sie, jedesfalls nach den gewonnenen erfahrungen und Ihren entschlüssen zu revidieren.
Wann gehen Sie von Prag weg?
Herzlich und sehr dankbar
für Ihre bemühung um die beste gestaltung des heftes
Ihr
BSeuffert.

Prag, 1. August 1889 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 1. August 1889.

Lieber Freund!
Vielen Dank für Ihren raschen und aus[füh]rlichen Brief, der zur Klärung der Angelegenheit wesentlich beigetragen hat, wenn ich Ihren radicalen Vorschlägen auch nicht gefolgt bin. Ich konnte mich zu einer so gänzlichen Umarbeitung und zur Bezahlung der Kosten nicht entschließen. Gerade diese machten mich kopfscheu. Durch die Honorarherabsetzung büße ich beim Uz ohnehin 100 Mark ein und ich stehe auf jeden Pfennig an. Auch kamen die ersten zwei Bogen gerade in der Superrevision an, sahen ganz erträglich aus: also ich suchte einen Mittelweg einzuschlagen, indem ich möglichst viel Spatien einführte wo es angieng, sonst aber alles beim Alten ließ. Nur die Bezeichnung 1 – 10 etc. führte ich durch und natürlich Regelmässi[gk]eit in Beginn neuer Zeile u. dgl. Ich hoffe von Bogen 5 oder 6 ab werden die Schwierigkeiten verschwinden. Ein paar Ungleichheiten bleiben übrig; aber wo ist das nicht?
Wegen des noch in meinen Händen befindlichen Manuscripts haben wir doch freie Hand, weil das größere Ge[dich]te sind, ich werde mich aber natürlich möglichst genau an das erste Heft anschließen und werde einfach überall wo Spatium hingehört dies dazuschreiben. Es ist wirklich ein selten schwieriger Apparat, mit dem wir – trotz alledem – hoffe ich Ehre [a]ufheben werden. Bitte, ärgern Sie sich nicht über meine Zaghaftigkeit und Unentschlossenheit. Ich bin doch etwas abgearbeitet.
Wenn die nächsten schwierigen Bogen vor Mitte des Monats zur Correctur kommen, so liegt mir auch nicht daran, wenn ich (die leichteren späteren Bogen) in der zweiten Hälfte August corigiren muß. Ich würde dann also den Druck [n]icht unterbrechen lassen. Ich will beiläufig um den 11/12 zu meinem Bruder abreisen. Würden sich die complicirten Bogen 5 – 7 über diese Zeit hinaus erstrecken, dann würde ich aller- dings bitten, daß ich vom 15 – 21. August nicht zu corrigiren brauchte; vom 1. Spt. ab dann wieder. Das muß sich in den nächsten Tagen entscheiden; thun Sie daher vielleicht jetzt noch nichts, als daß Sie mir schreiben, ob ich eine (eventuelle) Unterbrechung selber an Henninger (oder an die Druckerei blos) melden kann oder ob dies durch Sie gehen muß.
Daß ich auf diese Weise nicht nach Süden komme, ist eine schmerzliche Thatsache. Ich hätte wegen der von Ihnen verlangten Einleitung zu den Bürgerbriefen gerne mündlich mit Ihnen geredet. Ich werde sie in nächster Zeit schwerlich liefern können. Aber vielleicht de[nke] ich nach einer Erholungspause auch darüber anders. Den Götz von Berlichingen habe ich endlich los. Man merkt es den 1½ Bogen Lesarten gar nicht an, daß ich 2 Jahre daran vergeudet habe. Ich mache nie mehr Texte. Nochmals vielen vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen an Ihre häusliche Welt
Ihr aufrichtig ergebener AS.

Graz, 3. August 1889 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ich bin mit Ihrem mittelweg selbstverständlich zufrieden, ich habe ja die kehrseiten meiner vorschläge Ihnen nicht verhehlt. – Übrigens Ihre berechnung von 100 M. einbusse verstehe ich nicht: das wäre bei einem umfang von 50 bogen der fall; der Uz geht aber doch wenig über die hälfte. Ich bitte mir von Ihnen entweder ein resumé oder besser ein paar Ihrer doppelbogen seiner zeit aus, auf denen Sie die vom setzer verschuldeten korrekturen anzeigen. Das ist eine gute basis für die etwaigen extrakorrekturberechnungen. – Die supervision der 1. bogen erhielt ich nicht, ich bitte Sie, diese allein zu erledigen. – Die etwaige unterbrechung wollen Sie, bitt ich, den Henningern anzeigen. – Dass ich auf die sichere freude Ihrer hieherkunft verzichten soll, beklage ich sehr. Besinnen Sie sich eines andern u. kommen doch!
In eile Ihr
getreuer
BSeuffert

Graz 3 VIII 89

Lassen Sie sich von Ihrem rektor nach Bozen delegieren, dann müssen Sie nach Graz!

Sie haben aber doch ein paar principielle vorschriften dem setzer gegeben? Die anführungszeichen, zitatalinea wo Ihr mscpt. neue seite hat u. dgl.?

Prag, 5. August 1889 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich weiß nicht, daß von uns jemand offiziell nach Boze[n] geht. Ich selbst kann leider [im] Spt. nicht. Heute sind die Würfel über meine Ferienstationen endgiltig gefallen. Bis 13. bleibe ich hier.
14 – 31. August: Liebegottesgrube. Post Segengottes. Mähren.
1 – 30. Spt. Wien. Hotel Hammerand. Schlösselgasse.
Correcturen ????. Druck unterbreche ich nicht; frage mich aber nun an, ob ich Fortsetzung des Manuscripts an Sie, oder direct an die Druckerei zu senden habe.
Daß das Manuscript der Einleitung zuerst an Sie gelangen muß, weiß ich, das ist aber vor Herbst nicht nothwendig.
Könnten Sie nicht auf ein paar Tage nach Wien fahren; da träfen wir doch in der Mitte zusammen?!
Auf Bogen 5 hat der Setzer wieder eine Haidenconfusion gemacht, wo wir eine Doppelreihe im Apparat durchführen wollten. Ich habe auch da nur geflickt.
Treulichst Ihr AS.

Graz, 19. August 1889 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Liebegottesgrube bei Rossitz, Mähren

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Auszug:

Lfr. Denken Sie was der schürfer Witkowski gefunden hat? Die gesellschaft auf dem lande! Darin von Kleist: Filinde lag am Strauche 12 strophen. Und wo hat ers gefunden! in der kgl. bibl. zu Berlin!! W. gab mir den fund für die VJS. Ich verrat ihn nur Ihnen. Was sagen Sie zu den Wielandschen Wahlverwandtschaften? ich hätte die vergleichung breiter herausarbeiten sollen, wie ich erst am gedruckten sah. – Jetzt ist auch Behaghel mitarbeiter der VJS, die also neutraler boden ist; ich gewähre denn gerade flüchtlingen aus den andern lagern (wie die Schweizer den Deutschen) ein sehr gedehntes asylrecht und frage nicht genau nach der güte ihrer papiere. Ihr name ist mir wichtig; fürs andere tragen sie ihre haut selbst zu markte. Herzlich grüssend
Ihr
BSfft.

Graz 19.8.89

Liebegottesgrube bei Rossitz, Mähren, 23. August 1889 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Liebegottesgrube. 23.8.89.

Lieber Freund! Erinnern Sie sich nicht, daß ich für den Neudruck des Pyra u. Lange jene Ha[lle]enser zeitschrift gesucht u. (in Halle [u.] Berlin) auch gefunden, daß wir daraus die Nachlese der Pyraschen gedichte in Ihren Neudrucken reproducirt haben. Damals schrieb mir Burdach das Kleistische Gedicht ab u. ich selbst lernte es aus dem Berliner Ex. kennen. Ich hätte es Ihnen auch schon längst für die VJS gegeben, wenn Sie bei jenem Bürger-Briefe nicht Ihren Abscheu vor jedem ‚Neudrucken‘ zu erkennen gegeben hätten u. wenn ich nicht eine größere Abhandlung über Kleist für Sie vorbereitete. Wollen Sie auf diese mit dem Abdruck jenes Gedichtes warten, so würde ich sie im Oct. oder November fertig machen u. Sie können den beiden Aufsätzen dann einen Gesammttitel geben?!? Zu dem Wahlverwandtschaftenvorbild gratuliere ich. Lunzer ist ganz nett, aber doch zu knapp. – Ich verlebe herrliche Tage des Ausruhens u. der Erholung; will aber doch unseren Uz betreffend beifügen, daß ich mit den Lesarten keine neue Zeile beginne, weil ich mir auf Bog 1–3 durch das Zusammenrücken das notdürftigste Spatium herausgeschlagen habe. Dank für Ihren Gruß und herzliche Erwiederung Ihr AS.

Graz, 25. August 1889 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Liebegottesgrube bei Rossitz, Mähren

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Auszug:

Lfr. Wahrhaftig, das vergass ich. Ich meine doch, diesen Kleistbeitrag nicht unterdrücken zu dürfen. Aber dass Sie was grösseres beifügen wollen ist mir sehr lieb. Nur wie machen wirs mit dem Bürger? Beides in 1 heft wird schlecht gehen, da ich viel vorrat habe. Kleist fürs 1. heft geht nicht, weil Witkowski etwas warten muss u. Sie nicht bis 8. septbr. das mscpt liefern können. Soll ich Bürger im 1. heft anfangen, im 2. Kleist bringen, im 3. u. event. 4. Bürger vollenden? Sagen Sie mir Ihre meinung, ich tue Ihnen alles was ich kann. Bis novbr. bräuchte ich den Kleist fürs 2. heft. Ungern störe ich Ihre beneidenswerte ruhe mit der bitte um die fortsetzung des Uz. Die druckerei wird jetzt am 10. bogen setzen. Da das mscpt. 12–13 bogen reicht, sind wir bald am ende. Sie schicken mir die revidierte fortsetzung doch gleich von Wien aus? u. können Sie denn dort Ihre einleitung schreiben?
Herzlich Ihr
BSfft.

25.8.89.

Liebegottesgrube bei Rossitz, Mähren, 28. August 1889 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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L. F. Heute [nu]r so viel, daß ich vom 1. September an, einige tage in Prag bin, daß mich Ihre Sendungen dort treffen und daß das Manuscript zum Uz von dort aus an Sie abgehen wird.
Herzlichst
Ihr
fauler, aufrichtig Ergeb.
AS.

Liebegottesgrube.
28/8 89

Prag, 4. September 1889 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Prag 4. Sept. 1889 Interimsaufenthalt.

Lieber Freund! Ich schicke Ihnen hier das Manuscript zur Fortsetzung des Uz, inclusive Anhang, von dem ich allerdings nicht weiß, ob ich ihn nicht noch werde vermehre[n] können; denn Herr Schnizlein, dessen Herz ich durch stete Correctursendungen endlich erweicht habe, hat sehr wertvolles schon gesandt (seltene Ansbacher Drucke!) und noch einiges versprochen. Aber 1. ist es doch unsicher 2. ließe sich das neue leicht einschieben ohne daß ich das Man. zurückerhalte u. so bin ich dafür: Sie senden das ganze in die Druckerei. Die Verleger müßen jetzt beschlüssig werden, ob Sie das ganze auf einmal bringen wollen oder nicht. Wenn im gegenwärtigen Tempo weiter gedruckt wird, [i]st an den Druck der Einleitung vor Ende October nicht zu denken. Und bis dahin ist sie spätestens in Ihren Händen. Im September (resp. vor 8. October; denn so lange bleibe ich in Wien) kann ich sie nicht abschließen. Es fehlt übrigens nicht viel daran. –
Mit der Vierteljahresschrift sind Sie mir allzuweit voraus. Man kommt Ihnen ja nicht auf. Wenn Witkowskis Beitrag warten kann, dann beginnen Sie doch mit dem Bürger und drucken den Kleist erst, wenn jener abgethan ist, also im 3. resp. 4. Heft des nächsten Jahres. Meine Kleistiana sollten Sie sich nicht entgehen lassen; denn es ist der entscheidende letzte Brief Kleists über die Anordnung der Ausgabe darunter, der meine Untersuchungen zum großen Thl zwar bestätigt, aber doch auch ergänzt; ferner die Stücke der (von mir supponirten) Ramlerschen Bearbeitung des Frühlings aus dem Jahre 49. Ich habe schon an eine Akademieschrift gedacht. Aber Ihnen gäbe ich es lieber. Vor Mitte October könnte ich den Aufsatz unmöglich senden; jeden andern Termin den Sie mir setzen, will ich einzuhalten trachten. Hätte ich n[ur] mehr Zeit, Zeit, Zeit!
Ich habe mich recht erholt, so kurz die Zeit auch war. Morgen oder übermorgen geht’s nach Wien (VIII. Schlösselgasse. Hotel Hammerand.) Mögen mir die Götter günstig sein.
Plaudern kann ich leider heute nicht. Haben Sie Geduld mit mir. Treulichst
Ihr dankbar Ergeb.
ASauer.

Graz, 8. September 1889 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Lfr. Ich zeige Ihnen mit vielem dank das eintreffen Ihres Uz an; heute kam er, heute seh ich ihn durch und schicke ihn morgen früh nach Heilbronn. Können Sie s. z. den anhang vermehren, so ists gut. ich ordne fahnenkorrekturen dafür an, damit Sie noch in letzter stunde einschieben können. Die verleger geben den ganzen Uz als éin heft. das mscpt. der einleitung verspreche ich denselben für ‚spätestens ende oktober‘ u. rechne auf Sie, so ungern ich Ihre ferien bedränge. – Der anfang Ihres Bürger ist für heft 1 zurecht gelegt u. wird in wenigen tagen nach Weimar wandern. Ihren Kleist erwarte ich, sobald Sie ihn liefern können, währt es nicht zu lange, so soll Witkowski auf ihn warten. jedenfalls entziehen Sie ihn, bitte, der VJS nicht.
Der HSachs-Goetze ist jetzt redacteur des Goedeke geworden u. geht mich nochmals um Wieland an; ich weiss dass auch ein anderer nach mir den §. ablehnte u. vermute, dass es mehrere taten.
Schönbach ist hier u. wartet auf einen langen brief von Ihnen. Ich arbeite immer noch redactionsschulden der jj. 1887/8 auf. Sehr ungern besprach ich Munckers langweiligen u. ungenügenden Klopstock: ich stelle Steinmeyer anheim, die recension zu unterdrücken, da ich dem armen sitzengebliebenen nicht schaden möchte.
Allzeit treu ergeben Ihr
BSeuffert

Graz Harrachg. 1
8 IX 89.

Graz, 8. September 1889 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Lfr. Nach flüchtiger durchsicht Ihres mscptes. Es geht nicht an dass wir Versuch über die Kunst fröhlich zu sein u. dgl. als Titelblätter drucken u. darnach neues blatt beginnen, so zerfällt unsere gesammtausgabe; die neuen titelblätter würden unserer 1. seite gleich stehen. Sie müssen vielmehr den köpfen Lyrische Gedichte gleich stehen, wie Sie es ja auch für die briefe wider angeordnet haben. Ich habe mir also erlaubt, der konsequenz u. unentbehrlichen einheitlichkeit wegen (nicht aus sparsamkeit) Ihre vermerke umzuändern. Das mscpt. ist fertig zum absenden, aber heute ist feiertag der post.
Viel vergnügen für Wien.
Treulich
Ihr
BSfft.

8 IX

Wien, 15. September 1889 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Verzeihen Sie, wenn ich nicht zum Schreiben komme; ich muß namenlos fleißig [se]in, wenn ich alles erledigen will was ich mir vorgenommen hab und dabei gibt es allerlei Abhaltung[en]. Was Sie wegen Uz verfügen, werde ich respectiren; Ergänzungen zum Anhang sind schon jetzt eingetroffen; ich warte aber noch eine Zeitlang bis ich sie expedire. Alles übrige von Graz aus. – Schönbach – bitte – sagen Sie doch gelegentlich, daß umgekehrt er mir einen Brief seit Mai glaube ich schuldig ist. – Minor gab mir gestern s. Aufsatz aus der VJS; das Heft selbst habe ich nicht gesehen. – Für Muncker kann niemand um Schonung flehen; ich habe es nicht über mich bringen können, eine lobende recension zu schreiben; folglich habe ich gar keine geschrieben; Rec. Exemplar hatte ich ja nicht erhalten; ich habe ihm aber ziemlich klar meine Meinung brieflich gesagt. Leben Sie recht wol und grüßen mir Frau und Kind. Mit freundl. Wiener
Grüßen Ihr AS.

15.9.89.

Wien, 6. Oktober 1889 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich theile Ihnen mit, daß ich übermorgen, Dienstag, den 8. in [Pr]ag eintreffe. Warum der Uz s[t]ockt, weiß ich nicht. Ich bekam bald nach meiner Ankunft in Wien einen ganzen Schock Correcturen, welche ich zwar langsam, aber doch im Laufe der ersten Woche erledigte. Seitdem blieben sogar Revisionen aus. Ich sage das nicht im Ton der Klage – es war mir sogar nicht unangenehm; aber damit Sie sich danach richten können. Ich kehre mit einem Sack von Neuigkeiten und mit vielem Material zur winterlichen Arbeit zurück. Zwiedineck, der heute ankam mußte mir von Graz und auch von Ihnen viel erzählen, so daß ich wieder auf dem Laufenden bin. Mit freundlichen Grüßen Ihr
aufrichtig Ergebener
ASauer.

Wien, 6.9.89.

Haufen hat mir soeben die Aufklärung gebracht.

Graz, 8. Oktober 1889 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Die saumseligkeit der druckerei macht sich auch bei dem in druck befindlichen heft 30 geltend, wo kein erklärungsgrund wie bei Ihnen vorliegt. Ich hoffe, dass wir doch wider in zug kommen. Die verleger kann ich auf 33 nur hetzen, wenn ich ihnen Ihre einleitung vorlege, die ich ja bis ende oktober erwarten darf. Und im november erbitt ich mir Ihren E v Kleist für die VJS. Darf ich in der 2. hälfte november darauf rechnen? Korrektur von Bürger-Goeckingk I erhalten Sie noch im l. m. Ich wollte, ich wüsste von Ihnen neuigkeiten und forschungen in Wien. Ich bin hier ganz vergraben. Jetzt hab ich endlich meines † schülers Pfeiffer Klingers Faust druckfertig gemacht; dabei stiess ich auch auf eine note über Ihre ausgabe, die ich über jahr u. tag vor seinem tode u. widerholt bat, wegzulassen. Er bestand aber hartnäckig darauf, obwol die sache sehr unwesentlich u. geringfügig ist, u. da ich nur sein nachlassverwalter bin, wagte ich nicht mehr zu tun als möglichst seine hitze zu dämpfen. Ich muss nun doch den Wieland für Goedeke machen, Ehlermann u. Goetze liessen mich nicht mehr aus. Ich setze 3–4 monate daran.
Glück auf zum semester!
Treu Ihr
BSfft.

Graz 8.10.89.

Prag, 14. Oktober 1889 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 14. Oct 89.

Lieber Freund! Wien ist eine prächtige, eine herrliche Stadt, voller Anregungen, voller Neuigkeiten, erholt, erfrischt trotz stetem Arbeiten kam ich letzten Mittwoch, noch Zwiedineks Reisesegen im Herzen, nach Prag zurück. Wollt, daß ich Flügel hätt’ und öfter hinflattern könnte! Was ich an theatralischen Früchten (Räuber, Gyges, Jüdin, Medea, Esth[er,] Verschwender, Bluthochzeit) eingeheimst habe, wie ich mich an guter Musik vollsaugte: das kommt mir alles den langen Winter hindurch zu Gute. Von Fachcollegen sah ich Seemüller, der an seinem Ottokar nun endlich druckt; Burdach und Wahle nur im Fluge; Minor 3mal; er hat sich im vorigen Herbst mit Schmidt halb u. halb zertragen, daher er eine große Sehnsucht nach Anschluß an Fachcollegen hat. Aber von uns allen scheint er zu glauben, daß wir ihn um seine Wiener Central-Professur beneiden und der Heularsch Werner bestärkt ihn in diesen seinen Vermuthungen. „Also im russischen Kriege erschossen zu werden haben Sie keine Aussichten“ waren RMarias letzte Worte an den erbosten Herrn Nimor. An Suphan hat er einen Narren gefressen, we[il] dieser ihm vor versammeltem Seminar eine – Rose überreichte. Ich sagte darauf: diese Scene hätte verdient durch ein AvWernersches Gemälde verewigt zu werden. Über die VJS schimpft er weidlich; er selbst schreibe aber in die Zachersche Zs. weil diese einmal besser zahle und weil Sie gern regelmäßig Heinzel nicht aber auch ihn auf der Universität aufsuchten. Ich sagte ziemlich derb darauf, der Redacteur könne doch nicht jedem Mitarbeiter die Artikel persönlich aus dem Steiße ziehen. Sonst war er ganz Schiller: 30 Bogen bis zur Flucht; ob da die vier Bände bis zum Tode reichen werden? Aber ich glaube, das Buch wird wirklich großartig. Zu mir sagte er: ich sollte zu einer gescheidteren Zeit nach Wien kommen damit die Sehnsucht seiner Studenten mich zu sehen einmal befriedigt werde. Zu einem germanistischen Panorama bin [ich] mir aber doch noch zu gut. Sonst war er liebenswürdig, fast gemütlich. Herr v. Waldberg nett, gelehrt, mit einer Geschichte des deutschen Romans schwanger. Heinzel an einem Abend im Hotel de France ungemein gesprächig, bes. über Methode im Betrieb der neueren Litteraturgeschichte. Er ist der vornehmste aller älteren Germanisten. – Im Ministerium sagte man mir das Haupthindernis meiner Ernennung sei das geringe Erträgnis der Branntweinsteuer; ich bat daher alle meine Freunde, sie sollen tiefer ins Glas blicken. – Mein Hauptverkehr war Glossy. 2 Bände Schreyvogels Tag[ebü]cher mit wertvollen Briefen im Anhang sind fast gedruckt; einen Band Grillparzer Briefe habe ich selber druckfertig gemacht (Herausgeber auch Glossy); Raimund soll zum 100. Geburtstag illustrirt werden, in Melk wird der Briefwechsel zwischen Halm und Enk edirt, u. später sollen vom Kloster aus auch Enks Werke gesammelt werden: Kurz und gut die Vorarbeiten zu meiner öst. Lit. Gesch. gehen flott vorwärts. Eigentlich aber habe ich an meinem Grillparzer Buch gearbeitet, das immer greifbarere Gestalt annimmt. Ich halte heuer im Seminar Übungen über Grs dramatische Fragmente u. werde auch sonst jedes Zeit-Atomchen dem ‚Hauptges[c]häfte‘ widmen.
Daß der Uz stockte u. noch immer stockt ist fatal. Ich hoffe mein Wort trotzdem halten zu können, obwol ich vom 2. Thl. jetzt weder Manuscr. noch Correcturbogen habe. Einige Ergänzungen hat Schnizlein noch gesandt. Kleist hoffe ich gleichfalls liefern zu können, wenn meine rein frühjahrsmäßige Arbeitsstimmung nur einige Zeit anhält; und ich hoffe das, weil ich mich trainire, meinen Körper munter und geschmeidig zu erhalten trachte, was bei mir das Wichtigste ist. – Daß Sie nun doch beim Grundriß mitthun, ist hübsch von Ihnen. Götze ist im (schriftlichen) Ver[keh]r nett. Ich habe viele Lücken in der eben erscheinenden Lieferung ausgefüllt, was er in einem spontanen Dankschreiben anerkannte; u. ich will auch in Zukunft beisteuern was ich habe. – Was Sie über Pfeifer – Klinger – Faust schreiben, verstehe ich nicht ganz. Meine St u. Dr. wollen keine wiss. Edition sein und haben deshalb beim größeren Publikum weit mehr Anklang gefunden u. passen besser in die (ob ihrer Existenzberechtigung allerdings zweifelhafte) Sammlung als der wissenschaftlichere Bürger und Voß. Was der junge Heißsporn also so Böses über mich sagen kann, weiß ich nicht. Aber thun Sie auch recht daran, diese Arbeit, die ja allerdings wenn sie ihren Vf. fördern könnte, gedruckt zu werden verdient hätte, noch nach dem Tode des Vf. in aller schreckliche[n] Breite drucken zu lassen?!
Durch Zwiedinecks Erzählungen bin ich über Graz und seine Bewohner, insbesondere über die im Alter von 1–2 Jahren wieder im Laufenden. Ich muß schon der Kinder wegen einmal kommen; denn die Kinder: das ist mein Theil; bei meinem Bruder waren sie heuer im Sommer das erste und fast einzige. Liegt aber mein Kind, der Grillparzer einmal im Schaukasten bei Leuschner aus, dann komme ich und hole mir aller Euer Lob.
Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau un[d] behalten Sie mich, auch wenn ich heuer in Schweigsamkeit verfalle. An A. E. schreibe ich gleichzeitig, Mit seiner Fruchtbarkeit kann niemand concurriren. Mit herzlichen Grüßen
Der getreueste Mitarbeiter der DLD und der VJS AS.

Prag, 30. Oktober 1889 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 30/10 89.

Rugo besitze ich leider nicht. Er scheint ziemlich selten zu sein; ich glaube ich h[abe] ihn in Berlin benutzt. Lassen Sie sich die Hefte doch aus Weimar schicken; wozu gibt es denn eine Goethe-Bibl. u. wozu sind Sie denn Redactionsmitglied! Über die Dichtungen der Herzogin weiß ich wohl sonst nichts; aber Burckhardt behauptet es fest (ADB u. wahrscheinlich auch in den Grenzboten.) –
Daß mein – vielleicht auch für meine allgemeine Stimmung zu heiterer Brief auf einen so schlechten Nährboden gefallen ist, thut mir leid. Auch ich habe vielerlei was mich bedrückt; aber suche den Kopf hoch zu halten. Die Früchte meines Fleißes sollen sich bald präsentiren. Treu theilnehmend
Ihr
AS.

Graz, 6. November 1889 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Graz 6.XI 89.

Ich that also wie freund Sauer riet, schrieb nach Weimar, erhielt heute den Rugo, Weimars Erinnerungen 2. vermehrte auflage 1875, aber aber – darin steht A Amalias selbstbiographie nicht. Das sind lauter gedichte Rugos über Weimarer situationen usf. Auch in seinen quellen hat er ‚Meine gedanken‘ nicht citirt. Nun führen Sie diese allerdings aus der 1839er ausgabe an, aber sollte die 2. ‚vermehrte‘ auflage eine ‚verkürzte‘ sein? auch passt etwas fremdes gar nicht in dies büchlein. Können Sie nicht auf einem alten fetzen nachschauen, wie es um Ihre notiz bestellt ist? Ich wäre sehr dankbar. –
Ihr heiterer brief hat mich sehr gelabt. Er brachte etwas leben und luft in die stille Grazer klause. Die Minoranekdoten sind vortrefflich. Suphan ihm die tugendrose überreichend – ganz Suphan der düftelnde. Minor hat ganz recht sich zu beschweren, dass ich Heinzel u. nicht ihn aufsuche. Aber ich habe auch recht, so zu thun. Heinzel war vom 1. tag an, da ich österreichischen boden betrat entgegen-, ja zuvorkommend. Minor erwiderte den einzigen besuch nicht einmal den ich ihm machte. Heinzel kam trotz meiner ablehnung seines gegenbesuches, Minor schützte sich hinter der bekannten phrase der reisenden, sie seien doch nicht zu treffen. Heinzel schickt mir stets seine arbeiten, Minor nie. Wenn M. die VJS verlässt, so geht der, um dessen beiträge ich die meisten vorwürfe aushalten musste. Bei Zacher wird er sich in gesellschaft der herren finden, deren arbeiten ich zurückgewiesen habe. Aber er kriegt mehr honorar und das wiegt schon die schlechtere gesellschaft etwas auf. Wol bekomms! – Wenn Sie da wären, erzählte ich Ihnen allerlei zu dem kapitel. –
Fellner ist also glücklich in Tübingen promoviert worden! Conta ist an der Wiener univ.-bibl. u. lernt orientalische sprachen aus pflicht. Meine vorlesungen sind für hiesige verhältnisse gut besucht. Die arbeiten gehen matt. Ich habe meinen schwager verloren, an dem ich seit 25 jahren als schüler und freund hing. Das nimmt stimmung und kraft. Jetzt quäle ich mich mit Braitmaier für Bechtel. Es kommt nichts dabei heraus, nämlich bei meiner anzeige.
Schönbach war in Wien bei seinem vater u. kam heiter zurück. Walther umgibt ihn in jeder minute.
Zu Ihrem Grillparzer lauter gute stunden! ich bin recht neidisch, dass ich nicht auch ein darstellendes buch machen kann. Aber der dienst! Am 3. bd. der VJS wird gesetzt. Die Henninger schweigen; ich weiss nicht warum und werde heute noch einmal drängen. Auch Weilens heft stockt ganz. Ich will nicht hoffen, dass die firma kracht.
Haben Sie Zwiedinecks „bibliotheksgeschichte“ in Fleischers revue gelesen? ich wollte, er hätte sie bei sich behalten.
Wie machen Sies mit den Grillparzerfragmenten? die leute müssen doch exemplare in der hand haben. gibt der verleger bände einzeln ab? dann leg ich sie auch einmal übungen zu grunde.
Grüssen Sie, bitte, Hauffen. Wie schlägt er ein?
Von den 2 Polacken, die wir Werners gunst verdanken, kenn ich erst einen, Schreyer benamst! Sein cylinderhut ist recht hübsch. Sonst weiss ich nichts von dem mann. Ich möchte hier nicht den lector des Deutschen machen. Ob er mitkommt, werden wir ja bald sehen.
Götze schrieb auch mir, Sie hätten so viel gutes am Grdriss getan. Ich hab keine freude, dass ich mich einfangen liess. Die zeit fehlt zu etwas ordentlichem.
Leben Sie wol! Meine frau grüsst.
Ihr
BSfft.

Wollen wir im sommersemester ein coll. publ. ankündigen: der branntwein, sein einfluss auf die deutsche litteratur und ihre pflege?

Graz, 15. November 1889 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Heute erhalte ich eine nachricht, deren tragweite ich noch nicht ermesse: die Henninger teilen mir mit, dass sie ihr geschäft verkaufen und darnach streben, dass der käufer (nach ihrem wunsche) die in druck befindlichen hefte DLD vom drucker übernehmen solle. Gefunden ist aber der käufer nicht. Ich bitte diese nachricht als vertrauliche zu behandeln. Mir wäre am liebsten: die DLD verschmölzen bei Konegen mit den Wiener neudr u. Sauer ist der redacteur. Denn ich bin des treibens müde u. werde die gelegenheit zurückzutreten ausnützen. –
Mit der A Amalia schlagen Sie sich ja nicht. Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss.
Grüssend
Ihr
BSfft.

Graz 15 XI 89.

(Prag), 15. November 1889 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Liebster Freund! Ich muß Sie auf eine harte Probe stellen und auch [he]ute bekommen Sie gewiß zu Ihrer groß[en] Entteuschung blos den Kleistaufsatz für die VJS. und nicht den Uz, der übrigens bald folgt. Lassen Sie flott weiter drucken, es braucht gewiß keine Unterbrechung mehr. Mir geht das Manuscr auf Schritt und Tritt ab und das neue Hauchen in Stuttgart macht die Sache nur schlimmer. Was beifolgenden Aufsatz anlangt, so bitte ich das Manuscript ganz zuletzt nach den Correcturen – so wie das von den Bürgerbriefen – wieder zurück, weil manche Stelle noch ihrer Ver- werthung harrt. Wie Sie es mit der Notiz über das von Witkowski aufgefundene Gedicht halten wollen, [üb]erlaße ich Ihnen; ich möchte aber doch nicht gerne darauf verzichten, auch meinerseits den Fund anzumelden. – Die Correcturen der Bürger Briefe sind in Wiesbaden und folgen hoffentlich bald. Herr von Goeckingk ist sehr pünktlich u. gewissenhaft. Ich arbeite Tag und Nacht, bin so fleißig, wie vielleicht noch nie und bringe auch vieles vorwärts; aber hinter den Vorsätzen bleibe ich doch etwas zurück. Der große Brief, der in Vorbereitung ist, soll mir Verzeihung erflehen. Für heute blos eiligste Grüße.
AS.

Graz, 2. Dezember 1889 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Endlich kann ich Ihnen danken für die reiche Kleistnachlese. Sie wissen nicht wie überladen ich jetzt bin; es war mir leid genug dass ich Ihr mscpt. nicht früher durchfliegen konnte. Darf ich die bemerkung: ‚die 30 mark hab ich umsonst ausgegeben‘ streichen? Sie stört den ton, dünkt mich. Ich möchte den Kleist gleich nächstes heft bringen u. dann womöglich den rest Bürger in heft 3 auf einmal. So werden die leser nicht mit Bürger-Goeckingk überfüttert. Einverstanden? Ein redacteur muss für abwechslung sorgen. Und Sauer zweimal mit grossen beiträgen in 1 heft geht auch schlecht aus demselben grunde. Auch hab ich viel u. älteres liegen. Dass Sie im gemeinderat herumgezogen wurden u. also in allerlei blättern, tut mir recht leid. Lassen Sie sichs nicht verdriessen. Und Grillp. nicht entgelten. Denn ich freu mich auf ihn, wenn ich auch der Grillparzergesellschaft kaum beitreten würde, falls eine aufforderung an mich kommen sollte. Die Henninger haben mir den käufer noch nicht angezeigt, er wird also noch zu suchen sein.
Herzlich Ihr
BSfft., der auf Ihren Brief hofft.

Graz 2 XII 89.

Nachschriften zwischen den Zeilen:

Muss denn Nr. 96 V. 50 das und und stehen? Es ist sinnlos, verswidrig u. s. w.

Sonst hat superrevision des bogens 14 mein imprimatur.

Graz, 10. Dezember 1889 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Kind schwer erkrankt. Kann jetzt nicht korrigieren
BSfft

Prag, 12. Dezember 1889 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freu[nd]! Mögen alle guten Genien bei dem Krankenbette Ihres Kindes wachen! Ist es Ihnen halbwegs möglich, so sagen Sie wieder ein berichtendes Wort
Ihrem
treu theilnehmenden
AS.

12/12 89.

Graz, 16. Dezember 1889 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Dank für teilnahme. Etwas besserung, so dass hoffnung fürs leben ist. Aber ob für gesundheit? Noch ist ein arm gelämt u. die zunge stumm. Mögen Sie solchen schmerz nie kennen lernen!
Hoffentl. kann ich an den revisionen meine pflicht nachholen. Die titel u. untertitel von 98 u. 98a wider zu gross. Muster von 97 soll sich der setzer für die zukunft einprägen. Heute vorlesung wider aufgenommen.
BSfft.

Prag, 5. Januar 1890 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Im Bette.

Heftige Influenza!
AS.

Graz, 12. Januar 1890 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Mögen Sie genesen sein! Gurlitt, Bauer u. viele andere zahlten den tribut auch schon.
Zugleich send ich nach Ihrem wunsch das erste erledigte Bürgermscpt., mit den korrekt. nur darum, damit es als +bd. geht. Diese und den mir sehr interessanten (aber nicht ausgearbeiteten) artikel von Michels mögen Sie vernichten.
Grüssend
BSfft.

(Prag), 25. Januar 1890 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Sonntag 25.1.90

Lieber Freund! Ganz genau kann ich es nicht angeben, wie lange ich Ihnen nicht geschrieben habe. Ich weiß nur, daß, jetzt in der Zeit meiner kürzesten Briefe, ich bald dazuschauen muß, sonst wächst m[ir] das Mitzutheilende wirklich über den Kopf. Hätte ich nicht so oft Ihre Schrift gesehen, nicht so oft Ihr sicheres Aug – auch in schwerer Zeit – bewundert; nicht so oft Ihre Ratschläge befolgt oder wenigstens nach allen Seiten erwogen: vielleicht hätte es mich noch mehr getrieben, mich Ihnen mitzutheilen; so war aber scheinbar und thatsächlich ein reger Verkehr vorhanden. – Ich habe in den letzten 3 Monaten eine höchst merkwürdige Zeit verlebt; ärgerlich und hochgestimmt zu gleicher Zeit; trübsinnig und heiter; verbittert und innerlichst befriedigt; ärgerlich über die Wiener Verwaltungsorgane, die unsere Angelegenheit [me]hr als billig verschleppten; ich sagte mir oft: gehen alle Geschäfte der Wiener Gemeinde diesen elenden Schneckengang, dann ist Wien (und Österreich mit ihm) wert, daß es zu Grunde gehe. Kein Contract, keine Papiere, keine Bücher; nur Worte, Worte, Worte und nicht einmal die immer. Bei Tage nach einander Telegramme und dann wieder Allvaters berühmtes Schweigen; dazu Schmähungen von antisemitischen Organen und geldgierigen Buchhändlern und Arbeit, daß die Haare dampften. – Dabei aber wirklich höchstes Glück. Ich sage Ihnen, lieber Freund, es gibt nichts schöneres, als so aus dem Vollen zu arbeiten, die großen Maßen zu ordnen und zu gliedern, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu [son]dern und über das Kleine nicht so sehr hinwegsehen zu dürfen als es dem Großen und Wichtigen unterzuordnen. Sie wissen, wie sehr ich Detailarbeit schätze und liebe: daher darfs ich sagen: daß doch nur die Darstellung die Krone aller und jeder wissenschaftlichen Beschäftigung ist, wo Sie mit der Kunst in Berührung tritt, in diese übergeht. Glauben Sie mir, daß ich oft bei meinem Grillparzer an Ihren Wieland denke und mir sage: es wäre Jammerschad !, [we]nn Sie Ihre sicherlich einzig dastehende Kenntnis dieses Mannes nur zu Einzelstudien oder Briefpublicationen verwerteten; Sie müßen uns den ganzen Mann schildern und bleibt irgendwo eine Lücke: wo ist eine solche nicht? Ich arbeite nicht leichtsinnig, und nicht leicht. Im Gegentheil. Aber ich sage mir: es ist unmöglich alle Einzeluntersuchungen selbst zu machen; ich weiß, daß über jedes Werk meines Dichters noch ein Buch wird geschrieben werden; die Ziele dieser Einzeluntersuchungen stecke ich ab und vielfach n[eh]me ich die Resultate voraus. Mein Buch wird daher auch ein ganz andres werden als der Schiller Minors und ich hoffe nicht ganz zu meinem Nachtheil wird der Vergleich ausfallen. Freilich ein solcher Herrscher über Speciallitteratur kann ich nicht sein, weil sie für Gr. noch nicht existirt; aber etwas mehr hoffe ich den Leser mitzureißen und weniger doctrinär hoffe ich zu sein. Gebe ich die namenlose Breite überdies zu und sehe ich von den mancherlei stilistischen [M]onstren wie der ausgezogene alte Adam und die immer wiederkehrenden Geburtswehen der neuen Zeit ab: dann bleibt mir wirklich nur Bewunderung über für ! die eiserne Consequenz und Sicherheit, mit der er unsere Methode handhabt. Aber breit ist es wirklich: ich habe das bon mot gemacht: daß man ein Jahr lang Urlaub nehmen müße, um das fertige Werk zu lesen. – Überdies an Minors Charakter beginne ich zu zweifeln. Nicht nur daß er von mir verlangte: ich solle das Werk anzeigen in der Gymn. Z.schr. mit dem Beisatz: ‚Du brauchst es nicht aus Freundschaft zu loben, Du brauchst es [nu]r zu loben‘; sondern er motivirte diese Forderung mit dem mir höchst wertvollen Bekenntnisse: „Wenn wir so fortfahren einander zu schaden ...“. Also er hat mir bisher zu schaden versucht und wird darin auch fortfahren, wenn ich ihn nicht vor aller Welt lobe: so darf man wol diese Construction auffassen. Ich bin mir nicht bewußt, ihm geschadet zu haben und kann daher in dieser löblichen Beschäftigung auch nicht fortfahren. Leider habe ich ihn in [W]ien diesmal nicht gesehen. Auch dort aber sind mir Proben seiner Charaktertüchtigkeit und Überzeugungstreue entgegengetreten: in dem Briefe an den Bürgermeister, in welchem er s. Nichterscheinen bei der Sitzung des Raimund-Denkmal-Comittees! entschuldigte: erklärte er sich mit den Beschlüssen der Majorität für einverstanden. Bei der Grillparzergesellschaft wurde er einfach fahnenflüchtig, nachdem er seinen Namen zu dem wüstesten Dilettantismus hergeliehen hatte. Freilich so unpolitisch als ich war er nicht, der ich die Gesellschaft in offener Sitzung mit wenig Glück bekämpft und mich dann noch dazu von den Wiener Ztgn todt schweigen lassen mußte. Ich hoffe, dieses mein öffentliches Auftreten in Wien war mein erstes und letztes. Man muß dort – oder vielleicht überall? – zu einer Clique gehören, wenn man etwas ausrichten will. Meine Geduld war aber schon zu Ende. Gemeinderäthen und [de]m Bürgermeister, Magistratsbeamten und Bibliothekaren: allen sagte ich Wahrheiten & Grobheiten und ließ mich durch das ehrwürdige Waschweibsgesicht des ästhetischen Hofraths nicht einmal abhalten, anderer Meinungen zu sein als er.
Zu alledem habe ich nur mehr wenig persönliches hinzuzufügen. Ich laße mich für den Sommer von den Vorlesungen dispensiren, halte aber Seminar u. bleibe am Orte, wo ich ja besser und ruhiger arbeite als an jedem andern Orte; ich hoffe, Excellenz geht mir auf den ‚vaterländischen‘ Leim, den ich auf meinem Gesuche ausgestrichen habe. Nur so [h]offe ich meinen Löwen bezwingen zu können; denn noch immer wächst das papierene Gebäude um mich an: Briefe und Akten wollen kein Ende nehmen. Mit der Gesundheit gehts mir bis jetzt merkwürdig gut (nur die Influenzatage waren bös; Vater und Magd lagen auch; nichts zu essen, schlechte Bedienung etc. etc.) und wird dann erst besser gehen, wenn der fatale Uz überm Berg ist. Die Correcturen waren eine Höllenarbeit; die Druckerei nachlässig über die Maßen; vieles, von dem, was Sie in 2. u. 3. Correctur tadelten, hatte ich schon in 1. angestrichen. Der Anfang macht mir noch ein paar Tage Mühe, weil eine Stiluntersuchung nöthig ist, um unter 2 Sterbegedichten das richtige herauszufinden; dann mache ich die Einleitung fertig. Einige Tage wirds noch dauern. Verzweifeln Sie nicht!
Was ich aus Ihrem Hause die Zeit her hörte, war wenig; aber um so trauriger. Aber glau[be]n Sie mirs: ich weiß heute noch nicht was Ihrem Kinde fehlte; jeder der schrieb setzte es echt professorenmäßig als bekannt voraus. Ich habe ähnliches im allernächsten Freundeskreise mitgemacht und kann mir denken, wie ganz anders es an der Seele rütteln mag, wenns das eigene Kind ist. Die arme, arme Mutter! Mögen die Befürchtungen sich als irrig erwiesen haben und das Kindchen nun genesen sein. Ich wünsche dies aus vollster Seele. Sie haben sich Ihr Glück so lange erkämpfen müßen: daß nun die bittern Tropfen in der Süßigkeit Ihnen [hä]tten erspart bleiben sollen. Auch sonst soll viel Krankheit in Graz gewesen sein. Aber meine Berichte sind höchst spärlich. – Gedankt habe ich Ihnen noch nicht für den Aufsatz über HSachs aus dem neuen Band der VJS, der ehrenwerte Localforschung enthält und für die von Ihnen so pietätvoll geförderte nachgelassene Schrift ihres Schülers. Sie nimmt sich besser aus als ich nach der Diss. gemeint habe und kommt doch zu ganz hübschen Resultaten. Die abfällige Äußerung über meinen Text habe ich mir zum Theil verdient; nemlich ein Theil der Versehen,! ist darauf zurückzuführen, daß statt der echten Ausgabe (die [mi]r Kürschner geschickt hatte) ohne mein Wissen ein Nachdruck in die Druckerei gegeben wurde, was ich erst zu spät bemerkte. Auch führt man in solchen Samml. einen steten Kampf mit den Correctoren. Ganz ohne Schuld bin ich freilich nicht. – Zum Schluß eine Bitte: Können Sie für das 1. Heft des IV Bandes (das wohl Anfang 91) erscheinen wird einen (speciellen) Grillparzer Aufsatz brauchen; ich will ins Grillparzer Jahrbuch nicht schreiben und möchte dies auf diese Weise bekunden. Allerdings plant man in Wien eine ‚Zeitschrift für d. Geschichte d. [d]. Lit. in Öst.‘, bei der man auf mich in erster [R]eihe rechnet. Aber ob bis dahin schon etwas davon wird erscheinen können, möchte ich bezweifeln.
Und nun, lieber Freund, lassen Sie den Faden des Briefwechsels nicht wieder abreißen und grüßen Sie mir Ihre liebe Frau vielmals. Auch Schönbach wo möglich.
Treu und dankbar
Ihr aufrichtiger AS

Graz, 23. Februar 1890 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Graz Harrachg. 1
23 2 90.

Lieber freund Ich wollte Ihretwegen Ihren brief nicht beantworten, so sehr er mich freute und schnelle erwiderung verdiente: denn ich möchte Sie mit der Uzvorrede nicht drängen, die ohnedies jetzt schlecht in Ihr Grillparzerleben passt, und kann doch als herausgeber der sammlung nicht verhehlen, was der freund gerne verschweigen möchte: dass ich recht ungeduldig darauf warte. Jetzt muss aber das doch heraus gesagt sein, da Sie sonst meinem schweigen gott weiss was für eine unrechte deutung geben könnten.
Ich beneide Sie um all Ihr glück und all Ihren ärger mit Grillparzer. Denn Sie stecken doch mitten drin und auch mir ist es ein axiom, dass nur die darstellung vollen genuss gibt, um den man sich viel verdruss von aussen gefallen lassen kann, da die innere befriedigung alles aufwiegt. Und gerade die hindernisse und reibungen geben mutvollen enthusiasmus, ohne den kein grosses werk gedeiht (das hat glaub ich mir Goethe gesagt). Sei Ihnen das buch zum segen! Ich bewundere Sie, dass Sie neben diesem grossen werke noch sinn für anderes übrig behalten. Meine ganze sehnsucht geht nach einem ruhigen jahr, wo ich frei von allem, besonders von der ewig zerstreuenden und abhaltenden redigiererei, ganz meinem Wieland dienen könnte. Sie haben so recht, sich beurlauben zu lassen. Mich würde ein solcher ! wenig nützen, da mir der hebammendienst doch keinen tag ruhe lässt. Ihr zuruf: frisch an den Wieland! macht mich wehmütig; wie gern wollt ich ihn befolgen, aber .... Freilich will ich und werd ich, wenn mich der tod nicht überrascht, den ganzen Wieland darstellen. Aber gerade weil ich ihn darstellen will, muss ich der vorarbeitenden untersuchungen mich zuvor entledigen. Dass es bei einem manne, der über 60 jahre schriftstellerte, sich stark veränderte obwol er der gleiche blieb, von alten und neuen unendlich viel sich aneignete, führte und sich führen liess, nicht ohne eindringliche einzelvorstudien abgeht (einer starken individualität gegenüber lässt sich an vorarbeiten sparen, bei Wieland muss man immer erst genau das wie der anregung und aneignung prüfen, um darin ihn zu erwischen), das wissen Sie so gut wie ich u. ebenso, dass vorarbeiten nicht existieren. Ich gehe jetzt erst einmal darauf aus, ein vollständig objektives bild von Wieland zu gewinnen, d. h. genau mir zusammenzustellen, was er über sich selbst sagt und vielleicht leg ich dies urkundenbuch öffentlich vor. Keine bibliographie eines grossen autors liegt so im argen wie die Wielandische; die wichtigsten briefe sind zerstreut, abgesehen von den vielen ungedruckten; und die ausgaben!! ja hätte ich einen Lachmann oder Redlich (oder selbst Düntzer u. Loeper) oder Goedeke oder Suphan oder Sauer vor mir! aber so – – Wo ich anpacke, fehlt mir alles. Es ist eine verzweifelte lage. Sie haben doch erst eine Grillparzerausgabe machen dürfen. Schmidt u. Muncker u. Minor hatten geordnetes material, nur Haym hatte es ähnlich schwer wie ich und ihn bewunder ich alle tage mehr.
Minor übrigens hat mir mehr imponiert als Ihnen. Ich find ihn nicht zu breit und seinen stil nicht schlecht, wenn ich mich auch an manchen ausdrücken heftig anstosse. Jedenfalls ist sein Schiller das beste was ich von ihm kenne und viel besser als alles andere, das ich nicht gut fand. Eine starke persönlichkeit spricht auch aus dem Schiller nicht u. ich meinte, wegen Schmidts vorliebe, er müsse eine solche haben. Die biographischen teile gefallen mir viel besser als die litthistor., am wenigsten die Räuberpartie: da find ich die disposition mislungen. Seine naivetät in der behandlung einer lobenden recension ist köstlich u. entspricht dem göttlich frechen, Frdr. Schlegelischen auftreten in der ankündigung des Schiller.
Die Grillparzergesellschaft ist ein leidiges kapitel. Die factischen führer sind nicht vertrauenerweckend. Ich halte mich im hintergrund, bis ich leistungen sah !. Und es bedarf wol nicht eigens der versicherung, dass Sie für Ihren Grillparzer allzeit platz in der VJSchrift finden werden, so viel da ist. Ich nehme Sie beim wort und rechne fürs 1. heft des 4. bandes auf ein grosses Grillparzerianum, das – nach meinem plane – ende dezember 1890 erscheinen soll. Ihr Kleist ist im satz, vielleicht vollendet. Ihre Bürgerfortsetzung kommt im 3. heft, dessen mscpt. auch schon ganz in der druckerei liegt.
Von dem plan einer Zs. f. d. gesch. d d litt. in Österr. sprach mir Weilen, als er weihnachten hier war, freilich so, als ob sichs zuvörderst um Wiener litteratur handeln solle u. darum auch der Wiener gemeinderat eine subvention geben müsse. Das letztere scheint mir das erste nach den üblen erfahrungen der Wiener neudrucke u. Beiträge. Stoff gibts dann genug. Freilich fragt sichs, ob auch mitarbeiter genug. Wissen Sie welche? In den 9 bisherigen heften der VJS hab ich schon etwa 75 mitarbeiter verbraucht – entschuldigen Sie den redactionsbureau ausdruck! – Wie viele gibt es, die in österr. litt. arbeiten wollen und arbeiten können?? Das ist mein sehr ernstes bedenken. Für die sache bleibt meine ganze neigung und meine besten wünsche. –
Bernays hat also seine entlassung, schlicht, erhalten. Die Münchner wollen Muncker, er aber ist gegen ihn. Er soll Burdach wollen. Von anderer seite höre ich Suphan nennen. Auch Hertz soll sich hoffnungen machen. Muncker macht sich breit: er liest im sommer haufenweise, auch altdeutsch. – –

Hier geht es kläglich. Mein kind hat einen wassererguss im gehirn gehabt, war in folge dessen einseitig ganz gelähmt, sprachlos und ohne bewusstsein. Der verstand ist jetzt wider da, die sprache fast wie vorher (es war noch wenig), die lähmung ist besser aber noch lange nicht gut. Von gehen keine rede. Der rechte arm ist noch nicht zu gebrauchen. Die ganze person ist schwach, hat leicht fieber u. macht tag u. nacht sorge u. plage, die mir alle lust und kraft zur arbeit nimmt. Auch meine arme frau kommt dabei sehr herunter und wird täglich nervöser. Es ist ein jammer. Was hab ich nun, wenn das kind zeitlebens etwas lahm bleibt?
In gesellschaft gehen wir in folge dessen gar nicht. Schönbach sehe ich oft u. vertraut, gewiss 2 mal in der woche. Er freut sich meines kindleins über die massen und sucht es gerne auf. Bauer und Gurlitt sprech ich auch; beide sind durch den kräftigen buben und die dicke maid sehr in anspruch genommen, da die frauen ja nicht alles leisten können. Sie freuen sich wenigstens des sichtbarsten gedeihens. Andere treff ich selten; zumal da ich auch facultätssitzungen tunlichst schwänze: mich dünken sie zeitvergeudung. Auch Schönbach besucht sie fast nie. Er arbeitet unaufhörlich, mit liebe u. kraft.
Unsere bibliothek wollte einstürzen, unser kollegienhaus soll gebaut werden. Alles ist halb wie der böhmische ausgleich. Die wahlen im Reich sind schlecht, die kaisererlässe über die arbeiter gefallen mir nicht, vor 100 jahren hätte man sie josephinisch genannt, Bismarck zieht sich zurück, die von unserm Franz Joseph gerühmte ordnung Bulgariens zeitigt die Panitzaverschwörung, Serbien ist russisch und Paris boulangistisch: hols der teufel, die aspekten sind böse. Ich bin schon ganz der pessimistische Österreicher.
Und verabschiede mich mit überzeugungsvoll optimistischen wünschen für Ihren Grillparzer (( ((und Ihren Uz)) )) –
Treulich
BSfft.

Graz, 6. März 1890 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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L. fr. Verzeihung aber es muss sein! Schreiben Sie mir umgehend, bis wann ich verlässig die einleitung zum Uz haben kann. Ich gestehe, mir wird unheimlich um unser honorar: wir haben uns der firma gegenüber verpflichtet das mscpt fertig zu liefern und jetzt ist der satz der gedd. längst fertig und keine einleitg. abgeliefert. Dazu die ohnehin verwirrte situation der firma.
Eiligst herzlich
BSfft.

Graz, 14. März 1890 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Lieber freund Nach meiner schüchternen anfrage über Ihre Uzeinleitung vom 23. februar und der dringenden vom 6. d. m. möchte ich Sie nochmals so bescheiden und so stürmisch und so nachdrücklich als möglich bitten, mir zu sagen, was nun mit Ihrer Uzeinleitung ist. Sie schrieben ja doch vorigen juli, es seien wenige striche zu ihrer vollendung nötig, die spätestens im oktober vollzogen sein soll. Jetzt ist ein halbes jahr später als oktober und Sie gönnen mir nicht einmal eine antwort. Für einen redacteur ist das verdriesslich, für einen freund schmerzlich.
Grüssend
BSeuffert

Graz 14 III 90

Prag, 15. März 1890 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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15.3.90.

Lieber Freund! Ich hatte Ihnen nicht eher schreiben wollen, als bis ich das Ma[nus]cript hätte mitschicken können. [A]ber schließlich ist diese Methode die allerschlechteste. Sie können sich keine Vorstellungen von all den Aufregungen und Verdrießlichkeiten machen, die mir der Wiener Gemeinderath in den letzten Monaten und Wochen bereitet hat und die mich endlich ganz außer mich selbst gesetzt haben. Daß ich nun auch Sie mit den übelsten Seiten meines Temperaments bekannt machen und darunter leiden laßen muß, verstärkt meinen namenlosen Ärger noch mehr. Ich habe heute meine Vorlesungen – auf 7 Monate – geschlossen und kann Ihnen heute nur versprechen, daß ich nicht früher von Prag abreise, bevor die Einleitung, an der sehr wenig fehlt, was aber doch ergänzt werden muß, an Sie abgeschickt ist. Hätte ich sie doch im vorigen Frühjahr oder Sommer schon aus der Hand gegeben! Bitte, lassen Sie mir das alles nicht zu sehr entgelten und verurtheilen Sie nicht Ihren treu Ergeb.
AS.

Prag, 16. März 1890 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Lieber Freun[d!] Ich bitte Sie, streichen Sie den Passus über das Wort ‚Dudenkopf‘ falls Sie nicht selbst eine bessere Erklärung wissen, gefälligst weg; ich möchte mich doch nicht gerne blamiren.
Herzlich grüßend
Ihr
AS

16/3 90.

Graz, 21. März 1890 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ihre 2 karten u. die korrekturen habe ich dankend erhalten. Bei Dudenkopf strich ich Ihre bemerkung und verwies auf Grimms DWBuch. Zarncke kommt zu spät: Richard M. Meyer hat mir genauere auskunft über Rüttgerodt schon am 21. febr. zugehen lassen und ich sandte seine notiz als anmerkung zur Bürgerfortsetzung in die druckerei. Gestern erhielt ich aus Kopenhagen ein paar aktenstücke über Kleists dänische dienste; ich versuche sie noch einzuschieben: dann gibt’s ein rechtes Kleistheft. – Ich bedaure die mir unverständlichen schwierigkeiten, die Sie immer wieder mit dem Wiener gemeinderate haben. – Endlich habe ich durch drohungen eine antwort der Henninger erpresst, in der nächsten woche soll der verkauf der DLD perfekt werden. Da ich aus einer zuschrift des künftigen verlegers ersehe, dass er, wenn überhaupt, scharf ins zeug gehen will, so bitte ich die Uzeinleitung trotz dieser veränderung nicht zu verschieben. Der neue verlag ist vornehm, mehr kann ich heute nicht sagen. Dank für Ihre Strauchbibliographieanzeige. Steinmeyer wird sie übel nehmen. In der hauptsache stimme ich Ihnen zu, über die einrichtung im einzelnen denke ich anders: aber unsere wünsche finden keinen verleger.
Gruss
BSfft.

Ich wäre dankbar für ein baldiges wort, wann das Grün- und Lenau Denkmal in Wien enthüllt werden soll.

Prag, 24. März 1890 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

LF. Über das Grün-Lenau-Denkmal weiß ich gar nichts, erinnere mi[ch a]ber dunkel, gelesen zu haben, daß [es] im Jahre 91 enthüllt werden soll. Ich kann mich in Wien erkundigen. – Der Besitzer der Goeckingk-Bürgerbriefe theilt mir mit, daß er von Mitte Mai – Ende Juni und von Mitte August – Ende Sept. vom Hause abwesend sein werde. Da ich nun einer nochmaligen Collation sehr ungern entbehren würde, bitte ich Sie, wenn es irgendwie möglich ist, die betreffenden Correcturen vor oder nach diesen Terminen an mich gelangen zu lassen. Für die DLD bitte ich Sie vielleicht Zachariäs Renommist in Vorankündigung zu nehmen. Es wird bei mir jetzt eine Diss. über das komische Epos gemacht u. nach dem Doctorat u. einer eventuellen weiteren Probezeit lassen Sie den betreffenden vielleicht zu; er wäre auch für Thümmels Wilhelmine zu brauchen. Wäre diese auch noch dringender nothwendig als der Renommist, so ist jener doch noch später so verändert, daß man ihn kaum wiedererkennt. Mögen die Veränderungen im Verlage zum Vortheil sein, das wünscht herzlich Ihr bestens grüßender
AS.

Prag, 8. April 1890 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, Weinberge 450. Osterdienstag 1890

Lieber Freund! Das Manuscript zur Einleitung ist soeben auf die Post geschickt worden und geht hoffentlich auch heute noch ab. Es hat schließlich doch noch viel mehr Arbeit gemacht als ich vermuthet hatte und die ganz Char[wo]che, die ganzen Feiertage habe ich ohne aufzublicken an der Reinschrift gearbeitet, die stellenweise noch immer kraus genug gerathen ist, was Sie mir, dem Sie so vieles verzeihen müßen, nicht übel nehmen dürfen. Daß sie sehr umfangreich ist, daß sie etwas ins Weite geht, daß der Schweizer-Wieland-Krieg fast zur Hauptsache geworden ist, das werden Sie ebenso gut oder übel sehen wie ich. Ich habe mir durch eine Gliederung ge[h]olfen, bitte Sie aber die Überschriften der einzelnen Abschnitte nicht durch die gewöhnlichen fetten und häßlichen Lettern auszuzeichnen, sondern sie mit recht kleiner Schrift setzen zu lassen, es sollen mehr Randzeichen sein als Capitelüberschriften. Gienge das nicht an, oder gefielen Ihnen die Überschriften überhaupt nicht, dann bitte ich wenigstens jedesmal dort wo jetzt eine Überschrift steht, ein Spatium von 1–2 Zeilen zu gewähren.
Leider muß ich Ihnen aber mit dem Manuscript noch eine Arbeit machen. Sie schickten mir vor Jahren die Auszüge aus der Zürcher Stadtbibliothek unvollständig[,] erklärten sich aber bereit, ev. für den Druck die ausgelassenen Stellen einzufügen. Sie werden nun sehen, daß wenigstens die Erklärung Wielands in meinem Zusammenhange sehr wichtig ist und daß auch die unterdrückte Vorrede kaum entbehrt werden kann. Ist dies aber der Fall, dann sollten die Schriftstücke auch lückenlos soweit sie erhalten sind hier erscheinen. Viel kann [j]a bei beiden nicht fehlen und ich bitte Sie, diese Lücken in meinem Man. auszufüllen. Der Werth der Vorbemerkung würde dadurch auch noch bedeutend erhöht werden. Daran knüpfe ich gleich die zweite Bitte, daß Sie bei der Correctur die mir mitgetheilten Stellen mit Ihren Abschriften collationiren möchten; denn so aus der zweiten und dritten Hand sind Fehler fast unvermeidlich. Ein Wort, ich glaube in Künzlis Brief habe ich überhaupt nicht lesen können. Dabei mache ich den Vorschlag „Sie“ in der Anrede auch gegen die Vorlage immer mit großem Anfangsbuchstaben zu schreiben, was ich auch sonst in meiner Einleitung durchführe. [All]erdings habe ich nun das Beste in dieser Einleitung aus Ihrem Material geschöpft und das ist für mich fast drückend. Wäre die Arbeit so gut, daß ich Sie auffordern könnte, Ihren Namen einfach mit darunterzusetzen, [e]s wäre mir eine Freude; aber ich wage es kaum, Ihnen diesen Antrag zu thun. Vom Schluße dürfen Sie nichts streichen. Ich bedanke mich ja nicht einmal bei Ihnen, ich constatire nur die nackten Thatsachen. – Ihnen als Kenner Wielands werden meine vom Saum seines Gewandes aufgelesenen Stäubchen wahrscheinlich nicht genügen. Aber das Eine dürfen Sie nicht vergessen, daß ich mehr auf den Zusammenhang seiner Entwicklung hier nicht eingehen konnte. Finden Sie Unrichtigkeiten, so ändern Sie sie, bitte, kurz[we]g. Wissen Sie wer Jolcos, wer Enipeus in den Freimüth. Nachrichten ist? wo die Zuschrift an Sack 1769 wieder gedruckt wurde? Vor allem andern aber wäre mir eines lieb. Uz und andere sagen, daß Wieland die Anakreontiker Sardanapalische Dichter genannt habe; das kann ich nun in meinen Auszügen nicht finden; sollte es in einem gedruckten Werke sein, dann wol [in] den Sympathieen, die ich Sie daraufhin durchzublättern bitte. Vielleicht aber auch in einem Briefe. Wo die Stelle einzufügen wäre, könnten Sie leicht bestimmen, wenn Sie sie gefunden haben. Schon diese ev. Zusätze berechtigen mich zu der Bitte, die Einleitung in Fahnen setzen zu lassen. Es ist aber um so nothwendiger, weil ich auch stilistisch – und sei es auf meine Kosten – einiges bessern möchte; in die ewigen ‚Angriffe‘ und ‚Ausfälle‘ kann vielleicht doch noch etwas Abwechslung gebracht werden. Eine stilistische Frage will ich Ihnen dabei auch vorlegen. Der fatale Genetiv: Uz’, des Uz, Uzens. In manchen Sätzen stört mich das letztere nicht, in andern sehr. Ich habe es bei der Reinschrift sehr beschränkt aber es nicht entbehren können. Uz’ ist scheußlich; des Uz, wie unsere Grammatiken lehren, kann ich mir gesprochen denken, aber nicht geschrieben. In der VJS schreiben Sie z. B. Voß’, während Voßens vorzüglich klingt, weit besser als Uzens. Ihre Ansicht darüber zu hören, wäre mir sehr lieb. Die gegenwärtige Mischung kann ja immer bleiben.
An 3 Stellen bin ich auf Fehler im Apparat gestoßen und habe die Verbesserungen dort angebracht, wo sie sachlich hingehören. Vielleicht aber empfiehlt sichs, sie am Ende der Vorbemerkung zusammen zu stellen. Der eine Fehler S. 81 ist höchst fatal; wäre es möglich einen Carton drucken zu lassen? wissen Sie, was das etwa kostet[?] Ich hätte große Lust, etwas daran zu wenden, um diesen Fehler aus der Welt zu schaffen.
Das alphabetische Verzeichnis der Versanfänge soll nach Muster von Elster-Heine zugleich auch ein Register über die Vorrede sein; ich habe die Blätter daher einstweilen zurückbehalten.
Nun noch ein Punkt, den ich heute schon erwähne, um niemanden in Verlegenheit [zu] setzen. Ich brauche Anfangs Mai Geld und habe keine andere Quelle als dieses Honorar für DLD 33. Es beträgt schon für den Text 600 M; dazu kommen noch circa 100 M. für die Einleitung: also eine für meine bescheidenen Verhältnisse bedeutende Summe. Ich kann auch zu meinen Gunsten anführen, daß mich die Henninger im vorigen Jahre 2mal 2 Monate lang hingehalten haben und daß das indirect auch die mir zur Last fallende Verzögerung mitverschuldet hat. Andererseits kenne ich die Schwierigkeiten bei [de]r Übernahme durch einen neuen Verleger, den man nicht zuerst mit einer solchen Bitte kommen will. Ließe sich der Druck der Einleitung sehr beschleunigen, dann könnte das Buch bis Anfangs Mai überhaupt fertig sein. Ich frage mich also wenigstens bei Ihnen an, wie Sie sich einen Ausweg denken, und ob Sie es für mög- lich halten, mir im schlimmsten Fall 150–200 M. vom Verleger zu erwirken bis das ganze flüßig wird. – Ich habe seit Jahr und Tag nichts mehr als meinen Gehalt eingenommen und all mein angestrengtes Arbeiten ist nur ein Wechsel auf die [Z]ukunft.
Ich fahre heute Abends noch nach Wien; leider ist mein dortiger Aufenthalt jetzt sehr zusammengestrichen; am 3. Mai muß ich spätestens hier sein, kann aber in der 2. Hälfte Mai wieder auf 14 Tage fort. Meine Wiener Adresse schreibe ich Ihnen morgen von dort aus.
Und nun zum Schluß, was den Anfang hätte bilden sollen, die Bitte daß Sie mir nicht zürnen möchten weg[e]n meines langen, langen Stillschweigens und der verzögerten Ablieferung des Manuscriptes. Niemand hat mehr darunter gelitten als ich selbst.
Wie geht es Ihrem Kinde, wie Ihnen selbst? Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau und laßen Sie sich nachträglich noch Ostergrüße ins Haus senden. Treulichst Ihr AS.

Wien, 11. April 1890 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Fre[un]d! Meine Adresse ist b[is] auf Weiteres
‚bei Herrn Director Glossy‘ Wien VI. Getreidemarkt 3.
Ich habe heute mit Goltsch vieles auch über Graz geredet.
Herzlichst
Ihr
AS.

Wien 2/4 90.

Graz, 11. April 1890 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Graz 11.4.90

Da hab ich denn das langersehnte manuscript in händen, freu mich aufs durchlesen, will es ergänzen wenns not sein sollte und alles daran tuen was Sie wünschen l. fr. Möge sein schicksal günstig sein! Vor drei tagen noch hätte ichs guten mutes und freudigen herzens empfangen, denn bis dahin glaubte ich das schicksal der DLD geborgen. Am 8.ten erhielt ich einen brief, der das gegenteil nicht gewiss macht, aber befürchten lässt.

Die lage ist die. Ende november erhielt ich brief von Henninger, sie hofften mir bald eine gute nachricht über den verkauf geben zu können. Darnach schwiegen sie, obwohl ich anfangs januar mahnte. Ich stellte am 17. märz nun dringende fragen: wann das im januar fertig gestellte heft 30 ausgegeben u. das honorar dafür an Weilen und mich gezahlt werde? ob sie bereit seien, Ihre einleitung zu übernehmen und sofort in druck fertig zu stellen? Schliesslich erklärte ich, dass wenn auf diese fragen wider keine antwort komme, ich die firma für aufgelöst halten müsse (wozu ich allen grund hatte durch die wahrnehmung dass 2 andere verleger schon teile des H.schen verlages ankündigten) und Ihre, Weilens und meine ansprüche einem juristen übergeben werde.
Darauf kam nun antwort, wie grob, will ich Ihnen nicht sagen, jedenfalls so, dass ich kaum mehr ohne vermittlung eines advokaten mit den herren correspondieren werde oder doch sollte. Sie erklären darin, es falle ihnen nicht ein, die hefte 30 u. 33 beim drucker auszulösen, das solle der käufer tun.
Antwort: ob sie honorieren wollen, geben sie so wenig wie darauf, ob sie ihre einleitung in empfang nehmen wollen. Sie sehen daraus, dass ich Ihnen keine hoffnung machen kann, von dieser seite honorar zu erhalten.
Ich hätte Ihnen darauf hin telegraphiert: lassen Sie von Uz, wenn sich nicht gleichzeitig ein kauflustiger gemeldet hätte, dessen erster brief ganz fröhlich zuversichtlich lautete, der zweite wurde nachdenklich, der dritte besorglich und der 4., eben der am 8. eingetroffene sagte: ich sehe kaum mehr eine möglichkeit mich mit den hh. Henningern zu einigen.
Mein standpunkt bei den verhandlungen mit dem kauflustigen war der: preis zu geben, was sich preis geben lässt an vorteilen, um das erscheinen der hefte 30 u. 33 in anständigem verlage zu retten, um ein unternehmen zu retten, dessen fortsetzung mir vor der hand noch im interesse unserer wissenschaft zu liegen scheint. Es ward mir um so schwerer, schlechtere honorare für die zukunft (nicht rückwirkend natürlich) zu acceptieren, weil ich nicht herausgeber bleibe (unter uns! bitte dringend). Aber ich sehe ein, dass kein verleger ein unternehmen kaufen kann, das die kosten nicht deckt selbst wenn die ganze auflage verkauft wäre (und von den heften Messias Karl v. Burgund Hagedorn u. Pyra ist ¼ der auflage etwa verkauft!): für so schlechte rechner hätte ich die Henninger nicht gehalten. Bis zum 8. war ich zuversichtlich, dass meine nachgibigkeit den kauflustigen zum abschluss bringt. Aber als heraus kam, dass er die hefte 30 u. 33 beim drucker auslösen und uns honorieren solle (was die hh. gebr. H. ihm offenbar bis dahin verschwiegen hatten), wurde er kopfscheu. Was nun wird, weiss der himmel. U. Sie können sich denken, wie peinlich mich nun die ankuft Ihres manuscriptes trifft. Hätten wirs doch in der druckerei gehabt mit dem text, dann wäre es längst gesetzt, müsste honoriert werden, müsste erscheinen, dass liesse sich alles juristisch durchsetzen.
Nun hoff ich, dass sich doch ein käufer noch finde, ists nicht dieser, ists ein andrer und jedenfalls ist es gut, wenn ich schreiben kann, dass manuskript zur fertigstellung von heft 33 liegt da. Oder wünschen Sie, dass ichs an die Henninger schicke. Concurs haben sie meines wissens nicht angemeldet, es wäre also von dieser seite keine gefahr, es ihnen auszuhändigen. Aber ob sie es nehmen? sie werden mir schreiben: Seuffert ist kontraktbrüchig, weil er das manuskript der einleitung nicht mit dem text einreichte, wir weigern die nachträgliche annahme u. s. f. Die herren sind jetzt reizbar und man versieht sich alles von ihnen. Mögen Sie direkt an die Henninger schreiben, so ists vielleicht auch gut: Sie brauchen ja von der ganzen verkaufsangelegenheit nichts zu wissen, ersuchen um honorar für den text mit dem hinweise darauf dass die einleitung bei mir liegt, die fertigstellung des heftes also ganz in die hand der verleger gegeben sei. Vielleicht sprechen Sie mit Weilen u. sagen auch ihm, dass ich alles tue, seine ansprüche zu erfüllen, ihm aber auch freie hand zu direkter aktion lasse.
Hoffentlich bring ich bald bessere nachricht. Gruss
BSfft

Graz, 13. April 1890 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Der brief war vorgestern geschrieben; gestern wurde nur Ihre adresse, auf die ich warten musste, darauf gesetzt; heute kommt brief von dem ungenannten, der die äusserung – er zweifle an einigung – auf ein missverständnis zwischen ihm u. den gebr. H. zurückführt, und bis ende dieser woche sicher einigung erwartet, auch die honorarfrage Weilens u. Sauers gut zu lösen verspricht. Also kopf oben, ich denke alle Ihre wünsche sollen befriedigt werden. Sie haben doch in Prag Ihre Wiener adresse hinterlegt, wenn die Henn. etwa an Sie schreiben sollten?
Gruss BSfft.

Wien, 14. April 1890 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Wien, 14. April 1890.
bei Dr Glossy, VI. Getreidemarkt 3

Lieber Freund! Es thut mir herzlich leid, daß Sie mit den DLD so viele Sorgen haben; es thut mir aber auch leid um die hübsche Sammlung selbst und nicht zum mindesten um meinen Uz, der das Ganze todschlägt und selbst dabei ums Leben kommt. Hätte ich eine Ahnung davon gehabt, daß die Dinge so stehen, ich wäre der Erste [g]ewesen, Ihnen von diesem Wälzer abzurathen; wie die Dinge jetzt liegen, halte ich es aber noch immer für das Beste, daß Sie die Einleitung dazu fertig in den Händen haben, ohne die ja doch niemand den Text erscheinen laßen kann. Ich will also um den Verlust der letzten vier Wochen nicht trauern, so sehr sie mir beim Grillparzer abgehen werden und schon jetzt ab[g]ehen.
Über das was jetzt zu thun ist, habe ich mit einem Juristen gesprochen und dessen Ansicht ist die, daß ich zu Henningers in gar keinem rechtlichen Verhältniße stehe, von ihnen also auch nichts zu fordern habe und es eine Verschiebung des Verhältnisses bedeutete, wenn ich ihnen schriebe. Rechtliche Ansprüche könnte [ich] nur an Sie als Herausgeber der DLD und mittelbar durch Sie an die Verlagshandlung erheben. Ich halte es daher für das Beste, daß auch Sie vertraulich mit einem Juristen sprechen und sich dann für Sie selbst und für uns eventuell [an] einen Advocaten wenden. Ich glaube, daß es zu unsern Gunsten spricht, daß zwei Hefte in Betracht kommen und das eine vollständig ausgedruckt ist. Wird das anerkannt oder übernommen, dan ! kann der Uz nicht eingestampft werden und daß die Einleitung nicht rechtzeitig fertig war wird jetzt zu einer cause celebre nicht mehr gemacht werden können, weil die Henninger diese Thatsache dadurch daß sie den Druck begannen, billigten.
Was endlich mein dringendes Bedürfnis Geld zu bekommen betrifft, so halte ich es für vernünftiger, wenn ich momentan mir andere Schleusen eröffne und die Action gegen Henninger unabhängig von rascher Abschlagszahlung eröffne: Es ist wichtiger das Ganze sicher, als viell[eic]ht einen kleinen Theil rasch und nur diesen allein zu bekommen. –
Ich weiß meine Sache bei Ihnen sehr wohl geborgen und werde also zunächst nichts in dieser Angelegenheit thun: werde Herrn v. Weilen, falls ich ihn sehe, dasselbe sagen. Ändert sich die Situation, dann bin auch ich zu anderer Taktik ger[n] bereit. Halten Sie mich auf dem Laufenden.
Mit herzlichen Grüßen
treulichst
Ihr
Sauer.

Wien, 15. April 1890 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vielen [Da]nk für Ihre bessere Nachric[ht.] Je eher, desto lieber; je sicherer desto besser. Ich wohne für den Rest meines Wiener Aufenthaltes, d. h. bis circa 29. im
Hotel Hammrand VIII. Schlösselgasse,
weil Glossy s. Wohnung wechselt. – Herr von Weilen, den ich heute sprach, ist meiner Ansicht: ruhig zuwarten und auf Sie vertrauen.
Treulichst Ihr
abgehetzter AS.

Wien 15/4 90.

Graz, 18. April 1890 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Graz 18 4 90

Lieber freund Ich habe nun Ihre einleitung durchgenommen, damit sie, sowie der erwartete brief des käufers der DLD einläuft, an diesen abgesandt werden könne. Ich kann Sie ehrlich versichern, dass ich auch aus dem Wielandteile viel gelernt habe und gar erst aus den andern. Es ist eine ausserordentlich umsichtige und reichhaltige sammlung über Uz, die man Ihnen gewiss danken wird.
Ich gehe nun die einzelnen bemerkungen Ihres geleitbriefes in seiner reihenfolge antwortend durch.
An den überschriften der abschnitte wüsste ich keinen anstoss zu finden: Ich lasse sie in der schrift des textes, nur gesperrt, drucken, da Sie fette schrift verbeten haben.
Ihren wunsch, die Wielandische erklärung und seinen unterdrückten vorbericht zu ergänzen, erfülle ich gerne, wenn Sie darauf bestehen. Aber ich möchte Ihnen recht dringend anempfehlen nicht darauf zu bestehen. Sie haben recht, dass der Schweizer-Uzkrieg ohnedies sich in der einleitung sehr breit macht – seinem interesse gemäss. Es fragt sich nun, ob Sie auch durch die Uz nicht betreffenden teile jener stücke die ausdehnung noch vergrössern sollen. Ich möchte das entschieden widerraten: Uz kommt zu sehr aus dem gesichtskreis. Von der erklärung wäre noch ein ganz erhebliches stück zuzufügen, von der vorbemerkung allerdings weniger. Es wäre anders, wenn Sie einen zs.-artikel schrieben, da halte ich solche überschüsse für allenfalls erlaubt. Hier in der einleitung müssten Sie denselben eindruck machen, wie auf meine recensenten und längst auch auf mich die mitteilung eines ganzen briefes in der studie über Wielands Abderiten. Überhaupt haben Sie ja in Ihrer einleitung so viel fremde stimmen reden lassen, dass mir jede verstärkung in dieser richtung dem gesammteindrucke schädlich zu sein scheint. Und: wer sucht hier die Wielandischen stücke? sie gehen in Uz verloren. Doch, wie gesagt, beharren Sie bei Ihrem wunsche, so geschieht ihm genüge, obwol ich seine erfüllung mehr als schädigung denn als gewinn betrachte.
Die betr. stellen der einleitung sollen mit meinen abschriften bei der korrektur verglichen werden. Ich bin völlig einverstanden, ‚Sie‘ allzeit ‚gross‘ zu schreiben.
Für die freundlichen schlussworte danke ich Ihnen herzlich und weiche Ihrem gebot – wenn auch widerstrebend –, nichts daran zu ändern.
Auf Jolcos und Enipeus weiss ich jetzt keine antwort zu geben, den ersten wusste ich einmal, vielleicht finde ich wider.
Die zuschrift an Sack ist in einem Zürcher einzeldrucke von 1769 widerholt, wahrscheinlich ohne Wielands wissen und willen: ich habe das angemerkt.
Die ‚sardanapalischen Dichter’ habe ich richtig in den Sympathien gefunden und die stelle beigeschrieben.
Die 1. korrektur in fahnen zu liefern habe ich angeordnet. Ich bitte aber bei der absendung anzuordnen, ob die zweite auch noch in fahnen oder umgebrochen geliefert werden soll, damit nicht wider wie beim letzten textbogen ein umbrechen nach der 2. korrektur nötig wird.
Die Uzgenetive sind freilich beschwerlich. Raten kann ich nicht. Mir sind alle flexionen von nom. propr. nur zu lästig und berühren mich wie archaismen. Ich neige zum artikel, den mir aber Erich Schmidt konsequent als gallicismus wegstreicht.
Ein paar mal hatten sie Uz auch im man. gesperrt, wo ich glaubte den namen statt des pronom. einsetzen zu müssen. Sonst variierte ich einigemal bedingen und schließen, sie und welche wegen der erwünschten abwechlsung bei naher wiederholung.
Was ein karton kostet, um den fehler S. 81 auszutilgen, werde ich den künftigen verleger fragen.
Hielten Sie es nicht für wertvoll, wenn ausser dem noch ausstehenden register der versanfänge auch ein verzeichnis alle vorkommenden personennamen (in text und einleitung) angehängt würde? Es ist mir mit recht zum vorwurf gemacht worden, dass ich das bei El. Schlegel versäumte. Ich bin sehr dafür eingenommen, Weilen hat es auch zu den Gerstenbergschen Litbrfen gemacht (nach dem muster von heft 8).
Die druckversehen unseres textes noch eigens anzumerken ausser in den fussnoten halte ich für überflüssig, da die betr. stelle ja im verzeichnis der versanfänge citiert wird.
So weit die antwort. Und nun noch eine bitte zur überlegung. Sie haben den genauen titel der Anakreonübersetzung und des Gesangsbuches in der einleitung gegeben, nicht den zur Horazübertragung: das scheint mir eine ungleichheit, die auszubessern wäre. und ferner hielte ich für gut, wenn die ganze vorrede des 2. Horazbdes. die Sie Uz, überzeugend, zuschreiben, abgedruckt würde: den Horaz drucken wir doch wie neu wie den Anakreon und dann wäre der titel Sämtl. ww. wider um 1 stück berechtigter. Ich plädiere sehr lebhaft für diese ergänzung.
Ich bitte Sie mir über diejenigen punkte, welche eine veränderung Ihres msptes betreffen, rasch Ihren willen kund zu tun, damit ich weiss, ob ich es aus der hand geben darf oder nicht. Denn auch diese zusätze erst auf den fahnen vorzunehmen, scheint mir doch zu kostspielig für Sie zu werden. Der künftige verleger hat mir sehr bestimmt erklärt, dass er völlig druckfertige manuskripte erwarten müsse und die extrakorrekturen nicht zahlen könne.
In Ihrer note über den brief Wielands, den ich Sack zuschrieb, erlaubte ich mir beizufügen, dass ich selbst auch von dieser irrigen adresse abgekommen bin.
Und nun zu Ihrem letzten briefe! Ich habe selbstverständlich gleich im oktober mich bei meinem bruder civilprocessualisten über den juristischen stand unserer forderungen an die gebr. H. erkundigt und bin darüber völlig im klaren. Ich hoffe, dass es jetzt nicht nötig wird, zu einem rechtsanwalt unsere zuflucht zu nehmen. Ob freilich, auch wenn er kauf in dieser woche perfekt wird, ein teil Ihres honorares am 1. mai flüssig sein wird, ist die frage: der verleger muss doch neue umschläge etc. drucken und erst heften lassen und vor der versandbereitschaft ist er zu keiner zahlung verpflichtet. Ihn sofort beim ersten anlauf um vorschuss anzugehen, ist kaum möglich.
Ihren Bürger hatte ich ausser der reihe in satz nehmen lassen in Weimar, damit der edle Goeckingide die korrektur lesen kann. Sie müssen korr. in händen haben.
Versprechungen über neudrucke komischer epen kann ich jetzt Ihrem schüler noch nicht leisten. Ich behalte die sache im auge.
Grüssend Ihr BSfft.

Auf Seite 1 am Rand: Nachdem Sie doch in das Grillparzerjahrb. einen artikel versprochen haben, werde ich fürs 1. heft des 4. bd. auf keinen rechnen dürfen?

Auf Seite 4 am Rand: Vielleicht hören Sie doch etwas über die zeit der errichtung des Grün-Lenau denkmals.

Wien, 19. April 1890 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, Weinberge 450.

Wien Hotel Hammerand. 19/4 90.

Lieber Freund!
Wenn ich heute etwas formlos schreibe, so zürnen Sie mir deswegen nicht.
Daß Sie mit meinem Uz zufrieden sind, gereicht mir zur großen Beruhigung. Ich möchte Ihnen nicht gerne Schande machen.
Ich kann natürlich nicht darauf bestehen, daß Sie die Wielandstücke ergänzen. Ich hätte lieber einen Zs. Artikel geschrieben; aber das hätte die Einleitung zu sehr entwertet und gegen den Vorwurf der ungleichmäßigen Behandlung der einzelnen Partien habe ich mich – wie ich hoffe – durch die ersten Sätze der Einlei[tu]ng gedeckt. Meine Argumentation war die: Da das wichtigste aus diesen ungedruckten Papieren nun einmal mitgetheilt wird, könnte der Rest mitlaufen, ohne Schade des Ganzen. Es ist mir aber unbegreiflich, was Sie sonst mit diesen fehlenden Theilen anfangen können, es gäbe denn eine Gesammtausgabe der Werke zu redigiren. Es müßte Ihnen also selbst am angenehmsten sein, da Sie die Papiere schon einmal geopfert haben, sie ganz loszubringen. Dabei war meine Voraussetzung, daß nicht viel bei Ihnen zurückgeblieben sei. Erweisen Sie mir wenigstens die Freundlichkeit die unterdruckten Partien noch einmal daraufhin durchzulesen, ob sie wirklich außer den von mir behandelten Zusammenhang fallen. Im übrigen ist Ihre Meinung die Ausschlag gebende.
Ein Verzeichnis der Personennamen füge ich gerne bei.
Der genaue Titel der Horazübersetzung muß hinein. Es ist mir selbst aufgefallen und ich habe es mir wie ich finde zur Ergänzung notirt. Da könnte man in den Fahnen zwei Zeilen aussparen. Die ganze Vorrede einzuschalten wird umständlicher sein. Ich müßte mir das Buch von neuem verschaffen, denn ich habe mir nur die wichtigsten Stellen abgeschrieben. Bis zur Correctur könnte die Ergänzung gewiß geschehen sein; ich [wü]rde es aber früher zu liefern trachten, wenn Sie bei Ihrer Meinung bleiben. Ich möchte Sie aber nur aufmerksam machen, daß von ‚Sämtlichen Practischen Werken‘ u. nicht von ‚J. W.‘ im allgemeinen die Rede ist; zu diesen gehörte dann noch die Biographie Cronegks aus dessen sämtlichen Werken, die zweifellos von Uz herrührt. Es müßte dann auch wenigstens noch erwähnt werden, daß er an der Bibl. d. sch. W. [u]nd an der Wochenschrift ‚Der Freund‘ nicht mitgearbeitet zu haben scheint, daß aber andere Ansbacher Ztschrften der Durchforstung noch harren. Ob der Cronegk Aufsatz noch einzufügen wäre? Sehen Sie sich ihn doch an.
Bürger-Correctur habe ich bekommen u. auch schon nach Wiesbaden weiter spedirt.
Übers Jahrbuch wissen Sie wol von Schönbach. Wir haben die Redaction Herrn Reich entwunden und Glossy will wichtige Papiere aus dem Grillparzerarchiv darin abdrucken lassen; es wird also besser als ich meinte und wenn ich kann, will ich einen Artikel hinein geben. Legen Sie Werth auf einen Gr[il]lp. Artikel fürs 4. Heft so will ich einen liefern. Bis wann??
Diese Grün-Lenau Denkmäler, zwei Herman rechts & rechts von der Schillerstatue, sollen nach LA Frankls Absicht im Jahre 91, entweder am Geburtstage Grüns oder an jenem Lenaus, (wenn ich nicht irre, April oder August) enthüllt werden.
Ich bleibe bis 26. April in Wien.
Vielen Dank für alles.
Treu verbunden
Ihr
AS.

Graz, 21. April 1890 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Lfr. Von der G. J. Göschenschen verlagshandlung erhalte ich heute nachricht, dass die übernahme der DLD durch sie als gesichert zu betrachten sei. Daraufhin schickte ich Ihre einleitung an sie ab. Sie beabsichtigt das heft 33 in verschiedene hefte zerschlagen auf den markt zu bringen. Ich fragte, was ein karton kostet, kündigte zwei register zur ergänzung an, ordnete 3 teilen spatium für den Horaztitel an und fahnenkorrektur. – Für Ihren heutigen brief danke ich bestens, wir lassen also die 2 Wielandiana und die Horaz vorrede fragmentarisch, Ihre gründe fürs letztere leuchten mir völlig ein. Cronegk u. da. prosaische bleibt unberüht. – Das 4. heft der VJS ist in Weimar, Böhlau hat es mir vor wenig tagen am 16. zur drucklegung abgefordert. Ich wähnte ihn noch mit dem 3. heft beschäftigt. Wenn Sie mir einen Grillparzer bringen, wird er willkommen sein.
Mit den besten wünschen für Wien d. h. für Sie in Wien
Ihr
BSfft.

Minors Volkelthymne ist wegen der vorausgesetzten methodologie noch wunderbarer als in ihrem eigentlichen text.

Wien, 22. April 1890 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Wien. Dienstag.

L. F. Meinen herzlichen Glückwunsch zu dem vornehmen u. guten Verlage. Nun bleiben Sie wohl auch an der Spitze der Sammlung? Der Druckerei haben Sie hoffentlich gleich Ordre gegeben, die Correcturen nach Prag zu senden, wohin ich am 26. l. M. zurückkehre. Die Ergebnisse meiner Wiener Reise sind blos die genau vorausberechneten: Ergänzungen meiner Auszüge aus den Handschriften. Ich saß täglich von früh bis Abends im Rathaus. Minor habe ich leider verfehlt; die Volkelt-Rec. noch nicht gesehen. Herzlichst Ihr AS.

Graz, 28. April 1890 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Heute schreibt mir Göschen: ‚Wegen des cartons s. 81/2 will ich mich h. prof. Sauer gerne gefällig zeigen u. dafür nichts berechnen. Leider ist der satz schon abgelegt, sonst wärs eine ganz billige sache gewesen.‘ Ihre einleitung hat er acceptiert. Ich bitte um rasche mitteilung des korrigierten kartonblattes (wodurch eine anmerkung Ihrer einleitung wegfällt). Dass Göschen auch die extrakorrekturkosten, die sich etwa bei der einleitung ergeben, auf sich nimmt, kann ich Ihnen nicht versprechen. Ich bitte die register in vorbereitung zu nehmen.
Herzliche Grüße BSeuffert.

Sie haben den ganzen Bürger-G. in fahnen.

28.4.90

Prag, 29. April 1890 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 29.4.90.

L. F. Ich kann leider das neu zu druckende Blatt heute noch nicht send[en], da das Ganze einer meine[r] Studenten zur Vorbereitung fürs Seminar hat; hoffentlich ergattere ich es morgen und sende es Ihnen. Ich freue mich, daß alles so gut geht.
Vom Bürger-G. sind 2 Abtheil. an Sie bereits abgegangen; der Rest ist noch in Wiesbaden. Wir müßen dem dortigen Dichterurenkel um so dankbarer sein, als er nachträglich zustimmte, daß der heikle Brief ohne jeglichen Strich gedruckt werden dürfe. Ich darf mich rühmen, die Sache sehr schlau angestellt zu haben. – Wissen Sie um was ich Sie beneide – um Ihre wunderbaren B ich kanns absolut nicht nachmachen. Wo steht Minors Volkelrecension? Herzlichst
Ihr AS.

Graz, 2. Mai 1890 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr Dank f. heute eingelaufene kartonkorrektur. Sie sagen ich hätte 2 abteilungen Bürgerkorrektur von Ihnen erhalten – nein, blos eine sendung mit 5 fahnenbogen; 4 fahnenbogen stehen noch aus.
Eiligst
BSfft.

Prag, 4. Mai 1890 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich erhalte heute folg. sonderbare Abrechnung von Henninger
24 Bogen à [M.] 23; 2 Bogen (welche das sein solle[n is]t mir unerfindlich) à M. 18. zus. 588.- davon ab für nachträgl. Correcturen, Revision und Superrevision M. 127.36. Glauben Sie, daß sich dagegen etwas thun läßt. Ich kann doch nicht alle Revis. & Superrevis. bezahlen. –
Vom Bürger geht der Schluß heute an Sie ab. Ich habe ihn soeben aus W. erhalten. Es ist alles in Ordnung.

Graz, 6. Mai 1890 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Inzwischen wird Weilen Sie zu identischen schritten eingeladen haben. Da ich von H. H. in H. nicht direkt unterrichtet bin, auch nach dem vorgefallenen nicht unmittelbar an sie schreiben kann, erbitte ich mir von Ihnen wie von Weilen einen ostensiblen brief, den ich mit meinem signat (gegenzeichnung) nach H. schicken werde. Etwa: L. fr. die H. H. in H. legen wir flgde berechnung vor. Ich ersuche Sie, mir von der firma aufklärung zu verschaffen, welche bogen sie mit nur 18 m. berechnet, da doch die ganze ausgabe mit krit. app. begleitet ist; und ferner mir von der firma den ausweis der druckerei zu verschffen, woraus ich ersehen kann, ob die firma die korrekturkosten mir nicht vertragswidrig sämmtlich aufgerechnet hat, da ich doch nur zur zahlung ‚erheblicher änderungen‘ verpflichtet bin. –
Sollte Göschen inzwischen zahlen, so quittieren Sie nur für abschlagszahlung.
Bürger schluss erhalten.
Gruss
BSfft.

Graz 6.5.90.

Prag, 8. Mai 1890 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Meinen ostensiblen Brief wird Ihnen Weilen übermitteln, den ich [ihm] auf seine Bitte eines ge[m]einsamen Vorgehens com[m]unicirt habe. Wir müßen wenigstens den Versuch machen etwas zu erreichen. – Heute theilt mir Herr Landgerichtsdirector Schnizlein aus Ansbach mit, daß er ein Gedicht von Uz in dessen Handschrift aus dem Jahre 1746 aufgefunden habe, 25 4zeil. Strophen an den Minister Obervogt. Er würde mirs überlassen, wenn es noch in die Ausgabe aufgenommen werden könnte, sonst es selbst veröffentlichen. Ich glaube nun, wir können, da wir einmal die Gelegenheitsgedichte liebend umfasst haben, uns auch dieses nicht entgehen lassen. Es müßte als Nachtrag sei es am Ende des Textes, sei es am Ende der Vorrede gedruckt werden, wie Sie wollen. Es wird mit Überschrift wohl 4 Seiten ausmachen. – Ich warte Ihre Antwort ab, bevor ich nach Ansbach schreibe.
Freundlich grüßend Ihr herzl Ergebener AS.


Prag 8.5.90.

Prag, 17. Mai 1890 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ihre eigene Handschrift auf den SA., für die ich herzlich danke, läßt mich hoffen, daß Sie wiederhergestellt sind. Ich habe an Göschen geschrieben, er stimmt zu daß d. Gedicht [im] Anhang zu der Nachlese angefügt wer[de]. Darf ich das Man. dazu, wie zu den Registern gleich nach Stuttgart schicken? Es würde die Procedur sehr abkürzen. Inzwischen bekam ich auch Correctur der Einleitung, aber so schlecht u. ungenau gedruckt, daß ich mich gleich bei Göschen beklagte, damit mir nicht auch da wieder Extracorrecturkosten aufgerechnet werden. Gerade die Briefauszüge, die doch in meinem Man. sehr sauber u. deutlich geschrieben waren, sind zur Hälfte in moderner Orthogr. gesetzt; aber auch nur zur Hälfte, so daß sich der Setzer nicht ausreden kann, er habe nicht gewußt, hier sei die alte beizubehalten. – Schönbachs Walther ist eine bewunderungswürdige Leistung und ich finde, daß von seinen sonstigen Stil-Maniriertheiten so gut wie nichts darin vorhanden ist. Das ist Popularisirung der Wiss. im edelsten Sinne des Wortes. –
Halten Sie sich wacker: krank sein ist eine Winterarbeit.
Treulichst Ihr AS.

Prag 17.5.90.

Prag, 18. Mai 1890 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Auf Weilens Brief hin, schrieb ich sogleich an Göschen, verl[ang]te das Geld und legte zugleich [V]erwahrung gegen die Abzüge ein. Von H – s ist ist nichts mehr zu hoffen als neue Frechheiten. Entweder bekommen wir also von Göschen das was uns gebührt, oder wir müßen es verloren geben. Dasselbe schrieb ich auch an Weilen, dem ich dasselbe zu thun rieth; die Beilagen habe ich wieder an ihn zurückgeschickt. was fehlt Ihnen? Wenn Sie wieder wohl sind, so sagen Sie mir doch auch darüber ein paar Worte. Über den verfluchten Geschäften verliert man sich menschlich ganz. Ich habe einen der schönsten Maisonntage bis 7 Uhr Abends gearbeitet und will jetzt meinen vile corpus etwas an die Luft tragen.
Treulichst Ihr AS.

18.5.90.

Graz, 23. Mai 1890 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Heute erst erhielt ich auf reklamation die korrekt-fahnen. Hoffentl. gehen mir die ff. rechtzeitig zu, damit ich die Wielandiana mit meinen abschriften vgl. kann. – (Trafen mittags ein)
Mein heftiger magenkrampf legt mir ausser andauernder diät noch schonung im arbeiten auf. – Die bde u. die beiden register schicken Sie gleich an Göschen. NB: das alphabetische register mischt alle überschriften u. alle versanfänge.
Die Henninger sind unqualifizierbar. Von Weilen hab ich keine antwort. Dass Sie Göschen Ihre verwahrung gegen die Henn-sche berechnung vorlegten, halte ich für nutzlos, täusche mich aber gerne. Ich glaube, dass man den Henningers beikommen könnte, allerdings nur durch eine gerichtliche klage, die ein sehr umständliches beweisverfahren über die schuld des druckers voraussetzte. Das unglück ist, dass der hochanständige bruder der firma H. am 1. okt. v. j. ausgeschieden ist, der jetzige korrespondent hat sich immer als echter schwabe benommen, wenn er einmal statt seines bruders korrespondierte.
Was sagen Sie zu der Goechhausen briefen? Meine Munckeranzeige leistet an zurückhaltung des tadels das unmögliche. Nächstens erhalten Sie wie Sie wünschten die Kleist- u. Bürgermscpte zurück.
Grüssend
BSfft.
23.5.

Prag, 29. Mai 1890 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Durch meine Zähigkeit ist es mir gelungen, Göschen u. Henninger mürbe [zu] machen. Ich habe ihm nachgwiesen: daß die überwiegende Mehrzahl von Fehlern auf den Fahn[en]-Correcturen der Einleitung auf die Schuld der Druckerei komme, was er nachprüfte u. anerkannte. Er theilt mir nun auf einer Karte als Nachschrift mit „Ich habe eine Vereinbarung mit H. getroffen, wonach Ihnen die früheren Correkturen nicht in Abzug kommen.“ Das nähere wird sich wohl erst nach Abschluss des Druckes ergeben. Jetzt schweigt wieder der Ansbacher Gedichtspender, auf den ich übrigens nicht länger warte. – Die Göchhausen-Briefe konnte ich nur durchfliegen; sie sind stellenweise reizend. Muncker kann Ihnen s. Leben danken. – Alles Gute zur Genesung. Sie werden eine größere Arbeitspause machen müssen.
Herzlichst
Ihr
AS.

29.5.90.

Ich bekomme die Correcturen immer nur in einem Ex., muß sie also bitten, mir das Ihrige auch dann zu schicken, wenn Sie nichts zu bemerken finden.

Graz, 29. Mai 1890 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd.! Da ich von den fahnen keine doppelten abzüge erhielt, kann ich die beachtung meiner korrekturen nicht nachprüfen und auch andere veränderungen nicht. Ich werde Ihnen also zu den revisionen (die ich nur äusserlich überfliege) kaum mitteilungen zu machen haben. Sollten Sie wünschen, dass ich noch eine korr. lese, so bitte ich mir Ihre imprimaturrevision zu senden, die ich durchsehen u. Göschen zustellen würde. Die ziffer 30 in der norm wird Göschen vielleicht durch eine andere ersetzen.
Grüssend
BSeuffert
29.5.90

Prag, 6. Juni 1890 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Zu Ihrer Orientirung und Beruhigung theile ich Ihnen mit, dass heute das neue [Ge]dicht angekommen ist und da[ss] ich es sammt allen Registern nach Stuttgart geschickt habe. Bogen a–d sind imprimirt; e kommt zur Superrevision. Von dem folgenden schicke ich seiner Zeit die Correcturren erst fort bis ihre Bogen eintreffen, um zu sehen, ob Sie alle meine Anordnungen billigen. Das Personenregister ist genau nach dem Ihrigen zu den Frkf. Gel. Anz; das alphab. Verz. der Versänfänge genau nach dem Elsters zu DLD 27 gearbeitet und soll auch so gesetzt werden. Ob der Titel Ihren Anordnungen entspricht, weiss ich nicht. Darüber erbitte ich mir ein Wort. Ich glaube dass unserem Schmerzenskind nun kaum mehr was übles passiren kann, bevor die Recensenten darüber sich hermachen. Wie froh ich sein werde, das überm Berg zu haben, können wohl nur Sie sich vorstellen, der Sie das Ganze mit mir durchgemacht haben. Ich habe nur eine Sehnsicht: den Tag, an dem ich keine begonnene oder versprochene Arbeit um mich habe, es ist nicht mehr fern aber noch nicht da. Dann pausiere ich 2–3 Jahre ganz.
Hoffentlich geht es Ihnen schon gut.
Herzlichst Ihr AS.

Prag 6/6 90.

Graz, 19. Juli 1890 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Unser einziges Kind Gertraud ist
im Alter von zwei Jahren und vier Monaten
heute nach langem Leiden gestorben.

Graz, 19. Juli 1890.

Bernhard Seuffert und
Frau Anna geb. Rothenhöfer.

Graz, 6. Oktober 1890 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Endlich hieher in die verödete wohnung zurückgekehrt begrüsse ich Sie herzlich u. wünsche das allerbeste. freilich höre ich, dass Sie sich mehr anstrengen als Ihre freunde wünschen können; so gut ichs begreife, so bitt ich doch: opfern Sie Ihre gesundheit nicht dem Grillparzer.
Nun find ich endlich Ihren Uz vor mir: Göschen hat lange gebraucht. Ich frage an, ob Sie noch ein freiexemplar benötigen. Ich erhalte 5, von denen 1 Lexer nach altem brauch gehört, eines dem verf. des registers des 3. bd. VJS. zukommen soll. Unsere gemeinsamen bekannten haben Sie wol bedacht. Darf ich Ihnen Erich Schmidt abnehmen? Burdach! Suphan? Kurz, ich bitte mir zwei freunde zu überlassen.
Herzlich
BSeuffert

Graz Harrachg. 1
6.10.90

Prag, 9. Oktober 1890 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Zuerst eine Bitte: nemlich genauen Titel, Jahreszahl etc. Ihres Vortrages über Maler Müller bei der Tüb. Philologen-Sache u. Ihrer Dissertation über Müllers Faust für die zweite Auflage Goedeke. –
Uz habe ich geschickt: an Bernays, R. Köhler Schüddekopf, Schönbach, E Schmidt, Minor, Werner, Elster, Kelle, Pröhle, Glossy, Probst. 2 Ex[.] an Schnizlein; 5 nach Halberstadt; 1 will [i]ch Hauffen geben. Wenn Sie also Heinzel, Redlich u. Burdach, Suphan betheilen wollen, so wärs mir recht lieb u. ich danke Ihnen herzlich dafür.
Ich bin gestern wieder von einer 8täg. Archivreise aus Wien zurückgekommen, leider noch immer mit neuem Material, so daß ich wirklich nicht weiß, was aus meinem Buche werden wird. Der erste Bd. wird jedenfalls fertig. Bis jetzt hat meine Gesundheit ausgehalten u. ich hoffe, sie läßt nicht im letzten Augenblick nach.
Möchte Ihre trübe Zeit freieren Tagen Platz machen, das wünscht vom He[rz]en
Ihr
aufrichtig Ergeb.
AS.

9/10 90.

Graz, 11. Oktober 1890 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Damit Ihr wille geschehe und Sie sich nicht gar durch nachschauen die zeit verderben, notier ich Ihnen, lieber freund, die nachfolgenden unwichtigen dinge:
Maler Müllers Faust. Inaugural-Abhandlung vorgelegt der Hohen philosophischen Fakultät der Universität Würzburg von Bernhard Seuffert. Würzburg. Druck der Thein’schen Drückerei (Mürtz). 1876. 48 SS. 8. (wenig verändert widerh. in M. Müller Berlin 1877)
Über den Maler Müller. Verhandlungen der 31. Versammlung deutscher Philologen u. Schulmänner in Tübingen 1876. Lpz. 1877. S. 176.177.
Maler Müller und König Ludwig I. v. Bayern in Monatsschrift f. d. Geschichte Westdeutschlands hg. v. Pick Bd. 4 S. 663 ff. u. Bd. 5 S. 611 ff.
Uz sende ich an Heinzel , Bächtold u. Fresenius.
Mit besten wünschen
BSeuffert

11.10.90

Prag, 22. Oktober 1890 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Im [M]anuscript des Aufsatzes über Hölty von E. Wolff (VJS. III 4) soll nach dessen Mitheil. noch ein Stück der Ballade Hero & Leander enthalten sein, mehr als abgedruckt ist. Da mir Wolff die in s. Besitz befindliche Fortsetzung schickte u. mich an Sie wegen des andern wies, so bitte ich Sie, wenn Sie es noch nicht vertilgt haben sollten, das Blatt mir zuzusenden.
Ich bin namenlos fleißig u. ersticke in Correcturen.
Herzlichst Ihr AS.

Graz, 1. Januar 1891 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Wir reichen uns brüderlich die hand wie bisher so in zukunft. Schönbach hatte mir schon gesagt, Sie befänden sich übel, Hauffen aber schrieb später Sie seien ganz wol. U. so wollte ich Ihre arbeit nicht mit fragen stören und nicht mit klagen. Ich bin, hoff ich für Sie, schlimmer daran. Seit mein kind tot ist, bin ich wie gebrochen. Mühsam warf ich mich ins semester hinein. Da kam eine neurasthenische attaque, die mich aufs bett warf. Beim oder durchs impfen kams zum ausbruch. Ich erholte mich, fing wider an zu arbeiten und kolleg zu lesen, da musste ichs aufs neue einhalt tun. Der arzt rühmt die gesundheit meiner organe über die massen, nur den nerven müsse ich absolute ruhe gönnen. Ich habe also alle arbeit eingestellt u. meine monatelangen vorarbeiten zum Wieland § des Goedeke Goetze anheimgegeben, auf dass sie ein anderer abschliesse; es ist noch genug daran zu tun u. ich muss jetzt sehen, dass ich wenigstens vorlesungen halten kann. Gelingt mir dies – und ich hoffe es, weil mir die täglichen kalten abreibungen besserung gaben – so will ich zufrieden sein. Man wird ungeheuer bescheiden. Es ist ekelhaft früh u. mittag spazierengehen zu müssen. Wie viel lieber sässe ich am schreibtisch! Sie haben wenigstens den trost, sich Ihr übel durch arbeit zugezogen zu haben, ich habe meines durch verlust. Asch ! – erde und schnee liegen friedlich darüber, ich darf sie nicht aufwühlen.
Ihr aufrichtig getreuer
BSfft.

1.1.91.

Graz, 7. Februar 1891 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 7.2.91 Harrachg. 1

Lieber freund
Endlich darf man an Sie wider einmal schreiben. Vor dem jubiläumstag getraute ich michs wirklich nicht. Nun aber leben Sie wider in normalen verhältnissen. Wie geht es Ihnen denn? der winter war abscheulich. Ich bin auch auf die nase gefallen, wozu das impfen den anlass, der andauernde kummer und überarbeitung die ursache gaben. Jetzt bin wider frischer, nur soll ich mich noch grösserer arbeit enthalten. Und da man als ehemann sein leben besser hüten muss denn als junggeselle so muss ich mich in diese halbe musse fügen. Ich habe darum auch meine Wielandbibliographie an Goetze abgegeben, der die 911 zettel allerdings nicht nur ordnen sondern auch noch ergänzen muss. Doch konnte ich ihn nicht länger warten lassen.
Das hohe ministerium hat mein im oktober v. j. erneutes gesuch um subvention der VJS wider abgeschlagen: geldmangel, bedauern u. s. w. Die höflichkeit der ablehnung hilft dem verleger nichts.
Und nun lieber freund kommt eine herzliche bitte. Er- weisen Sie mir die ehre und die freundschaft, sie reiflich zu überlegen und ihr womöglich zu willfahren.
Ich glaube, ich habe Ihnen schon vor jahren einmal gesagt, dass ich die redaction der DLDenkm. ablegen wolle; seit ich Goethem Vimariensem teilweise und die ganze VJS. mit auf mich geladen habe, kann ich nicht mehr allem gerecht werden. Ich habe Henningers zwei oder gar dreimal meinen rücktritt angetragen, ich habe ihn auch beim wechsel des verlages verlangt. Göschen meinte wol, es sei für die continuität der sammlung besser, wenn nicht ausser der neuen handelsfirma auch eine neue redaction sofort erscheine und so liess ich mich auf ein übergangsjahr ein. Ich gestehe, weniger Göschen zu liebe, als weil ich füchtete vor januar 1891 von Ihnen einen korb zu erhalten. Und auf Sie als nachfolger habe ich es abgesehen. Ich möchte nicht, dass die sammlung in schlechte hände gerät. Sie haben die grösste herausgebererfahrung; Sie kennen speciell die bisherige führung der DLD genau genug um zu wissen, wo sie zu bessern wo sie beizubehalten ist; Sie können Ihre Wiener neudrucke damit verbinden, die doch an Konegen keinen förderer haben; in jedem betracht würde es der sache am nützlichsten und mir am tröstlichsten sein, wenn Sie die sammlung übernehmen. Man hat doch eine gewisse liebe zu so einem langjährigen pflegling und möchte ihn nur dem besten vater übergeben. Sie sind von allen redactionspflichten frei, Ihr Grillparzer drückt Sie nicht schwerer als mich der Wieland neben meinen sonstigen zersplitterungen. Sie erhalten die sammlung uns Österreichern, was doch auch einigen wert für die anerkennung unserer arbeit im Reiche hat. Hauffen ist zu jung, Weilen zu fahrig wie mir dünkt und unser Richard M. dürfte leicht zu weitherzig in der auswahl sein.
Ich glaube nicht, dass Göschen Ihnen viel arbeit auflädt: er will zunächst nicht viele bogen ediren; ich meine, er mutet Ihnen auch weniger korrektur zu als ich mir auflud; u. ich hoffe, dass er Ihnen 7 m. pro bogen anbietet, ein honorar mit dem Sie als re- dactor leidlich zufrieden sein können: ich habe weitaus die grössere zahl meiner jahre mich mit 5 begnügt. Über den verlag brauche ich nichts zu sagen. Der name ist gut.
An mitarbeitern wird es Ihnen nicht fehlen: ich habe genug angebote interessanter sachen von guten leuten aufs künftige verschoben, Sie können da bequem ernten. Was soll ich weiter sagen? bitte, bitte, sagen Sie nicht nein. Ich denke, Sie empfangen zu gleicher zeit einen brief von Göschen. Sollte er Ihnen schreiben, mein name als der des begründers solle auf der sammlung bleiben, so sei ausdrücklich betont: dass ich dies bei Ihrer nachfolge für ganz überflüssig halte, dass dies überhaupt nur ein verlangen Göschens ist, mit dem er mich belastete bevor er mit den älteren verlegern abschloss.
Sagen Sie mir bald ein tröstlich wort, die sache beunruhigt mich, Sie können mich rasch befreien.
Herzlich Ihr
BSeuffert

Wien, 9. Februar 1891 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:


Wien 9.2.91.

Lieber Freund!

Göschen trägt mir in Ihrem besonderem [Au]ftrag wie er schreibt die Leitung der DLD. an. Ich bin Ihnen dafür herzlich dankbar u. habe nicht übel Lust, die Sache für eine Zeit zu übernehmen. Ich bitte Sie aber mir (wenn es Ihre Gesundheit irgendwie erlaubt, sei es auch noch so lakonisch) vorher ein paar Fragen zu beantworten.
1. Was waren Ihre Einkünfte als Heraus[g]eber: Göschen sagt mir, die Honorarbedingungen blieben dieselben.
2. Wurde die Redaction schon jemandem andern angetragen? Das ist keine Frage der Eitelkeit, wol aber der Taktik für künftige Feldzugspläne.
3. Was haben Sie im Druck u. welche festen Abschlüße für künftige Hefte bestehen. Denn es ist wichtig für mich zu wissen, wie lange ich mit gebundenen Händen [a]rbeiten müßte.
1 u. 2 werden Sie mir wohl ohne Scheu beantworten. Ob Sie berechtigt sind, auch über die 3. Frage Auskunft zu geben, werden Sie wohl am besten selbst beurtheilen können. Ich verspreche Ihnen für den Fall als ! die Verbindung mit Göschen nicht zu Stande kommen sollte, von Ihren Mittheilungen Niemandem [geg]enüber Gebrauch zu machen.
Ihr Brief träfe mich Mittwochs noch in Wien, Wieden Paniglgasse 19 A. bei Dr. Glossy; von Donnerstag ab wieder in Prag.
Verzeihen Sie mir, wenn ich in dem Drang des Augenblicks sonst nichts mehr hinzufügen kann.
Möge es Ihnen bald besser gehen!

Herzlich grüßend
Ihr aufrichtig Ergeb.
AS.

Graz, 10. Februar 1891 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Graz 10.2.91

Lieber freund Sie haben inzwischen auch einen brief von mir erhalten. Ich eile, Ihre fragen zu beantworten und hoffe, dass Sie die antwort noch in Wien trifft.
1) Über meine einkünfte als herausgeber habe ich schon bescheid gesagt: 5 m. pro bogen, in den letzten jahren 7 m.
2) Die redaktion wurde noch niemand angetragen. Ich habe Göschen sofort ehe er mit Henningern abschloss Sie in 1. linie empfohlen. Göschen hat mir 2 andere namen genannt, liess sie aber auf meinen widerspruch hin sofort fallen: ich glaube nicht, dass er mit den herren schon in unterhandlung war, zumal damals sein absehen sich noch ganz auf meine person zuspitzte. Jetzt, da ich ernst machte mit dem rücktritte, habe ich nur Sie genannt u. Göschen hat sofort Sie berufen. Lediglich mit Fresenius habe ich einmal ein privatissimum über meine nachfolge gehabt: es schien mir dies der einzige weg seine damals längst fertige krit. ausg. von Wielands Heilbronner erzählungen flott zu kriegen; auch meinte ich, die DLZ werde zu neujahr eingehen u. Fresenius also frei werden. Er hat mir nicht einmal darauf geantwortet. Göschen weiss von der vorfrage nichts. Ich habe Fresenius nachdem Göschen Ihre person endgültig acceptirt hatte sofort mitgeteilt: dass ich aus seinem halbjährigen schweigen seine ablehnung geschlossen hätte und den verleger nicht auf ihn aufmerksam gemacht hätte. Ich gestehe Ihnen, dass mich der schritt gegen Fresenius reut: es war eine plötzliche anwandlung von gutmütigkeit, den mann in bewegung zu bringen, denn es liegt so viel in ihm brach. Aber ich versichere aufs ehrlichste: ich habe ihn nur gefragt; wäre meine frage ein bindender antrag gewesen, so hätte selbst Fresenius sie beantwortet.
Dass Göschen nicht auf Sie allein sich beschränkte bei seinen jahralten vorbesprechungen mit mir hat nicht in irgend einer abneigung gegen Sie seinen grund, sondern lediglich darin, dass er leute nannte die schon in geschäftsbeziehung zu ihm stehen und die er billiger zu haben hoffte als Sie: denn ich habe für Sie gleich mein honorar gefordert. Er liess sich aber sofort die billigeren herrn aus dem kopf bringen.
Sie erhalten ausser dem honorar 4 freiex. geh. und 1 in aushängebogen.
Die mitarbeiterverhältnisse sind bei dem übergange des verlages an Göschen etwas gedrückt worden:
1) 15 freiex. + 1 in aushängebogen.
2) für die einleitung 18 m. pro bogen.
3) für den textkritischen apparat erhöhung des texthonorars um 3 m. pr. b.
4) für den text 10–15 m. je nachdem er aus kurzzeiligen versen oder aus prosa besteht, ein glatter abdruck oder eine sammlung ist; auch die berühmtheit des namens des herausgebers kann preisschwankungen nötig machen.
Ihre 3) frage: Manuscript steht zunächst zu erwarten von Schüddekopf, Götz Zerstreute gedd. Er ist der einzige mit dem eine bindende abrede getroffen ist.
In druck ist nichts.
Aus alter zeit rührt die vereinbarung mit Fresenius betr. Wlds 1752er Erzählgen. Sie wird aber nicht drücken.
Ferner ist mit Jul. Elias eine ältere abmachung da wegen eines hist.-krit. neudruckes von Wernicke 1704. Ich habe dem herrn vor jahren 2 proben seines krit. appar. als ungenügend zurückgeschickt u. nach dem ende der Henninger die zusage ihm gegenüber nicht erneuert. Von mir besitzt er kein bindendes versprechen. Ob aber nicht von Göschen? dem war er empfohlen u. dem bot er verzicht auf honorar an, worauf Nast hereinfiel; ich antwortete: durch ein so grosses heft binde ich meinen nachfolger nicht.
Dann möchte ich bitten, dass mein schüler Hans Sittenberger mit einer vorbereiteten ausg. von Wielands Kom. erz. mit krit. appar. zugelassen werde: bindende zusage besitzt er nicht.
Die möglichkeiten eines neudruckes aller schriften der Neuberin ist mit Fritz Winter besprochen, eine vereinbarung nicht getroffen.
Vorgestern erhielt ich ein angebot von Szamatólski den Christl. Meynenden Faust zu edieren: ich habe ihm geantwortet, ich würde dies heft dem verleger dringend empfehlen (was geschah), könne aber keine zusage geben.
Ebenso habe ich Leitzmann mit seinen wünschen betr. Forster (Ansichten vom Niederrhein wären teilweise wirklich nicht übel, oder auch kleine aufsätze) und Eugen Wolff betr. El. Schlegelscher dramen und excerpten aus Gottscheds Tadlerinnen in eine unbekannte zukunft verwiesen. Ich hatte Ihnen seit 1½ jahren weder mit ablehnungen (ausser wo die sache zweifellos war) noch mit zusagen nicht vorgreifen wollen u. nicht vorgegriffen.
Aufmerksam mache ich Sie auf ein heft Novalis Blütenstaub, das Minor während seines Schlegeldruckes einreichte u. dann zurückzog. Vielleicht können Sie es loseisen.
Sollten Sie es wünschen, so notire ich Ihnen, was ich mit Scherer zusammen als neudruckenswert beriet, es ist noch genug selbst von dem auf den umschlägen verhiessenen nicht erschienen. Doch ist es gescheuter, Sie gehen Ihre wege selbständig und schlagen neue ein.
Sie wissen nicht, wie freudig ich Ihre vorläufige zusage begrüsste. Lassen Sie sich nicht irre machen. Ich rechne darauf.
Mein befinden ist glücklicherweise viel besser, als Sie meinen.
In treuen
BSeuffert

Dass ich Sie vorschlug weiss kein mensch ausser Schönbach. Ob es Göschen geheim hielt, weiss ich nicht. Doch vermute ich es, weil E Schmidt der Nast in Berlin jüngst sprach, mir gestern Szamatólski empfahl (nachdem ich diesem schon geantwortet hatte). Ich schreibe das, damit Sie wissen, dass Sie freiherr sind in der leitung, keines kollegen gunst oder ungunst schon vor der übernahme erfuhren. Auch Schönbach meldete ich erst das geschriebene. Ich hoffe u. wünsche, dass Sie aus allem ersehen, wie viel mir an Ihrer zusage liegt und dass ich mit peinlicher korrektheit zu verfahren bestrebt war.

Prag, 14. Februar 1891 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag Weinberge 450.
14.2.91.

Lieber Freund!

Ich bin Ihnen für Ihre beiden Briefe aus voller Seele dankbar. Der erste hat mich erfreut und gerührt. Sie sollen sich in [m]ir nicht geteuscht haben, ich werde mich Ihres Vertrauens würdig zu beweisen trachten und werde Ihr Kind pflegen, so gut ich kann. Ich habe mich im Princip entschlossen die Redaction der DLD. zu übernehmen und Göschen dieses heute angezeigt. Nicht ohne Bedingungen. Ich verlange ein klein wenig mehr Redactionshonorar (werde die Redaction aber auch übernehmen, wenn [Gö]schen darauf nicht eingehen kann) u. will die Wiener Neudrucke damit irgendwie verbinden oder verschmelzen. Ich bitte Sie herzlich und aufrichtig, mir bei der weiteren Führung Ihren Rath nicht zu entziehen und mir vor allem, wenn Sie selbst vielleicht zunächst nicht werden als Herausgeber erscheinen können, die Arbeiten Ihrer Schüler zuzuweisen. (Die komischen Erzählun[g]en Wielands sind vorgemerkt.) Es wäre daher recht lieb von Ihnen, wenn Sie mir 1. die mit Scherer seinerzeit vereinbarte Liste der herauszugebenden Werke und 2. die Liste derj. Dinge, die Sie selbst geplant haben, zukommen ließen. Ich kann gewiß manches dabei profitiren. In manchem werde ich – wenn Göschen zustimmt – von Ihrem Plan abweichen. Ich denke an kürzere Einleitungen; die Werke sollen durch Ihre Nothwendigkeit wirken. Daher, nach Absolvirung des im Gang befindlichen, möglichste Einhaltung eines festen Plans. Daher müssen die Herausgeber zu den einzelnen Werken gesucht werden. Ich werde trachten [m]öglichst mit jüngeren Leuten zu arbeiten, die sich leichter fügen, mehr nach Muster der Brauneschen Neudrucke. Sie erinnern sich vielleicht, daß ich Ihnen schon vor 6 Jahren in Würzburg diese meine Ansicht entwickelt habe. Ihre Erfahrungen und Ihre Ratschläge werde ich mir dabei nicht entgehen lassen. Mitbestimmend für meinen Entschluß war, daß Göschen mir nachträglich mittheilte, es würde heuer blos eine verminderte Bogenanzahl [zu]m Druck kommen. Denn ich werde heuer sehr überbürdet sein. Daß Göschen zuerst an ihm bekannte Leute dachte, ist natürlich; der Zwischenfall mit Fresenius ist mir auch ganz erklärlich. Kurz u. gut, ich bin mit mir im reinen.
Die paar Tage in Wien haben mich sehr aufgefrischt u. da es nun dem Frühjahr entgegengeht, werde ich wohl in meinen Novembernebel nicht mehr zurücksinken. Daß ich sehr viel Ärger u. Verdruß ausge[stan]den habe, können Sie sich denken. Wird mein Buch gut, dann will ich das geschehene vergessen.
Ich freue mich, daß es Ihnen besser geht u. bitte Sie, mich Ihrer Frau vielmals zu empfehlen. Jetzt reißt unsere Briefkette hoffentlich nicht wieder ab.
Nochmals herzlichen Dank von Ihrem
aufrichtig Ergeb.
AS.

Graz, 16. Februar 1891 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Sehr lieber freund Den herzlichsten dank für Ihren brief. Ich hoffe zuversichtlich, dass Sie sich mit Göschen einigen. Ich habe das deutliche gefühl, dass das unternehmen alterte und also in neue bahnen geführt werden muss. Sie können das. Sie sollen alles haben, was Sie wünschen, so bald Sie mit dem verleger abgeschlossen haben. Wenn Ihnen meine ratende oder tatende (!) beteiligung irgend mal erwünscht sein sollte, wird sie Ihnen nach kräften zur verfügung stehen. Die langen einleitungen sind dem ursprünglichen programm entgegen. Sie wurden teils durch den wunsch der mitarbeiter, teils durch den der Henninger veranlasst: diese hofften dadurch die neudrucke unentbehrlicher zu machen, wenn forschungen dem text vorangestellt sind. Glück auf!
Treulich
Ihr
BSfft.

Graz 16 II 91

Prag, 23. Februar 1891 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich theile Ihnen vorderhand mit, daß Göschen auf meine Propositionen eingegangen ist u. daß wir so gut w[ie] einig sind. Der Contract ist entworfen u. wird wohl noch in dieser Woche unterzeichnet werden.
Wir werden also künftig neben einander auf d. Titelblättern der DLD. stehen.
Wenn ich vielleicht doch zu Ostern nach Graz komme, so sprechen wir darüber ausführlich.
Alles Herzliche von
Ihrem
dankbar Ergeb.
AS.

23.2.91.
Weinberge 450.

Prag, 26. Februar 1891 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich danke Ihnen für Ihre reiche Liste. Es ist viel schönes darunter. Mit der meinigen zusammengenommen gibt es Arbeit für ein weiteres Jahrhundert. Wenn sich alles geklärt hat, gebe ich Ihnen einmal einen Bericht. Wieland reservire ich gerne Ihnen und Ihren Schülern und wenn Sie keine kritische Ausgabe in Weimar zu Stande bringen, so wäre in den DLD viel davon zu bringen.
Könnten Sie mir die Adressen Ihrer beiden Schüler: Eichler und Lunzer angeben; ich will mich für übe[rsa]ndte Aufsätze durch meine Festrede, die endlich in diesen Tagen fertig wird, bei ihnen regaliren.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr aufrichtig Ergeb.
AS.

26.2.91.

Graz, 28. Februar 1891 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Dank für Ihre beiden karten und abermals glück auf. Unter Suphans ägide werde ich keine Wielandausgabe machen. Bei Ihnen soll sich anbieten, was eben reift. Aber fern von mir sei ein monopol auf Wieland, ziehen Sie jeden heran, der kann und will. Wie übel fährt Goethe in der Weimarer monopolisierung!
Dr. Ferd. Eichler, Amanuensis an der kk. univ.-bibl. Graz.
Justus Lunzer, d. z. 1jährig-freiw. Graz Rechbauerstr. 28 part. rechts.
Darf ich auch mich auf die festrede freuen? Ihr besuch zu ostern wäre vortrefflich.
Treulich
Ihr
Grazer nachfolger und
DLD-vorfahre BSfft

28.2.91.

Ich betrachte jetzt Ihre leitung der DLD nicht mehr als geheimnis.

Graz, 12. März 1891 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Graz 12.3.91

Lieber freund

Ich danke Ihnen herzlich für die rede. Wie schöpfen Sie aus dem vollen! Spürte man oder vielmehr glaubte ich in der einleitung zu den werken noch die arbeit zu spüren, so ist hier nun freie aneignung und herrschaft. Wider freilich drängt sich vielleicht zu viel zu, manche partien sind schwer vor fülle wie es bei einer akademischen rede sein darf. Ganz besonders gelabt hab ich mich an den biographischen teilen, da ist auch mein herz ganz dabei und Ihr urteil stösst auf meine volle überzeugung. Geben Sie uns recht viel vom menschen Grillparzer in Ihrer biographie, Sie können’s erzählen und dieser vergrämte patriot und sauertöpfische nergler dünkt mich immer wider tiefer als der poet. Verzeihung, die Grillparzerfeier hat mein kühles verhältnis nicht sehr erwärmt. Auch nicht die von Walzel ausposaunte grosstat Minors, die ich bei Schönbach sah. Das starke herauskehren des Östreichertums macht mich gereizt; dem dichter haftet das doch gar nicht so ausschliesslich an. Hat man in Schweinfurt Rückert nur als Baiern gefeiert? Auch Ihnen bin ich darüber etwas böse. Die Reichsdeutschen haben die feier doch sehr erhebend mitgemacht. Warum sollen wir nicht stolzer sagen: er war ein deutscher dichter? Ich sehe geradezu einen kleinen zwiespalt zwischen den höchsten seiner dichterischen absichten und seinem menschlichen wesen: dort ist nichts österr. hier ist vielleicht alles österr. Ich stemme mich überhaupt gegen stammescharakteristik. Was wächst denn bei Weltrich aus der Schwäbelei für Schiller heraus? Karls regiment brauchen wir für Sch., wie Franzens für Gr. zum verständnis. Aber auf das stämme zeichnen hab ich wenig, nein! kein wissenschaftliches vertrauen. Unser freund Bauer hat sich ohnlängst auch dagegen ausgespielt und Sie können aus den worten merken, dass sie in gesprächen zwischen ihm und mir ausgetragen wurden.
Doch das führt mich ab. Ich bleib dabei, dass mir Ihre rede sehr inhaltreich erschien, gründlicher und tiefer als irgend etwas was ich über Grillparzer las. – –
Göschen stellte mir frei, auf dem circular über Ihre leitung der DLD meine abschiedsverbeugung zu machen. Das war sehr aufmerksam von ihm, ich antwortete aber: mir scheine das bei diesem nachfolger ganz unnötig. Hätte ein homo novus die leitung übernommen, so hätte ich ihm ja wol meine visitenkarte zur einführung mitgegeben.
Sind Sie jetzt ganz im reinen mit Nast? Schüddekopf habe ich nun an Sie gewiesen. Bis wann darf ich Ihnen Sittenberger auf den hals schicken? Er wird noch aufsicht brauchen. Antworten Sie mir darauf hier. Wann kommen Sie? Sie wissen ja dass Schönbach am 18. in Wien spricht und werden also wol diese tage nicht für Graz bestimmen.
Treu und herzlich
BSeuffert

Gehen Sie pfingsten nach München u. Weimar um auf den versammlungen sich Ihre künftigen mitarbeiter an den DLD anzusehen?

Prag, 22. März 1891 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag Weinberge 450.
22.3.91.

Lieber Freund!

Ich habe meine Vorlesungen früh geschlossen und war bereits 14 Tage auf dem Lande bei meinen Verwandten, von wo ich gestern zurück kam. Ich habe diese Art Erholung einer Grazer Reise vorziehen müssen, weil ich mich auf einer solchen zuviel angestrengt u. aufgeregt hätte. Ich komme bald einmal in besserer Laune, als sie mir jetzt zu Gebote steht.
Gestern habe ich auch den Contract mit Göschen unterschrieben. Indem ich Ihnen für Ihre Recommandation noch einmal herzlich danke, will ich Ihnen über unsere Vereinbarungen kurz berichten. Er zahlt mir 10 M. pro Bg. als Herausgeber. Die Honorarliste haben wir beibehalten, wie Sie sie aufstellten. Die wichtigste Änderung betrifft die Einleitungen, die in der Regel ganz kurz sein sollen, nach Art der Brauneschen Sammlung. Ich will hauptsächlich mit jüngeren L[eu]ten arbeiten und ein festes Programm durchführen, ohne mich durch zufällige Anerbietungen davon ablenken zu lassen. Zunächst soll das Faustbuch erscheinen, dann d Bl. v. deutscher Art und Kunst (ich habe Lambel gefragt, ob ers machen will). Göschen will die erste Auflage des Münchhausen reproduciren; darüber sind wir noch nicht im Reinen. Dann sollen folgen: die ersten Göttinger M A.; die Schillerschen. Die Gözeschen Schriften gegen Lessing. Die Gegenschriften gegen Friedrich d. Große de la litt. all. ‚Shakespeareübersetzungen des 18. Jahrh.: 1. Borcks Julius Caesar‘. –
Dann will ich die wichtigsten in der Hamb. Dramaturgie besprochenen Dramen in einzelnen Heften vorlegen. Selbst werde ich die erste Aufl. von Canitzmachen (wenn mir die Berliner nicht zuvor kommen) u. die erste Aufl. der Hagedornschen Fabeln u. Erzhlg. – An Schüddekopf und Leitzmann habe ich vorläufig geschrieben; auch an Minor wegen des Blüthenstaubs; mich heute auch bei Schmidt, Werner u. Waldberg als Hrsg. vorgestellt. Sittenbergers Manuskript könnte ich in diesem Jahre nicht mehr zum Druck bringen, weil [Gö]schen heuer überhaupt wenig drucken will, um den Schaden des Uz halbwegs gut zu machen. Wird er im Laufe des Jahres 1892 fertig, so werde ich trachten, es unterzubringen. Wenn sich Termin u. Umfang des Heftes berechnen läßt, so lassen Sie mir beides mittheilen.
Für die gütige Aufnahme meiner Rede schönen Dank. Ich werde Sie zu Grillp. wohl niemals bekehren. Was den Stammescharacter anbelangt, so glaube ich, [daß] er sich wissenschaftlich einmal ganz genau wird analysiren lassen, nur sind unsere Methoden dazu noch nicht genügend ausgebildet. Auch ich tappe vielfach im Dunkeln, weiß auch daß meine Begabung nicht nach dieser Seite liegt; von einem einzelnen aus, sei es nun Schiller, Thukydides oder Grillparzer, wird sich die Frage überhaupt nicht lösen lassen. Ich habe bei Gelegenheit von Scalas Buch [m]it Swoboda viel darüber gesprochen, wie Sie mit Bauer und mündlich kämpfte ich das Thema gerne mit Ihnen durch. – Pfingsten liegt für mich noch im Dunkeln. Einstweil steht allerdings München auf meinem Programm. Empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau u. bleiben mir gut. Herzlichst
Ihr AS.

Graz, 25. März 1891 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:


Lieber freund, Ich bitte Sie beiliegenden soeben eingelaufenen brief zu beantworten.
Dank für Ihren brief. Ich bedaure, dass Sie nicht hieher kommen.
Möge Ihr plan mit den DLD guten anfang und fortgang nehmen. Ich bin überzeugt, dass Sie das alles vortrefflich richten. Sittenberger wird Ihnen selbst schreiben oder geschrieben haben. Ich adressirte ihn an Sie. Die jungen mitarbeiter werden Ihnen viel mühe machen; ich habe mich mit manchem anfänger sehr geplagt, denns edieren wird nicht gelehrt und gelernt heutzutage.
Herzlich grüsst
BSfft.

25.3.91.

Prag, 27. März 1891 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, Charfreitag 91.
Weinberge 450

L. F. Den Brief Wietzlehnes, für dessen Übermittlung ich Ihnen bestens danke, habe ich sogleich ablehnend beantwortet.
Wissen Sie Leitzmanns Adresse? Der Brief an ihn ist mir als in Halle unbestellbar zurückgesandt worden. –
Diejenigen meiner Grazer Freunde, die meine nahen Beziehungen zur Familie Maly kennen, weden sich in diesen Tagen auch meiner erinnert haben. Da Niemand zur Hand war so habe ich nach Kräften zugegriffen. Was mir meine Erhol[un]gszeit zugesetzt hat, ist dabei wieder in die Brüche gegangen. Äußerlich wie innerlich ist mir daher wenig osterlich zu Muthe.
Herzlich grüßend Ihr AS.

Graz, 29. März 1891 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Ostermorgen 91. Lfr. Einer unserer freunde sagte mir, Sie würden um Maly trauern. Ich bedaure Sie lebhaft.
Dr. Albert Leitzmann, Privdoc. a. d. univ. Jena Engelplatz 1/II, soll ein sehr gutes colloquium hinter sich haben. Wie man als Leitzmann sich neben Litzmann für dieselbe sache habilitieren kann, verstehe ich nicht.
Mir ist auch nicht österlich zu mute. Mög es uns beiden besser werden.
Herzlich treulich
BSfft.

Graz, 19. Mai 1891 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L. fr. Ich habe lange nichts von Ihnen gehört u. möchte so gerne gutes von Ihrem befinden erfahren. So versuche ich durch einen leisen zwang ein wort herauszulocken, indem ich frage: ist es wahr, wie hier verlautet, dass unser chemiker Skraup zu Ihnen berufen werden soll? Sobald Sie einen diesbezügl. kommissions- oder fakultätsbeschluss verraten dürfen, tun Sie es ja. Ich verspreche, dass es gar keine folgen hat; nur habe ich durch die bekanntschaft mit allerlei reichsländischen chemikern interesse daran.
Bericht meiner arbeitsbörse: flau, matte landung. Dies halbe leben ist sehr schwer zu tragen. Aber ausser den vorlesungen kann ich wenig tun. 2 halsentzündungen zu semesterbeginn haben zwar den hals nicht weiter verdorben, aber mein wolsein etwas zurückgeworfen. Doch geht es jetzt erträglich. – Was sagen Sie zu Lexers übersiedlung nach München? Jetzt wird Brenner nach Würzburg kommen. Haben Sie schon emanation in sachen der DLD erlassen? Die schwächen des Wieland §. bei Goedeke sind nicht meine, sondern Munckers schuld. Mit den herzlichsten grüssen u. wünschen
Ihr
BSfft.

Graz Harrachg. 1 19.5.91.

Die Goethetage müssen sehr schwach gewesen sein.

Prag, 28. Mai 1891 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich komme so wenig in Facultätssitzungen u. habe so spärlichen Verkehr mit naturwiss. Collegen, daß ich über diesen Vorschlag nichts weiß. Es verlautet: Skr..p I. - Gldschmd Wien II. Als dritter wird vielfach Garzarolli genannt. – Wenn Sie nur zur Hälfte leben, so ich nur zum achten Theil. Die Biographie ruht ganz; in besseren Stunden bossle ich an der neuen 20bändigen Ausgabe der Werke, die mir namenlose Mühe macht u. im nächsten Frühjahr erscheinen so[ll.] In Angelegenheit der DLD ist nichts öffentlich verlautbart worden. Wir wollen die neue Aera still im October mit dem Faustbuch des Christl. Meinenden beginnen. Dann folgen die Bl. v. d. A. u. K., darauf Goetzes Streitschriften gegen Lessing. Der Verleger ist übertrieben vorsichtig. Eine wunderhübsche Auwahl aus Forsters kl. Schriften habe ich nicht durchdrücken können. – Bei Besetzg. der germanist. Lehrkanzeln scheint jetzt in Deutschland nach dem Alter vorgegangen zu werden; da kommen wir noch lange nicht dran. Haben Sie nicht so viel Freunde in Wrzbrg, daß man Sie dahin zurückberufen könnte. – Ich will in den ersten Julitagen nach Sylt reisen, dort 4 Wochen bleiben u. dann aufs Land irgendwohin zu Bekannten gehen. Zw[eite] Hälfte Spt. bin ich – wenn ich halbwegs wieder auf den Beinen bin – in Wien. Schöne Empfehlungen an Ihre liebe Frau und herzliche Grüße von Ihrem
aufrichtig Ergeb.
AS.

Prag 28.5.91.
Weinberge 450.

(Graz), 16. Juni 1891 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Hier, l. fr., das fällt in Ihr regiment. Das ist doch wol der Velthen-Heine, dessen halilitation in Giessen mislang.
Alles freut sich Ihrer endlichen beförderung.
Treulich
Ihr
BSfft.

Prag, 17. Juni 1891 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Glückwünsche. Möchte ich Sie sobald als denkbar erwiedern ! können. Ich bin übrigens erst mit Gehalt vom 1. Jan. 92 ernannt[!]!! Mit der Gesundheit gehts nicht mehr schlechter; aber auch noch nicht besser. Die freudige Erregung kann nur nützen.

Chemie. I. Skr...p.
II. Gldsmdt.
Dann x andre flüchtig genannt.
K...e vermuthlicher Rector.

Alles Schöne auch an Ihre liebe Fra[u].
Behalten Sie mich lieb.
Ihr
AS.

17/6 91.

Prag, 5. Juli 1891 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. An C Heine in Breslau habe ich – ablehnend – geschrieben. Schüddekopf will s. Manuscript noch in diesem Monat fertig stellen.
Sittenberger übermittelt [mi]r seinen critischen Apparat, mit dem ich mich leider gar nicht einverstanden erklären kann. Sie wissen vielleicht schon, daß ich Ende dieser oder Anfang der nächsten Woche nach Graz kommen will. Ich werde also mündlich mit Ihnen ausführlich darüber sprechen und bin gerne bereit mich von Ihnen belehren zu lassen.
Hoffentlich kommt mir nicht wieder etwas in die Quere
Auf fröhliches Wiedersehen!
Treulichst
Ihr
AS.

Prag 5/6 91.

Graz, 24. Juli 1891 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Leider leider verfehlten wir uns bei Ihrer überraschenden abfahrt. Seitdem wuchs bei mir ein bub zu.
BSfft.

Westerland auf Sylt, 10. August 1891 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Die freudige Nachricht, daß Ihnen ein Sohn geboren wurde, theilte mir Suphan in Wyk auf Föhr mit, in dem Momente als ich aufs Schiff stieg, um nach Sylt zu fahren. Hier erhielt ich später Ihre Karte und nun neh[m]en Sie meine herzlichen und aufrichtigen Glückwünsche, wenn auch verspätet, entgegen! – Ich habe die Grazer Unruhe büßen müßen, fühle mich aber hier schon um vieles wohler und hoffe von den nächsten Wochen das Beste. Leider ist das Wetter sehr schlecht, was auf die Stimmung allerdings mächtig einwirkt.
Meine Schreibfaulheit ist grenzenlos. Ich habe auch an Gösch[en] noch nicht geschrieben. Denken Sie deswegen nicht schlechter über mich.
Mit den besten Empfehlungen an Ihre verehrte Frau grüßt Sie bestens Ihr aufrichtig
Ergeb
AS.

Sylt, 10/8. 91.

Graz, 4. Oktober 1891 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

‚Stosst an! Hedda soll leben! hurrah hoch!‘
Also was hier drückend Ihre seele beherrschte und Sie wie abwesend erscheinen liess, hat nun auch für uns namen und gestalt angenommen! Das wars was Ihnen not tat und wir Ihnen seit jahren wünschten. Möge sich Ihr leben nach innen und aussen glücklich fortsetzen und immer reicher werden! Sprechen Sie auch bei Ihrer braut ein gut wort für uns!
Dies wünschen und bitten
A. u. B. Seuffert

Graz 4.10.91.

Prag, 10. November 1891 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich übersende Ihnen gleichzeitig unter Kreuzband das 1. heft der DLD, das ohne Ihre Mitwirkung in die lande zieht, u. bitte Sie es gütig aufzunehmen. Nicht alle Neuerungen sind principielle; ich bin überhaupt nicht für das starre Festhalten einer Form; auch war mit dem [e]twas eigenwilligen Herrn Herausgeber schwer zu [ar]beiten. Sollten Sie mit Göschen verabredet haben, daß er Ihnen 1 Ex. überreicht, so können Sie das 2. etwa an Schönbach weitergeben. – Mein Streit mit Nast ist noch nicht ausgetragen; er müßte sich einer Operation unterziehen; aber er hat mir bereits Abänderung des Vertrags in der Weise zugestanden, daß künftighin ich allein das Entscheidungsrecht habe (sogar gegen seine Stimme) u. dadurch ist ????? ????? Einfluß wohl beseitigt. – Ich habe Ihnen auch noch für Ihre Glückwünsche zu meiner Verlobung zu danken. Sie irren sich aber, wenn Sie mein sommerliches Benehmen auf Kosten dieses mich schon damals beglückenden Ereignisses schieben; es war wirklich nur mein körperliches Befinden was mich bedrückte; eine grenzenlose Müdigke[it] u. Abgespanntheit, die ich erst an der Nords[ee] los geworden bin. Jetzt wäre ich wohl arbeitsfähig; aber jetzt rufen höhere u. süßere Pflichten u. ich kann nichts versprechen. – Wie geht’s bei Ihnen? Gedeiht der Junge? – Könnten Sie mir nicht ab u. zu Correcturbogen der VJS schicken; Reifferscheidt? Ich verschlösse wirklich alles in verschwiegenes Herz. Treu und dankbar Ihr aufrichtig Erg. AS.

Graz, 12. November 1891 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber Freund Ich freue mich sehr des büchleins und dass auf so sichere weise die fortführung der sammlung durch Sie geregelt ist. Göschen hat s. z. versprochen, mir 1 ex. zu liefern; sollte ers noch tun, so wird es Schönbach in Ihrem namen gehören.
Der satz der VJS stockt durch den strike. Doch schick ich Ihnen bald etwas schon gesetztes.
Lothar der sohn gedeiht. Meine frau u. ich empfehlen uns dem fräulein.
Mit herzlichem danke u. grusse Ihr
BSeuffert.

Prag, 1. Januar 1892 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich hatte Ihre liebenswürdige beredte stumme Sendung als ein Zeichen Ihres Wohlbefindens aufgefaßt, wenn mir Schönbach in diesen tagen nicht das Gegentheil mitgetheilt hätte. Möge sich das neue Jahr besser bei Ihnen anlassen. – Schröders Aufsatz, für den ich Ihnen bestens danke, hat mich besonders methodisch sehr interessirt. Munck[ers] Buch ist aber jetzt in die Pfanne gehauen. W[as] hält von seinen Leistungen Stand? – Ich arbeite sehr sehr wenig. Von der Biographie keine Ahnung. Ich habe es dem Gemeinderathe anheimgestellt, d. Vertrag zu lösen u. erwarte jeden Tag ein freier Mann zu werden. Inzwischen habe ich eine neue (die 5. Ausg.) der Werke fertig gemacht, in der nun auch die Prosaschriften neu geordnet sind u. damit wird meine Fürsorge für diesen Dichter ihren Abschluß finden. Ich will vor der Hochzeit alle Nachträge aufarbeiten; aber nichts größeres mehr beginnen. Erst, wenn meine Gesundheit wieder ganz gekräftigt ist, will ich wieder ins Zeug gehen. – Darf ich die Correcturbogen behalten? oder brauchen Sie sie? – Ich besitze ein zweites Exemplar von Litzmanns Hölderlin; könnten Sie es brauchen, so wäre es mir ein Vergnügen, es Ihn[en] abtreten zu dürfen. Mit Göschen ist alles in Ordnung.
Mit den herzlichsten Grüßen und mit Empfehlungen an Ihre Frau
Ihr herzlichst Ergeb.
ASauer

Prag 1/1 92

Graz, 4. Januar 1892 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Herzlichst erwidern wir Ihre glückwünsche u. bitten dem frl. die unsern zu bringen. Wir waren sehr schlecht dran u. sind noch nicht gut im gleise.
Schröder behalten Sie. Mich hat die arbeit in meiner einschätzung M.s bestärkt. Nun gehe einer an den Herdermann u. tue dgl.
Ihre Grillparzerausg. kommt mir zu schnell. Für den 11. bd. bringt VJS. hft. 1 od. 2 einen hsl. nachtrag, opernskizze, sehr kurz. Wenn der strike nicht wäre, wär sie schon in druck.
Für Litzm. muss ich leider danken, da ich ihn mir schon kaufte.
Minor hab ich in der Zs. f. dtsch. philol. s. 430 heimgeschickt wie mich dünkt. Ich war geärgert, dass er solchen unnützen nachtrag nicht wenigstens der VJS anbot. Das wäre anständig gewesen. Verträgt er nicht mit glacéhandschuhen behandelt zu werden wie ich bisher tat, so zieh ich den fäustling an. Machen Sie ihn aber nicht darauf aufmerksam. Erdmann fürchtete sich ob der berichtigung wie eine maus.
In treuen Ihr
BSfft.

Prag, 5. Januar 1892 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 5.1.92.

L. F. Ich höre, daß Sie wieder Sorgen mit Ihrem Kle[in]en gehabt haben u. vermu[the] daher, daß Ihre feiertage nicht [die] besten waren. Ich wollte Ihnen immer für die Less. Anzeige danken u. zugleich ein Blättchen für Ihre Ztschrift beilegen; dann schämte ich mich wieder mit einem solchen Fetzchen zu kommen, wo Sie mit Recht mehr erwarten u. so unterbliebs. Für die DLZ. hab ich den Jahresbericht recensirt; im Ganzen sehr wolwollend, wie ers auch verdient. Im Einzelnen hab ich vieles dagegen auf dem Herzen, was sich nur in einer längeren Ausführung sagen ließe. Könnte ich nur der Zeit auf ein Jahr Stillstand gebieten, daß ich mit meinen Rückständen fertig würde, dann will ich schon auch wie die andern wieder die Füße in die Hand nehmen und mitrennen. Denn niemand geht heute mehr ruhigen Schrittes, alles läuft & läuft & läuft. – Z. hat sich vor einigen Tagen als künftiger Privatdocent vorgestellt. Wir ersticken in unserem eigenen Fett. – Also nachträglich alles Gute für das Jahr.
Herzlich grüßend Ihr treulichst Erg. AS.

Graz, 8. Februar 1892 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Einer meiner zuhörer, ein sohn des hiesigen prof. a. d. technik Wilhelm, hat sich über Alxinger gesetzt zum zwecke einer diss. Er ist seit monaten dabei, ich war der überzeugung dass Ihr alter schüler Gawalowsky das thema hätte fallen lassen. Heute hört er, dass das nicht der fall ist. Ich glaube nun nicht, dass Wilhelm ganz zurücktreten will: er hat es bes. auf die epik abgesehen, das biographische sollte nur nebenwerk sein, dies kann u. will er nun ganz fallen lassen. Möchten Sie auf meine bitte auch ihn aus Ihrer bibl. unterstützen? er fahndet bes. nach Walcks progr. Alx. u. Virgil u. nach Alx.s selbstverteidigg. gegen ‚höchstelende rec.‘ seines Doolin. Haben Sie mehr für die epik wichtiges? Darf ich Ihnen den herrn auf den hals schicken? Mir ist ganz recht, wenn seine künftige diss. sich nur als sachkundige rec. des Gawal. etwa in den druck schleicht. Bald sende ich das Grillparzerstück in fahnen; bitte aber und baue auf volle erhörung, dass Sie davon keinerlei gebrauch machen, bevor es erscheint. Ich habe es Ihnen zu liebe früher eingereiht als es der einlieferung nach möglich wäre. Doch ists nach meinem urteil nur eine nuga.
Herzlich Ihr
BSfft.

Prag, 10. Februar 1892 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich erwarte mir von G.s Arbeit über A. nichts oder wenigstens nicht viel, von mir hat dieser Mensch wenig gelernt. Das Thema ist fruchtbar und in Wien wird mancherlei dafür zu finden sein. Die beiden verlangten Sachen habe ich nicht; me[in]e übrigen Alxingeriana hat momentan ein Student ausgeliehen zum Zweck einer Lehramtsprüfung. Es ist aber nicht viel Rares darunter. Aber Herr Wilhelm mag immerhin weiters mit mir sich benehmen. – Weilens Grillparzerschwank kenne ich u. habe ich seit Jahren. Er hat mir den Scherz für die neue Ausgabe zur Verfügung gestellt; ich selbst hatte ihn aber gebeten, ihn irgendwo früher zu veröffentlichen. Da aber von der neuen Ausgabe der Druck erst beginnt, so dürfen Sie gar keine Angst haben, daß ich [Ih]nen damit zuvorkomme. Über die Gesundheit schweigen Sie! Darf ich das als gutes Zeichen auffassen? Könnten Sie in Erfahrung bringen, ob Schönbach unser Brautbild empfangen hat? Ich hatte es nicht recommandiert und er mir nicht gedankt. Herzlichst Ihr fauler AS.

Prag, 25. März 1892 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich bin diese Woche hindurch sehr unwohl gewesen und komme auf diese Weise wahrscheinlich als der letzte Ihrer glückwünschenden Freunde, obgleich ich gerne als der erste erschienen wäre. Denn ich freue mich aus persönlichen und allgemeinen Gründen auf das allerherzlichste, daß Sie Ihr Ziel nun errei[cht] haben und es ist nun erneute Bürgschaft vorhanden, daß Seemüller auch nicht mehr sehr lange wird warten müssen. Nehmen Sie also meine aufrichtige Gratulation entgegen. So ist nach und nach bei uns beiden alles gut geworden und wir dürfen nun hoffen, unseren wissenschaftlichen Plänen rein und ungestört leben zu können. –
– Vom neuen Heft der Zs. habe ich erst einige Separatabdrucke gesehen: Hauffen, Weilen; es muß wohl morgen kommen. Koch (ohne Geiger) ist noch elender als früher. Sie können sich eigentlich drü[ber] freuen. Bitte grüßen Sie mir Schönbach recht herzlich, der mich auf Ihre Intervention durch einen schönen Brief erfreut hat. Auch an Ihre liebe Frau die besten Empfehlungen.
Treulich Ihr AS.

25.3.92.

Graz, 28. März 1892 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Schönsten dank! Es tut mir leid, dass Sie unwol waren, hoffentlich erholen Sie sich die ferien recht, damit Sie frisch – gleichzeitig mit Hauffen wie mir scheint – in die ehe treten.
Wenn Kochs zs. aufhörte, wäre es für den schlechten absatz der VJS nur gut. Im 1. heft steht vielerlei, hoffentlich gefällt Ihnen einiges davon. Am 2. ist zur hälfte u. weiter gesetzt: mittleres u. weniger gutes*). So was recht bedeutendes gönnt kein mensch dieser VJS.
Schönbach dankt für Ihren gruss, er war vorhin wie fast jeden sonntag da.
Herzlich grüsst
Ihr getreuer
BSfft.

*) auch von einer germanistin!

Graz, 26. April 1892 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Schöner dank lieber freund: Die zueignungsform macht mir das heft doppelt wertvoll. Lesen kann ichs nicht gleich, da noch korrekturen angehäuft liegen von meiner Wiener kaiserfahrt her. Auch bin ich voll unruhe über Schönbach: er hat typhus – was er selbst nicht weiss. Gestern war ich sehr besorgt, heute kommt er mir etwas besser vor. Augenblickliche gefahr sieht sein arzt nicht. Auch bleibt der zustand hoher fiebertemparaturen bedrohlich. Es fragt sich, wie widerstandsfähig sein körper ist. Hoffen wir, dass es in 14 tagen besser geht, früher ist kaum zu erwarten.
Gab Ihnen Hauffen, wie ich bat, Kaweraus Sommer zu lesen? In Wien setzte ich mich mit Minor aus einander. Glossy hab ich leider verfehlt. Fr. v. Zwiedineck schwärmt von Ihrer braut und wir mit ihr.
Treulich
BSfft.

26.4.92

Prag, 28. April 1892 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. So sehr mich der Schlußsatz Ihrer Karte erfreut, so sehr erschreckt mich die Mittheilung von Schönbachs Erkrankung. Ich bi[tte] Sie herzlichst, mir ab und zu ein paar Worte über s. Befinden zu schreiben und mir auch zu sagen, ob man ihm schreiben darf oder nicht, ob man seiner Erkrankung Erwähnung thun darf oder nicht (Ich bin ihm eine Antwort schuldig.) – Hauffen ist auf dem Lande bei seiner Braut. Er wird mir den Aufsatz Kaweraus wohl nach Rückkehr geben. – Meine Adresse ist vom 10. Ma[i] ab: Prag, Smichow, Kreuzherrengasse 2. Die Hochzeit ist auf die Zeit zwischen 10–15 Septembr festgesetzt.
Herzlichst Ihr AS.

Graz, 30. April 1892 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Schönbachs befinden ist unverändert und wird wol noch eine gute woche stehen bleiben, ehe besserung eintritt. Doch ist der verlauf bisher normal. Ich habe ihm einen gruss von Ihnen und Ihre teilnahme gesagt; er lässt sich entschuldigen, dass er jetzt nicht danken könne (wol für den grillp.). Ich glaube, Sie wollen ihm schreiben, aber beruhigt und beruhigend, nicht als ob wir die erkrankung für ernst hielten.
Besten gruss
BSfft.

Graz, 4. Mai 1892 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Schönbachs befinden ist in der besserung. das fieber lässt früher nach als der arzt erwartete; er hofft fürdie nächste woche reconvaleszenzbeginn. Jetzt ist noch fieber da und grosse vorsicht geboten. ich denke aber, dass die hauptsorge gehoben ist.
Wie unglaublich schwach ist harnacks ästhetik! Im Goethejhrb. freuen mich nur die kalbbriefe. Erscheint Ihr Grillparzer nun in der Weltlitt.-sammlung? oder einer anderen. Unser seminar besitzt nur die nachtragsbände!! Es soll jetzt den ganzen kriegen. Zu Ihrer einleitg. fand ich im nebel des semesterbeginns leider noch keine ruhige stunde.
Treu Ihr Seuffert.

Graz, 17. Mai 1892 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ich gratuliere zur umarbeitung! Sie hat sehr gewonnen, meine ich; eine vergleichung hatte ich freilich nicht angestellt, aber die lektüre war mir jetzt noch sympathischer als früher. Auch für die Maretaschrift danke ich. Die balladenstr. sind wirklich schön. Andere haben ein dürftiges oder ein wunderliches opfer gebracht. Wenn Sie was von mir erhalten, das in Ihre ‚interessensphäre‘ pfuscht, so verzeihen Sies und denken beim lesen: er weiss ja, dass das nur gepfuscht ist.
Schönbach war über Ihren brief erfreut. Er versucht seit heute zweimal am tage das bett zu verlassen, ist nicht so schwach als ich fürchtete, hat aber doch wol längere reconvalescenz vor sich als er meint u. wünscht. In den Kelle hat er geguckt und sich sehr entrüstet: ihn dünkt der wurf mislungen. – Soeben stellte ich das 3. heft der VJS. zusammen, lauter beschnittene waare. Ich muss doch an den kopf u. den schwanz was christliches setzen. – Minor reichte mir schriftlich seine freundschaftsrechte! Sehen Sie sich die hose des 2jährigen Schiller in Wien an? es scheint ein hauptstück der ausstellung.
Grüssend Ihr
BSfft.

Anbei das elaborat einer germanistin von beruf! und anderes vom –– berufenen??

Prag, 14. Juni 1892 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag Smichow 586
14.6.92.

Lieber Freund! Bei der Durchsicht des neuen Heftes Ihrer Zs. sehe ich, daß ich die wichtigsten Artikel Dank Ihrer Güte bereits kenne, ohne daß ich Ihnen ein Wort darüber gesagt hätte. Der Versuch der germanistischen Dame ist etwas breit gerathen, Kaweraus Aufsatz ist mir halb zu populär halb zu bibliographisch; Steig recht lehrreich; solche Gedichte Werners, wie sie Poppenberg abdruckt giebts noch mehrere in Wiener Zs., wie ich denn überhaupt sehe, daß ich vieles liegen habe was bequem verwertet werden könnte, besonders wenn Sie die Miscellen enger drucken wie diesmal. Aber vorderhand ist keine Aussicht dazu vorhanden, daß ich Ihnen etwas liefere. Ich habe anderes im Kopf. – Ich bin auch noch wegen des Anast. Grün in Ihrer Schuld. Ihr Aufsatz ist mir deshalb sehr sympathisch, weil endlich einmal der verhimmelnde Ton (in den ja auch Schönbach in s. Festrede verfiel, freilich wohl verfallen mußte) von jemand herabgestimmt wird. In der Beurteilung des Dichters stimme ich überein mit Ihnen. Historisch ist Grün aber doch viel wichtiger als Sie durchblicken lassen u. ich werde (wenn mein Buch jemals zu Stande kommt,) manches heranziehen, was sich allerdings erst im größeren Zusammenhange ergiebt. Ich werde Ihren Vortrag seinerzeit gewiß wieder vornehmen; denn auch dies hab ich so ziemlich losgetrennt von meiner Arbeit, gelesen.
Ich lebe in großer Unruhe. Eine lang verzögerte u. dann gezwungen überstürzte Übersiedlung hat mich in starke Unordnung gebracht; auch nehme ich Veranlassung meinen Bücherballast ein wenig zu verringern, um [m]ein Schifflein etwas leichter lenkbar zu machen. Noch bin ich eine Beute der verschiedenen Handwerker und vernachlässige so mein eigenes Handwerk. Es wird wohl vor Herbst nicht besser werden. Wir wollen Anf. September Hochzeit halten (in Krummau), dann ein wenig einen südlichen Ort aufsuchen und vielleicht über Graz u. Wien heimkehren. – Die Theaterausstellung lockt mich wenig; auch der versöhnte Großkophta nicht; wohl aber viele liebe und alte Freunde. –
Schönbach hat mich mit einigen Zeilen erfreut, die mir seine fortschreitende Genesung verbürgen. Er wird Kelles Akademiewahl wieder schwer empfunden haben; aber es kommt ja gewiß auch d Zeit, wo sein Weizen in Wien blühen wird.
Grüßen Sie mir Ihre liebe Frau und haben Sie besten Dank für Alles Liebe und Gute, besonders für d. nachrichten während Schönbachs Krankheit.
Wären Sie im Herbst in Graz zu treffen?
Herzlichst
Ihr
Treulich Ergeb.
AS.

Graz, 18. Juni 1892 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L. fr. Ihre urteile über VJS. 2 sind die meinen. Über Steig denke ich etwas schlechter. Haben Sie Heineriana, so gönnen Sie sie dem jungen Poppenberg (Berlin SW 12 Friedrichstr. 207), der über Heine dissertation arbeitet.*) Ich traf ihn in Weimar. Ihn u. viele alte u. neue bekannte konnte ich nur flüchtigst sprechen. Heimwärts war ich 2 stunden in der Wiener ausstellung, ohne freude.
Ich bin erstaunt, dass Ihnen und anderen Grün so kühl behandelt vorkommt; der lokale überschwang muss grösser sein als ich weiss. Um so dankbarer bin ich, dass Sie mein urteil nicht missbilligen.
Die übersiedlung muss übel gewesen sein. Gleich zur hochzeit! Es wäre sehr schön wenn wir uns darnach hier sprechen. Freilich habe ich noch keine sichern ferienpläne. Entweder gehen wir ende juli für 1 monat aufs land u. ich anfang oktober allein auf ein paar tage nach Dtschld., oder gehen wir von ende august bis oktober alle dahin. Schönbach liest u. wird frischer. Er will 2 monate fort sein, in Schruns u. umgebung. Die akademiegeschichte droht ihn mit Heinzel zu verfeinden. Leben Sie wol, es liegt viel arbeit aus der zeit meiner abwesenheit da.
Treu Ihr Seuffert.
18.6.

*) oder geben Sie mir sie bald in die VJS., damit er sie noch nutzen kann.

Graz, 4. August 1892 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 4.8.92

Lieber freund Vor allem nehmen Sie meinen und meiner frau herzlichen glückwunsch zur bevorstehenden vermählung an: möge Ihre ehe so glücklich sein wie unsere! ich kenne keine ! höheren wunsch. Möge ihr all das bittere leid verspart bleiben, das uns ward, obwol auch im leid das glück der zusammengehörigkeit sich bewährt. – –
Hauffen ist Ihnen zuvorgekommen, das ist eine missliche empfindung, wie ich aus eigner erfahrung weiss, da ein naher freund sich später verlobte und früher verehelichte als ich. Aber das muss ertragen sein.
Schönbach stärkt sich in Schruns; er hatte es noch recht nötig als er abfuhr von hier, die reise hat ihn ausserordentlich angestrengt. Glücklicher weise ahnt er nicht, wie viel sorge er uns diesen sommer bereitete. Ich setze alle hoffnung auf seinen jetzigen aufenthalt.
Gurlitt residiert mit seiner familie im Kroisbachschlössel, dessen Sie sich wol noch erinnern. Bauer sitzt bei seiner frau und hält sie in ruhe, damit das christkindlein dieses hauses ordentlich gedeihe. Willy freut sich aufs schwesterchen.
Ich wollte jetzt auf dem lande sein mit frau und kind. Aber ich fand nicht rasch einen passenden ort, da ich unkundig bin und zu lange säumte; jetzt ward ich unwol und muss noch etwas ruhe halten. Ob dann das wetter und die jahreszeit gut genug sind mit dem einjährigen knaben den ort zu wechseln, warte ich ein paar tage notgedrungen ab. Der zahnarzt hält mich fest.
Zugleich schicke ich Ihnen etwas Grillparzerisches. Mir ist der gesuchte stil so zuwider, dass ich den inhalt kaum verstehe. Vielleicht und hoffentlich behagt das kunststück Ihnen besser. Auch ein Gleim-Kleistbrief liegt bei.
Und nun, wenn Sie in den hochzeitsvorbereitungen noch eine halbe stunde zeit für schulsachen haben, eine bitte: ich möchte im nächsten winter im seminar einmal Grillparzer treiben, am liebsten die dramatischen fragmente. Oder raten Sie etwas anderes? Die voraussetzung ist, dass ich allen zuhörern billige ausgaben in die hand gebenkann; da ich sie nicht veranlassenkann, den ganzen Grillparzer zu kaufen; dazu fehlt ihnen das geld. Können Sie Ihren verleger veranlassen, für solchen zweck einzelne bände der supplemente abzugeben? Die werden ja jetzt doch, wenn sie nicht ganz vergriffen sind, makulatur, da die neue ausgabe in fluss kam: Ist denn Ihre neue ausgabe dieselbe, die auch in der Cottaschen Weltlitteratursammlung erscheint? Auch da soll man sich auf abnahme des ganzen verpflichten, was studenten nicht können. Ich frage so zeitig, da ich mich sonst nach einem andern thema umsehen muss, ich habe vorsichtig nur angekündigt: seminar, 19. jh. Jedenfalls möchte ich etwas aus der österreichischen litteratur des 19. jh. nehmen, die jetzt am gymnasium vorgeschrieben ist, muss mich aber erst orientieren.
Ich habe vergangenes semester zum 1. mal ein interpretationskolleg gehalten, 1 stunde über ein paar gedichte des sog. kanons des österr. gymn. lehrplanes. Das war teilweise öde, grösseren teiles für mich sehr lehrreich und hoffentlich den studenten nützlich. Auch die dialoge über poetik in Goethe-Schillers-brfw., im seminar gehalten, waren teilweise recht gelungen. Ich probiere immer neues.
Haben Sie gesehen, wie sich Braitmaier für meine anzeige seines buches am schlusse seiner streitschrift bei mir bedankte? Ich beneide die Schwaben um ihre urwüchsige grobheit.
Leben Sie wol, kommen Sie hieher mit Ihrer lieben frau, aber wenn wir hier sind: anfang oktober muss ich vielleicht in Weimar goldne hochzeit feiern helfen, schraube mich aber davon wenns irgend geht.

Abermals: glück! tu dich auf!

Ihr
getreuer
BSeuffert.

Krummau, Böhmen, 8. August 1892 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich danke Ihnen herzlich für Ihre guten Wünsche. Es ist alle Aussicht vorhanden, daß sie in Erfüllung gehen werden. [Hie]r leide ich sehr viel unter meiner (allerdings leicht erklärlichen) Ungeduld über den Verlust der schönen Ferien. Die Hochzeit wird am 8. Spt. sein; bis dahin bleibe ich hier. – Es thut mir leid, daß Sie wieder unwohl sind und so spät aufs Land kommen. Wenn Sie nur am Ort wären, bei unserer Durchreise, die überdies noch von der Cholera u. deren Fortschreiten abhängt. Vielen Dank für die beiden Aufsätze. [V]on wem der gräßliche Schwefel über Grillparzer sein mag. Ich hätte diesen Schwund ! niemals drucken lassen. Es ist ja der reine Unsinn. Überdies haben die Kritiken der 30 und 40er Jahre längst ähnliches behauptet. – Ihren Plan Grillp. Fragmente im Seminar behandeln zu lassen, fände ich ausgezeichnet, wenn das Material leichter zu beschaffen wäre. Mit Cottas läßt sich gar nich[ts] anfangen. Sie sind die reinen Krämer geworden u. haben mir bei gleicher Veranlassung alles rundweg abgeschlagen; übrigens sind diese Ergänzungsbände nicht theuer. Die neue, 5. Ausgabe, erscheint leider! nur als Theil der Bibliothek der Weltlitteratur, wird in Folge dessen schlecht (eng!) gedruckt; aber da ist glaube ich jeder Band einzeln käu[f]lich. Nur wirds wahrscheinlich sehr lange Zeit dauern bis die betreffenden Bände erscheinen werden. Gegenwärtig ist Bd 4 (Ahnfrau, Sappho) im Druck; die Fragmente sind Bd 11.12. Sollten Sie dennoch bei dem Thema beharren, so will ich Ihnen ein paar [W]inke geben, die Ihnen viele Mühe ersparen werden. Alles historische für die Jugenddramen dürfte aus Gay ! und Guthrie, der großen 90. bändigen Weltgeschichte stammen, (Troppauer – Ausgabe.) Vielleicht setzen Sie einen Historiker auf das in der VJS. abgedruckte Fragment, das mir noch immer räthselhaft ist. – Wenn Sie vielleicht über die fertigen Dramen arbeiten ließen, da sind jetzt die Lichtenheldischen Schulausgaben vorhanden mit Verszählung, die recht billig [si]nd u. auch sonst ist jedes Drama einzeln zu haben. – Braitmaiers Pamphlet bring ich nicht hinunter, obgleich ich eigentlich gut drin wegkomme. Schmidt hat ihn viel zu gut behandelt. Er müßte gründlich durchgewalkt werden.
In den Litteraturdenkmalen drucke ich jetzt die Blätter v. D. A. & Kunst mit dem pedantischen Lambel, der mich wegen jedes Quarks bis aufs Blut quält. Jeder abgesprungene Buchstabe des Orig. macht [ih]m Kopfzerbrechen u. die Vignette auf dem Titelblatt bereitet ihm schlaflose Nächte. Diese Leute bringen unsere Wiss. in Verruf. Übrigens stellt sich heraus, daß Suphan ganz inconsequent, ja liederlich arbeitet. Seine Excerpte aus ungedruckten Papieren sind kaum zu brauchen. Skandal! –
Verzeihen Sie das wenig zusammenhängende dieses Briefes; ich bin hier stets sehr müde und habe es auch in meinem Quar[tier] etwas unbequem. –
Mit vielen Grüßen von mir und meiner Braut an Sie und Ihre liebe Frau
Ihr aufrichtig und treulichst Erg.
AS.

Krummau. Böhmen
8.8.92.

Graz, 12. Oktober 1892 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Wenn mir keiner meiner kollegen, die dem druckorte näher und darum allzeit früher mit exemplaren aus Böhlaus officin versorgt sind als ich, zuvorkam, bitte ich um das vergnügen Ihnen die ganze festschrift zum 8. okt. überreichen zu dürfen. Meine probe braucht Sie nicht vor den andern gaben abzuschrecken. Geben Sie mir meine korrektur zurück – denn zum schreiben möchte ich Sie jetzt nicht zwingen, so heisst das: ich besitze kein stück der festschrift u. möchte die ganze haben. Ihr hiersein war mir zu flüchtig; wir hatten gar so wenig von Ihnen beiden. Hoffentlich ist das befinden der frau gemahlin recht gut geblieben.
R M Meyer bittet Sie um anzeige der studie, in der wie Sie mir sagten seine gedanken über Grillparzers Traum ein Leben schon vorweggenommen sind. Für den 6. bd. der VJSchrift hoffe ich wieder auf Ihre mitwirkung, die Sie dem 5. versagten.
Leben Sie wol und in reinem genusse des hausstandes.
Ihr stets ergebener
BSeuffert

Graz Harrachg. 1
12.10.92.

Prag, 18. Oktober 1892 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 18.10.92.
Smichow 586.

Lieber Freund! Ich sende Ihnen gleichzeitig die Correctur Ihres von mir mit Bewunderung gelesenen Wieland-Aufsatzes zurück und freue mich, die ganze Festschrift aus Ihrer Hand zu bekommen. Vielen Dank dafür im Voraus. Meyers ‚Traum ein Leben’ erinnerte mich an einen Aufsatz von L A Frankl aus den 40er Jahren; meine Grillparzerstudien sind momentan noch ungeordnet; sobald ich die nähere Angabe finde, will ich M. davon verständigen. Inzwischen werde ich s. Aufsatz auch ruhigen Gemüts noch einmal gelesen haben. Für die VJS. läge vieles bereit, wenn ich nur Muße zum Ausarbeiten fände. In Wien hat man mich zu einem Artikel für das gesch?te Grill[p]arzerjahrb. gepresst. Seien S[ie] darob nicht bös. Meiner Frau g[eh]ts schon wieder ganz gut. Auch wir hätten gern mehr von Ihnen gehabt. Hoffentlich ein andres Mal. Herzlichst Ihr AS

Graz, 21. Oktober 1892 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Nehmen Sie die rare festschrift als nachträgliche hochzeitsgabe. Da Sie freude an schönen büchern haben, so kann Sie dieses freuen; denn Böhlau hat es gut gemacht. Der inhalt freut mich nicht durchaus, das letzte passt gar nicht hieher, Redlich hat damit alle erwartung übertroffen, die ich von ihm hegte. Dass Ihnen mein festlich gestimmter artikel gefiel, ist mir sehr aufmunternd. Manchem ist der inhalt zu schal u. unbedeutend. Der portier gab Ihnen doch hier noch meine Vossische zeitung? Ich wollte der Goethegesellschaft mit der publikation dieses stückes des Tiefurter Journals noch zuvorkommen. Ich begreife dass Sie zum Grillp.-Jahrb. beisteuern müssen, so wird es interessanter werden, als bisher: denn ausser für einen Grillp.-forscher war das bisher mitgeteilte material zumeist zu wenig fundiert. Übrigens mag ich auch das Goethe-Jahrb. nicht mehr, weil es nur archiv ist und so wenig production bringt. Hoffentlich finden Sie zeit u. stimmung auch der VJSchrift untersuchungen zuzuwenden.
Wir grüssen Sie beide u. wünschen bestand der gesundheit.
Ihr
treu ergebener
BSfft.

21/10/92.

Prag, 24. Oktober 1892 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich danke Ihnen, wir danken Ihnen für das schöne Geschenk, das ich wohl zu schätzen weiß. Außer Ihrem kenne ich jetzt nur noch Schmidts Aufsatz, der mir[et]was zu rasch ist, aber sehr schön. Meine Gegengabe ist recht ungleichwertig. Lambels Einleitung habe ich aus einem noch größeren Wust von nicht zur Sache gehörigem Quark herausdestillieren müßen. Die Wahl des Hrsgebers war ein Misgriff. An dem durch vor Ihrem Namen anstatt des von bin ich unschuldig. Lambel hat die Ungleichmäßigkeit hineingebracht aus Irrthum: er meinte, es hieße früher so. Ich war damals auf der ?tsreise.
Lassen Sie mir noch ein wenig Zeit. Vielleicht schicke ich Ihnen bald einmal ein paar Kleinigkeiten zur Vorkost für die VJS.
Die Frau grüßt die Frau und ich schließe mich ihr gehorsamst an.
Ihr
treulich Ergeb.
ASauer

für die Nr. der Voss. Ztg. glaubte ich Ihnen noch in Graz gedankt zu haben, was wohl nicht der Fall war.

Graz, 24. Oktober 1892 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt.

Graz, 26. Oktober 1892 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Ich danke für die Deutsche art u. beglückwünsche Sie zu der erfüllung dieses uralten planes, dessen ausführung durchzusetzen mir nicht gelang.
Ists wahr, dass Ihr Kelle vom bairischen ministerio für München gesucht wird, als Baier und katholik, wie man sagt. Nach wissenschaftlicher bedeutung fragt man in Mchn nicht, jene eigenschaften genügen. O heimatland o schönes land!
Grüssend
Ihr
BSfft.

Suphan soll Litzmanns stelle als nebenamt erhalten!

Prag, 9. November 1892 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

9.11.92.

L. F.! Ich danke Ihnen herzlich für die (vertrauliche) Communication der M–schen Munition. Über die ‚Bibl. fürs Strickkörbchen‘ dürfte Werner Auskunft geben können, der einmal Recensionen über Goethe darin fand. – Für die Vogel[sche]uche muß ich mir aber die Priorität wahren. Band XVI, 261 im Register steht sie unter Tieck. Ja die Datierung fußt auf der Bzhg zu Tieck. Minor thut, als ob ich das nicht erkannt hätte. Wollten Sie in einer Redactionsnote auf das Register verweisen? Oder Minor drauf aufmerksam machen? Sonst melde ich den Hinweis gleich als Nachtrag an. – Das Gute hat M.s Beitrag, daß ich mich entschlossen habe, über die Dramatischen Fragmente in einer größeren Studie zu handeln, die ich für Ihr 3. oder 4. Heft in Aussicht stelle (93), wenn Sie mir Raum gönnen wollen u. wenn ich Sie nicht als Beitrag zu unsere Philol[og]entagsfestschrift brauche.
Wenn Sie wieder was hätten, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Vielleicht hab ich auch einmal etwas, was Sie interessirt. – Paul soll erregend sein; K – hat allerdings viele Besuche u. Versuche in M – n gemacht. Jetzt bleibt nichts anders übrig als auch meinen Namen grüßend abzukürzen. S – r.

Graz, 12. November 1892 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. So geht es wenn man nicht alles nachschlägt. Aber ich hätte doch gedacht, ein Minor sehe Ihre ausgabe nach. Da der fehler einen beitrag zur VJS. von Ihnen anregt, ist er mir lieb: was brauchen Sie ihn den Wienern zu geben! Die sollen für ihre philologie selbst sorgen; wie kommen wir verachteten provinzler dazu den Wienern feiern zu helfen? Dazu wären wir freilich gut genug, denn wir mehren ihren glanz. Zur berichtigung in bd. 5 ists zu spät. Minor schreiben kann ich nicht, da Sie ja jetzt seinen beitrag noch nicht kennen dürfen. Besinnen Sie sich, ob Ihnen die sache tanti est, dass Sie im 1. heft des nächsten bandes reclamieren. Lieber wäre mir, Sie veranlassten Minor zur selbstberichtigung.
Bestens grüsst
BSeuffert

Graz 12.XI.92

Prag, 16. November 1892 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Mir läge selbstverständlich an der ganzen sache gar nichts d[ran], wenn der Beitrag nicht von M wäre und dieser sich in Grillparzersachen nicht schon mehrmals unehrlich gegen mich benommen hätte. Ich werde ihn, wenn er seiner Zeit den Artikel schickt, auf den Irrthum aufmerksam machen. Im übrigen ist für die Reclamirung Zeit, bis zu meinem Aufsatz. – Wir verfassen zur Begrüßung des Philologentages eine eigene Prager Festschrift; denn daß wir den Tag einmal in Prag selbst abhalten könnten, dazu ist wohl kaum Aussicht. Sie sind da in einer andern Lage. Überdies bemühe ich mich, für diese Festschrift etwas andres zu arbeiten, was mit Grillparzer nicht zusammenhängt, weil ich mir sonst wie der ewige Jude vorkomme, der immer mit denselben alten Kleidern handelt. Gelingt mir das, dann sende ich Ihnen den Artikel sicher.
Bestens grüßend Ihr AS.

Prag 16.11.92.
Smichow 586.

Graz, 25. November 1892 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Bitte sagen Sie uns, wie hoch das germanistische seminar in Prag dotirt ist: bücherkauf, bibliothekarsremuneration, stipendien getrennt. Sie haben ja gewiss einen studenten als bibliothekar; hält er täglich bibliotheksstunde? ist Ihr bibliothekszimmer immer offen für die seminaristen? werden keine bücher absichtlich und zufällig entfremdet?
Im voraus dankend grüsst
Ihr
BSfft.

Lambel flickt Sphn., dem corresp. mitglied der bair. akademie! weniger am zeug als ich dachte.

Graz Harrachg. 1
25 XI 92

Prag, 27. November 1892 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Durch den unglaublichen Leichtsinn K–s besitzt unser Seminar gar nichts u. alle [m]eine Bemühungen die Jahre hier eine[n a]ndern Zustand zu erreichen prallten an [se]iner Indolenz ab. Wir sind in einem Loch untergebracht, in dem kaum 5 Leute athmen können. Bibliotheksdotation keine! Für Stipendien 180 fl. pro Semester, welche Summe wir unter uns theilen. Was wir davon ersparen, verwenden wir auf Bücherankauf. Der Bibliothekar versah bisher sein Amt umsonst; im vorigen Sommersemester verliehen wir ihm, da er auch sonst unsere Arbeitssäule ist, zum ersten Mal auf mein Andringen ein Stipendium von 30 fl. Das Bibliothekszimmer ist gesperrt, der Schlüssel ist beim Pedell u. Portier, Bibliotheksstunden dem Belieben des jeweiligen Bibliothekars überlassen; heuer fast täglich, weil die Leute im Grimmschen Wörterbuch für das 16 Jh. arbeiten müssen. Weggekommen ist seitdem ich in Prag bin ein einziges Buch, aber auch nicht aus meiner Abtheilung; deshalb weiß ich das nähere darüber nicht. – Nimor sucht nun auch mit mir Annäherung u. hat mich um einen Vortrag für Pfingsten gebeten. Er steht momentan offenbar in seiner menschenfreundlichen Periode. – Uns geht es sehr gut, nur gearbeitet könnte mehr werden. – Herzlich grüßend
Ihr AS.

Prag, Smichow 586. 27.11.92.

Graz, 9. Januar 1893 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Doch lieber wenig als nichts lieber freund für die VJS! Mitzurennen hab ich nicht lust, auch wenn ich die kraft hätte. Z. ist ein ungeschliffener edelstein, ein guter kern in rauher schale u. was man dergleichen mehr sagt. Ein grundgescheiter mensch, arbeitskräftig u. leistungsfähig, dem ich eine gute zukunft herzlich wünsche; jedenfalls ist mir in den 6 hiesigen jahren u. vielleicht auch zuvor kein gescheiterer untergekommen unter den zuhörern
Ich war 3 wochen krankenwärter: der bub war krank, vorübergehend auch meine frau. Jetzt geht es jenem besser, dieser gut.
Das beste in Ihr haus!
Treulich
Ihr
BSfft.

Prag, 8. Februar 1893 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Vielen Dank für Ihre Sendung, die mich höchlichst interessirte. Schüddekopf hat aber übersehen, daß Muncker in der beilage zur [A]llg. Ztg. 1891 Nr 305. 3. November unter dem Titel: ‚Ein verschollenes Gedicht des preußischen Grenadiers‘ dieses ‚zweyte Siegeslied der Preussen nach der Schlacht bei Lissa‘ vollinhaltlich hat abdrucken lassen. Also jedenfalls wäre die grössere Blamage auf dessen Seite als auf meiner, der ich nur die von Pröhle – aus Gleims Handschrift – mitgetheilten Strophen kannte. Vielleicht können Sie von dieser Notiz noch Gebrauch machen als Reda[cti]ons-Note, ohne mich hineinzuziehen.
Für unsere Ausgabe der Kriegslieder ist Schüddekopfs Aufsatz eine glänzende Rechtfertigung; es ist doch die erste Gesammtausgabe, die wir reproduziert haben.
Mit herzlichen Grüßen Ihr AS.

Graz, 15. Februar 1893 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Ich danke Ihnen sehr für den Munckernachweis, der gleich nach Weimar wanderte, leider nach Ihrem befehle ohne Ihren namen. Mein armer landsmann hat in der VJS viel zu dulden, geschieht ihm aber recht; er ist halt nur ein handwerker. – Noch mehr dank ich Ihnen für den treuen diener. Ich habe mich recht daran gelabt. Ich hätte gerne noch länger zugehört. Die form der kaiserlichen censur kann ich aber nicht so besonders despotisch finden, die sache fällt mir natürlich nicht ein zu verteidigen. Doch das ist ein nebending.
Auch sonst ist das Jahrb. besser als seine vorläufer.
Endlich dank ich auch für die vorzügliche anzeige des Jahresberichtes; ich finde alle ihre mahnungen sehr beherzigenswert.
Treu
Ihr
BSfft

Gruss von frau zu frau!

15 II 93.

Graz, 26. Februar 1893 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfreund Möchten Sie mir die adresse des dr. Victor Zeidler verschaffen oder ihn veranlassen, sie Schönbach oder mir zu schreiben? Wir wären Ihnen sehr dankbar dafür.
Besten gruss in treuen
BSeuffert

26 II 93

Prag, 28. Februar 1893 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Dr. Zeidler wohnt: Brenntegasse (Brennte-Gasse = verbrannte Gasse!) Nr 3a. 3. Stock. Er kommt nächsten Sonntag zu mir zum Speisen u. da will ich ihm nahelegen, nach Graz zu schreiben. So viel ich weiß, geht es ihm ganz gut.
Herzlichst grüßend
Ihr AS.

Prag, Smichow 586.
28.2.93.

Graz, 14. März 1893 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Besten dank für den Götz l. fr. Ich kann nicht mehr hineinschauen, da ich im begriffe stehe abzureisen, nach Würzburg und Weimar.
Grüssend
Ihr
ergebener
BSeuffert

Prag, 28. März 1893 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, 28.3.93
Smichow 586.

Lieber Freund!

Obwohl ich nicht weiß, ob der Brief Sie vor Ihrer Rückkehr treffen wird, will ich ihn doch auf gut Glück absenden.
Es wird Ihnen zwar schon selbst in den Sinn gekommen sein, aber vielleicht auch nicht und dann will ich den Dank den auch ich Ihnen [a]ls Redacteur der VJS schulde theilweise damit abtragen: ich glaube es wäre jetzt der Moment, wo wir das Gesuch um Subventionierung der VJS. beim Ministerium erneuern sollten, weil die Germania eingeht, die bisher unterstützt wurde. Diese Summe wird frei und auf die sollten Sie so ra[sc]h als möglich Beschlag legen. Kann ich dabei mitwirken, so rechnen Sie auf mich.
Dann freilich eine Bitte. Können Sie mir angeben, bis wann der äußerste Termin ist, um etwas ins 3. resp. 4. Heft dieses Jahrgangs zu bringen. Ich muß mir einiges vom Hals schaffen, bin aber bis über d Ohren in Arbeit. 14 Bände Grillparzer sind bereits corrigiert; noch sechs. Es ist zum Ersticken, so viel Papier.

Lassen Sie sichs auf Ihrer Reise recht gut gehen und kommen Sie frisch nach Hause.
Zu Pfingsten sehn wir uns wol.

Treulichst
Ihr
AS.

Prag, 17. April 1893 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Smichow 586.

Lieber Freund! Falls Sie mir die verspätete Widmung nicht übel nehmen, könnte ich Ihnen jetzt 1 Ex. der Übersetzerbibliothek Bd. 2 ff. (R[u]bensohn, Epigramme) senden. Es drückte mich die ganze Zeit hin, daß ich Ihnen dieses Buch schuldig bleiben mußte. – Diese Tage wird auch ein Heft DLD kommen, dem man vorderhand die große Mühe, die es gekostet hat nicht anmerkt. Wenn Sie aber bedenken, daß die 5erlei Schriftarten des Orig. auf 3 zu reducieren waren u. daß jedes Citat nachgeschlagen u. verglichen wurde, dann werden Sie begreifen, wie froh wir sin[d] die ersten 10 Bogen los zu sein. Es wird flott dran weiter gedruckt. Kösters Genauigkeit könnte einen manchmal zur Verzweiflung treiben. Bestens grüßend Ihr AS.

Würzburg, 22. April 1893 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Verzeihen Sie die späte antwort auf Ihren brief und seinen guten rat. Ich bin seit 5 wochen unterwegs, zumeist im Goethe archiv. Leider vermag ich Ihnen keinen raum in diesem jahrgange der VJS. mehr zur verfügung zu stellen. Er ist längst über u. über besetzt. Und für den nächsten kann ich aus dem gleichen grunde nichts annehmen, aus dem ich die Germaniasubvention nicht überleitete. Das im tiefsten vertrauen, ich habe versprochen bis zum 2. hefte dieses bandes zu schweigen, also machen Sie mich nicht wortbrüchig.
Grüssend Ihr
sehr ergebener
BSeuffert

Graz, 8. Mai 1893 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Werden Sie zum philologentage kommen, lieber freund? Ich bin noch unentschlossen.
Grüssend
Ihr
Seuffert

Prag, 12. Mai 1893 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Verzeihen Sie, daß ich Sie mit dieser Antwort so lange hingehalten habe. Ich war bis vor kurzem fest entschloßen nach Wien zu gehen. Nun geben aber 1. Glossys, bei denen wir hätten wohnen wollen & sollen, keine Antwort. Im [Ga]sthaus zu wohnen ists mir mit der Frau zu theuer u. allein fahre ich nicht. 2. Ist meine Frau unwohl (Husten, der schon lange andauert); 3. Ist das Programm der germanist. Section sehr fadenscheinig u. lockt mich nicht; 4. Brauche ich meine Zeit momentan sehr notwendig; ich hätte eine Woche ohne Vorlesungen. 5. Muß ich im Sommer nach Weimar u. da wollen wir dann in Deutschland bleiben; da heißts sparen.
Alles das erwogen, fürchte ich fast[,] daß wir in letzter Stunde nicht gehen [w]erden. Ich kann also wenigstens niemanden animieren. Sagen Sie mir aber doch noch, wozu Sie sich endgiltig entschlossen haben.
Herzlichst Ihr AS.

Prag, 27. Mai 1893 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Da wir uns in Wien nun nicht getroffen haben, möchte ich Sie um zweierlei fragen[:]1. Sie lesen heuer: Einfhrg. i. d. St[ud. d.] G. d. n. d. Lit. Was machen Sie da? Ich halte ein solches Colleg seit langem für wünschenswert; aber ich fand bisher zu große Schwierigkeiten. Vielleicht skizzieren Sie mir das mit ein paar Worten. 2. Ich muß im Juli nach Weimar wegen des Götz u. möchte gern wissen, ob die Frau Großherzogin noch immer Tantiemen bezahlt wie früher. Die Reise zahlt sie mir einmal, hieß es damals. Diese hätte ich also verwirkt. Aber der Aufenthalt scheint auch bei wiederholter Anwesenheit vergütet zu werden.
In den DLD drucke ich jetzt an Goeze contra Lessing (ESchmidt); dann folgt: Forster Kleinere Schriften (Leitzmann) und 1 Bd. Göttinger MA. (Redlich). Mit Nr 50 beginnen wir 1 neue Serie mit neuer Ausstattung, anderm Umschlag etc. Heft 1 wahrscheinlich: Thomasius Von der Nachahmung der Franzosen. Dann Rost Vorspiel; Thümmel Wilhelmine; ein weiterer Bd. MA. und Borckmann ! Bookesbeutel (Schlenther) Weiterhin denk ich an ein Lstspl. der Kaiserin Katharina II, ein Bändchen franz. Gedichte Friedrich d Großen; an das Volksbuch vom Ewigen Juden. Langsam bereite ich vor: Withof, Caniz, Oest. Von andern Plänen nächstens.
Bestens grüßend Ihr aufrichtig Ergeb. AS.

Graz, 5. Juni 1893 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Schönsten dank lieber freund. Dies erste kapitel Ihres buches soll mir eine labsal im drang der geschäfte sein.
Mein brief kommt mir recht anmasslich vor, seit er fort ist. Wozu schrieb ich Ihnen das alles? Seien Sie nachsichtig. Zum teil ists noch unausgeführtes programm. Denn ich kann kolleghefte nicht in den ferien machen, ohne berührung mit den zuhörern gelingt mir keines.
Grüssend in treuen
BSfft.

(Prag), 6. Juni 1893 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich dank Ihnen vielmals für die ausführliche Skizze. So ähnlich hab ich mirs allerdings vorgestellt; aber diese [Ü]bersicht erleichtert mir doch alles sehr u. ich will künftigen Sommer etwas ähnliches versuchen. Die Studenten brauchens sehr notwendig. Auch für einen selber nutzt es. Es ist ein heilsamer Zwang sich Rechenschaft zu geben.
Auch Ihre Nachricht wegen Weimar genügt mir völlig. Ich hab mit Suphan bereits ausgemacht, daß ich in der zweiten Hälfte Juli hinfahre, wollte aber doch wissen, ob ich auf eigene Kosten werde leben müssen. Sie sollen – nach Gurlitts Andeutung, wenig erbaut, aus Weimar zurückgekommen sein.
Zur ‚Wilhelmine‘ hätt ich aus dem alten Grund wenig Lust. Mein Schüler Rosenbaum hat sich aber damit beschäftigt. Auch soll die erste Fassung seltener sein als ich glaubte. Das Ganze giebt auch nur 4 Bogen u. Göschen [li]ebt die kleinen Hefte. Borcks Caesar macht Hauffen. Aber wann ist noch unbestimmt u. sogar das ist nicht sicher, ob er in den DLD erscheinen wird. Göschen ist nemlich bei allem vortrefflichen Eigenschaften sehr zaghaft und vorsichtig. Er will über die jährlichen 20 Bogen nicht hinausgehen und wie wenig sich damit leisten läßt, wissen Sie selbst. Da ist für Übersetzungen leider wenig Raum. Und das hat mir einen Plan eingegeben, der knapp vor der Durchführung steht. Mit Göschens Erlaubnis begründe ich in einem jüngeren Berliner Verlag eine ‚Bibliothek älterer deutscher Übersetzungen‘. Der Contract soll in den nächsten Tagen perfect werden. Ich habe noch Niemandem etwas gesagt als Bernays u[nd] ich bitte Sie nichts zu erwähnen (auch gegen Schönbach) nicht. Allerdings hat sich der Plan allmälig verschoben. Der Schwerpunkt wird, für den Anfang wenigstens, nicht auf das 18. Jh. verlegt werden, sondern auf das 15–17. Auch soll die Bibl. nicht so sehr den Charakter der Neudrucke tragen. Ungedrucktes wird zunächst bevorzugt. Ich denke an Beatus Rhenanus speculum aistheticum u. ähnliches. Zum Anfang hoff ich Hartfelder zu gewinnen. Scheidenreissers Homer, die il[???] ?? Terenz & Plautus übersetz. Werders Ariost, Lobwassers Psalmen, die älteren Milton & später die Shakespeareübersetz. Das wären einige feststehende Punkte. Es wird sich gewiß vieles mit der Zeit zusammenfinden. Anmerk., Wortverzeichnisse, wenn notwendig: Quellenabdrucke etc. Auch Paralleltexte sind vorgesehen. Die Volksbücher, die Dramatik des 16. Jh. soweit beides Übersetzungen sind, steht uns offen. Ob die Sammlung buchhändlerisch einschlagen wird, ist freilich fraglich. Aber ich hoffe, daß der Fortgang für eine Zeit gesichert ist, weil wir mit geringem Honorar ([o]der womöglich mit keinem!) beginnen wollen. Es giebt genug Leute, die froh sind, wenn ihre Arbeiten gedruckt werden. Die Einleitungen sind daher auch ausführlicher geplant. Die bei den DLD. gemachten Erfahrungen kommen mir wol dabei zu Gute und ich hoffe Erfreuliches.
Sie sind freundlichst zur Mitarbeiterschaft eingeladen. Gibts keine ungedruckten Übersetzungen Wielands? Dafür wäre hier Raum? Wenn Sie junge Leute [a]uf diesem Gebiet arbeiten lassen, so weisen Sie mir die Arbeiten zu. Nur werden Arbeiten von jüngeren principiell nicht honoriert werden. – Von Wien ist alles entzückt. Kelle in den allerhöchsten spirits. Sievers Vortrag soll glänzend gewesen sein. Frech und reclameartig Szamatolski, der ganz abfiel. Minor soll empört gewesen sein über unsere Abwesenheit. Sei’s!
weiter auf S. 1 Alles Gute & Schöne an die Ihrigen. Bestens grüßend Ihr aufrichtig Ergeb.
AS.

St. Peter am Kammersberg, Steiermark, 31. Juli 1893 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Weimar

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Auszug:

St. Peter am Kammersberg
Bahnstation Scheifling
Obersteiermark. 31.7.93

Lieber freund, Allzu lange hab ich Ihren brief unbeantwortet gelassen. Ich war im gedränge. Nun lassen Sie mich antworten.
Meine erfahrungen mit dem propaedeutischen colleg waren zum 2. male nicht günstig. Nur für die ältesten studenten hat es sich etwas bewährt, und am besten für ein paar ganz alte hospitanten, die längst der studienzeit entwachsen sind. Die studentchen bilden sich ein, dies u. das zu wissen u. begreifen nicht, wie wichtig der zusammenhang des systems u. das principielle bis ins tiefste wesen gehende betrachten ist. Ich bin begierig, ob Sie nächstes jahr bessere erfahrungen machen.
Wie gefällt es Ihnen im archiv? Ich halte mit meinem urteil schriftlich an mich. Grüssen Sie alle archivgenossen, besonders Wahle, der von Schmidts zeiten her noch am meisten weiss, aber beim neuen curs auch verdrossen u. lahm wird. Besonders herzlich grüssen Sie, bitte Fresenius, einen goldmenschen, voll feinheit, von dem ich allzeit lernte und den dort keiner so versteht u. schätzt, wie ers verdient. Von ihm hörte ich, dass Sie in Weimar sind. Wie gefällt es ihrer ! verehrten frau? Die meine u. ich wollen ihr bestens empfohlen sein.
Schönbach ist im geliebten Schruns, nachdem er seine handschriftenreise wegen unwolseins in Stuttgart abbrechen musste. Bauer ist noch in Graz; Gurlitt sitzt mit den seinen auf dem Kroisbachschlössel; seine mädchen haben unter starkem keuchhusten zu leiden. Wissen Sie etwas von Werners frau? Sie scheint ja heftigen typhus gehabt zu haben.
Besten dank für Ihre Grillparzergabe zur Schmidtfeier. Dass Göschen sehr, ja allzu vorsichtig mit den DLDenkmalen sein will, merkte ich noch selbst. Ich hoffte, dass Sie besser über ihn herr würden als ich. Mit dem princip der kleinen in sich vollständigen hefte geht es auf die dauer nicht. Dass Sie daneben ein neues unternehmen anfangen, erstaunt mich. Sie machen sich doch damit selbst concurrenz u. legen Ihre arbeitskraft wider bei einem neuen unternehmen fest. Um Ihretwillen bedaure ichs, die sache begrüsse ich freudig. Möge der junge Felber, denn der wird wol Ihr verleger sein, sich geschickt erweisen. Ihre einladung zur mitarbeiterschaft nehme ich dankend an. Wann u. ob ich etwas liefern kann, steht dahin. Ungedruckte übersetzungen von Wieland kenne ich nicht: nur ein paar verse Lucrez u. Homer. Varianten zum Ion u. Cicero haben sich hsl. erhalten, die können Sie nicht brauchen. Meine jungen leute kann ich als gehülfen nicht versprechen; die wenigsten kennen alte u. neue fremde sprachen gut genug zu dieser arbeit.
Von der Wiener philologenversammlung hörte ich wenig germanistisches. Bauer u. Gurlitt waren sehr zufrieden mit dem verlauf. Ich bedaure nicht, gefehlt zu haben. Ich bin nun bei den letzten heften der Vierteljahrschrift u. freue mich auf die freiheit, die mir darnach winkt. Ob ich sie gut anwenden werde? Ich will auch meine vorlesungshefte wider stark überarbeiten. Ob wir ohne zeitschrift bleiben? Ob sich alle jungen litterarhistoriker Koch zuwenden? Von den älteren wenigstens erwarte ich das nicht.
Wir sind hier in einer sehr einsamen sommerfrische. Hoffentlich tut sie uns allen – denn auch der bub ist dabei – gut. Lassen Sie mich bald von Weimar, Ihrem Götz und Ihren weiteren reiseplänen hören.
Treu ergeben
Ihr
BSeuffert.

Prag, 18. September 1893 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 18.9.93.
Smichow 586

Lieber Freund! Zürnen Sie mir nicht über das Sommerschweigen in das ich mich eingesponnen habe. Ich war furchtbar müde. Weimar war nicht zur Erholung angethan. Erst an der Ostsee, in Lohme auf Rügen begann meine Freiheit und der gab ich mich rücksichtslos hin. Bevor mir die Arbeit wieder angeht, sollen Sie einen ausgiebigen Plauderbrief haben. – In Weimar fehlte Suphan. Er hielt mich durch 14 Tage hin mit dem täglichen Versprechen: morgen zu kommen. Die Leute im Archiv waren alle sehr nett mit mir: [f]ür die Sache interessieren sie sich außer Steiner eigentlich nicht. Fresenius rechne ich nicht zum Archiv. Er war unsere Freude und unser Trost in Weimar; so lieb und gut und anregend u. bescheiden. Wie gut paßte er zu den difficilen Arbeiten des Archivs! Ich finde es von Suphan unverzeihlich, daß er Fresenius, der so leicht zu halten wäre, nicht dauernd zu halten versucht. Aber er scheint ihm vielmehr unbequem zu sein. – In Berlin traf ich Schmidt im Fluge; aber recht hochmüthig, spöttisch und absprechend, so daß der Umgang mit ihm mehr Überwindung als Erquickung ist. In Lohme waren Leitzmanns aus Jena mit uns. [S]ie hatten sich in Weimar an uns angeschlossen; die gleich jungen Frauen verstanden sich gut mit einander und auch die Männer vertrugen sich recht sehr. Er ist ein für sein Alter sehr unterrichteter, ungemein fleißiger und strebsamer Mensch, nicht so einseitig, wie s. Forsterarbeiten es vermuten lassen könnten. Er hat prachtvolle Dinge über Humboldt u. s. Kreis liegen (führte uns auch in Tegel ein), wovon ich her[rli]che Aufsätze über das Altherthum für die DLD erwarb. In Lohme half ich ihm eine Sammlung: ‚Quellenschriften zur neueren Litt. u. Geistesgeschichte‘ gründen, die Felber verlegt. Ein Humboldtisches Tagebuch bildet den Anfang. Sollten Sie, wie Sie mir einmal sagten, Wielandische Briefe sammeln, so wäre hier ein passender Platz. Auf der Rückreise haben wir schöne Theaterabende in Berlin mitgemacht, die eigentliche Germanistik kam zu kurz. Die Reise erfrischte mich über alle Maßen, Wetter, Wind und Wellen [tha]ten das Ihrige; ich hoffe wieder recht arbeitskräftig zu sein u. wünsche Ihnen dasselbe. – Überall begegnete ich demselben Bedauern über das Eingehen Ihrer Zs. Es ist ein rechter Jammer. Sollen wir nun ohne ein solches Organ bleiben? Ich habe es den Berlinern ans Herz gelegt ein neues zu gründen, vielleicht zunächst in Form von Mittheilungen des Vereins für Lit. Zunächst wird allerdings Koch die Beute davontragen. Was soll man anderes machen? – [Me]ine Übersetzerbibliothek, der Sie etwas zu wenig Wolwollen entgegenbringen, läßt sich gut an. Heft 1 bringt die Handschrift der Magelone nach der das Volksbuch gedruckt ist von Bolte; Heft 2 eine Abhandlung über die Übersetzungen aus der Anthologie im 16. u. 17. Jh. von einem class. Philologen Rubenssohn; Heft 3 den Ulmer Terenz von Wunderlich. Ich halte die Idee für vorzüglich und von einer Concurrenz mit den DLD ist keine Rede; für Übersetz. ist dort wirklich kein Platz, auch wenn Göschen einmal [zu] einer kleinen Erweiterung des jährlichen Pensums bereit sein sollte. Wüßten Sie Jemanden, dem man Schaidenraissers Odyssee anvertrauen könnte? Reinhardstöttner mag ich nicht und auch an Borinski mich zu wenden fällt mir schwer.
Lessing-Goeze wird sich in den nächsten Tagen präsentieren; ich habe noch keine Exemplare. –
Grüßen Sie mir die Freunde[,] die meiner noch gedenken, bes. Gurlitt und Schönbach. Letzterem geht es doch schon wieder gut.
Die schönsten Grüße von Haus zu Haus.
Ihr treulich Ergeb.
AS.

Graz, 23. September 1893 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Herzlichen dank für Ihren brief, lieber freund. Ich habe nicht zeit zu längerer antwort, Sie sollen aber gleich hören, dass mir nichts ferner liegt, als Ihre übersetzungssammlung zu unterschätzen. Ich bin gegen redactionsgeschäfte so abgemüdet, dass ich jeden, mit dem ichs gut meine, beklage, wenn er sich damit belädt. Ihr urteil über Leitzmann ist das erste günstige, das ich höre. Seinen Quellenschriften wünsche ich alles gedeihen. – Eine neue zs. auf den Berliner lit-verein zu stützen, hat E Schmidt abgelehnt. Ich hatte proponirt, jenen u. den Wiener parallelverein zu combiniren zu dem zwecke, selbstverständlich unter der voraussetzung, dass ich mit der leitung nichts zu tun hätte. Ich persönlich bin der ansicht, dass wir ein archiv brauchen – denn gute abhandlungen, untersuchungen werden zu selten geschrieben, um dafür ein organ zu schaffen; u. bin ferner der ansicht, dass sich ein rein productives organ nicht halten kann, bibliographie u. kritik ist unentbehrlich, um käufer zu gewinnen; der interessent will alles auf einmal kaufen. Mir wäre lieb, es ginge von Östreich aus oder doch nicht von Berlin: Schmidt hat zu wenig zeit u lust u ohne seine aufsicht ist in Berl. zu einseitiges zu erwarten. – Schaidenraissers Odyssee soll Ihnen doch Bernays machen. Borinski halte ich für fataler als Reinhardst. Vielleicht übernimmt es dr. Johannes Niejahr Halle a/S., ein sehr tüchtiger gymnasiallehrer u. freund Burdachs. Für Lessing-Goeze danke ich im voraus, ich freue mich sehr darauf. – Fresenius-Suphan beurteilen Sie richtig. – Schmidt trafen Sie in der laune, die ich seine Wiener laune heisse, er ist jetzt civiler, fällt nur manchmal in jene verwöhnungszeit zurück. Herzlich treu Ihr BSfft.
23.9.93

Graz, 2. Oktober 1893 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Indem ich für den Goeze herzlich danke, teile ich mit, dass sich Göschen diesmal zum ersten male seines versprechens erinnerte, mir die fortsetzung der D Ldenkm. zu liefern. Es wird dies allerdings auch zum letzten male sein, da er zugleich eine recension fordert, die ich nicht schreibe, ohne dass eine redaction mich auffordert. (Altmodischer standpunkt, werden Sie sagen, aber mir hängt oben der zopf hinten.) Diesmal also hab ich 2 Goeze und eh ich einen verschenke, frag ich Sie: wem ich ihn in Ihrem namen schenken soll, bezw. ob ich Ihnen 1 ex. zurückschicken darf.
Mir fällt ein, dass Richard M. Meyer eine neue zs. gründen könnte: er kann gut auf jeden redactionsgehalt verzichten.
Grüssend
Ihr
BSfft.

Prag, 4. Oktober 1893 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. Fr. Eine Recension des Goeze zu verlangen war wo[l] Ungeschicklichkeit von Göschen. Auf Ihre Zustimmung bauend, habe ich das bei Ihnen liegende Ex. nebst zwei anderen, die ich noch habe ESchmidt zur Verfügung gestellt. Warten Sie also auf seine Nachricht. RMM. wäre ganz passend. Wollen Sie die Idee weiter verfolgen oder soll ich es thun natürlich mit Berufung auf Sie. Haben müßen wir ein Organ. Bestens grüßend
Ihr AS.

4.10.93.

Graz, 6. Oktober 1893 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Mir ist sehr lieb, l. fr., wenn Sie mit Richard M Meyer über eine neugründung verhandeln wollen. Ich überlasse es Ihrem ermessen, ob Sie dabei meiner erwähnen oder nicht. Gut wäre, wenn bald etwas geschähe, Koch darf die mitarbeiter nicht an sich ziehen, wie Sie doch auch nach Ihrem letzten briefe befürchten. Nicht alle kennen ihn so wie Sie und ich u. wissen dass man seinen namen nicht vor den seinigen setzen kann. Gegen Koch würde auch Minor zu gewinnen sein. Wollen Sie ihn nicht darauf ansprechen? Wenn ich nicht den verzicht auf redactionshonorar voraussetzte, würde ich niemand als Sie um eine neue zs. bitten. Fresenius wäre der verlässigste helfer, braucht aber auch honorar. Richten Sie alles zum besten! Grüssend
Ihr
BSfft.

Prag, 8. Oktober 1893 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

8. Oct. 93
Smichow 586

Lieber Freund! Ich benutze die Ruhe und Stimmung des Sonntagnachmittags – des letzten vor Beginn der Vorlesungen – um mich mit Ihnen etwas ausführlicher wegen der Zeitschrift zu benehmen. Zunächst muß ich etwas vorausschicken was ich mir in Ihren letzten Karten nicht völlig erklären kann. Ich weiß nemlich über Koch eigentlich nichts Böses und wüßte nichts was mich abhalten könnte an seiner Zeitschrift mitzuarbeiten. Ich stehe ganz gut mit ihm; als ich vor etwa zehn Jahren – als ich bei Ihnen in Würzburg war – durch München durchkam, war er sehr liebenswürdig mit mir und hat mir nie was gethan. Was seine Stellung zu Minor betrifft, so hat Minor damals als er die perfide Recension des Sturz für die NfPresse schrieb, jede Schonung verwirkt. Ich werde wol auch nicht leicht die Kochische Ztschrft umgehen können außer ich gründe selber eine neue, wozu ich nicht übel Lust hätte, wenn ich einen Verleger wüßte und wenn ich selber mit Minor besser stünde als ich ste[he] (d. h. wir verkehren; aber das Speculum vitae das meine Wiener Neudrucke hätte retten können gab er an Braune u. für die DLD hat er mir nicht einmal Hoffnung auf etwas gemacht; ich habe also keine Garantie, ob er mir für eine Zs. etwas giebt); mit Fresenius würde ich mich gut vertragen; aber ganz ohne Entg[el]t könnte ich es nicht machen. An R. M. Meyer – den preisgekrönten! – kann ich wohl direct schwer schreiben, weil ich ihn nicht kenne, auch nie mit ihm in Verbindung stand. Oder meinen Sie, daß das gerade Eindruck auf ihn machte, wenn ich als Fremder ihm dieses Ansinnen vortrüge. Ich dachte – als ich in meiner letzten Karte diese Wendung gebrauchte – mehr d[a]ran, durch Schmidt oder durch einen an[de]rn der Berliner auf ihn einzuwirken; und das will ich gerne thun, wenn Sie in Ihrer Antwort noch derselben Meinung sind. Glauben Sie nicht, daß es der neuen Zs. schadet, wenn Sie von einem Juden redigirt wird? Die Strömung dagegen ist doch so allgemein und so arg, daß man sich manche Kreise gleich von vornherein fernhält. Weil Sie Fresenius er[w]ähnten, so ist mir der Gedanke gekommen, ob er es nicht allein thun könnte, etwa so daß Schmidt sich auf den Titel schreiben ließe wie bei der Weimarer Zeitschrift. Viel würde er nicht verlangen und er macht es gewiß genauer als alle andern. Oder Köster, der ein reicher Mann sein soll, den ich aber gar nicht kenne, der vielleicht Schröders und der Zs. wegen nicht darf. Um zum Anfang zurückzukehren, so denke ich mir, daß der Parteistandpunkt so wenig als [mö]glich bei einer Neugründung in Betracht kommen sollte. Koch braucht ja seiner eigenen Zs. wegen nicht eingeladen zu werden; aber eine Spitze gegen ihn und die Seinigen, wenn es solche giebt, sollte das neue Organ doch nicht erhalten. Vielleicht seh ich zu unschuldig in die Welt; aber mir will es scheinen, als ob es in der neueren Litt. Geschichte Parteien wie einst in der Germani[sti]k gar nicht mehr giebt. Wenn Sie mich des Gegentheils belehren, dann will ich mich Ihren Ansichten gerne fügen. Wenden Sie eine Viertelstunde darauf und rechnen Sie auf meine Mithilfe bei einer Neugründung in jeder Beziehung. Herzlich grüßend Ihr treulichst Ergeb.
AS.

Graz, 11. Oktober 1893 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 11 X 93

Lieber freund Ihren brief begrüsse ich mit grossen freuden: das ist ja das allerbeste, was ich wünschen kann für die sache, dass Sie die neugründung übernehmen und führen. Sie können recht haben, dass RM Meyers judentum anstössig sein möchte, auch ist er wol schlaudrig; Fresenius ist mit anderm beladen u. nicht beweglich genug, allein zu stehen; von Köster weiss ich nichts. Aber auch wenn alle diese geeignet u. geneigt wären, so sind doch Sie erfahrner mann mit Ihrer gewandtheit weitaus besser. Sie sind mit Schmidt u. Minor verbunden genug, um ihre und der ihren mitarbeit zu gewinnen und ihre hilfe zu materiellen gaben der ministerien und unabhängig genug sie als berater nicht ertragen zu müssen.* Sie sind überhaupt nicht verfehdet und können also jedermann einladen und beherbergen. Sie haben verlegerverbindungen mit Cotta u. Göschen, Sie wissen neue anzuknüpfen, wie Sie es mit Felber taten, kurz es wird Ihnen nicht fehlen. – –
Von Minors Sturzanzeige wusste ich nichts oder habs vergessen. Ich meinte die Schillerreferate Kochs für das Fr. deutsche hochstift. Wissen Sie nichts nachteiliges über Koch, so will ichs auch nicht zu seinem schaden verbreiten. Ich entsinne mich nur liebenswürdiges von ihm erfahren zu haben, aber ich kann doch nicht an seiner hand gehen. Parteimann würde auch ich ihn nicht nennen, ich kenne seine partei nicht, und bin principiell für parteilosigkeit in wissenschaftlichen dingen, glaube auch in der VJSchrift herren aus allen richtungen zu worte gebracht zu haben. Doch das ist alles nebensache.
Die hauptsache ist, dass Sie aus Ihrer „lust“ eine zs. zu gründen die tat machen. Ihnen gelingt das viel besser als mir es gelungen ist: ich bin zu schwerfällig für alles periodische wesen. Glück auf also!
Zum schluss Ihres briefes haben Sie das subjekt verwechselt; Sie schrieben: rechnen Sie auf meine mithilfe bei einer neugründung. Ich nehme den satz als mir in den mund gelegt und zu Ihnen gesprochen und füge bei: ich will ein bescheidner mitarbeiter sein.
Treu grüsst
Ihr
ergebner
BSeuffert.

Indem ich mein geschmiere überlese, sehe ich, dass es alles titulare blöde behandelt. Mög es Ihnen eine warnung sein, wo man titel nicht sucht. Oder sind titel überhaupt nicht zu suchen, nur zu finden? Jedesfalls sind die formalsten die besten; die ideenreichsten die schlechtesten. Ein gespreizter titel verdirbt alles, ein leerer erlaubt alles. – – Ich kann diesmal nicht taufen. – –
Ich sehe dass ich Ihre dissertationenfrage nicht beantwortete. Ich glaube nicht, dass so kurze excerpte möglich sind; schon das zusammenpressen verdirbt, wie ich an Sittenbergers Com. erzählgen. erkenne. Und ausserdem – Schönbach wird Ihnen darüber schreiben. Was er schreibt, wollte er schon 1888 oder gar 87. Dass ichs damals nicht wollte, gab verdruss. Auch dies vertraulichst.
Nochmals
Ihr
BSfft.

* NB mir hat sich übrigens Schmidt nie als solcher aufgedrängt.

Graz, 24. Oktober 1893 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 24.X. 93.

Lieber freund Ich schick Ihnen hier eine anspruchslose kleinigkeit, habe aber auch eine damit zusammenhangende bitte. Möchten Sie in Bohemia oder einem andern Ihnen nahestehenden inländischen blatte (ausser der Deutsch. ztg., die ich selbst angehe) eine notiz etwa des beiligend skizzirten inhaltes unterbringen? Ich wäre Ihnen sehr dankbar. Meine kleine festgabe soll natürlich dabei nicht erwähnt werden.
Wie weit gedieh Ihre zeitschrift? ich hoffe Sie haben die mutter zur geburt gefunden u. wünsche dem sprößling abermals alles gute.
Treulich
Ihr
BSeuffert.

Prag, 27. Oktober 1893 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Herzli[che]n Dank für Ihre schön[e] Sendung. Ich habe bei der Bohemia interveniert. Göschen hat in freundlicher Form abgelehnt. Jetzt mache ich noch einen anderen Versuch.
Ich war leider unwol. Erkältung. Zahngeschwulst. Das hindert sehr. Ein Brief ist in Vorbereitung.
Sehr eilig
Ihr
dankbar Erg.
AS.

Prag 27.10.93.

Prag, 29. Oktober 1893 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 29.10.93.
Smichow 586

Lieber Freund! Ihr Brief mit dem energischen Vorschlag hatte mich überzeugt, daß ich keineswegs mit meiner Lust und mit der Überzeugung von meiner Tauglichkeit zu diesem Geschäfte so weit im Reinen war, um mich rasch dazu zu entschließen. Ich mußte den Plan noch eine Zeit lang mit mir tragen. Dann schrieb ich an Göschen, der lehnte ab. Jetzt schwebt eine andre Antwort. Aber sollte es zu weiteren Verhandlungen kommen, so müßte ich doch noch etwas genauer informirt sein. Wollten Sie also die Güte haben mir mit ein paar Worten zu sagen, wie hoch die Auflage war, wie groß der Absatz, wie groß das Honorar für Sie und die Mitarbeiter, ob das erstere auch erst am Ende des Bandes zahlbar war. Natürlich nur so viel als Sie ohne Geschäftsgeheimni[sse] zu verletzen sagen dürfen und nur zu meiner privaten Information, damit ich nicht ganz ins Blaue hinein operiere. Dürfen Sie mir auch etwas sagen über eine eventuelle Subvention, die Sie von der Großherzogin erhielten? Hatten Sie mehrere Freiexemplare?
Wahrscheinlich mache ich, falls der zweite fehlschlägt, noch einen dritten Versuch. Aber dann ist mein Latein zu Ende. Mit Cottas fange ich nicht an. Es steht dort niemand an der Spitze, zu dem ich Vertrauen oder überhaupt nur ein persönliches Verh[ä]ltnis habe, seitdem mein Freund Rudolf Koch weg ist. Auch will ich mir von Cotta nicht gern einen Korb holen. Ich könnte sie doch noch mal zu was andrem brauchen.
Und nun noch etwas, was ich auf dem Herzen habe. Ich kann Ihnen keinen ganzen Grillparzer schenken. Ich habe nur 4 Exemplare; wovon einige [ M]exemplare rasch abgiengen. Schönbach hatte allerdings die vierte Auflage; aber aus vielen Gründen konnte ich mich nicht entschließen, ihm die fünfte zu entziehen. Er hätte mirs wahrscheinlich doch übelgenommen, was ich bei Ihnen nicht voraussetze. Auch kommen Sie doch nicht leicht auf dieses Arbeitsgebiet herüber. Mein großes Buch und anderes soll den Schaden wieder [gu]t machen.
Ich muß ins Colleg.

Treulichst
Ihr
dankbar Ergeb
AS

Graz, 1. November 1893 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Was ich Ihnen antworten kann u. darf ist folgendes: die mitarbeiter erhielten nach erscheinen des heftes 20 sonderabdrücke (mehr gegen bezahlung) und nach ende des jahrganges 20 M. pro bogen. Ich erhielt ein ex. in aushängebogen, eines in heften und vom ! jedem artikel 3 sonderabdrücke (letzteres machte ich Steinmeyer nach, finde es aber nicht sehr praktisch). Die höhe der auflage kenne ich nicht. Die abonnentenzahl schwankte meines – unsicheren – wissens zwischen 250 und 380. – Hoffentlich fasst Ihr plan wurzel. Schüddekopf fragt, ob ich etwas von einer neugründung wisse: ich werde ihm die antwort schuldig bleiben.
Zum abschluss des Grillparzer gratulire ich. Wenn mir auch der besitz begehrlich ist, so hatte ich doch nie erwartet ihn geschenkt zu erhalten.
Herzlich
Ihr
BSeuffert

Graz 1 XI 93.

Schreiben Sie mir doch, ob es anständig ist, sich an Siegens Westöstl. rundschau zu beteiligen. Das programm ist vag u. über die person des herausgebers habe ich eine dunkle unangenehme erinnerung, deren grund mir nicht einfällt.

Prag, 2. November 1893 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich habe nun Aussicht einen guten Verleger zu bekommen. Freytag empfahl den Plan der Nicolaischen Buchh. in Berlin und der zukünftige Besitzer dieser Buchh., der junger Stricker war heute bei mir, um die Sache zu besprechen. Ihre Mittheilungen sind mir daher sehr wertvoll; nur in Bezug auf das, was ich als Redactionshonorar verlangen kann, irre ich ganz im Dunkeln. Dürfen Sie mir da nicht wenigstes einen Rat geben. Wegen Anfragen von Seiten ihrer alten Mitarbeiter müssten Sie zunächst noch temporisiren; später hoffe ich allerdings, daß Sie mich diesen empfehlen und mir vielleicht auch ein Verzeichnis von ihnen liefern.
Siegen habe ich nicht geantwortet, weil ich nicht weiß was ich auf 6–8 Zeilen schreiben soll. Es ist wol derselbe der über HvKleist u. d. zerbrochenen Krug g[es]chrieben hat.
Herzlich grü[ßen]d Ihr treulich Ergeb.
AS.

Prag 2.11.93.

Graz, 4. November 1893 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 4.XI.93

Lieber freund, Das ist eine gute nachricht. Wenn Sie schnell abschliessen, kann die ankündigung vielleicht noch dem letzten hefte der Vierteljahrschrift beigelegt werden, falls Sie das wünschen und Böhlau darauf eingeht. 14 tage werden bis zur ausgabe des heftes noch verlaufen, vielleicht mehr: das hangt von der druckerei ab. Es ist nur das register noch im satze.
Für die honorarberechnung müssen Sie einschätzen, dass Sie an porto (und papier) etwa 80 fl –100 fl jährlich brauchen. Steinmeyer meinte sogar mehr, denn er sagte mir einmal, dass sein ehemaliges Zs.-honorar von M. 300 , soviel ich dunkel mich erinnere, fast darauf gehe. Ich reichte mit dem mir bewilligten pauschale von M. 100 nicht aus. Honorar zahlte mir Böhlau nichts, nicht einmal das mitarbeiterhonorar; so dass ich den studenten mit büchergeschenken aus meiner tasche entlohnte. (Übrigens sind studenten schwer dazu zu erziehen, Lunzer hate es mir nie nach geschmack gemacht, das letzte register ist gar unsinnig gross geworden, weil er inzwischen von hier weg zog und also nicht mehr unter meiner aufsicht arbeitete. Drei tage arbeit musste ich selbst noch an jedes setzen.)
Ferner versichern Sie sich, dass sog. autorkorrekturen vom verleger gezahlt werden müssen: ich habe das nach kurzem kampfe durchgesetzt.
Separatabzüge müssen mit der verlagsfirma versehen werden; einzelne mitarbeiter hatten die naivität sie sofort an Fock zu verkaufen!
Binden Sie sich nicht an vier gleich grosse hefte, das ist unbequem für den redacteur.
Sehr wichtig scheint mir absatz in Amerika, den Böhlau nach meiner ansicht zu wenig betrieb. Laden Sie die dortigen fachprofessoren zur mitarbeiterschaft ein, rate ich unmassgeblich.
Wenn Sie mir ein verzeichnis der mitarbeiter der VJS. – es ist aus dem ‚inhalt‘ der bände leicht zusammenzustellen – schicken, deren adressen Sie nicht kennen, so füg ich diese bei und gebe auch, wo es not tut ein dem redacteur zweckdienliches charakteristikum aus meinen erfahrungen bei. Überhaupt können Sie natürlich über meine erfahrungen und verbindungen verfügen, so weit ich selbst welche nutzbar machen kann. Selbstverständlich schweige ich, bis Sie mir erlauben zu reden. Nur mit Schönbach sprach ich von der sache und mit Gurlitt, weil beide Sie genau kennen, und ich, bevor ich Ihre neigung unterstützte, mich versichern wollte, ob ich nach deren meinung Ihnen nichts schlechtes damit antue. Schönbach war lebhaft dafür, Gurlitt unsicher dagegen. Auch meinen bisherigen mitherausgebern verrate ich nichts; nur dürfen Sie mich bei diesen nicht blosstellen, als ob ich hinter ihrem rücken etwas neues betrieben hätte. Objektiv bin ich freilich dazu voll berechtigt, denn beide haben nach längerem briefwechsel und mündlicher aussprache den plan einer erneuerung abgelehnt. Ich möchte aber auch keine subjektiven empfindlichkeiten aufkommen lassen.
Treulich grüsst
BSeuffert.

Prag, 23. November 1893 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Die Nicolaische Buchhandl. hat mich über 3 Wochen hingehal[te]n, die nun verloren sind, [und] dann abgelehnt. Was da etwa hinter den Kulissen spielte, weiß ich nicht. Es verdrießt mich arg und ich weiß selbst nicht wo ich die Zähigkeit hernehme weiter herumzufragen. Ich habe aber heute noch einen Versuch gemacht. Schlägt der auch fehl, dann blieben noch Cotta und Ehlermann; von beiden erwarte ich mir aber nichts. Wüßten Sie mir einen Verleger zu nennen, so wäre ich froh. – Für Ihre letzten Auskünfte danke ich ihnen bestens. Zu einer ev. An-kündigung auf dem Umschlag Ihres letzten Heftes wirds leider zu spät werden; vielleicht lassen sich aber doch noch Prospecte beilegen.
Wenn sich der Plan doch noch realisiert, so erfahren Sie es zuerst. Herzlichst Ihr bei allgemeiner Influenza bis jetzt noch verschont gebliebener AS.

Prag, 25. November 1893 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich bin mit einem anderen Verlage in Verkehr getreten, dessen Namen ich Ihnen vorderhand nicht nennen kann. [Er] geht im Prinzip ein. Macht aber [fol]gende Bedingungen. Absolut keine Sonderabzüge, weder bezahlte noch unbezahlte, kein Freiexemplar. Sondern die Autoren erhielten die Hefte zum Selbstkostenpreis, sofern mir vorher aufgegeben wird, wieviele Exemplare für Mitarbeiter gebraucht werden, und ziehe den Betrag vom Honorar ab. Der letzte Satz wörtlich aus dem Brief des Verlegers. Ich möchte Sie nun fragen, ob Sie nach Ihre Erfahrungen die Zeitschrift unter dieser (wie mir scheint höchst drückenden) Bedingung u. bei blos 20 M. Honorar für lebensfähig halten. Ob ich Autoren da überhaupt bekomme. Der Verleger will sich auf 2 Jahre verpflichten, was mir zu kurz scheint. Freytag riet im Gespräche: ich solle mich an Ruetten & Löhnung, Niemeyer oder Ehlermann wenden. Raten Sie zu einem von diesen. Bald werde ich den Muth verlieren.
Treulichst Ihr A.S.

Graz, 27. November 1893 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L freund, Wie schade, dass Ihre bemühungen so wenig schnellen erfolg haben. Die idee des anonymus ist sehr klug, aber zu klug. Will ein mitarbeiter von seinem ½ s. grossen beitrag ein ex. besitzen, so beträgt sein honorar 62 ₰ u. er muss das heft mit etwa 2 M kaufen, hat also darauf zu zahlen. Muss er einer bibliothek, der er etwa die betr. hs. verdankt, ein ex. geben, so hat er M. 3.40 schaden. Wer will sich um den preis gedruckt sehen? Das verführt, die artikel zu drucken, oder so viele kleine zu senden, dass in jedem heft einer kommt u. der mitarbeiter also das abonnement spart. Wer abonnirt von den mitarbeitern, die doch zugleich die interessenten sind, wenn er sich einzelhefte billig kaufen kann? Lieber begnügt er sich mit defectem jahrgang. Honorar und 2–3 freiex. halte ich für genügend. Wer mehr will, soll die hefte billig erhalten. Aber selbst das hat eine gefahr: leute wie Schmidt erhalten dann alle hefte geschenkt. Mir scheint das beste: honorar und 2–3 SA frei, die übrigen SA sehr teuer. Die proposition des verlegers halte ich für unmöglich. Zwei jahre ist eine (zu) kurze probezeit. – Pränumeration (abonnement) billiger als bandpreis, einzelne hefte allein zu 2/3 des handpreises käuflich: das hielte ich für gut. – Rütten u. L. sind recht träge und nicht unternehmungslustig, scheint mir. Niemeyer ist möglicher. Ehlermann vielleicht. Oskar Beck in München schrieb mir einmal, er wünsche verlag in deutscher litteraturgeschichte. Sie wissen, dass er bauers verleger ist. Für betriebsam halte ich ihn. Ich kenne ihn nicht persönlich. Er hat mich nur einmal um ein urteil gebeten, das sehr gegen seinen wunsch ausfiel. NB ein verleger, der sich verlag durch eine zs. machen will, braucht einen recensionsteil zum lob seines verlags. Wie wär es mit dem jetzigen verleger der Dtsch. Litztg.? Oder mit dem behaghelschen Literaturbl.? Suphan wünscht ‚Mitteilungen aus dem Goethe- Schillerarchiv‘; ich weiss es nicht von ihm u. halte es nur für einfall, nicht für plan. Alles gute!
BSfft.

Prag, 30. November 1893 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich danke Ihnen für Ihre entschiedene Antwort. Ursache jenes unacceptablen Vorschlages ist mein alter Cottascher Freund Rudolf Koch, der die C. [C.] Buchnersche Buchhandlung in Ba[m]berg übernommen hat und mit dem ich gern zusammengearbeitet hätte; aber er beharrt auf seiner Schrulle. Ich habe nun an die Becksche Buchh. in München geschrieben. Sollte Beck sich bei Ihnen oder bei Bauer anfragen, so sagen Sie nichts Böses. Oder glauben Sie daß es möglich wäre: Bauer sagte Beck gleich ein paar Worte zu meinen Gunsten, so vermitteln Sie das! Sie selbst können mir wahrscheinlich ohne Anfrage kein Geleitwort mitgeben. Es ist wol der letzte Versuch, den ich mache. Walter u. Agolandt [?] haben die Preußischen Jahrbücher, die nehmen wohl kaum andre Zeitschrift. Bei Niemeyer & Ehlermann holte ich mir ungern einen Korb. Ich komme mir ohnehin schon wie ein alternder Junggeselle vor, der sich überall aufdrängt und den niemand mehr mag. Herzlichst Ihr AS.

Graz, 4. Dezember 1893 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Es ist recht ärgerlich, dass Sie so lange suchen müssen. Nehmen Sie das aber doch nicht persönlich! Sie können nicht verlangen, dass einer um Ihretwillen eine zs. gründet, und können doch auch gewiss sein, dass keiner sie um Ihretwillen ablehnt. Das ist reine geschäftssache. Bauer ist wie ich der meinung, dass weder er noch ich an Beck ungefragt schreiben können, er meint, das könne Ihnen mehr schaden als nützen. Auch Schönbach, mit dem ich vertraulich sprach, ist der ansicht. Er rät übrigens zu Leop. Voss, dem verleger der Litzmannschen theaterforschungen und der Werner-Lippschen ästhetika. Der rat kommt mir gut vor. Aber hoffentlich brauchen Sie ihn nicht mehr, hoffentlich beisst Beck an.
Von herzen alles gute! Ihr
BSfft.

Vorgestern habe ich die allerletzte korrektur zur VJS abgesandt, Böhlau zauderte unerwartet lange. Jetzt ist es selbst zu einer beilage zu spät. Ob Ihnen mein schlusswort gefällt, müssen Sie mir sagen.

(Prag), 6. Dezember 1893 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

6. Dec. Nikolo.

Lieber Freund!

Das Blatt hat sich gänzlich gewendet. Der Brief, in welchem ich Koch-Buchner abschrieb, zündete erst [be]i ihm; er hat die Verhandlungen in neuer Form wieder aufgenommen, hat Zugeständnisse gemacht, die auch mir einige entlockten und wenn nichts mehr dazwischen kommt, so ist die
‚Neue Vierteljahrsschrift für Litteraturgeschichte‘
[u]nter meiner Redaction gegründet. Er giebt 5 Sonderabzüge umsonst; zahlt M. 20 für etwas kleineren Druck der Untersuchungen und Recensionen. Jedes Heft soll aber einen größer gedruckten Artikel wo möglich allgemeineren Inhalts enthalten, der mit M. 30 per Bogen honorirt wird. Dagegen habe ich Fractur zugestanden und einiges andere. Fürchten Sie nicht, daß eine pop [ulä]re Zeitschrift draus wird; aber in der Art der Vierteljahrsschrift giengs absolut nicht. Böhlau hat nur mehr 265 Abbonenten !. Koch ist sehr rührig und vertriebsam. Es stehen seiner Firma die bayerischen Gymnasien und Realschulen zu Dienste und er wird alles dransetzen, daß die Zeitschrift geht. Er zahlt mir auch Honorar, nicht viel; aber doch genug für den Anfang. Ich warte jetzt nur seine Antwort ab, dann schreib ich an Schmidt u. Minor, an Haym und Bernays und noch an einige. Schönbach und Sie werden dann auch gleich aufs energischeste gebeten. Ich muß noch erwähnen, [da]ß vierteljährlich 10 Bogen erscheinen sollen, 6 Bogen Untersuchungen (davon 2–3 Bogen wenn es geht ein allgemeinerer Aufsatz) und 4 Bogen Recensionen nach Art der Zs. Verschiebungen vorbehalten.
Können Sie mir Rathschläge über den Correcturenlauf geben. Um Adressen der Mitarbeiter, die ich nicht selbst finde, werde ich Sie gleichfalls bitten.
Mit Beck bin ich jetzt in großer Verlegenheit. Ich will aber doch seinen Brief abwarten, vielleicht lehnt er ab. Wäre er bereit; dann muß ich ihm die Wahrheit sagen. Ich bin an der scheinbaren Doppelzüngigkeit unschuldig; denn Koch beharrte so hartnäckig auf der Verweigerung der Sonderabdrücke, daß ich an e[in]e Sinnesänderung nicht mehr glauben konnte.
Lieber Freund! Wird aus der Zeitschrift etwas Tüchtiges, so gebührt Ihnen allein das Verdienst; denn Sie haben mir den Gedanken nahe gelegt und haben mich ermuntert. Ich danke Ihnen herzlich und vielmals. Bleiben Sie mir ein treuer Berather und Mitarb[ei]ter. Ich werde oft an Ihre Güte appelieren ! müssen. Theilen Sie Schönbach das Resultat mit.
Hoffentlich wirds kein Krampus, sondern ein guter segensreicher Nicolo.
Treulichst Ihr dankbarer
AS.

Prag, 8. Dezember 1893 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Also das Unglaubliche ist wirklich wahr. Ich bin mit [Koc]h einig. Er hat gestern no[ch] an Böhlau geschrieben; ob die Annonce möglich ist, weiß ich nicht. Wenn er Sie fragt, so sind Sie orientiert. Das Geheimniß ist öffentlich. Sie können also Jedermann davon verständigen. Beck hat noch nicht geschrieben. Meinen Sie, daß ich ihn sogleich verständigen muß? Es sind 9 Tage, daß ich geschrieben habe und ich bat um rasche Antwort. Wenn er Lust zu der Sache gehabt hätte, dann hätte er mir wol einen vorläufigen Brief bereits geschrieben. Machen Sie sich darauf gefaßt, daß ich mich in den nächsten Wochen noch oft mit Anfragen an Sie wende und verlieren Sie die Geduld nicht. Bereiten Sie mir auch jetzt schon einen Beitrag vor; wenigstens eine lange schöne Recension.
Recht eilig Ihr Treulichst Ergeb. AS. 8/12 93

Ich habe Schönbach um einen einleitenden Artikel gebeten. Bitte reden Sie ihm zu.

Graz, 8. Dezember 1893 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz Harrachg. 1
8 XII 93

Lieber freund Ich muss Ihnen sofort nach dem eintreffen Ihrer nachricht, also auch ehe ich Schönbach davon unterrichten konnte, meine freude und meinen glückwunsch aussprechen. Möge Ihnen das unternehmen so viel freude machen, als mir die Vierteljahrschrift hinterdrein bereitet. Denn zu manchfachen ! briefen, deren lob ich ja jetzt, wo die verfasser von mir keinerlei gefälligkeit mehr erwarten können, ernst nehmen darf, zu bedauernden briefen recht ferne stehender kam gestern auch eine anzeige des 2. u. 3. bandes (!) von Muncker, die mich befriedigen kann (Bl. f. gymnasialwesen). Muncker hat mit mir nach meiner anzeige seines Klopstock gebrochen, es ist seine erste sendung seit jener zeit; und Muncker ist in der VJS. ohne mein zutun übler weggekommen als irgend ein anderer. So ist mir seine anerkennung wirklich erfreulich.
Gewiss werden Sie die gleiche und lebhaftere finden und hoffentlich rechtzeitiger.
Nun aber erlauben Sie mir, damit ich Ihren allzu gütigen dank doch etwas verdiene, ein bedenken vorzutragen, das Sie in ganz freie erwägung nehmen mögen. Verstehe ich recht, so soll der titel sein ‚Neue VJS f lg.‘ Das halte ich für unzweckmässig. Die freunde der VJS erwerben Sie auch durch einen andern titel, ihre gegner oder vielleicht richtiger: die, denen die VJS. nicht passte nach inhalt und art des inhalts, werden Sie durch den gleichen titel von vorn herein abschrecken. Tatsächlich stellen Sie ja das unternehmen doch nicht auf das gleiche programm; schon durch das – nach meiner meinung für den absatz sehr nützliche – beifügen von recensionen ist das programm weiter. Auch kommt der eine grössere allgemeinere einleitungsartikel dann nicht zur geltung; man könnte sagen er sei ein lockvogel, aber der gleiche titel beweise, dass er nichts als das sei, dass doch das neue unternehmen so philologisch eng sein werde wie das absterbende, sonst würden Sie nicht den titel beibehalten haben. Ich muss Sie darauf aufmerksam machen. Mir wäre ja das beibehalten des titels natürlich sehr schmeichelhaft, aber das darf mich nicht gegen die gefahr blenden, die Sie dabei laufen könnten.
Dann möchte ich zu gunsten der absatzfähigkeit bezw. der materiellen unterstützung noch anderes – nicht anregen, aber Ihrer erwägung nahe legen. Wie wäre es mit einem beiblatt: Mitteilungen aus dem Goethe- u. Schiller-archiv? Die redaktion davon dürften Sie nicht übernehmen, denn keiner täte Suphan genug mit lobsprüchen für seine person und devotion für serenissima. Ferner wären beilagen möglich: Chronik der Berliner litterarischen gesellschaft und der ähnlichen Wiener. Natürlich würde die verantwortung dafür den vorsitzenden ESchmidt u. JMinor zufallen. So würde die zs. nebenbei vereinsorgan und würde also an abnehmern gewinnen können. Da Sie durch die recensionen doch aus dem rein productiven kreise der VJS. heraustreten, halte ich solche beilagen für möglich.
Endlich würden die recensionen gut ergänzt werden durch eine bibliographie im stile des Behaghelschen Litbl.
Das alles sind nur unmassgebliche vorschläge, die Sie nur dann ernst nehmen dürften, wenn ihre erfüllung die finanzielle seite des organs sichern undIhre alleinige redactionsfreiheit nicht schmälert.
Sie fragen nach dem korrekturlauf; bei mir war er – und zwar zu meiner zufriedenheit – so eingerichtet: der mitarbeiter erhielt zwei fahnenkorrekturen nebst mscpt, eine behielt er, eine sandte er nebst mscpt. an mich, der auch gleichzeitig eine fahne erhalten hatte. Ich korrigirte die mitarbeiterkorrektur und erhielt dann eine umgebrochene korrekturrevision, die ich allein las und mit imprimatur versah. Die mitarbeiter erhielten – bis auf 2 oder 3 ausnahmen in allen 6 bänden – niemals eine zweimalige korrektur. Zuerst auf fahnen korrigiren zu lassen, stellte sich als nötig heraus, um die kosten der sog. autorkorrekturen zu vermindern.
Laden Sie ja Creizenach ein. Ich will zunächst im hintergrund bleiben: das neue unternehmen darf durch meinen namen nicht discreditiert werden, ich bin ein zu prononcierter philologe. Später bitte ich allerdings um unterschlupf.
Alles gute immer wieder.
Treu
Ihr
BSeuffert.

Prag, 9. Dezember 1893 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vielen Dank für Ihren guten Brief. Den Titel wollte der Verleger. Ich wa[r] dagegen. Da er aber einen noc[h] näheren Anschluß an die alte [Z]eitschrift wollte, so gab ich nach. [T]atsächlich wird es allerdings ein ganz neues Organ und auch ein andres. Ich werde dem Verleger noch einmal Vorstellungen machen. Auch die Idee der Beiblätter werde ich ihm unterbreiten. Das Weimarische wär mir recht lieb. – Wenn Sie für den Augenblick im Hintergrund bleiben wollen, so können Sie aber doch vielleicht für Heft 2 eine Wielandrecension vorbereiten, nach Art der Besprechungen im Anzeiger (nur ohne die dort üblichen Abkürzungen), so wissenschaftlich u. philologisch wie Sie wollen: Hassenkamp, Weizsäcker, auch die Hirzelschen Publicationen der letzten Jahre. Ich muß zu Anfang etwas zurückgreifen. Ob ich Exemplare verschaffen könnte, weiß ich im Moment nicht. Wahrscheinlich haben Sie diese aber ohnedies. – Creizenach lade ich gewiß ein und auch sonst ziehe ich den Kreis zunächst möglichst weit. Später werde ich mich allerdings mehr im Ablehnen üben müßen. Heute ist der erste große Correspondenztag. Treulich Ihr AS.

Graz, 9. Dezember 1893 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Auch Schönbach ist – aus freien stücken – entschieden dagegen, dass Sie den titel beibehalten; ich muss diese absicht voraussetzen nach der art, wie Sie den titel in anführungszeichen geschrieben haben. Schönbach wünscht Ihnen erfreut alles glück.
Verzeihen Sie, dass ich immer vergass, für Ihre so gehaltvolle Grillparzeranzeige zu danken.
Bestens grüsst
BSfft.

Prag, 13. Dezember 1893 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich habe einen solchen Drang in mir, Ihnen über alles zu berichten; vielleicht weit m[eh]r als Sie zu hören Sehnsucht haben[.] Ich bin in vollem Zuge. Daß Schönba[ch] zugesagt hat, den Einleitungsarti[ke]l zu schreiben, wissen Sie. Minor hat freundlich geschrieben; Suphan & Schmidt noch nicht. Zugesagt ist bereits ein Aufsatz von Rubensohn über Opitz mit hübschen neuen Resultaten, die in der Einleitung zu den ‚Epigrammen aus der griech. Anthologie‘ keinen Platz hatten. Schüddekopf & Leitzmann haben kleineres zugesagt. Minor: Methodisches. Über Beiblätter verhandle ich. Was sagen Sie zu dem Plan: kurze knappe Auszüge aus öst. ungedruckten Dissertationen zu bringen. Man müßte die einzelnen Candidaten dazu verhalten, die Resultate jedesmal auf einem Blatt zusammenzufassen. Wollen Sie mich nach dieser Richtung unterstützen. – Der Verleger ist bereit, den Titel etwas zu verschieben, ‚Neue Vierteljahrschr‘ als Untertitel zu belassen u. noch einen anderen nom de guerre zu suchen. Aber was? Germania? Goethe? (wie es eine Zeitschrift: Humboldt giebt)? Vielleicht fällt Ihnen was Passendes ein. Darf ich Sie um Harnacks und Bobés Adressen bitten? An ersteren will ich bald schreiben. Herzliche Grüße. Haben Sie Geduld mit mir. Ihr AS.

Graz, 14. Dezember 1893 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ich habe Schönbach so stark zugeredet als ich vermochte u. ich denke mit erfolg. – An Beck würde ich an Ihrer stelle telegraphieren: da die erbetene antwort ausblieb, habe ich das unerwartete angebot eines andern verlegers angenommen. – Die orthographie der Neuen zeitschrift lassen Sie ja Buchner bestimmen. Sie haben sonst zu viel schererei. Ich musste jede zeile mscpt. auf Böhlaus forderung mit tinte! bis auf den letzten buchstaben corrigieren, ehe es in den druck ging. Verlangen Sie von den mitarbeitern einseitig beschriebene deutliche quartmscpte: Sie ahnen nicht, was für zusammengeklebte fetzen verschiedensten formates innerhalb 1 artikels man erhält. Schönbach hat sich stets gegraust, wenn er zufällig mscpte bei mir liegen sah. Die mscpte habe ich nebst den korrekturen verschickt, sobald das ihrer publikation nachfolgende heft erschienen war. Sie so lange nach dem erscheinen, d. h. also ein vierteljahr nach ausgabe, zu bewahren, war ein rat Steinmeyers u. war gut. Denn vereinzelt wenigstens berief sich ein mensch wie Fränkel darauf, dass ich gegen sein mscpt u. seine korr. fehler im text belassen hätte; da konnte ich ihm nun meine unschuld u. seine schuld beweisen.
Für mich gilt, was Goethe einmal schreibt: Dtsche Littdenkm. 21 S. 15 Z. 27–29. Ich will also nichts sicheres versprechen. Die Wielandiana hab ich zumeist für andere anzuzeigen.
Immer wieder: Glück auf! Ihr mit schnupfen behafteteter
BSfft

14 XII 93

Prag, 15. Dezember 1893 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Wieder beendige ich ein zeitschriftliches Tagewerk mit einem Bericht an Sie. Heute kam der [C]ontract. Es ist alles in Ordn[ung] bis auf den Titel. Der Verle[g]er giebt mir ihn jetzt ganz frei. Was meinen Sie zu Euphorion? Oder ganz einfach: ‚Deutsche Zeitschrift für Litteraturgeschichte‘ (was doch was Weiteres ist als ‚Zeitschrift für deutsche Lit.‘, oder ‚Litterarhistorische Zeitschrift‘? Das bloße ‚Zeitschrift für Litteraturgeschichte‘ das Schönbach vorschlägt, ist mir doch ein wenig zu kahl und könnte vielleicht doch zu Verwechslung mit Koch Anlaß geben. Nicht? – Heute kam Ihr letztes Heft mit dem stimmungsvollen Schlußcitat. Der reiche schöne Inhalt macht einem das Scheiden schwer und mir die Fortsetzung noch schwerer. Mir gefällt Niejahrs Artikel am besten. Der Goetheakt ist prachtvoll. Hätte sich B. S. doch öfter mit dgl. eingestellt. Er schweigt noch, während Schmidt heute warm zustimmend schrieb, zwar nichts Positives in Aussicht stellte aber gute Ratschläge gab. Harnacks Adresse gab er mir auch an. Sonst hab ich noch an Haym geschrieben u. an manche andre. Herzlichst u dankbar Ihr AS.

Graz, 15. Dezember 1893 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 15 XII 93

Lieber freund Obwohl ich erst gestern geschrieben habe, soll doch Ihre karte heute gleich beantwortet werden. Ich freue mich ja sehr, wenn ich Ihnen irgend behilflich sein kann.
Vorerst, dass ichs nicht vergesse, lassen Sie ja anonyme artikel und besonders kritiken zu. Es ist gar nicht zu sagen, wie sehr der beliebte zwang zur namensnennung zurückhaltung nicht nur im boshaften – das wäre kein schaden – sondern auch im guten veranlasst. Wer mag ungegohrne ideen namentlich preis geben? U. oft sind sie die besten. Gerade halbes, unreifes bringt man in recensionen gern und es ist wertvoller als die sachlichste kritik. Das boshafte schneiden Sie dem anonymus ab, dazu sind Sie redacteur. Ich habe es meinen mitarbeitern abzuschneiden auch gelegenheit gefunden. Also bitte: nehmen Sie wenigstens ins programm nicht namensnennung als pflicht.
Und nun Ihre fragen: Dr. Otto Harnack Rom Via dell Cardello 16. – Louis Bobé
Kopenhagen K.-Lille Kongensgade 11. – U. die Bobéschen artikel müssen Sie selber schreiben, er liefert nur ungedrucktes material, das man sichten muss. Von dem was er zugibt habe ich mühsam einige sätze zu halten versucht.
Freuen Sie sich aller zusagen! die geschehen sind. Titel ist schwer, aber darum will ich Sie nicht beim beraten sitzen lassen. (Ich habe schon öfters fremde bücher kaufen müssen.) Germania geht nicht; kein mensch weiss später beim citieren welche gemeint sei, die Bartsche oder Sauersche; und wie viele setzen den herausgebernamen bei?* Goethe – ich wünschte ihn nicht; das macht den eindruck einer Goethevierteljahrschrift neben dem Goethejahrbuch, schmeckt nach Goethephilologie und Ihr absatz ist hin. Ausserdem: jeder solche name ist übel; Goethe 20, 373: : heisst das Goethes Werke 20, 373 oder Sauers Goethe 20, 373? Und was ist Sauers Goethe? Wie schlecht citiert sich ‚Humboldt‘! Die gänsefüsse machen den autor noch nicht zur zeitschrift. Darum bin ich auch nicht für ‚Schiller und Goethe‘, wobei wenigstens verwechslung mit ihren werken ausgeschlossen wäre. Ausserdem ist Humboldts name auch ein programm in anderm sinne als der Goethes oder Schillers.
Mit Herder: Über die neuere deutsche Litteratur? Mit ihm eine gottheit? Die antiken u. germanischen Gottheiten sind altmodisch geworden als titel. Nach den Propyläen: Tempel der Dichtkunst? Ist doch zu Pyraisch. Und lässt wie Deutscher Parnass poesie als inhalt, nicht als gegenstand des inhalts erwarten. Ich möchte einen deutschen titel und darum auch nicht das Boieisch-Schlegelische Deutsche Museum. Loeper und Herm Grimm bedachten einmal als titel des von ihnen gewünschten Weimarischen Correspondenzblattes die Goethesche Chiffre W. K. F. Mir misfällt die sigle auf einem buch. Obwol sie ein programm birgt. (Nebensatz als hauptsatz à la HGrimm!) Nach Herder: Von deutscher sprachkunst. Aber ich liebe das übersetzte lateinische De nicht. ‚Wort und Geist‘ oder hamannisch ‚ Sprache ist geist‘? Wohl etwas zu tiefsinnig, obgleich nicht tiefsinniger als philologie.
So kram ich Ihnen einfälle aus. Warum soll ich nicht auch weitere spiele meines nachdenkens vorgaukeln?
Das Motto.
Wahrheit sag ich euch, Wahrheit u. immer Wahrheit, versteht sich.
Meine wahrheit; denn sonst ist mir auch keine bekannt.
Neue Vierteljahrschrift für
Litteraturgeschcihte
herausgegeben
von August Sauer.
Das wäre appart. Aber vielleicht helfen andere xenien, z. b. 227 Verstand und Genie. Der titel trifft besser als die verse den inhalt Ihrer zs. Oder sehr tief 555 (immer nach E Schmidt)
Die Idealwelt.
Neue VJS. f. Lg. hg. v. A. Sauer.
Alle sind sie entwichen des Lebens .....
Sind mir die Menschen und ....
Bamberg.
Haben Sie humor, so setzen Sie 779 als titel und die verse auf die rückseite des titelblattes.
Ein echt philologisches programm enthält 879 und es wäre mir neben und nach 555 das liebste.
Solche titel wären wenigstens originell und stimmungsvoll zugleich.
Grüssend eilig
Ihr
BSeuffert

* Und Germania hat seit Tacitus vd Hagen u. Bartsch einen andern inhalt als neuere littgesch.

Graz, 16. Dezember 1893 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Euphorion inhaltlich u. dem klange nach sehr schön. Nur fragen Sie Ihren sortimenter, ob der titel nicht schon verwendet ist, mir kommt so vor. Ich für meine person bin gegens antikisiren. – Zs. f. lg. ist zu Kochisch. Litterarhistorische Zs. lässt sich nicht als einzeiliger titel drucken. Deutsche zs f lg ist gut; ausländer werden sich ja dadurch nicht abhalten lassen.
Zs. f. geschichte der schönen litteratur wäre allenfalls auch möglich und eine kleine variante.
Der Goetheakt gefällt Ihnen besser als mir. Sehr hoch schätze ich die Anakreonstudie und mit Ihnen die Penthesileas, obgleich sie nicht geschickt zusammengearbeitet ist.
Dass Schmidt Ihnen freundlich entgegenkomme, setzte ich voraus. Suphan wird brüten, wie er seinen namen über den Ihrigen setzen kann. Vergessen Sie Fresenius nicht. Für Eichler, Raiz, Lunzer, Adamek, Sittenberger (er kann in der Dtschen zeitung für Ihr unternehmen wirken) u. aa.* schicken Sie mir zu liebe gedruckte aufforderungen zur mitarbeit. Wie stellt sich Werner? Geiger nahm nur die concurrenz zum Jahrbuch übel. ich nahm aber Goetheana nur wenn das Jahrbuch geschlossen war u. sie also zu lange hätten liegen müssen.
Grüssend
Ihr
BSfft

Graz 16 XII.

* Jacobs, Werniger , überhaupt bibliotheksvorstände zur mitarbeiterschaft einladen lassen Sie nicht eigens circulare für gymnasien drucken?

Prag, 25. Dezember 1893 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 25.12.93
Smichow 586

Lieber Freund! Halten Sie mich nicht für undankbar meines plötzlichen Verstummens wegen. Auf die vielen Schreibereien [ist] eine kleine Müdigkeit bei mir eingetreten, die schon wieder vergehen wird. Nun will ich aber die Feiertagsruhe dazu benutzen, um Ihnen ausführlichen Bericht zu erstatten. Am wohlthuendsten u. wol auch ersprießlichsten ist es, daß Schmidt die neue Zeitsch. in der Festversamml der Ges. für Lit. Gesch. feierlich angekündigt hat und daß diese Mittheilung – wie mir von mehreren Seiten unabhängig mitgetheilt wird – mit großer Freude aufgenommen wurde. Auch sonst [hab] ich mancherlei zustimmende Briefe, festere und weniger bindende Versprechungen, sogar schon einen kleinen Beitrag. Zuwartend antwortete Grimm, nicht ablehnend Haym; Weinhold schweigt noch. Felber scheint beleidigt; Koch dürfte wüthend sein. Leider sind aber auch die Redacteure der Zs. und des Anzeigers etwas verschnupft. Sie können es nicht begreifen, wieso ich auf Recensionen verfalle. Eine neue Recensieranstalt sei das überflüßigste von der Welt. Daß der Anzeiger die Recensionen aus neuerer Litteratu[r] meinetwegen sein lassen werde, habe ich weder erwartet noch verlangt. Sie haben aber mit etwas zu viel Pathos dieses (an sie gar nicht gestellte) Ansinnen zurückgewiesen und den Schatten Scherers zu diesem Zwecke aufgerufen. Alles in größter Freundschaft, die zu erhalten ich mir Mühe gebe. Ich kann die ganze Sache nicht so arg finden. Zunächs[t] hat Roethe fast alle Leute von Namen ohnehin gepachtet; ich werd mir also junge Leute heranziehen müssen; dann recensiert der Anzeiger doch nun weniger Bücher; mir bleibt jedenfalls der Rest; alles über 1832 was doch von Jahr zu Jahr für uns wichtiger wird; werden endl. einige Bücher doppelt recensiert, ich meine hier & dort von verschiedenen Recensenten, so wird die Welt nicht einfallen. Jedenfalls werden mir aber die Recensionen [m]ehr Müh machen als die Aufsätze. Ich gebe es daher den Mitarbeitern frei, ob sie die Recensionen mit Namen oder Chiffre unterzeichnen oder sie anonym einrücken wollen. Vielleicht lassen nun auch Sie sich bald zu einer Recension herbei. Soll ich auch kurze Besprechungen zulassen, wie in den ‚Notizen‘ des Anzeigers? Den Plan Auszüge aus Dissertationen zu geben hab ich einstweilen fallen [ge]lassen; dagegen regte Heinzel Referate über Bücher und Aufsätze an, die in Deutschland schwerer erreichbar sind: nordamericanische, slavische bes. russische, ungarische, auch italienische. Darauf bin ich eingegangen, hab auch bereits ein paar Gewährsmänner. – Für den Titel schlägt Immelmann (nach Schmidts Bericht) Pallas vor, was nicht übel ist; Schmidt selbst Fundgruben oder ‚Deutsche Wälder‘ das letztere sehr schön. Von vielen Seiten ward ich gebeten, einen kurzen Titel zu wählen, einen Namen und ich hab mich nu[n] zu Euphorion entschieden; weiß aber noch nicht ob der Verleger drauf eingeht. Ich hab dann gleich einen Trauerchor zur Verfügung, wenn die Zeitschrift eingeht.
Prospecte darf ich Ihnen vielleicht in größerer Anzahl senden für nähere Freunde, insbes. die Bezeichneten. Ich schließe niemanden aus als Koch, Weltrich, Laistner, G. Scherer, Carrierre; dann auch C Heine und Grisebach: etwa auch Valentin, oder den nicht? [Ja]cobs schrieb mir wegen Unzers, über den ich aber nichts weiß; ich lade ihn selbstverständlich ein. Wenn Sie noch Namen wissen, so bin ich Ihnen für jeden einzelnen dankbar. –
Ich habe Krankheit im Haus. Mein Vater liegt seit einer Woche. Es ist eine Altersmahnung. Er ist schwerer beweglich als früher und wir mit ihm. – Alles Gute zum neuen Jahr; bewahren Sie mir die Freundschaft, von der Sie mir im ablaufenden Jahre so leuchtende Proben gegeben haben. – Bitte sagen Sie von meinem Conflict mit Schröder – Roethe niemandem was, auch nicht Schönbach & Steinmeyer. Treulichst Ihr AS.

Beilage:


Euphorion
Zeitschrift für Litteraturgeschichte

herausgegeben
von
August Sauer


Erster Band.


Immer höher muß ich steigen,
Immer weiter muß ich schaun.

1894
Bamberg
C. C. Buchner’s Verlag

Graz, 28. Dezember 1893 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Verzeihen Sie, dass ich kurz antworte, es reicht die zeit nicht weiter. An Ihrem titel würde ich das motto steichen. Deutsche wälder ist gut. Pallas misfällt mir. Ich war überzeugt, dass Ihre gründung jubel errege; Sie sind beliebt und geschätzt und das bedürfnis nach einem blatte ist gross. Dr. von Jan (Sternburg) über Goethes Stella, u. dr. Krauss*) (Stuttg.) über Mörikes gedichte adressirte ich an Sie, die arbeiten kenne ich nicht. Privatdocent Zenker Würzburg erhielt als überschüssig für VJS. einen Artikel über Heines 8. traumbild zurück. Ebenso Steig (Berlin) etliche Herderiana. Puls (Altona) hat eine saubere studie über Koppisch vorbereitet. – Vielleicht ist es klüger wenn Sie auch Koch u. Erdmann einladen, Sie zeigen so, dass Sie Ihre zs. für etwas anderes halten und nicht konkurrenz machen wollen. Valentin würde ich des Hochstiftes wegen nicht umgehen. Weltrich u. Laistner würde ich nicht beiseite lassen. C Heine ist nicht viel schlechter als viele andere. In summa: ich würde möglichst alle laden; in den manuscripten müssen Sie ja dann noch kleinlicher sein als ich, da Sie ½ bogen weniger haben durch die recensionen; da fallen also die unreifen doch fort; nur von vornherein weniger böse stimmung machen als ich! Sie packen alles frischer an als ich tat, eifriger, geschickter. Ich liess die leute kühl an mich herankommen. Die VJS. war zu pedantisch – gelehrt – vornehm; so erzielt eine zs. keinen absatz. Seien Sie etwas journalistischer. Sie verstehen sich auch besser darauf, als ich, was ich beneide. Schröder-Roethe: behandeln Sie das folgende so

*) Krauss versprach alle neuen erwerbungen des marbacher Schillerhauses der VJSchr. zuzufüttern.

Graz, 28. Dezember 1893 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

streng vertraulich, wie ich Ihre mitteilung behandle. Schröder war schon in mscpt.-not, deshalb wäre ihm vielleicht etwas nhd. gelegentlich willkommen; in letzter zeit hat er aber wieder reichlich altdeutsch, so dass er gegen Roethes absichten Anz. einengen möchte. Roethe will oder wollte wenigstens den Anz. erschöpfend machen, alles besprechen lassen u. kürzere recensionen in folge dessen ausbedingen. Ich halte das für ein unglück. Ich weiss das nicht von Roethe, aber authentisch. (Ich würde an Ihrer stelle kurze u. lange recensionen bringen, wie der referent es beliebt.) Daraus verstehen Sie vielleicht das befremden der herren besser. Ich halte mein versprechen für Sie keineswegs aus rücksicht auf den Anz. zurück; ich habe zu ihm nicht mehr das verhältnis wie zu Steinmeyers zeit. Lediglich deswegen, weil ich nichts neues versprechen will, ehe ich verjährte schulden an die Göt. gel., den Anz. u. die DL Ztg. abgetragen habe, wozu mir der Goethedienst keine zeit lässt. – Überlegen Sie doch, ob Sie nicht auch zs.- u. ztgs-artikel von bedeutung recensiren lassen wollen: dem spät erscheinenden Jahresbericht etwas konkurrenz zu machen, wäre gut. Halten Sie nur den recensionsteil (auch im prospekt) recht beweglich. Vollständigkeit würde ich nicht anstreben. Aber dass jeder recensent scharf sei u. etwas neues bringe, verlangen.
Wie sind Sie mit Beck auseinander gekommen? U. wie mit Suphan? er schreibt mir neulich u. bemerkt zum schluss mit ausrufezeichen: „neue VJS. von Sauer“ und dann folgen einige absichtlich dunkle wunderliche schnörkel, die ich versucht war als ‚und S[uphan]‘ zu entiffern.
Alles gute ins haus, besonders Ihrem vater. Schönbachs vater hat einen leichten schlaganfall völlig überwunden, Bauers mutter blieb davon am arm davon gelähmt, Gurlitts vater überwand schwere influenza. Die glücklichen, die noch für eltern u. um eltern sorgen können! Meine frau liegt an einer sehr schmerzhaften zahnbeinhautentzündung. Wir bleiben uns treu auch im nächsten jahr u. so fortan!
Grüssend Ihr BSfft.

Prag, 29. Dezember 1893 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vielen Dank für alle Ihre Mittheilungen. Heute hab ich den Contr[act] unterzeichnet. Sehr verständ[iger] Brief von Harnack, kühl von Weinhold; Schnorr sehr nett. An Bech hab ich die Wahrheit geschrieben u. er hat bedauernd-höflich geantwortet. Freilich, ob ers gethan hätte, wenns nicht schon vergeben gewesen wäre! – Suphan hat nichts gethan als einen Beitrag zugesagt, wenn er zeit finden werde. Von einer Verbindung ist keine Spur. Auch ists zu spät dafür jetzt. Für mich ist es jedenfalls besser, wenn ich mir ihn nicht zu nah kommen lasse. An Manuscript wird’s auch so nicht fehlen und über lang oder kurz wäre die Verbindung gewiß in die Brüche gegangen. Ich komme nicht mehr drauf zurück. – Der Prospect ist bereits in der Druckerei. Den Passus über die Recensionen werd ich noch ändern nach Ihren Vorschlägen. Baldige Besserung für Ihre liebe Frau. Treulichst AS.

(Prag), 14. Januar 1894 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich gäbe was für ein paar Stunden ausführlicher Unterredung mit Ihnen. Gestatten Sie mir, da dies mir nicht möglich ist, Ihnen meine Schmerzen [b]rieflich vorzutragen. Darüber, daß Koch – Felber wütend sind auf den Euphorion und ich möglicher Weise mit Felber ganz auseinanderkomme will ich nicht klagen. Bis zu gewissem Grade freut mich das sogar. Aber das Blatt selbst macht mir viele Sorgen. Der Prospect ist in der Druckerei; ich hatte schon Correctur; in 4–5 Tagen hoff ich ihn Ihnen übersenden zu [k]önnen und bin auf Ihre Äußerung begierig. Auch ein Titelblatt ist zur Probe gedruckt, so wie ich es Ihnen übersandte; recht hübsch. Aufsätze hab ich viele zugesagt. Manuscripte von Steig, Hirzel, Leitzmann, Kraus. Schwierigkeiten macht mir noch der kritische Theil. Ich muß mich da für eines oder das andere Prinzip entscheiden und sehe darauf hin alle Zeitschriften durch. So wie es der Anzeiger macht ist es das leichteste für den Reda[ct]eur: unter den eingesandten Büchern eine Auswahl treffen und geeignete Recensenten suchen. Derjenige aber, der sich nur die Zeitschrift hält und mit solchen Abonnenten muß der Redacteur wie ich glaube stark rechnen, hat wenig von dieser Art. Es bleibt zu viel ganz unerwähnt. Das andere Extrem die Jahresberichte ist [g]leichfalls für mich ausgeschlossen. Bibliographische Vollständigkeit kann ich nicht anstreben. Also: orientieren. Möchten Sie sich nun – das ist der Kern meines Briefes – ein paar Zeitschriften darauf ansehen: die Sybelsche und die Quiddesche besonders. Die erstere hat viel Bestechendes; sie erinnert mich an das Goethische Wort, [daß] der Fachmann es viel leichter hätte, wenn er das Unnütze über Bord werfen könnte. Dort heißt es z. B. ‚im Augustheft der Preußischen Jahrbücher‘ ohne Seiten u. Heftangabe etc. Aber ist das nicht wieder zu salopp. Sie erwähnten einmal das Behagelsche Litteraturbild als Muster. Meinten Sie da die Übersicht über die Zeitschriften? Oder über die Bücher? Nutzt [e]ine solche Übersicht vierteljährlich etwas. Wöchentlich u. monatlich nutzt sie gewiß? Raisonnirend oder nicht? Das ist die Frage. Bei Behagel sind manchmal kurze Bemerkungen? Soll ich neue Bücher verzeichnen? Die mir zugesandten blos, oder alles was ich sehen kann? Oder wovon ich höre? Bitte sagen Sie mir darüber Ihre Ansicht. Im Prospect steht ungefähr folgendes: ‚Der reichen wissenschaftlichen Litteratur der Gegenwart wollen wir uns dur[ch] kritische Übersichten bemächtigen ohne hier bibliographische Vollständigkeit anzustreben, für die von andrer Seite ausreichend gesorgt ist. Durch längere und kürzere Recensionen wichtigerer Werke u. Aufsätze hoffen wir in die Entwickl. der Wissenschaft fördernd eingreifen zu können. Über solche ausländische litterarhistorische Werke und Aufsätze welche in Deutschland schwe[r] zugänglich sind (nordamerikanische, slavische, ungarische) werden wir durch kurze Referate orientieren.‘
Demnach zerfiele mein kritischer Theil
1. in Recensionen (länger & kürzer)
2. in Referate (für die ich schon Verbindungen angeknüpft habe)
3. in eine Übersicht (worüber?) Diese Übersicht weiter auf S. 1 aber ist meine crux. Und doch räth mir z. B. Adler, der die Vierteljahresschrift f. Musikwiss. herausgiebt, möglichst viel solche Notizen zu bringen; denn „sie ziehen.“ Bitte überlegen Sie sich die Sache ein wenig. Ich will über solche Details mit andern Collegen, die weiter auf S. 4 der Sache weniger wohlwollend gegenüberstehen, nicht correspondieren. Treulichst Ihr
Euphorion.

Prag, 15. Januar 1894 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich habe meine Zeitschriftenrevue zu [En]de geführt; aber nichts brau[ch]bareres gefunden als das Historische Jahrbuch der Görresgesellschaft, das mir sehr gut gefällt. Es hat: Rezensionen u. Referate; eine Zeitschriftenschau, eine Novitätenschau (mit kurzen Bemerkungen) endlich Nachrichten. Sehen Sie sich es einmal an. Das ließe sich leisten, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit. Ich würde dann alle Ztschrften die ich sehe, excerpieren; ev. mir einen Hilfsarbeiter in Berlin für einzelne Blätter, die mir unzugänglich sind bestellen. Eigentlich gefällt mir diese Einteilung (natürlich nicht dieselben Titel) besser als die Sybels und Quiddes. Hoffentlich ist Ihnen das Jahrbuch zugänglich. Im Joanneum. Verzeihen Sie meine ewigen Anfragen. Aber ich will doch alles wohl überlegt haben. Treulichst Ihr AS.

Graz, 15. Januar 1894 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 15 I 94

Lieber Freund Dass ichs nicht vergesse stelle ich an die spitze:
1) Pawel schickte mir einen Rabener-Gleimbrief, ich sandte ihn zurück u. zeigte ihm ihren Euphorion an, habe aber nicht gesagt, dass er Ihnen das mscpt. senden solle, denn es ist nicht bedeutend.
2) Quidde fragt auf einer halb gedruckten karte, warum die VJS eingegangen sei u. was weiter geschehen werde. Auch ihm habe ich Ihr unternehmen gemeldet, gab ihm aber über die gründe des einganges keine antwort: was geht ihn das an?
Es ist doch hübsch und wunderlich zugleich, dass nicht nur die sich folgenden redacteure sondern auch die sich ablösenden verleger freunde sind: Böhlau schrieb mir das. Er mag wol dem jüngeren collegen gründlich abgeraten haben, als dieser ihn um aufklärungen bat. Desto besser für Sie: so geht er nicht mit illusionen ans werk und mit desto mehr energie.
Ihren prospekt erwarte ich mit ungeduld, möchte aber um die erlaubnis bitten, darüber schweigen zu dürfen gegen Sie: denn beifall brauchen Sie nicht und wenn ich etwas – mit unrecht oder vielleicht mit etwas recht – anders wünschte, so würde es Ihnen unnötig kopfzerbrechen machen. Je subjektiver Sie’s anpacken, desto besser wird das werk. Sie werden ohnehin zu früh meine erfahrung machen, dass das wenigste einem ganz entspricht, dass man aus äusseren und inneren, sachlichen und persönlichen, geschäftlichen und hundert gründen sich von seinem wege mit vollem wissen abdrängen lässt. Jetzt scheint mir nur eines not: dass der prospekt bald kommt, damit Felber-Koch nicht gar im ärger ihre Zs. umgestalten. Sie haben doch für eine notiz bei Behaghel und in allen blättern mit denen Sie verkehren gesorgt? DLZ? Österr. gymn.-zs.? Gehen Sie doch Muncker um eine notiz in den Bll. f. bair. gymn. an! Solche notizen sind besser als annoncen. Schicken Sie mir prospekte, so kann ich, falls Sie es wünschen, die Preuss. jahrbb., die Vossische ztg., Dtsche rundschau u. vielleicht noch ein oder das andere blatt darauf aufmerksam machen. Und auch personen.
Sie fragen mich um den kritischen teil. Ich möchte Ihnen auch hiefür möglichste freiheit der beweglichkeit als princip raten. Richtig ist Ihr grundsatz: die leser müssen die meinung bekommen, dass sie ausreichend orientiert seien durch Ihr blatt. Ausreichend ist ein dehnbarer begriff u. das ist das gute daran. Vollständig sein geht nicht, das würde Sie erdrücken, zu teuer kommen u. s. f. Der grad der vollständigkeit ist zufallssache. Sie erreichen nicht einmal alles, was Sie wollen, geschweige dass Sie allein im stande wären – nach meiner meinung – die wünsche aller leser zu erraten u. zu treffen. Es handelt sich also darum, dass Sie vielerlei bringen u. dadurch den lesern sand in die augen streuen über das was fehlt. Ich würde mich für den anfang, wo Sie noch keinen sicher arbeitenden recensentenstab um sich versammeln können, an gar kein princip binden. Ich würde sehen, was ich kriege, und dann lücken selbst zustopfen. Lücken in rubriken meine ich. Also etwa Ihr verleger fordert die verleger zu einsendungen auf, verspricht die besprechung oder erwähnung aller arbeiten, verbittet sich schöne litteratur (die Sie doch bei seite lassen wollen?) und erklärt, nichts zurückzuschicken; nur so kann er die verleger erziehen, nicht zu viel unbrauchbares zu senden. Denn auch die VJS., obwol sie nie recensionen brachte, erhielt immer wider gedichte u. dgl. zur besprechung: das rücksenden war lästig.
Sie lesen den wochen-Hinrichs, streichen an, was Ihr verleger Ihnen als rec.-ex. besorgen soll u. suchen auch hiefür den recensenten.
Sie fordern auf dem umschlag jedes heftes die verff. von progr. u. diss. undzeitschriftartikeln zur einsendung auf. Ebenso zu berichten aus gesellschaften.
Sie verzeichnen jeden einlauf, den freiwilligen und den erpressten, auf dem umschlag. Sie erklären dabei, dass das verzeichnis nur in bezug auf das vollständig sei, was Ihnen vorlag (dadurch erpressen Sie zusendungen und decken Sie sich gegen Lücken) und erwähnen aber gleichwohl was Ihnen irgend bekannt wird, auch zss.
Sie fordern auch zu mitteilungen über vorbereitete bücher auf (das zieht an) und bringen diese am schlusse der zs. selbst (nicht auf dem umschlag).
Sie geben grosse oder kleine recensionen, wie sie einlaufen, nicht nach dem umfang geordnet, sondern womöglich nach der chronologie des inhalt. Sie geben darnach unvollständige bibliographische übersichten (unvollständiger als die umschlaganzeigen) über bücher, progr., diss., ephemerides mit allgemeinster inhaltsangabe (kürzer als Geiger), mit oder ohne kritik. Ich würde dabei wie Sybels Zs. verfahren, allgemeine citate nicht scheuen; es liest sich besser als das zahlenwerk und es ist doch auffindbar was gemeint ist. Quidde ist zu geordnet, das ist jahresberichtstil. Wenn Sie einen zeitungsleser kennen, der ich nicht bin, so gewinnen Sie ihn für sich: er soll bedeutende feuilletons erwähnen.
Recensionen würde ich nicht verzeichnen, ausser wenn sie neues beweisen (nicht blos behaupten).
Behaghel ist mir bequem. Ich finde da, was ich brauche und muss es nicht erst aus anderm wuste auslesen wie in der DLZ oder im Centrbl. Ich bin der meinung, dass derlei auch in vierteljährigen pausen noch sehr erwünscht und bequem ist.

16 I

Gestern abends wurde ich durch Bauer unterbrochen. Ich fragte ihn nach seinem eindruck von Sybel u. Quidde; er bevorzugt, wie Sie u. ich, Sybel.
Ich würde es durchaus nicht scheuen, bücher und zeitungsartikel und alles was dazwischen liegt, gelegentlich nur mit titel und urteil, ohne genauere inhaltsangabe, zu geben; ich meine so: Die ‚Studien zur Littgeschichte, M. Bernays gewidmet‘ Hambg u. Lpz 1893 M.8 [keine seitenzahlen u. kein format , aber preis] enthalten vier aufsätze über übersetzgen (Homer spanisch 15 jh., Terenz (15 jh.), Milton (18 jh.) und Shakespeare (19 jh. diese drei identisch); einen unbedeutenden über englische aufführungen u. übersetzgen von dramen Lessings, Schillers u. aa.; schöne briefe von G R Weckherlin, von Bodmer, P. A. Wolff (dabei einer von Goethe an Wolffs Mutter, der im entwurf schon bekannt ist); einen wichtigen nachweis zu Goethes Falconetaufsatz von Witkowski; wenig fruchtbare artikel über Wackenroders kunstansicht, Schillers ästhetik (im anschluss an die Künstler); eine einseitig psychologische erklärung und sachlich ungerechte verurteilung der Herderschen metakritik; allzu allgemeine ausführungen über das enjambement von Aristoteles bis ins 19 jh. Beziehungen des Nürnberger humanismus zu C. Fedele, erörterungen über die Gaungu-Hrólfs-Saga und über Coquillartische monologe kommen für uns weniger in betracht.
So weiss jedermann was er hier zu suchen hat besser als aus dem inhaltsverzeichnis. Mehr braucht über ein im ganzen schales buch nicht gesagt zu werden. (Ich wähle das beispiel, weil es mir gerade nahe liegt.)
Das ideal bleibt die zuweisung von gruppen (nicht zu kleinen) an bestimmte mitarbeiter. Nur dadurch erreichen Sie einheitlichkeit. Ich denke dabei mehr an das Centrbl. als an den Jahresbericht. Aber woher wollen Sie die leute nehmen? solche leute, die verlässig alle vierteljahr das wesentliche aufarbeiten? Ich selbst möchte mich dazu nicht verpflichten.
Feuilletons würde ich nicht suchen, nur verzeichnen was Ihnen zugeschickt oder zugetragen wird. Beil. zur Allg. ztg, Sonntagsbeil. der Voss., Beil. der Lpzer allenfalls u. ähnliches würde ich aber mit hilfe des Centrbl. excerpieren lassen. Ebenso die zss, aber nicht die f. höhere töchterschulen (Teubner) u. auch aus Sanders u. Lyon nur wesentliches.
Zu grosse recensionen (mehrere bogen) würde ich nicht suchen, aber nicht abweisen.
Eine dringliche bitte ist, nicht zu viele titel-abkürzungen zu gebrauchen; es ist hässlich u. hält auf.
Personalia halte ich für unnötig; andere sehen sich gerne gedruckt wenn sie vom gymnasiallehrer zum oberlehrer avancieren oder irgend einen stern 4. klasse ins knopfloch kriegen. Jedenfalls wäre ich gegen rein akademische personalia.
Wollen Sie den berichtteil eigens paginieren wie der Anzeiger selbstständig ist? Schön ists, aber für Sie unbequem. Das verhältnis, gelegentlich aus not misverhältnis zwischen produktivem u. kritischem teil wird durch getrennte paginierung sinnfälliger.
Auch ich meine, dass Sie mit dem recensionsteil sich eine grosse last aufbürden; aber auch Steinmeyer ist der ansicht, dass nur ein solcher eine zs. lebensfähig macht. Ich bitte Sie sehr, sich nicht durch überschriften, abteilungen, rubriken von vorn herein in Ihrem anzeigeteil zu binden. Lassen Sie ihn sich entwickeln. Fürs erste gilt es mit den lesern fühlung zu bekommen. Geben Sie nach, auch gegen Ihr besseres wissen; steht erst die zs. auf festen füssen, dann tyrannisieren Sie das publikum nach gutdünken.
Mit Schönbach habe ich über diese sache nicht gesprochen. Früher aber wol über das was ich schrieb. Ich enthalte Ihnen nicht vor, dass er sagte: ich gebe Ihnen ratschläge, die ich selbst nicht befolgt hätte u. nicht befolgen möchte. Ich meine, ich kann den vorwurf ertragen. Nicht nur weil ich eben jetzt erfahrungen habe, die ich damals als ich anfing nicht hatte, also anderes raten kann u. muss. Ich habe ausserdem immer, wenn auch vielleicht nicht mit der deutlichkeit wie jetzt, gewusst, dass ich einseitig bin und ich komme aus der einseitigkeit nicht hinaus; zum teil vielleicht weil ich nicht mag, um Schönbachs ‚möchte‘ zu gebrauchen. Warum soll ich Ihnen nicht raten, vielseitiger zu sein, und auch nachgiebiger gegen das liebe dumme publikum? Sie sind eine beweglichere natur; Sie müssen auch schliesslich mehr auf den äusseren erfolg sehen: Sie haben den Euphorion gegründet; ich habe die VJSchrift nicht gegründet; ich habe die übernahme der redaction schliesslich zugesagt, als die gründung von andern bis auf diese personenfrage beschlossen war. Ich habe überdies nicht alles einrichten können, was ich wollte; gerade den kritischen teil nicht. Seien Sie versichert, dass wenn ich auf Ihr gütiges vertrauen antworte, es immer nach meinem besten wissen geschieht und das auch da, wo ich mir sage: ich könnte das nicht und nicht so leisten.
Den brief überlesend fürchte ich, dass er Ihnen wenig nützt. Probieren! heisst es für Sie.
Treu ergeben
Ihr
BSfft.

(Graz), 16. Januar 1894 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Die vorstehende notiz war für Euphorion geschrieben, ehe Ihre karte kam. Sie können Sie auch in den papierkorb legen, denn derlei braucht überhaupt nicht erwähnt zu werden.
Das Jahrb. der Görresgesellschaft habe ich mir heute angesehen. Es ist freilich gut. Ich habe nur die furcht, dass bei solcher einrichtung die productiven recensionen auf ein kleines mass aus raummangel zusammenschrumpfen. Und doch dachten Sie an solche, wie Ihre einladung an mich beweist, eine grosse die früher für den Anz. von mir verfasst wurden, Ihnen zu liefern. Aber der kreis der zss. ist ja kleiner bei uns, wenigstens derer, über die regelmässig berichtet wird. Diese teilung in regelmässige u. unregelmässige gefällt mir auch. Den titel nach dem des autors zu geben, scheint mir unnötig; besser ist ein für Ihre zwecke gewählter sachlicher titel, d. h. in der inhaltsangabe das betr. wort (oder die betr. wörter) fett. Dass der inhalt der zss. bei Görres-Grauert nicht zerrissen wird, ist bequemer für Sie, als die chronologische ordnung, die ich gestern empfahl. Die chronologische oder sachliche rubricirung können Sie füglich für die novitäten (wie Grauert) allein anwenden. In die novitätenschau würde ich nur bücher aufnehmen, über die ich bemerkungen machen will. Die andern verwiese ich auf den umschlag, falls Buchner diesen nicht ganz für einträgliche inserate will.
Die druckeinrichtung der novitätenschau übersichtlicher als die der zss.-schau, frisst aber vielleicht zu viel raum. Sie beschränken doch den kritischen teil und die bücherschau auf neue deutsche litt, natürl. einschliesslich ihrer aktiven u. passiven beeinflussung? oder wollen Sie weiter ausgreifen?
Ich bin noch immer der meinung, Sie sollten zunächst keine rubriken in überschriften bilden (trotz des guten nur zu fremdsprachlichen vorbildes Grauerts), sondern im ersten jahrgang alles ohne einteilungsbenennung, nur durch striche getrennt auf einander folgen lassen. Bewährt sich die unbenannte einteilung im 1. band, so können Sie sie im 2. bande benennen. Haben Sie aber einmal betitelte rubriken festgelegt, so ist es schwer ohne aufsehen davon abzuweichen.
Die seitenangaben würde ich trotz Grauert sparen. Ich würde nur jahrgang u. heft citieren u. bei den büchern den preis: aus ihm ersieht einer den ungefähren umfang u. es ist oft wichtiger zu wissen, ob man für die enthaltene sache so viel ausgeben will, als den umfang zu kennen. Bibliographie ist nicht die aufgabe der recensionsanstalten. Sie ersparen dadurch etwas raum u. viel plage mit zifferncorrectur.
Leben Sie wol / In treuen
Ihr
BSfft.

Eilig! daher die korrekturen, die ich auch im gestrigen briefe zu entschuldigen bitte.

Prag, 18. Januar 1894 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 18.1.94
Smichow 586.

Ihr ausführliches Schreiben, lieber Freund, hat mich doch sehr gefördert [u]nd meine Ansichten geklärt. Ich warte jetzt noch ab, was Sie auf meine letzte Karte sagen (wegen des Historischen Jahrbuches) und entscheide mich dann definitiv. Ich neige aber schon jetzt dazu, alles zu verzeichnen, was ich sehe oder wovon ich höre zur Orientierung. Aufs einzelne gehe ich heute nicht ein. Aber das eine noch. Die Namen der einzelnen Verfasser würden Sie doch bei der Erwähnung eines solchen Buches, wie der Aufsätze für Bernays angeben? Darf ich Ihre Skizze bei diesem Buch gleich verwenden? Ohne Namen? Oder mit Chiffer!?
Ich finde daß alles was Sie rathen ausgezeichnet ist. Die Idee, daß Sie das, was Sie mir rathen, selbst nicht befolgt haben, ist mir allerdin[gs] auch schon gekommen. Aber in anderm Sinn als Schönbach es meint. In dem Sinn wie Sie es andeuten, als reife Frucht Ihrer langen Erfahrung. Ich danke Ihnen vielmals und herzlich dafür, daß Sie so selbstlos und aufopfernd mir alles mittheilen, was man eben vorher, ohne Redacteur gewesen zu sein, unmöglich wissen kann. Ich werde ja auch so noch Lehrgeld genug bezahlen müssen.
Der Prospect ist bereits imprimirt. Er muß jeden Tag kommen. Ich sende Ihnen sogleich eine Anzahl und schreibe Ihnen dazu für wen. Für eine Intervention bei mehreren Ztschrften bin ich Ihnen besonders d[a]nkbar. Vorderhand konnte ich noch nichts thun; denn es war doch der Titel noch nicht ganz fix. Jetzt warte ich schon noch die kurze Zeit, bis ich die Prospecte versenden kann.
Schmidt stimmte zuerst dem Titel bei; jetzt – wie es scheint durch Burdach haranguirt – ist er dagegen. Aber jetzt ists zu spät. Auch im Prospect wird ihm manches nicht recht sein. Da tröstet mich Ihr Zuspruch, daß die [S]ubjectivität des Prospects nichts schadet. – Leider drängt sich die Mittelmäßigkeit schon stark vor. Pawel sandte seinen Rabenerbrief; Hirzel einen belanglosen Schillerbrief. R. M. W. hat alles zur Hand – was ich nicht brauche. Erfreulich ist ein Lessing- brief, den Michels spendet (ich kenn ihn noch nicht!) An Kleinigkeiten fehlts also nicht. Aber das große, bedeutende!?!
Den Brief Böhlaus an Buchner hab ich gelesen. Er war rein sachlich[,] aber stark deprimierend. Mit Illusionen geht der Verleger nicht an die Sache heran. Aber an Energie wird ers und werd auch ich es nicht fehlen lassen.
Komisch ist was mir Werner mittheilt: Minister Gautsch habe die VJS im Gespräch für zu journalistisch erklärt. Da würde ihm wohl der Euphorion wie ein Beiblatt der Fliegenden Blätter vorkommen. – Ich werds mit seinem Nachfolger probieren un[d] werde gleich nach dem Erscheinen des Prospects um die Subvention der Germania einkommen. Es ist Kelles Rath, der mir auch versprochen hat, sich dafür zu verwenden.
Herzlich grüßend
Ihr AS.

Prag, 19. Januar 1894 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ihr Brief ist mir sehr wertvoll. Ich habe heute mit Kelle alles angesehe[n]; er rieth zwei Rubriken wie im [Gö]rresjahrbuch: Zeitschriftenschau u. Novitätenschau; aber beide sachlich geordnet. Also beides etwa nach Sybel aber ohne dessen einleitende und Übergangsbemerkungen. Ich will nun zunächst die Vorarbeiten so machen, daß ich jeden Zeitschriftenaufsatz und jedes Buch auf eigene Zetteln schreibe u. meine Bemerkungen beifüge. Es wird sich zeigen wie viel es ist. Bring ich dann sachliche Gruppen heraus, will ich sie auch für die Zeitschriften anwenden (was mir unbequem, dem Leser aber bequem ist). Geht’s nicht, so kann ich noch immer die eigenen Zs. rasch zusammenrücken. Ich wäre aber dann dafür, in diesen sachlichen Gruppen: Zs. u. Bücher zusammenzustellen (wie Sybel); Kelle ist für Trennung. Also mein momentaner Plan ist, ein um etwas wenig bibliographischer [Comperativ!] und übersichtlicher angeordneter Sybel. Zunächst sammle ich drauf los. Um Unterstützung wird gebeten.

Graz, 20. Januar 1894 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ich für meine person halte das zusetzen der verff.-namen im falle Bernays festschrift u. in ähnlichen für unnötig. Der sache ist auch so genüge getan; hilfsmittel zur germanistengeschichte der gegenwart braucht eine zs. nicht zu sein; der tadel spricht sich unpersönlicher aus; beim lob der arbeit mag der autor genannt werden. Wollen Sie die oberflächliche skizze verwenden, so steht sie Ihnen zur verfügung; mit meinem namen schon deswegen nicht, weil ich das buch für DLZ angezeigt habe.
Burdach hat auch über den titel der VJS gejammert, es müsse durchaus Vierteljahrsschrift heissen. Gewiss war aber der titel nicht der grund, warum er trotz meiner bitten nur 1 schmarrn in die zs. gab. Er gehört überhaupt zu den unzufriedenen, weiss vieles wirklich besser, ist aber langsamer production und – egoist. Das sag ich obwol ich ihn für den bedeutendsten kopf halte, den das Deutsche reich in meinem fache hat u. obwol ich nicht schlecht mit ihm stehe. – Bitten Sie Werner, dass er im minister. nicht über den Euphorion spreche (er kommt wol als Lemberger delegirter bald wieder nach Wien zur audienz in gehaltsfragen); er meint es gewiss sehr gut, aber er hat s. z. dort die nase darauf gestossen, dass Creizenach bei der eingabe zugunsten der VJS. umgangen worden sei, was trotz seiner erklärung dieser exclusion vom übel war. Er hat auch mir das vom journalismus gesagt; was diese äusserung provociert hat, die doch nur auf den eröffnungsartikel des 1. bd. taugt, weiss ich nicht; aber aus eigenem kam Gautsch gewiss nicht darauf. Glückauf zur subventionsbitte! – Kleinigkeiten sind zum füllen des schlussbogens sehr bequem: es ist immer schwierig die bogenzahl der hefte einzuhalten, u. doch nötig, weil ¼ u. ½ bogen in der druckerei relativ mehr kosten (auch buchbinder!)- Ich habe in den letzten jahren der druckerei stets füllartikel zur auswahl nach umfang zur verfügung gestellt. – Zeidler! eine böse sache. Es ist eine harte aber gesunde lehre für den übereiligen stürmer. Grüssend Ihr BSfft.

20 I 94.

Prag, 25. Januar 1894 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 25.1.94.
Smichow 586

L. F. Hier endlich die Prospekte. Ich sende Ihnen 12 Prospecte und 6 Einla[d]ungen; Sie bedenken damit die mir genannten Freunde Lunzer, Sittenberger, etc. und sagen mir gelegentlich, wenn Sie es geschickt haben, damit ich nicht auch sende. Desgleichen propagieren Sie gütigst den Prospect bei den genannten Zeitschriften. Weitere Formulare stehen Ihnen zur Verfügung. Für die Förderung meinen besten Dank. – Nun müssen Sie heute noch einmal die Wirren meines kritischen Theiles anhören. Ich habe den Versuch gemacht, die Zeitschriften & [A]ufsätze und Bücher sachlich zu ordnen; er führt aber ins Unabsehbare und ich habe ihn sogleich wieder aufgegeben. Nun mach ich es folgendermassen (versuchsweise.) Nach den Recensionen und Referaten schreib ich: ‚Neue Litteratur‘. Zurst folgen die Zeitschriften und zwar in der Reihenfolge: Jahrbücher, Monatsschriften, Wochenschriften, Tagesblätter. Ähnlich wie bei Grauert. Nur die Inhaltsangaben kürzer, auch nicht überall. ????? Mittheilungen, Briefe etc. genauer excerpirt als darstellendes. Dann Strich. Die neuen Bücher. Allgemeines, [1]5. Jh., 16. Jh. 17. Jh. 18 Jh. 19 Jh. innerhalb dieser Gruppen auch annähernd chronologisch. Die Gruppen ohne Überschriften nur durch Striche getrennt. Dann wieder Strich. Mittheilungen über geplante Bücher, Versammlungen (aber keine eigentlichen Personalien, die ich haße); zuletzt vielleicht Antiquariatskataloge. Unter den Büchern führe ich alles an, was ich aus Hinrichs und sonst erreiche. Was ich im gleichen Heft recensire fällt aus. Was in späteren Heften recensiert werden soll, verzeichne ich blos [ev. durch einen Strn hervorgehoben?]; was ich gar nicht recensieren will, thu ich à la Grauert gleich ab. Soweit wäre mir alles klar. Nur was ich mit wichtigeren Besprechungen thun soll, ist mir unklar. Excerpieren? Minors Recension des Rabanyschen Kotzebue ist ein ganzes Buch, u. fast wich[ti]ger als das recensierte Werk. Ich denke mir es genügt, wenn ich sage: ‚Grundlegende Recensionen mit zahlreichen wichtigen Nachträgen‘. Wo aber stelle ich die Recensionen hin? Lasse ich sie unter den Zeitschriften, so muß ich Jostes Recension der Xenien unter ‚Literaturblatt‘, Weilens Besprech. unter ‚Voss. Ztg.‘ bringen; die Xenien selbst stehen wahrscheinlich unter den [n]euen Büchern. Soll ich also in diesem Fall die Recensionen doch zu den Büchern stellen? Wäre das zu inconsequent? [NB. Ich erwähne nur solche Recensionen, die neues bringen; Centralblatt, Litt.ztg. etc. für gewöhnlich nicht.] Aber mein lieber Freund beschwöre ich Sie, helfen Sie mir diesmal den critischen Theil, Recensionen u. Notizen etwas füllen. Wenn mir nicht die nächsten Freunde helfen, muß ich alles allein machen. Ich habe Seemüller, Minor u. Schönbach g[e]beten. Mein Dr. Fürst recensiert mir Leitzmann Forster; Sicher Zimmermann; Widmann Haller. Möchten Sie nicht anonym einiges beisteuern. Möchten Sie mir nicht wenigstens Nachträge zu Goedeke V zu Jahresberichten II liefern mit deren Besprechung ich den kritischen Theil eröffne, wenn ich nicht Scherers Kl. Schriften aus Pietät voranstelle. Von Fremden bekomme ich erst Recensionen fürs 2. oder 3. Heft. Sie könnten selbst solche Bücher besprechen, über die [S]ie anderwärts referieren; nur Anzeigen ist ausgeschlossen; das hab ich Roethe versprochen. Hassencamp? – Hat keiner Ihrer jungen Leute was für Recensionen liegen. Über Zeidler hab ich heut ausführlich an Schönbach geschrieben. Lassen Sie sich den Brief zeigen. Treulichst
Ihr dankbarer AS. Auf separater Briefkarte: Noch etwas. Mit Zeidlers Habilitation steht es schlecht. [Co]rnu hat s. Arbeit genau gep[rüf]t (er hat mehrere Wochen dazu verwandt) und die unglaublichsten Schluderhaftigkeiten und Unrichtigkeiten gefunden. Das Gedicht, das er als Quelle Rudolfs auffasst, ist nachweislich später als Rudolfs Werk entstanden; bei einiger Mühe hätte er finden müssen, wie die echte Quelle aussah, von der sich Spuren noch in späteren französischen Gedichten erhalten haben. Die Auffassung von Rudolfs Arbeitsweise ist ganz falsch. Zeidler stellt es so dar, als ob er alle Schönheiten seiner Quelle ab- sichtlich weggelassen habe; während diese Schönhei[ten] in s. Quelle gar nicht [st]anden. Um die Geste Romanorum hat er Zeidler sich nicht gekümmert; altfranzösisch kann er so wenig , daß er Zeidler an wichtigen Stellen Wörter verwechselt hat, Nominativ & Accusativformen promiscue gebracht u. dgl. Ich habe Cornus Gutachten u. s. Exemplar, in dem er alle Fehler genau verzeichnete, noch nicht gesehen; aber es ist kaum eine Möglichkeit nach Cornus Mittheilungen noch vorhanden, daß wir ihn acceptieren. Hätte er sich doch noch ein Jahr Zeit gelassen. An Schönbach werd ich nach der Sitzung ausführlich darüber schrieben.

Graz, 29. Januar 1894 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 29 I 94

Lieber Freund Besten dank für die prospekte u. die einladungen. Einladungen gab ich nur Sittenberger, Eichler, Lunzer, Adamek. Letzterer wird im Organ Mittelschule auf mein ersuchen das erscheinen ankündigen. Sittenberger forderte ich zu einer notiz in der Deutschen ztg. auf, der er, freilich in anfängerstellung, dient. Eichler wird das Centrbl. f. bibl.-wesen versorgen u. ist, falls Sie ihm (Amanuensis der kk univ.-bibl. dr. Ferd. Eichler Graz Burgring 14) etwa ½ dutzend prospekte schicken, bereit, bibliotheksorgane in Amerika, London, Prais, Italien mit notizen zu versorgen. Die Grazer tagespost brachte eine ankündigung. An HDelbrück sandte ich prospekt mit der bitte um notiz in den Preuss. Jahrbb. Auch an Schlenther für die Vossische; freilich wenn Sie ihn nicht zur mitarbeit einladen, wird das nichts nützen, zumal Ihr prospekt gegen sein naturalistisches programm sich richtet. Die Weimarer ztg. liess ich durch Hofrat Bojanowski bedienen. Sie sehen ich suche für Ihr Blatt zu tun, was ich kann. Jedenfalls mehr, als irgendwer für die VJS. tat: ich habe aber auch niemand darum gebeten.
In Zürich laden Sie Odinga nicht ein, aber vielleicht Hedwig Waser.
Schönbach veranlasste ich, durch Sander, den Sie als Freund Schönbachs einladen könnten (er liess mir einmal durch diesen einen artikel fürs 17 jh anbieten oder vielmehr Schönbach bot ihn mir an, der aber bisher nicht fertig ward) eine Innsbrucker ztg. unterrichten zu lassen.
Schönbach hält die Grenzboten, könnte also regelmässiger referent über sie sein. Ebenso über einige engl. u. amerikanische blätter. (Artikel wie Stern über Erasm. Alberus in Grenzboten 1894 hft 2 würde ich nicht aufnehmen, das ist nur excerpt aus Schnorr.)
Und nun bin ich also bei der kritischen abteilung. Dass es mit der sachlichen ordnung der zss-artikel nicht gehen würde, vermutete ich. Ihre einteilung halte ich für durchführbar u. brauchbar. Über einzelnes haben wir verschiedene meinung, das macht nichts; es wird auch mehr theoretisch als praktisch sein. Ich halte nicht viel von regesten bei dingen, die überhaupt in extenso druckenswert wären; Sie wollen dagegen neue mitteilungen, briefe etc. ausführlicher behandeln als darstellungen. Können Sie so ausführlich sein, dass einer nach Ihrem excerpt allein arbeiten kann? Vielleicht misverstehe ich Sie auch. Mit schwebt vor: alles referat, betr. es zs. oder buch, soll den stoff angeben, worüber gehandelt ist u. zwar möglichst präcis, soll aber nie die excerpierte vorlage ersetzen wollen. Was nützt es mich ! eine behauptung ohne erschöpfende beweisführung zu lesen? U. wenn ich die nachricht eines briefes recht würdigen will, muss ich doch den ganzen ton und zusammenhang des briefes kennen. Also nicht ersatz, sondern nur hinweis auf alles, worüber etwas zu finden ist.
Antiquariatskataloge? d. i. vierteljährlich oft posthum.
Was recensiert werden soll, würde ich nicht auszeichnen; ein mal lässt Sie ein recensent sitzen, ein andermal bekommen Sie eine gute recension über ein buch, das Sie nicht besprechen lassen wollten; ich würde diese annehmen, auch wenn Sie den inhalt des buches schon bemerkt hatten. Aber die bücher, die Sie recens. lassen wollen, liesse auch ich ohne referat durchlaufen.
Recensionen gehören in die zeitschriftenschau. Dass frühergute recensionen, wie Sie sie erwähnen, erscheinen, als Sie das buch im einlauf verzeichnen, wird doch nach dem 1. zwei heften selten sein. U. ist es ein unterschied, ob Sie in verschiedenen zss. aufsätze über dasselbe thema verzettelt verzeichnen (das trifft sich doch nicht nur bei jubiläen) und ob Sie recensionen über dasselbe buch verzettelt verzeichnen? Das zusammenhalten der sachen geht nicht, wenn man nicht gruppenreferate bringen lässt. Ich fände übrigens nichts dahinter, wenn Sie in den seltenen fällen wo Sie zu einem neuen buch gleich eine bedeutende rec. zu verzeichnen wissen, dies vereinigen, während principiell die recc. unter den zss. verstreut stehen.
Minor, Kotzebue liesse ich: bei der benützung des buches unentbehrliche ergänzung nach biograph. und litthistor. seite sammelnd u. neuschöpferisch „Grundlegend“ wäre mir zu allgemein.
Mit Scherer’s Kl. schrften ! fangen Sie ja nicht an: ich bin sehr für pietät u. habe gerade das verhalten vieler gegen Scherer rücksichtslos getadelt; aber wer eine zs. eröffnet, darf durch einen solchen spitzartikel nicht den schein der partei erwecken. Dass ich Ihnen zu Goedeke V u. den Jahresberichten II etwas geben kann, ist mir höchst unwahrscheinlich.
Von meinen jungen Leuten ist keiner recensierreif, wenigstens keiner der noch in meinem bekanntenkreis ist.* Ich könnte doch höchstens nochmals über bücher referieren, die ich für die DLZ bespreche. Denn der Anz. u. die Göttgel. verbieten doppelte anzeige. Hassencamp: unmöglich jetzt; womöglich später eine anzeige von 2 bogen wenn Sie ein solches monstrum wollen. Was soll ich jetzt tun? Böhm, Wekhrlin? Lili 2. aufl.? Letzte serie Weimarer Goethe (natürl. streng objektiv)? Krause, Gottsched u. Flottwell? Biedermann, kommentar zu den Tages- u. jahresheften? Krause müsste mir Ihr verleger liefern. Das andere erhielt ich geschenkt, darum bespreche ichs nicht gern: ich habe dann rücksicht zu üben. Überhaupt kann ich jetzt keine irgend gediegene recension schreiben, ich habe zu viel anderes auf mir lasten. In einem alten privatdruck von gedd. der frsten ! zu Wied fand ich ein unbekanntes Wielandgedicht (brief): wollen Sie das, als notiz oder ganz? Sagen Sie frei heraus zu allem nein! Ich nehme nichts übel. Hätt ich was gutes, so sollten Sies haben; hab ich was gutes, was ich nicht andern längst schulde, so werden Sies kriegen, wenn Sie es denn wollen. Eilen Sie mit der ausgabe des 1. heftes nicht, warten Sie bis Sie lauter gute Sachen beisammen haben; mein 1. Heft war zu schwach in einzelnen teilen. Grüssend Ihr aufrichtiger BSfft

Am linken Rand der letzten Seite:Ich habe 11 prospekte versandt.

* Nach Ostern könnte Eichler über Flohrs Knittelvers referieren; er hat sammlungen über das nachleben des HSachs bis Goethe.

(Prag), 31. Januar 1894 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Im Voraus bitte ich Sie um Verzeihung, wenn dieser heutige Brief zu ?ristisch wird. Tausend Dank für Ihre Bemühungen. Schlenther hab ich eingeladen, überhaupt alles; leider auch Odinga. Ich zögerte zuerst, sandte aber doch, 2 Stunden bevor Ihr Brief kam, war es abgegangen. Leider sind mir die Prospecte momentan ausgegangen. 400 hab ich versandt. Sobald die neuen kommen, sende ich an Eichler ½ Duzend ! u. Ihnen noch einige, so für Raiz. Eichler bitte ich um die Recension über Flohr nach Ostern oder wann er eben Zeit hat. Alles Drängen bezog sich eben nur aufs erste Heft: später hab ich schwerlich Mangel an Kritiken, wenns einmal Exemplare giebt. Die kommen leider noch sehr spärlich. Krause – Gottsched – Flottwell hab ich eingefordert, zugleich aber auch Rosenbaum zur Rec. versprochen. Sonst hab ich als Rec. Ex.: Böhme & Erk; Bing Novalis; Sch[en]ck: Bodenstedt; Stettenheim: Polizei; . Wollen Sie davon was. Hassencamp Wieland reserviere ich Ihnen. So lang u. so spät als Sie wollen. Das unbekannte Wielandgedicht bitt ich mir auch aus; aber ganz! Goethe, Weimarische Ausgabe Neue Serie, wird wol nur ein Referat für die ‚Neue Litteratur‘. Wollen Sie m[ir] das liefern, so ists mir sehr recht. Böhm – Wekherlin, Lili 2. Aufl. Biedermann Kommentar. Alle 3 willkommen, kurz oder lang, wie Sie wollen; anonym oder unterzeichnet. Ich will nur Notizen, oder Recensionen, auf die ich mich verlassen kann. Decken will ich sie gern mit meiner Redactionsautorität. Also lie[fe]rn Sie mir von dem Erwähnten was Ihnen paßt, und Ihnen nicht zu große Mühe macht. – Ich verzeichne was ich habe:
F. v. Jan: ein Modell zu Goethes Stella;
Hirzel, ein Schillerbriefchen
Drescher, ein Lessingbriefchen
Minor: Über Centralanstalten für Wiss. Hilfsarbeiten
–– Kleistiana (Guiscard!)
–– Kleinigkeiten zu Goethe
(2. Februar Woche verspr.)
Geiger Berlinische Analecten
Leitzmann Ein Brief Therese Forsters.
Weilen Zu d. Laune d. Verliebten
Krauss Mörikes politische Ansichten.
Pawel Rabenerbrief
Hauffen: Zwei Gespielen
Sicher ist noch ein wichtiger Aufsatz über Opitz von Rubensohn * soll morgen kommen Mitte März: Trautmann: Olmische Theatergeister.
Vater & Sohn Werner haben Aufsätze fertig! Stern sagte zu. Ende Februar ein großer Aufsatz über Simon Lemnius von Höfler. Kleinigkeiten von Friedländer, Jonas versprochen. Schmidt will aus Köhlers Nachlaß einiges senden. Von ihm selbst und Harnack hab ich mir ‚Methodisches‘ erbeten. Nichtsdestoweniger ist mir Schönbachs Absage höchst unangenehm. Drängen wollt ich nicht zu sehr in ihn; aber der Schlange ist der Kopf abgehaun dadurch. Schließlich [we]rd ich mit Minor anfangen müssen wie Sie; sein Aufsatz ist wohl auch darauf berechnet u. schließt mit d. Worten: ‚Viribus unitis‘ ist der Wahlspruch eines philologenfreundl. Monarchen! – für alle Ihre Rathschläge betreffs des kritischen Theiles herzlichen Dank. Ich wird alles beherzigen. Von den Mitarbeitern der VJS fehlen mir noch viele Adressen, die ich hier verzeichne. Bitte bei Gelegenheit um nähere Angaben. –
Ich werde das erste Heft gewiß nich[t] übereilen und möchte vor allem Andern Aufsätze aus allen 4 Jahrhunderten haben. – Diese Tage bekam ich die Probedrucke. Die Schrift wird neu angeschafft; es wird alles sehr hübsch aussehen.
Bitte sind Sie nicht bös über dieses Sammelsurium. Treulichst
Ihr dankbarer
AS.

Ich gehe heute zu Zeidler u. rathe ihm mit Kelles & Cornus Zustimmung s. Gesuch zurückzuziehen. Das ist für ihn das Beste.

Graz, 5. Februar 1894 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 5 II 94

Lieber freund, Anbei etwas handgreifliches. Ich wollte nicht noch einmal mit leerer hand kommen u. so verschob ich die antwort. Hoffentlich können Sies brauchen. Das referat muss anonym erscheinen, da ich auch für die DLZ eines darüber schrieb.*
Eichler bitte ich die prospekte direkt zu schicken u. ihm dabei auch den Flohr aufzutragen. Raiz erhielt von mir einen prospekt (keine einladung); er hat beobachtungen über Goethes Faust-metrik, die z. tl. die Pniowers decken z. tl. weiter gehen, vor Pniower gemacht. Weitere ! prospekte bedarf ich nicht.
Von Ihren freien rec. ex. vermag ich leider keines zu übernehmen, sie liegen mir zu fern, oder reizen mich nicht. Stettenheims Polizei kann nur Kettner gut anzeigen, er hat die betr. Schillerfragmente im original eingesehen. Hassencamp bitte ich mir gelegentlich zu verschaffen, ich komme erst im sommer dazu; aber die rec. wird viel neues enthalten, hoffe ich.
Anderes: Böhm, Lili2 werd ich bald machen, Bieder- mann muss ich erst ansehen, ob ich schnell über ihn fertig werde. Auch die Weimarer ausgabe werd ich prüfen, was zu sagen ist.
Das unbekannte Wielandgedicht ganz, schreiben Sie. Ja wenn es Ihnen darauf ankommt, kann ich noch ein paar solcher gedichte geben, die sogar noch nie gedruckt sind und auch nicht schlechter. Alles in dem stile des in der Festschrift zum 8. Okt. mitgeteilten. Ein artikel: W.s. gedichte an personen wäre leicht zusammenzustellen, wenn Sie ihn ohne litterarhistorischen text haben wollen. Briefe von Alxinger, Rutschky u. an Österreichern an Wieland hab ich auch liegen. Mir scheint aber, das sind alles keine rechten zugartikel. Und zu den fetzchen, die Sie haben, mute ich Ihnen ungern neue fetzchen zu.
Minors schlusswort ist schwarz-gelb. Seien Sie vorsichtig, dass Sie damit, wenn es den eröffnungsartikel schliesst, nicht die Reichsdeutschen zum spotte wecken.
Die adressen schreib ich bei: Die ersten 3 waren damals Schmidts seminaristen, wo sie jetzt sind, weiss vielleicht selbst er nicht. Winter ist ein finder, aber unverlässig; die arbeit müssen Sie ganz umschreiben. Valotte ist wol auch verschollen; er studierte damals in Heidelberg. Von Bondi kann ESchmidt die adresse wissen, von Pistl Minor. Hessel und Conrad sind phraseure, der erste etwas denkender, aber nur Heine u. in bezug auf diesen phantast. Frdr. Wilhelm wollte nur seine erbschaft zu geld machen (hat auch auf den artikel hin durch meine vermittlung [?] seine autographen verkauft), wird kaum mehr was schreiben, commentiert aber peinlich genau. E Müller u. A Englert streberhafte krämer. Ransohoff schreibt unglaublich unter dem strich: offenbar angehender journalist für alles.
Ich danke Ihnen sehr dass Sie Zeidler einen so anständigen rückzug ermöglichen. Hoffentlich begreift es der heissblütige ruppige kerl. Gescheut ist er, aber voreilig und schleudrig. Er weiss auch was. Vielleicht nimmt er sichs zur lehre und leistet etwas, was Schönbachs u. meiner empfehlung mehr zur ehre gereicht. Über das deutsch seines vorworts hab ich ihn gleich ausgezankt. – –
Wie findet sich denn Ihre frau in den redactionstrubel? Mag sie gar geschickte gehilfin werden? Geigers frau wies mir jüngst einen sachlichen druck- fehler (Sigle A statt sigle A’) in einem beitrag zum Goethejahrbuch nach, den ich, ihr mann und Fresenius übersehen hatten. Sie macht das register seit jahren allein. Na, ich möchte meine frau nicht dazu gebrauchen, selbst wenn ihr der bub zeit liesse. Und Sie halten der Ihrigen gewiss das manuelle fern, wenn sie es Ihnen auch etwa abnehmen will.
Grüssend Ihr
ergebener
BSeuffert

* NB ich weiss, dass ein buch über Lichtenberg nach Wilbrandt erschien, habe es aber noch nicht zu gesicht bekommen.

(Prag), 7. Februar 1894 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Aschermittwoch.

Lieber Freund! Vergelts Gott tausendmal. Die erste gute Recension, die ich habe; Werner hat eine Kleinigkeit gesandt – [Va]ter! Ich sende Ihnen unter Kreuzband Lauchert – Lichtenberg. Es ist mein Ex. (ich hab es für die DLZ recensiert; komisch übrigens, daß Hinneberg die Sachen so zerstückelt!), ich hab es aber eingefordert u. behalte dann das andre. Vielleicht reizt es Sie, ein paar Worte drüber zu sagen. Hassencanz ist heute auch gekommen. Nicht wahr, Sie sind nicht bös, wenn ich ihn aufschneide und hineingucke. Ich komme morgen zu Wieland im Colleg u. muß das Buch citieren, möcht also wissen was drinnen steht. Ich sende es in ein paar Tagen. – Die Wielandiana, die Sie haben, möcht ich mir nicht entgehen lassen; andererseits möchte ich mir den Weg damit nicht verbauen. Fürs erste und zweite Heft hoffe ich so ziemlich gedeckt zu sein (bis auf die Recensionen, die noch ganz fehlen!); haben Sie im Laufe des nächsten halben Jahres einmal Zeit, so richten Sie mir Gedichte und Br[i]efe einmal zu und senden mirs zur gelegentlichen Verwendung. Es brauchte keine eigentliche Erklärung etc. dabei zu sein. Ich scheue mich nicht, Briefe, Gedichte etc. blos zu publicieren; nur laße ich solche Sachen kleiner drucken u. geb womöglich einen gemeinsamen Titel drüber:
Verstreute Briefe
1: Ein Brief Lessings ...
2. Ein Brief Schillers .. –
3. Briefe von Altinger etc. .. an Wieland.
Das sieht nicht prätentiös aus. Gönnen Sie mir die Sachen, so betrachte ich sie gewissermassen als meine Reserve (natürlich nicht zu lange), die man ja, wie Sie am besten wissen, immer haben muß. Meine eigenen Sachen eignen sich leider schlecht dazu, weil es fast nur Austriaca sind. Für alles vielen, vielen Dank, auch für die Adressen und Personsbeschrei[bun]gen.
In meiner letzten Übersicht über die eingelaufenen Manuscripte habe ich 2 vergessen; die Sachen von Steig, die Sie kennen u. Kraus: Möricke ! u. die Politik. In den letzten Tagen wurde viel versprochen: Drescher, Niejahr (Helena!), Schmidt (die Quelle von Heines Bimini; Zu den Xenien; Goethe-Reichardt); Biedermann (Faust I); Bolte sandte 2 Kleinigkeiten: Zu Tobias Stimmers Comedia u. ein Meisterlied vom Doctor Faust. Rubensohn die angekündigten Findlinge (wichtige Nachrichten Ernst Schwabe v. d. Heide). Aber alles wie Sie sehen: Details. Das ist betrübend. Schmidt meinte ich sollte bis October warten. Aber das geht nicht. Da gienge dem Verleger ein ganzes Jahr verloren. Aber solange muß ich warten, bis ich einen brauchbaren Einleitungsartikel habe. Ich habe mit Hildebrandt angeknüpft; das wäre freilich schön. Aber er ist alt und krank. Kann nichts versprechen. Und die versprechen können, können nichts. – Meine Frau hat mi[r b]isher blos geholfen Prospecte zu couvertieren u. Marken aufzukleben. Das war keine schwere Arbeit und kommt auch in dieser Weise nicht mehr wieder. Register zu machen, dazu interessirt sie sich zu wenig für die Sachen; es wäre ihr wirklich ein Frohndienst. Das eine ist vielleicht möglich, daß sie mir manchmal Manuscripte vorliest, wenn ich diese nochmals collationieren müßte; in Fällen wo es auf Bibliographie nicht ankommt. Bisher aber hab ich auch solche Dinge immer allein gemacht. Und es wird wohl auch so bleiben. Alles Schöne an Ihre liebe Frau. Und nochmals vielen Dank.
Ihr herzlich Ergeb AS

Graz, 10. Februar 1894 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt

Prag, 12. Februar 1894 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

12.2.94
Smichow 586

Lieber Freund! Vielen Dank für Hirzel, dem Sie ordentlich haben nachbessern müssen, aber noch weit grösseren für Lauchert Lichtenberg. Die Recension macht mich geradezu glücklich. Meine in der DLZ. ist noch nicht gedruckt. Über Lichtenberg denke ich besser als Sie, über Laucherts Arbeit ähnlich. Von Nachträgen hab ich nur das eine Epigr. gewußt, das Redlich im Chiffrenlexicon anführt. Ich lasse die Rec. in der angegebenen Reihenfolge drucken. Über die anderen Bücher, die Sie vielleicht noch vornehmen, habe ich mich öffentlich nicht geäußert. Keller versprach die Rec. über Stettenheims Polizei (ohne daß ich drängte oder überhaupt von Termin sprach) in 6 Tagen. So wird’s ja doch allmählich Licht. Auf Niejahr warte ich jedenfalls. An Spitzer habe ich den Prospect bereits geschickt und werde ihm noch schreiben. Das wär freilich ein großer Gewinn. – Hassencamp folgt unter Kreuzb[an]d. Sollte S. XIII Frobenius nicht vielleicht verlesen sein für Frebronius? Ich lege in das Buch die Probedruckblätter für meine Ztschrft ein, die ich mir aber gleich* wieder zurückerbitten muß; denn sie sind mein Um und Auf. Corpus Nr 199 ist die Schrift meiner Anfangsartikel; Borgis Nr 198 die Schrift aller sonstigen Aufsätze. G[ro]ße petit Nr 75 und zwar in der weniger gedrängten Anordnung die Schrift der Recensionen. Auf der 4. Seite stehen alle vier Schriften (auch die der Anmerkungen petit Nr 91) beisammen. Ich bitte Sie nun mir auf Grund Ihrer Erfahrungen zu rathen. Wie soll ich die Zeitschriftenübersicht u. die Bibliographie drucken [la]ssen? Große Petit 75 (weit) oder kleine Petit 91? (Muster ist nun endgiltig Grauerts Hist. Jahrbuch d. Görresgesellsch.) Große Petit 75 (gedrängt) misfällt mir überhaupt so, daß ich sie am liebsten gar nicht in Anwendung bringen möchte. Was nun Briefe etc. anbelangt, so hab ich es mir zuerst so gedacht. Ich wollte eine Rubrik ‚Neue Mittheilungen‘ machen u. da solche Findlinge zusammendrängen. Aber auch Geigers ‚Berliner Analecten‘ auch Rubensohns Aufsatz über das 17 Jh. sind eigentlich ‚Neue Mittheilungen‘ und in andern Heften könnte es kommen, daß alles (außer dem Einleitungs- artikel oder etwa dieser selbst) neue Mittheilung wäre. Also ich brauche für ‚kleinere ungedruckte Beiträge‘ einen Sammelnamen. ‚Findlinge‘ ist gar nicht übel. Und nun hab ich mir gedacht[, i]n dieser Gruppe vollinhaltlich mitgetheilte Briefe u. Akten (nicht bloße Absätze) mit noch kleinerer Schrift zu drucken, was Sie mir in Ihrem letzten Brief wiederrathen! Halten Sie nun angesichts dieser Schriftproben Ihren Rat aufrecht oder nicht? und wenn nicht, für welche Zusammenstellung könnten Sie stimmen. Dabei führe ich für alle Fälle den Passus meines Contracts an, an den ich z[unä]chst gebunden bin: „Die Zeitschrift wird in dreierlei Schrift gedruckt; die allgemeinen (leitenden) Artikel in Garmond, Mittheilungen und dgl. in Borgis, Recensionen in Petit.“ Auf die Garmond-Artikel bezieht sich der höhere Honorarsatz. – Alles was Sie mir geschrieben haben, werde ich beherzigen. ‚Verstreute Briefe‘ ist dünn. Ein momentaner Einfall. Treulichst Ihr
dankbar Erg. AS.

* positioniert auf S. 2 nicht an demselben Tag, wenn Sie etwa mit Schönbach drüber reden wollen; aber bald.

Graz, 15. Februar 1894 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 15 II 94

Lieber Freund, ich danke für die freundliche aufnahme der Lichtenberg-Laucherlang. In der nächsten woche hoffe ich noch einiges für Sie tun zu können. Ich nehme vielleicht auch Quiquerez Lpz. diss. über die quellen der Jungfrau v. Orl. vor. Müssten Ihre hauptartikel nicht unterzeichnet werden, und hätte ich zeit, so schriebe ich über das thema: poesie, kunst, prosa. Dank für Hassencamp.
Ich habe neulich Ransohoff unrecht getan: er begegnete mir nur einigemal, nicht so oft als leichtfertiger feuilletonist; ich warf ihn mit Poppenberg zusammen.
Was enthält denn Grisebach, Katalog der bücher etc.? Drugelin gibt das buch nicht zur ansicht u. blind will ich nicht kaufen.
Ich schick Ihnen, was Bojanowski in der Weimarer ztg. auf mein ersuchen tat, zugleich mit den druckproben. Ich fand nicht zeit, diese mit Schönbach zu bereden, da ich ganz im drängendsten kollegerneuern aufgehe (ich schreibe Goethes Faust bis aufs letzte wort neu u. raffe alte vermutungen zusammen u. finde neue dazu). Ich kann aus zeitmangel auch nicht das Görresjahrbuch aufs neue einsehen auf seine Druckeinrichtung. Ihre probeblätter sah ich aber genau an und überlegsam. Corpus 199 ist sehr gefällig für abtlg. 1.* Borgis 198 ebenso für die 2. abtlg. Aber ich meine, Sie sollten diese schrift einheitlich festhalten und keine kleinere für quellen dazwischen mischen. Sie ist ohnedies nicht gross und nicht weit gesetzt. Man bringt selbst alexandriner in ihr ungebrochen unter. Es wird fürs auge die mischung sonst zu peinlich.
Ich möchte raten, dass Sie nur für die 1. abtlg., wenn Sie da einmal quellen bringen müssten, eine kleinere abschrift als Corpus 199 zulassen; und zwar eben Borgis 198; In der 2. abtlg. aber keinen schrftwechsel eintreten lassen. Man könnte höchstens noch daran denken, dass Sie Borgis 198 in abtlg. 2 für untersuchungen weitläufiger setzen lassen als die probe ist (mehr „ausschlüsse“ und mehr „durchschüsse“ oder regletten); dass dagegen die quellen in abtlg. 2 enger (mit schmaleren ausschlüssen als die probe und so compress als die probe) gesetzt würden. Aber selbst dies möchte ich Ihnen nicht empfehlen: wegen der schwierigkeit der druckanweisung und wegen des unruhigen bildes für den leser. Sie sehen ja auf der probe mit verschiedenen schriften, welche last fürs auge das ist. Grosse petit 75 ist für die recensionen sehr schön, natürlich, wie Sie selbst sagen, nur in dem spatioseren satz der oberen probehälfte.
Auch dieselbe petit 91 für die anmerkungen ist schön, aber nur auch nicht enger!
Ich würde dieselbe petit 91 für die zeitschriften- u. bücherschau wählen. Ich würde aber jeden zeitschriftenartikel mit alinea anfangen und titel u. inhaltsangabe zwar mit wenig „ausschlüssen“ aber mit starken durchschüssen setzen lassen. Dann muss mit aus- u. einrücken operirt werden u. mit sperren; dazu vielleicht die zeitschriftennamen wenigstens im bibliographischen nennwort kleinfett oder besser Borgis. Ich stelle mir das so vor:

Skizze

Ich weiss nicht, wie genau Sie titel- u. seitenangaben machen wollen. Mir kommt es nur auf die druckeinrichtung ein. Ferner lege ich nahe, die sachlichen (bezw. person als sachobjekt) stichwörter zu sperren; nicht den verf. namen, nicht den ganzen titel. im 2. beispiel ist Moralität wichtiger als Seitz; man könnte aber auch beides sperren.
Man könnte sich das bild ja auch so vorstellen:

Skizze

Und es wäre noch übersichtlicher so; aber es frisst zu viel raum. Bei bücher-titeln gibt es natürlich nur ein einmaliges einziehen, nicht ein zweimaliges wie da wo der zs.-titel noch auszuwerfen war.
Über das sperren noch ein wort. Schnorr hat durchwegs die litterarischen namen sperren lassen, wenigstens da wo ihm ihre nennung wichtig schien (wie dann auch sein register nur auslesend, nicht vollständig u. nach einzelnen jahrgängen sehr ungleich ist). Ich verkenne nicht, dass das sperren fürs aufsuchen eines namens sehr bequem ist. Ich habe es nicht eingeführt, weil ich das häufige sperren unschön finde und auch die grenze zwischen den namen die gesperrt werden sollen und denen die es nicht sollen sehr schwer zu ziehen ist. Fürs registermachen war Schnorrs modus sehr erleich- ternd. Jedenfalls aber, möchte ich raten, sperren Sie im bibliographischen teil, den ja jeder nur überfliegt, nicht liest, viel: nicht nur das sachwort des artikels, sondern auch die wichtigen namen im excerpt.
Zeitschrift ...
Hönig, Nachträge und Zusätze zu den bisherigen Erklärungen Bürgerscher Gedichte S. 493. 1. Nachtfeier der Venus. Angeregt von Klotz, beeinflußt von Boie, corrigiert von Ramler usf. Das Beispiel ist nicht gut gewählt. Aber was ich meine, wird klar sein: alle personen über die etwas gelehrt wird, sollen in der bibliographie mit gesperrtem namen genannt sein, nicht bloss das hauptthema. Es wäre gar nicht übel wenn Ihr verleger die satzkosten nicht scheute, das sachwort des titels in einer zierschrift (starke Schwabacher, oder Plein fett?), nur nicht gleich wie den zeitschriftentitel) zu drucken, hier also Bürger. Dann könnte man auch Nachtfeier sperren. Für Goethe, Schiller u derlei herren, wo man das dichtwerk gerne hervorhebt, wäre das besonders gut.
Kurz: in der bibliographie recht viele auszeichnungen: verschiedene schriften, ein- u. ausrücken. U. recht viele alinea u. nicht compress, nur mit kleinen ausschlüssen. Davon muss er Ihnen aber proben machen lassen. Das kann man nur an gedruckten seiten beurteilen. Der Anz. und die Strauchsche bibliogr. leidet und litt gerade unter zu wenig auszeichnungen und ist und war zu compress.
Endlich: Gehen Sie nicht von vornherein darauf aus, kleine artikel unter gemeinsamen titeln zu sammeln; Sie werden den wert kleiner stücke zum füllen von schlusseiten noch recht kennen lernen. Sie habens mit dem 10 bogen einhalten schwerer als ich: die bibliographie ist von vornherein nicht berechenbar, da Sie doch bis zu dem moment, wo Sie diesen heftschluss dem setzer geben müssen, nachträge dazu fügen; denn das ist die hauptsache, dass Ihre zs. – u. bücherschau so neu als möglich ist; 14–20 tage nach ihrem abschluss muss das heft beim leser liegen. Wie Sie da mit den seiten gerade immer auf volle 10. bogen kommen wollen, begreife ich nicht; anderswo hilft der verleger mit annoncen, das können Sie nicht. Ich würde es nicht scheuen, den leeren rest mit kleinen beiträglein zu füllen. Aber auch abgesehen hievon würde ich mir keine stehende rubrik Neue mitteilungen** antun. Haben Sie eine serie briefe, die Sie verbinden wollen, so schreiben Sie drüber: Briefe. Haben Sie briefe und urkunden, so ist der sammeltitel: Briefe und Urkunden. Ebenso je nach der lage: Gedichte und Briefe. Kleine Schriften, Briefe, Urkunden usw. Da kämen denn die stücke zusammen, die einzelnes (nicht eine serie in sich verbundener stücke) und das einzelne ohne einen die quelle überwuchernden commentar teilen. So dächte ich mirs. Ich habe in der VJS immer sachliches zusammengelegt unter gemeinsame titel, weil ich die histor. ordnung, die mir 2–3 mal anhob und nur am heftschlusse durch füllartikel gestört wurde, nicht weiter stören wollte.
Leben Sie wol, ich muss in die vorlesung. Grüssend
Ihr
BSfft.

* Corpus 199 auf der gemischten probe mit geringerem durchschuss ist hässlich geworden. Alle Schriften verlieren durch das weglassen der durchschüsse; compress ist für die augen schädlicher als nonpareille.

** Verzeihen Sie dass auch der titel mir nicht gefällt. Auch ein artikel forschung ist die mitteilung von etwas neuem.

Prag, 17. Februar 1894 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 17.2.94.

L. F. Ich danke Ihnen herzlich für Ihren langen lehrreichen Brief. Ich gehe auf s. Inhalt [nic]ht weiter ein; ich werde alles beherz[ig]en. Vielleicht darf ich Ihnen noch die Druckproben schicken, die ich baldigst anfertigen lasse. – Für Ihren Artikel ‚Poesie, Kunst, Prosa‘ bin ich jederzeit sehr dankbar. Warum scheuen Sie die Unterschrift? Denken Sie, daß ich anonyme Artikel zu lassen kann, so läßt sich durch eine Bemerkung am Umschlag des ersten Hefts oder später gewiß noch Rat schaffen. Sie schrieben blos von anonymen Recensionen. – Grisebach hat s. Bibliothek katalogisirt. Für uns ist wenig brauchbares drinnen. Vieles aus Schopenhauers Bibliothek, alle seine eigenen Bücher in allen Auflagen. Jedes Heft der Reclambibl. verzeichnet. Ich sag ein paar Worte drüber in der Bibliographie. – Schönbach hat mir einen druckbaren Brief geschrieben. Recht hübsch und anmuthig, freilich gegen mein Programm. Aber ich riskiers. Bekomm ich von Harnack oder Schmidt nichts Allgemeines, so verfasse ich eine Antwort auf Schönbachs Brief u. stell sie daneben. Das wär mindestens originell. Sonst geht so ziemlich alles gut und ich bin nicht verzagt trotz Bernays Ablehnung mitzuarbeiten. Mir thuts nur leid, daß ich die Dummheit gemacht hab, ihm meine Übersetzerbibliothek schwungvoll zu widmen! Treulichst u dankbar Ihr AS.

Graz, 22. Februar 1894 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 22 II 94

Lieber freund Ich bitte um aufnahme für die drei beiliegenden recensionen, falls sie Ihnen tauglich erscheinen. Verzeihen Sie, dass viel darin korrigirt ist, ich schreibe gar so ungern ab. Ich würde für mich nicht scheuen, meinen namen darunter zu setzen. Aber für Sie ist es unmöglich, so viele Seufferte im 1. heft zu haben. Nicht nur weils der fatale Schulmeister Seuffert ist, sondern weil Sie überhaupt von vielen bedient zu sein scheinen müssen. Darum nahm ich auch verschiedene chiffern zur unterschrift; lauter anonymes würde wieder den verdacht einer kleinen mitarbeiterzahl erwecken.
Nun werd ich in einigen tagen noch die ...sche Schiller diss. ansehen, ob eine anzeige sich lohnt. Dann aber meine ich, wärs für jetzt von mir genug. Ich hätte ja nicht gewagt, Ihnen so viel anzubieten, wenn Sie mich nicht dazu herausgefordert hätten. Keine der recensionen hätte ich ohne diese einladung geschrieben. Biedermanns Jahreshefte-kommentar will ich aufsparen: referiert ein anderer, desto besser. Über die letzte Serie der Weimarer werke aber will ich nicht schreiben; ich bitte mich meines anerbietens zu entbinden; ohne kritik kann ich nicht und kritisch darf ich redactor nicht werden. Ich dachte nicht an recensionen darüber à la Düntzer; aber es soll gesagt werden, welches neue material verwendet ist und ob die herausgeber über den wert des materials rechenschaft geben.
Auch über „poetisch, künstlerisch, prosaisch“ schreibe ich lieber nicht. Es ist ein seit jahren durchdachtes und fürs Kolleg in verschiedenen ansätzen und ausführungen zurecht gelegtes thema. Dass ich es nicht unerzeichnen möchte, hat seinen grund darin, dass ich es zwar nicht für eitel torheit halte – dann hätte ichs Ihnen nicht angeboten –, dass ich aber doch das gefühl habe es sei nicht ganz ausgereift, vor allem es sei nicht an aller neuen ästhetik und poetik abgewogen. Ich bot den artikel an, weil ich aus Ihren briefen immer wider sorge um die füllung des allgemeinen teiles des 1. heftes hörte und annahm, Sie möchten darin nicht selbst reden (so wie auch ich mich 2 hefte lang zurückhielt), um nicht zu programmmässig reden zu müssen. Nun sind Sie ja aber durch Schönbach und Ihre antwort versorgt. Ich bin übrigens sehr entschieden der meinung, dass Sie nicht nur recensionen ohne unterschrift aufnehmen sollten; ich habe das auch auch für die VJS. vorgesehen und wiederholt beklagt, dass niemand von der anonymität gebrauch machte. Darum habe ich wol in den briefen an Sie das nicht eigens hervorgehoben. Sie können ja ins programm einen derartigen passus aufnehmen. Mir scheint, da Sie Schönbachs brief gegen dasselbe einrücken, ist es ohnedies nötig, dass der prospekt – mit ausnahme des buchhändlerischen und vielleicht mit einiger überarbeitung, die natürlich die von Schönbach aufgegriffene stelle nicht treffen dürfte, die aber z. b. über die bibliographie mehr sagte, da nur Ihr prospekt hinter Ihrem vorsatz in dieser richtung zurückzubleiben scheint – es ist nötig, meine ich, dass der prospekt in die zs. selbst aufgenommen wird; als beilage oder auf dem umschlag verliert sich der prospekt und Schönbachs brief die unterlage, so wie der band gebunden ist.
Wie hat Bernays seine absage motiviert? Geschrieben hätte er aber auch bei zusage nichts.
Ich habe das drückende gefühl, dass meine mitarbeit zudringlich wird. Fassen Sie es nicht so: ich wollte wirklich ernsthaft im hintergrunde bleiben, aber ich konnte Ihrer aufforderung nicht widerstehn und gebe nun mehr und schlechteres als Sie brauchen können.
Grüssend Ihr
BSfft.

Gebhard habe ich nur nach einem ex. erledigt, das ich vom sortimenter zur ansicht hatte, ich mochte das Geld zum kaufe nicht aufwenden.

Prag, 24. Februar 1894 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Nun bin ich so reich und so froh wie ein König! Vorläufig! Tausend Dank für [die] schönen Recensionen. Sie sind [al]le vortrefflich; die von Böhm die schönste. Brillant geschrieben. Schreiben andre zu viel, so schreiben Sie zu wenig. Ich wollte mir und meinem Publicum Glück wünschen, wenn Sie recht oft und unter recht vielen Chiffern ! erschienen. Morgen oder übermorgen lege ich Ihnen Rechenschaft übers erste Heft, das nun so ziemlich beisammen ist u. am Montag nach Bamberg abgeht. Die Antwort auf Schönbachs Brief hab ich auf seinen Wunsch sein lassen u. halt es auch für besser. Aber den Prospect geb ich als Vorwort bei, werde einige Bemerkungen in Ihrem Sinn machen. Dann folgt unter einem gemeinsamen Generaltitel 1. Scherer, Wissenschaftliche Pflichten, ein Stück aus s. Colleg; 2. Schönbachs Brief 3. Minor. Alle drei Aufs. groß gedruckt. Von dem andern steht bis jetzt fest: R. Köhler, So schnell wie der Gedanke, Niejahr Helena; Baumgart, Jungfrau v. Orleans; Kraus Möricke & die Politik. Wahrscheinlich kommt noch dazu ein Aufsatz von Rubensohn über Opitz; Geiger, Analecta Beroliensia ! u. Biedermann: 1. Faust. Recensionen hab ich außer den ihrigen !: Kettner: Stettenheim; Neuwirth Dürers Schriften; Düntzer, Strack. Andres kommt noch von Seemüller, Schönbach, Necker u Fürst.

(Prag), 26. Februar 1894 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Montag.

Lieber Freund! Ich habe heute das erste Manuscript nach Bamberg angesandt, das nun in Fahnen gedruckt wird. Es sind nur disiecta membra des [e]rsten Heftes. Aber der Verleger wollte es. Er will vor dem 15. April damit heraus. Es ist mir eine Erleichterung, wenn Sie wissen, was ich gethan habe. Ich habe also abgesandt:
I Corpus
1. Scherer, Wissenschaftliche Pflichten. Ein Stück aus s. Einleit. in das Colleg über Deutsche Philologie. Von Erich Schmidt redigirt.
2. Schönbachs Brief.
3. Minor: Centralanstalten für die litterarhistorischen Hilfsarbeiten.
Die[se] 3 Aufsätze müßen nun einen gemeinsamen Titel haben und da müßen Sie mir helfen. „Zur Methode der litterarhistorischen Forschung‘ (wäre gut, aber schließt Schönbach nicht ein); also noch ein Wort dazu: „Zur Methode und Ausdehnung? Begrenzung? der litterarhist. Forschung“ ‚Wege und Ziele der litterarhistorischen Forschung‘ (wäre gut; unter „Ziel“ wäre Schönbach gemeint; aber Schmidts Antrittsrede!). Blos „Zur Einführung! – Oder „Methodische Erwägungen und Bedenken.“ – N[un] muß Schönbachs Brief auch einen Titel bekommen. Vielleicht paßt auf diesen: ‚Erwägungen u. Bedenken‘; ‚Zweifel und Bedenken‘. ‚Klassisch oder modern‘. ‚Die Klassiker und die Modernen.‘ Über litterarhistorische Erschließung der Gegenwart.‘ ‚Vergangenheit und Gegenwart.‘ – vielleicht fällt Ihnen was Gutes ein. [von mir kommt nichts! nur der Prospect als „Vorwort[“] mit einigen redactionellen Bemerkungen.]
II Borgis
1. Baumgart, Schillers ‚Jungfrau von Orleans‘
2. Niejahr, Goethes ‚Helene‘
3. Krauss, Möricke und die Politik
4. Leitzmann, Ein Bericht von Therese Forster über Weimar und Jena 1783
5 Köhler, Schnell wie der Gedanke
6 ESchmidt, Zu den Xenien.
Dazu kommt sicher noch, ein Aufsatz über das 17. Jahrhundert u. wohl auch noch einiges andre, wenn Raum ist, was ich habe.
III [Gr]oß Petit
1. Düntzer, Strack
2 Kettner, Stettenheim
3. Neuwirth, Dürers Nachlaß
4. Prem, Wolff Wertherkreis
5–9 Seuffert.
Noch ein Wort, über das was ich habe u erwarte. R. M. Meyer trägt mir ein Capitel aus seiner Preisarbeit an; Goethe als Naturforscher oder Goethe & Schiller; aber er hat noch nicht die Zu[s]timmung Bettelheims. Das erste, das er für das beste hält, gäbe gerade einen Bogen Corpus u. ich nähme es gern als darstellende Arbeit noch ins 1. Heft auf. Geiger sandte ein umfangreiches Manuscript ‚Berlinische Analecten‘ 1. Böttingers Berufung nach Berlin 2. Zur Gründung der Berliner Universität (Staatsrat Uhden) 3. Frau v. Stael in Berlin. Das mittlere sehr interessant. Auch die übrigen, aber breit. 2 Bogen mindestens. Und er wills nicht theilen. – Von Rubensohn, einem Berliner Philologen hab ich eine sehr wichtige Notiz über E. Schwab v. d. Heide. Aber [eb]en nur eine Notiz. Dagegen steht von ihm noch aus: ‚Opitz Jugendleben in Görlitz‘ mit neuen biographischen Mittheilungen und das nähme ich gerne auf. So wankt und schwankt noch vieles. Im Laufe dieser Woche wird sich das Meiste entscheiden.
Ich habe auch Proben der Bibliographie abgesandt, damit ich ein Druckmuster bekomme. Darf ich es Ihnen vorleg[en], wenn ich es kriege? Wie wäre es wenn ich diese Abtheilung: ‚Bibliographie‘ überschriebe. – Sie sind mein Beichtvater und Vertrauter. Erschrecken Sie nicht über meine Offenheit über meine Breite und Zudringlichkeit. Tausend Dank für Ihr offenes Ohr. Treulichst
Ihr AS.

Graz, 28. Februar 1894 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 28 II 94

Lieber freund Vielen Dank für Ihre allzu nachsichtige aufnahme meiner recensionen. Haben Sie die über Dürkheim noch in der hand, so bitte ich den satz mit den mänteln Goethes u. Egmonts zu streichen: es ist doch zu äusserlich, wenn ich auch den zusammenhang für wichtig halte. –
Warum müssen denn die Corpusartikel einen gemeinsamen titel haben? Das hangt doch nur von Ihrem vorsatze, an dieser stelle womöglich einen einzigen artikel zu geben, ab; streichen Sie in Ihrem prospekt das einzige wort ‚Grössere‘ in der 5.letzten zeile des eigentlichen texts, so ist alles in ordnung und Sie haben auch für die zukunft die wünschenswerte freiheit. Wollen Sie aber trotzdem das gewiss nicht homogene kleeblatt zusammenbinden an einen stil, so bitte ich Sie wenigstens einen titel mit ‚Zu‘ zu vermeiden. Sie werden wie ich erleben, dass die meisten mitarbeiter solche titel mit Zu geben. Der redacteur hat not, sie einzu- schränken, hoffentlich gelingt es Ihnen öfter als mir. Für einen eröffnungsartikel aber gar will mir diese Zu gar nicht behagen. Lieber noch: Beiträge zu etc. Aber warum nicht: Aufgabe (od. Pflichten), Inhalt (oder Umfang) und (Hilfs)Mittel der Litteraturgeschichte? (Ich würde an Ihrer Stelle bei diesem 1. artikel auch das wort ‚forschung‘ vermeiden: ein seichter recensent verbindet damit die vorstellung Ihres Borgisteiles.) Der vorgeschlagene Artikel klingt gross, grösser als wol die texte ihn decken; aber das macht nichts, da diese ja untertitel haben. Wenn Schönbach einen andern titel als den Offener brief an den herausgeber (was doch jedenfalls als untertitel auch dastehen müsste) bekommen muss, so würde ich unter dem von Ihnen vorgeschlagenen den letzten: Die klassiker und die modernen bevorzugen. Sie könnten das ihm aber doch bei der korrektur überlassen. Vielleicht könnte es auch heissen: Das (an-)recht der nachklassischen zeit.
Darf ich für den abdruck Ihres prospekts die einführung von absätzen anraten? so s. 1 z. 3 von unten. s. 2 z. 8 v. o. Den Blick. z 14 v unten Alle Wandlungen.
Die ordnung im recensionenteil verstehe ich nicht; vielleicht, weil ich unnötig in der erwartung historischer reihenfolge befangen bin. Dass Sie von Schönbach laut Ihrer letzten karte dazu etwas erwarten, habe ich ihm gesagt; er meinte Sie hätten fürs 1. heft genug an dem brief. Auch vermisse ich Ihre recensionen über Goedeke, Elias, Scherer. Kommen die nicht? Ich wäre dankbar, wenn Sie für dies heft von mir nichts mehr erwarten, u. darf Ihr stillschweigen so deuten.
Artikel aus bald erscheinenden büchern habe ich immer abgelehnt; eine vierteljährliche zs. kommt nicht nach; ich forderte stets, dass innerhalb zwei jahren nach erscheinen (nicht: nach einsendung) der artikel nirgends wieder gedruckt werden darf. Ausser Texte, für die es kein autorrecht gibt. Ich würde Meyer abgewiesen haben, so schön vermutlich sein artikel ist. Aber man kann darüber auch anders denken. Mit Geigers geschmiere hat man immer seine not: die sache wäre gar nicht übel, aber er schreibt gar so lässig, immer aufs zeilenhonorar bedacht.
Wenn Sie es für wünschenswert halten, werde ich einen probesatz der Bibliographie (dieser einfachste gemeinsame titel ist gewiss der beste) gern ansehen.
Den beiliegenden brief bitte ich Sie zu beantworten; ich antworte nicht darauf. Die Wiener herren sind um ein paar jahre zurück in der bücherkunde!
Treulich
Ihr
immer bereiter
BSeuffert.

(Prag), 28. Februar 1894 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Zunächst muß ich bemerken, daß sie mein letztes Verzeichnis falsch aufgefasst haben. Weder bei den Borgisaufsätzen, so weit ich mich erinnere, ganz gewiß aber nicht bei den Rezensionen habe ich die Reihenfolge in der die einzelnen Beiträge erscheinen werden im Aug gehabt. Sondern weil der Verleger leider so ungeduldig ist und verlangte, daß in Fahnen zu drucken angefangen werde, habe ich ihm übersandt was nach meiner jetzigen Meinung ins erste Heft kommen soll u. das abgesandte schrieb ich wahllos in dem Briefe neben einander. Sowohl die Borgisaufsätze als die Recensionen ordne ich chronologisch. – Den Corpusaufsätzen einen gemeinsamen Titel zu geben verleitete mich die Rücksicht auf den Verleger & die Erwägung, daß Scherers Aufsatz doch nur ein Bruchstück ist; mit …. beginnt u mit …. schließt. Heute steht die Sache nun ein wenig anders. Ich habe nemlich auch einen offen[e]n Brief von Harnack; auch recht interessant über die Forderung daß allgemeine Artikel auch auf gründlicher Forschung beruhen und Forschungsartikel dem Allgemeinen zu streben sollen. Es wäre also folgende Ordnung wohl möglich. Kein Gesamttitel und keine Nummerirung sondern:
Wissenschaftliche Pflichten.
Aus einem Vortrag Wilhelm Scherers.

Zwei offene Briefe an den Herausgeber
1. Von O. .. Harnack in Rom
2. Von Anton E Schönbach in Graz
Von Centralanstalten für litterarhistorische Hilfsarbeiten
von Jakob Minor in Wien Gefällts Ihnen so? Besser als mit General und Sondertiteln? Für Harnack wäre letzterer ebenso schwer zu finden wie für Schönbach. Soll ich beide Briefe mit den Anfangs- und Schlußtiraden drucken lassen? Wird das nicht lächerlich sein?
Über Bruchstücke aus Büchern denke ich eigentlich wie Sie und werde auch später nach dieser meiner Überzeugung handeln. Ich meinte Meyer gegenüber eine Ausnahme machen zu können, weil es kein ganzes Capitel wäre, sondern nur der Anfang eines solchen, ferner weil man diesem Buch doch eine ganz außergewöhnliche Spannung entgegenbringt. Daneben aus Noth. Die Abtheilung allgemeine Aufsätze ist einmal festgesetzt (leider! ich werde mein Kreuz damit haben) und nun hab ich gleich für die ersten Hefte nichts passendes. Fürs zweite bleibt mir ev. nichts übrig als Karl Werners Aufsatz ‚Thorwaldsen u. Hebbel‘ groß drucken zu lassen, der genau genommen nichts ist als ein etwas besseres Feuilleton aus der allgemeinen Ztg. –
Köster sandte einen recht interess. Aufsatz ‚Lessing u Gottsched‘; aber nichts für Abthl. I weil mit Lesarten. Mit Geiger haben Sie recht. Aber schließ ich ihn aus, so hab ich die ganze Judenmeute auf dem Hals. Mein Verleger ist ohnedies über ihn unglücklich u. bittet mich ihn wenigstens aus dem 1. Heft wegzulassen, was schwer möglich sein wird. Morgen kommen noch 4 Recensionen von Seemüller, dann mach ich die meinigen fertig (länger oder kürzer je nachdem [Ra]um ist) und dann Schluß!
Ich wache und träume nur ‚Euphorion‘. Nachts tanzen mir Corpus, Borgis, Klein und Groß Petit Csardas vor den Augen; der Briefträger ist eine Staatsperson für mich geworden und immer gaukelt mir das erste Heft schwankend und irrelichterierend vor dem Blick. Ich hoffe, daß ich mit der Zeit ruhiger werde, sonst ist die Zeitschrift mein Ruin. Sie aber werden Gott danken, wenn ich Sie etwas mehr in Ruhe lasse.
weiter auf S. 3 Ihre Recensionen sind schon in der Druckerei. Ändern Sie in der Correctur. – Von Ihnen erwart ich nichts mehr. Von Schönbach hab ich Gervinus, Keller, Grimmisches Wörterbuch sicher erwartet, mehrere Anfragen u. weiter auf S. 2 Anerbietungen andrer deswegen abgelehnt. Hoffentlich schickt er mir die Sachen fürs 2. Heft, das im Juni oder Juli erscheinen soll. Treulichst
Ihr AS.

Graz, 5. März 1894 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L. fr. Ich beantworte kurz Ihren brief, da ich zu mehr nicht zeit finde. Ich bin nach wie vor gegen einen gemeinsamen titel des corpusteiles. Dass Sie mit Scherer eröffnen, gibt ein parteiansehen; aber Sie wollen das, und mir ist gewiss sehr lieb. Können Sie Schönbachs brief nicht vor den Harnacks stellen? ich fürchte, er wird durch die nachstellung empfindlich. Ihm dürfen Sie jedenfalls den ein- u. ausgang nicht streichen: er hat mehr freude am stil seines schreibens als am inhalt dieses briefes; ich glaube es ist ihm jedes wort wichtig u. er hat wol recht damit: dass wenn man einmal eine solche form wählt, muss sie als kunstform gehandhabt werden u. dazu gehören die wendungen zu anfang u. ende. – Ich bin gar nicht dafür, Geiger auszuschliessen, Sie werden nicht nur von ihm sachen bekommen, deren inhalt nicht ganz wertlos, deren form entsetzlich ist. Und gar für den anfang ist seine reclame wertvoll: er rührt die trommel, wenn Sie ihn mitmarschieren lassen; ob Sie ihn ins 1. oder 2. glied (will sagen heft) einstellen, hängt von Ihrer einstigen empfangsbestätigung ab. – Das drängen des verlegers ist unbequem und nur dann klug, wenn Sie in jeder abteilung mindestens ein glanzstück haben. Sie aber müssen sich beruhigen; so viel temperament hab ich nie an die VJS. verschwendet; ich liess die dinge kommen. Sie werden ja aber in wenigen wochen auch in der lage sein, dass zu viel gekommen ist und werden dann behaglich zusammenstellen wie ein satter reicher seine coupons ordnet (gesehen habe ich das noch nie!) Von herzen alles gute! Ihr BSfft.
5 III 94.

Prag, 7. März 1894 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

7/3 94.

Mit Ihrer Zeit werd ich von nun an haushälterischer umgehen, lieber Freund, a[ls] bisher. Nur noch das eine. [Da]ß Scherer vorangeht, wird mir [Sc]hönbach nicht übel nehmen. Harn[ac]k will ich gern nachstellen. Aber dann kann ich auch diese beiden nicht unter einem Titel zusammenfassen; denn sonst müßte ich sie eben alphabetisch odnen oder nicht? Dann brauch ich aber auch für Harnack einen Ober o. einen Untertitel. Ich würde dann Schönbach (dem ich im übrigen die Taufe selbst überlassen hab) als Sendschreiben und Harnack als offenen Brief bezeichnen, der Abwechslung wegen!! – Nun denken Sie sich, macht mir mein Herr Verleger über den ich mich nachgerade zu ärgern beginne Späne wegen der Bibliographie. Er meint, wenn wir den Verlegern die Bücher umsonst verzeichnen, inserirt niemand (worauf er stark gerechnet hat) und sendet Niemand Recensionsexemplare. Auch findet er den Druck zu kostspielig. Er will nur die eingelaufenen Bücher verzeichnet wissen (sonst nichts, auch keine Zeitschriften.) Halten Sie das für möglich (das es schädlich ist, davon bin ich überzeugt) nach dem Wortlaut des Prospects? Darauf geben Sie mir kurze Antwort; es muß in diesen Tagen zum klappen kommen. Treulichst Ihr AS.

Graz, 8. März 1894 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Scherer vor Schönbach zu stellen, beleidigt diesen gewiss nicht; ich scheute Scherers führung lediglich, weil sein name als parteiname gilt. Überschriften für die offenen briefe halte ich für unnötig. „Offene Briefe“ ist gemeinsamer titel, dann nr. „1“ Schönbach, nr „2“ Harnack. Das publikum denkt kaum etwas über die reihenfolge u. Harnack schreiben Sie vielleicht, Schönbs. brief sei früher eingelaufen. – Mit dem verleger ists böse. Dem prospekt nach möglich scheint mir das eingehen auf seine absicht; denn der ausdruck „kritische übersichten ohne bibliographische vollständigkeit“ kann auch durch die recc. u. referate für erfüllt gelten. Der absatz aber des Euphorion verliert durch den wegfall der zss-schau u. annähernd vollständigen bibliographie um 50 %. Vielleicht wählen Sie den ausweg, die sache im 1. heft anzufangen, aber auf dem umschlag zu erklären: „in zukunft werden nur diejenigen bücher, dissertationen und aufsätze etc. sicher angezeigt, die bei der redaktion einlaufen.“ Sie würden dann von einer auswahl anderer nur titel geben. Besser bliebe, wie Sie selbst sagen, Ihre absicht.
Sie hätten mir nicht übel denken sollen, dass ich neulich kurz schrieb; es ging nicht anders. Erweisen Sie mir die freundschaft, auch in zukunft mitraten zu dürfen, wann immer es Ihnen erwünscht scheint. Noch eines! gestehen Sie dem verleger jede ihm genehme erleichterung der druckeinrichtung zu. Fortiter in re, suaviter in modo muss auch da trösten.
Herzlich grüssend Ihr BSfft.
8 III 94

(Prag), 9. März 1894 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

9/3 94

Lieber Freund! Meine Zeitschrift macht schon vor ihrem Erscheinen ihre erste Krisis durch u. anstatt daß ich Sie nunmehr mit meinen Angelegenheiten verschonen könnte, muß ich Ihnen im Gegentheil noch einmal alles ausführlich darlegen. Sind Sie soweit [nu]n leitend mit mir gegangen, so gehen Sie noch die nächste Strecke Weges mit. Vielleicht führt diese zum Ziele. Ich schrieb Ihnen schon, daß der Verleger gegen eine Bibliographie in der von mir geplanten Form ist. Auf meine Einwände etc. antwortete er mir: er habe vom Anfang an gemeint, ich verstünde unter Bibliographie nichts anderes als das jeweilige Verzeichnis der bei mir eingelaufenen Bücher. Durch eine Bibliographie in meinem Sinne setzen wir eine Prämie auf die Nichtein[lie]ferung von Recensionsexemplaren und auf Nichtinserierung. Denn wenn der Verleger dasselbe umsonst haben könne, werde er das doch nicht bezahlen. Wir schädigen ferner nach seiner Meinung den Sortimentsbuchhandel, rauben den Aufsätzen den Raum; meine Zusammenstellung würde denjenigen Lesern, die er sich als die breite Masse der Käufer vorstelle, nichts nützen. Es sei schade um die viele Mühe. Wie thöricht das alles ist, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Aber er ist mal so dumm und ich muß damit rechnen. Er hat nun, um nicht selbst die Verantwortung tragen zu müßen und um sie nicht wieder auf mich z[urü]ckzuwälzen, der ich sie auf ihn schob, einen Vertrauensmann, den er mir nannte, um seine Meinung gefragt. Darnach will er sich entscheiden. Das kann ich ihm nicht übel nehmen. Er handelt dadurch loyaler als Göschen, der Muncker hinter meinem Rücken um seine Meinung fragte. In den nächsten Tagen werd ich Antwort kriegen.
Nun fragt es sich aber, ob ich nicht überhaupt besser thue, ich lasse die ganze Bibliographie aus freien Stücken [fa]llen. Durchsetzen kann ich sie auch gegen den Willen des Verlegers; nach dem Contract kann er mir nichts drein reden. Aber ich darf dann meine contractlich normierten 10 Bogen nicht überschreiten. Und das wird sehr schwer möglich sein, wie Sie selbst mehrmals hervorgehoben haben. Ich hatte mir gedacht, nach den ersten 2 Heften etwa, wenn die Zeitschrift gut gienge, von ihm zu verlangen, daß er die Bibliographie in die 10 Bogen nicht mit einrechne. Auch hätte mit [der] Zeit dafür ein Hilfsarbeiter gesucht werden müßen; denn um die 400 (resp. 600 M, nach der Deckung aller Kosten) M. die ich bekomme kann ich das auf die Dauer nicht leisten. Also ich dachte mir, daß ich die Zeitschrift nach und nach werde erweitern können. Da der Verleger nun den Wert der Bibliographie nicht begreift, so wird er auch nicht dazu zu bringen sein, Opfer dafür zu bringen (stellt sich neuerdings doch sogar heraus, [d]aß ihm auch die Recensionen überflüßig scheinen); ich aber kann mich umsonst nicht aufreiben. Ich habe mich bereits in den abgelaufenen Monaten davon zur Genüge überzeugt: Die Aufsätze erfordern wenig Mühe, sowie ! ich die Redactionsthätigkeit auffasse. Die Orthographie regelt die Druckerei. Daß ich Aufsätze umschreibe, wie Sie, dazu könnte ich mich außer bei Arbeiten eigener Schüler schwerlich jemals entschließen. Der Recensionstheil macht viel mehr Mühe. Das Einfordern d. Bücher, das Suchen des Recensenten, das Senden der Bücher, das Mah[ne]n etc. Die Bibliographie, wie wir schließlich sie verabredeten, verschlingt ungeheuer viel Zeit. Also ich glaube, ich thue unter diesen Umständen am besten, ich gebe sie auf.
Es fragt sich in diesem Falle nur noch um ! folgendes: 1. Die kürzeren Notizen, die ich der ‚Bücherschau‘ einverleiben wollte, reihe ich diese unter die ‚Recensionen‘ ein oder fasse ich sie gle[ich] dem Anzeiger als ‚Notizen‘ zusammen?
2. Füge ich dem Verzeichnis der eingelaufenen Bücher solche Notizen gelegentlich bei oder nicht?
3. Da der Verleger auch die Zeitschriften- schau für überflüssig findet und ich sie auch aufgebe, soll ich die bei mir einlaufenden Separatdrucke aus Zeitschriften nicht dennoch verzeichnen? Nun etwa dabei wieder [zu]rückkehren zum (ersten) Muster der Historischen Zeitschrift? Oder Bücher u. Aufsätze getrennt nebeneinanderstellen, oder vereinigen wie Steins Archiv für Geschichte der Philosophie? Beides alphabetisch anordnen, oder doch chronologisch?
Ich glaube, es wird mit der Zeit so ziemlich das Meiste einlaufen. [P]ersönlich krieg ich doch manches geschenkt. Andres kann ich auch einschmuggeln trotz Verleger. Aber das Ganze dürfte jetzt doch mir jedes mal ein paar Seiten füllen. Und ich würde auch die Über- schrift darnach wählen: ‚Eingelaufene Bücher & Aufsätze‘ oder ‚Bei der Redaction sind in der Zeit von … bis … außer den bereits oben recensierten folgende Bücher & Aufsätze eingelaufen.‘
Mir würde die größte Sorg[e] von der Seele genommen, wenn ich die Bibliographie aufgeben könnte, ich wäre im Raum freier, könnte mich auch im Druck der einzelnen Hefte freier bewegen, brauchte nicht immer so zu rechnen, zu tüfteln, zu passen. Und endlich: kommt der Verleger vielleicht durch Recensionen über den Euphorion oder durch andre [E]inflüsse zu einer besseren Einsicht und begehrt von mir eine Bibliographie, so kann ich dann von ihm mehr Platz, mehr Geld und eine Hilfskraft begehren.
Das eine will ich noch erwähnen: wenn der eigene Verleger den betreffenden Passus des Prospectes so falsch auffasste, daß er nichts weiter erwartete als eine Seite Verzeichnis eingelaufener Bücher, so dürfte der Prospect dem Fallenlassen der Bibliographie nicht im Wege stehen. Dann werden sich auch andere Leute vielleicht nichts andres erwartet haben. Die Berücksichtigung aber der litterarhistorischen Litteratur [i]n fremden Sprachen, wie sie mein Prospect ausdrücklich verspricht: daran halt ich fest;* das werden Referate (auch wenn die Zeitschriften wie ich wünsche berücksichtigt werden) und die stelle ich eben auch unter: Recensionen u Referate. – Die versprochene „Kritische Übersicht“ sind dann eben die Recensionen. Und dieser Auffassung ist günstig, daß ich wo ich im Prospect die 3 Abtheilunge[n] der Zeitschrift durchzähle, ich von einer Bibliographie nicht ausdrücklich spreche. Vielmehr hätte die Zeitschrift mit der (geplanten) Bibliographie vier Abtheilungen und auch vier Schriftgattungen aufgewiesen.
Ich will nun nur noch hinzufügen, daß ich Manuscripte im allgemeinen genug habe (weil ich doch das le[tzt]e Mal klagte); meine Klage bezog sich auf die Corpusartikeln. Und auch das wird sich mit der Zeit geben.
Für meinen neuen Entschluß kann auch mitwirkend sein, daß die Existenz der Jahresberichte durch Schmidts Eintritt in die Redaction nun dauernd gesichert zu sein scheint. Herzlich grüßend Ihr aufrichtig u dankbar Erg. AS

weiter auf S. 7 Oder: Vielleicht stelle ich gleich jetzt dem Verleger die Alternative. Ich lasse die Bibliographie fallen, oder führe sie nur fort, wenn er sie in die 10 Bogen nicht mit einrechnet und separat bezahlt. Das wird er nicht.

* positioniert auf S. 7 Im ersten Heft stehen leider keine! Ich kann nicht drauf warten. Aber das setz ich im Vorwort auseinander.

Prag, 10. März 1894 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Daß es mir nicht einfiel Ihnen Ihre [ku]rze Antwort übel zu nehmen, wird [Ih]nen mein langer Brief bewiesen haben. Ich war aber wirklich der Meinung, daß ich Sie nicht so oft quälen dürfte. – Heute ein Wort über die DLD. Wir beginnen mit Heft 51 eine neue Serie. Es handelt sich um den Titel desselben. Ich meinte, den langen Schwanz von Namen: Muncker etc. brauchen wir nicht. Scherer u. Urlichs seien todt müßten also eo ipso wegelassen bleiben; die übrig bleibenden wären zum mindesten alphabetisch zu ordnen. Nun schlägt Nast vor, auch Ihren Namen wegzulassen und ganz kurz zu sagen: ‚hrsgg. von AS.‘ Das will ich aber ohne Ihre Zustimmung nicht thun. Ich weiß nicht was Sie seinerzeit mit Göschen vereinbart haben u. weiß nicht, ob und wievielen Wert Sie auf die Beibehaltung Ihres Namens legen. Ich gieng bei meinem Vorschlag von der Kürze aus. Nast scheint sich vor Muncker zu fürchten u. glaubt die Weglassung dessen Namens ! nur rechtfertigen zu können wenn er auch darauf hinweisen kann, daß der Kürze wegen alle Namen mit Ausnahme des gegenwärt. Herausgebers weggefallen sind (Meine Vermuthung.). Die Antwort hat keine Eile. Das 1. Heft der neuen Serie erscheint im Juli. (Heute kamen schöne Seemüllerrecensionen!) Treulichst Ihr AS.

Graz, 12. März 1894 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 12 III 94

Lieber freund, Ihren brief zu beantworten fällt mir sehr schwer. Meine überzeugung ist: das Weimarer Jahrbuch und die VJS. gingen zu grunde, weil sie den freunden der neuen litt. nicht alles boten was sie brauchten: production und kritik und bibliographie. Ich verkenne nicht, dass auf die art der production es dabei auch ankommen kann, aber selbst die unmöglich erreichbare die allen gefällt wird eine zs. nicht gangbar machen ohne bücherwesen. Die Akad. bll. sind dagegen kein zeugnis: die bibliogr. war da zu schlecht und die ganze leitung elend. Der Anz. hat durch Strauch nicht wesentlich an abonnenten gewonnen, ist aber auch kein zeugnis dagegen: denn ¾ der Zs. interessirten eben doch die interessenten für neue litt. nicht; auch kam die bibliogr. zu spät. Die Göschenschen Jahresberichte sind kein ersatz u. werden durch Schmidts sicher nur nominellen zutritt nicht sicherer, nicht besser. Ich bin widerholt gefragt worden von geprüften germanisten, was sie als lehrer sich halten könnten um dadurch auf dem laufenden zu bleiben; ich habe jetzt auf den Euphorion verwiesen. Fällt die bibliographie weg, so schicke ich sie wider zum Literaturblatt, so wenig ich es mag.
Wäre ich an Ihrer stelle und dazu so amtsmüde wie Sie schon vor dem druckbeginn sind, so würde ich dem verleger schreiben: bitte suchen Sie sich einen andern redacteur. Sie sehen, dass meine stellung weit ab von der Ihren ist; so weit ab, dass ich Ihnen nun wirklich nicht raten kann. Es ist Ihnen bekannt, wie ich die verantwortlichkeit eines herausgebers auffasse; Sie haben recht, wenn Sie sie anders auffassen, denn meine art half der sache nicht zum bestand. Ich kann aber doch nicht aus meiner haut heraus und es gibt für mich eine grenze, wo ich auch die möglichkeit, es anders zu machen als ich durch meine natur gezwungen bin, nicht mehr verstehe.
Mir ist sehr leid, dass Sie so schnell üble erfahrungen am verleger machen und so schnell den druck der last spüren. Wollen Sie sich erinnern, was ich Ihnen über die redactionstätigkeit schrieb, ehe Sie trotzdem Ihre neigung dazu bekannten. Ich verkenne gar nicht, dass Sie sich durch kritik und bücherschau mehr last aufbürden, als mir aufgelegt war; aber Sie sagen ja Sie wollen sich die 2 ersten teile leichter machen als ich es tat; so gleicht es sich nahezu aus. Zudem sind Sie mit 600 M. sehr anständig honoriert, soweit ich die honorare wissenschaftlicher germani- stischer zss. kenne. Es ist sehr gut, wenn der Verleger das tragen kann. Eine umfangserhöhung der hefte halte ich für nicht rätlich*: zu viel verdaut der leser nicht u. vor allem, der preis muss niedrig bleiben. Sie haben bei diesem umfang es noch mehr als ich in der hand, nur das beste auszuwählen. Und ist des besten einmal zu viel, so geben Sie etwa wie andere zss. einen beiband zum aufräumen der bestände.
Ihr verleger legt nicht nur auf die bibliographie, sondern auch auf die recensionen keinen wert; d. h. also er will dasselbe was als VJS. zu grunde ging; er will es nur populärer. Das aber brauchen wir nicht. Angezeigt soll nur werden was als rec. ex. einläuft oder gar durch bezahltes inserat seiner kasse nützte: das ist für ein gelehrtes organ unmöglich; das ist der standpunkt der tagespresse.
Auf Ihre einzelfragen antworte ich nur knapp: die der bücherschau zugedachten notizen würde ich nicht unter die recensionen mengen, sondern hinterdrein stellen, lediglich aus der praktischen rücksicht, dass Sie dann gegen heftschluss bequeme kleine füllstücke haben.
Dem einlauf würde ich keine notizen beifügen. Die SA würde ich unter die bücher mischen und alles alphabetisch ordnen. Ich verstehe aber durchaus nicht, was dieser zufällige einlauf für einen anspruch hat, verzeichnet zu werden; jedenfalls verdient er keinen andern platz als den heftumschlag; denn ich bin nicht des glaubens dass „mit der zeit so ziemlich das meiste einlaufe“ und selbst wenn, so bliebe es „so ziemlich“ lückenhaft. Mein standpunkt ist eben wo anders; das braucht Sie nicht zu beirren. – Dank für die Lauchertanzeige; sie ist doch wesentlich von der meinen verschieden, so dass ich Ihnen anheimgebe in einer fussnote Ihre abweichende ansicht zu äussern oder auch meine anzeige zu kassieren.
In sachen der Litteraturdenkmale: den namensschwang auf dem titel hat mir Nast gegen meinen willen abgezwungen, ich habe ihn immer für töricht gehalten.** Auch meinen namen wollte ich beseitigt wissen und habe nur ungern seinem drängen nachgegeben, das den zusatz forderte. Mir geschieht also nur ein gefallen, wenn alles ausser Ihrem namen wegfällt; es geschieht damit was ich von allem anfang bestimmt als meinen willen Nast mitteilte.
Noch eines: Schönbach hält von der bibliographie als zugmittel nichts, er teilt meine ansicht nicht.
In treuen
Ihr
BSeuffert.

* Ich habe nie gemeint, dass Sie mit 10 bogen nicht auskommen könnten; ich war nur nicht für festlegung dreier bogen aufs allgemeine und nicht für zu umständliche bibliographie.

** habe ihm nur zugestanden, weil ihm mein name allein zu schlecht war und er ihm durch den Munckers glanz verleihen wollte.

(Prag), 15. März 1894 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich danke Ihnen herzlich für Ihren letzten Brief. Es ist doch immer eine große Erleichterung eine andere Meinung zu hören, selbst wenn sie der unsrigen stracks entgegen wäre. Ich gehe heute auf die Sache nicht ein, sondern bemerke nur, daß die Zahlung der 600 M. erst dann in Kraft tritt, wenn alle Kosten gedeckt sind. Im ersten Jahr also schwerlich. Es sc[hei]nt nun, daß sich ein Übergangsstadium ermöglichen läßt, wie Sie es in Ihrer letzten Karte vorschlugen. Daß zunächst (vielleicht mit geringer Überschreitung der 10 Bogen, die sich schwerlich wird vermeiden lassen) die Bibliogr. im 1. Heft erscheint als ‚Versuch’, der ausgestaltet werden kann, wenn die Leser es wünschen. Es wird dann wohl vom Erfolg des 1. Hefts abhängen, was geschieht. Der Vertrauensmann meines Verlegers hat in sehr verständiger & klarer Weise zu Gunsten d. Bibliographie entschieden. Inzwischen hat mir der Verleger auch eine Probe davon drucken lassen. Ich habe absichtlich verschiedenes zusamm[en]gestellt. Aber soviel scheint mir sicher, daß auf diese Weise zu vielRaum gebraucht würde. Sagen Sie mir Ihre Ansicht. Ich drucke bereits.
Schönbach hat bereits Correctur abgeliefert. Minor dsgl. Lustig ist, wie mich Minor (in der Correctur!) plötzlich unter die universellen Köpfe einschmuggelt während ich im Manuscript offenbar noch ein Specialitätenkrämer war!! – Vielen Dank für die klare Äußerung wegen der DLD. Es ist aber merkwürdig, wie jeder Verleger (auch Buchner) seinen Muncker hat.
Nochmals herzlichen Dank für Ihr treues Mitkämpfen. Es war doch ganz gut, daß ich mich auf die Hinterbeine gestellt habe.
Treulichst
Ihr AS.

Graz, 16. März 1894 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Ja, das kommt auch mir zu üppig vor und nicht einmal übersichtlich. Letzteres wäre vielleicht so besser erreichbar:

Literarisches
und
Pudor
John
Enthält
Pater

Auch darf weniger tief eingezogen werden. Ferner darf zwischen den zeilen der durchschuss (entgegen meiner früheren meinung) wegfallen; so also dass zwischen den zeilen Dilthey, ihrem, Heise, im, und de durchschuss wegfällt, während dann das spatium wie bisher bleibt, worauf zwischen Harnack ????? usw. wider kein durchschuss. Die sperrungen sind recht gut. Bei Pater scheint mir Passionsspiel zu sperren, vielleicht Böhmerwald nicht. Bei Francke würde ichnur Faust sperren. Doch das ist ja alles nur probe. Ich möchte Ihnen raten, dass Sie ihn noch eine machen lassen, vielleicht erfindet er selbst etwas sparsames. Glückauf! Ihr
BSfft.
16 III

Graz, 18. März 1894 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Sie haben einen guten setzer! das ist eine starke erleichterung.
Da ich voraussetze dass Sie das 2. heft zu einer feier des 100. todestages Bürgers benützen werden, erlaube ich mir dazu einen kurzen meines wissens ungedruckten brief B.s an Wieland april 1789 anzubieten; er ist kurz und enthält nur überschwengliche bewunderung Wielands.
Zugleich folgt korrektur Laucherts.
Grüssend
Ihr
BSfft

18 III 94

Prag, 20. März 1894 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 20.3.94

L. F. Wegen des 2. Heftes haben Sie ganz Recht. Ich weiß aber noch nich[t], ob genug einlaufen wird. Ich habe so ziemlich an alle Bürgerianer geschrieben. Wissen Sie vielleicht noch verborgene Quellen. Um den Brief an Wieland bitt’ ich sehr … Ich sendete Ihnen gerne Correcturen zum lesen. Aber es ist so. Falsches Lob nutzt mir nichts. Tadel würde mich im gegenwärtigen Moment entmuthigen und Stillschweigen auch. Wollen Sie aber, so können Sie alles haben. Schmidt beanstandet die Orthographie „Komposition“ etc.; aber es ist bayerische Schulorthographie u. ich bin froh, damit gar nichts zu thun zu haben. Ich bemerke noch, daß das 2. Heft im Mai gedruckt wird und zu Anfang Juni erscheint. Womöglich am 8. – Glückliche Feiertage wünscht Ihnen Ihr treu Erg. AS.

(Prag), 2. April 1894 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Obgleich ich nicht weiß, ob ich mit der definitiven Entscheidung warten kann bis auf Ihre Antwort, so will ich Ihnen die neue Probe doch senden und mir unter allen Umständen nochmals Ihr Urtheil erbitten. Die Druckerei sollte zwei Proben anfertigen, hat aber nun dieselben [nicht ganz genau nach der Vorschrift] auf demsel[ben]??? vereinigt. Eigentlich 3 Muster geliefert
1. Literarisches Jahrbuch, Studies.
2. Jahrbuch f. Basler Geschichte u. Preuß. Jahrb. 1.
3. Preuß. Jahrb 2
1 Ist nicht übersichtlich.
2 und 3 ist fast gleich. 3 meines Erachtens übersichtlicher. 2 und 3 kommt sich auch in der Buchstabenzahl jeder Zeile fast gleich. (u. ist doch am meisten zu empfehlen, denn es geht mehr auf eine Zeile.) Fürs Auge scheint mir 2 am besten zu sein.
[So]nst geht alles gut. Das ganze Heft (bis auf die Bibliographie) ist gesetzt u. corrigiert.
Schmidt räth mir, ich soll eine Eingabe an das preuß. Cultusminist. machen, in der ich bitte, es möge dies. Anzahl von Ex. abnehmen, wie vom Euphorion. Sagen Sie mir gelegentlich, ob man diese Eingabe so stilisirt wie an unser Ministerium, wie ichs adressiere, wie ichs mit dem Stempel halte. Natürlich erst nach dem Erscheinen des ersten Hefts.
Meine Frau ist seit einer Woche mit ihrer Familie in Meran einer kranken Schwester wegen u bleibt 2 Monate dort. Inzwischen werd ich recht fleißig sein; ich will auch zu Pfingsten nach Weimar gehn. Sind Sie dor[t]?
Zwiedineck war hier auf der Durchreise. Er theilt mir auch über Ihre Familie mit, was mich bewegte und mir große Freude bereitete. Das sind noch ganz andere Schmerzen, Sorgen, Bedenken und Kümmernisse als um ein Buch oder um eine Zeitschrift. Aber um wie viel höher muß ich es Ihnen anrechnen, daß Sie in solcher Zeit noch so viele treue Sorge auf mich und das Meinige gewendet haben; hoffentlich nicht verschwendet.
In inniger Antheilnahme
Ihr dankbar Ergebener
AS.

Graz, 3. April 1894 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 3 IV 94

Lieber freund Hier das Bürgerlein, das sich in reih und glied zur Bürgergarde meldet.
Dazu eine frage, die Sie offen und rücksichtslos beantworten müssen, da ich sie unverbindlich stelle. Sie kennen meinen beitrag zur festschrift für die Weimarer herrschaften: Wielands höfische dichtungen. Vor der drucklegung der gabe war auf HGrimms antrag von Böhlau u. allen Mitarbeitern zugestimmt, ja empfohlen worden, die sachen sollten auch sonst gedruckt werden. Ich hielt das damals nicht für allzu nobel. Inzwischen ging zeit ins land und das beispiel Schmidts (Nord u. süd), HGrimms u. Suphans (Rundschau) verführte mich, auch meinen beitrag zu veröffentlichen (denn er war ja in der festschrift nicht öffentlich geworden, ist nur in etwa 25 exemplaren verbreitet) und, wie ich gestehe, zu verwerten. Ich hatte das bedürfnis manches umzuarbeiten, besonders den anfang, auch den letzten schluss; dann Eschenburgs Herkulio einzuarbeiten und endlich das mitgeteilte neujahrsgedicht zu interpretieren. Diesen stark veränderten u. etwas erweiterten artikel bot ich Rodenberg an, weil er andere beiträge gebracht hatte, weil mir der artikel mehr für laien als für fachleute geschrieben schien. Er lehnt ihn als zu „zu litterarhistorisch“ ab. Dass er nicht leicht ist, wusste ich zuvor. Dass er so streng litterarhistorisch sei, meinte ich nicht. Ist er das aber auch nach Ihrer meinung, stört es Sie nicht, dass er (teilweise anders) schon gedruckt ist, scheint er Ihnen überhaupt nicht zu schelcht, so frage ich, ob Sie ihn in den allgemeineren teil des Euphorion wollen. Schönbach hatte den einfall, ehe ich ihm verraten hatte, dass auch ich daran dächte. Das soll aber keinen druck auf Sie üben. Beileibe nicht, dass Sie es nur mir zu gefallen tun. Sie sollen es gerne tun und die aufnahme für Ihre zs. für passend und gut halten, oder Sie sollen es nicht tun. Ich werde einen ablehnenden bescheid ohne alle empflindlichkeit annehmen.
Dass Schmidt die bairische orthographie misfällt, macht nichts; sie ist der Putkammerschen sehr ähnlich und für alle welt wäre es bequemer, wenn die schulorthographie gemeingut wäre. Mir ist nicht lächerlicher als in orthographie reactionär und individualistisch zu sein: alle orthographie ist conventionell. U. dass wir germanisten ixerlei schreiben, ist ein zopf, der mir auch hinabhängt.
Und das andere was Sie berühren auf Ihrer karte: ich bitte Sie, kümmern Sie sich nicht um urteile übers 1. heft. Erst die über den 1. bd. sind beachtens- wert. Wenn ich Ihnen mein urteil über jedes meiner hefte geschrieben hätte, so hätten Sie viermal im jahr gehört, dass keines meinen ansprüchen genügte. Jeder ehrliche leser hätte mir ebenso geschrieben. Und nun gar, was ich etwa über Ihre anders eingerichtete zs. urteilen werden! ich stecke denn doch in meiner haut; und wenn ich auch als ehrlicher u. aufrichtiger berater sie abzulegen suchte, und es vielleicht deswegen vermochte, weil ich ausser der sache die opportunität gelten liess, das was die existenz der zs. sichern soll beachtete; so werde ich als kritiker diesen gleichen doppelten masstab nicht anlegen können, denn meine interessen sind eben solche, die eine zs. ungangbar machen und kritisieren kann ich doch wol nur nach meinen interessen. Übrigens bin ich überzeugt, dass auch diese in einem teile befriedigung finden, und mehr tut für keinen redacteur not, als dass er jedesmal mit einem teile seine leser befriedigt.
Treulich grüsst
Ihr
BSeuffert

Graz, 4. April 1894 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfreund Auch ich bevorzuge die mittlere (2.) druckprobe.
Ans preussische ministerium habe ich noch nie geschrieben. Der titel ist anders als bei uns, man wird ihn in den Hochschulnachrichten correct finden, ich habe ihn jetzt nicht sicher im gedächtnis (für kirchen-, schul- u. medicinalangelegenheiten oder so). Stempel gibt es meines wissens in Preussen so wenig wie in Baiern. Die stilisierung ist so wie bei uns, nur knapper, weniger curialisch. Unterschrift: gehorsamst. Das 1. heft legen Sie natürlich bei; gebunden! und zwar elegant geb.! – –
Mir ist leid für Sie, dass Sie so lange strohwittwer sind. Das machte mich sehr unglücklich. Für Ihren anteil an unsern erwartungen danke ich sehr. Ich wollte, ich könnte Ihnen auch gratulieren wie Gurlitten und Bauern. Hätte Memon nur einen knaben wie Bauern! er hatte ihn sich so sehr gewünscht. Die leute lächeln, wie pünktlich wir kleeblättler um den nachwuchs der fakultät wetteifern.
Gestern ging ein zudringlicher brief an Sie ab.
Ich will nicht nach Weimar kommen.

Grüssend Ihr
BSfft

4 IV 94

Prag, 5. April 1894 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ihr Antrag macht mir die größte Freude! Ich bitte Sie vielmals [u]m den Aufsatz. In der alten [Fo]rm giebt er 28 Seiten Corpus bei mir. Ins zweite Heft bringe ich ihn aber wol nicht mehr. Das dritte wird im Juli gedruckt u. erscheint Anf. September (Ich muß die Ferien frei haben); also brauchte ich Ende Juni das Manuscript; das vierte Heft wird im October gedruckt und erscheint im November. Das 1. des nächsten Jahrgangs wird im Dec. gedruckt und erscheint im Januar.
Vielen Dank für alles Übrige. Den Bürgerbrief. Ich bin momentan sehr pressiert, muß zu Kelles zu einem Diner, will aber die Karte nicht verschieben. Ich kriegte Ihre beiden Briefe heut auf einmal. Treulichst Ihr dankbar Erg.
ASauer

5/4 94.

Für alle Fälle schicken Sie mir doch das Manuscript sobald als es fertig ist! –

Graz, 7. April 1894 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich danke Ihnen herzlich für Ihre freundschaftliche bereitwilligkeit. Möge Sie der anblick des manuskriptes, das nicht das sauberste ist, nicht irre machen!
Mit herzlichem grusse
Ihr
BSeuffert

7 IV 94

Prag, 9. April 1894 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ihr Aufsatz ist noch schöner und reicher geworden als er scho[n w]ar und ich bin glücklich ihn [erw]orben zu haben. Die Correctur geht etwas langsam aber stetig. Bald! Bald! Bald! Dagegen hab ich viel Arbeit mit andern Dingen. Redlich hat die Göttinger Musenalmanache für die DLD schleuderich gearbeitet. Hätt’ ichs selbst gemacht, hätt ich weniger Mühe und mehr Geld. Er ist ein bloßer gedankenloser Abschreiber und ich beginne auch an der Güte s. übrigen Texte zu zweifeln. – Ich habe nun fürs 2. Heft schon 1 Brief an Ratschky u. 4 – 5 an Dietrich; 10 weitere an diesen kommen nächster Tage. Also doch ein paar. Hönig liefert einen Aufsatz über die Homerübersetz., vielleicht auch Buchholz und Sahr etwas. – Herzliche Grüße von Ihrem
Treulichst Erg.
AS.

Prag 9/4 94.
Smichow 586

Prag, 13. April 1894 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. – Ich bitte, sagen Sie mir, ob Ihnen Gösche[n] die neuen Hefte der DL[D] geschickt hat. Wenn nicht, so liegen die Exemplare für Sie bereit. – Bogen 1–4 sind imprimirt. Bogen 5–9 sind in letzter Revision hier und werden heute imprimirt. So geht alles gut. – Vom ersten Heft kann ich Ihnen mehrere Exemplare zur Verfügung stellen. Vom folgenden kann ich Ihnen leider kein Freiexemplar widmen, wie ich es wünschte und wie Sie es verdienten; denn ich habe nur 2, eines in Aushängebogen und eines in Heften. Die ersteren werd ich aber dem (Studenten?) abtreten müssen, der das Register macht. Über dessen Einrichtung schreib ich Ihnen noch. – Hab heute (leider!) Vorlesungen begonnen. Nun ist die schöne Arbeitszeit zu Ende. Treulichst Ihr AS.

Prag 13/4 94.
Smichow 586.

Graz, 16. April 1894 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd, Die DLD habe ich bis heft 45 durch Ihre güte erhalten. Göschen schickte mir s. z. nur dieses letzte. – Zum nahen abschluss des Euphorion 1,1 belückwünsche ich Sie. Über Schönbachs brief in der Allg. ztg. hörte ich 3 lobende, 1 absprechendes urteil. Möge dies verhältnis fürs ganze heft gelten! Übrigens sprechen 4 nichtfachgenossen. – Die freiexempl. des 1. heftes verschwenden Sie ja nicht an musskäufer, also auch nicht an einen sichern kunden wie mich; ich danke Ihnen herzlich für die freundliche absicht. Geben Sie sie an zweifelhafte männer, schuldirectoren, liebhaber, ministerialherren. Die müssen aktiviert werden. Ich habe s. z. sehr wenige verteilt, höchstens 5, ich glaube nur 3. Recensionsexemplare muss Koch verschwenden beim 1. heft; alle schulblätter!
Fürs register erzog ich mir einen studenten, hatte aber viel eigene arbeit doch dabei, u. das ergebnis der doppelten beteiligung blieb unbefriedigend. Zuerst machte ichs allein.
Ich bin nicht wol u. musste den beginn der vorlesungen verschieben. Grüssend
BSeuffert

16 IV 94.

Prag, 19. April 1894 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Sagen Sie mir aufrichtig, wie lange [Si]e mir für Ihren Wielandartikel Frist gewähren wollen; d. h. ob ich ihn unbedingt ins 3. Heft aufnehmen muß oder ob ich ihn (eventuell, es ist alles im Fluß) für das 4. Heft verschieben dürfte. Weiteres Hinausschieben ist nicht beabsichigt; und hoffentlich auch nicht notwendig; ja fürs 4. heft will ich ein festes Versprechen abgeben. Das 3. Heft wird im Juli gedruckt u. erscheint im Sept.; das 4. wird im October gedruckt und erscheint im November. Bis vor 3 Wochen hatte ich keine Garmondartikel und jetzt schwimme ich bis zum Hals drinnen und muß trachten, daß ich nicht ersaufe; muß theilen, verschieben, lancieren, um alle zu befriedigen. Hätten Sie was gegen die Theilung Ihres Artikels, dann 3 und 4? Bitte, sind Sie nicht bös: ich bin Ihnen so dankbar für die Überlassung des schönen Aufsatzes. Hoffentlich geht’s Ihnen schon wieder gut. Ihr AS.

Graz, 20. April 1894 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Ich danke Ihnen sehr für die neuen hefte, zu deren abschluss ich Sie beglückwünsche. Ich werde sie sobald ich luft habe durchsehen. Jetzt lebe ich nur den vorlesungen. Sie erfahren mit Redlich was ich mit Boxberger: dessen mscpt für die Schillerschen Musenalmanache musste ich als roh zurücksenden; darum fehlen sie noch heute in den DLD. Ich habe R. immer nur für einen handwerker gehalten. Schmidt ist befangen von ihm wegen der hilfe in Lessingianis. Suphans begeisterung für ihn beruht wol auf der gleichheit der bildungsstufe. Ich habe vergebens Redlichs berufung in die redaction der Sophienausgabe zu verhindern gesucht.
Nochmals dank für die freundschaftliche aufnahme des Höfischen Wieland.
Dass Geiger die einreihung meiner Guten frauen im vorwort entschuldigt, ärgert mich, nicht von ihm sondern dass er, der sein publikum kennt, die vorlage einer ernsten Goethestudie im Goethejahrbuch entschuldigen muss. Dahin ists mit der Goethephilologie u. der philologie überhaupt gekommen, dass sie um verzeihung bitten muss, wenn sie sich äussert. Finden Sie das berechtigt? ich nicht.
Grüssend
Ihr
BSfft.

20 IV 94

Graz, 21. April 1894 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Ich dränge Sie nicht, lieber freund. Auf den 1. jahrgang hatte ich allerdings gehofft. Müssen Sie teilen, so sei es, bitt ich, zwischen den preisfragen fürs Tiefurter journal und dem Mönch u. der nonne. Ich denke, der anfang des 2. teiles heisst: „Im frühjahr 1775 hatte Wieland eine in der nähe der Wartburg localisierte legende“ etc. Das gibt auch 2 ziemlich gleich grosse hälften.
Ich lege alles in Ihre hand. Einen herausgeber soll man nicht quälen. Er ist ohnedies von dem bewusstsein gequält, dass niemand gerne wartet.
Grüssend
BSeuffert

Prag, 1. Mai 1894 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich wollte Ihnen heute einen Brief schreiben; aber es geht momentan nicht. Also. Heute, erst heute habe ich den letzten Bogen imprimirt. Es war nicht meine Schuld; aber auch die Druckerei kann ich nicht eigentlich anklagen. Es waren eben das erste Mal zu viele Schwierigkeiten zu überwinden. Es sind auch 236 S. also fast 15 Bogen. So [dic]k solls aber nicht immer werden; das 2/3 Heft werden schwächer sein; das 4. wieder stärker. Durch die Bibliographie. Diese ist nun freilich das erste Mal lückenhaft und ungleich. Ich hätte noch 2 Correcturen gebraucht ob äußerliche Gleichmäßigkeit zu erzielen. Auch hier wirds die nächsten Male besser werden. In 8 Tagen hoff ich nun ist das Zeug heraußen. Der Verleger fiebert u. ich auhh. Umschlag: mattgrün. Recht hübsch. Das 2. Heft ist im Satz I1. Hebler: Die Hamletfrage 2 K. Werner Hebbel und Thorwaldsen II1 Ein interessanter Aufsatz von Max Herrmann 2. Gedichte von Christ. Köhler (17 Jh.). Rubensohn 3. Michels Ein Brief von Lessing an Heyne 4. Bürgersachen von Seuffert, Weilen, Hönig u. mir (19 Briefe) 5. Biedermann Die Composition des 1. Faust 6. Die Aufsätze von Geiger: Berliner Analecten. Re[cen]sionen von Leitzmann, Seemüller, Guglia, Willomitzer, Klee, Barewicz (Polnisches). Bericht über amerikanische Litt. von Poll u. Rosenstengel
3. heft. I1. Hebler 2 Theil. 2 Seuffert Wieland 1. Thl. Feststehen dann noch II. Kleine Goethesachen von Weilen, Jan, Wetz, Düntzer, Minor; Kleist von Minor. Blümner: Der bildliche Ausdruck in den Briefen des Fürsten Bismarck. Herzliche Grüße von Ihrem
AS.

Graz, 3. Mai 1894 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Dank für Ihre reichhaltige karte. Dass Sie nicht früher fertig wurden erklärt der grosse umfang des heftes zur genüge. Übrigens habe ich stets die erfahrung gemacht, dass der gesetzte termin um mehrere wochen überschritten wurde; ich habe vergeblich versucht das zu vermeiden; man erreicht das nur, wenn man wie Steinmeyer s. zeit mit dem satz dem erscheinen 5 monate voraus ist. Bei ihm war stets ein heft weit im satz, ehe das vorherige fertig war; bei mir auch gewöhnlich, aber nicht so weit vorgeschritten. Ich habe vergebens das 1. heft im dezember auszugeben getrachtet, was die verleger gerne tun, weil der sortimenter dann den preis um 1 jahr früher bei seinen kunden einzieht, da er den preis des jahrgangs (1895/6) beim 1. heft berechnet u. also noch auf die neujahrsrechnung (1894 z. b.) bringt. Streben Sie darnach, – und da Sie so viel vorrat haben, so ist das möglich –, so machen Sie vielleicht ein doppelheft 2/3. Sie haben ja ohnedies nur noch 25 bogen zur verfügung, was sich auf 3 hefte schlecht verteilt. – Dass Sie Hebler gewonnen haben, neid ich Ihnen; mir gab er nur eine unerfüllte zusage. Leben Sie wol. Gute Weimarfahrt, fröhliche pfingsten! Schade, dass Sie gerade in einem jahr nach Weimar kommen, in dem ich nicht kommen kann.
Grüssend Ihr
BSfft.

3 V 94

Prag, 9. Mai 1894 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Liebster Freund! Ich hatte gehofft, heute die ersten broschierten Exemplare zu kriegen. Nun sollen sie erst morgen kommen. Ich kann es aber nicht mehr erwarten und sende Ihnen die Aushängebogen des 1. Hefts mit Umschlag in der Hoffnung, daß Sie sich die Mühe des Rücksendens später einmal nicht verdrießen lassen werd[en]. Ich bin zu begierig was Sie dazu sagen werden. Die Schwächen des Hefts sind mir nur allzu deutlich. Doch glaube ich auch einige wesentliche Vortheile darin zu sehen. Sagen Sie mir aufrichtig Ihre Meinung im Ganzen und im Einzelnen. Im Buchhandel erscheint es erst am 12. Ich habe aber Auftrag gegeben, daß Schmidt vorher ein Ex. kriegt, damit er in Weimar mit mir drüber redet und nehme Ex. nach Weimar mit. Es sind 3000 Ex. vom 1. Heft gedruckt. Das zweite erscheint am 26. Juni. Großentheils schon gesetzt. – Theilen Sie das Heft, wenn Sie wollen, Schönbach und den Freunden mit. Ich präsentierte es gestern in u[nse]rer archäolog. Gesellschaft, wo es einen sehr guten Eindruck machte. –
Meinen lauten und stillen Dank lesen Sie aus jeder Zeile heraus! – Meine Adresse ist vom 12. – incl. 19. Mai: Weimar Louisenstrasse 7, bei Herrn Kassierer Roselt. Glückliche Feiertage. Ihr dankbar Erg.
ASauer

Graz, 12. Mai 1894 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Weimar

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Auszug:

Graz 12 V 94

Lieber freund Ich danke Ihnen lebhaft, dass Sie mir so schnell einsicht in das 1. heft verschafften. Da Schönbach gestern mehr zeit hatte als ich, liess ich ihm den vorrang des genusses. Es sieht recht stattlich aus und entspricht dem modernen geschmack der ausstattung; ich für meine person bevorzuge die schmaleren kolumnen, habe die aber auch bei der VJS nicht durchgesetzt. Mir gefällt die schrift ganz bis auf die ziercursive z. b. s. 64 ff. für die siglen; dafür schiene mir ein einfacherer ersatz dringend erwünscht. Papier u. umschlag sind recht vornehm.
Und der inhalt ist reich. Angezogen hat mich weitaus am meisten Kösters LessingGottsched u. Niejahrs Helena, deren 2. hälfte glücklicher ist als die erste. Stark enttäuscht hat mich RM Meyer, da waren meine erwartungen auf hohes gespannt. Der inhalt ist vielseitig, biographisch, bibliographisch, quellenforschend, vergleichend, philologisch, metrisch, interpretierlich, litterarhistorisch, ästhetisch – kurz was man will: Sie haben eine gute auslese getroffen. Sie läuft auch durch 4 jahrhh. Selbst Baumgart war mir erträglicher als er mir sonst zu sein pflegt. Scherers worte sind sehr schön u. richtig, nur jetzt inopportun oder wenigstens dem missverständnisse ausgesetzt. Harnack passt mir recht gut und mit Minor gehe ich einzelne schritte; ich halte ihn aber nicht für den organisator, praktisch zu machen was er will, u. will lange nicht alles, oder nicht so alles. Im ganzen bekenne ich, dass mir der allgemeine teil weniger imponiert als der spe- cielle u. zwar deswegen, weil ich methodologischen ausführungen gegenüber – die hier überwiegen ausser dem misratenen Meyer, an dem ich noch nie so irre ward wie diesmal, ich habe immer grosse stücke auf ihn gehalten – und wenigstens diesen gegenüber das gefühl habe: na, eigentlich ist das selbstverständlich und solche anregungen gehörn vor ein studentenpublikum das man kennt, nicht für mitforscher, die mir leid täten wenn sie derlei nie bedacht und sich nicht für oder gegen entschieden hätten. Wie viel nützlicher wäre, die herren gäben gleich ein mustergiltiges exemplum, da hätte die erkenntnis auch was davon und die theorie ebensoviel oder mehr. Aber – aber – es ist sehr viel bequemer, anderen arbeiten vorzuschreiben als die arbeiten selbst zu machen. Ich für meine person freue mich, dass nach Ihrem programm für die nächsten hefte diese grauerubrik ausfällt.
Nicht als person sondern des absatzes Ihrer zs. wegen bedaure ich das fehlen von schulartikeln. Ausser Baumgart wird kein artikel einem gymnasiallehrer liegen. Interpretationen von schulautoren können auch für uns sehr gut sein. Aber cedo meliori.
Am schwächsten dünkt mich diesmal der recensionenteil. Stünden die recensenten auf Ihrer höhe so wäre es gut. Aber Seemüller ist dann doch zu pauvre. ich fürchte zwar hier gegen einen Ihrer freunde zu sprechen; ich weiss auch, dass mein urteil über diesen herrn im allge- meinen vielleicht unnötig ungerecht ist, zumal Heinzel und Steinmeyer, urteilsfähiger als ich, ihn liebkosen. Ich verhehle auch gar nicht, dass ich bei jeder vacatur zittere, Schönbach könne uns hier genommen werden und der unvermeidliche ersatz wäre eben jener herr. Aber diese recensionen geben mir doch recht: einen menschen wie Burdach versteht er gar nicht; das B.sche buch ist miserabel geschrieben, meine ich, aber voll bedeutung und ernst in jeder zeile; und was Seem. subjektiv daran nennt, ist so vorzüglich, dass kein verständiger mensch den wunsch unterdrücken kann, dass alle sich diese subjektivität für objektives gesetz gelten lassen. Das ist ein beispiel, methode zu erweisen, zu lehren u. zugleich zu erproben, wie ichs will.
Überraschend gut hat sich Kettner als recens. gemacht. Necker nehme ich trotz ESchmidt nicht ernst, gescheutsein allein tuts nicht und beim recensieren am wenigsten. Verzeihen Sie die härte.
Grossartig ist die bibliographie. Geradezu überreich. Ich muss Ihnen lebhaft dazu glück wünschen und Ihre leistung bestaunen. Zu einem urteil, ob sie so bleiben soll, werde ich erst bei ruhigerer benützung kommen und Ihnen dann meinen eindruck sagen, wenn Sie es erlauben und wünschen. Gut ist auch der nachrichtenteil.
In summa: ich beglückwünsche Sie aufrichtig. Jetzt freue ich mich auf nichts lebhafter als auf Heblers Hamlet. Wollen Sie nicht wie Zachers Zs. verzeichnen, was die nächsten bringen? Es gilt zwar für weniger vornehm, mehr monatsschriftenmässig, reclamehaft; aber vielleicht hilft doch das ankündigen der schwalben dem absatz: man muss auf die niedrigen impulse speculieren, wenn die höchsten nicht lebendig sind.
Und damit glückauf! Sie nehmen wie bisher meine offenheit als zeichen der freundschaft, die sich auch im widerspruch bewähren muss.
Grüssen Sie das liebe Weimar, von den heimischen besonders Fresenius, Wahle u. Suphan, von den gästen jedenfalls Erich.

In treuen
Ihr
BSeuffert

Graz, 28. Mai 1894 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Nicht für den nachrichtenteil des Euphorion teile ich die geburt meines 2. sohnes mit. Grüssend u. in erwartung Ihres Weimarberichtes und Ihre ! aufnahme meines Euphorionbriefes BSeuffert

Graz, 3. Juni 1894 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Herzlichen dank für Ihren glückwunsch. Möge ich ihn bald mit gleichem vergelten können. Auch Ihre frau hatte die grosse freundlichkeit der meinen zu schreiben; hoffentlich erreichte sie mein dank mit der allgmeinen ortsadresse. Sie armen leute sind lange getrennt; das muss Ihnen schwer fallen. Auf Ihren brief brenne ich.
Schönbach hat SA seines Euphorionbeitrages. Ich erhalte doch auch von den recc.? ich rechnete sicher darauf.
Grüssend Ihr
BSfft

3 VI

Prag, 9. Juni 1894 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 9/6 94.

L.F. leider noch immer nicht der Brief, zu dem ich erst komme, bis die Bibliograph[ie] zu Heft 2 fort ist.
Mein Verleger hat einen rechten Unsinn gemacht. Er hat von den Recensionen keine Sonderabzüge bestellt. Nun schickt er nachträglich jedem 2 Abzüge und bittet mich, die Recensenten falls Sie sich damit nicht zufrieden gäben an ihn zu verweisen. Dies thue ich hiermit und bin ganz froh, wenn sich jemand findet, der sein Recht begehrt, damit er sieht, daß ich ihm nicht allein und umsonst die Hölle heiß mache. Ihnen steht aber diesmal das Heft, das bei Ihnen liegt zur Verfügung zum Ersatz und ein zweites Exemplar kann ich Ihnen jeden Augenblick noch senden. Bis jetzt haben wir erst 107 Abonnenten. Kläglich. Vielen Dank für Ihre Dankkarten nach Prag und Meran. Ihr treu Ergeb. AS.

Graz, 11. Juni 1894 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ich dank Ihnen, dass Sie den verleger wenigstens zu 2 ex. der recc. veranlassten. Ihrem wunsche gemäss werd ich ihn pressen, der erziehung halber.
Gewöhnen Sie ihm doch die silberpapierfalzen ab! Die leute lächeln: „Bamberger provinzlergeschmack.“ Ich kann dem nicht widerpsrechen. Wie kann er jetzt abonnenten zählen, da er das heft ohne subscriptionspreis für den jahrgang herauswarf als einzeln käufliches! Welche anstalt wird abonnieren ohne den preis des jahrganges zu wissen, der nirgends bisher angekündigt war? Rechnet er für das 2. dünnere hft 4 M. wie für das 1. dicke, so gilt er gleich als speculant, der einen fetten lockvogel fliegen liess, dem magere zum gleichen preise folgen. Ihr aushängebogenex. liegt bei Zwiedinecks. Da ich käufer des 1. heftes bin (wie auch unser Muncker), so danke ich für Ihr gütiges anerbieten. Ich begreife, dass die bibliogr. Sie nicht zum briefstellern kommen lässt, bedaure aber sehr, dass ich so um die frische widergabe der ersten erfahrungen mit u. über Euphorion und der Weimarer erlebnisse komme.
Grüssend Ihr BSfft.

(Prag), 13. Juni 1894 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

13/6 94

Liebster Freund! Ich halte Wort. Nun ist die Bibiliographie fort, nun schreib ich. Zunächst dank ich Ihnen herzlich für Ihren lieben schönen aufrichtigen Weimarerbrief. [G]ewiß ist Offenheit mir und der Zeitschrift gegenüber das Beste, kann ich auch nicht alles ändern, so will ich doch mit sehenden Augen untergehn oder siegen. Mit ihren ! Urteilen stimme ich so ziemlich überein. Die Cursivschrift muß natürlich anders werden. Daß der Recensionsteil sich heben muß, ist auch klar. Das wird sich aber erst in einiger Zeit zeigen. Im nächsten Heft ist er auch noch schwach. Einen Schulartikel hätte ich gerne gehabt wenn ich einen gekriegt hätte. Ich will den 2. Jahrgang mit einem solchen eröffnen. Die Gymnasialbibliotheken können heuer ohnehin nicht abonnieren. Auch das öst. Min. abonnirt erst vom Januar. Über Seemüller denk ich ganz anders und Ihr Urteil hat mich sehr befremdet. Ich wünsche nichts sehnlicher als daß er bei der nächsten Vaccatur ! hieher kommt, wenn Schönbach nicht zu haben sein sollte, wofür ich natürlich alles aufbieten werde. Das Burdachische Buch halte ich allerdings auch für besser als S. es gemacht hat. – Im Großen und Ganzen denke ich über die Zs. und über das 1. Heft insbesondere sehr kühl und ruhig, worüber ich meiner Gesundheit wegen froh bin. Die Bibliographie hat wol allgemeinen Anklang gefunden und ihr verdanke ich wol einen großen Theil des Absatzes. Dann haben die theoretischen Artikel allgemein interessiert, am meisten Schönbachs Artikel. Allerdings ist er mehrfach misverstanden worden, insofern als einige Leute einen schroffen Gegensatz zu meinem Programm heraus gelesen haben, so z. b. die Tägliche Rundschau, die mein Programm vorsichtig u. mattherzig t[adel]lt und sagte, daß selbst meine Freunde ihre Stimme als Warner erheben müßten. Aber auch ältere Schüler von mir gestanden mir bei dieser Gelegenheit: ich sei viel zu classisch; das – Schönbachs Aufsatz – sei das erlösende Wort. Alles verlangt im Euph. Berücksichtigung der modernsten Litt. Ich habe einen Aufsatz skizziert: Litteraturgeschichte u. Litteraturkritik, den ich vielleicht an die Spitze des 3. [H]eftes stelle, wenn sich diese Stimmen mehren. Die Mehrzahl der Leute urteilt ganz entgegengesetzt wie Sie und ich: Ihnen sind die theoretischen und allgemeinen Artikel recht. Da hat also mein Verleger den richtigen Standpunkt. – Was nun den Fortgang betrifft, so wird das 2. Heft so stark wie das 1. u. wird ebenso viel kosten. Es war eine große Wolthat für mich, daß der Verleger Raum und Preis frei und beweglich gestaltete. Allerdings wird es schlie[ßl]ich doch auf eine Fixirung hinaus kommen müßen: wahrscheinlich jedes Heft zu 13 Bogen à 4 M also jährlich 52 Bogen um 16 M. Unter 13 Bogen kann ich es mit Bibl. nicht leisten. 3 Bogen Allgemeines 4 Bogen Besonderes 3 Bogen Recensionen 3 Bogen Bibliographie ohne feste Grenze zwischen den Abtheilungen. Das scheint mir zunächst das Beste. Noch lieber wären mir 14 Bogen also 56 wie bei der Zeitschrift. Aber die kostet auch 18 M., was mir doch zuviel scheint. Mir wären bewegliche Hefte das Bequemste. Aber einesmuß ich machen. Ich muß von meiner kleinsten Schrift mehr Gebrauch machen. Ich werde wahrscheinlich vom 3. Heft ab Miscellen mit klein[st]er Schrift drucken lassen. Ein Aufsatz wie der von Schmidt zu den Xenien oder der Schillerbrief nähmen dann weniger Platz ein. Ebenso wünscht mein Verleger, daß sich Briefe von der Sauce wie er sich (oder sein Gewährsmann) ausdrückt besser abheben sollen; ich werde daher das umgekehrte Verfahren einschlagen wie Sie, nemlich Briefe Borgis, Erklärungen, Einleitungen dazu Petit drucken lassen. Es thut mir leid, daß ich das nicht schon in diesem (2.) briefreichen Hefte gethan habe, da hätt ich einen halben Bogen erspart. – Meine Argumentation ist die (für d. Miscellen): Ich kann solche Kleinigkeiten nicht abweisen, zumal nicht jetzt, da die Ztschrft noch nicht fest steht; ich entfremde mir die kleinen Leute, die in ihrer Gesammtheit leider mehr sind als die Großen. [Dur]ch den kleinen Druck bringe ich mehr unter, schrecke aber zugleich auch die Leute ab mir dgl. zu schicken. – Sonderabzüge habe ich leider nicht gesehen; denn er hat auch mir keine geschickt. Ich werde aber das Silberpapier abstellen, an dem der Verleger wahrscheinlich unschuldig ist. Das fällt auf den Bayreuther Buchbin[der] zurück. – In Weimar wars im Ganzen sehr nett. Ich war zuerst in Jena bei Leitzmann während der Feiertage; fuhr mit Schmidt nach Weimar, traf aber später mit dem vielbe- schäftigten fast gar nicht mehr zusammen. Am reichsten, schönsten und erquicklichsten für mich waren die mit Jacoby verbrachten Stunden. Ich schätze ihn sehr und er gieng recht aus sich heraus. Von Fresenius [ha]tte ich weniger als im Sommer. Besser als früher gefiel mir Waldberg, auch Witkowski. Galant ist Schüddekopf, still, ruhig, verläßlich. Schlößer nicht übel. Redlich ist ganz eingegangen; ein reiner Trottel. Suphan benahm sich impertinent gegen mich, erwiderte nicht blos meinen Besuch nicht, sondern ignorirte mich völlig. Nach dem Cercle sagte er, er habe mich gesucht, obgleich ich ganz nah stand und er mich gegrüßt hatte. Nach seinem Frühstück sagte er das gleiche, obgleich er alle andern 3 Tage vorher eingeladen hatte u. s. w. Am vorletzten Tage fragte er mich, wann ich abreiste u. als ich sagte: morgen früh ½ 7; meinte er: da müßen wir vorher (vor ½ 7!) noch eine Unterredung haben. Worauf ich sagte: ich hätte nichts mit ihm zu reden. Auch Rendez vous im Gasthaus hi[elt] er nicht ein. Dabei war ich von Dienstag – Sonntag dort, also früher und länger als alle andern! – Er spielt überdies eine klägliche Rolle, läuft immer und überall als Bummerl hinterdrein.
Widerlich und peinlich war mir der Umgang mit Burdach. In der schnotterigsten und süffisansten ! Weise spricht er über alles ab, schimpf[t] über alles und läßt nur sich und wieder sich geltend. Er brach ein Gespräch über Minors Metrik – in meiner Gegenwart aber mit Vermeidung meiner Person – vom Zaun und hackte Minors ganze Thätigkeit klein. Schimpfte auf das vorjährige Wiener Verbrüderungsfest u. dgl. mehr. Zwei Tage länger – und ich wär grob gegen ihn geworden. Das ist das eingebildetste Geschöpf, das ich je kennen gelernt habe. R M Meyer gefiel mir viel besser als ich erwartet hatte; mit ihm, seiner Frau u. mit Friedländers war ich viel beisammen und sehr lustig. – Heyses Rede war Blech, aber es hatte doch einen großen Reiz ihn sprechen zu hören. Sein Toast dagegen war brillant, der Schmidts überdies nicht minder. Schmidt spielt eine imposante Rolle, ist der eigentliche Mittelpunkt u. läßt das doch niemanden merken. Gegen mich war er sehr liebenswürdig, zog mich beim Diner in s. Nähe, versprach mir mein Gesuch an das Preuß. Ministerium selbst einzubegleiten, warb Frau Meyer-Cohn als Abonnentin etc. Wollte an G. Freytag schreiben. – Damals hatte er die Ztschrft – obgleich ich sie ihm hatte sogleich schicken lassen – noch nicht gesehen; ich habe überhaupt noch kein Urteil von ihm.
Da ich zur Ztschrft wieder zurückgekehrt bin, so füge ich noch hinzu, daß das 3. Heft nächstens in den Druck ge[ht] u. daß Sie da auch Correctur des Wielandaufsatzes bekommen. Das 3. Heft wird außerdem noch Hebler (Schluß), Minor H. v Kleist und Blümner Bismarck enthalten. Also 4 Treffer. Außerdem eine große Recension von Witkowski über Faustsachen u. vielleicht von Drescher über HSachs. Meine große [R]ec. Farinelli: Grillparzer, Lope de Vega, kommt wol erst ins 4. Heft, das im Oct. erscheinen soll. Das 5. Heft soll Ende Dez. heraußen sein.
Meine Frau dankt für Ihre liebe Karte. Sie ist seit einer Woche in Hall bei Innsbruck, wo ihre Schwester Soolbäder gebrauchen soll. Natürlich ist diese lange Trennung ein großes Opfer. Ihr aber wird der Landaufenthalt gut thun und wer weiß, ob es je im Leben noch einmal so ruhige und sorglose Ferien für sie giebt. Ich habe aus diesem Grunde etwas mehr arbeiten können. Aber was hat man schließlich von der ewigen Arbeit!! – Ich werde [b]is gegen 20. Juli hier bleiben müßen, treffe dann mit meiner Frau in Salzburg zusammen u. geh mit ihr irgendwohin nach Tirol oder an den Bodensee. Im Herbst über München nach Nürnberg und Bamberg. Ende Spt. möcht ich gern in Wien arbeiten, wenn mich die Redac[ti]on nicht zurückruft.
Haben Sie Dank für Ihre viele Liebe und Treue und nehmen Sie mir mein Stillschweigen nicht übel. Es gieng wirklich nicht anders.
Herzlichst Ihr AS

Prag, 19. Juni 1894 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Weil es Sie doch interessirt und weil ich in Ihrem nächsten Brief vielleicht Rathschläge von Ihnen zu erw[a]rten habe, theile ich Ihnen mit, [d]aß ich mich nun mit dem Verle[g]er dahin geeinigt habe, daß wir 52 – höchstens 54 Bogen um 16 M. jährlich geben. Ich habe also für heuer, da Heft 1 u. 2 zusammen 30 Bogen geben, nur mehr 24 Bogen zur Verfügung; davon gehen circa 1 ¼ Bogen auf Inhaltsverzeichnis und Register ab. Ein Heft muß also etwas schwächer werden: nur 10 Bogen; wahrscheinlich das dritte; damit mir für die umfangreichere Bibliographie des 4. Heftes mehr Raum übrig bleibt. Im nächsten Jahrgang werd ich von vorn herein mehr sparen müssen. – 3. u. 4. als Doppelheft auszugeben geht nicht an, weil dann die ganzen Ferien hindurch gedruckt werden müßte und das halte ich nicht aus. Am Umschlag des nächsten Heftes wird der Abonnementspreis ersichtlich gemacht werden. Vielleicht ist dann der Erfolg besser. Herzlich grüßend Ihr AS.

Graz, 20. Juni 1894 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 20 VI 94

Lieber freund, Herzlichen Dank für Ihren reichen brief. Sie stehen jetzt mitten im getriebe und so sauge ich in meiner abgeschiedenheit – Sie wissen aus erfahrung, dass das bei einem Grazer keine phrase ist – doppelt gierig an aller nahrung, die Sie mir bieten. Ich danke für die freundliche aufnahme meines Euphorionbriefes. Dass die bibliographie durchschlägt ist mir eine genugtuung. Wenn andere die theoretika lieben, gut, so beharren Sie dabei; und Ihr artikel: littgesch. u. litt.-kritik trifft schon im titel mit meinem urteil überein. Übrigens sei es bei dieser gelegenheit gesagt: ich habe nie erwartet, dass Sie so starker klassicist sind als Ihr programm es aussprach; da Sie hier durch semester 19. jh. lasen, hielt ich Sie für einen anhänger des neuen wenn auch nicht des naturalistischen neuesten. Ich für meine person las 19. jh. nie, z. tl. aus faulheit; denn man müsste sich da alles selbst erarbeiten. Nach meiner – nicht erprobten – meinung liegt ein einschnitt um 1813, der zweite um 1848. Bis in die 50er jj. getraute ich mich, gesch. vorzutragen. Darnach nur kritik einzelner erscheinungen oder von gruppen. Ich habe mich bei Litzmanns buch gefragt: soll man dergleichen tun? Schwer hat er sichs nicht gemacht. Fesselnd für unsere studenten wären solche themata. Dass man den stud. stützpunkte für ein urteil in tageslitt. gebe, halte ich nicht für übel. U. so lange man derlei vor druck bewahrt, gibt man ja auch seinem gelehrtenbewusstsein keinen zu tiefen stich. Immerhin: ich fühle da mich nicht zuhause mit wissenschaftlicher betrachtung und ich mag nicht als philologe über die dinge so reden, wie die alten philosophen und historiker im nebenamt die littgesch. einschlachteten. Endlich gibt für mich den ausschlag: die prüfungsordnung schreibt kenntnisse bis ins 19. jh. vor, u. ich habe für 8 semester genug zu tun mit der zeit von Luther bis Goethe. U. ich denke, dass Schönbach die modernste zeit einmal auf dem katheder behandelt: ich habe seiner neigung dazu sehr vorschub geleistet. Klassicist aus princip bin ich nicht; Scherer war mirs immer zu viel. Von früher zeit her gehe ich mit der romantik, deren poetisches programm auch den naturalismus einschliesst u. überhaupt ja weiter ist als die poetische praxis der romantik oder irgend einer poetischen mode. –
Ihr verleger sandte mir ausser einer entschuldigungskarte noch ein ganzes heft: das ist nobel.
Briefe und „saucen“ zu unterscheiden, so dass jene grösser diese kleiner gedruckt werden, ist ja auch sonst üblich u. da jene die hauptsachen sind, gewiss gerechtfertigt. Für mein ehemaliges programm, die arbeit heraustreten, das material zurücktreten zu lassen, die erklärung auch materiell besser zu lohnen als die abschreiberei, war der umgekehrte weg nötig. Ich finde den häufigen schriftwechsel in der VJSchrift hässlich u. habe darum Ihnen s. z. einheit geraten. Will es der Verleger anders, so tun Sie ihm ja den gefallen. Miscellen petit zu setzen, halte ich für gut; tat es auch selbst zuweilen.
52 bogen zu 16 M. ist viel. Gelingt die einführung trotzdem, desto besser! Bewegliche hefte sagte mir Böhlau auch von vornherein zu; schon vom 2. jahrgang an erklärte er festen preis bei fester bogenzahl für unausweichlich. Hoffentlich bewährt sich Ihr jüngerer beweglicherer verleger geschickter.
Was Sie über Weimar schreiben, ist alles recht nach meinem herzen, bis auf das Burdachsche. Er ist kein angenehmer unterhalter, er ist schroff und mislaunig; er ist schwer zu behandeln, erklärt sich selbst für lästig empfindlich. Ich stehe ihm gar nicht nahe, habe aber trotz heftigen zusammenstosses beim Divan immer vermocht, sachlich über sachen mit ihm zu reden u. ihn stets gerne gehört. Denn eitel gab er sich bis vor 2 jahren, da ich ihn zuletzt sprach, niemals. Für mich gehört er in die rubrik Steinmeyer (trotz vieler verschiedenheiten); der war Ihnen ja auch nie so sympathisch wie mir. Über Minor denken andere kaum anders wie Burdach. Ich habe über seinen beitrag zum 1. heft Euphorion nur schroff ablehnende urteile von hier u. von auswärts gehört ausser von einem, Schönbach wenn mir recht ist. Alle andern verpönten diese hohle anmasslichkeit. Warum Suphan so unhöflich gegen Sie war, verstehe ich nicht; haben Sie denn vordem eine balgerei mit ihm gehabt? Jacoby hätte ich sehr gerne endlich einmal kennen lernen.
Leben Sie wol u. seien Sie herzlichst gegrüsst. Ein verschwiegenes wort eines Ihrer sätze stimmt mich sehr fröhlich; mögen Sie in Ihrer arbeit durch so lautes kindergeschrei bald gestört werden wie ich jetzt. Gute ferien! guten fortgang des Euphorion! besten fortgang der hoffnung!
Meine frau muss noch zu bette liegen. Lothar u. Burkhard umgeben Sie mit spiel und plärren. Wissen Sie etwas von Werner? er schweigt auffällig lang.
Ihr
ergebener
BSeuffert

Graz, 1. Juli 1894 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Es interessiert Sie vielleicht doch, dass mir Steinmeyer über den Euphorion schrieb: die bibliogr. sei schön u. bequem, nur werde sie durch den Jahresbericht wertlos. (Richtig, aber wir brauchen ja gerade, dass wir vor dem Jahresb. unterrichtet werden. Steinm. hält zu sehr an der vorstellg., eine zs. dürfe nicht ephemeris sein, sdrn. müsse lauter dauernd unersetzte artikel enthalten) Der Euph. sei unterhaltender als die VJS. (Sehr gut für den absatz.) Von den recc. habe ihm nur die über Roquette gefallen (mir nicht), die Seemüllerschen am wenigsten, obwol wie er beifügt er ausserordentlich viel von diesem halte. Im ganzen meint er, mit der der neueren littgesch. sei heutzutage wenig los. (U. da hat er leider recht.)
Alles gute wünscht
Ihr
BSfft.

Prag, 19. Juli 1894 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 19/7 94
Smichow 586

Lieber Freund! Es gieng in den letzten Wochen heiß bei mir zu. In jeder Hinsicht. [Vie]l Ärger, Verdruß im Großen und im Kleinen. Ich will Sie nicht mit allem belästigen; aber das kann ich sagen, daß ich mir keinen zweiten ähnlichen Sommer wünsche. Nun ist ja bald alles wieder im Gleis. Ich fahre Samstag nach Nürnberg bei Schrag Romantikerbriefe zu heben und auch meinen Verleger zu sprechen, fahre über München u. Würzb nach St. Johann in Tirol, wo meine Frau mich erwartet und von dort gleich weiter über Salzburg nach
Kammer a/Attersee Oberösterreich
wo wir vom 25/26 an bis gegen Mitte Spt. bleiben. Ob ich dann noch nach Wien komme weiß ich nicht. Minor und Heinzel sind in der Nähe. – Über den Euphorion hab ich wenig Gutes zu berichten. Er geht gar nicht. Noch nicht 200 Abonne[n]ten; das preuß. Minist. hat ablehnend geantwortet; ich krieg mancherlei schmeichelhafte Briefe; aber Geld wär meinem Verleger lieber. Er ist aber sehr vernünftig und hofft aufs nächste Jahr, wo wir rechtzeitig erscheinen werden. – Leider ist die Druckerei unzuverlässig. Zweite Hälfte Juni arbeitete sie sehr pro[mp]t. Als ich am 28. nach Melk und Wien fuhr war das 2. Heft fertig!! Und dann scheint man rasch Schulprogramme gedruckt und mich liegen gelassen zu haben. Ich bin wütend. So kommt die Bibliographie wieder um 14 Tage zu spät, in Öst. ist schon alles auf Ferien, das Interesse pfutsch. – Das 3. Heft ist im Druck. Sie müssen nächster Tage Correctur [kr]iegen. Bitte, senden Sie sie gleich nach Kammer. Es enthält Hebler Schluß. Dann die Aufsätze von Steig und Jan, die ich aus der Erbschaft der Vierteljahrschrift übernommen habe: Herders Antheil an Lavaters physiognomischen Fragmenten und Ein Modell zu Goethes Stella; Minor: 5 Aufsätze über H. v. Kleist; Blümner, der bildliche Ausdruck in den Briefen des Fürsten Bismarck I. Miscellen von Jonas, Minor, Weilen, Kleemann; eine große Recension Witkowskis über Schröer, Valentino, Baumgart; Kawerau (Murner); RMMeyer (Filtsch); Fürst (Widmann Heller); Schlößer (Litzmann Schröder). Die letzteren alle mehr in der Art der Recensionen des 1. Hefts. Witkowski anders. – Fürs 4 Heft bleiben mir alles in allem für Titel, Inhalt und Register circa 11 Bogen. Es wird mir daher nichts anderes übrig bleiben, als die Bibliographie beim 4. Heft ganz ausfallen zu lassen und sie im 5. nachzuholen, das noch im Dezember erscheint. Im nächsten Jahr werd ich [d]ann öconomischer sein und die 13 Bogen niemals überschreiten. Wegen des Registers möcht ich Sie fragen: ob Sie meinen, daß ich es über die Bibliographie ausdehnen müßte. Ich will das nemlich nicht thun. Das würde das Register ungeheuer anschwellen. Vielleicht läßt man wie Quidde (auch Geiger: Goethejahrbuch) nach einer Reihe von Jahren ein eigenes Register für die Bibliograp[h]ie ausarbeiten. Oder denken Sie anders darüber? Ihre Antwort wäre mir sehr wertvoll. Wo gehen Sie hin, wie gehts Ihnen, wie geht’s zu Hause? Könnt ich ein paar Tage mit Ihnen zusammensein; ich hätte so viel mit Ihnen zu reden. Schreiben läßt sich das alles nicht. Oder vielleicht doch einmal. Herzlich grüßend Ihr treulich Ergeb.
AS.

Graz, 24. Juli 1894 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz Harrachg. I
24 VII 94

Lieber freund, Die Korrektur des Wieland I traf gleichzeitig mit ihrem briefe ein und kommt nun mit der antwort zu dem datum zu Ihnen, das Sie für Ihr eintreffen in Kammer angegeben haben. Ich danke Ihnen, dass Sie den artikel im 3. hefte begonnen haben u. bitte um verzeihung, dass ich einiges änderte: es ist mein unglück, dass ich mängel selbst bei einem umgeänderten werke zu spät sehe. Die neue einleitung ist zu schwer geraten, aus meinem leidigen kürzestreben. Da war nichts zu bessern. Denn ich wollte kein umbrechen veranlassen. Nur am schlusse setzte ich einen satz zu, den Sie streichen mögen, wenn er den anfang des nächsten artikels stören sollte. Ich hätte ihn gerne als vorbereitung auf etwas anderes Boileausche, das ich jetzt erst fand und sehr gerne in den 2. teil einschmuggeln möchte. Nur kann ich die stelle ohne mscpt. nicht bezeichnen, u. ob Sie mir die blätter noch einmal schicken können? sie sollten gewiss gleich zu Ihnen oder Buchner zurückkehren.
Wollen Sie denn alle 3 Correcturen haben, die einem Buchner schickt? er klebt auf jede den zettel, sie sei Ihnen zuzustellen.
Ich bedaure Ihren verdruss, hoffentlich war es der letzte. Und wenn Sie ihn lieber vergessen als mit mir darüber reden, so ists gut für Sie. Dass Ihnen die correcturen in die ferien folgen, fürchtete ich, obgleich Sie es zu verhindern suchten. Ich war 13 jahre lang in keinen ferien davon verschont; die DLD, die VJS, Goethe hielten mich immer in atem. Und so wundere ich mich nicht, dass ich ausgepumpt bin. Ich sag es Ihnen zur warnung. Sie müssen die druckerei zwingen, Ihnen vom nächsten jahr an raum zu der zeit zu geben, da es Ihnen passt, nicht wann es ihr gelegen ist. Dass das preussische ministerium ablehnte ist verdriesslich und unerklärlich. Aber Sie haben in Wien eine zusage, die mir verweigert wurde. Der verleger soll doch jetzt noch nicht abonnenten zählen, das ist viel zu früh. Nach der ostermesse 95 kann er davon reden, vorher nicht.
Ich möchte mir doch erlauben zu raten, lieber im 4. heft an text zu sparen, als die bibliographie ganz ausfallen zu lassen. Etwas bibliogr. sollte es doch enthalten. Wollen Sie nicht nach dem muster der Zs. den schluss des satzes oder der redaction beidrucken lassen? d. h. das datum des schlusses.
Ins register würde ich die bibliogr. nicht einbeziehen; Ihre bibl. hat die laufenden bedürfnisse zu befriedigen; sie wird wie die Bibl. classica später durch den Jahresbericht ersetzt. Darin hat Steinmeyer recht, wie ich Ihnen schon schrieb.
Es wäre sehr schön, wenn Sie Ihre heimreise über Graz richteten. Mich treffen Sie hier; wenigstens habe ich nicht vor, die stadt zu verlassen, es müsste denn ein unerwarteter zwang eintreten, d. h. meine frau oder ich luftwechsel unbedingt benötigen. Meine frau fängt aber nun an, sich zu erholen. Die kinder gedeihen.
Ich will arbeiten, nur muss erst die hitze dieser tage nachlassen.
Gute ferien wünsche ich Ihnen und Ihrer frau gemahlin; Sie werden sie nach der langen trennung doppelt geniessen.
In treuen
Ihr ergebener
BSeuffert

Kammer am Attersee, Oberösterreich, 17. August 1894 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Obgleich an Regentagen gar kein Mangel ist, kann ich mich doch sehr schwer in eine richtige Schreib- und Arbeitsstimmung versetzen und daraus f[olg]t, daß ich die Sendung des gewünschten Aufsatzes so lange verbummelte. Haben Sie die Güte ihn nach der Ergänzung mit einem ‚Kopf‘ versehen zu schicken an
Lorenz Ellwanger
in
Bayreuth
[der] bereits durch mich verständigt ist. Es hat keine Eile. Aber der Druck des 4. heftes soll doch bald beginnen. Sie brauchen gar nichts dazu zu schreiben. – Mir geht’s erträglich. Aber freilich einen Aufenthalt an der See kommt der Aufenthalt an dem Inn nicht gleich. Minor und Heinzel sind in dem nahen Attersee. Mit ersterem sind wir viel beisammen. Aber die Gespräche sind meist sehr eins[e]itig, d. h. er dociert: und ich höre zu. –
Daß Sie gar nicht von Graz wegzugehen brauchen: das erfüllt mich mit einem Gefühl von Neid: ich sehne mich so nach meiner Ordnung, nach meiner Arbeit, nach meinem Schreibtisch. Vor halbem Sept. komme ich aber schwerlich nach Prag zurück, wenn ich auch noch nicht weiß, wie lang wir hier bleiben. Ich möchte im Anf. Spt. g[er]n nach Wien fahren.
Verzeihen Sie die Kürze und „Ein“falt dieses Blättchens und seien Sie herzlichst gegrüßt von
Ihrem
aufrichtig Erg.
AS.

Kammer a/Attersee
17/8 94.

Graz, 20. August 1894 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Kammer am Attersee, Oberösterreich

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Auszug:

Lfrd. Schönsten dank für die zustellung des mscpt. Es ging heute nach Bayreuth ab. Hoffentlich merken die leser die flickarbeit nicht; mir fiel sie schwer. Das mscpt. ist höchstens um ½ schreibseite gewachsen. Sie beneiden mich, dass ich nicht wegzugehen „brauche“? Ja, brauchen könnten eine erholung meine kräfte wol, ich war 3 wochen recht elend. Aber deficiente pecu deficit omne nia. Lassen Sie es sich recht gut gehen. U. Ihrer frau dazu. Der sohn wird Ihnen beiden durch seine kräftigung u. kraft den aufenthalt lohnen. An Ihren seefreund Nathan den weisen denk ich jetzt nur mit grossem vergnügen; mich hat lange nichts so ergötzt, wie die geschicklichkeit, mit der er in seinem „lagebefehl für seine seminaristen, die archivalisierung betr.“ mich von seinen freunden schied. Die sendung ist beneidenswert kunstreich.
In treuen Ihr
BSfft.

Graz 20 VIII 94

Prag, 13. September 1894 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 13.9.94
Smichow 586

Lieber Freund! Ich habe heute meine liegengebliebene Sommercorrespondenz aufgearbeitet und [m]ache nun den Schluß mit dem Brief an Sie, der mir Erholung und nicht Arbeit ist. Über den Sommer selbst hab ich wenig zu berichten. Es war still und ganz hübsch. Mit Heinzel und Minor angenehmer Verkehr, obgleich letzterer tauber und eingebildeter denn je ist. Wie wird das erst in 10–20 Jahren sein. Ich kam aber so ziemlich mit ihm aus. – Die Zeitschrift hat bis jetzt 209 Abonnenten. Das ist wenig. Aber der Verleger ist nicht mutlos u. ich habe bei der persönlichen Begegnung den Eindruck gewonnen, daß ihm sehr [an] der Erhaltung des Blattes liegt, da es seine Firma sehr hebt, diese der Hebung bedarf; Geld aber durch den großartigen Schulbücherverlag massenhaft eingeht, so daß er am Euphorion nichts zu verdienen braucht. Das 3. Heft ist fertig und kommt bald. Das 4. ist im Druck. Es bleiben mir nur 172 S. dafür übrig mit Inhalt Register u. Bibliographie. Bei letzterer will ichs so machen, daß ich die Zeitschriftenübersicht ausfallen lasse u. nur die Bücher bringe, weil diese im Oct. zu wissen angenehm ist. Im 1. Heft 95 hole ich dann alles nach, das 4. Heft enthält außer Ihrem Aufsatz noch den Sch[l]uß von Blumner Bismarck; dann Güntherstudien von A. Kopp; Creizenach: Alliteration bei Klopstock; Lauchert: Herders Ansichten über den Ursprung der Sprache; Miscellen von Bolte, Pawel, Funck. Unter den Recensionen hebe ich hervor: Kawerau Murner; Drescher Hans Sachs; Englert, Fischart. – Wirth über neuere germanist. Litt. in den Niederlanden. – Leider gehe ich aber ins neue Jahr mit massenhaftem Manuscript hinüber. So, daß ich nach meiner Schätzung fürs ganze Jahr mit Aufsätzen fast gedeckt bin. Ich war anfangs sehr mild mit dem Annehmen. Jetzt wirds anders werden. Den neuen Jahrgang eröffnet ein Schulartikel von einem Münchner Gymnasialprofessor Namens Brunner. Ich habe ihn auf Wunsch und Bitte des Verlegers schreiben lassen, der davon Hebung des Absatzes erwartet. Sicher kommt hinein: Veit Valentin über die Walpurgisnacht. ESchmidt Briefe von Schubart, Schiller, Uhland mit einigem sehr Schönem; Rubensohn [ein] großer schöner Opitzartikel; Hauffen über ein Volkslied. Wegen des anderen schwank ich noch. Eine große schöne Rec. von Spitzer über Alt das Charakteristisch Schöne wird das wissenschaftl. Renomee ! sehr heben. Überhaupt hab ich bereits ein paar ganz gute Recensionen liegen u. bereite selbst ein paar vor. Auf Ihre Wielandrecension rechne ich auch im Laufe des Jahres 1895. – Wie ich mich andrer angenommener Artikel entledige, [we]iß ich nicht. Zu einem Ergänzungsband oder Heft ists doch noch zu früh; auch dürfte der Verleger schwerlich dazu zu haben sein. – Nun eine Bitte. Sagen Sie mir, ob Sie schon Honorar für den Euphorion bekommen haben, für Heft 1? Der Verleger zahlt mich sehr pünktlich und hat auch sonst keinen Geldmangel; aber es ist ihm fatal die vielen kleinen Posten zu berechnen u. zu bezahlen. Drum verbummelt ers. Ich kann nun niemanden anderen fragen als Sie. – Von den DLD ist 49/50 erschienen; sagen Sie mirs, ob Ihnen Göschen 1 Ex. geschickt hat. Es liegt eins für Sie bei mir. Ich will nur das Hin u. Herschicken vermeiden. Von Heft 51 hab ich noch keine Exemplare. [Ic]h lege aber einen Prospect bei. Durch die Schuld des Setzer | über der Zeile ergänzt: Druckers| wurde es erst knapp zum Hallischen Jubiläum fertig; aber nur mit größter Mühe und wer weiß, wie die Einleitung aussieht, die ich mir ein 3. Mal nicht mehr senden lassen konnte. Unglückselicher ! Weise erschien aber gleichzeitig ein splendider Neudruck der Kleinen deutschen Schriften von Thomasius, den alle Festgäste umsonst bekommen u. der Erfolg war = 0. Im Buchhandel erscheint das Heft erst jetzt. Das neue Programm, das Ihnen so viel verdankt, ist reich und schön. Nehmen Sie die Worte am Schluß [de]r Einleitung gut auf. Sie sind aufrichtig gemeint. Nun sind alle meine Unternehmungen in Gang gebracht und machen mir weniger Mühe. Nun muß ich wieder für mich selbst sorgen; sonst gehe ich wissenschaftlich zu Grunde. – Hoffentlich geht es Ihnen und den Ihrigen gut. Grüßen Sie mir die Freunde: Schönbach, Bauer, Gurlitt, Zwiedineck und empfehlen Sie mich Ihrer lieben Frau. Die meinige grüßt herzlichst. Ihr aufrichtig Ergebener AS.

Graz, 17. September 1894 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 17 IX 94

Lieber freund Empfangen Sie meinen dank für Ihren reichhaltigen brief. Wir, nemlich meine frau, die die ihrige ! und Sie grüsst, und ich, freuen uns Ihres wolverbrachten sommers und wünschen Ihnen beiden für die freude- und sorgenreiche zeit alles gute.
Ich freue mich ausserdem besonders Ihres gefühles, dass Sie zu sich selbst zurückkehren können, nachdem jetzt die doppelte redactionsarbeit in gang sei. Und da ich jahre hindurch mich nicht selbst fand, so könnte ich Sie um Ihre glückliche art beneiden, so rasch die maschinen in dauernden gang gebracht zu haben. Ich könnte Sie beneiden, wenn ichs Ihnen nicht so sehr gönnte.
Auf den schluss der alten und den anfang der neuen DLD freue ich mich: Göschen hat mir nichts geschickt und so nehme ich dankbar Ihre verheissung an. In Ihrem reichen programm sind namen von verfassern und herausgebern, die ich nicht kenne. Die werke werden zu dem guten gehören, was das programm verspricht. Wenn Sie Fresenius loseisen, ists ein segen, mir ists 10 jahre lang nicht gelungen. Und auf das meiste übrige freue ich mich sehr.
Wie steht es denn mit Ihrer übersetzerbibliothek? Es verlautet gar nichts davon.
Auch dem Euphorion wünsche ich gutes gedeihen. Das 2. heft hat mich, darf ich es offen sagen? nicht sehr befriedigt; Hebler schrieb keinen aufsatz, sondern beiträge zu einer recension, die gewiss sehr gut sind aber doch nicht recht an diese stelle taugen. Werner hätte ich lieber unter dem striche eines politischen tagblattes gelesen. Ganz ausnehmend dagegen haben mir Ihre und nur Ihrer Bürgerbriefe gefallen, sie sind köstlich. Dass Sie gleich eine fehde haben, halte ich persönlich für unangenehm, zumal die würdige replik Stracks in aller augen über die anmassung seines partners triumphiert. Und ich würde mich an Ihrer stelle schönstens bedanken, dass Minor seine weisheit über akademische vorbereitung gleich zweimal versilbert: bei Ihnen und in den GGA. Es schadet der zeitschrift, wenn sie sich ins unrecht setzt. Verzeihen Sie, dass ich unaufgefordert dies schreibe; wäre es nur meine ansicht, so hätte ich sie als unmassgeblich unterdrückt; so lief aber erst heute wieder ein brief bei mir ein, dessen schreiber Ihnen so autorität ist wie mir, mit einem „misfällt allgemein“.
Meine Wieland-La Roche-anz. hoffe ich für 1895 liefern zu können.
Gezahlt hat Koch weder Schönbach noch mich. Darf ich Ihnen einen wink geben, so bestellen Sie sich eine recht lobende anzeige über Kögels Altd. littgesch. Nur dadurch können Sie die Seemüllersche anz. über Kelle ausmerzen. Oder verbietet Ihnen Ihre persönliche stellung zu Kelle sich auf die seite wissenschaftlicher forschung gegen – na, das will ich unterdrücken, da ich doch nicht fachmann hiefür bin, allerdings sehr zuverlässige gewährsmänner habe; so setze ich nur noch das nötige verbum bei: zu stellen.
Haben Sie noch eine revision des 2. teiles meines Wielandartikels in händen, so erweisen Sie mir die grosse gefälligkeit, folgendes übersehene zu bessern: s. 12 in dem absatz: Fragen wir gegen ende (z. 14 v. o. der korrektur) lies am zuverlässigsten statt am verlässlichsten.
s. 13 z. 2 v. o. als Mittel zu benützen, um eben dies (um fehlt in der korr.)
s. 16 z. 8. v. u. (Absatz: durch diese verwischende) glaubt man nicht, daß er wirklich statt daß Entschuldigen Sie die bemühung!
Nochmals danke ich für Ihren brief und bitte Sie inständig, meinen freimut freundschaftlich aufzunehmen.
Ihr aufrichtig ergebener
BSeuffert.

(Prag), 18. September 1894 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ihr liebenswürdiger offenherziger Brief verlangt rasche Antwort. Über 2. Heft denke ich so wie Sie; aber es ließ sich nichts anders mehr machen. Ich hatte Hebler ungelesen acceptiert! Er verlangte großen Druck und mir lag dran, ihn zu gewinnen. Über Werner schrieb ich Ihnen meine Ansicht schon früher. Der Streit Strack Minor war nicht zu vermeiden. Strack dachte seinen Protest anderswo drucken zu lassen. Eine ähnliche Klage Collins hab ich ohnehin zurückgewiesen. Mit Minor müßte ich entweder brechen oder muß ihn gewähren lassen.
Schmidt schrieb mir s. Meinung mit denselben Worten wie Ihnen und ich setzte ihm die Sache auseinander. Er ist momentan mit Minor zertragen und daher nicht unparteiisch. Andre wie Roethe stimmen Minor in der Sache bei. – Das Geld werd ich urgieren. Eine günstige Recension Kögels zu bringen erlaubt mir mein Verhältnis zu Kelle [ga]nz wohl. Aber 1. denke ich über Kelle nicht schlecht wie Sie und andre wie Heinzel ebenfalls nicht 2. Hab ich Seemüller schon früher ersucht Koegel bei mir zu recensieren. 3. Ist bis jetzt kein Recensionsexemplar eingelaufen. Da Seemüller mir widerwillig zusagte, u. da ich nicht weiß, ob er das Buch ohne Exemplar überhaupt bespricht: so kann ich vielleicht noch freie Hand kriegen und hab nichts dagegen, wenn es von Jemandem andern günstig besprochen wird (von [w]em meinen Sie?), bin aber auch damit einverstanden, daß das Buch gar nicht besprochen wird. Ich meine immer, daß ichs einer gewißen Clique doch nicht recht machen werde. Wird der 2. Jahrgang besser als der erste und das hoff ich zuversichtlich, krieg ich gute Aufsätze [und] Recensionen, dann wird sich die Zeitschrift ihre Stellung unter allen Umständen erringen; auch gegen das Cliquenwesen. Aber ich dank Ihnen herzlich für Ihren Wink.
Die Stellen im Wielandartikel hab ich corrigirt & hoffe, daß der 1. Bogen nicht abgezogen war. De[n] Druckfehler auf S. 16 hatte ich schon früher gebessert.
DLD 49/50 sende ich erst, wenn ich 51 erhalte, was bald sein wird. Von der Übersetzerbibliothek ist Band 1 fertig; wird wohl im Oct. ausgegeben. Haben Sie einen Prospect? – In dem Prospect der DLD dürfte Ihnen nur Emil Horner fremd sein, ein Schüler Mi[nor]s. Kossmann ist im Haag, Sahr Schullehrer in Dresden. Von den Autoren wol nur Seemann vgl ADB - Turnis ist das erste Iambendrama des 18 Jh. – Withof & Oest verlangte Bernays – mit Recht; Kerner verlangt Schmidt. Meyer v. Bramstedt will mir Leitzmann aufhalsen. Werd mich aber wehren. Gleim macht Witkowski. Überhaupt ist die 3. Serie problematisch; 1. und 2 aber fix, auch Fresenius, der schon 1895 den Druck beginnen will. Rathschläge Abrathschläge von Ihnen sind mir sehr willkommen. Herzlich grüßend Ihr
dankbar Erg.
AS.

Graz, 27. September 1894 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 27 IX 94

Lieber freund Ihr vorwort zur neuen folge beschämt mich. Ich leugne nicht, dass ich oft die empfindung hatte, dass nur die wenigen mitarbeiter wussten, wie viel arbeit ich an die DLD setzte; ich weiss auch sehr wol, dass ich leider manche mitarbeiter verdriesslich machte, weil ich die sammlung so behandelt wissen wollte, wie ichs für recht hielt, wobei ich gewiss manchmal unrecht hatte. Nun gönnen Sie mir ein öffentliches zeugnis, wie ich es schöner nicht wünschen kann und so schön nicht verdiene. Ihr schlusssatz ist die größte ehrung, die mir je erwiesen wurde. Mein dank kann nur darin bestehen, dass ich Ihnen behilflich bin, wo Sie es wünschen und wie ich kann. Möge der erfolg der neuen reihe auch dauerlich günstiger sein als der der alten. Die schrift mit der Sie eröffnen, trifft gewiss ins schwarze wie das heft, mit der die alte geschlossen wird. Für beide danke ich bestens. Bei einer anzeige von Götz’ briefen habe ich mein bedauern ausgesprochen, dass aus buchhändlerischen bedenken, die gedichtsammlung zeitlich beschränkt worden ist; ich halte es für gut, Sie in dieser richtung gegen den ängstlichen Nast zu unterstützen; und nur so darf und kann es aufgefasst werden.
Auch für die nachsichtige aufnahme meines briefes schulde ich Ihnen dank. Ich weiss nur zu wol, wie sehr man in der zusammenstellung eines heftes gebunden ist und wie schwer, ja gelegentlich unmöglich es ist, einen mitarbeiter zu zügeln. Dass Sie reichlich material haben, gewährt Ihnen die mög- lichkeit der auslese. Gewiss brauchen Sie Kögel nicht besprechen zu lassen, der inhalt liegt ja eigentlich vor der zeit des Euphorion; mir schwebte nur vor, die parteilose gerechtigkeit müsse auch ihn (für den persönlich ich gar keine neigung (weder zu- noch abneigung) habe) ! vorführen, damit es nicht aussieht, als ob Ihre nachbarn ein vorrecht hätten. Ums cliquenwesen können Sie sich so wenig kümmern wie ich es tat. Ich liess alle zu worte kommen, die einlass begehrten mit einer sache, die einlass verdiente nach meiner meinung. Ich habe mich selbst um ansichten der mitherausgeber dabei nicht gekümmert und ihren einspruch nicht gehört. Ich weiss nicht, ob Sie mich auch zu einer clique rechnen. Mit willen gehöre ich keiner an. Und die DLD und die VJS zeugen, dünkt mich, nicht für cliquenwesen.
Auch das programm Ihrer übersetzungsbibliothek ist reich. Auf Lucian u. Shakespeare freue ich mich besonders, weil ich sie besonders bedarf. Bodmers Milton*, Wielands Johannisnachttraum könnte ich einem schüler übertragen. Auch für die DLD kann ich aus meinem oder der hiesigen Bibliothek besitz vorlagen liefern u. vielleicht einzelne bearbeiter empfehlen (ohne irgend einen aufdrängen zu wollen): so für Canitz Nebenstunden, Gottsched CDK 1730, Breitinger, CDK 1740, Schönaich u. a. m. Denken Sie nicht auch an dramen von Chr. Weise?
Alles gute ins haus!
Ihr
treu ergebener
BSeuffert.

* Es müssten wol aus den späteren auflagen einige proben dazu kommen, denn sie illustrieren wirklich, was Bodmer sagt, dass er darin zeige, wie er aus dem Schweizerischen Deutsch zum Schriftdeutschen sich durcharbeitete. In diesem betracht, f. die gesch. der deutschen sprache, sind die übersetzungen wertvoller als rein litterarhistorisch.

Graz, 3. Oktober 1894 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Gestern schenkte mir prof. Adamek aus dem nachlasse seines schwagers Kutschera die Grillparzeriana, die ich für Sie annahm und Ihnen also gleichzeitig schicke. Vielleicht finden Sie etwas darunter, das Sie in Ihre sammlung aufnehmen mögen.
Alles gute wünscht Ihr ergebener
BSfft.

3 X 94

Prag, 4. Oktober 1894 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

4/10 94. Smichow 586.

L. F. Ihre liebenswürdige Gabe verpflicht[et] mich zu herzlichstem Dank. Es ist einiges darunter, das ich schon längst gern besessen hätte; einiges das ich mir mühsam excerpiert habe. Es ist eine reiche Vermehrung meiner reichhaltigen Sammlung. – Auf Ihren Brief antworte ich später ausführlicher. Daß Sie meine Worte gut aufgenommen haben, bereitet mir große Freude. – Daß ich Sie nicht mit zu jener Clique zähle, über deren Gesinnung ich mich beklagt habe, beweist aber schon der Umstand, daß ich die Klagen selbst an Sie richtete. Übrigens bin ich noch immer voller Hoffnung für das Gedeihen der Zeitschrift. Heute gieng das Manuscript für das 1. Heft 1895 ab; ich sende Ihnen gelegentlich einzelne Correcturbogen wenn Sie gestatten: wie Sie früher öfters gethan. Herzliche Grüße. Ihr AS

(Prag), 20. Oktober 1894 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

20/10 1904.

L. F. Samstag Nachmittag. Erste Collegwoche vorbei. Schnaufe etwas aus und will nun Ihren lieben letzten Brief be[an]tworten. Inzwischen haben Sie Heft 3 bekommen u. heut Früh hab ich Ihnen Heft 4 (bis auf die Bibliographie, von der ich nichts entbehren konnte) in Correcturbogen gesendet. Wenn Sie gestatten schick ich Ihnen nächstens auch Proben vom neuen Jahrgang, an dem bereits gedruckt wird. Der alte Jahrgang liegt bereits weit hinter mir. Ich sehe die Misgriffe deutlich, ich weiß aber auch, daß nicht ich allein daran die Schuld trage. Auch für den 2. Jahrg. [li]egt noch einiges da, was ich längst acceptiert habe (u. daher bringen muß! oder giebt es da einen Ausweg?) und was mich geniert. Aber im Ganzen wird dieser Band u. speciell das 1. Heft weit besser. Brunner, Literaturgeschichte und Literaturkunde in der Schule. – Hauffen

über das Volkslied von den 2 Gespielen. – Szamatólski, Faust in Erfurt. – Rubensohn, der junge Opitz. – Veit Valentin, Walpurgisnacht in Goethes Faust. – ESchmidt, Schwäbisches; Schubart, Franziska v. Hohenheim, Schiller, Uhland. Reizende Briefe. Recensionen: Spitzer, Alt Vom Charakteristisch Schö[n]en; Hauffen, Sagensammlungen, Müller = Fraureuth: Fürst Meißner; Guglia, Forsters ausgewählte Schriften; Ich: Literaturgeschichten (Hettner, Wackernagel, Koch etc.) – Das 2. Heft wird abfallen dagegen. Aber anders kann ich mir nicht helfen. Doch kommen gewiß auch ein paar gute Sachen hinein. Etwas reich gesegnet bin ich mit Miscellen (R. M. Meyer, der schreckliche Distel, auch Fränkel liefert nichts a[n]dres); aber seitdem ich sie petit drucken lasse, liegt nur wenigen daran. Von dem petit-Satz mach ich im neuen Jahrgang auch sonst gelegentlich Gebrauch. Ich kann mir nicht anders helfen. Die Abonnenten sind auf 240 gestiegen. Vielleicht bringt das neue Jahr doch Hoffnung. Pünktlich werd ich sein. Zu Weihnachten ist das (starke) Heft fertig. – Bei meinen beiden Sammlungen hängt nun alles vom Absatz der ersten Hefte ab. Gehen diese gut, dann darf ich ein rascheres Tempo einschlagen, wenn nicht, dann muß ich retardieren. Zuerst werd ich bei beiden Sammlungen diejenigen Nummern finden müßen, für die Herausgeber bereits in den Prospecten verzeichnet sind. Ich kann daher momentan nichts sicher vergeben u. vor allen andern kann ich jüngere Leute nicht auf die Bearbeitung von Sachen hetzen, die ich vielleicht erst in 10 jahren drucken lassen kann. Ich habe mir Ihre Vorschläge notiert u. werde [m]ich, wenn diese Dinge an die Reihe kommen, an Ihre Leute halten. Für Caniz sammle ich seit langem Texte; hab mich mich auch um die Handschriften bemüht (bis jetzt vergeblich). Für die Gottschedische Dichtkunst hat mir Minor einen seiner Schüler empfohlen; ich mußte ihm dieselbe Antwort geben wie Ihnen. Grade zu einem so dicken Wälzer bring ich Göschen erst langsam; jedenfalls nicht vor Abschluß des Wernicke. Wegen des Bodmerschen Miltons haben Sie alle[rd]ings recht. Ein vollständiger kritischer Apparat wäre wol ein Unding?? Aber wenn sich die Studien noch weiter so specialisieren wie jetzt (Weißenfels etc.), dann bleibt doch nichts andres übrig, als den Nachlesern und Stoppelsammlern nichts mehr übrig zu lassen. Darf ich für 1896 auf einen Beitrag von Ihnen rechnen? Ich muß auf weithinaus denken. Jedenfalls melden Sie ihn rechtzeitig an, sobald er in Sicht ist. Haben Sie nicht wieder einmal zu kleineren Recensionen Lust wie sie im 1. Heft waren. Oder zu ein paar knappen Anzeigen in der Bibliographie? Ihnen einzelnes anzutragen getraue ich mich nicht. Alles Schöne und Gute. Ich bin erträglich frisch u. recht fleißig. Treulichst Ihr AS.

Graz, 21. Oktober 1894 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Ich muss den 18. Goethebd. redigieren. Dabei liegt Ihr Hausball, aber nur der text. Geben Sie mir doch – ich habe habe von Weimar den befehl erhalten, Sie direct darum anzugehen – möglichst bald den apparatus.
Grüssend Ihr
BSfft

Graz 21 X 94

Prag, 22. Oktober 1894 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich kann Ihnen den Apparat zum Hausball nur schicken, wenn Sie m[ir] den Text zurückstellen; dann aber auch augenblicklich. Wahle nahm mir im vorigen Jahre in Weimar den Text weg, den er dringend zu brauchen vorgab und gab mir die Erlaubnis, den App. später wenn der Text gedruckt sei nach zu liefern. Mich trifft also keine Schuld.
Ich sende Ihnen heute den Schluß des 4. Heftes.
Treulichst
Ihr AS.

Prag 22/10 94.
Smichow 586

Graz, 23. Oktober 1894 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Mitten aus drängender arbeit für Weimar danke ich für Ihren lieben brief u. das 4 heft, worin mir besonders Günther u. Herder zusagten. Creizenach ist wirklich das blinde huhn, denn er weiss nicht, dass über die alliteration bei röm. dichtern (ich glaube auch bei griechischen) genug litteratur existiert. U. an diese klass. allitt. knüpft Klopst. wie die anakreontik an, wie Ihnen zur genüge bekannt ist. Auch unter den miscellen u. recensionen ist gutes, das schlussheft wird gefallen. Für weitere zusendung von korr-bogen bin ich auch darum dankbar, weil ich so die raren SA gewinne, die ich meinen büchern beizulegen pflege. Ihrem verleger tragen Sie doch auf, dass er die hefte heften lässt; es ist widerwärtig, wenn man bis zum abschluss des bandes die nach dem aufschneiden zerflatternden blätter hüten muss. – Ob ich nach Ihrer gütigen aufforderung für 1896 etwas liefern kann, weiss ich nicht; ich habe andere arbeiten vor u. Sie haben genug mscpt. von andern. Auch nehmen Sie mir das ehrliche geständnis nicht übel, dass ich nach empfang des 3. heftes dachte: in einer zs., in der Minor so über K Fischer schreiben darf nach all dem was er sonst in der zs. schon von sich gab, tauge ich nicht. –
Besten dank und glückauf zum 2. jahrgang! Lassen Sie doch die schwachen beiträge vergilben, bis es den hh. verff. zu lang wird! Vollständiger krit. apparat f. Milton-Bodmer ist zu viel, nach meiner meinung.
Grüssend Ihr getreuer
BSfft.

Prag, 24. Oktober 1894 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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L. F. Bei der Registerarbeit wend ich mich mit einem Notschrei an Sie. Ich kann mit den Olympiagedichten u. mit denen an Karoline & Maria Paulowna nicht zurechtkommen, weil mir das Material fehlt. Wollten Sie mir da helfen: Ich denke ich verzeichne die Gedicht an Olympia unter einem Gesamttitel
An Olympia
.. .. ..
... ... ...
und ordne sie dann chronologisch. vielleicht die anderen auch so. Ob es bei denen an Ol. nicht notwendig ist, die Anfangsverse beizusetzen? – Achten Sie bitte auf die S. 714 erwähnten Gedichte. Wie ists mit dem Lied als Antwort auf Anna Amalias Gedicht [S.] 713. Bitte, sind Sie nicht bös. Ihnen fällt die Zusammenstellung gewiß nicht schwer. Herzlich grüßend
Ihr
AS

24/10 94.

Prag, 24. Oktober 1894 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 24/10 94.

L. F. Daß Sie auf Grund des Minorschen Artikels über KFischer meiner Zeit[schr]ift fast die Mitarbeiterschaft kündigen wollen ist nicht hübsch von Ihnen. Daß ich nicht einseitig philologisch vorgehen werde, mußten Sie von Anfang an wissen; das sagte Ihnen mein Prospect, meine Briefe und auch die bisherige Haltung der Zeitschrift. An Minors Artikel finde ich nichts auszusetzen. Es ist eine Reverenz vor einem alten verdienten Mann, von dem wir Alle Anregungen empfangen haben und noch immer empfangen. Ich habe manches gegen ihn auf dem Herzen: aber ich lerne von ihm. Und ich sage mir, da die Philosophen über sich selbst nicht einig sind, so lasse ich sie alle miteinander gelten. Sehen Sie doch zu, wie Elster seinen Wundt ausspielt (nicht blos gegen Minor). Brentano – Marty erklären Wundt für den unklarsten Kopf d. Erde. Spitzer in seiner Recension von Alt setzt Zimmermann die Krone auf, den andre für einen [Sch]afskopf halten u. s. fort. – Daß ich nicht mit fliegenden Fahnen ins Lager der Philosophen und Aesthetiker übergehen werde: das wissen Sie wohl. Aber ich lasse sie zu Worte kommen; wegen meiner alle der Reihe nach. Das wird zur Klärung mehr beitragen als schroffe Abweisung. Was Minors andre Beiträge betrifft, so können Sie gegen die Kleiststudien nichts vorbringen. Bleibt sein Einleitungsaufsatz. Der, lieber Freund, ist ebenso einseitig, wie der Schönbachs nach andrer Richtung einseitig ist. Erweckte der herben Widerspruch, warum nicht auch der Minors? Abgesehen davon, daß ich Minor nicht vor den Kopf stoßen kann, so wenig wie Schmidt. Auch in der Viertelj. hat er manchmal überflüssige Dinge vorgebracht, Studien zu Grillparzer als neu aufgetischt, wo die betreff[en]den Dinge von mir längst ins Reine gebracht und in der Ausgabe sauber verbucht waren. Das ist nicht zu vermeiden. – Wegen Creizenachs haben Sie Recht. Ich wollte ursprünglich sogar eine Anmerkung ähnlichen Inhalts hinzufügen. Unterließ es dann aber. Wertvoll ist mir s. Beitrag wegen des öst. Ministeriums; die Subvention ist noch nicht bewilligt. Es ist jetzt wenigstens documentirt, daß der früher ausgeschlossene jetzt mitarbei[te]t, unter einem polnischen Minister jetzt von doppelter Wichtigkeit. Darum hab ich den Artikel auch noch ins 4. Heft gestellt, obgleich er erst vor kurzem eingetroffen ist. –
Daß Sie wenigstens mit dem Übrigen nicht ganz unzufrieden sind, ist wenigstens ein Trost. Ich höre wenig Zustimmendes u. wenig Ablehnendes über die einzelnen Hefte. Also vielen Dank für Ihre A[u]frichtigkeit und Ihren Rath. – Das Heften der Bogen wird nun hoffentlich nicht mehr unterbleiben. Der Verleger behauptet von dem Bayreuther Buchbinder betrogen worden zu sein.
Gestern habe ich Sie wegen des Registers gebeten. Vielleicht können Sie meine Bitte bald erfüllen. – Vom künfti[ge]n Band sende ich Ihnen bald etwas. Ich will Ihnen nur nicht erste Correcturen senden, weil man von diesen doch nichts hat.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
AS

Graz, 27. Oktober 1894 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Graz 27 X 94

Lieber freund Mir liegt nichts ferner als vom Euphorion eine einzige richtung zu verlangen: je mehr, desto besser. U. gar gegen die philosophische bin ich nicht feind: ich habe es immer für einen schaden gehalten, dass 2 jahrzehnte lang die gesch. der phil. für den litterarhistoriker nicht zu existieren schien. Verfällt man jetzt ins extrem, so wird sich das korrigieren. Für extrem halte ich Elster wegen der berufung auf Wundt; ich habe den allergrößten respekt vor Wundt und wünschte, dass wir viele solcher physiologen hätten, dann käme die philos. auf eine festere basis; aber für jeden nicht physiologisch gebildeten bleibt Wundt in vielem unverständlich. U. zweitens: was als experiment am lebenden körper gemacht wurde, kann nicht historisch ebenso gemacht werden.
Ich habe auch nichts gegen K. Fischers geburtstagfeier, obwol ich seinen errungenschaften häufiger ablehnend als zustimmend gegenüberstehe; auch ich habe von ihm gelernt oder wenigstens mich negativ anregen lassen. Das ists an sich nicht, was mich zaghaft macht. Da hätte ich mich auch auf Witkowski berufen müssen u. hätte Ihnen auch meinerseits nicht den ausfall gegen die philosophie zumuten dürfen (den übrigens Spitzer so wie er steht gebilligt hat). Wir brauchen philologie u. philosophie, jede an ihrem ort.
Aber etwas anderes macht mich und andere scheu: der ton in dem Minor spricht. Was nützt es denn der litteraturgeschichte – und für sie ist doch der Euphorion auf dem titel und innerlich bestimmt – wenn Minor seine ansichten über studentenverwendung, über anforderungen an privatdocenten, über geschichtsschreibung der philosophie aufdrängt. Hätte er über Kuno Fischer gesprochen! hätte er ihn als den grösten litterarhistoriker hingestellt! meinetwegen! Aber was soll diese allgemeine auseinandersetzung über philosophische bücher? Wie kann er Dilthey zwischen Haym u. Fischer setzen? Dilthey gravitiert in eine ganz andere richtung als jene beiden. Wie kann er in einem loblied auf Fischer M. Bernays nachtragen? Auch ist die philos. auf dem wege, von der knappen reproduction der systeme abzuweichen u. wirklich historisch zu verfahren wie Ihr Jodl in seiner Ethik, wie Stein in seiner Ästhetik. Die ganze auslassung Minors ist eben wie andere enunciationen von ihm persönlich, die sache ist dabei secundär. Seine Kleistiana sind anders; auch seine schnitzelejaculation ist nicht eigentlich vom übel; dagegen sag u. hör ich kein wort. Aber die herablassende anmassung, mit der Minor theoretisiert, vertragen andere so wenig wie ich. Und das exempel mit K. Fischer wiegt um deswillen schwer, weil ein derartiger erlass in ganz anderem grade die mitverantwortlichkeit des herausgebers trägt als jede sachliche untersuchung, seine veröffentlichung also die zustimmung des herausgebers documentiert.
Nehmen Sie mir diese ausführungen nicht übel. Ich leugne nicht, dass ich seit langem Minor schwer vertrage. Ich leugne nicht, dass ich jüngstens durch zuschriften u. gespräche in meiner auffassung seiner person bestärkt bin. Über meine 6 bde VJS. zusammen habe ich nicht so viel gehört, wie über Ihre 3 hefte Euphorion. Ihre zs. wird von ehemaligen u. jetzigen meiner zuhörer gehalten. Ohne dass ich frage, tragen sie mir ihre meinung zu. U. ohne dass sie wissen können, wie ich über Minor denke, stossen sie alle sich gerade an dessen beiträgen. Da lern ich vielleicht die sache auch übler ansehen als sie liegt.
Ich denke, Sie kennen mich genug, um zu wissen u. zu glauben, dass ich die sache überall ehre, auch da wo mir etwa die person, die sie vertritt, unsympathisch ist. Ich habe nur das traurige gefühl, dass wenn die vorherrschaft der personalität Minors im Euphorion fortdauert, für die sache kein platz bleibt. Ich hatte u. habe die zuversicht, dass Sie mich verstehen und mir darum nicht zürnen. Ich hielt u. halte es für freundespflicht, dass ich Sie auf den üblen eindruck der Minorartikel aufmerksam mache. Sie denken immer, es stecke nur Erich Schmidt hinter mir; Sie würden sich täuschen, wenn Sie meinten, dass ich für ihn vorspanndienste tue, wo ich den wagen nicht auch selbst zu ziehen das bedürfnis habe. Und ich hoffe Ihnen seit jahren mit ja und nein bewiesen zu haben, wie ernstlich mir an Ihrer freundschaft gelegen ist, wie ernstlich ich wünsche, dass Ihnen alles gelingt. Und Sie werden dafür auch in zukunft immer die beweise erhalten, so oft Sie wollen. Bleiben Sie mir gut! Uns beiden steht doch die sache über unserer person.

Sehr neugierig bin ich auf die anzeigen des 4. heftes über Kühnemanns Herderausgaben; gerade dieser bogen fehlte in Ihren gütigen sendungen. Kühnemann ersuchte mich um aufnahme einer entgegnung auf meine recension in der DLZ. in „meiner“ zs. Euphorion. Ich habe ihm geschrieben, dass ich nicht der redacteur bin. Ich erkläre im vorhinein, dass ich nicht gekränkt bin, wenn Sie ihn mich bei sich abkanzeln lassen. Freilich wäre die DLZ dafür der richtigere ort nach meiner unmassgeblichen meinung. Und meine rec. enthät einen passus, der mir jede duplik bequem macht.

Für die VJS. erhielt ich jüngst wieder einen beitrag über Goethes Wahlverwandtschaften. Wäre der grosse artikel nicht so hervorragend elend gewesen, so hätte ich den verf. an Sie gewiesen.
Hat sich Puls aus Altona nicht bei Ihnen gemeldet? er hatte für die VJS. gute vorarbeiten über Kopisch eingesandt, deren umarbeitung nach meinen bitten er versprach, sie kam aber nicht mehr rechtzeitig. Da wäre etwas aus dem 19 jh., nach dem Ihre leser bei mir seufzen.

Ihre frage wegen des registers kommt gleichzeitig mit Ihrem brief. Dünkt es Sie nicht genug, die gedichte summarisch zu verzeichnen? Wer will das einzelne nachschlagen?
An (Anna Amalia von Sachsen-Weimar = Olympia) 540. 695–714.
An Karl August von S. W. 714. 715.
An Karl Friedrich von S. W. 715.
An Luise von S. W. 715.
An Caroline von S. W.-Mecklenburg 715. 716.
An Maria Paulowna 716. 717.
Charaden 713. 714.
Euripides, Helena übersetzung 714.
Horaz Briefe Übersetzung 715.
Dschinnistan 711.
Göttergespräche 711 usf.
Mir kommt solche übersicht bequemer für den benützer des registers vor als specialisierung nach titel oder anfängen. Wem nützt es zu lesen
Anecdote aus dem Olymp.
Merlins weissagend Stimme aus seiner Gruft im walde Brosseliand usf.? Ich sage ja doch auch nicht über jedes etwas; der artikel ist nicht bibliographisch. Wollen Sie aber doch mehr, so werd ich gerne eine übersicht entwerfen.

Leben Sie wol für heute. Ich muss zu Goethe 18 zurück. Dass ich Ihnen mit der bitte um den zusatz zum Hausball keine kränkung antun wollte, müssen Sie wissen. Ich habe die Weimarer, die vorgaben, mir alles geschickt zu haben, darnach gefragt u. gebeten mir das stück zu senden, da ich der meinung bin, dass das sammeln aufgabe der centrale, nicht des redactors ist. Darauf erhielt ich wirklich einen befehl, wie ich neulich schrieb, mich direct an Sie zu wenden. Schicken Sie mir doch, bitt ich, nicht zu, was andere versäumen oder verschulden.

In alter treue
Ihr aufrichtig ergebener
BSeuffert.

Warum ist Schroer von der redaction der Wiener Goethevereinschronik entfernt worden oder abgegangen? Wer ist sein nachfolger v. Payer?

(Prag), 28. Oktober 1894 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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L. F. Sie erhalten hier den Hausball [zu]rück mit den Lesarten. Seien Sie so gütig, sich v. d. Hellen S. 366 ff. anzusehen. Ich glaube nicht, daß die Bemerkungen, die dort gemacht sind, hier noch einmal mitzutheilen wären; auch nicht, daß die Autorschaftsfrage breiter zu erörtern ist. – Was die Lesarten betrifft, so ist die Chiffre H überall weggelassen. Wahle [rie]th mir vdHellens Druck als J zu citieren. Ich meine, nach den Principien der Ausgabe, ist sowol Loeper als v d Hellen belanglos, da wir dasselbe Original wiedergeben; nur 51 17 empfiehlt es sich vielleicht vdHellen zu citieren (mit Namen), weil ich gegen ihn polemisiere. 97 1 ists vielleicht nicht notwendig; er liest „he“ es heißt aber „ho“; darum hab ich „hob“ in Klammer hinzugefügt. – Die etwas subtilen Angaben über Schreiberversehen etc. bitte ich nicht herauszustreichen; sie können doch noch für die Autorschaftsfrage vo[n] Wert sein. O hab ich nur dort citirt, wo es für die Textgeschichte von Wert ist, sonst nicht. Oessenkehrer muß stehen bleiben; ob auch Schröcken. Wahle strich es mir. Gehört es in die Lesarten? Ebenso: sprüzte? Wegen Prokurator (Procurator) war Wahle im Zweifel; das bedeuten die Striche am Rand. Bekomme ich den Apparat nochmals zurück um die richtigen Zeilenzahlen einzufügen oder geschieht das in der Correctur?
Hoffentlich genügt es.
Damit es heute noch abgeht, füg ich sonst nichts mehr hinzu.
Herzlichst
Ihr
ASauer

Graz, 29. Oktober 1894 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Besten dank für prompte erledigung. Es ist alles in ordnung. Gewiss brauchen Sie v d Hellen nicht zu collatonieren, ich lasse lediglich 51,17 seine erwähnung. Auf 366 ff. der Goethe-Schriften 7 hab ich vorne verwiesen, auch auf Ihre einleitung zum Wiener neudruck über das verhältnis der bearbeitung zum original. Ferner hab ich beigefügt, der text sei nach der orthogr. der gesammtausg. eingerichtet, die lesarten verzeichneten nur, was fürs ohr abweiche. Ich habe keine Ihrer angaben gestrichen (ausser eine stehen gebliebene auf 7), dagegen 8 fälle eingesetzt: 3 ????] spass H 2 Schrecken] Schröcken 1 Wirkung] Würkung 1 spritzen] sprüzen 1 möchte] mögt. Das sind doch die in den „Grundsätzen“ vorgesehenen fälle, die das ohr hört.
H erlaubte ich mir nach analogie anderer beiträger zum bde. beizusetzen.
Meinem letzten brief nehmen Sie hoffentlich gut auf. Es handelt sich nicht um die melodie, sondern um die tonart.
Noch eins: ein paarmal setzte ich H statt Seidler, da ja das identisch ist. Sind Sie mit meiner redaktion nicht einverstanden, so melden Sie mirs, bitte, gleich. Sie werden vermutlich die lesarten nach dem drucke des textes nochmals wegen der ziffern erhalten. Wenigstens sagt Suphan jetzt so. Grüssend in treuen BSfft.

Prag, 31. Oktober 1894 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, Smichow 586

L. F. Mir ist alles recht was Sie verfügt und eingesetzt haben. H [und] Seidel sind allerdings nicht iden[ti]sch. Wenn bei Correcturen trotzdem ein paar Mal Seidel statt H gesagt ist, si könnte dies entweder aus vdHellens Apparat stammen oder es sollte bedeuten, die Correctur sei nicht von G. Ich glaube aber jetzt, daß Sie recht haben, H dafür einzusetzen.
Meine Antwort auf Ihren Brief haben Sie bereits in Händen. Sie sind ja gewiß der treueste Freund der Ztschrft, ja fast möchte ich sagen, der einzige; denn allen andern ists doch nur um ihre eigenen Beiträge zu thun.
RMWerner soll schwer krank sein (Quelle: E Schmidt.) Ich leide unter dem trüben Wetter und kann kaum schreiben. Herzlich grüßend Ihr treulich Erg. AS.

(Prag), 11. November 1894 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich danke Ihnen für Ihre ausführlichen Mitteilungen und hoffe, daß Sie dem Euphorion weiterhin wolgesinnt bleiben. Ich kann die Sache wirklich nicht für so arg halten wie Sie und Ihre Schüler. Ich argumentiere so. Heft 1 steht ganz exceptionell da. Auch Barockes war mir da willkommen; ist Schönbach nicht auch barock? Der Streit mit Strack war eine Folge davon und nicht zu vermeiden. Bleibt also wirklich nur die Seite über KFischer, die doch einen ganzen Band nicht [a]ufwiegt. Momentan liegt gar kein Manuscript Minors bei mir und ist auch keins zu erwarten. Da nun mit Heft 5 ESchmidt auf den Plan tritt, so verschiebt sich vielleicht das Bild um etwas. Hätte Schmidt gleich vom Anfang an was Tüchtiges geliefert, so wäre der Eindruck von Minors Vorherrschaft, die gar nicht vorhanden ist, gewiß nicht entstanden. Ich stehe mit Minor in keinem regelmäßigen, ja überhaupt in keiner Correspondenz. Seit Anfang Spt. hab ich kein Wort von ihm gehört. Seine Art werd ich allerdings nicht ändern und die Zeitschrift kann ich ihm schwerlich verschließen. Gern will ich aber in Zukunft etwas vorsichtiger sein. –
Naumanns Herderrecension ist leider! belanglos. Ich hatte bei ihm eine Rec. von Kühnemanns Buch bestellt (von dem das Sie besprochen haben) und er lieferte mir die Besprechung der Ausgabe. Refüsieren konnte ich es aber nicht; denn ich hatte ihm keine Rec.-Exemplare liefern können. Wendet sich Kühnemann mit der Erwiderung an mich, so will ich Ihnen vom Neuen schreiben. Wahrscheinlich ist das Schriftstück für die Lit. [Zt]g zu lang. An Puls in Altona hatte ich mich gleich auf Ihren ersten Wink im vorigen Jahr brieflich gewendet. Er hatte aber, wenn ich mich nicht irre, die Arbeit bereits an Lyon gesandt. Trösten Sie diejenigen, die 19. Jh. begehren. Es liegen bei mir Aufsätze über Brentano und Mörike. GKeller u. Rückertsachen sind in Sicht. Platz! Platz! Platz! –
Im Register hab ich die Wielandiana nach Ihrem Rath knapp behandelt. – Ihre Einforderung des Apparates zu Hausball nahm ich nicht im mindesten übel; ich wollte Ihnen nur erklären, wie so es kam daß er fehlte; ich fand ihn druckfertig unter meinen Papieren. – Schröer hatte Streit mit Ilg & Genossen wegen des Goethedenkmals (die Wiener Ztg. waren im Frühjahr voll davon) u. trat a[u]s dem Verein aus. R. v. Payer ist ein Schüler Schmidts noch, wenn ich nicht irre. Ein netter Mensch (ich kenne ihn persönlich nicht), Hilfsbeamter im Unterrichtsministerium aus Not; Sectionsrath David schätzte & förderte ihn sehr. Vor einigen Jahren machte er eine gute Arbeit über den Stoff von Grillparzers Traum ein Leben, die gedruckt ist. Ich glaub: Stoffgeschich[te] ist s. Domäne; für ihn dürfte die Preisausschreibung (vide Euphor. I 1) bestimmt sein. Ich glaube, daß die Chronik bei ihm in sehr guten Händen ist (Beiträge zum Diwan stehen von ihm drinnen) u. hab ihm meinerseits meine Mitarbeiterschaft zugesagt. Thun Sie es doch auch. Viele Grüße. Treulichst
Ihr AS.

Wissen Sie mir Jemanden der mir einen kurzen Nekrolog auf Bechstein schriebe?

Graz, 12. November 1894 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Herzlichen dank für das schöne eröffnungsheft, lieber freund. Alles glück! Mich freut besonders, dass hier auch ausführlichere einleitungen platz finden können. Auch für den letzten bogen zu heft 4 danke ich, der berichterstatter über Kühnemann hat mich nach dem was Sie mir vorausschrieben nicht mehr enttäuscht. – Einen nekrologisten für Bechstein weiss ich wahrhaftig nicht zu nennen. Sollte Roediger es sein mögen, da er vielleicht nachfolger wird? U. überhaupt: wer mag den toten schelten, wer mag ihn gelobt hören? Nur ein nichtphilolog hätte die freiheit, über ihn gutes zu sagen.
Herzlich
Ihr
BSeuffert.

Prag, 24. November 1894 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Wei[l] Sie es vielleicht überse[hen] könnten! Ein köstlicher Spaß. Fränkel schreibt in der Zs. f. d. d. U. von Ihren beiden Lichtenbergrecensionen im 1. Heft des Euph. ‚Diese beiden hätten wohl praktischer Weise von demselben Mitarbeiter besorgt werden können.‘
Heft 1 des neuen Jahrgangs ist bereits ganz gesetzt. Nächstens kriegen Sie Correcturbogen.
Herzliche Grüße
von Ihrem aufrichtig Erg.
AS.

Prag 24/11 94
Smichow 586

Burdach schreibt mir einen Aufsatz über Hildebrandt; Haym die Recension über Humboldts Tagebuch. Köster rec. Bernays.

(Prag), 6. Dezember 1894 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

6/12 94.

L. F. Ich stellte Ihnen heute einiges aus dem neuen Heft zusammen. Der unglückselige Müller-Fraureuth ist schon um die Hälfte gekürzt! – Mit Pawel: Gleim – Rabener [bin] ich jämmerlich hereingefallen; der Brief ist schon gedruckt wie mir Schüddekopf nachweist u. ist fehlerhaft wiedergegeben (Es war der 1. Beitrag zur Zeitschrift, den ich erhielt; lang genug hatte ich ihn liegen lassen). Drum verzeihen Sie mir, wenn ich Sie mit folg. Frage belästige. Pawel schickte mir 1 langen (nicht uninteressanten) Brief Wielands an Reich 25. Juli 1764 über d. Agathon. Er stammt aus dem brit. Museum. Kennen Sie ihn? Wissen Sie ob er gedruckt ist? Es hat keine Eile damit. Ich lass ihn eine Zeitlang liegen.
Sie hatten die Güte mir vor einiger Zeit eine Rec. über Reicke-Gottsched aus den Göttingern zu senden. Dadurch haben Sie den frevelhaften Wunsch in mir wachgerufen, Wolfs Gottsched dessen 1. Band soeben erschienen ist, von Ihnen angez[ei]gt zu sehen. Ich lasse Ihnen Zeit dafür solang als Sie wollen und räume Ihnen Platz ein soviel als Sie wollen. Hoffentlich haben Sie Bechtel noch nicht zugesagt. – Aber noch eine heißere und schwerere Bitte hab ich am Herzen. Elster bittet mich um eine Rec. seiner Programmschrift. Ich gestehe Ihnen offen: ich wollt sie zunächst n[i]cht besprechen lassen u. war froh, daß kein Rec. Ex. kam. Nun, da ers haben will, so mag ich mich dem nicht entziehen. Minor will ich aber nicht drum angehen. Das gäb eine wüste Polemik, der ich ausweichen möchte. Wem sonst? Sie haben mir einmal [ge]sagt, daß Sie gern über diese Dinge im Euphorion schrieben, daß Sie Colleg darüber gelesen haben. Wie wärs, wenn Sie das für mein 4. Heft thäten als Anfangsaufsatz, von Elster ausgiengen und dann Ihre Gedanken entwickelten. Überlegen Sie sichs. Das 4. Heft sollte Anfang Oktober erscheinen; ich bräuchte den Aufsatz also vor den Ferien. Oder Anfang des 3. Jahrgangs (da bräuchte ich das Manuscript im October 1895). Diese Daten gelten nur für einen Garmond-Artikel. Als Recension bring ich die Besprechung immer unter.
Mir ist in letzter Zeit einiges gelungen. Burdach schreibt über Hildebrand, Haym recensiert das Humboldtische Tagebuch, Köster: Bernays Kleine Schrifte[n]. Elster: Betz Heine. Spitzer: Volkelt. Überhaupt denk ich daß die Sache mit der Zeit sich ganz gut anlassen wird, wenns der Verleger aushält. Aber die Früchte meiner jetzigen Bemühungen zeigen sich erst in einem Jahre oder noch später. – Leider machte der Verleger wieder eine Dummheit, indem er die (über die 5-Zahl bestellten) Sonderabzüge übermäßig hoch berechnete. Darob unverschämte Reclamation von Geiger, liebenswürdig-entschiedene von Schmidt im Namen Herrmanns. Also: Verdruß, Verdruß, Verdruß!
Vorgestern sprachen wir Zwiedineck auf der Bahn. Frisch und anregend wie immer. Ich bin heut marod. Sonst aber ziemlich beisammen. Treulichst Ihr AS.

Graz, 7. Dezember 1894 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ihre mir wirklich unzugängliche mitteilung über die feine spürnase, die h. Fränkel in der Zs. f. d. u. bewährt hat, hat mich sehr amüsiert. Auf Burdach über Hildebr. freue ich mich, obwol ich nicht verstehe, was so grosses er an H. zu finden pflegt. Ebenso ist Haym über Humboldt zu hören eine sehr angenehme erwartung. Ihr verleger hat nun honorar geschickt, was ich wegen einer früheren anfrage Ihnen eigens anzeige. Ich sehe, dass ich den 1. band sehr beladen habe u. danke Ihnen, dass Sie so viel fracht aufnahmen.
Wollen Sie zum 100. todestag des JA Ebert (märz 95) ein paar briefe an wieland? 20 VI 83. 23 IX 94. Der 2. ist lang u. teilweise interessant: ein stück daraus steht Böttiger Zust. u. Ztgenoss. 1,156. Lehnen Sie das anerbieten nur frischweg ab; ich wollte Ihnen nur die vorhand lassen falls Sie saecula feiern wollen. Schüddekopf ist sehr vergnügt wenn ich ihm die stücke für seine zwecke überlasse u. ich tue es gern. Darum bitt ich bald um ein wort antwort. Herzlich grüssend u. mit guten wünschen für das nahe fest – denen sich auch meine frau anschliesst u. in die wir Ihre frau einschliessen –
Ihr
BSfft.
7 XII

Hab ich an Pietsch zu viel entdeckt oder gefällt Ihnen die anzeige? Schreiben Sie jetzt nicht einmal selbst einen musteraufsatz für Ihre 1. abtheilung? Das wäre schön u. nützlich.

Prag, 9. Dezember 1894 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vielen Dank für Ihre Karte. – Hildebrand schätze ich sehr. – Ebert ist mir willkommen. Da ich aber das 2. Heft jetzt schon zusammenstelle, müßte ich ihn bald haben oder wenigstens bis Neujahr die ziemlich genaue Angabe wie viel es geben wird. Also: bitte schön. – Das Heft soll pünktlich am 1. April erscheinen. - m[eine] ????? auf Ihre Gottsched-Rec. haben Sie bereits in Form einer Bitte. Möchten Sie nun so freundlich sein und auch Kühnemanns neue Herderbiographie übernehmen. Suphan zeigts für die Rundschau an; Naumann mag ich nicht wieder; ich will überhaupt diese Zwerglein mit der Zeit wieder fallen lassen. Sie könnten sich weiter über K. aussprechen. Das Ex. liegt bereit. – Im Jahrgang 95 komme ich schwerlich zu einem großen Einleitungsaufsatz; aber sobald als mein Grillparzer fertig ist (und er muß es 95 sein, wenn nichts elementares ! dazwischen kommt), so widme ich mich eine Zeitlang ganz der Zeitschrift, nicht blos bibliographisch, wenn sie bis dahin noch [beste]ht. Vorderhand haben wir erst 260 Abonnenten. 400 sagt mein Verleger, braucht er. Wenn ich ihn nur dahin brächte, nach Neujahr tüchtig zu inserieren und sonst was für das Blatt zu thun. Wissenschaftlich hebt es sich entschieden. Nicht? Herzlich grüßend Ihr
AS.

Graz, 13. Dezember 1894 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 13 XII 94

Lieber freund, Meine absicht, Ihnen erst zu schreiben, sobald ich durch die Lektüre des II 1 Euph. meinen dank für die gütige zuwendung aussprechen könnte, lässt sich nicht erfüllen: ich bin so mit laufenden geschäften überhäuft, dass ich alles nicht drängende zurücklegen muss. Die antwort aber auf Ihren freundlichen brief und die karte drängt.
Vor allem muss ich meine höchste freude aussprechen, dass Ihr Grillparzerbuch 1895 abgeschlossen werden wird. Welch bewundernswerte arbeitskraft neben all den redactionellen sorgen, die Sie auf sich genommen haben! Wie haben Sie zur kraft nur die zeit!
Und jetzt die übrigen punkte Ihrer zuschriften nach Ihrer reihe!
Dass Pawel einen brief Wielands an Reich vom 25 VII 64 in London fand, halt ich für unmöglich, Wld. hatte damals noch keine beziehung zu Reich glaube ich. Der brief ist wol an Sal. Gessner gerichtet, identisch mit dem in den Denkwürd. briefen 1, 11 ff. gedruckten, zu dem Schüddekopf aus dem Brit. Mus. eine kollat. des originals gab. Arch. f. littgesch. 15, 255.
Meine Göttinger rec. hätte Sie eher abhalten als veranlassen können, mir recc. zu übertragen: Sie sehen doch, wie lange ich mit der lieferung rückständig bleibe! Ich habe ja überdies noch die La Rochebriefe für Sie zu besprechen. Und ich muss an mich halten, denn ich habe bestimmte verpflichtungen für 1896 eingegangen, und muss ihnen zuliebe schon die Goetheausgabe warten lassen. Ich wäre Ihnen also aufrichtig dankbar, wenn Sie von mir umgang nehmen möchten. Ich habe noch alte Schulden an den Anz., die Gött., die DLZ. und komme vor vorlesungsarbeiten u. Goetheredaction zu gar nichts. Im sommer mache ich ein neues kolleg über poetik: das kostet auch zeit.
Trotzdem erkläre ich mich bereit, Wolfs Gottsched anzuzeigen, falls Sie keinen bessern rec. (Waniek?) finden; denn dies buch muss ich Wielands wegen ja durchnehmen.
Über Elster möchte ich wie Sie schweigen. Seine programmrede gefällt mir nicht. U. ich darf ihm jetzt nicht vor den kopf stossen, da ich seine gutwilligkeit für meinen kontrakt mit dem Bibliogr. institut brauche. Es lockt mich zwar sehr, in die litthist. theorie gerade jetzt einzugreifen; aber ich habe trotzdem sogar die übernahme des einleitenden teiles der Jahresberichte abgelehnt, wo ich doch recht bequem hätte meine ansichten ungeordnet vorlegen können. Ich habe mir Ihre neue vermehrung reiflich überlegt, muss ihr aber widerstehen; nehmen Sie mir das nicht übel.
Endlich Kühnemann: wenn ich dessen Herderbiogr. überhaupt anzeige, so muss es wegen gewisser äusserungen Hinnebergs in der DLZ sein; womöglich vermeide ich aber überhaupt, diesen verf. zum 3. mal zu beurteilen.
Erlauben Sie mir dabei auch ein allgemeines wort: ich breche nicht gerne mit zss., mit denen ich länger in verbindung stehe. Nun soll ich aber für den Anz., die Gött., die DLZ immer viel mehr anzeigen als ich kann u. mag; besonders dem Anz. habe ich in den letzten jahren wiederholt körbe gegeben. Sie werden einräumen, dass ich nicht die meinung aufkommen lassen will, ich wolle die alten beziehungen lösen; u. die meinung müsste aufkommen, wenn ich bei Ihnen reichlich recensiere. Sie selbst halten es ja eben so u. bleiben wenigstens der DLZ treu, da Sie doch all das im Euph. auch besprechen könnten. Ich habe im 1. heft Ihrem wunsche so gut raum gegeben, als ich vermochte; seitdem haben Sie männer genug gefunden, die mehr kraft haben und die zeit, für Sie zu arbeiten.
Dass ich meine verstimmung über Minors auftreten nicht so weit wirken lasse, dass ich aus dem mitarbeiterkreise austrete, ersehen Sie ja aus meinem angebot über Ebert. Ich werde die ersten ferien tage benützen, die briefe zu kopieren u. einzuleiten. Ich denke, dass es mit 2–3 seiten druck getan ist. Ich bitte Sie aber nochmals inständig, mir die stücke zurückzuschicken, falls sie Ihnen unerheblich scheinen; denn ich lege keinerlei wert darauf, sie selber zu veröffentlichen u. trete sie gerne Schüddekopf ab. Ich hielt mich nur für moralisch verpflichtet, Ihnen die vorhand zu lassen. – –
Mir ist, als ob Sie Farinellis Lope de V. u. Grillparzer angezeigt hätten: aber wo? Bitte schreiben Sie mir gleich Ihr urteil über das buch: ich möchte es für eine amtliche sache bis dienstag früh spätestens hören. Ist das buch, das ich nicht sah, ausgezeichnet, so ausgezeichnet, dass sich darauf eine ausnahmsweise bevorzugende behandlung eines habilitanden gründen lässt?
Wie steht es denn mit den familiären hoffnungen, die Sie mir im sommer ankündigten? Gibts ein christkindl?
Das wünscht von herzen
Ihr
getreuer
BSeuffert.

(Prag), 15. Dezember 1894 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich nehme, da ich in großer Eile schreiben muß, das Wichtigste vorweg. Ich las Farinellis Buch bisher blos im Manuscript u. zwar unter eigentümlichen Umständen, im Sommer, an der Ostsee, ohne Bücher u. Excerpte. Ich kann daher nur über den damaligen Eindruck berichten, der der beste war. Ich empfahl das Buch dem Verleger sehr warm, brachte selbst einige stilistische Änderungen drin an, gab dem Vf. einige Winke, die er nach der Vorrede auch benützt zu haben scheint und sprach mich ihm gegenüber lobend über die Arbeit aus. Im Einzelnen habe ichs damals nicht nachprüfen können u. seitdem im Druck noch nicht gelesen (ich recensiere es für den Euphorion). Ob alles mei[n]en eigenen Untersuchungen gegenüber, die fertig da liegen, stand hält, weiß ich natürlich nicht. Ich halte den Grundton etwas für zu hoch gegriffen, die Parallele in dieser Form für verfehlt; aber alles zeugt von großer Tüchtigkeit und Einsicht. Ob die Arbeit das [Prä]dikat ausgezeichnet verdient, wag ich nicht zu sagen. Auch müßte ich wissen, wofür er sich habilitirt, u. was sonst noch von ihm vorliegt. Zu den Aufsätzen in der Zs. f. vgl. Lit. habe ich viele Nachträge; aber für vgl. Lit. Gesch. könnte man ihn meiner [Me]inung nach wol habilitieren; für deutsche allein schwerlich. Da machte ich andre Anforderungen. Hoffentlich genügt Ihnen das.
Im Übrigen heut nur Folgendes: Sie laßen außer Erwägung, ob Sie mir für das letzte Heft 94 oder das erste Heft 95 einen allgemeinen method. Aufsatz (ohne Anlehnung an Elsters Schrift) schreiben wollen. Nach allem, was Sie vorbringen, glaube ich zwar nicht, daß Sie es jetzt thun wollen; aber da Sie im Sommer Poetik lesen, wärs ja doch möglich, daß Sie drauf eingiengen.
Mit den Rec. ists ein Kreuz. Das was Sie sagen, sagt jeder. Jeder will den alten Zeitschriften treu bleiben. Köster, Elster, Herrmann; Wan[ie]k (den ich noch nicht gefragt habe) gewiß auch. Ich selbst muß meine alten Verpflicht. für die DLZ, die Göttinger u. den Anzeiger aufarbeiten; später will ich mich (mit Ausnahme vielleicht des Anzeigers, dessen Redacteur ich großen Dank schulde) auf meine Zeitschrift allein zurückziehen. Ich will Sie also weiter mit Rec. a[uf] längere Zeit hinaus nicht quälen; bitte Sie aber nochmals, daß Sie Wolffs Gottsched, der schon in Bamberg vorliegt, übernehmen.
Ich fahre Montag nach Wien zu einem Vortrag in die Grillparzergesellschaft.
Treulichst Ihr AS.

Graz, 30. Dezember 1894 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 30 XII 94

Prosit neujahr! lieber freund.
Mit müh und not hab ich das Ebertianum zusammengeflickt. Es fehlt mir an büchern. Auch drängt die zeit, da Sie nicht warten können. Und endlich ist das unbedeutende zeug auch kaum wert bis ins letzte ausgearbeitet zu werden, obgleich ich eigentlich diesen anspruch auch dabei an mich mache. Passt Ihnen das aufsätzchen nicht, dem inhalt oder dem umfange nach, so senden Sie es direct an dr. Schüddekopf.
Sie haben recht, das 1. heft Ihres 2. bd. ist wissenschaftlicher als die früheren. Mögen es Ihnen alle leser so danken wie ich. Brunner rührt an vieles wichtige, auch er einer der vielen gymnasiallehrer, die in der litteraturkenntnis ihre eigene ansicht ersticken. Von Schmidts Schwäbischem bin ich enttäuscht.
Dank für Ihre aufklärung über Farinelli: auch Schönbach behauptete steif u. fest, Sie hätten über ihn öffentlich geurteilt. Es handelte sich um die nostrification seines Zürcher doctors; er hat kein gymnasialabsolutorium. Ich wollte von Ihnen hören, ob man den celebritätsparagraphen auf ihn anwenden müsse. Es kam aber gar nicht zu der frage: da das ministerium uns 2 leute, die wir gerne habilitieren wollten, abwies wegen ungenügenden doctors, so wollte die fakultät nicht aufs neue sich einer ablehnung aussetzen.
Ob ich einen allgemeinen aufsatz für bd. 2 od. 3 schreibe, kann ich unmöglich versprechen. Rechnen Sie nicht darauf. Drängt es mich, mich zu befreien von ansichten, so schicke ich Ihnen die herzenserleichterung und Sie drucken Sie dann secundum ordinem wenn Sie überhaupt wollen. Ich darf mich zu nichts verpflichten.
Ich schliesse in eile und wünsche herzlich alles gute in Ihre familie.
Treu
Ihr BSeuffert.

Prag, 1. Januar 1895 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 1/1 95
Smichow 586.

L. F. Ich sehe es als ein verheißungsvolles Zeichen an, das die erste Sendung, die das neue Jahr bringt, von Ihnen ist. das Manuscript wandert gleich [in] die Druckerei und ich danke Ihnen schönstens dafür. Was das 2. heft sonst noch enthält ist folgendes:
Bahlmann, Das Drama der Jesuiten
Stötzner, Ein geschriebenes Liederbuch des 16. Jh.
Sauer, Briefe von JPaul an J. L. Schrag
Burchardt, E. L. Grosse (Selbstbiographie)
Steig, Über den Götting. MA. für 1803
B. Schulze, Zu H. v. Kleists Briefen
Poppenberg, Zacharias Werner als Erzieher,
Neubaur, Die Quelle von Rückerts Chidher
Düntzer, Goethe ein großer Nehmer
Rec. Ellinger, Hausrath: Luther
Fürst, Eloesser: Molièreübers
Spitzer, Biese: Das Metaphorische
Heitmüller, Litzmann: Drama
Kossmann, Niederl. Bibliogr. 1893.
Einiges kommt noch hinzu. – Bleiben Sie der Zs. treu. Haben Ihnen Szamatolskis u. Rubensohns Beiträge nicht gefallen? Herzlichst Ihr AS.

Graz, 8. Februar 1895 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 8 II 95

Lieber freund Für das beifolgende mscpt. Ihres ehemaligen schülers Wukadinović, der inzwischen in Berlin u. hier studiert hat u. hier promoviert worden ist, bitte ich, in seinem namen zugleich, um freundliche aufnahme in den Euphorion. Wir schmeicheln uns mit der hoffnung, dass es Ihnen des druckes wert erscheint. Dass Sie es freilich, wie er hoffte, in Ihre 1. abteilung aufnehmen könnten, hab ich bezweifelt; selbstverständlich ist seine einordnung Ihre sache. Kann das Käthschen ! noch im laufenden bande unterkunft finden, so würde dies wol für die zukunft des mittellosen herrn, der sich um eine bibliotheksstelle bewirbt, wertvoll sein. (Adresse: dr. Spiridion Wukadinović Graz, Muchargasse 7.)
Sollten Sie einmal einen recensenten auf dem grenzgebiet englisch-deutsch brauchen und keinen erprobten wissen, so versuchen Sies vielleicht mit ihm. Er hat kenntnisse und ist gewissenhaft, nur langsam.

Für die zusendung des Wolfschen Gottsched danke ich so wie für die erledigte korrektur des Ebertianums. Besonders stimmungsvoll ist dies gedächtnismal nicht aber die alte perrücke vertrieb mir den ernst. Der von Ihnen angekündigte inhalt des 2. heftes enthält einige sehr verheissungsvolle nummern. Besonders begierig bin ich auf Bahlmann. Spitzers Biese anzeige hörte ich teilweise aus seinem manuskript. Ich bin etwas ängstlich, dass er in zukunft Volkelts buch zu sehr lobt: Volk. ist ja ein gewandter und glänzender mann, aber doch kein denker von tiefe, scheint mir; vielleicht kommt dies urteil nur daher, dass er nach meinem privatgeschmack zu stark phrasiert. So ausgezeichnete anzeigen, wie die Ihrigen über die litteraturgeschichten, wird das 2. heft nicht bringen; ich muss Ihnen noch einmal sagen, dass ich sie geradezu für mustergültige typen halte. U. dass wir in der abteilung des 19. jh. übereinstimmen hat mich um so mehr gefreut, als ich vor jahresfrist im gespräche mit Schönbach merkte, dass darüber auch andere ansichten exisitieren.
Sie fragen ob mir Szamatolskis opus posthumum u. Rubensohn nicht gefallen habe: gewiss, sehr wol in der sache. Nur ist mir die form, die disposition zu wenig ausgearbeitet, wozu der lebende sich hätte zeit gönnen können.
Was für Euphorionanzeigen sind denn erschienen ausser den Fränkelschen, die die Grenzboten niedriger hängten? Ich interessiere mich Ihretwegen dafür, aber auch meinetwegen. Denn da ich keine bücher schreibe, höre ich keine urteile über meine sachen. Oder soll ich das was Koch über meinen Goethe Jahrbuch-beitrag dem Frankfurter Hochstift erzählt zu Herzen nehmen??

Da die Leipziger liste noch nicht zur annahme gelangt sein soll, so darf ich Ihnen noch nicht zur berufung glück wünschen, immerhin aber zum vorschlag.
Nun hat Burdachs veränderungslust nichts erreicht, als dass Henning und Strauch ordinarien wurden, was mich besonders für diesen freut. Wissen Sie etwas von Werner? er hat Schönbach auf seinen neujahrsbrief noch nicht gedankt; sollte der ärmste wieder erkrankt sein?
Wir haben jetzt den neubau bezogen und am 1. februar unser seminararbeitszimmer eröffnet. Ich glaube, Ihnen gefiele der 3 fenstrige hohe raum mit offener bibliothek auch gut. Die einrichtung kostete mich viel mühe. Es ist eine grosse erleichterung, dass mir Schönbach in solchen Dingen freie hand lässt.
Und nun muss ich noch einmal wie im juli auf den AGrün nachlass zurückkommen, den unsere universität besitzt. Im mai 94 lieferte Frankls sohn den nachlass ab, bemerkte aber, dass einiges mit dem inventar nicht stimme, dass er auch die briefe Frankls zurückbehalten habe. Ich erfuhr im juli davon, als Schlossar die erlaubnis zur benützung erhalten wollte. Schönbach u. ich begutachteten mit erfolg, sie zu verweigern. Unser antrag, die Franklsche sendung mit dem von Ihnen aufgenommenen inventar zu vergleichen blieb wegen der ferien liegen. Ich forderte den neuen rektor (Rollett) auf, die sache nun zu erledigen, sein kopf ist aber so mit angelegenheiten des noch unfertigen neubaus und andern sorgen gefüllt, dass er nicht drangeht; er hat die akten nicht finden können, noch nicht gelesen. In seinem gedächtnis haftet aber die erinnerung, dass Ihre person mit der sache verbunden ist. U. er hat mich bei zwei gesprächen gefragt, was denn Sie meinen, man müsse Sie doch befragen. Ich erklärte mich sofort bereit, Ihnen jede frage vorzulegen, die er mir ansage; was er denn von Ihnen wissen wolle? Da wusste er aber auch keinen inhalt zu den fragen, als den einen: wie man am besten von Frankls familie das zurückbehaltene auslöse. Ich suchte ihm klar zu machen, dass es sich darum jetzt gar nicht handle; dass jetzt nur eine controle des ausgelieferten auf grund Ihres hier vorhandenen inventars vorzunehmen sei; dass man ja noch gar nicht wisse, was u. wie viel fehle, nicht, ob die Franklschen den rest nicht sofort auf verlangen bereitwillig ausliefern würden u. s. w. Das schien er einzusehen, sprach aber dann doch wieder vom kollegen Sauer. Mir kommt vor, er meine, ich wolle Sie von einer sache wegdrängen, um die Sie sich verdient gemacht haben. Dass dies nicht der fall ist, wissen Sie. Ich habe persönlich gar kein interesse an dem nachlass Grüns; ich halte es aber für die pflicht der hiesigen germanisten, dass wir den besitz (so weit wir ihn überhaupt erhielten; denn vermutlich sind wir ja von den schloss-Hartern um den grössern teil gebracht worden) gegen weitere verringerungen u. gegen misbrauch schützen. Jeder künftige fachvertreter würde uns nach unserm tode sonst mit recht versäumnis vorwerfen. Da Sie, wenn mich mein gedächtnis nicht täuscht (meine briefe des vorigen jahres liegen in unordnung), erklärten, die bearbeitung des materiales nicht selbst zu beabsichtigen, so dachten Schönbach u. ich daran, Wukadinovic mit der ordnung der papiere u. überprüfung ihrer vollständigkeit beauftragen zu lassen und spätervielleicht ihm auch die verarbeitung für den druck zu übertragen. Wir haben diese anträge noch nicht gestellt. Und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir einen eigenen brief in der sache schrieben, den ich dem rektor vorlegen, ja überlassen könnte. Selbstverständlich bleibt Ihnen die vorhand: haben Sie im geringsten lust, irgend einmal den nachlass zu bearbeiten, so lassen wir jede action liegen. Dann geschähe auch am besten von Ihnen die überprüfung der vollständigkeit. Erklären Sie mir dies, so lege ich den brief dem rektor mit dem beifügen vor, dass ich dadurch die sache für weitaus am besten erledigt fände.
Diese breite Darlegung wird Ihnen ja klar machen, worauf es ankommt. Halten Sie wie früher schützend Ihre hand über dem nachlass oder nicht? Sie bestätigen, dass Ihr von Frankl anerkanntes inventar als basis für die übernahme der papiere aus Frankls nachlass zu gelten habe u. dass man Frankls erben zu vollständiger ablieferung verpflichten könne, dass also eine aufnahme der papiere auf grund Ihres inventars notwendig und dringend sei.

Noch eines will ich bemerken: wir haben Schlossars ansinnen abgelehnt mit der bemerkung, er wolle nur teile, wir hielten aber dafür, der nachlass solle nicht verzettelt werden; ihm das ganze zu übertragen, scheine bei seiner art schriftstellerischen betriebes nicht empfehlenswert. ( Wegen Schlossars wollen wir ja auch nicht die auslieferung an die bibliothek.) Ausgeliefert wurden ihm nur ein paar für Grün uninteressante briefe Leitners, weil er über diesen ein buch schreibe.

Leben Sie wol! In treuen
Ihr aufrichtiger
BSeuffert

Prag, 13. Februar 1895 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich hatte gehofft Ihnen heute für Ihr[en] langen u. liebenswürdigen Brief danken und [d]as gewünschte senden zu können, komme aber noch nicht dazu. Also bestätige ich vorläufig blos den Empfang des Man. Der Aufsatz ist sehr hübsch u. ich freue mich ihn zu haben. Ich will heute nichts versprechen; aber ich schaffe sobald als möglich Platz für ihn; vielleicht auch an erster Stelle. An W. schreib ich gleichzeitig. – Nächstens kommt Heft 2 in Correcturbogen; es ist bis auf die Bibliographie fertig. Leider ist nicht blos kein Fortschritt, sondern sogar ein Rückgang in der Abonnentenzahl zu constatieren und ich bin in großer Sorge.
Herzlich
Ihr
AS.

13/2 95. Wir brauchen mindestens 330 Abonn.

(Prag), 23. Februar 1895 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

23/2 95

L. F. Ich benutze den ersten Faschingsferialtag um den lang verzögerten Brief an Sie zu schreiben. Beiliegend der offizielle Brief an Sie, den Sie zu den Akten legen lassen können, wenn Sie es für nothwendig halten. Klar und [ent]schieden genug dürfte er sein. Sollten Sie ihn aber dennoch anders stilisiert wünschen, so haben Sie die Güte mir ihn mit Ihren Bemerkungen & Änderungen zurückzuschicken; ich schreib ihn ganz gern noch einmal um. Wukadinović wäre ganz geeignet zu der Bearb. der Papiere. – Diesen Herrn hab ich mit einer Rec. des Brandlischen Shakespeare beauftragt. Roethe hat zwar den Grundsatz für d. Anzeiger: dem Vf. eines Buches immer einen gleichwertigen Rec. gegenüberzustellen. Ich kann [das] aber nicht immer oder noch nicht immer durchführen. Endlich halte ich Brandl für sehr minderwertig. Vielen Dank für die Vermittlung. – Ich gehe zunächst Ihren Brief durch, beantwortend und andres dran knüpfend. – Das 2. Heft 95 steht nicht auf der Höhe des ersten; aber ich mußte einiges abstoßen. Unter den Rec. werden zwei großes Aufsehen machen: Drescher contra Herrmann u. Steig contra Geiger. Ich fürchte freilich es werde sich daran eine pro- und antisemitische Parteibildung dranknüpfen; aber es ist lediglich ein zufälliges Zusammentreffen. Das 3. Heft wird sehr reich u. vielseitig u. interessant. Ihr Lob meiner Rec. freut mich mehr als Sie denken. Die Periodis[ier]ung führe ich vielleicht noch einmal näher aus; wenns etwa einmal eine Antrittsrede giebt. – Oder sonstwann. Schönbach geht zu sehr von der Gegenwart oder Zukunft aus. Der Ausgang von der Vergangenheit ist aber der zuverlässigere. – Rubensohns Artikel wanderte 3mal hin u. her seit einem Jahr. Der Mann kanns schwerlich besser. Die 2. Hälfte, die ich in andrer Form auch schon vor Jahresfrist hier hatte, wird aber hoffentlich doch klarer disponiert. Durch ihn interessieren sich die Berliner Philologen für die Zs. – Recensionen von Interess[e] kenn ich vom Euphorion sonst nicht. – Auf die Schmeißfliege Koch kann man mir spucken. Jetzt dürfte er wol über mich hergehen, den er früher immer über den grünen Klee lobte. Mit ist noch dazu das Malheur passiert, daß ich dem Rec. irrthümlich sagte: Forster käme in s. Buch nicht vor; während er thatsächlich drinnen steht (nur im Register fehlt.) Ich muß das im nächsten Heft leider berichtigen. – Spitzers Rec. sind mir sehr wertvoll. Volkelts Buch imponirt mir ungeheuer, vielleicht deshalb weil er das hat, was mir gänzlich fehlt, die Gabe zu verallgemeinern [un]d aus geringfügigem Material weittragende Schlüße zu ziehen. Im übrigen haben Sie gewiß recht. Aber lieber als Litzmann und Bettelheim & Necker ist er mir doch! Und nun möchte ich Sie fragen: Glauben Sie (vertraulich!) daß Spitzer auch solche Bücher im Anschluß an Volkelt recensieren würde u. rec. wollte wie Sterns ges. Aufsätze zur modernen Lit. Gesch. (Ibsen, Daudet, Snoilsky etc. etc.) Es hat mit solchen Büchern große Schwierigkeit. Einem directen Anhänger der modernen [Lit.], einem kritiklosen noch dazu, will ich es nicht geben, wie ich es mit Litzmanns Buch leider gethan habe (Sie werden das Opus in Heft 2 lesen); einem Gegner auch nicht. Mir wäre der ästhet. Standpunkt noch der liebste. Sagen Sie mir darüber ein Wort. – Von Volkelt nach Leipzig ist kein Sprung. Ich habe bisher – auch Ihnen gegenüber über diese Angelegenheit geschwiegen, weil ich gar nichts positives weiß u. der Ansicht bin, daß etwas ganz andres aus dem Hexengebäude hervorgehen wird. Daß Sievers u. Lamprecht sich fü[r] mich so einsetzen, ist ja allerdings erfreulich. Ich höre Röthe, Creizenach als Sieger nennen; vermuthe aber in Elster den eigentlichen Triumphator (Wundt, Volkelt). Burdachs Name scheint nicht in Betracht zu kommen, was mich wundert. Er gehörte wol hin. Wissen Sie was genaueres, so erweisen Sie mir eine große Wolthat, wenn Sie mir auch die Ungünstige und Unangenehme mittheilen; denn ich will gern gestehen, daß mir allerdings starke Unruhe in die Seele gesenkt wurde und daß mich die auch nur leise Hoffnung viel von Arbeit und Concentration abgezogen hat. Doch ists jetzt schon wieder besser und ich beginne mich in mein Loos hineinzufinden. Ich hatte ja von vorn herein an eine Berufung auch nicht gedacht.
Werner, der auf Schröers Stelle spitzt, an die ich auch eine Zeitlang dachte, sprach ich in Wien, recht elend u. herabgekommen, alt geworden und nicht grade angenehmer. Er ist erst seit kurzem wieder in Lemberg u. klagt sehr, obwohl ihm die Ärzte neuerdings wieder Aussicht auf Genesung machen. [E]s ist was sonderbares drum, wenn man einen Menschen nach so langer Zeit (11 Jahre) wiedersieht. – Um die neuen schönen Seminarräumlichkeiten könnte ich Sie beneiden. Alles Gute dazu. – Nun glaub ich alles berücksichtigt zu haben u. gehe zu anderm über. Der Euphorion macht mir große Sorge. Es sind Abonnenten um Neujahr abgesprungen, mehr als der Zuwachs bedeutete. Die genaue Zahl weiß ich nicht; aber wir sind noch immer unter 300. Mit 330[f]ührt Koch die Zs. weiter. So viel aber braucht er unbedingt. Er legte mir vor kurzem eine Liste von Städten vor, nach denen bis jetzt kein Exemplar geht; es sind Universitätsstädte wie Würzburg und Kiel darunter; Centren wie Rom und Chicago. Kurz und gut: es ist trostlos. Zu Annoncen ist er nicht zu bewegen. Mit dem Central- blatt hat er Streit gehabt u. dieses ignorirt s. Sachen (hat aber doch den von mir übersandten Prospect berücksichtigt). Er hält die Versend. der Prospecte an die Adresse von Fachgenossen, Bibliotheken etc, für den richtigen Weg. Ich habe seit Neujahr 1500 Prospecte versandt; ebenso viel harren noch der Expedition. Der Erfolg ist bis jetzt sehr gering; noch dazu scheinen die americanischen Prospecte mit der Elbe untergegangen zu sein. Schicksal?!? Einen kleinen Trost gewährt es, daß auf Steigs Betrieb die Berliner Lit. Ges. vorgestern 160 M. zum Ankauf von Ex. bewilligt hat. Auch die Subvention des öst. Min. ist noch nicht für verloren zu geben, aber erst nach bewilligtem Budget zu erwarten. Kelle versprach mir sich zu erkundigen. Beim großen Publicum schadet mir Bettelheims neue Zs., die mehr Honorar zahlt und keine eigentlichen wissensch[aft]lichen Zwecke verfolgt. Ich bin allerdings der Ansicht, daß sich der Euphorion, wenn er noch ein paar Jahre ungehindert existiert und immer besser wird, worauf manches hindeutet, sich dann schon durch- und festsetzen werde. Aber die nächsten 2–3 Jahre werden mit so geringer Abonnentenzahl allerdings schwer zu überstehen sein. – Nun hätte ich es aber dringend notwendig: ein Ergänzungsheft einzuschieben. Recensionen und Bibliographie fressen mir entschieden viel zu viel Raum. Es bleiben mir [gu]te und actuelle Sachen liegen (z. b. hab ich eine Abhandl. von Schlößer über Elpenor die rasch hinausmüßte; ebenso Wukadinović Käthchen) und doch sind mir durch ältere Annahmen und directe Versprechungen die Hände gebunden. Von nun an bin ich viel behutsamer; aber das Angenommene kann ich nicht ignorieren. Wie bring ich aber den Verleger zu einem solchen Ergänzungsheft wenn er ohnehin immer verliert? Dürft ich den Vorschlag überhaupt wagen; [da]nn macht ich aus Heft 3/4 ein Doppelheft und schöbe vor dem neuen Jahrgang ein Ergänzungsheft ein. Aber auch wenn dieses (Ergänz.-Heft) unmöglich wäre, nützte mir ein Doppelheft, indem ich in ein solches mehr Abhandlungen resp. weniger Rec. u. Bibliographie bringen könnte als in 2 getrennte. Freilich blieben mir dann Recensionen und Bibliographie liegen u. belasteten den künftigen Jahrganag u. veralteten ein wenig. Aber was ist das größere Übel? Sagen sie mir einmal Ihre Ansicht. Für ein Doppelheft blieben mir 24 Bogen [üb]rig. – Im übrigen bin ich momentan entschlossen, die Zs. um jeden Preis zunächst zu halten, ev. auch mit Verlust meinerseits; denn die Blamage wäre zu groß. Ich glaub auch nicht, daß Koch sie so rasch fallen läßt. Aber es ist mit einem verlierendem Verlage ein ungemütliches misliches Arbeiten. (Steig hat Grimm zu Abonnement veranlaßt u. wird mir vielleicht auch einen Beitrag von ihm verschaffen; sonst halten sich alle greise Häupter mit Ausnahme Dün[tze]rs fern und die jugendliche Heißsporne auch.)
Nun ist aber der Brief so überlang geworden, daß Sie mir einen raschen Abbruch verzeihen werden.
Treulichst
Ihr AS.

Graz, 25. Februar 1895 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 25 II 95

Lieber freund Ich danke Ihnen sehr für Ihre karte und Ihre briefe, besonders auch für die annahme des Kleistartikels und für die übertragung des Brandl an Wukadinovic, die ihn unbändig freute. Ob er für das buch genug weiss, kann ich nicht versprechen; nur das eine, dass er sich mühe geben und zur besprechung eigens lernen wird. Er ist besonnen u. bescheiden und so war es mir eigentlich sehr unangenehm, dass Schönbach, dem er in reiner herzensfreude Ihren auftrag erzählte, ihn warnte: er dürfe nichts tadeln, Sie dächten sehr gut über Brandl und mit Br. sei schlecht kirschen essen. Bei Wukadinović art nimmt ihm das völlig die freiheit der meinung, gar bei der 1. recension. U. ich fürchte, Sie werden das an ihr s. z. merken, so bestimmt ich ihm das versprechen abnahm, er solle alles ganz grob niederschreiben, wenn es ihn dränge, ich würde dann das selbst ausgleichen. Übrigens hat er keinerlei vorurteil als das berechtigte, dass die engl. litt. gesch. im ganzen noch nicht so fein betrieben wird, wie die deutsche. Er hat zu Br.s person u. schriftstellerei keinerlei stellung.
Ihr Anastasius-brief ist ganz in dem sinne, wie ich ihn nach Ihren früheren äusserungen erwarten musste; ich danke Ihnen recht herzlich dafür und hoffe, dass er bei dem schwerfälligen Rollett seine wirkung tat.
Ihre zs.-erfahrung deckt sich mit der meinen: abfall im beginn des 2. jahrganges. Ich habe von meinem verleger vergebens zu erkunden gesucht, wer abfiel; er müsste das doch durch die sortimenter erfahren können. Freilich lag mir auch nicht sehr viel dran: denn ich hatte mir mein spiel vorgesteckt u. sagte eigensinnig – dahin oder überhaupt nicht. Die VJS. war eben einseitig. Der Euphorion aber ist vielseitig. Und Sie wären in der lage und wol auch geneigt, die wieder zu gewinnen, denen etwas nicht passte, wenn Sie nur von Koch erfahren könnten: ob gymn. oder universitäten oder privatgesellschaften (lesezirkel) abfielen. Zur versendung von prospekten habe ich seit den Henningerschen erfahrungen kein zutrauen.* Das geld was da aufgeht, würde Koch besser den sortimentern schenken: sie vertreiben ganz anders bei 33 % als bei 25 % und gar wenn sie auf ½ dutzend ein freiexemplar bekommen. Ich würde als verleger das publikum nie direkt angehen, aber es durch die sortimenter aufs blut peinigen lassen durch stets neue ansichtsendungen. Jedenfalls soll aber Ihr verleger ausharren u. nicht so dumm sein wie Böhlau, gleich den preis des 1. jahrgges zurückzusetzen: wer wird da abonnieren u. nicht lieber warten, ob er den band nicht 1 monat nach dem letzten hefte billiger kriegt? dann aber doch auf den kauf vergessen oder verzichten. In 3. jahr ging die VJS. aufwärts. U. wenn wie die Berliner gesellschaft doch auch noch das Wiener minister. etwas tut, so können Sie ja aufs trockne kommen. Übrigens verlangt Koch mit 330 abonnenten viel.
Übers beiheft hab ich kein urteil. Es kann die aktive leistungsfähigkeit Ihres organes zeigen. Aber ob es passiv nützlich ist? ob es gekauft wird? Stecken Sie mindergutes hinein, so geht es nicht ab. Füllen Sie es mit dem besten Ihres lagers, so brummt der abonnent, dass er das nicht in der zs. bekam. Lieber wäre mir ein doppelheft (gegen die Böhlau war, ich weiss nicht warum). Fragen Sie aber doch Koch! eine frage schadet nicht. Die bibliographie darf beschnitten werden, dünkt mich, ich höre nicht viel darüber, aber ich hörte wiederholt, es stecke vieles drin, was man da nicht suche.
Für litterarhistorische bücher ist Spitzer ganz unbrauchbar. Er hat ein verblüffend unsicheres urteil über neuere autoren, nicht blos über naturalisten, deren heftiger gegner er ist. Er steckt ganz in der 48er lyrik, was neues anlangt. Nur über alte leute des 18. jhs hat er gutes urteil, besonders weil sie auch philos. waren. Denn eigentlich geht seine ästhetik von theorie zu theorie, nicht von product zu theorie. Da ist eine schwäche, die seine stärke ist, aber ihn für Ihren jetzigen zweck unbrauchbar macht. Eigentlich wäre Schönbach Ihr mann für diese aufgabe. Er ist allem neuen zugänglich und doch nicht einseitig einer richtung angehörig. Jetzt hat er zwar wider aufgegeben, über litteratur seit 1850 zu lesen, wozu ich ihm sehr zuredete; ich denke aber, er tut es doch einmal u. schreibt auch einmal ein buch darüber.
Auf Drescher gegen Hermann bin ich begierig, denn so weit ich sehe, ist Herrm. schärfer, nicht nur in worten, als der etwas blasse Drescher. Geiger zu vermöbeln ist leicht, das kann auch ein quatschkopf wie Steig. Oder denken Sie gut von diesem Hermann Grimmcopisten? er ist doch nur ein affe seiner manier, ohne seinen geist. (Ich bin böse auf s. Grimm-Goethebuch) Schreiben Sie doch Rubensohns 2. teil selber um! Derlei tat ich auch, manche können eben nicht disponieren, selbst wenn man ihnen seitenlange winke (hübsche kathederblüte!) gab.
Von Leipzig weiss auch ich nichts. An Elster glaub ich nicht; Burdach hat sich m. w. mit Sievers in Halle nicht vertragen. Freilich sollten Sie dem Schererfresser auch zuwider sein, und da hat er doch die sache walten lassen. Jedenfalls scheint es erst im sommer ausgetragen zu werden. Ich wünsche, dass es nach Ihren wünschen sei. Wie können Sie an die technik denken!? Sie lehren doch gerne. Ich würde Werner die stelle zur erholung und zur rückkehr ex ponto sehr wünschen.
Bettelheim zahlt nicht gut, ich habe aber vergessen wie viel und hat ein engeres thema, allerdings das, was sich bei bier u. kafe liest. Was weiss denn Schlösser über den Elpenor? Auf die Merope hab ich schon hingewiesen; gibts noch was Gotterisches? Treulich grüsst
Ihr
Seuffert* Aber da alle verleger es gerne tun, hatten Sie sehr recht es auch zu tun.

Prag, 27. Februar 1895 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vielen dank für Ihren inhaltreichen Brief. Ich will alles was Sie sagen erwägen. Jetzt spricht aber Koch schon von 350 Ab., die er brauche u. von Beschränkung des Raums auf 48 Bogen. – Der kritische Tag einer ev. Kündigung ist aber erst der 1. Juli, bis dahin kann sich n[och] einiges zu besserm wenden. – Wegen Stern[s] Essays habe ich sogleich an Sch. geschrieben u. ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie meine Bitte bei ihm unterstützten. Ich habe ihm auch vorgestellt, daß mir kein andrer Weg offensteht, um seine in dem offenen Brief an mich ausgesprochenen Wünsche größere Modernität zu erreichen als die Besprechung solcher lit. hist. Werke. Da ich die dichterische Production selbst nicht besprechen lassen kann. Es ist auch nicht hübsch von ihm (was ich so natürlich nicht sagte), wenn er mich ganz im Stich läßt und nur in Blätter schreibt, die mehr zahlen. Da muß ich natürlich zu [Gru]nde gehen. Sie können ihm das schon vorstellen. – Schlößer polemisiert gegen Sie in s. Elpenor; mehr will ich vorderhand nicht verrathen; vielleicht kann ichs bald drucken lassen. Die Bibl. werd ich etwas einschränken; sie aber der einzige Theil der Zs., den ich bisher uneingeschränkt habe loben hören. Treulichst u dankbar Ihr AS.

(Prag), 15. März 1895 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Erweisen Sie mir die große Gefälligkeit un[d] lesen Sie diesen Aufsatz [u]nd sagen mir, ob man ihn drucken kann! Mir kommt er höchst sonderbar vor. Die Rücksendung hat vielleicht nicht so große Eile; aber ein Wort der Zustimmung oder Ablehnung wäre mir womöglich umgehend sehr angenehm; da ich W. bald Antwort sagen muß. Daß Sie die Sache geheim halten: darum brauch ich Sie nicht zu bitten. Wenn Sie den Schritt ungehörig finden, so bedenken Sie daß ich in dieser für meine Zeitschrift so gefährlichen Zeit sehr vorsichtig sein muß.
In großer Eile
Ihr
aufrichtig u dankbar Erg.
AS.

15/3 95.

Sie haben die Güte mir d. Aufsatz wieder recommandiert zurückzusenden!

(Graz), 17. März 1895 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ich würde annehmen, wenn der verf. den marktschreierischen titel ändert (der unerträglich ist; etwa: Aristoteles u. Shakesp. in L.s Dramaturgie) u. die unnützen langen citate aus Weisse streicht. Neu ist nur die behtptung des absichtl. schweigens, wie Sie so gut wissen wie ich. Ich glaube hier nicht ans esoterische; aber ich habe immer daran geglaubt u. habe immer gelehrt, dass L’s versuch zw. Arist. und Shak. zu vermitteln in die brüche ging. U. das glauben andere ja auch, nur weniger scharf als ich. Ich habe meine freude dran, wenn immer es der auf esoterisch u. exoterisch herumgeritten wird: denn es beweist, wie es mit dem „grossen wahrheitsfreund“ zuweilen stand; der wäre nur möglich wenn ein Wort Griechisch u. ein Wort Griechisch sich decken; die trennung ist jesuiterei. Doch das ist unnütze rederei. Ich bin für annahme, weil der artikel für gymn. lehrer ein sonntagsschmaus ist, ein festbraten. U. zwar in seiner bequemen form ein leicht verdaulicher u. doch nahrhafter.
Es ist manches schief u. schwach, aber die grundlage halte ich für richtig. – Jesuitendrama bequeme übersicht, wenn auch ohne tiefe kenntnis.
Dank f. die bogen, die ich leider nur teilweise – bis zu den recc. lesen konnte – ich bin seit 14 tagen in schrecklichem drang. Übernächste woche, nach schluss der vorlesungen schreib ich drüber. So dankt ich auch noch nicht f. Ihre karte. Steig kenn auch ich nicht persönlich.
Eilig, herzlich
Ihr
BSfft

17 III umgehend.

Prag, 19. März 1895 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich dank Ihnen herzlich für Ihr rasches Urteil. Ich hab in Ihrem Sinn gehandelt. Mir schien das Seichte darin das Wichtige u. Neue zu überwiegen. Nun seis. – Über Bahlmann denk ich wie Sie; die Abhandl. war mir aber doch ihres zus.fassenden Charakters wegen willkommen. – Ich habe mich doch zu einem Ergä[nzu]ngsheft entschlossen u. der Verleger hat zugestimmt. 1 Heft mit 10 Bogen nur 19. Jh. – Es wird etwa im Mai erscheinen. Der Aufsatz von Wukadinović wird es eröffnen; dessen Man. ist schon in d. Druckerei. Wahrscheinlicher Inhalt: Steig, Körnergedichte; Reichel (Prag) Grabbes u. Grillparzers Hannibal; Kraus, Moerikes Gedichte in älterer gestalt; Gottfried Keller, Der Apotheker v. Chamounix in erster Gestalt (Baechtold); dann vielleicht noch Jugendgedichte von Freiligrath (Büchner) u. Brentanosachen. – Ich bin glücklich darüber; denn ich wär sonst in Man. erstickt. Nun wird Heft 3 recht interessant. Und in Zukunft will ich vorsichtiger in der Annahme sein als im ersten Jahr, unter dessen Nach[wir]kung ich noch leide. – Von Niejahr hab ich eine interess. Untersuch über Goethes Tagebuch; von Haym eine feine Humboldtrecension. Wenn nur Burdach mit Hildebrand Wort hält.
Viele Grüße von Ihrem
aufrichtig dankbaren
AS.

19/3 95.
Smichow 586

Prag, 6. April 1895 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich komme mit einer kleinen Bitte. Ich arbeite für Göschen einen neuen Prospect über die DLD aus, eigentlich eine Übersicht wie sie den Niemeyerischen Heften beiliegt, in der ich nicht blos die auf den einzelnen Titeln genannten Autornamen anführe, son[dern] auch die auf d. Titel nicht genannten. Also z. B.
Goethe, siehe Frankfurter Gelehrte Anzeigen
Merck ----- ----- ----- -----
etc. Ich verzeichne also z. B. alle Beiträger zum MA. auf 1770 u. 71. Welche Namen darf ich nun Ihrer Meinung nach bei den Frankfurter Gelehrten Anzeigen außer Goethe, Herder, Merck, Schlosser verzeichnen. Bahrdt? Schmid? Leuchsenring, Behrends, Wenck, Waldin, Le Bret, Iselin, Raspe??? Die zweifelhaften lasse ich weg. Welche sind aber Ihrer Meinung nach ganz sicher als Beitr[äge]r anzunehmen? – Ich sehe voraus, daß die Beantwortung dieser Frage Ihnen gar keine Mühe macht und bitte Sie sie im letzten Fall einfach zu ignorieren. – Ich stecke bis über den Hals in Arbeit u. bin leider vom Semester her etwas müd.
Herzlich grüßend Ihr aufrichtig Erg.
AS.

Graz, 7. April 1895 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Nächstens besucht Sie einer unserer jungen doctoren, Wilhelm, ein eifriger anständiger mensch, lediglich um Sie kennen zu lernen. Gönnen Sie ihm ¼ stündchen. – Der rec.-teil Ihres 2. heftes ist vortrefflich: Geiger geschieht nach gebühr. Drescher überrascht mich aufs äusserste: denn Herrmanns artikel schien mir weitaus der beste der ganzen festschrift zu sein. Freilich kann man ihn nur mit Dr.s sammlungen widerlegen. – Im mai/jun werden wol 4 hefte der Grazer studien hg. v. Schönb. u. Sfft. ausgehen; 2 sind fertig gedruckt: Sattler, Die religiösen anschauungen in Wolframs Parcival. Priebsch, Die vrône botschaft, text u. untersuchungen. In druck ist: Tropsch, Flemings verhältnis zur römischen dichtung. Als 4. folgt: Wukadinović, Prior in Deutschland. Gelegentlich bitt ich um ein wort, was die Grillp-gesellschaft mit Riepps nachlass vorhat. Ein junger zuhörer, der freilich erst reifen müsste, schrieb auf das widerholte öffentl. suchen nach einem Kärnthner als bearbeiter an den vorsitzenden darum, bekam aber widerholt keine antwort, ausser der zusendung von etwas gedr., was über das was geschehen soll, gar keinen aufschluss biete.
Gutes fest! Ich gratuliere zum ergänzungsheft! es ist ein zeichen, dass der verleger aushalten will. Ihr getreuer
BSfft.

7 IV 95

Prag, 9. April 1895 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Herr Dr. Wilhelm soll mir willkommen sein. Die Idee der Grazer Studien ist eine äußerst glückliche. Ich hatte vor Jahren mit Kelle u. Schulz/Schütz ähnliches geplant. Es kam aber nicht dazu. – Über das andre, was Sie schreiben, weiß ich gar nichts. [Am] besten wärs der betreffende schriebe an Dr. Emil Reich Wien II Czerningasse 7. – Wenn Sie mir aber sagen wer Riczy ist und was jene Ankündigung enthielt, so will ich durch Glossy oder Reich die Umstände zu erkunden trachten, was mir keine Mühe kostet.
Unsere Karten haben sich gekreuzt. Dort wünschte ich Ihnen auch, wie ich glaube, ein glückliches Fest.
Herzlich grüßend
Ihr
treulich Erg.
ASauer

Prag 9/4 95.
Smichow 586

Graz, 9. April 1895 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich würde nennen: Merck, Goethe, Herder, JG Schlosser, Deinet (wenn nicht Mitarbeiter, so doch als herausgeber zu verzeichnen), Behrends, Wenck, Waldin, le Bret, dr. Leuchsenring, Bahrdt, CH Schmid.
Offen scheint mir: Iselin, Raspe, Höppner, Petersen, Schulz. Dass die ersten angegangen wurden, ist sicher; ob sie etwas lieferten, unsicher. Aber – verzeihen Sie den einwurf! – warum wollen Sie bei diesem anlass lieber kritisch streng ausscheiden als vermutungen raum geben? Diesmal handelt es sich um eine reclame für die sammlung; da würde ich lieber zu viel als zu wenig geben. Die DLD sollen doch nicht nur nachweisen, dass sie reichhaltig sind, sondern sie sollen auch reichhaltig erscheinen; das ist der zweck des prospekts. Hier hätte ich ein reines gewissen, möchte aber bei leibe nicht das Ihre belasten.
Herzlichen ostergruss von Ihrem treuen BSfft.

Graz 9 IV 95

Prag, 16. April 1895 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Bitte, scandalisieren Sie sich nicht über meine Unwissenheit. Sie sagen in Ihrer recension über Ehmann, daß der verbesserte Herrmann nicht von Wieland, sondern von Bodmer sei. Ich kann aber wed[er] bei Baechtold, noch in den Jahresberichten [e]twas darüber finden. Es läge mir aber sehr daran zu wissen, wo ich was drüber finde, wenns kein Geheimnis ist.
Für Ihre letzte Karte herzl Dank. Ich habs sogemacht, wie Sie vorschlugen.
Herzliche Grüße von Ihrem
aufrichtig Ergebenen
AS.

Prag 16/4 95.
Smichow 586

Graz, 18. April 1895 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Vor der hand ist nichts bekannt, als dass ich behaupte a. a. o., der Verb. Hermann (nicht aber auch die Ankündigg. ein. Dunc.) sei von Bodmer. Das ist kein geheimnis, denn es ist ja gedruckt.*) – Seien Sie froh, dass Sie keine Prager studien edieren, es ist eine schandarbeit u. das gedruckte gefällt mir viel weniger als das geschriebene. Im druck fällt eben die freude weg, dass man einen jungen mann so weit wenigstens endlich geführt hat; im druck sollte er ganz reif sein. – Ich verstand meinen zuhörer, dass es sich um frh. v. Rizy, den Grillparzernachkommen, handle (ich hatte mich Riezy verschrieben u. dann das e wegkorrigiert, wodurch Sie auf Riézy kamen); u. dieser Rizy habe einen hsl. nachlass, der bearbeitet werden solle. Das betr. ausschreiben rührt von Germonik. Plagen Sie sich gar nicht mit der sache; mein junger mann ist noch lange zu unreif dazu. Ich wollte nur selbst von Ihnen über das mir dunkle des Rizyschen nachlasses aufgeklärt werden. Lassen wir das auf sich beruhen.
Treulich grüsst Ihr
BSfft.

18 IV 95

Ihren Hausball stellen Sie ja auf die universalorthogr. der Sophienausgabe u. senden mir Ihre revision mit vermerk: Rev. erbet. oder imprim., nebst mscpt. Nur das lesartenmscpt. mit den reinen ziffern geht ans archiv direkt.

*) Ausserdem leuchtet es Ihnen sofort bei der lektüre ein.

Prag, 21. April 1895 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vom Hausball bekam ich nur 1 Blatt Reindruck, von meinem Man. aber weit mehr, das ich hier behalten muß bis zur Fortsetzung. Mein Man. habe ich mit Wahles Hilfe in die Sophien[or]thographie umgeschrieben u. meinte also, es sei alles in Ordnung. Ich finde mich allerdings, da so lange Pausen zwischen Arbeit & Correctur liegen, schwer in die Sache hinein. – Nun beginnt die Rizy – Rincy – Riczy-Affaire mich zu interessieren. Ich kann mir zwar nicht denken, daß es sich um Frh. v. Rizys Nachlaß handelte; wäre Ihnen aber dankbar, wenn Sie mir etwas näheres über dieses Ausschreiben vermittelten. Wenn dieses von Germonik ist, so besitzt die Papiere nicht die Grillparzergesellschaft sondern der Wiener Grillparzerver[ein]. – Durch Zufall erfahre ich endlich das mir so lang vorenthaltene Leipziger Geheimnis: 1) Baechtold und ich 2) Creizenach. Aber man agitirt furchtbar für Roethe u. macht mit allen Mitteln Baechtold zum Kranken u. mich zum Iuden, was man mit C. nicht erst zu thun braucht. Der Sieger wird Elster sein. – Herzlichst Ihr
AS.

Wilhelm war hier u. machte einen recht guten Eindruck. Über Alxinger wußt ich nichts.

(Prag), 24. April 1895 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Ich sende Ihnen heute mein Ergänzungsheft in Rohzustand; uncorrigierte Fahnen, nicht [als] ob ich Ihnen zumuthete, Sie sollten es in diesem Zustande lesen (vielmehr bitt ich Sie thun Sie es nicht, es machte manches vielleicht keinen guten Eindruck auf Sie), sondern weil ich Sie leichter dadurch in Stand setze, mir die Fragen zu beantworten, die ich Ihnen vorlege, da mir Ihr Rat immer der beste & schätzenswerteste ist. – Es fehlt noch die Beilage zu Kalischers Aufsatz: eine kurze Abhandlung von mir über Brentanos Beiträge zu Bernards Dramat. Beobachter mit einigen unbekannten Gedichten Brentanos. [Ic]h hoffe, daß ich alles hineinbringe. Der Verleger hat mir allerdings nur 10 Bogen conveniert. Da aber Baechtold kein Honorar verlangt (u. ich ev. auch verzichte), so verliert er nichts. Erwägen Sie aber doch mit mir, was ich – wenn ich 1 Bogen weglassen muß – am Vernünftigsten ausscheide d. h. ins 3. Heft stelle. Mein Aufsatz muß noch hinein. Circa 1 Bogen. – Das um was ich Sie bitte, ist nun folgendes.
1.) Wie soll ich das Heft nennen:
Erstes Ergänzungsheft.
oder Ergänzungsheft zum II. B[an]d
oder II. Band Ergänzungsheft
Der Ergänzungshefte erstes
oder Erster Ergänzungsband
oder: Erster Ergänzungsband, erstes Ergänzungsheft.
Man muß an die Bibl. denken, ob das Heft allein gebunden werden soll etc.
2.) Soll ich ein Register dazu machen lassen oder nicht. Oder das Register einbeziehen in den II Band?
3.) Da die Aufsätze alle aus dem 19. Jahrhundert stammen, so dächte ich wäre ein Doppelti[tel] möglich, der diese Zusammengehörigkeit zum Ausdruck brächte. In diesem Doppeltitel könnte zugleich die Thatsache deutlich werden: daß die Dichter selbst in diesem Heft sprechen; nicht blos Studien über sie zum Abdruck kommen. Mir will aber nichts Rechtes einfallen.
[Beiträge]
Zur Literaturgeschichte des 19 Jahrhunderts.
Von und über
[?form?]. Clemens Brentano, Ferd. Freiligrath, Grabbe, [G]rillparzer, Börne, Keller, Kleist, Mörike, Wolfe
Eines von beiden oder beides. Die Verfasser der Artikel führe ich nicht auf dem Titel an. Billigen Sie das Fatale: „Von und über“.
Ich dächte mir, daß sich das Heft mit dem Doppeltitel auch einzeln besser verkaufte; dann werden auch Rec. Ex. versandt; man stößt die Referenten mit dem Kopf drauf. Ich hab [auch] diesmal die modernen Blätter im Aug: Freie Bühne, Gesellschaft etc. Es steht nichts von Goethe drin, nichts eigentlich classisches. Das Heft macht doch wirklich einen moderneren Eindruck als die Zeitschrift sonst. Ich hoffe also, mir auch die Gnade dieser Herren zu gewinnen oder wenigstens ihre Ungnade zu vermeiden. Ob der Verleger auf den Doppeltitel eingeht, weiß ich nicht. Das erste mal scheint er mich nicht ganz verstanden zu haben u. ich wollte einer Äußerlichkeit seine mir wertvolle Concession nicht wieder aufs Spiel setzen. [Sc]hwieg also. Aber darf ich es thun, ohne die Autoren zu befragen? Können diese in diesem Sondertitel u. der Sonderausgabe nicht eine Schädigung erblicken? Reich wird ja gewiß niemand durch das Heft; ich bekomme kein Redactionshonorar dafür u. der Verleger hat hoffentlich keinen Schaden. Aber weiß das Jeder? – Bitte, erwägen Sie diese Dinge in Ruhe mit mir. Es kommt mir auf das Heft sehr viel an. Vielleicht täusche ich mi[ch]. Aber es könnte doch die Zeitschrift etwas populärer machen, als sie bisher war. Daß dies nicht nur ohne Beeinträchtigung der Wissenschaftlichkeit sondern auch der Ehrenhaftigkeit geschieht, daran liegt mir ebensoviel.
Verzeihen Sie den neuerlichen Überfall. –
Der Hausball geht gleichzeitig an Sie ab.
Treulich Ihr AS.


Beilage:

Probe zu Doppeltitel

[Zur] Literaturgeschichte des 19. Jhts.
Von und über
Ludwig van Beethoven, Celemens Brentano, Ferdinand Freiligrath, -- Grabbe, Franz Grillparzer, Gottfried Keller, Heinrich v. Kleist, Th. Körner, E. Mörike und Charles Wolfe.

1. Ergänzungsheft zur Ztschrft f. Lit.
Euphorion

____________


Euphorion
Zeitschrift für Literaturgeschichte
Herausgegeben
von
August Sauer
1. Ergänzungsheft.

____________

Graz, 25. April 1895 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 25 IV 95

Lieber freund Ich antworte sofort, so gut es in „fürchterlicher enge“ der geschäfte gehen will.
Muss etwas wegbleiben, so sind es die artikel von Wukadinovic u. Reichl: beide legen keine gedichte vor und sind nur studien. Um Wukad. wäre mir sehr leid.
Den Titel mit „Zur“ und dann gar „von u. über“ (das mir immer anstössig ist) kann ich nicht raten. Einen doppeltitel wol. Aber mit den namen Brentano, Freiligrath, Grillp., Körner, Mörike, Wolfe werden Sie alle modernen eher abstossen als anziehen. Die namen liesse ich weg. Mit schwebt vor:Die folgenden vier Zeilen auf der rechten Seite mit einer gewellten Linie/Klammer verbunden. Rechts daneben: [Kopf]
Euphorion.
Zeitschrift für Litteraturgeschichte
herausgegeben von August Sauer
Ergänzungsheft zum 2. Band.
Verzierung
Die folgenden fünf Zeilen auf der rechten Seite mit einer gewellten Linie/Klammer verbunden. Rechts daneben: [Haupttitel in Mitte]
Mittheilungen
aus der
Litteratur des 19. Jahrhunderts
und
ihrer Geschichte.

Bamberg angedeutete Abschlussvignette

Wie die verff. sich geschädigt fühlen sollten, weiss ich nicht. Das machte mir kein bedenken.
Beziffern würde ich das ergänzungsheft nicht. Halten Sie sich frei, ob Sie noch eines bringen, wann Sie noch eines bringen. Es ist eine für die zukunft ganz unverbindliche beigabe.
Ich würde dem ergänzungshefte aber ein inhaltsverzeichnis, kein personenregister beigeben.
Ich würde dem Inhalt des 2. bandes den des ergänzungsheftes nochmals, auf demselben blatte, unabtrennbar beidrucken lassen und in das register des 2. bandes das des ergzhftes (EH) einverleiben. Nur so zwingen Sie die abonnenten zum kaufe des EH. Es muss beigebunden werden.
Für die „moderne“ ist das heft nichts, kommt mir vor. Die gewinnen Sie nur durch kritiken ihrer werke oder durch poetische theorie. „Es war“ wäre so dankbar, den zusammenstoss von kunstmitteln und veristik nachzuweisen, die erbschaft von der Marlitt und Spielhagen u. Keller u. a. zu zeigen, wie der Katzensteg der erbe Achims v. A. erkennen liess. Bringen Sie einmal derlei; dann wenden Sie sich an die Freie bühne u. dergl. Jetzt dünkt michs eher Faksimile fehlt.
gefährlich als möglich. Denn das EH gibt ihnen nicht einmal starke angriffspunkte. Wenn das wäre, dann wäre ich sehr für rec. ex. an die jüngsten; denn H. Reimer hatte gewiss recht, dass eine entschieden ungünstige d. h. ausführlich mit gründen angreifende recension dem absatz mehr hilft als 10 lobende.
Auf dem umschlag der nächsten hefte des Euph. lassen Sie den ganzen inhalt des EH inserieren, nicht nur den titel.
Nun denk ich, alle fragen beantwortet zu haben.
Vom Hausball erbitt ich mir auch die imprimaturkorrektur der ersten blätter.
Über Rizy sobald mein Kärnthner aus den ferien zurück ist.
Eilig, treulich
Ihr
BSfft.

Neben den folgenden drei Zeilen vertikale Markierung am linken Seitenrand. Links daneben: [9]
Ich öffne den brief nochmals wegen des Hausballs. Ich halte die starke flexion 352,7 gute u. 356,18 nöthige für unmöglich in einem auf C gestellen texte (also für guten nöthigen)
352,19 steht ein überflüssigs sich, das auch in druckvorlage fehlt.
353,11 ist nach C gebrauch mitgerechnet u. 356,8 herbei; gelockt zu binden.
354,24 ist? für C unmöglich; ich setze komma.
356,24 erschrack nach usus.
359,28. 358,9 stört mich der Össenkehrer. Da Sie doch zweimal Schröck und Schreck ändern, warum nicht auch hier Esse? ich sehe keinen unterschied.
355,4 Galla ist mir verdächtig, ich glaube an Gala, zumal Goethe C1 Galerie schreibt; aber ich kennen keinen beleg. Wo kann mans in der bisher erschienenen Sophienausgabe finden?
351,7 dasselbe .. nicht dasselbe? mir fehlt ein beispiel.
Aber diesseits ist vorschrift.
352,3 vor beiden oft komma.
Wenn 352,13 Maublas fraktur, warum 352,26 Souper antiqua?
355,13 Ihr (st. ihr) weil anrede an 1 person.
Ich gebe das imprimatur nicht vor Ihrer antwort, die ich umständlich erbitte, weil ich nicht alles mir notiert habe.

Prag, 26. April 1895 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vielen dank für die Rathschläge, die mir alle sehr plausibel scheinen: nur Mitteilungen ... aus ihrer Gesch. will mir nicht gefallen. Wenn es nicht zu weitläufig erscheint: Mitteil. aus d. Lit. des 19. Jhs u. Studien über ihre Gesch. [zu ihrer Gesch.]. Ich wills noch überlegen. Es hat etliche Tage oder [W]ochen Zeit. Wukadinović bleibt unter allen Ums[tän]den. – Ich wußte nicht, daß der Hausball völlig normalisirt werden muß. Also
352,7 guten
352 19 sich zu streichen
353 11 mitgerechnet
354 24 Komma
356 24 erschrack
357 28 358 9 Essenkehrer, Esse. Ich wollte es ursprünglich schon so setzen. Dan steht aber in C – ich glaube im Götz – Össe. Consequenter ist: Esse.
355 4 Galla wird Wahle wissen
351 7 derselbe oder dasselbe desgleichen
352 3 zwei Kommata
352 26 Souper Fractur
355 13 Ihr
356, 18 nöthigen [wenn Sie Analogien wissen]
356 8 herbeigelockt
Von alle dem wäre nur 352 7, 356 18 und 357 28, 358 3 in den Lesarten zu erwähnen. Nicht wahr? – Die ersten Blätter müssen Sie über Weimar bekommen haben. dankend
Ihr AS.

26.4.95.

Graz, 26. April 1895 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Besser vielleicht in umgekehrter ordnung:
Mitteilungen
_ _ _ _
- – – -
Ergänzungsheft
zu
Euphorion
- - - - - - -
Band 2.

(Prag), 26. April 1895 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich bin durch Sie so verwöhnt worden, daß ich ohne Ihre Mithilfe bei der Zs. gar nichts entscheide. Daher sende ich Ihnen beiliegenden Brief, den ich mir wieder zurück erbitte [u.] bemerke dazu folgendes.
1) Als ich den Contract abschloß, wußte ich wol, daß Koch die Firma unter ungünstigen Umständen unternommen ! habe, daß er noch auf 10 Jahre hinaus Schulden zu bezahlen habe, ich wußte aber nicht, daß er nicht allein über das Schicksal s. Verlagsartikel zu entscheiden habe, wie sich jetzt herausstellt. Das Geschäft geht sehr gut. Es werden jährlich 40,000 M. u. mehr Schulden bezahlt. Auf diese [W]eise gehört es in circa 10 Jahren Koch allein.
2) Was Erich Schmidt, d. h. die Berliner Gesellschaft betrifft, so sind diese 160 M. sicher. Es fanden nur 2 Monate keine Ausschußsitzungen statt. Zu Beginn des Sommersemesters wird die Sache flott.
3) Kleemann hat sicher zugesagt; aber erst nach Bewilligung des Budgets, die heuer erst in den Juni fällt. Vor Juli erfahre ich etwas ganz bestimmtes darüber nicht.
4.) In Weimar läßt sich meiner Meinun[g n]ach nichts erreichen. Für Baden hat Waldberg durch Wendt eine kleine Action einzuleiten versucht. Ob sie gelingt, ist noch unsicher.
5) Herabminderung der Kosten läßt sich nur dadurch erreichen, daß ich die Bibliographie aufgebe. Persönlich wäre ich damit sehr einverstanden; denn sie frißt meine ganze Zeit u. bringt mir weder materiell noch geis[tig] was ein. Ich muß mir sogar eine Reihe Ztschrften für dies. Zweck halten, die ich sonst nirgends sehe. Aber ob dann nicht wieder Abonnenten abspringen? Soll ich dann auf die ursprünglichen 10 Bogen p. Heft zurückgehen? oder die 13 Bogen (u d. Preis!) beibehalten; die Recensionen brauchen viel Platz; die Einläufe müßten doch verzeichnet werden. – Diese Demüthigung ertrüge ich leichter als den so raschen Tod der Zeitschrift.
6) Bleibt endlich ein andrer Verleger, der mehr Mitteln ! zur Verfügung hat, mehr Verbindungen, u. unabhängig ist. Ich will an Trübner herangehen. Auch Niemeyer wäre zu erwägen. Beck war vor 2 Jahren nicht abgeneigt, aber ob jetzt?? Sogar ein öst. Verleger wie Hölder wäre zu erwägen, wo dann das Min. leichter zu haben wäre. Freilich muß ich wohl warten, bis die [K]ündigung perfect ist. Käme ich nach Lpzg., so fänd ich gute Verleger genug.
7) Eine Idee hätt ich noch. Eine Art Verschmelzung mit den Jahresberichten. So daß z. b. die Arbeit, die dort gemacht wird, zugleich der Bibliographie des Euphorion (in geringerem Maße) zu gute käme u. das eine Unternehmen das andre stützte; denn auch die Jahresberichte stehen schlecht. Göschen lehnte allerdings vor 2 Jahren die Ztschrft, die ich ihm bei meiner Verbindung mit ihm pro [f]orma wenigstens antragen mußte, ab.
L. F. für mich, meine Ruhe, meine Gesundheit, meine Arbeiten, meine Zukunft wärs tausendmal besser, ich ließe die Ztschrft eingehen. Aber kann ich das darf ich das ehrenhalber? Hab ich nicht zu laut & siegessicher in d. Posaune geblasen, als daß ein so rascher Rückzug eine zu starke Blamage wäre?
Behandeln Sie die Sache vertraulich; wenn Sie aber mit Schönbach drüber reden wollen, so hab ich nichts dagegen. Das Ergänzungsheft mach ich nun im ganzen Umfang raschestens fertig.
In großer Aufregung Ihr treulich Erg.
AS

Prag, 1. Mai 1895 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Aus Wien kommt die Nachricht, daß für heuer von einer Unterstützung des Euph. keine Rede mehr sein kann. Der betreffende Fond sei schon von vornherein erschöpft gewesen. Man vertröstet mich auf das nächste Jahr. Das besiegelt wol nun das Ende [der] Zs. Koch theile ich das erst in einigen Tagen mit, bis Ihr Brief eingetroffen ist. Jetzt weiß auch ich keinen Rath mehr.
Ihr
treulichst Erg
AS.

Prag 1/5 95.
Smichow 586

Graz, 2. Mai 1895 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 2 V 95

Lieber freund Da ist schwer sich eine meinung bilden. Schönbach, mit dem allein ich nach Ihrer erlaubnis sprach, hält diesen abhängigen verleger für dauernd unmöglich und nicht nur im verlagswechsel eine rettung. Er bedauert Sie sehr u. bedauert uns litterarhistoriker alle, weil wir nicht einmal eine zs. über wasser halten können. (das ist aber nicht so schlimm: 1) haben wir konkurrenz an aa. zss., 2) haben wir keinen verleger, der wie Weidmann auf die Zs. gelassen 30 jahre lang u. mehr drauflegt.)
So einen verleger sollten wir halt haben, meine ich. Einen jüngeren, der seinem übrigen verlag das opfer einer die firma hebenden zs. bringen will und kann. Hölder könnte es, wenn er litthistor. verlag anstrebte. Beck kann es auch, er ist aber, glaub ich, nur fürs biographische. Trübner, Niemeyer haben schon verlag in der richtung so viel sie wollen u. brauchen ihn nicht durch opfer zu poussieren: so fürchte ich; sie wären sonst sehr gut.
Übrigens wäre es viel besser, Koch könnte die sache behalten; ein firmawechsel ist schon ein halbes eingeständnis des wackelns. Leider fällt mir schwer Kochs brief zu interpretieren; ich weiss nicht wie er sonst schreibt, ob man jedes seiner worte für voll nehmen darf, ob er hinter dem zurückbleibt was er sagen soll, oder über das hinausgeht was er sagen will.
Sicher ist, dass er von der Vereinsbank abhängig ist, dass er mit dieser macht nicht ringen kann u. Sie auch nicht.
Es bleibt hier nur der haken: was die Vereinsbank für „eine besserung der verhältnisse“ hält? arbeit mit geringerem ver- lust oder arbeit mit gewinn. Ich fürchte das letztere.
Dies können Sie Koch nicht versprechen. Die 10 ex. der Berliner werden Sie ja wol sicher haben; 1000–160 (rabatt ungerechnet!) macht noch 840 M verlust. 20 ex. für Kleeman, bleiben immer noch 600 M. verlust, falls Kleemann sein wort einlösen kann. Das dürfen Sie Koch nicht versprechen, sonst müssen Sie mit Ihrem redactionshonorar dafür haften. Hat Koch in München nichts erreicht? er hoffte doch seines schulbücherverlags wegen darauf? Ausgiebige hilfe kommt von der seite nicht. Weimar halte ich für sehr unwahrschienlich. Einfluss hat nur Suphan; ob er will? Sie wissen ja, dass ich ihm anheimgestellt habe, die VJSchrift durch einen zuschuss halten zu lassen: das war dann doch ein Weimarer unternehmen, durch verlag und redaction (freilich wäre ich aus ihr ausgeschieden); Suphan lehnte dies ab: es müssten alle gelder für den archivbau zusammengehalten werden. Der nun soll ende dieses jahres fertig sein. Ob er dann lust hat? Ich kann dazu nichts tun. Ich bitte auch ausdrücklich, dass Sie Koch hievon keinerlei andeutung machen, das ist nur für Sie bestimmt.
Koch ringt offenbar mit sich selbst; erst sagt er, er habe weder den beruf noch den mut gegen die gläubiger zu kämpfen, deren standpunkt gerechtfertigt sei; dann er sehe kein mittel, deren widerstand zu besiegen; gleich darauf aber, es sei noch zeit, einen modus vivendi zu finden, und schliesslich gar wenn er nur halbwegs auf die kosten komme, wolle er den gläubigern trotzen. Das stimmt nicht zusammen. Halbwegs auf die kosten: d. h. also 500 M. mehr als bisher, oder wie er einmal sagt: 30–40 abonnenten. 30 würde ja die Berliner u. Kleemann hereinbringen.
Ich gestehe, dass ich jedes jahr verlängerter lebensdauer des Euph. im gleichen verlag, in unveränderter form für einen gewinn erachte; ich kann nicht leugnen, dass Sie Ihre person stark dabei engagiert haben u. der rückgang deshalb für Sie peinlicher sein muss als für mich, der eine ganz andere position hatte. Einen vorhalt dürfen Sie mir nicht verargen, er ist nicht neu: Sie müssten durch eine grössere eigene darstellende forschung den charakter Ihrer zs. stärker betonen; nur wenn der redacteur seine eigne fahne aufsteckt, bekommt ein blatt einheitlichen charakter, der, nehmen Sie mir die ehrlichkeit nicht übel, fehlt bisher einigermassen. U. der gedanke wäre mir an Ihrer stelle der unerträglichste, dass das organ eingehen sollte, ohne dass Sie, ausser in recensionen, ihm Ihre richtung deutlich aufgeprägt hätten. Dies würde ich selbst mit opfer alles honorars erkaufen.
Dass Sie an änderungen der einrichtung denken, ist wol nur durch Kochs bemerkung über die kosten der bibliographie veranlasst u. durch Ihre mühe mit dieser. Ich bin der meinung, dass der wegfall der bibliographie eine minderung der abonnentenzahl nach sich ziehen muss. Aber ich glaube auch heute wie früher, dass die bibliogr. beschränkt werden kann durch verzicht auf all das, was Sie aus den hilfswissenschaften der littgesch. (polit., kulturgesch u. dgl.) heranziehen. Wie Sie sich eine verbindung mit den Jahresberichten denken, weiss ich nicht. Meinen Sie ein äquivalent für die Bibl. classica, die neben den klass. Jahreberr. geht? Eines ist mir dabei eingefallen. Man könnte versuchen, was die abonnenten interessiert durch eine teilung: 1) Euphor. ganz wie bisher zu 16 M. 2) daneben der rec.-teil u. die bibliogr. mit eigner paginierung, selbstständig käuflich zu mindestens 8 M., vielleicht 9 od. 10 M. Das könnte ohne grosse kosten versucht werden u. gäbe eine klärung, ob der productive oder die andern teile mehr leser haben. Dieser bibliogr. teil könnte dann ev. mit Elias gemacht u. die kosten von beiden firmen getragen werden.
Wo möglich suchen Sie zeit zu gewinnen. Drängen Sie E Schmidt, lassen Sie sich von Koch ermächtigen, Kleemann das unhaltbare der lage darzustellen. Kleemann hatte auch mir versprochen, für diesen fall sicher die VJS zu unterstützen, ich habe seine unterstützung nicht mehr verlangt, da ich los kommen wollte.
Veranlassen Sie Koch, die kündigung zu verschieben, bis sicher ist, ob Klemann helfen will u. kann, bis Sie über Leipzig eine entscheidung haben, da Sie meinen, von dort aus leichter einen andern verleger zu gewinnen. All das muss ja bis juli geklärt sein. Können Sie nicht an Ungarn heran? Suchen Sie doch ausser durch durch Waldberg auch durch Kuno Fischer, der gewiss sehr geschmeichelt zu sein ursache hat, die Badener zu gewinnen. Kann E Schmidt im preuss. min. nichts erreichen? Er ist ja jetzt akademikus; vielleicht also von der akademie?
So hoch ich die last aus erfahrung einschätze, die Sie tragen, so wäre doch, fürchte ich, Ihre verstimmung über das misslingen zu gross; Sie würden an ihr schwerer tragen als an der last.
Rizy: es ist nicht der freiherr, wie mein unerfahrener schüler mich glauben machte u. selbst glaubte, sondern ein geologe aus Kärnthen, der auch belletristika schrieb; es handelt sich nicht um edition, sondern, was aus dem ausschreiben nicht ersichtlich gewesen sein soll, um verkauf des nachlasses, damit er in Kärnthen erhalten bleibe.
Hausball: ich habe 352,7 gute stehen lassen, weil es möglich ist, 356,18 nöthiger eingesetzt, weil es nötig ist.
Es wird Esse gedruckt, weil sonst auch Schröcken gedruckt werden müsste, was Sie korrigiert wissen wollten.
In die lesarten kommt nur 356,18. 357,26. 358,3. Ich gab das imprimatur.
Leben Sie wol u. erfreuen mich bald mit besseren nachrichten.
Ihr treuer
BSeuffert.

Graz, 11. Mai 1895 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. In dieser minute hab ich Ihre behandlung der echtheit der 3 pseudo-grillparzerschen gedichte gelesen u. muss Ihnen sagen, dass mir lange nichts so gut gefallen hat, wie Ihre untersuchung des Lösche die lampe. Sie ist so fein und vortrefflich, dass sie für jeden, auch einen, der nicht echt oder unecht ergründen will, lehrreich ist. Das ist ein philologischer triumph und ich danke Ihnen für die anregung, die ich daraus empfing, aufrichtig. –
Ihre nachricht über Kleemanns absage, kreuzte meinen freimütigen brief, den Sie hoffentlich so nahmen, wie er gemeint war. Ich bin sehr sorglich gespannt auf die weitere entwicklung. Treulich grüsst
Ihr
BSfft.

(Prag), 13. Mai 1895 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ihre heutige Karte macht mir herzliche Freude. Es ist eine üble Gelehrtensitte, daß einem niemand ein Urteil schreibt, wenn man ihm das Buch oder den Aufsatz nicht sendet und auch dann oft nicht wenn mans thut. Das Grillparzerjahrbuch ist mit den Abzügen so sparsam wie der Euphorion u. ich mußte die Materialspender bedenken. Um so mehr freut mich Ihre Anerkennung. – Heute sende ich Ihnen das Ergänzungsheft; vielleicht gefällt Ihnen auch diese kleine Untersuchung. – Was Sie über den Mangel der Einheitlichkeit der Ztschrft sagen, ist gewiß wahr. Aber wie ich dem abhelfen soll, ohne in die Einseitigkeit der alten Vierteljahrsschrift zu verfallen, ist mir unklar. Ich will mein möglichstes thun. Zu größeren darstellenden Aufsätzen komme ich freilich sehr bald nicht. Aber andere haben mir solche versprochen u. mit jedem Jahrgang mehr kann ich strenger in der Aufnahme sein. –
Die Sache steht jetzt viel günstiger. Die 160 M. von Berlin aus sind b[eza]hlt u. die Sitmmung bei Koch in Folge dessen u. in Folge mehrerer neuer Abonnenten weit besser. Ich habe nun durch Kelle bei der hiesigen Förderungsgesellschaft eine Action einleiten lassen, die nicht leicht fehlschlagen dürfte, wonach vom heurigen Jahr ganze 30 Exemplare zum Ladenpreis abgenommen u. an deutschböhmische Anstalten vertheilt werden solle[n]. Das kann dann ev. im nächsten Jahr noch einmal geschehen. Ferner will Kelle Kleemann bitten, wenn er zur feierlichen Sitzung geht, daß er mir die Zusage pro 1896 schon jetzt schriftlich giebt. Dann wären wir ja schön draußen. – Koch denkt an einen Aufruf, den wir an alle Interessenten versenden würden, unterzeichnet von Schmidt, [I]hnen, Suphan etc., worin erklärt würde: die Ztschrft sei für die Wiss. nothwendig, könne aber nur durch das Zusammenwirken aller Factoren gehalten werden etc. Eventuell brauchte nicht der schlechte Absatz darin betont zu werden, sondern nur, daß die Ideale nicht erfüllt werden können, wenn nicht regere Theilnahme erzielt wird. Ich habe diesen Wunsch meines Verlegers zunächst Schmidt mitgetheilt u. willigt er ein, etwas ähnliches zu unterschreiben, dann erlasse ich zunächst ein Rundschreiben an Freunde und sonstige hervorragende Berufsgenossen u. fordere diese mit zur Unterschrift auf. – Endlich war Steig im preuß. Ministerium (nach Verabredung mit H. Grimm); ich weiß aber noch nicht, mit welchem Erfolg. – Nach New-York sind vor etlichen Wochen 50 oder 100 Freiexempl[are] des 1. Heftes gegangen, die an die Univer. u. Bibl. versendet werden sollen. Noch hat Koch 2000 Ex. des 1. Hefts, die er jetzt – warum nicht früher? – gern gratis hergäbe. Ich werde ihm rathen, er soll sie an die Gymnasien verschicken. Aber er wird wieder das Porto scheuen.
Was Sie über moderne Lit. sagten, ist richtig. Aber verschaffen Sie mir den Recensenten!! Wollen Sie selbst [Su]dermann recensieren, so machen Sie den Anfang; ich bin zu allem bereit. –
Gelingen die geplanten Actionen, so bleibt die Ztschrft wie sie ist: vielleicht schlag ich mir noch 2 Bogen mehr jährlich heraus, die ich brauche.
Herzlich grüßend & dankend
Ihr treu erg. AS.

Gehen Sie nach Weimar? Dann käme ich vielleicht auch!

Graz, 20. Mai 1895 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Ich danke Ihnen herzlich für Ihren brief, das extraheft und die wichtige Lückerecension. Ihre Brentanoentdeckungen sind sehr ergibig und ich habe sie mit so viel freude gelesen als ich etwas in der mir unsympathischen form des offenen briefes lesen kann. – Sie haben recht, das programm des Euphor. nicht einseitig zu sein, erschwert das aufprägen eines bestimmten charakters; ich bin etwas einseitig.
Die neuen aussichten sind sehr erfreulich; wenn sie nur auch den geldherren imponieren. Von dem aufruf verspreche ich mir das gegenteil wie Koch; es gibt gar keinen menschen, der eine zs. aus liebe zur wissenschaft abonniert; braucht er sie, so abonniert er ohne aufruf; braucht er sie nicht, so abonniert er auch dann nicht; wer aber etwa schwankend war, ob er nicht doch abonnieren solle, erfährt aus dem aufruf, dass das unternehmen sich nicht halten kann (auch wenn vom absatz nicht darin die rede ist) u. sagt sich: dann lohnt es sich nicht, dass ich abonniere, es geht ja doch bald zu ende. Koch soll was der aufruf u. seine versendung kostet auf die weitere verschenkung der ex. des 1. heftes wenden, das kann nützen. Das ist meine persönliche ansicht. Eine vermehrung des umfanges hielte ich für unglücklich. Dass ich Sudermann recensieren soll, ist eine bittere zurechtweisung meiner aufdringlichkeit. – Zum Goethetag komme ich nicht. Herzlich grüsst Ihr
BSfft.

(Prag), 21. Mai 1895 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Daß Ihnen d. Form meines Brentano-Aufsatzes nicht behagt, thut mir leid. Ich neige sehr zu ihr u. finde, daß etwas Leben und Abwechslung in unsre etwas trocknen Schemata dadurch kommt. – Die Gesellschaft hat [ges]tern 300 fl. für d. Euphorion bewilligt; es ist noch ein Vollversammlungsbeschluß nötig; aber da die ausschlaggebende Abtheilung das Geld ohne Widerspruch widmete, so ist das nur eine Formalität. Am Freitag oder Samstag wird die Sache fix und Koch wird nächste Woche das Geld haben. Das bedeutet nun 31 Ex. und mit den 10 Berlinern 41 Ex. zum Ladenpreis; also 61 Ex. zum Buchhändlernettopreis. So viel also, als er zur Fortführung nötig zu haben erklärte. Hebt sich nun der Absatz heuer noch ein klein wenig, wie es doch der Fall ist, so ist der Verlust heuer sehr gering. Jedesfalls verlängert Koch daraufhin den Contract um 1–2 Jahre. Inzwischen gewinne ich Zeit; wühle vom neuen in den Wiener u. Berliner Ministerien etc. Außerdem kann ich, wenns noth thut, von der hiesigen Gesellschaft im nächsten und vielleicht auch im übernächsten Jahr dieselbe Summe haben. Vielleicht stellt sich die Ztschrft inz[wis]chen doch auf ihre eigenen Füße.
Erich Schmidt, der mir sehr liebenswürdig u. entgegenkommend schrieb, hat sich bereit erklärt, einen Aufruf an die Fachgenossen u. Bibliotheken zu unterschreiben. Er will ihn mit mir zu Pfingsten in Jena oder Weimar redigieren, den in Weimar versammelten Collegen vorlegen, die Liste der Unterzeichner u. der damit zu betheilen[d]en feststellen. Ich verspreche mir mit Koch nicht allzuvielen Nutzen davon; aber kann auch nicht glauben, daß es Schaden werde. Hand in Hand mit der Verschenkung von I 1, wozu ich ihn vielleicht noch bewege, kanns doch helfen. – ESchmidt wirft ferner den Gedanken hin, ob ich nicht RMMeyer als Mitredacteur annehmen möchte. Er würde den Vermittler machen. Nun an u. für sich [h]ätte ich dagegen nichts einzuwenden. Zu eigentlicher Redactionsthätigkeit wird er seiner Sauschrift wegen schlecht taugen. Aber ein kritischer Kopf wie er ist, würde er in der Annahme strenger sein als ich; und das wäre gut. Im Moment kann ich aber kaum darauf eingehen, weil die Bewilligung von Seiten der hiesigen Förderungsgesellschaft ihre einzige Berechtigung eben nur darin hat, daß der Herausgeber der Ztschrft hier am Orte wirkt und sonst statutenwidrig wäre.
Brauche ich also die Gesellschaft auch im nächsten und übernächsten Jahre noch, so könnte mir dieser Mitredacteur sogar abträglich werden. Dabei fiel mir folgender Ausweg ein. Es dürfte nicht heißen: „Hrsgg. von R M. Meyer und A. Sauer“, sondern es müßten sich neben Meyer noch eine Reihe andrer Fachgenossen auf den Titel schreiben lassen, so daß es hieße „unter Mitwirk[un]g von ABCDEF hrsgg. von A Sauer“ wie dies jetzt Mode ist bei vielen wiss. Ztschrften. RMMeyer könnte dann gewissermassen als Vertreter der übrigen der Redaction näher verbunden und seiner Opferwilligkeit keine Schranke gesetzt werden. Die „Mitwirker“ auf dem Titel könnten aber auch dann nicht schaden, wenn die millionäre Vertretung fehlte. – Können Sie [m]ir darüber Ihre Meinung sagen, so thun Sies gütigst. Kämen Sie doch nach Weimar. Ich hätte so vieles mit Ihnen zu besprechen.
Treulichst und dankbarst
Ihr
AS.

Prag, 23. Mai 1895 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Da ich W – čs hübsche Arbeit schon gelesen habe, will ich nicht verabsäumen, Sie zu dieser hübschen Festschrift zu beglückwünschen. Man spürt aus jeder Zeile die strenge Zucht, die sichere feste Methode und die vielseitige Anregung, bes. in dem hübschen Wielandcapitel. Vielleicht hätten die übrigen engl. ? gleich mit[beh]andelt werden sollen, wie es ursprünglich meine Ansicht war, wenn ich mich recht erinnere. Jedenfalls brauchen wir eine Reihe ähnl. Untersuchungen, deren Resultate man ja nicht immer voraussehen kann. – An Dr. Tropsch glaub ich mich noch aus seinen ersten Semestern zu erinnern. War er nicht an einem Fuße lahm? Vielleicht lassen Sie von beiden Arbeiten Rec. Ex. an den Euphorion senden; ich will sie besprechen lassen. Für Prior wüßte ich einen geeigneten Recensenten in einem Wiener Realschullehrer. Für Tropsch könnte ich Rantsch oder Morsch ersuchen. -
Mit besten Grüßen
Ihr
Herzlich Erg.
AS.

Prag [2]3/5 95
Smichow 586

Graz, 24. Mai 1895 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. „Können Sie mir Ihre meinung sagen, so thun Sies“ schreiben Sie in Ihrem letzten freundlichen brief. Ich glaube, ich kann nicht, u. habe schon zu viel früher gesagt. Ich verstehe mich aufs geschäftliche nicht, wie die VJS u. die DLD beweisen. Mir erweckt der gedanke, dass viele namen auf dem titel stehen (so wie es Göschen für die DLD zuletzt tat, was ich niemals zugelassen hätte, wenn ich meine leitung nicht schon gekündigt gehabt hätte), eine vorstellung, wie soll ich sagen? jüdischer empfehlung. Aber ich verstehe alles nicht; nicht was das circular nützen könnte, nicht was E. Schm. mit der mitredaction M.s bezweckt (ich schätze M.s geist sehr, zum redacteur ist er viel zu schlampig), nicht warum Sie sich durch hinzunahme Ms oder beifügung mehrerer namen Ihre führung einschränken, Ihren vollwertigen namen verbrämen lassen sollen. Aber, hören Sie auf Schmidt, der versteht die mache besser als ich. U. ich will gar nichts gesagt haben.
Dass Ihnen der Prior gefiel, freut mich. Die sammler versenden keine exemplare, weil sie keine haben. Recensionsexemplare für den Euphorion sind vor 14 tagen von uns dem verlage vorgeschrieben worden. Tropsch können Sie nicht kennen; er ist jünger u. erfreut sich 2er gesunder beine. Seine arbeit zeigt die ganze einseitigkeit meiner schule. Dass ich nicht nach Weimar komme, schrieb ich schon. Herzlich grüsst Ihr ergebener
BSfft.

24 V 95

Prag, 26. Mai 1895 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich bin Ihnen für Ihre offene Aussprache dankbarer als Sie vielleicht meinen u. wenn Sie ein Resultat Ihrer Einwendungen nicht immer augenblicklich sehen, so kommt dies daher, daß die Sachen ja seit langem vorbereitet sind u. auf lange hinaus vorbereitet werden müßen, sich also e[in] solches Resultat immer erst sehr spät zeigen kann. Je schroffer Sie sich aber über die im Fluß begriffenen Dinge äußern, desto mehr nützen Sie mir; denn was ich Ihnen schrieb, waren nur Erwägungen, Vorschläge, die von einer Verwirklichung weit entfernt sind. Ich wahre mir meine Unabhängigkeit & Selbständigkeit solange als ich kann. Mit RMM denkt ESch. wesentlich wohl an eine materielle Unterstützung. – Mein Tropsch hieß in d. That: Johann; war aber auch ein Croate. Über Wukaninović’ Arbeit hat sich auch Pogatscher sehr günstig geäußert, der strengste Kritiker de[n] ich neben Ihnen kenne. - In Lpz. soll jetzt Köster (wol als Extraord.?) in Aussicht genommen sein. Es soll furchtbar gestritten worden sein. – Sie wissen aber darüber wohl viel mehr als ich. – Die Geldbewilligung von Seiten der Gesellschaft ist gestern erfolgt. Kelle hat sich sehr dafür ins Zeug gelegt. Herzlichst AS.

Graz, 27. Mai 1895 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Vielen dank, l. fr., für die sehr willkommene fortsetzung des Musenalmanachs. Die hefte werd ich einmal im seminar bearbeiten lassen.
Dr. Wukadinović ist sehr erfreut – u. mit grund – über Ihre karte an ihn.
Herzlichst
Ihr
BSfft.

Graz, 29. Mai 1895 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Dank für Ihre so überaus freundschaftliche karte u. die zusendung des Elpenor. Nach der 1. lektüre imponirt mir nur die erklärung des bildes im munde des Polymetis, obgleich auch hier noch zu beweisen bleibt, wie G. zu dieser ihm nicht gewöhnlichen bildlichkeit kam. Der ganze artikel ist gut, sehr beachtenswert, aber eben doch nur ein lösungsversuch, wie wir andern ihn gaben. Die unreife Woodsche idee mit Felix hat Lkl. ohne recht ganz vernachlässigt; da lässt sich auch einsetzen. Ich freue mich dieser arbeit u. werde, wenn ich das fragment lese, versuchen, ob sie mir überzeugender wird als jetzt. So gut wie alles vorhergehende ist auch sie. Unschön finde ich nur, dass Lkl. die schwierigkeiten verschweigt, die seine vorgänger betont haben für ihre hypothesen. – Ihr Tropsch ist ein älterer bruder meines Tropsch u. soll ein taugenichts geworden sein. Wukadinović ist sehr glücklich über Ihre karte u. wird sich auch über Pogatschers urteil freuen. Mir blieb seine arbeit zu ungleich, ich wünschte alles auf der höhe des Herderstückchens zu haben, dazu langte aber seine geduld nicht.
Von Leipzig weiss ich gar nichts, nicht einmal dass die sache wider in fluss ist. Kösters buch ist allerdings zur hälfte etwa glänzend u. ich habe ihn um die verfasserschaft beneidet.
Herzlich Ihr
BSfft.
29.5.

Prag, 30. Mai 1895 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Heute nur die Mittheilung, daß Koch auf den Zuschuß der hies. Gesellschaft hin den Contract auf 2 Jahre verlängert hat. Während dieser Zeit wird sich die Lebensfähigkeit der Zeitschrift besser zeigen können als bisher. Es treten keine Veränderungen ein; nur eine (kleine) Einschränkung der Bibliographie strebe ich selbst an u. werde sie noch mit Ihnen beraten. Den ‚Aufruf‘ wünscht Koch u. erwartet sich davon mehr als von einer planlosen Versendung von I 1, das er übrigens den Sortimentern noch einmal gratis zur Verfügung stellen und auch mit dem Aufruf gratis anbieten will. – Eben lese ich Schönbachs Ernennung zum Akademiker und freue mich [her]zlich dieser lang verdienten Auzeichnung. Nun sind 3 Germanisten in der Akademie. – Mit freundlichen Grüßen Ihr Treulichst Erg.
AS.

Prag 30/5 95
Smichow 586

Graz, 1. Juni 1895 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ich beglückwünsche Sie zur verlängerung des contracts u. hoffe u. wünsche, dass damit die schwierigkeit überwunden ist.
Was ich von lesern Ihrer bibliographie höre, ist: sie biete zu viel nicht streng litt.-histor.; besonders könne das theolog. u. polit.-histor. ausfallen. Das trifft auch mit meinem eindruck zusammen; ich halte eine beschränkung auf die sog. schöne litt. u. ihre geschichte für möglich.
Schönbach hat das längst ersehnte u. längst verdiente erreicht. Dass es so spät, nach seiner und meiner meinung verspätet, kommt, mindert die freude daran.
Mein poetikkolleg obwol nur 1stündig macht mir riesige arbeit. Es ist das schwerste, was ich je gelesen habe.
Gutes fest wünscht Ihr treulich
ergebener
BSeuffert.

(Prag), 27. Juni 1895 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich sende Ihnen gleichzeitig den Text meines 3. Heftes in Correcturbogen. – Rec. Ex. von Prior & Fleming habe ich bisher nicht bekommen. In Bezug auf den ersten [h]ab ich ein paar Worte vorläufig gesagt u. auf eine wichtige Lücke aufmerksam gemacht. Einen geeigneten Rec. hätte ich. – In Weimar wars recht nett. Ich lernte Drescher (ein lieber Kerl), Wunderlich, Pniower, Kaufmann, Erdmann (!) neu kennen, sah Strauch nach 17 Jahren wieder, hatte mich eines Überfalls von Seiten Geigers zu wehren, der die Rec. Steigs von mir unterdrückt gewünscht hatte. Nett waren Fresenius, [W]aldberg, Meyer. Mit Schmoller sprach ich beim großherz. Diner über Scherer & seine Familie, Schröder etc. – Schmidt hatte die Liebenswürdigkeit beiligenden Aufruf aufzusetzen u. die beiligende Liste der zur Unterschrift aufzufordernden Herren vorläufig mit mir zu vereinbaren. Haben Sie die Güte den Aufruf mitzuunterzeicnen, auch wenn Sie sich nicht sehr viel davon erwarten. Er wird im Herbst privatim, per Couverts verschickt. Wenn Sie glauben, daß es mir Schönbach nicht übel nimmt, so könnten Sie ihn in meinem Namen um s. Unterschrift bitten. Jeder Brief, der mir erspart wird, ist Labsal für mich.
Über die Beschränkung der Bibliographie reden wir noch mit einander. Ich sende Ihnen von der zu Heft 3 einen Correcturabzug, den Sie behalten u. auf dem Sie mir im Lauf des Sommers zu guter Stunde alles das durchzu- streichen die Güte haben werden, was Ihrer Meinung nach wegbleiben kann. Ev. frag ich noch Jemanden anderen u. zieh aus beiden Ansichten das Mit[??]le. Freilich: ein Rückzug ist immer schwer. Ist er besser: langsam oder gewaltsam auf einmal?
Das Ergänzungsheft macht soviel ich höre überall einen recht guten Eindruck. – Althof giebt für den Herbst Hoffnung.
Fällt von Ihrem Poetikcolleg nichts für mich ab?! Ein schöner Einleitungsartikel.
Ich habe von früh Morgens an heute Briefe geschrieben, um alle Rückstände aufzuarbeiten. Verzeihen Sie daher meine Trockenheit & Kürze.
Ihr herzlich und treulich Erg.
AS.
Beilage:
Der Euphorion, vom Prof. Dr. A. Sauer seit 1894 im Buchnerischen Verlag zu Bamberg herausgegeben, soll das Archiv und die Vierteljahrschrift für neuere deutsche Litteraturgeschichte ersetzen und unserer gerade während der letzten beiden Jahrze[h]nte so reich entfalteten Wissenschaft das unentbehrliche selbständige Centralorgan für Forschungen, Quellen und Uebersichten bieten.
Diese Zeitschrift nicht nur zu erhalten, sondern auch nach Gehalt und Umfang zu vervollkommnen und durch weitere Verbreitung den Zusammenhang aller Fachgenossen zu befestigen, muß unser gemeinsames Bemühen sein, und wir bitten Sie dringend, in Ihrem Kreise das Unt[er]nehmen zu fördern, indem Sie Bibliotheken, Institute, Vereine und einzelne Freunde werben, so wie in jüngster Zeit die „Gesellschaft für deutsche Litteratur“ in Berlin und die „Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Litteratur und Kunst in Böhmen“ in Prag die Vertheilung von Exemplaren, besonders an Mittelschulen, denen das Abonnenment auf eigne Hand erschwert oder unmöglich ist, betreiben.
Zuschriften bitten wir an die Verlagsbuchhhandlung oder an einen der Unterzeichneten zu richten.
Redlich (Hamburg)
Chevalier (Prag)
Sauer (Prag)
Suphan (Weimar)
Schnorr (Dresden)
Seuffert (Graz)
ESchmidt (Berlin)
Minor (Wien)
Baechtold (Zürich)
Glossy (Wien)
Pilger (Berlin)
Wendt (Karlsruhe)
Lachner (Nürnberg)
Steig (Berlin)
Waldberg (Heidelberg)
Bolte (Berlin)
Kettner (Pforta)
Bellermann (Berlin)
Waniek (Wien)
Kummer (Wien)
Stejshal (Wien)
Kelle (Prag)
Muncker München
Hertz (München)
Burdach (Halle)
HFischer (Tübingen)
Schönbach (Graz)
RMWerner (Lemberg)
Köster (Marbur[g])
Roethe (Göttingen)
Elster (Leipzig)
Liliencron.

Graz, 28. Juni 1895 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Schönbach ermächtigt mich, Ihnen seine unterschrift für das circular zur verfügung zu stellen u. selbstverständlich bitte ich auch, über die meinige zu verfügen. Dass Sie die mitarbeiter, die Sie hier nicht unterzeichnen lassen und also als leute 2. güte abtrennen, vor den kopf stossen, haben Sie gewiss bedacht; auch ob es möglich ist, die mittelschulen auf die schenkung zu verweisen.
Dank für die bogen: leider fehlte mir noch die stunde sie zu lesen. – Da ich er einzige bin, der den umfang der bibliogr. bemängelt hörte, so stossen Sie sich nicht daran, da ja jetzt kein sparen nötig ist; das war nur für die zeit der not. Jedenfalls möchte ich das kürzen nicht auf meine kappe nehmen; das müssten Sie nach eigner überzeugung machen, oder es wird nicht gemacht.
Die poetik ist nicht druckreif.
Um den 23. juli geh ich nach Windischgarten.
Grüssend
Ihr gehetzter
BSeuffert

Prag, 30. Juni 1895 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich habe bis jetzt in den 7 Heften 100 Mitarbeiter. Weitere 50 ungefähr haben Recensionen übernommen oder Arbeiten eingesandt. Lasse ich diese 150 alle unterschre[ibe]n, wo komm ich da hin? Abgesehen davon, daß etliche der wärmsten Gönner der Zs. bisher noch keinen Beitrag geliefert haben. Diese 30 sind also Vertreter und ich glaub nicht, daß Jemand beleidigt sein kann. – Den Aufruf hat Schmidt abgefasst u. ich möchte nicht gern dran rühren. Die Form ist überhaupt gleichgiltig. Die Sache spricht für sich. – Müßte ich nicht kürzen und wäre ich nicht selbst der Ansicht daß einiges wegbleiben könnte, so hätte ich Ihnen den Vorsch[la]g mir Ihre Meinung über die [Bi]bl. ad iculos zu demonstrieren nicht gemacht. Die Sache hat aber jetzt bis zum Herbst Zeit. Denn bei diesem Jahrgang muß ich nun/mir – bis auf zunehmende Knappheit – halbwegs consequent bleiben. Glückliche Ferien wünscht Ihnen Ihr aufrichtig Erg. AS. 30/6 95.

Prag, 14. Juli 1895 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Sagen Sie mir gütigst, ob Sie Ihre Unterschrift unter jenem Aufruf aufrecht erhalten, wenn C – ch wie K – au mit unterzeichnet. Werner meint nemlich, daß er in diesem Falle mit diesem gemeinsam eine Eingabe an den galizischen Landesschulrat machen könne um [A]bonnement für die galizischen Gymna[s]ien. Natürlich liegt mir an Ihrem Namen weit mehr. Wenn Sie zustimmen, so dürften Schmidt & Burdach auch nichts dagegen einzuwenden haben. – Ich habe in letzter Zeit erfreuliche Erweiterungen errungen: einen Aufsatz Elsters, eine Recension Schröders. – Schönbach contra Stern. – Die wichtigen Rec. Spitzers. – Hübsche Briefe an Schiller. – Lesbares von W. Lang. – Ich bin bis 20. hier und meine Adresse bleibt auch dann am besten Prag: denn ich wechsle wahrscheinlich einige mal meinen Aufenthaltsort.
Glückliche Ferien wünscht Ihnen
Ihr
aufrichtig Erg
AS

Prag 14/7 95.
Smichow 586

Graz, 16. Juli 1895 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Warum nicht, lieber freund. Der aufruf hat materielle zwecke, da braucht er auch keine ideale gesinnung. Ich habe persönlich nichts gegen Creiz. als seine – art gegen Scherer. Arbeit ! ich am gleichen blatte mit ihm, so muss ich mir auch sonst seine gesellschaft gefallen lassen. Suchen konnte ich ihn nicht.
Das dritte heft hat mich sehr gefreut, unterrichtet u. angeregt.
Das beste für die ferien wünscht
Ihr
BSfft.

Den Hausballapparat in corr. erbitt ich bis 22. (absendetag, zwei tage postlauf) hieher, dann nach Windischgarten Oberösterreich, Gastwirt Kemmetmüller, wohin ich am 25. früh abfahre.

Prag, 16. September 1895 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Gleichzeitig send ich Ihnen Correcturbogen meines letzten dünnen Heftchens. Ich habe viel dran auszusetzen. Der Rec.theil ist sehr schwach. Der unglückselige Fey geht zurück in meine erste Red. Zeit. Ich forderte ihn wie 1000 andre formlos auf zur Mitarbeit u. er war nicht los zuk[riege]n. Lang genug hab ich das Monstrum liegen lassen. Nun arbeite ich für Band 3, in dem ich vor allem die Hefte gleichmäßiger gestalten will. –
Haben Sie die Baechtoldiade gehört? Mir erzählte sie Minor auf der Durchreise. heute kommt Muncker, den ich noch nicht persönlich kenne. Vor ein paar Tagen war ein junger Berliner Eloesser da. – Gestern in Teplitz wars ganz nett – nur Regen.
Mit viel Grüßen
Ihr
aufrichtig Erg.
AS.

16.4.95.

Kelle geht’s besser. Er ist viel außer Bett. Von Arbeiten ist aber noch keine Rede und darnach allein begehrt er. Mich greift der Januar, so oft ich ihn sehe, jedesmal schrecklich an.

Graz, 22. September 1895 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ich beglückwünsche Sie zum erfolg Ihrer Seumerede, den ich aus der zeitung erfuhr. Dank für den Euphorion; ich möchte das heft gegen Sie in schutz nehmen, wenn es auch nicht zu den bedeutendsten gehört. Haben Sie hoffnung, dass Kelle wider lehren u. schriftstellern kann? – Die Baechtoldiade kenn ich nicht, verraten Sie sie mir doch; ich weiss nur, dass er lange schwankte. Was wird nun in Lpz.? Ich weiss von den letzten vorschlägen gar nichts. Mir gings auf dem lande nicht gut bis in die letzte woche. Jetzt erhol ich mich am schreibtisch, hoff ich. Treulich Ihr
BSfft.

22 IX 95

Graz, 30. September 1895 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L. freund, Mögen Sie mir den gefallen erweisen, beiliegendes in den Euphorion aufzunehmen! Der verf. erbat meine anzeige, die er freilich besser gewünscht haben wird: ich schonte so viel ich konnte. Ich weiss dass ich Ihnen anderes schulde u dafür zunächst unverlangtes gebe, aber das andere soll auch kommen. Den titel weiss ich nicht genauer, ich habe einen abdruck ohne umschlag.
Grüssend Ihr
ergebener
BSfft.

30. 9. 95

Prag, 2. Oktober 1895 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Jede Zeile mehr, die ich von Ihnen bringen darf, macht mir Freude. Also vielen Dank für die Recension, die sogleich in die Druckerei wandert. Der Titel stimmt.
Ich arbeite für die Jahresberichte u. bereite Colleg vor. – Muncker war hier, auch S[chuc]hardt, der Ihnen vielleicht von uns erzählen wird. Kelle geht’s besser; aber lesen kann er noch nicht. Über L. höre ich, daß S. selbst jetzt nicht weiß, was geschehen soll. Jedesfalls wird sich die Facultät vom Neuen mit der Sache zu beschäftigen haben. Vielleicht dringt Roethe diesmal durch.
Herzlich grüßend
Ihr
AS.

Prag 2/10 95
Smichow 586

Graz, 20. Oktober 1895 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Besten dank, l. frd., für den Chamisso. Ich freue mich sehr über das stück, von dem ich mir was feines erwarte. Wär ich nur nicht im vorlesungsgehetze, so würd ich gleich lesen.
Alles gute!
Grüssend
Ihr ergebener
BSeuffert

Prag, 13. November 1895 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F.! Ich wage es Ihnen unter Kreuzband ein Bruchstück eines Aufsatzes zu senden, dessen Anfang ich leider momentan nicht zur Verfügung habe, der Sie aber auch so interessiren wird. Lesen Sie S. 30 und sagen Sie mir, soviel Sie können & wollen, Ihre Ansicht. halten Sie uns von einer Blamage [z]urück, wenn Sie die Behauptung dafür anse[h]en; wir konnten zu keinem andern Schluß kommen. Die fahnen sind noch uncorrigiert: Papierkorb. – Noch eine zweite Bitte; kennen Sie einen Brief Wielands nach Winterthur; 8. Nov. 58 beginnend: ‚Ich übersende Ihnen mit gehorsamsten Dank den Metastasio‘? Handelt über die Shakespeareübers. & über Johanna Gray. In den mir zugängl. Werken, auch bei Hirzel steht er nicht. An wen kann er sein? Ein Herr Stadtschreiber wird darin erwähnt. Vielleicht darf ich Ihnen den Brief nächstens communicieren, vor dem Druck.
Wie gehetzt ich bin, wird ich Ihnen nächstens – wenn nicht schreiben, so do[ch d]urch mancherlei zu erkennen geben. Der arme Rosenbaum war durch Ihre Rec. ganz vernichtet. Ich sehe aber eigentlich nicht, daß er sich durch s. Rechtfertigungsschreiben gereinigt hat. Er wird mir wie dieses so auch Ihre Antwort mitteilen. Dann schreib ich Ihnen drüber.
Herzlichst Ihr AS. 13t / 11 95. Smichow 586

Graz, 23. November 1895 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 23.XI 95

Lieber freund, Der unbescheidene Umfang meiner heutigen sendung soll Sie nicht erschrecken. Ich bitte für zwei Stücke um aufnahme in Ihren Euphorion; erwägen Sie ohne alle freundschaftliche rücksicht, ob Sie sie aufnehmen wollen: ich bin auf die zurückweisung gefasst, wenn ich freilich auch nicht weiss, wohin damit. Dass ich ohne Ihre erlaubnis erst zu erbitten, eine selbstanzeige beifügte, bedarf besonderer entschuldigung: ich dachte, Sie urteilen bequemer über sie, wenn sie zugleich mit dem artikel eintrifft. Am schlusse des artikels erwähnte ich unbekannte reste des briefwechsels zwischen Dalberg und Wieland; ich traute mich nicht durch hinzufügung der paar briefe Dalbergs zur selbstanzeige Sie noch mehr zu beladen.
Vom Schwarzischen artikel müsste ich, falls Sie ihn aufnehmen, 12 sonderabdrucke statt der üblichen 6 erbitten, da ich vielen gehülfen dank schulde. (Hoffentlich ist Koch nicht zu teuer damit.) Und ich schulde dank für das Grillparzerische und den Euphorion. Vorerst lassen Sie mich aussprechen, wie sehr ich Sie um das glück beneide, den vater noch an der seite zu haben und wie lebhaft ich wünsche, dass er Ihnen noch lange und rüstig erhalten bleibe!
Die blätter aus dem alten Österreich bergen die geschichte einer wählerei der dunkelmänner, wie meine Schwarziade; nur dass sie sich direkt gegen einen grösseren wenden. Wie prächtig sind die strophen, mit denen Sie anheben! Sie lassen die ganze elendigkeit der polizeinoten doppelt stark fühlen. Ich danke Ihnen, dass Sie mich an diesem genusse und an diesen aufhellenden actenstücken teil nehmen liessen.
Der Euphorion scheint mir besser als alle seine vorgänger. Für Burdach habe ich stets eine schwäche, wie Sie wissen, und so gefällt mir auch diese rede ausnehmend. Ranke ist köstlich. Mit Collins richtung vereinige ich mich immer noch nicht. Ich glaube nicht dass man beim weitblick von hoher zinne herab das detail besser beurteilt als in der nähe. Böttigerisches findet bei mir immer dank wegen Wielands. Die Humboldtiana sind ein vorzüglicher fund. Auch über Lenau höre ich gern. Bei den filiationen vermisse ich wieder die arbeit, die nach der sammlung folgt. Von den recensionen bevorzuge ich die Spitzers; auch auch aus den andern lernt man. Das zusammenfassen der personallitteratur bewährt sich. Ich denke, das heft muss viel beifall finden.
Leben Sie wol! ich muss den brief liegen lassen, bis ich endlich die SA erhalte, auf die ich seit 8 tagen vergeblich warte.
Grüssend
Ihr
BSeuffert.

Haben Sie aus den Todtengesprächen für E Kl. etwas brauchen können?

(Prag), 27. November 1895 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Nochmals lieber Freund, meinen aufrichtigsten Dank für Aufsatz und Recension. Ich finde beides sehr int[ere]ssant und freu mich [a]uf den Druck. Soweit ich jetzt alle[s ü]berblicke, glaube ich die Rec. im 2. Heft, den Aufsatz im 3. und 4. Heft 96 unterbringen zu können, wenn Sie mir gestatten ihn zu theilen. Ich muß von der Zerlegung der Aufsätze jetzt öfter als früher Gebrauch machen, weil viele um Einlaß klopfen, ich also mehr gleichzeitig fördern kann und die Leser auch das Bunte & Verschiedenartige vorziehen. Ich schätze Ihren Aufsatz auf 3 Bogen. Gerade das, daß er über das engere literarhistorische Gebiet hinausgeht, macht mir ihn doppelt wert. Wir interessiren Historiker etc. für die Zeitschrift, die nun langsam bekannt wird. Ich beglückwünsche Sie zu Ihrem reichen Material und zu der Muße, es zu bearbeiten. Sie scheinen mir jetzt recht im Zug zu sein und wir dürfen uns manches versprechen. – Die Briefe zur Recension liefern Sie mir noch nach. Wo sollte man diese Sachen unterbri[ng]en, wenn nicht bei solchen Gel[eg]enheiten. Ich werde schon irgendwie Raum schaffen. – [D]aß Sie mit dem nächsten Heft zufrieden sind, freut mich herzlich. Müh geb ich mir genug. Kriegte ich immer Gutes, so könnte ich noch mehr auswählen. Einzelne Stümper stoß ich schon jetzt ab. Collin geht mir ganz gegen den Strich. Aber der Streit der sich ans 1. Heft knüpfte, ist damit beigelegt. Das ist mir doch lieb. Rubensohns wortlose Untersuchungen sind mir sympathischer als Ihnen. Soll sich jeder s. Theil dabei denken. Ich find es sehr lustig. – Für die Festschrift noch meinen speciellen Dank. Ebenso für die Notizen über Kleist, die ich mir aus den Todtengesprächen gemacht habe. – Ich reise am 16. Dec. nach Wien, Goedekes wegen. Leider nur auf 8 Tage. Ich brauchte 8 Wochen. – Kelle wird wohl nie mehr ganz gesund. Für unsere Studien ein großer Nachtheil. Wenigstens aber ist Pogatscher jetzt Ord. u. ich habe bei der seinerzeitigen Besetzung eine Stütze an ihm. Treulichst & dankbar Ihr AS.

Graz, 28. November 1895 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 28. November 1895.

Lieber freund Ich danke Ihnen lebhaft für Ihre freundschaftliche aufnahme meiner sendung. Die art und zeit der drucklegung steht natürlich bei Ihnen. Da Sie die briefe auch nehmen mögen, so folgen sie anbei; Sie wissen, ich bin ein principieller gegner von briefpublikationen ohne erklärung, und so muss ich schon bitten, wenn Sie die veröffentlichung anhängen wollen, die erläuterung als etwas nach meiner auffassung von methode unerlässliches mit in den kauf zu nehmen.
Ausserdem muss ich Ihnen noch eine mühe machen, ohne mein verschulden. Unerwartet kommt mir ein nachtrag aus der Mainzer bibliothek zur Schwarziade zu. Ich weiss nicht, ihn genau einzufügen (wie ich auch nicht weiss, ob die überleitung zu den Dalbergbriefen sich an den schluss meiner selbstanzeige anschmiegt).
Sehr dankbar wäre ich für ein wort, ob das gedruckte gutachtenexzerpt Ihnen bedeutend erscheint, ob Sie, wie ich meine tun zu dürfen, Wieland wirkliches verständnis für universitätswesen zuerkennen. Man verliert bei so langer vertiefung in eine person leicht den masstab für sie.
Rosenbaum wollte ich nicht kränken; ich habe ihm so geschrieben, dass er zufrieden sein kann. Ist ers?
Ist es wahr, dass Lambel supplent für Kelle ist? dass Lambel nachfolger Schröers werden soll?
Pogatschers endliche beförderung freute auch mich. Recht dringend bitte ich, mir die anzeige des Wolffschen Gottsched jetzt zu erlassen; das buch ist wirklich nicht hochwichtig; dazu ja auch schon in zss. publiciert. Darf ich nicht auf den 2. band warten? Ich möchte bei Wieland bleiben, und so hat Hassencamp noch eher aussicht recensiert zu werden. Wollen Sie aber Wolff einem andern auftragen, so bin ich dankbar.
Ergebenst grüsst Ihr
BSeuffert.

29. Als der brief zum schliessen fertig war, kommen unvermutet noch aus Wien die längst erbetenen und immer ausgebliebenen Mülleriana. Daher leider noch zwei Nachträge.

(Prag), 30. November 1895 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vielen Dank für Ihre Sendung. Es soll alles bestens besorgt werden. Der gedruckte Auszug ist interessant genug. Mich hat es geradezu frappiert, wie vieles davon auch noch auf heutige Verhäl[tni]sse anwendbar ist. Wer immer das Gutachten geschr[ieb]en haben mag, ein sehr gescheuter, wol unterrichteter, scharfsinniger Mann war es jedenfalls. Die Überlieferungsfrage ist allerdings merkwürdig complicirt. – Lassen Sie sich mit Wolff immerhin Zeit; selbst wenn Sie bis zum Erscheinen des 2. Bandes warten wollen, ists mir recht. Nur weiß man bei solchen Büchern nie recht, wann & ob die Fortsetz. überhaupt erscheint.
Kelle wird bis jetzt nicht suppliert. Lambel hat voriges Jahr 600 fl. jährlich bekommen mit der Verpflichtung in jedem Semester ein Colleg über mhd. zu lesen. Das hängt also mit Kelles Erkrankung nicht zusammen. Kelle will übrigens nach Weihnachten Seminar halten. – Für Schröer waren Lambel (1), Weilen (2), Hauffen (3) vorgeschlagen. Auß[er]dem hatte sich Werner in einem Ministerialgesuch direct um die Stelle beworben. Der Finanzminister wies aber das hohe Gehalt für Werner ab & es heißt nun, daß die Stelle überhaupt nicht mehr besetzt werden solle. Ich wäre zu Tod froh gewesen, wenn Lambel hingekommen wäre; denn es wird [weit]erhin bei Kelles Abgang Schwierigkeiten bereiten, ihn ganz zu umgehen, wie es meiner Meinung nach geschehen muß. Nun habe ich Pogatscher als Ordinarius zur Seite u. der wird mich in meinem Kampf gegen Lambel unterstützen. Ich denke, wir schlagen Schönbach, Seemüller & Kraus vor, letzteren wol nur als Extraordinarius. Zingerle möchte ich bei aller Freundschaft gleichfalls umgehen; denn er ist zu ledern. – Das natürlich unter uns. –
Ich bin vom 7.–24. Dec. wahrscheinlich in Wien wegen Goedeke § 298, der zum Ende Winter fällig wird. Ich habe [mic]h mit Herrn v. Weilen in die Österreicher des alten 3. Bandes getheilt.
Alles Gute & Schöne von Ihrem
AS.

Graz, 10. Dezember 1895 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Welche überraschung, l. freund! Das neue ergänzungsheft schlägt zwei sehr interessante themata an; ich freu mich auf die lektüre.
Dank für Ihre letzten nachrichten und die annahme der nachträge. Meine notiz über den Wielandbrief kreuzte sich damit.
Der arme Werner nun auch augenleidend! Wie verfolgt ihn das geschick! Viel vergnügen für Wien und gutes fest Ihnen und der Ihrigen; ich hoffe die tage in arbeit zuzubringen.
Grüssend Ihr
BSfft.

Prag, 20. Dezember 1895 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Besten dank für Ihre Auskunft. Diese Übungen will ich Ihnen bald einmal nachw[ei]sen. Es sind hier an der Bibl. mehrere Sammelbände von Opern des 17. Jhs.; dann dürfte auch das neue Buch von Riemann hier einschlagen. Es ist doch einmal etwas andres. – Ich behandle in einer dritten freien Seminarstunde methodische Fragen unter großem Antheil der Theilnehmer – alles im Anschluß an Aufsätze & Bücher der letzten Jahre.
Bestens grüßend Ihr
AS.

Prag, 31. Dezember 1895 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich habe Ihnen für die freundliche Mitteilung über den Wielandbrief noch nicht gedankt. – Ich bin leider durch einen dringend notwendigen Bericht über die Wiederbesetzung der Bibliothekarsstelle an der Univ. Bibl., den ich als Obmann der Bibl. Comm. machen mußte, sowie durch die 6 Bogen starke Biblio[gr]aphie an meiner Wiener Reise verhindert worden u. gehe jetzt wol erst zum Fasching oder zum Beginn der Osterferien hin, wenn mir Goetze so viel Zeit läßt. – Heut sende ich Ihnen blos meine herzlichsten Glückwünsche zum Jahreswechsel und bitte Sie um die Fortdauer Ihrer mir unschätzbaren Freundschaft.
Herzlich grüßend
Ihr
aufrichtig E[rg.]
AS.

Prag 31/12 95.
Smichow 586.

Graz, 2. Januar 1896 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr Ich danke Ihnen herzlich für Ihren glückwunsch und erwidere ihn Ihnen und der Ihrigen auch namens meiner frau. auch ich hoffe und bitte dass das jahr uns verbunden hält. Ich bin jetzt hinter Hirzels Künzli her und seufze unter der menge meiner excerpte, die im verhältnis zum umfang nicht fruchtbar ist. aber das kommt doch zu tage, denk ich, dass ich rüstzeug habe, wie kein anderer, auch Hirzel nicht.
Herzlich grüsst Ihr ergebener
BSeuffert

Graz, 13. Februar 1896 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 13 II 96

Lieber freund, Erschrecken Sie nicht zu sehr über dieses opusculum, das sich unter den schutz des Euphorion begibt. Sie haben mehr als genug von mir liegen, sogar auf Wieland bezügliches. Aber es trifft was Sie haben doch noch mehr Heinse, und das heutige ist aus einer ganz anderen Sphäre. Verzeihen Sie, dass ich nicht erst bei Ihnen anfragte. Das kam so.
Ich habe für Roethe eine anzeige von Hirzels W. und Künzli 1891 übernommen, sie ist nach wiederholten anläufen erst ende dieses januars fertig geworden. Und obwol ich sehr viel weg liess, was ich dafür zurecht gelegt hatte, um die anzeige nicht auf ihren doppelten umfang zu bringen, machte sie doch vier druckbogen aus. Das war ihm begreiflicher weise zu viel. Er bot sie von freien stücken den Gött. gel. anz. an und da diese mir zwei bogen zur verfügung stellten, konnte ich dies freundliche entgegenkommen nicht ablehnen. Ich schnitt also heraus, nicht das minderwertige. Und dies habe ich nun mit neuen verbindungen für den Euphorion zurecht gemacht. Ich wagte das deshalb, weil Sie selbst mir einmal schrieben, Sie wünschten solche zusammenstellungen wie sie die grössere hälfte meiner studie macht, Sie hielten Sie für nützlich und nötig. Und inedita Wielandiana, die darauf folgen, sind doch schliesslich wol auch noch druckenswert.
Sie sehen aus dieser offenen darlegung, dass Sie mir einen grossen gefallen erweisen, wenn Sie das unterstandslos gewordene kind aufnehmen. Aber: lehnen Sies ab, so tut das unserer freundschaft keinen abbruch. Vielleicht sehen Sie zuerst einmal bl. 34 ff. an. ... bitte ich sehr, ob Sie das bl 46/47 besprochene werk nennen können: ich habe mit allen hilfsmitteln keinen Ewald und keine ... entdeckt.
Mit dem besten grusse und guten wünschen für Sie und die Ihre
Ihr
BSeuffert

Prag, 14. Februar 1896 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, den 14/2 1896
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Mit bestem Danke bestätige ich Ihnen den Empfang
Ihres Manuscripts.
Hochachtungsvoll
Prof. Sauer.

L. F. Ich habe die größte Freude über Ihre sendung und danke Ihnen herzlich dafür. Ich nehme an, daß es Ihnen recht ist, wenn ich die Manuskripte in der Reihenfolge ihres Eintreffens abdrucken lasse; also den Heinse zuerst und dann die Jugendforschungen. Von ersterem bekommen Sie nächstens Correctur. Ich beneide Sie um Ihr rüstiges [Scha]ffen u. beglückwünsche Sie dazu. Herzlichst Ihr AS.

Über Ewald weiß ich momentan nichts. Werde aber [na]chsehen.

Prag, 19. Februar 1896 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Mein Verleger bringt mich durch seine Nachlässigkeit im Versenden der Abzüge zur Verzweiflung. Das Heft ist seit 5 Wochen fertig; die Abzüge liegen noch immer in Bamberg. Ich mah[ne] täglich! – Sollten Sie beim Eintreffen dieser Karte die Abzüge noch nicht haben, so haben Sie die Güte, sie von
C. C. Buchner Verlag. Bamberg
direkt zu fordern. Sie erweisen mir dadurch einen großen Gefallen. –
Den Wielandbrief send ich Ihnen mit Ihrer Erlaubnis sobald ich ihn wieder hab. Batka ist momentan verreist. – Die 1. Hälfte Ihres Heinse-Artikels ist bereits in der Druckerei. Paßt Ihnen der Abschnitt dort wo ich ich ihn gemacht habe [n]icht, so geben Sie mir Ihre Wolmeinung auf den Correcturen u. ich trachte dann mich darnach zu richten. –
Die Erklärung gegen Koch mußte ich endlich vom Stapel lassen; er hätte sonst eine immer steigende Keckheit bewiesen. Peinlich ists immerhin gewesen. Herzlich grüßend Ihr AS.

Graz, 23. Februar 1896 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Die SA kamen am tag nach Ihrer karte reichlicher an zahl als üblich. – Ich bitte um verzeihung, dass auf beifolgender korrektur so viel geändert ist: die eine stelle musste wegfallen, weil eine neueste betrachtung der hs. ergab, dass ich falsch gelesen hatte. Anderes schien mir zu knapp oder schief. Ich habe es so gerichtet, dass der setzer sehr selten umzubrechen braucht. Ergebenst grüsst
Ihr
BSfft.

Graz, 27. Februar 1896 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Die Schwarziade endigt allerdings hier etwas verblüffend. Ich habe aber keine ahnung, ob in der nähe ein tieferer einschnitt ist, da mein entwurf ganz anders disponiert war und ich daraus nicht ersehen kann, wie es hier weitergeht. Wird nun von Liebenstein und Schmettau gehandelt? Vielleicht mögen Sie einen abschnitt markieren durch anflicken eines satzes; etwa: Xxxxx damit sind zwei Namen ausgesprochen von Männern, die Heinses Leben und Dichten einige Zeit beherrschten und über denen ein dichtes Dunkel liegt. „der Katechetling“ besitzt daher als erstes urhändliches Zeugniß für des Grafen Gesinnung und Art biographischen und historischen Werth.*)
Ich weiss nicht, ob das zum künftigen passt, ob das kommende überhaupt in dieser richtung läuft, ob das künftige nicht etwa auch eines einleitenden satzes bedarf.
Steht am schlusse richtig (Fortsetzung folgt) oder soll es heissen: (Schluss folgt.)? Ich habe keine ahnung mehr vom umfang meines mcptes.
* Oder: „der Katechetling“ ist das erste urhändliche Zeugniß für Gesinnung und Art des Grafen Schmettau, der mit dem Herrn von Liebenstein für Heinses Leben und Dichten einige Zeit beherrschte. Beide Männer sind bisher wenig mehr als namen; läßt sich das Dunkel, das sie verhüllt, lichten?
Grüssend Ihr ergebener
BSfft.

Prag, 28. Februar 1896 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Mir kommt es auf ein paar Seiten meh[r od]er weniger nicht an; nur das [ga]nze bring ich nicht unter. Glauben Sie also, daß es nicht anders geht als daß Sie den Katechetling noch diesmal abdrucken, so soll es geschehen. Ich sende Ihnen daher die nächsten seiten Ihres Manuscripts und Sie haben die Güte es mir zurückzusenden u. genau anzugeben, wo Sie den Einschnitt wünschen. Natürlich werde ich „Schluß folgt“ schreiben. Verzeihen Sie mir, wenn ich es ungeschickt gema[ch]t habe. Ich war nur von dem [Bes]treben geleitet, möglichst viel neben einander zur Geltung zu bringen.
Mit freundlichen grüßen
Ihr
AS.

Graz, 2. März 1896 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Der von Ihnen gewählte einschnitt ist ein richtiger einschnitt; es bedarf nur einer kleinen schlussbemerkung, um die getrennte drucklegung abzurunden. Ich lege sie auf einem blättchen bei mit der bitte, sie am schlusse der correctur, womöglich mit alinen um sie als dispositionsannonce kenntlich zu machen, anzufügen. Den beginn des „schlusses“ habe ich eingerenkt. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mir die möglichkeit dazu gaben.
Eine unbescheidene frage: können und mögen Sie mir Pages d’ histoire dédicés à M. P. Vaucher par quelques uns de ses élèves. Genève, P. Georg et.... Librairie de l’université. 1895 (ende, wol 1896 datiert) ... als recensionsexemplar verschaffen? Es sind darin dictate Wielands aus seiner Züricher lehrerzeit veröffentlicht. Sollten Sie das sammelwerk, dessen gröster teil nicht in den Euphorion gehört, nicht verlangen wollen oder nicht erhalten, so bitte ich um nachricht. Verzeihen Sie die frage, die keine bitte sein soll, und die Sie getrost verneinen mögen.
Bestens grüsst Ihr
ergebener
BSeuffert
Graz 2 III 96.

Prag, 4. März 1896 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, den 4/3 1896
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Mit bestem Danke bestätige ich Ihnen den Empfang
Ihres Manuscripts.
Hochachtungsvoll
Prof. Sauer.

Danke vielmals für Abschluß und Anschluß. Die bez. Festschrift lasse ich einfordern und wenn ich sie bekomme, kriegen Sie sie sogleich. Bis jetzt ist aus dem Ausland noch wenig eingelaufen, außer von Bekannten.
Freundlich grüßend Ihr AS.

Graz, 6. März 1896 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Wenn Sie die festschrift bekommen, ist sie ihr eigentum. Ich habe soeben von Bouvier den mich interessierenden teil erhalten.
Bestens grüsst
BSfft.

Prag, 20. März 1896 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. In Ihrem Aufsatze über die Erfurter sind mir 2 Sachen undeutlich
Fahne 3 Anmerkung
Die Vorzeit Erfurt 1818
heißt das das Buch „Die Vorzeit Erfurt[s]“? oder ist das Buch in Erfurt erschienen? Also ein Komma dazwischen setzen?
Fahne 6 Anmerkung 5 lese ich: Isenbiehl ist das richtig?
Erst seit vorgestern habe ich Ruhe von Semesterarbeit. Bin heuer sehr m[üd] und abgespannt. Kann aber wol erst nach Ostern fort.
Herzlich grüßend
Ihr
AS

20/3 96.
Smichow 586

Graz, 22. März 1896 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Verzeihen Sie meine schlendrigkeit. Die zs. heisst Die vorzeit und ist zu Erfurt erschienen. Der orientalist heisst Isenbiehl; über seinen arrest in Amöneburg schreibt z. b. Schlözer briefwechsel 40, 250; über seine befreiung Boies Deutsches Museum 1780 1, 496. Die letztere stelle wollte ich eigentlich citieren, hielt sein geschick aber dann doch für zu weit von der Schwarziade abliegend.
Auch ich bin erst seit wenigen tagen von der semesterarbeit frei, habe heute auch colloquia abzunehmen und bin sehr erschöpft. Ich muss aber in den nächsten tagen mich wieder zum trab aufraffen. Diese plötzliche wärme macht mich ganz lahm.
Lassen Sie denn Kelle’s stelle nicht bald besetzen? oder wird er wieder diensttauglich? Ist nicht bald wieder ein heft Euph. fertig?
Schönbach treffen Sie von palmsonntag an in Wien. Grüssend
Ihr
BSfft.

Graz, 30. März 1896 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund. Der herr ist empfindlich: wie kann man bei der entschuldigenden sachlichkeit meiner anzeige von anklage und rüge sprechen? Seis drum, mich geniert das nicht. Mich geniert auch nicht, dass er auf s. 1 a für ein unicum erklärt und auf s. 9 behauptet, es sei ihm davon ein dunkles gerücht zu ohren gekommen; das passt nicht zusammen, zumal ja jetzt erst a von ihm gekennzeichnet wird. Ob seine aufstellungen richtig sind, prüfe ich nicht nach. Aber s. 2 gegen unten bitte ich meinen namen zu streichen; ich habe dem h. R. nicht gesagt, etwas ähnliches sei hinsichtlich Wielands bekannt; ich habe ihm nur geschrieben, dass Weidmann den einzelverlag der Wielandiana behielt, Göschen die gesammtausgabe machte; aber beide stritten sich darüber, verglichen sich nicht. Da ist also nichts ähnliches.*) Ich habe mich wol zu kurz und undeutlich ausgedrückt, da ich voraussetzte, dass R. die schriftchen über Wieland-Weidmann-Göschen kennt oder vielmehr für diesen zweck aufschlägt und kennen lernt.
Gutes osterfest!
Ihr sehr ergebener
BSeuffert

*) D. h. das ähnliche das ich meinte ist diese verteilung von einzeldruck u. werke auf Weidmann u. Göschen,
das ähnliche das R. meint ist ein vgl. der beiden firmen.

Prag, 13. April 1896 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Zu meinem Doppelheft will ich bemerken, daß in den letzten Bogen einiges erste Correctur ist, was Sie mit Nachsicht aufnehmen müssen. Mein Rec.theil ist diesmal bunt & ungleich. Es hängt dies damit zusammen, daß ich mit einigen alten Beständen aufräumen mußte. In neuerer Zeit fordere ich weniger ein[,] nur solche Dinge, von denen ich we[iß], daß sie uns wirklich was angehen. Läuft etwas weniger zur Sache Gehöriges ein, so thue ichs gleich in der Bibl. ab. Ich glaube also, daß in Zukunft (vom nächsten Heft abgesehen) eine solche Häufung kleiner Recensiönchen nicht mehr notwendig sein wird. DLD 56/57 sandte ich gestern. – Meine Ferien giengen fast in lauter Correcturen dahin. Jetzt bin ich aber bald etwas freier davon. In Wien war ich leider nicht.
Herzlichst
Ihr
AS

13/4 96
Sichow 586

Graz, 13. April 1896 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Besten dank für den Bookesbeutel, ein sehr willkommenes stück. Wir sind recht brüderlich zusammen in Kochs sog. Zs. gestriegelt worden. Ich habe mich einen abend über den groben Stiefel geärgert, am andern morgen aber doch gefunden, dass sich das nicht lohnt. Dass ich ihm nicht erwidern wolle, stand vom 1. augenblick an fest. Wie wars in Wien?
Grüssend Ihr ergebener
BSfft.

Graz, 14. April 1896 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Von Ihrer reichen heutigen sendung kann ich jetzt nur Ihren Seume geniessen, ein vortreffliches bild! Es trifft sich wunderlich, dass ich grade in den letzten wochen seinen namen öfters dachte u. schrieb: er hat auch an Wielands Werken 1.6. als korrektor sich betätigt und ich wollte wissen, mit wie viel freiheit, was sich freilich so leicht nicht fest stellen lässt. Allerlei Seumepapierchen, auf die ich beim Wielandsammeln schrieb, hab ich längst dem Seume-Planer mitgeteilt.
Das Euph-doppelheft hat verlockende titel genug. Ich werde in den nächsten tagen sehen, ob der inhalt ihnen entspricht wie ich voraussetze.
Die ferien neigen zu ende; o weh!
Herzlich grüsst
Ihr
dankbarer
BSfft.

Prag, 19. Mai 1896 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Redaction der Zeitschrift für Literaturgeschichte Euphorion.

Prag, den 19/5 1896

Sehr geehrter Herr!
Wären Sie geneigt,
H. Herchner, Die Cyropädie in Wielands Werken
I. II. 2 Berliner Programme 1892 und 1896
im Euphorion zu besprechen? Das Recensionsexemplar steht zu Ihrer Verfügung. Oder haben Sie Jemanden, dem ich die Programme zur Besprechung schicken könnte.
Raumgrenze: Druckseiten für eine ausführliche Recension.
Druckseiten für ein blosses Referat.
Hochachtungsvoll & herzlich grüssend Ihr
Prof. Dr. A. Sauer.

Wir fahren am 22. nach Berlin zu R M Meyer und kommen 27. Abends wieder zurück. Vom 15. Juli ab bin ich in Wien. Im Aug. will ich an die Nordsee

Graz, 19. Mai 1896 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 19. V 96.

Lieber freund, Schimpfen Sie erst tüchtig auf den gehorsamst unterzeichneten, er hats verdient. „Noch ein nachtrag! wie kann man einen geplagten redacteur so schinden!“ Recht, recht haben Sie. Aber, soll ich einen andern das nachträglein finden lassen? und ist es nicht possierlich? Was kann ich dazu, dass ich erst gestern in den besitz des seit jahren gesuchten 1001 tages kam!
Wie gehts Ihnen sonst? sonst, nehmlich wenn Sie nicht von nachträglichen mitarbeitern gequält sind? Ich bin gehetzt, dass ich nur in kurzen schlafstunden verschnaufe. Und atemlos grüss ich Sie und die Ihrige. Treulich ergebenst
BSeuffert.

Prag, 21. Mai 1896 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, den 21/5 1896

Sehr geehrter Herr!
Mit bestem Danke bestätige ich Ihnen den Empfang Ihres Manuskripts.
Hochachtungsvoll & herzlich grüßend
Prof. Sauer

Nur so fort mit den Nachträgen. Auch mir sind sie von den Autoren lieber als von andern. Ihr Man. geht gleich nach Pfingsten in die Druckerei. – Morgen reisen wir, wie ich Ihnen schon schrieb. Mir geht’s erträglich.

Graz, 21. Mai 1896 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich danke Ihnen für das anerbieten; da ich aber noch 2 schulden an Sie habe, von denen ich nicht weiss, wann ich sie abtrage, so scheue ich mich neue zu übernehmen. Ich glaube, dass gymnasialsupplent dr. Gustav Wilhelm Pola (Istrien) Via Cenide die programme jedenfalls gerne und mit sachkenntnis*), wenn auch vielleicht in ungeübter neulingsform anzeigen würde. Grüsse an R M Meyer.
Ihr
ergebener
BSeuffert

Er hat über Wld. u. das klass. altertum allerlei gesammelt.

Prag, 15. Juni 1896 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Bitte, seien Sie so gütig, diese Anmerkung in der Fahn[en]correctur einzufügen. Ich habe Ihren [Ar]tikel schon das letzte Mal druckfertig gemacht & kann – ohne ihn wieder ganz durchzulesen – die gemeinte Stelle nicht finden. Scheuen Sie sich aber nicht, den Zusatz in der Correctur zu machen. Mein Setzer ist das gewohnt.
In Berlin wars sehr nett, am hübschesten bei Frau Scherer. Nur ist mir viel Arbeit liegen geblieben.
Gehen Sie Ende Juni nach Weimar. Weiß ich sicher, daß Sie kommen, so ists möglich daß ich mich zur Reise entschließe. [Sc]hmidt hat mir sehr zugeredet.
Freundlich grüßend
Ihr
AS.

Graz, 16. Juni 1896 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Den zusatz werde ich aber nach Ihrer erlaubnis machen.
Ich habe mich heute entschlossen vom 28. bis 1. in Weimar zu sein. Entschliessen Sie sich ja zur reise! Ich würde mich so sehr freuen, Sie wieder zu sehen; das würde mir den aufenthalt wesentlich angenehmer machen u. Sie haben es so viel bequemer als ich, der eine entsetzliche reise tun muss.
Grüssend
Ihr
BSfft.

Prag, 17. Juni 1896 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 17/6 96
Smichow 586

L. F. Sie haben hoffentlich meine letzte Mitteil. nicht übel genommen. Da nun meine Hoffnungen Sie in Weimar zu sehen, geschwunden sind – [ich] kann nicht fahren – so theile ich Ihnen [mi]t, was ich Ihnen dort erzählen wollte, heute mit. Buchner hat mir vor circa 3 Wochen vorgeschlagen, wir möchten unseren Contract mit dem letzten Heft dieses Jahrganges freundschaftlich lösen; er habe die Lust am Euphorion verloren. Kurz vorher theilte mir Nagl in Wien mit, im Anschluß an den von ihm & Zeidler hrsgg. Leitfaden zur öst. Lit. Gesch. sei eine Zeitschrift für österreich. Lit. Gesch. geplant. Da aber die Neubegründung einer Zs. große Schwierigkeiten habe, so mache er den Vorschlag, die neue Zs. als Beilage zum Euphorion erscheinen zu lassen. Fromme in Wien sei bereit, diese in Verlag zu übernehmen. Da [ic]h mich während meiner Anwesenheit in Berlin zur Genüge überzeugte, daß eine Hilfe für den Euphorion von dort nicht zu erwarten sei und man sein seliges Ende von dort auch nicht verhindern werde, so trat ich mit Fromme in Verhandlung und heute ist der Contract perfect geworden. Ich will Sie mit den Details der Verhandl. verschonen & Ihnen nur die Resultate mittheilen. Zunächst: Fromme steht famos, ist ein tüchtiger Geschäftsmann, zuverläßig u. für die Sache eingenommen. Der Euphorion erscheint vom 4. Jahrgang in s. Verlag. Das erste Heft kommt Ende October heraus. Umfang bleibt zunächst unv[er]ändert. Auch alles Übrige bis auf folgendes: Die Einleitungsartikel in Garmond fallen weg. (Sie haben mich immer genirt; sie waren eine Concession an den Verleger u. haben sich gar nicht bewährt). 2) Die Publication unverarbeiteter Briefe wird sehr eingeschränkt; ist nur im Ausnahmefall, bei sehr wichtigem Material zulässig. Knüpfen sich Untersuchungen daran, so bleibt alles beim Alten. Ich gewinne dadurch mehr Platz für Untersuchungen und brauche hoffentlich die Recensionen nicht mehr so klein drucken zu la[sse]n, wie es jetzt bei deren Mehrzahl der Fall war. Was an unverarbeiteten Briefen jetzt bei der Redaction vorliegt, erscheint gesammelt in einem Ergänzungsheft. Fromme hat mir auch alles Übrige zugestanden: von allem 20 Sonderabzüge mit eigenem Umschlage umsonst für die Autoren. Von Jahrgang 1898 an erscheint eine selbständige Beilage zum Euphorion: Zeitschrift für die Geschichte der deutschen Lit. in Öst.-Ungarn, hrsgg. von Nagl & Zeidler, mit deren Redaction ich nichts weiter zu thun [hab]e, als daß mir das Einspruchsrecht gegen die Aufnahme der einzelnen Artikel zusteht. Ich habe mir ausbedungen, daß jede der beiden Zs. einzeln käuflich ist, daß die Abonnenten d. Euphorion nicht gezwungen werden dürfen, die Beilage zu halten, wol aber wird für die Abonnenten beider Zeitschriften ein Vorzugspreis fixirt werden. – Der Hauptvortheil des neuen Arrangements ist der, daß mir nun eine Subvention des öst. Ministeriums gewiß ist, des österreich. Verlegers und der Beilage wegen. Ich denke, die Beilage wird mir für [D]eutschland nichts schaden, für den Absatz in Oesterreich aber sehr nutzen. Bewährt sich die Verquickung nicht, so kann sie ja wieder beseitigt werden u. es ist doch ein besserer (vor allem wolsituirter, unabhängiger) Verleger gewonnen. Mit Buchner ließ sich nicht mehr arbeiten. Heute z. b. erhielt ich von ihm eine Sendung von Rec. Ex., die seit Monaten bei ihm lagen, ohne daß ich durch fortgesetzte Anfragen das erfahren konnte. Auch Briefe an die Redaction waren dabei: von März datirt!!! Ich bin über die Wendung sehr glücklich & hoffe das Beste. – Wir [we]nden uns nächstens in einem Briefe an die Mitarbeiter, dann auch mit einem neuen Prospect an das Publikum. – Die Bibliographie bleibt. Nur einige Änderungen will ich anbringen (über die ich aber mit Fromme gar nicht gesprochen habe; es liegt alles in meinem Belieben); 1. setze ich die Jahreszahl 1896, 1897 etc. als Columnenüberschrift rechts darüber, auch bei den Zs.; jetzt wußte man oft n[ich]t, welches Jahr gemeint ist. 2. Will ich Texte von den Dichtern des 18/19 Jh. in der Regel nur dann aufführen, wenn sie wissenschaftlichen Wert haben, revidirt oder mit Anmerkungen versehen sind. Es fielen also die bloßen Neuauflagen moderner Dichter, wie Scheffel, Stieler etc. (die nach meinem bisher. Usus verzeichnet wurden) weg. Ob ich auch die billigen Ausgaben älterer Werke bei [Re]clam etc. streichen soll, darüber bin ich mir noch nicht einig. Vielleicht sagen Sie mir Ihre Meinung darüber. 3.) Will ich auch die Übersetzungen deutscher Dichtungen in andere Sprachen weglassen (auch für die Klassiker). Die Jahresberichte verzeichnen sie ohnehin & mir machen diese vielen fremden Titel viele Schwierigkeiten. Die letzten zwei Rubriken meiner Biblio[g]raphie 18.19. Jh. schrumpften also auf diese Weise stark zusammen, wodurch Raum für Andres gewonnen wird. Die Zeitschriften will ich nicht einschränken. Sollten Sie aber Vorschläge wegen d. Bibl. machen wollen, so sagen Sie mir – bitte – aufrichtig Ihre Meinung. Das Schema, das ich jetzt aufstelle, wird voraussichtlich für längere Zeit Bestand haben. Glauben Sie, soll ich bei Geschichte & Culturgeschichte kleine Unterabteilungen einführen:
Länder.
Städte.
Familien.
Einzelne Personen (Memoiren) etc.
Sehen Sie sich daraufhin vielleicht die letzte Bibl. an. Ich bin sehr für erhöhte Übersichtlichkeit, wenn das System nicht zu complicirt wird & wenn nicht zu viel Raum auf diese Dinge aufgeht.
Noch eine zweite Sache wollte ich mit Ihnen besprechen. Ich habe in der 2. Auflage des Paulschen Grundrisses die einleitenden Capitel wieder mit steigendem Ärger gelesen. Es ist doch zu arg, wie schlecht die neuere Lit. Gesch., deren Vertreter überhaupt, Scherer & s. Schule insbesondre dabei wegkommen. Die Briefwechsel etc. böten ein schwer zu bewältigendes Material!! Wenn unser eins das von der Lautphysiologie zu sagen wagte, so fiele Alles über ihn her. Im Prospecte war 16. Jh. von John Meier angekündi[g]t; im Buch ist nicht mehr davon die Rede. [Ich] meine nun, das sollten wir uns nicht auf die Dauer gefallen lassen. Die Schererische Schule sollte sich zusammen thun und einen Grundriß (oder ein Handbuch) der neueren deutschen Lit. Gesch. herausgeben; wegen meiner der deutschen Lit. Gesch. überhaupt (aber nicht: der germanischen), so daß ahd & mhd. Lit. eventuell mit einbezogen würde, nicht aber: gotisch & angels.; wenn nemlich einzelne Herren dies wollten. Wenn ein paar § oder Artikel sich mit dem Paulschen Grund[ri]ß deckten, so läge doch nichts daran. Die Gruppen so wie in Ihrem Colleg über Einführung etc., das Weitere wie in den Jahresberichten. Aber Hauptbedingung wäre, daß Schmidt wenigstens nominell an der Spitze stände, daß Leute wie Burdach, Roethe etc. mitarbeiteten, daß Bolte u. die besseren Berliner mitthäten. Bernays müßte aufgefordert werden; die Bernaysianer nicht; wenigstens Koch nicht. Elster wäre für Methodisches zu umgehen. Schmidt müßte die Geschichte der deutschen Lit. Gesch. schreiben contra Paul. Ich glaube, es zeigte sich bei dieser Geleg[e]nheit, worin unsere Stärke läge & daß [w]ir der Schule Zarnckes ebenbürtig seien – auf unserem Gebiete. – Bitte: überlegen Sie sich das. Ich möchte nicht als der stete Projectenmacher da stehn; ich wäre auch nicht der Mann, alle die Leute unter einen Hut zu bringen. Aber Schmidt mit 2 Adjutanten träfe das. An einem Verleger würde es gewiß nicht fehlen. In ein paar Jahren könnte es fertig sein, jedenfalls bevor die 3. Auflage [des] Paulschen Grundrisses erschiene, für die Paul gewiß einzelnen Literarhist. seine Mache aufzüchtet. – Ich gestehe offen, daß ich eine Zeit lang daran dachte, ein kleines bibliographisches Handbuch, wie das von Breul aber nur für neuere deutsche Lit. Gesch. zusammenzustellen, zunächst für meine Vorlesungen & dann für andere Zwecke. Das wäre überflüssig, wenn dieser [g]rössere Plan zu Stande käme. Halten Sie ihn für durchführbar, so erwärmen Sie doch Schmidt in Weimar dafür. Ich hielte es für ein Armutszeugnis, ja für eine Abdankung der Schererschen Schule, wenn wir auf die Dauer zu Pauls falscher Darstellung schwiegen & uns alles gefallen ließen.
So viel für heute. Bitte, haben Sie die große Güte, Schönbach von diesem Briefe Mittheilung zu machen, wenigstens [v]on dem was die Zs. betrifft; wenn Sie wollen auch von d. andern. Ich kann ihm vorderhand nicht ausführlich schreiben. Ich weiß aber, daß es ihn interessieren wird.
Viele Grüße von Ihrem
aufrichtig Erg.
AS.

Graz, 19. Juni 1896 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Graz 19 VI 96

Lieber freund, Nun ist es erst recht nötig, dass Sie nach Weimar kommen. Schriftlich lässt sich derlei kaum zu ende reden. Ich hätte Ihnen früher geschrieben, wenn ich mich früher entschlossen hätte; von verstimmung ist keine spur da, ich wüsste auch nicht warum.
Ihre erste nachricht trifft mich nicht ganz unerwartet, weil mich E S. mit dem „kriseln“ beim Euph. schon vertraut machte, nachdem Sie in B. waren. Er tat es kurz, doch in einem zusammenhange, der seine mitteilung als eine bedauernde aufnehmen hiess. Ich schreibe das, weil aus Ihrem briefe etwas wie ärger über Berliner gleichgültigkeit gegen den Euph. spricht.
Ich wünsche herzlich, dass die verlagsänderung alle schwierigkeiten hebt, die Sie mit Koch hatten. Sie kennen Frommes lage, ich nicht; ich kann also nur Ihrer auffassung nachtreten. Die geplanten änderungen scheinen mir nützlich; besonders wissen Sie, dass ich stets gegen unbearbeitete briefpublicationen war, und wenn Sie nun noch einen schritt weiter zum verbote der unverarbeiteten gehen, so kann das nur die wissenschaft fördern und aus der materialwüste, die übrigens in der VJS grösser war als im Euph., hinaus führen. Dass Ihre bibliogr. in zukunft nicht neuauflagen gibt, und nicht übersetzungen halte ich für berechtigt; für die billigen ausgaben möchte ich ein wort einlegen: mancher student u. lehrer erfährt gerne, dass er das u. jenes so wolfeil kaufen kann. Dagegen kann ich die alte meinung nicht unterdrücken, dass für geschichte u dgl. weniger geschehen könnte. Ich finde nach meinem bedürfnis: auch die Jahresberichte tun zu viel. Nun gar Ihre bibliographie, die doch den 1. zweck hat, rasch, rascher als der Jahresber., über das dem litthistor. unmittelbar wichtige zu unterrichten. Ich würde also das meiste aus den Biograph. blättern streichen, was Sie verzeichnen (z. b. Menzel, Gneist, Sybel, Gizycki, Völderndorff, Hohenlohe usf. ), das Jahrb. d. Comeniusgesellschft, überhaupt pädagogisches, weil es die gymnas.-lehrer doch nicht da suchen (ausser unterricht im Dtschen.) und theologisches (S.573); ferner buchhändlerisches, weil man es doch im Centrbl. f. bibl. wesen aufschlägt, die wirtschaftgeschichte, das meiste staatshistorische usf. Sie erkennen meine richtung. Es wird ja da, wo nicht ein unmittelbarer bezug in solchen artikeln auf schönedeutsche litt. gegeben ist in den artikeln selbst, ein material geboten, das man hier nicht sucht und anderwärts haben kann, ja z. tl. doch suchen muss, weil es eben anderwärts vollständiger sein muss. Ich gehöre gewiss nicht zu denen, die die littgesch. u. d. neuere deutsche philol. von anderem abtrennen wollen; im gegenteil, ich suche meine studenten tag für tag zu ausdehnung zu bereden. Aber ich hafte an der meinung, dass in einer litthist. zs. das die grenze bilden sollte, was nicht geradezu mit litt. in zusammenhang gebracht ist (während Sie einbegreifen, was mit ihr in zusammenhang gebracht werden kann oder sollte). Sie überlegen ja doch auch, dass man bei der einrichtung Ihrer bibliogr. nichts einzelnes schnell aufschlagen kann, sondern man muss das ganze lesen; sie ist kein nachschlagewerk, sie soll eine übersicht geben; wer will nun so viele seiten lesen?? Um die unendliche mühe, die Ihnen die bibliogr. macht, recht zu verwerten, müsste man sich ein sach- u. namensrepertorium dazu anfertigen. Wenn ich mir das, was ich brauche, nicht sofort herausnotiere, so muss ich, um es wieder zu finden, zu vieles durchfliegen. Ich weiss, dass ich Ihnen früher riet, die bibliogr. nicht ins register aufzunehmen, weil ich sie als einen mit dem erscheinen der Jahresber. überflüssigen teil erachtete; Sie geben aber mehr; soll das für die benützung lebendig bleiben, so müssten Sie doch wol sie ins register einreihen, eine furchtbare arbeit! Sagen Sie selbst: Sie lasen die bibliogr; ein halb jahr später stossen Sie auf etwas, was Sie damals nicht interessierte, jetzt interessiert; Sie erinnern sich dunkel, dass in der Bibliogr. etwas darüber verzeichnet war; nun müssen Sie weitaus die grössere zahl der seiten durchsuchen. Dazu entschliesst man sich so wenig als im Centrbl. od. in der DLZ alle zss. übersichten nachzulesen. Wird sie kürzer, so kann man die Bibliogr. wider ! durchsuchen. Vielleicht ist auch mit der druckeinrichtung zu helfen. Durch den fettdruck der Zstitel tritt der sperrdruck der namen zurück. Liesse sich nicht jeder titel etwas ausrücken? oder am rande ein zeichen setzen, das den jedesmaligen beginn der neuen zs. deutlich macht? Mein auge ist überhaupt empfindlich gegen zu vielerlei satz. Der ganze Euphor. würde vornehmer – für meinen privatgeschmack – aussehen, wenn er sich auf zwei schriften beschränkte; jetzt ist er gar so bunt und unruhig.
Nehmen Sie die aufrichtigkeit nicht übel, Sie fordern sie ja ausdrücklich von mir.
Schönbach, der bedauert, dass Sie mit dem alten verleger schwierigkeiten bekamen, lässt Sie besonders vor der verbindung mit Nagl warnen; er halte diesen in litterarhistorischen dingen für sehr unbewandert; seine zwecke lägen nicht in der sache, sondern in der förderung seiner persönlichen absichten, u. seine person sei unsicher.
Wenn ich wüsste, dass Sie Nagl genau kennen, so würde ich schweigen. Sie wissen wol, dass der, vielleicht begründete, verdacht besteht, er habe sich hier nur habilitiert, weil er sich vor einer Wiener habil. fürchtete. Ich bereue diese habilit. nicht, denn ein guter dialektforscher ist er zweifellos. Aber für einen litterarhistoriker halte ich ihn nicht. Ob seine person so wenig lauter ist, wie hier nun colportiert (und von Schönb. geglaubt) wird, untersuche ich nicht. Das eine aber muss ich Ihnen sagen, obwol ich auch dies nicht aus 1. quelle, aber doch aus guter, weiss. Er hat sich mit Heinzel, dem er alles verdankt, bös überworfen. Trotz dem länger abgebrochnen verkehr soll er ihn dann angegangen haben, ihn zum prof. vorzuschlagen, was H. ablehnte. Daraufhin entstand der plan der öst. littgesch., sie soll ihm eine stütze für die prof. werden. So sagt man. Sie werden ja besser davon unterrichtet sein. Mich zog er in ein den mund versiegelndes vertrauen, weil er von mir einen bearbeiter des steirischen teils genannt haben wollte. Wie er sich dabei benahm, zeigte mir deutlich, dass ihm alles u. jedes zum redacteur fehlt. Noch wichtiger aber ist, ob bei solcher lage es wahrscheinlich ist, dass das minist. eine Naglsche Zs. unterstützt? und ob dem Euph. dieser anhang nicht ideell und materiell mehr schadet als nützt. Ich weiss mich frei von jeder voreingenommenheit gegen N., von dem ich nur nicht weiss, ob er mehr originell ist oder mehr das original (auch im flegelhaften) spielt; für sehr eitel halt ich ihn wol mit grund. In summa, ich möchte so wenig wie Schönbach mit ihm zusammengespannt erscheinen. Also können Sie’s vielleicht noch so ordnen, dass die verbindung der zss. lediglich verlegersache ist, dass sie gar keinen einfluss auf die N.sche zs. nehmen, auch kein vetorecht. Marschieren Sie getrennt. Dies alles selbstverständlich im tiefsten vertrauen: ich mag kein geklatsche machen. Ja, vernichten Sie dies briefblatt, bitt ich. Ich halte mich nur zu sehr für Ihren freund, um meine sorgen nicht zu verschweigen, auch wenn sie vielleicht mehr auf empfindungs- als erfahrungstatsachen ruhen.

Die neue aufl. des P. schen grundrisses sahen wir noch nicht. Schönbach und ich sind natürlich Ihrer ansicht, dass seine frühen, u. gewiss auch die jüngste, darstellung der geschichte der philol. parteiisch ungerecht und die der litthistorie verständnislos ist. Schönbach ist mehr als ich der meinung, dass ein grdriss f. neuere litt. eine lücke ausfüllte. Ich leugne das übrigens nicht. Nur hab ich gar keine wärme dafür. Nehmen Sie mir das nicht übel. Ich bin so stumpf gegen neue unternehmungen geworden, dass, wie Sie wissen, ich mich aus Goedeke zurückgezogen und die wiederholt verlangte verbindung mit dem Jahresber. nicht eingegangen habe. Mich schreckt alle terminarbeit. Ich habe so lange die last der DLD getragen – sie war mir jahre hindurch eine angenehme, aber immer eine schwere –, habe 6 jahre an die VJS. gehängt, habe über jahr und tag an die Goetheausgabe gewendet und bin da noch stark in schulden, dass ich nirgends mehr zugreifen mag. Mich sehnt es, nur Wieland zu leben, damit ich das buch erlebe. Freilich steckt daneben noch anderes im sinn, vielleicht sogar ein poetiklein, was aber wider nur Sie hören und was noch in weitem felde steht. Wie soll ich nun für eine sache agitieren, an der ich mich zu beteiligen von vornherein für unmöglich halte? Sag ich Schmidt Ihren plan und stimmt er zu, so ist seine erste frage – schon aus anstand – was übernimmst Du? – Und wer soll redigieren? er tut es gewiss nicht. Wollen Sie?
Und noch eines, das wichtigste. Halten Sie die wissenschaftlichen kräfte, die man brauchte, für so zahlreich, als man sie braucht? ich nicht. Ich finde die litthist. im niedergang. Und wo sind denn die treuen Schererianer? Sie, Burdach, ich; E Schmidt schon mit mehr kritischer verneinung als ich laut werden lassen möchte; Burdach mit viel Hildebrandischer zutat. Die Leipziger sind eine geschlossene gruppe. Die Müllenhoff- und Scherer-leute sind zersprengt. Ob es Ihnen gelingt, sie zu sammeln? Ich wünsch’ es. Aber ich glaub‘ es nicht. Freilich denk’ ich über manche gewiss zu gering; z. b. halte ich den ausgezeichneten sammler Bolte nicht für einen forscher. Und doch müsste ein solches unternehmen, das die ehre unserer flagge gründen soll, von lauter forschern geschrieben sein.
Sie sehen, ich bin nicht der mann E Schmidt zu erwärmen, wie Sie wünschen. Schreiben Sie ihm, ich verspreche Ihnen, wenn er mit mir in Weimar darüber redet, ihm zuzureden; denn ich möchte selbst gerne, dass meine bedenken töricht und unbegründet sind.
Entschuldigen Sie meine offenherzigkeit, wie Sie sie schon so oft entschuldigen mussten. Ich komme mir neben Ihnen wie ein bleigewicht vor. Sie haben stets initiative, ich nie. Und diese verschiedenheit müssen Sie beim beurteilen meiner meinungen mit in betracht ziehen. Gurlitt sagt mit recht: Du bist ein kritiker. Ich habe etwas negierendes an mir, darüber komme ich nun leider nicht hinaus. Ich suchte Ihren inhaltsschweren brief sogleich zu beantworten, nehmen Sie es als zeichen, wie sehr er mich beschäftigt.
In der hoffnung, Sie doch noch in Weimar zu sehen, grüsst herzlich Ihr ergebener
BSfft.

Prag, 19. Juni 1896 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Leider sind unsere Entschlüsse, l. F., in so entgegengesetzter Richtung ausgefallen. Ich kann nicht weg: 1. hab ich Uz Seminar & Lehramtsprüf., am 30 Rigorosum, das nicht aufgeschoben werden kann, weil Kelle weggeht. 2. hab ich massenhaft Arbeit, für die mir [die] 2 Feiertage dringend notwendig sind. [3]. Muß ich auf ärztlichen Befehl während d. Ferien an die Nordsee (wahrscheinlich gehe ich Langeoog) u. da mein Vater anderswo & meine Frau an einem dritten Orte sein wird, so muß ich mein Geld zusammenhalten. Ich bin vom 15.–30. Juli in Wien; könnten wir uns dort treffen? Im nächsten Jahr hab ich Dresden (Philologenvers.) in Aussicht genommen. Mehr zur Unterhaltung als zur Belehrung. Kämen Sie nur auch hin.
Herzlich grüßend & innig bedauernd, daß ich Sie nicht sehe
Ihr
AS.

Prag 19/6 96
Smichow 586

Graz, 5. Oktober 1896 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Die zusendung des 4. heftes, das 1. zeichen von Ihnen nach meinem langen brief über Euph., von dem ich schon fürchtete, er habe, freilich mir unbegreiflicher weise, irgendwie Ihr misfallen erregt, ist mir zur zerstreuung dieser leidigen besorgnis und um die ausgezeichneten inhalte des heftes willen sehr erfreulich. Niejahr hat mich höchlich befriedigt, ich unterzeichne alles bis auf die anpreisung Diltheys. Minor ist müssiger als zu erwarten stand, und trifft in vielem H. zu recht, wenn ich auch die gesammtbeurteilung für ungerecht halte. Und auch im übrigen ist viel gutes. Schade, dass Jostes seinen wertvollen fund so wenig ausbeuten kann als Creizenach den seinen zu verarbeiten vermag. Aber sie u. andere geben sehr willkommenes material. Der fortsetzung, von der mir soeben der prospekt zugeht, kann ich nur die gleiche höhe der mitarbeiter wünschen. – Zu meinem artikel fand ich in den ferien, wo ich alte papiere ordnete, ein leider verspätetes nachträglein: die Begebenheiten des Abulfaouaris sind Berlin 1740 gesondert erschienen. – Jetzt werden Sie wol am ergänzungsheft drucken; erscheint es bei Fromme oder Buchner? Kommen meine Wielandiana Turingensia ginein?
Der landaufenthalt war abscheulich: krankheiten u. regen. Jetzt ersticke ich in den geschäften des decanats u. bin zu jeder arbeit unfähig. Möge es Ihnen u. der Ihrigen gut ergangen sein u. immer gut ergehen! Treulich Ihr ergebener
BSeuffert

Graz 5 X 96

Graz, 7. Oktober 1896 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Ihre ferien waren beneidenswert fleissig: auch einen so schönen band DLD haben Sie geliefert. Ich danke Ihnen bestens dafür. Das ist nun wider ein gutes novum, auf dessen lektüre ich sehr gespannt bin. hätte ich nur sofort die zeit dazu!
Bestens grüsst Ihr ergebener
BSfft.

Prag, 13. Oktober 1896 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 13.10.96
Smichow 586

Lieber Freund! Bitte, verzeihen Sie mir mein Stillschweigen. Ich war im Juli in Wien & arbeitete für Goedeke; am 1. August fuhr ich nach Langeoog (bei Norderney) und war über 5 Wochen dort, träge wie immer an der S[ee]; tintenscheu, so daß ich nur das Dringendste erledigte. Leitzmanns waren dort; dann Geh. Pilger, der Susannenmann (Zacher), ein liebenswürdiger älterer Herr; gegen Mitte Spt. fuhr ich über Bremen, Düsseldorf, Köln, Bonn (Drescher), Wiesbaden (Goeckingk) und Frankfurt nach Prag und dann gleich wieder nach Wien, weil ich im Juli nicht fertig geworden war; am 1. Oct. kam ich zurück, mußte aber dann noch den Vater vom Land abholen. Inzwischen sollte die Bibliographie für das neue Heft fertig werden & auch vieles andre war liegen geblieben. Nun komme ich langsam wieder in Ordnung, habe heute Colleg begonnen und will nun nicht mehr zögern Ihnen zu schreiben.
Ihr langer Brief im Juli hat tiefen Eindruck auf mich gemacht. Ich habe mich in Wien darnach gerichtet und zunächst erreicht, daß wie Sie bereits gesehen haben, in dem neuen Prospect von der Beilage vorderhand nicht die Rede ist. In der Conferenz mit Fromme, Nagl & Zeidler, in der das Programm für die Beilage entworfen werden sollte, habe ich mich sehr unverschämt benommen und es [da]hin gebracht, daß wir ausmachten: übers Jahr dieses Programm erst festzustellen. Zeit gewonnen, alles gewonnen. Vielleicht überzeugt sich Fomme, daß die Verquickung der Zeitschriften überflüssig ist, vielleicht springen die beiden andern ab etc. Fromme selbst ist sehr energisch, will alles für die Vorbereitung thun, läßt alle möglichen Briefe, Aufforderungen etc. druck[en], den Proespect ins Französ. u. Englische übersetzen u. so fort. Läßt sich die Ztschrft buchhändlerisch überhaupt halten, so wird es ihm wohl gelingen. Er ist ein junger sehr netter Mann u. geht auf alle meine Intentionen ein. Das neue Heft ist fertig; leider nicht so gut wie ich wollte, weil es Fortsetzungen u. ein paar andre Aufsätze [ent]hält, die schon lange lagen u. deren Vf. auf dem Abdruck bestanden. Es erscheint in 3 Wochen. Das 2. Heft dann pünktlich 1. Jan. u. so fort. Zwischen 1. Jan und 1. April hoffe ich das Ergänzungsheft einschieben zu können. Das Manuscript dazu ist bereits in der Druckerei. Ihr Aufsatz ist gleichfalls dafür bestimmt, nicht als ob ich ihn für unverarbeitetes Material ansähe (im Gegentheil; er wird auch – bis auf eine kurze Stelle – Borgis gedruckt), sondern um mir Platz zu schaffen, à jour zu [ko]mmen und das Heft zugleich wertvoller zu machen. – Was Ihre Ratschläge wegen der Bibliographie betrifft, so sind mir allerdings nicht ganz einleuchtend; ich glaube vielmehr mein bisheriger Modus war der richtige; aber ich bin schon durch Raumnot zu Auslassungen gezwungen und so habe ich mich entschlossen, mich allmälich Ihren Vorschlägen zu nähern. Schon viermal ist manches weggelassen, was ich früher aufzunehmen pflegte & Vieles knapper abgethan. So hoffe ich mit Compromissen mein Auskommen zu finden. Bitte, bleiben Sie mit als Rather & Helfer getreu; auch wenn ich nicht gleich alles so mache, wie Sie wünschen; es ist so außerordentlich wichtig, von einer Seite wenigstens die Wahrheit zu hören und nicht so schroff und hinterrücks wie etwa von Schmidt. – Ich habe mich ziemlich erholt und beginne mit frischen Kräften, bin aber des Herausgebens, Sammelns, Redigierens, Exerpierens etc. so überdrüßig, [d]aß ich nicht dafür bürge, daß ich nicht eines Tags alles hinwerfe und mich auf das Altenteil der Forschung zurückziehe. Verdient hätte ich mirs. – Überstehen Sie das Dekanat gut. Mir blüht oder drohts im nächsten Jahr. Treulichst Ihr AS.

Prag, 20. Oktober 1896 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Möchten Sie mir wol den großen Gefallen erweisen und für den Fall, als bei Ankunft dieser Karte Buchner die Honorare für d. Euph. noch nicht bezahlt hat, sie in einem höfl. Briefe von ihm [e]infordern. Vielleicht beschleunigt er dann diese Bezahlung; denn ich werde von allen Seiten gemahnt & er schweigt. Der Fall liegt doch ganz anders als bei dem Verlagswechsel der DLD; denn Koch ist activ, hat die Zs. friedlich abgegeben & ist wol unter allen Umständen zur Zahlung der Honorare verpflichtet. Daß es ihm sauer ist, jetzt zum Schluß den ganzen Jahrgang zu bezahlen, will ich ihm glauben; er wäre aber eigentlich verpflichtet gewesen, das Honorar nach jedem Heft zu zahlen.
Verzeihen Sie die Bitte! Ich weiß nicht an wen ich mich sonst wenden sollte.
Hochachtungsvoll (was Ihnen zeigen soll, wie confus ich bin, ohne daß ich weniger Hochachtung vor Ihnen hätte als vor andern) recte herzlichst
Ihr AS 20/10 96

Graz, 22. Oktober 1896 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ich habe das 4. heft noch nicht vom sortimenter bekommen, noch auch SA von Buchner. Darnach ist es nicht ausgegeben und so lange halte ich mich nicht berechtigt, ihn um honorar zu mahnen. Ein paar wochen frist nach ausgabe des letzten heftes eines bandes lassen sich doch auch solide verleger, ich sehe also nicht ein, warum die mitarbeiter schon jetzt ungeduldig werden. Anders wird die sache doch erst, wenn er nach ausgabe des 4. heftes die zahlung versäumt oder verweigert. Oder ist er vertragsmässig gehalten, nach jedem heft zu zahlen? Böhlau zahlte auch jährlich u. Weidmann ebenso. Kurz es geht wider mein gefühl, Buchner jetzt zu mahnen. Und es würde mir überhaupt nicht leicht, Ihren wunsch zu erfüllen, da nach meiner auffassung der mitarbeiter mit dem verleger unmittelbar nichts tu tun hat. Ich danke aber Ihnen auch für Ihren so freundlichen brief, den zu beantworten ich noch keine zeit finde. Ich beglückwünsche Sie zum vorläufigen abstossen Nagls und grüsse Sie herzlichst. Ihr ergebener
BSfft.

22 X 96.

Graz, 2. November 1896 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Buchner hat angemahnt mich heute bezahlt, früher als ich das 4. heft und die SA habe. Er scheint also seinen verpflichtungen prompt nachzukommen, falls Sie ihm zahlung nach bandschluss zugestanden haben: jedenfalls war meine praxis schon früher so.
In der Bibliographie sollen Sie sich nicht durch mich irre machen lassen; nur überlegen Sie vielleicht, ob Sie Ihre grosse arbeit dann nicht durch aufnahme der stofflichen personennamen ins register dauernd fruchtbar machen sollten; meine seinerzeit geäusserte ansicht, dies sei unnötig, bezog sich eben auf eine wirklich ephemere bibliographie, über die sich die Ihrige hoch erhebt.
Wenn Sie so wenig freude zu amtsgeschäften und so wenig (d. h. gar keine) kanzleihilfe haben wie ich, dann fürchten Sie sich einstweilen vor dem decanat: ich hatte seit dem 21. septbr. keinen einzigen arbeitstag!
Treulich grüsst Ihr ergebener
BSeuffert

2 XI 96

Prag, 4. November 1896 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

4/11 96

L. F. Auf die Honorargeschichte, will ich nunmehr, da sie in Ordnung ist, nicht mehr zurückkommen. Fortgesetzte Mahnungen von andrer Seite hatten mich kopfscheu gemacht. – Auch Minor stimmt für die Einbeziehung der Bibliographie ins [R]egister: Ich wills überlegen.
Heute send ich Ihnen – bis auf einen Bogen Bibliogr., den ich noch nicht entbehren kann – das neue Heft IV,1. Es wird sich gut präsentiren. Nur die Schrift für die großen Recensionen (Walzel, Spitzer) ist zu klein & zu eng. Es war ein Misverständnis; GroßePetit bedeutete in Wien etwas anders als in Bayreuth u. die vorgelegten Proben waren irreführend. Das will ich ändern. Das Heft mußte leider Fortsetzungen [e]nthalten, was für ein Anfangsheft nicht günstig ist; sonst halt ich für abwechslungsreich, was das wichtigste für den Vertrieb ist. – Herzlich grüßt Ihr dankbar Erg. AS.

Graz, 8. November 1896 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Sie haben recht, l. fr., das neue heft ist manchfaltig u. reichhaltig. Ich danke Ihnen sehr für die zusendung. Die fortsetzungen stören nicht, bei Hauffen braucht man die III nur wegzudenken, um etwas selbständiges zu haben. Auch ist es ja nicht schädlich, wenn die continuität des Euph. ersichtlich ist. Asmus hat mich sehr interessiert. Vorzüglich – bis auf den mir entsetzlichen stil – ist Spitzer über Berger. Aus der bibliogr. habe ich manches neue gelernt u. mich besonders an den knappen urteilen gefreut, deren vermehrung ebenso wünschenswert als schwierig ist. Dieser Düntzer ist entsetzlich, aber man kann ihn nicht vermeiden, ich habe das in der VJS ja auch nicht getan, obwol er darein ebenso confus schrieb.
Die kleinere schrift ist ein augenverderb, da haben Sie recht. Es sieht aber doch besser aus, als wenn Sie umfangreiche recensionen anders drucken liessen als kleine. Nach meinem geschmack sollten Sie an der beschränkung auf zwei schriften festhalten. Ob es Ihnen der umfang erlaubt, alle petit mit weiteren weiteren lineareinschüssen drucken zu lassen, weiss ich nicht; erwünscht wäre es.
Glück auf! Dankend grüsst Ihr
sehr ergebener
BSeuffert

8 XI 96

Graz, 2. Dezember 1896 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Nun muss ich doch auch in den wehruf Ihrer andern mitarbeiter über weiland Ihren Koch einstimmen. Der herr schickt mir keine SA; und ich hab ihn doch schon eine weile eigens darum gebeten. 12 sind bestellt, weil ich bei diesem artikel schulden an helfer hatte; nun kann ich Ihnen den schluss nicht senden, was in diesem falle unangenehm ist. Wissen Sie, ob er niemand vom 4. heft SA gab? und was zu tun ist?
College Loserth macht mich auf urkunden od. dgl. über Frischlins ruf nach Graz im hiesigen landesarchiv aufmerksam. Er macht es sehr wichtig, so dass ich womöglich aus collegialer rücksicht etwas damit tun muss. Ich will sie dieser tage einsehen. Würden Sie ihnen im Euphor. ein plätzchen einräumen, falls sie eine ergänzung zu Strauss ergeben?
Ich war bei dem Stremayrjubiläum als decan mit in Wien, habe mit Heinzel ein freundliches halbstündchen gesprochen und mich von Minor über das Grazer theater und die lage von Graz unterrichten lassen, auch erfahren, dass er Schönbach „doch für einen geistreichen mann“ hält. Mein einspänner wartete nicht lang. Herzlich grüsst Ihr
BSeuffert.

Prag, 3. Dezember 1896 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Es thut mir wirklich leid, daß auch Sie unte[r] Kochs Halsstarrigkeit oder Nach[läss]igkeit oder was es ist zu leiden haben. Ich habe wieder und dringlich an ihn geschrieben. Ich glaube, er hat noch keine Sonderabzüge verschickt; wenigstens klagen Hauffen, Minor u. a. ebenfalls. Ich habe nur den einen Trost, daß dergleichen wol nicht mehr vorkommen wird; denn Fromme hat vom 1. Heft die Abzüge & das Honorar pünktlich an alle Mitarbeiter versandt. Der ganze Verlagswechsel war sehr lästig, aber er wird der Zeitschrift zum Vortheil gereichen. – Nun eine Bitte. Ich sende Ihnen beiliegend den Wielandbrief, von dem ich Ihnen schon einmal geschrieben habe. Möchten Sie mir ein paar commentierende [W]orte hinzufügen. Bedeutend [ist] er ja nicht; aber ich suche in dem Ergänzungsheft, in das er kommen soll, durch Masse zu wirken; ich habe je 1 Brief von Goethe, Schiller, Lessing, Grillparzer etc., da soll Wieland auch vertreten sein. Damit Sie auch über d. Zeitpunkt unterrichtet sind, bis zu dem ich den Brief brauche. Heft IV 2 erscheint gegen Ende Januar; dann wird das Ergänzungsheft, von dem schon einiges gesetzt ist, sogleich fertiggemacht & erscheint Mitte März; IV 3 dann gegen Ende April.
Frischlin sehr willkommen! – Minor ist zu drollig. Er endet noch einmal in Größenwahn. – Noch etwas ????? – Göschen verkauft die DLD; ich stehe mit Fromme in Unterhandl.; es wird aber erst zur Ostermesse perfect werden. So gibt’s immer neue Schrereien. Herzlichst Ihr AS.

Graz, 28. Dezember 1896 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 28 XII 96

Lieber freund Gute jahreswende als wunsch voraus!

Verzeihen Sie, dass ich so lange auf Ihre zusendung des Wielandbriefes nicht antwortete; ich setzte mich sofort ans commentieren, wurde aber dann durch die vorbereitung einer sitzung und die erledigung ihrer beschlüsse, durch die philologische weihnachtsfeier und zurüstungen für frau und kinder und anderes abgehalten. So kam ich erst in den feiertagen dazu und stelle Ihnen nun den brief nebst erläuterung zu. Scheint sie Ihnen zu weit auszugreifen, so bedenken Sie, dass Seuffert, wenn er über Wieland den Mund auftut, mehr sagen möchte und muss als andere, gerade so wie von Sauer etwas besonderes erwartet wird, wenn er den namen Grillparzer ausspricht.
Auch der Frischlin liegt bei; noch ein brief eines berühmten zu denen, die Sie schon zurecht gelegt haben. Wollen Sie an dieser nachlese kürzen, so tun Sie es ohne jede scheu und einschränkung.

Der dickfellige Koch hat sich noch nicht mit SA eingestellt und wird es nun wol nicht mehr tun. Er ist kleinlich, dass er solchen verdruss bereitet, dessen materieller gewinn für ihn so minimal ist.
Der neue verlagswechsel der DLD gibt Ihnen neue beschwerden. Möge auch er gut ausfallen!

Sie haben doch die feiertage gut verlebt? Wie sehr bedaure ich, dass Ihnen noch immer der kinderjubel dabei fehlt, der mich bücherwurm zum menschen macht. Auch Schönbach hat sich gestern bei einer wiederholung der baumfeier an ihnen ergötzt. Möge Ihnen das nächste jahr diese freude bereiten! Und dazu alles, was Sie sich sonst wünschen. Mir bewahren Sie Ihre treue gesinnung! Darum bittet
Ihr
ergebener
BSeuffert.

Prag, 30. Dezember 1896 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 30/12 96
Smichow 586

Lieber Freund! Sie sind ein goldener [M]ensch! Auf eine Bitte um Brod schenken Sie dieses und einen Scheffel Salz dazu. Ich dank Ihnen vielmals für beides u. auch für den Frischlin. Was letzteren betrifft, so glaube ich mich zu erinnern, daß mir Hauffen einmal von einem Laibacher Programm über F. erzählte, das dann citiert werden müßte. Ich will Hauffen fragen & Ihnen dann schreiben.
Ich habe in den letzten Wochen mit der Affaire Minor-Herrmann entsetzliche Scherereien gehabt. H. ist frech bis zur Unverschämtheit. Die Geschichte der Erklärung habe ich Ihnen erzählt; als sie endlich in der DLZ erschienen war, schickte er mir einen zwischen uns vereinbarten ‚Hinweis‘ für den Euphorion in der Form, daß er sagte, er habe [in] der DLZ Minors Angriffe durch die Mitteilung der urkundlichen Belege ‚derart erläutert u. widerlegt, daß nun auch alle künftigen Auslassungen Minors dadurch widerlegt seien. Erst als ich erklärte, ich lasse mir das nicht bieten, daß man künftig erscheinende Artikel des Euphorion desavouire zog er di[es]en Hinweis zurück u. ersetzte ihn durch einen ganz farblosen. – Inzwischen hat Minor s. Untersuchungen in wirklich glänzender Weise abgeschlossen u. nachgewisen, daß nicht nur jede Behauptung u. jede Zahl Herrmanns falsch ist, sondern auch daß die ganze Grundlage s. Untersuchung eine verfehlte ist. Auch ganz ruhig & klar. E[r] hat außerdem Hs Ausstellungen durch eine ganze Reihe Leute: Sievers, Muncker, Drescher, Leitzmann, Krauß, Jellinek, Hauffen, mich nachprüfen lassen & dadurch die Unfehlbarkeit der Zschr Behauptungen gleichfalls bewiesen. Weil H. dann auch mir Parteilichkeit in der Redaction vorgeworfen hat, so hab ich mich nachträglich salvirt, indem ich mir Sievers’ Artikel gegen ihn verschafft habe, der nun mein nächstes Heft eröffnet. Die Berliner waren meiner Zs. nie grün, das weiß ich. Diesmal möchten sie dem Euph. gern ans Leben u. sprengen aus, ich beabsichtige mit der Verlegung nach Österreich die Gründung einer öst. Partei u. s. w., während ja doch jene Polemik u. die Verlagsänderung nur ganz zufällig zusammentreffen. Wegen meiner: sollen sie eine eigene Berliner Zs. gründen; ich werde in Ehren zu sterben wissen. Aber immer nur die Abschnitzel, die Misce[lle]n drucken, die Anmerkungen zu anderwärts erscheinden Aufsätzen, wie man mir jüngst zu muthete, das thue ich nicht. Und Minor ist mir 1000mal lieber als die Berliner Clique. Gott sei Dank, daß es noch unparteiische Menschen giebt, zu denen ich Sie vor allen rechne.
Sonst geht’s mir gut. Ich war die Feiertage recht fleißig. Und was das Unvermeidliche oder Unerreichbare betrifft, so hab ich mic[h] in jeder Bzhg längst hineingefunden u. denke mir, wer weiß wozu es gut ist. Und so kann ich mich auch neidlos über Ihr häusliches Glück freuen.
Bleiben Sie auch im nächsten Jahr gleichmäßig gut gestimmt gegen Ihren aufrichtig Erg. AS.

Prag, 2. Januar 1897 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Das mir von Hauffen mitgeteilte Programm des Obergymn. zu Laibach 1888 enthält Nicodemus Frischlins Entwurf einer Laibacher Schulordnung aus dem Jahre 1582 Von Prof. Julius Wallner. [E]s wird Sie so viel ich sehe zu keiner Änderung veranlassen; aber es wäre gut das Progr. zu citieren, weil es doch auch wahrscheinlich sehr wenig bekannt ist u. bei Goedeke noch fehlt. Zugänglich wird es Ihnen in Graz wol sein. Sonst kann ich Ihnen Hauffens Ex. schicken.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
AS.

Nach Bamberg habe ich noch ein Ultimatum gesandt. Ich schenke ihm diese Bosheit nich[t] u. nagle ihn irgendwo an die Wand, will mic[h] aber vorher mit meinem neuen Verleger berathen. Ich habe mich in Bayreuth beim alten Buchner erkundigt u. habe erfahren, daß die Abzüge in gewohnter Weise angefertigt u. abgesandt worden sind. In den DLD drucke ich momentan: Das Vorspiel der Neuberin edd. A. Richter in Dresden; zu ihrem 150j. Geburtstage; ein dünnes Heft. Quitmann bietet mir Die Tochter des Kadmus von Platen an. Nicht übel!

Graz, 12. Januar 1897 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 12 1 97
Vielen dank lieber freund für brief und karte. Die verspätung meiner antwort entschuldigt sich durch ein unwolsein, das mich eine gute woche leseunfähig machte, und durch einen neuen Loserthschen fund. Dieser und der von Ihnen gütig beigesteuerte wichtige hinweis auf Wallner finden sich anbei. Kommen Sie mit dem einflicken nicht leicht zurecht, so bitte ich mir die blätter zu schicken: ganz nach Ihrer bequemlichkeit. Loserth sagt mir heute, er sei noch etwa 14 tage mit akten beschäftigt, in denen sich noch etwas Frischlinisches finden könnte. Ich kann also leider nicht versprechen, dass dies der schluss ist, und überlasse es neuerlich Ihrem ermessen, ob Sie nicht zusammenschneiden wollen.
Verzeihen Sie das papier, ich schreibe in der universität, wo ich etwas nachschlagen musste, und will das mscpt gleich in den postkasten werfen.
Gutes jahr wünscht bei diesen ersten 97er zeilen Ihnen und Ihre gute gesinnung sich
Ihr
ergebener
BSeuffert.

Prag, 13. Januar 1897 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, den 13/1 1897
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Mit bestem Danke bestätige ich Ihnen den Empfang
Ihres Manuscripts.
Hochachtungsvoll& herzlich grüßend.
Prof. Sauer.

L. F. Die Einfügung macht keine Schwierigkeiten & das Kommende wird erwartet; vor 14 Tagen wird das Ergänzungsheft – von dem allerdings schon Einiges gedruckt ist – nicht wieder gefördert; denn die Seeschlange „M. H.“ hat ungeahnte Dimensionen angenommen u. so viel Ärger, Mühe, Verdruß, Verwirrung noch nachträglich mitsich gebracht, daß das Opfer des ganzen Streites nicht die edlen Kämpen, sondern der Herausgeber des Euphorion u. dieser selbst sein wird. Requiescat in pace.

Graz, 23. Januar 1897 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Vielen dank, l. fr., für die annahme des Frischlinnachtrages. Loserth sagt mir heute, dass er nun über die fraglichen jahre hinaus sei und nichts mehr erwarte. Was er noch fand, kann ich leicht in die korrektur einfügen. Verstehe ich recht, so werde ich im Ergänzungsheft mit dem Wieland-Zürich-artikel, dem Frischlin u. dem kommentar zu dem Wielandbriefe vertreten sein. – Ihre letzte karte betrübt mich, ich hoffe sie war im begreiflichen augenblicklichen verdruss über die leidige affäre geschrieben. Wenigstens verstehe ich nicht, wie der Euph. gefährdet sein sollte. Und ich glaube es nicht, weil ich es nicht wünsche, selbst wenn Sie die zs. zum Wien-Lpz. parteiblatt sollten machen wollen, was mir trotz Ihrer andeutungen doch so unwahrscheinlich ist, dass ich Sie misverstanden haben muss. Doch ich will nichts gemeint haben, in solchen dingen muss man sich ausführlich sprechen oder schweigen. Ich möchte bei leibe nicht, dass irgend ein wort auch zwischen uns misverständnisse erweckt. Lassen wir dem h. Minor seinen Herrmann und dem h. Kraus seinen Niejahr, sie sollen sehen, ob sie ihren gegnern überkommen. Ich sehe zu nur mit der spannung, ob im streite eine neue methode sich offenbart. Wenn nicht, interessiert er mich nicht. Herzlich Ihr ergebener
BSeuffert.

Prag, 9. Februar 1897 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 9/2 97.
Smichow 586

Lieber Freund! Ich sende Ihnen heute [di]e Correcturbogen meines nächsten Heftes und erzähle Ihnen zugleich zum besseren Verständnisse dessen Biographie. Das Manuscript mit den 3 kleinen Minorschen Beiträgen war schon in der Druckerei und theilweise gesetzt, als er mir die Fortsetzung des Stichreimartikels schickte, mich bat, die 3 andern Sachen zurückzulassen & den Artikel gegen Herrmann voranzustellen. Später kamen dann die einzelnen Gutachten bruchstückweise nach, wobei sich M. alle möglichen Eigenmächtigkeiten der Druckerei gegenüber herausnahm. Endlich Mitte Dec. schrieb er mir von Sievers’ Antikritik und veranlaßte mich, mich bei Sievers um sie zu bewerben. Sievers schickte mir auch am 26. Dec. das druckfertig gemachte Manuscript, das ich sogleich setzen ließ; durch die Ferientage verzögerte sich aber die Correctur bis zum 4. oder 5. Januar. Inzwischen hatte Minor seine Erklärung gegen Herrmann, von der die DLZ keine Separatabdrücke angefertigt hatte, noch einmal in den Druck gegeben u. den Schlußsatz geändert: Sievers’ Artikel werde im nächsten Heft des Euphorion erscheinen. Dies nahm Sievers zum Vorwand, um s. Artikel zurückzuziehen. Die Erklärung sei vom 11. Dez. datiert. Jedermann i[n] Lpzg. wisse, daß er damals jene Absicht noch nicht gehabt hätte etc. Aber auch andre Gründe schütze er vor in einem kläglichen, seinen Charakter zur höchsten Unehre gereichenden Briefe vor. Gewiß waren es Einflüsse von Berlin her, die sich geltend machten. Pogatscher sagte ganz richtig, als ich ihm die Sache erzählte: Weinhold ist ein alter Mann! – Nun warf Minor nicht nur Sievers’ Gutachten, das als das beste und ausführlichste das eigentliche Rückgrat der Enquête bildete, hinau[s], sondern fügte auch jenen lächerlichen Schluß hinzu; mit dem Abschied vom Leser und dem Fußtritt für den Euphorion u. bat mich auch, s. 3 andern zurückgestellten Aufsätze in das Heft aufzunehmen (was ich noch lieber that, als daß ich im nächsten Heft in einer Redactionsnote auf die Sache zurückgekommen wäre). Und das Alles, nachdem er dem Euphorion zum Dank für treue Waffenbruderschaft goldene Berge versprochen, alle möglichen Artikel angekündigt u. eine ganze Reihe von Recensionen übernommen hatte. Als er gleichz[eiti]g Schmidt s. Briefe zurücksandte, ließ dieser s. Wut an mir aus. Kündigte mir – wenigstens halb u. halb – die Mitarbeiterschaft u. gab mir auf einen längeren Brief keine Antwort. – Alles das gleichzeitig. Ich war wirklich sehr deprimiert. Ja seit dem Scheitern meiner Grillparzerbiographie (was mir allerdings mehr ans Leben gieng als irgend Jemand weiß) hat mich nichts Litterarisches so aufgeregt. Das Erscheinen des nächsten Heftes erschien mir als eine Blamage, die ich als Redacteur nicht überwinden könnte. Auch heute noch ist mir das – zuerst durch die Affaire Sievers und dann durch [m]eine Unlust arg verschleppte – Heft ein Greuel. Aber im Übrigen bin ich mutiger geworden und beginne die Sache von der besten Seite zu nehmen. Ich bin Minor, der mir nur Verdrießlichkeiten bereitete, nun für alle Mal los, ohne mit ihm verfeindet zu sein; ich bin mit den Berlinern zwar verfeindet, aber wie neue Einsendungen, auch von Meyer etc. beweisen, von den besseren Elementen nicht verlassen und so werde ich wahrscheinlich mein Kreuz weitertragen, bis die Berliner eine neue Zs. gründen oder irgend eine andre Krisis eintritt. Auch schweigen habe ich [???]????im Jahre 91 gelernt. Nur Ihnen erzähle ich die Sache als dem treusten Freund der Zs. und damit Sie an mir nicht irre werden. Aber einen wahren Ekel habe ich vor unserem Gelehrtenwesen und darin stimme ich mit Minor überein, daß unsere Luft verpestet ist. Nur hat er selbst zu dieser Stinkatmosphäre das Meiste beigetragen. Ich werde also zwischen Wien & Berlin hindurchzulavieren suchen. An Manuscript fehlt es mir auf ein Jahr hinaus nicht. – Im Übrigen möchte ich m[ich] nur noch wegen des mislungenen Experimentes mit Wyplel bei Ihnen entschuldigen. Die Rec. war als ich sie erhielt, nicht übel, nur sehr breit. Ich veranlasste ihn sie zu kürzen & nun strich er wieder viel zu viel weg, so daß sich das ganze jetzt wie eine Sammlung von Aphorismen ausnimmt. Wukadinović muß das entschuldigen. Ich hatte es recht gut gemeint. Alles Gute & Schöne. Ihr aufrichtig erg. AS.

Graz, 14. Februar 1897 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 14. II 97

Lieber freund, Ich freue mich sehr Ihres aufklärenden briefes, danke Ihnen für Ihr vertrauen und danke Ihnen für die zusendung des neuesten heftes. Ich habe nicht den eindruck, dass der Euphorion der unmittelbar geschädigte ist. Geschädigt ist Minor. Denn seine darlegungen sammt denen seiner beistände erweisen, kommt mir vor, höchstens, dass es mit ziffernstatistik allein nicht geht, was kein vernünftiger mensch, auch Hermann nicht, behauptet hat. Ich stehe noch heute auf dem öffentlich bekannten standpunkt, dass Hermann H. Sachs zu viel bewusste kunstüberlegung zumutet. Aber wer in der beurteilung der einzelfälle recht hat, dünkt mich nicht erwiesen. Komisch ist, dass Minor gegen eine philologische richtung kämpft, die nirgends einseitiger gepflegt wird als in – Wien, allerdings mehr in der Heinzelgruppe. Seine erklärung, dass er für längere zeit schweigen werde, werden die einen nach seinen letzten expectorationen mit einem gott sei dank aufnehmen, die andern wie ich mit unglauben. Denn wer hat noch so sehr wie er das bedürfnis jedes fündchen und einfällchen sofort zu verlautbaren? Gerade weil er ein vieles wissender, gescheuter u. leistungsfähiger mensch ist, nehme ich ihm das übel. Was soll die blütenlese über die innere form anders, als jeden kommenden zu zwingen, Minors namen zu citieren? war es ihm um die sache ernstlich zu tun, so musste er die festlegung des begriffes versuchen, die er anderen zuschiebt. Für andere aufgaben stellen, ist leicht. Auch sein grosser programmaufsatz im Euph. hat nichts anderes getan. Ich sage das alles nicht aus unfreundlichkeit; gerade weil ich seine fähigkeiten hochhalte, bedaure ich, dass er sie nicht bis zum ende ausnutzt, und so oft den eindruck erweckt, er wolle mehr seine person mit einer sache verquicken, als die sache erledigen. Ich kann mich täuschen und täusche mich hierin gerne. Ich darf ja mich darauf verlassen, dass Sie dies subjective urteil bei sich allein bewahren. Es steht hier, weil ich Ihre besorgnis zerstreuen möchte, ein etwaiges fernbleiben Minors möchte den Euph. empfindlich schädigen. U. ich glaube gar nicht, dass er fern bleibt: sich selbst zu verstümmeln, ist er viel zu ehrgeizig. Jetzt redet er sichs ein, weil er dunkel empfindet, dass er nicht die beste figur gemacht hat, oder sag ich genauer: nicht so grossartig sich benahm, als ihm als einem bedeutenden u. anerkannten forscher geziemte.
Sievers – wer kennt ihn? Mein persönlicher eindruck von ihm vor 16 jahren war glänzend; nur war er damals komisch verbissen gegen alles was Berlinertum hiess. Ich kenne nahe freunde von ihm, die auf seine lauterkeit schwören; ich kenne aber auch welche, die ihn für den grössten intriganten halten. Wer hat recht? Ob sich jetzt sein herold in Berlin, Brandl, ins spiel mischte und ihm zum rückzug veranlasste, weiss ich nicht. Stell ich mich einmal aber auf die seite seiner freunde, so könnte ich begreifen, dass ihn die chronologische willkür Minors zum rücktritt bewegte. Der Euphorion hat dabei nach meiner meinung gewonnen; denn so ist der streit doch beim objekt haften geblieben. Kam Sievers dazu, so wurde das ganze ein feldzug gegen eine person. Denn sachlich ist es gewiss nicht beweiskräftig, dass Herrm. gegen Minor unrecht haben müsse, weil Herrm. gegen Sievers unrecht haben soll. Sie entschuldigen, dass ich hierin Ihre meinung nicht unterstützen kann.
An dem neuen heft gefällt mir wieder Niejahr und mehreres andere recht gut. Wukadinović ist sehr zufrieden mit der anzeige und muss es sein. Nur einen punkt bedauern ich und er: dass Sie anmerken, er habe Minors aufsatz in Zachers Zs. nicht gekannt. Er hat ihn ja S. 54 Anm. 1 citiert. Dass er nicht mehr über ihn sagt, ist meine schuld; er hatte im mscpt. eine zutreffende polemik gegen Minor stehen, ich habe ihn veranlasst, sie zu streichen; ich wollte keinen waffengang provociert wissen, und je sicherer ich war, dass W. nicht nur die quellen wesentlich vermehrt, sondern auch die früher bezeichneten genauer angesehen und richtiger beurteilt hat, desto mehr wünschte ich zarte schonung. Durch Ihre anmerkung wird das nun ins gerade gegenteil verkehrt.

Leider hat Loserth noch einen Frischlinbrief gefunden; er ist es der erste litterarisch wertvolle insofern er eine unbekannte antijesuitische schrift Frischlins erwähnt. Finden kann ich sie nicht. Loserth sagt mir neuestens, im gegensatz zum früheren, dass es zwar unwahrscheinlich aber nicht unmöglich sei, dass er noch mehr finde. Was nun?

Hätten Sie nicht so viele Wielandiana von mir, so würde ich Ihnen noch etwas schicken: die quelle des Hymnus an die sonne. Aber ich mute Ihnen das nicht zu. Mich befriedigt der fund, weil er das mir bisher unverständliche erklärt, warum Wieland zwischen 2 hymnen auf gott einen auf die sonne druckt. Es ist das einzige, was ich neben der decanantsschreiberei gefunden habe und noch nicht ganz fertig.
Möge jetzt wieder ruhige zeit für Sie kommen; dann wird wieder freude an der arbeit einkehren. Es ist immer ein unglück, wenn die personen sich über die sache stellen; gewiss wir können und sollen uns unseres subjects nicht entäussern; aber eitle empfindlichkeit u. rechthaberei können wir unterdrücken; das ist hüben u. drüben nicht geschehen u. daher kam die stickluft. Ein wirklich nur im dienste der sache geführter streit macht niemals stickluft. Sie haben ja wol recht, in Wien den haupterreger der dünste zu suchen. Sie aber sind ja aus dem dunstkreis heraus und so atmen Sie in freier luft und werden auf die vielen unannehmlichkeiten schon als überwundene putschversuche zurücksehen. Denn ich schätze die productive elasticität Ihres wesens höher als die meinige, und selbst ich pflege mehr mit lächeln als mit dauerndem ärger auf etwas zurückzusehen, worein ich mich reissen liess.
Treulich grüsst
Ihr
sehr ergebener
BSeuffert.

Prag, 16. Februar 1897 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

16/2 97.
Smichow 586.

L. F. Ihr liebenswürdiger Brief trägt viel zu meiner Aufrichtung bei. Verlassen Sie mich auch in Zukunft nicht. – Ich weiß nicht, ob Sie aus meinem Brief den Eindruck bekommen haben, daß ich am erbittertsten unter allen gegen Minor bin. Ich habe mich zwar gehütet mich mit ihm zu zertragen; aber ich habe ihm endlich auf s. unaufhörlichen Sch?declamationen nur mehr geschäftliche Antworten gegeben. Und meine Erbitterung gegen ihn wächst in der Folge Ihres Briefes. Weil ich ihm von seinem ‚Amor & Tod‘ keine Fahnencorrectur schicken lassen konnte, bekam er den ganzen Bogen 22 in d. Hand & machte mich auf die Unterlassungssünde in W.s Schrift aufmerksam & verlangte die Redactionsnote. Er schrieb mir dazu einen 4 S[ei]ten langen Brief & fasste dieses Verschweigen s. Namens als einen jener Fälle auf, wie er sie am Schluß seines Artikels gebrandmarkt hat. Auf diesem Wege folgte ich ihm allerdings nicht; aber die Anmerkung selbst meinte ich ihm nicht abschlagen zu können. Nun hat er mich abermals in die Tinte geritten! Ich habe sogleich an Fromme telegra[ph]iert, falls Bogen 22 noch nicht reingedruckt wäre, die Anmerkung wegzulassen. Aber ich fürchte, daß es bereits zu spät ist, weil ich schon gestern Bogen 19 rein bekommen habe. Ist es zu spät, so helfe ich mir durch eine Berichtigung. Am liebsten wäre mir, wenn ich sagen dürfte:
zu S. .... Wukadinović macht mich nachträglich [da]rauf aufmerksam, daß er Minors Aufsatz S. ... in der Anmerkung kurz citirt habe. Eine längere Aueinandersetzung mit diesem Artikel wurde absichtlich vermieden, weil sich der Vf. Minors Resultate nicht aneignen konnte.
Die eigentliche Redaction dieser Berichtigung überlasse ich Ihnen & W. Es wäre mir aber lieb; wenn ich nicht so nackt und kahl die Thatsache eingestehen müßte, daß ich mich geirrt habe & Minor bekäme nachträglich einen kleinen Hieb, den er verdient. Ich habe auch nichts dagegen, wenn W. die Gelegenheit benutzt, um s. Polemik nachträglich an den Mann zu bringen und ich wäre ihm dankbar für die Rettung aus Redactionsnöten. Bitte aber eine rasche Antwort.*
Wegen Frischlin meine ich folgendes. Obwohl ich den Aufsatz gern im Ergänzu[ng]sheft hätte, schon weil das 16. Jh. darin nicht vertreten ist, so ist es doch besser, wir warten so lange bis Loserth definitiv mit den Akten zu Ende ist. Wenn auch möglich ist, daß dann anderes, Älteres, noch Platz hätte. Ich würde Ihnen also in diesem Falle, das Man. noch einmal zurücksenden; verspreche Ihnen aber zugleich, es, wenn ich es wieder bekomme, so zu behandeln, als ob es noch das alte Datum trüge, also sogleich einzureihen. Da ich ohne Briefmittheil. doch auch in Zukunft nicht ganz auskomme u. da alle Ihre Mittheil. zugleich das Material verarbeiten, so [steh]t diesem Ausweg nichts im Wege. Ins Ergänzungsheft käme also blos Ihr großer Wielandartikel & der Brief mit Ihrem Commentar. Die Quellenuntersuchung über die Hymnen, die Sie mir nicht vorenthalten dürfen, und um die ich sehr dringend bitte, kommt in eines der nächsten regulären Hefte. Zum Schluß: Hubers Aufs. über Schlegels Gedicht ist auf dem Wege vom Verleger an mich leider verloren gegangen. Gäbe es keinen Ersatz dafür? Herzlichst Ihr AS.

*[Eventuell, wenn es Ihnen passender erscheint, könnte die Notiz bis zum nächsten Heft warten: ich berichtige lieber später mit W.s, als jetzt ohne ihn.]

Graz, 18. Februar 1897 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Der fall ist wieder sehr charakteristisch für unsern Obergott. Ich bedaure lebhaft, dass er Sie irre geführt hat und danke Ihnen aufrichtig für das grosse entgegenkommen bei der separation. Ist der bogen schon mit der anm. rein gedruckt, so bitte ich sie in das nächste heft, vielleicht an auffälligem platze, aufzunehmen; geschähe sie jetzt, so wäre sichtbar, dass Sie uns korr-bogen gaben; das dünkte mich für Sie nicht angenehm, es hiesse leicht, Sie liessen vorher die recensierten die recensionen sanctionieren; wenigstens ein minorit könnte daraus solchen strick drehen. Über die fassung werde ich mit Wuk. beraten. Selbstverständlich wird sie die Ihnen bequemste form finden. Wollen Sie nicht sagen, dass Minor Sie um die redaktionsnote ersucht habe? Ich werde sobald als möglich Ihnen einen vorschlag tun. Heute hat Wuk. von früh bis nachts dienst, ich kolleg, decanatsstunde, prüfungscommissionssitzung, facultätssitzung, für die ich noch das material vorbereiten muss, also ist jede stunde besetzt. – Es wird das beste sein, Sie schicken mir Frischlin wieder, vielleicht kann ich dann doch etwas mehr arbeit daran machen, das rohmaterial beleben. Auch für die annahme der neuen Wielandstudie danke ich im voraus.
Huber werde ich fragen, ob er noch einen SA hat; sein Schlegelartikelchen hat, wie ich von dr. Wilhelm erfuhr, selbst in der Wiener strohgasse beifall gefunden. Eilig Ihr ergebener
BSeuffert

18 II 97. Von Grillp. sprach u. spreche ich nicht, um Ihren begreiflichen schmerz nicht zu wecken. Auch dafür muss wieder die zeit des mutes kommen.

Graz, 24. Februar 1897 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Heute nur die bestätigung, dass Frischlin ankam, l. fr., und dass er so bald zurück soll als es geht und hoffentlich besser. Jetzt hab ich keine stunde freie atmung. Huber bittet, seinen Schlegelsplitter nicht besprechen zu lassen, da er in der gleichen richtung weiter arbeitet u. wol dies fragment wieder hinein bringt. Hoffentlich ist die anmerkung noch beseitigt worden, das wäre für Sie und uns das angenehmste.
Eilig grüsst
Ihr
ergebener
BSeuffert

Prag, 26. Februar 1897 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Zu meiner großen Freude ist die verhängnisvolle Anmerkung noch gestrichen worden & die Berichtigung kann daher entfallen. [Da]s Heft wird nächste Woche ausgegeben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr aufrichtig erg.
AS.

Graz, 5. März 1897 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd! Dank für die sehr erwünschte mitteilung, dass die anm. noch gestrichen wurde und nochmals dank für Ihr bemühen in dieser sache. Und zum dritten dank für die Neuberin, mit der Sie einen alten vorsatz des 1. herausgebers ausführen.
Die amtsgeschäfte häufen sich im letzten semestermonat. Frischlin u. der Sonnenhymnus ruhen. Sobald ich irgend kann, mache ich beides fertig. Grüssend
Ihr
sehr ergebener
BSeuffert.

(Prag), 1. April 1897 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Über Wyplels Rec., d. h. über meine Anmerk[un]g bin ich noch im Ungewissen, da ich den Bogen noch immer nicht habe. Ich darf freilich bei dieser langen Reise hoffen, daß mein Tel. noch zurecht kam. Die Berichtigung käme jedenfalls erst ins nächste Heft.
Anbei Frischlin, den ich mir als redivivum zurück erbitte.
Huber sandte mir das ‚Licht‘ nochmals zu. Ich danke ihm heut mit einem Ex. meines ‚alten Österreichs‘, das ich aber nur an die Univ. adressiren kann, da er keine Wohnung vermerkt hat. Ich bin in rasender Eile. Herzlichst
Ihr
AS.

Graz, 4. April 1897 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 4. IV 97

Lieber freund, Indem ich Ihnen die korrektur der ersten fahnen, so weit ich sie erhalten habe, zuschicke, beschleicht mich das gefühlt der scham: das ganze ist zu sehr als materialeinschiebsel einer recension gehalten, zu wenig zum selbstständigen aufsatz ausgearbeitet. Ändern lässt sich das leider nicht, aber etwas aufputzen kann man die sache doch. Die schlange ohne ende muss doch wenigstens äusserlich ein paar mal in glieder abgesetzt werden: ich habe es so eingerichtet, dass der setzer nicht umbrechen muss. Ein paar erläuterungen in anmerkungen können auch nicht schaden. Und endlich wollte ich zu den knochen und knochensplittern doch etwas fleisch hinzufügen, zumal ich mich durchaus nicht mehr erinnere, ob ich das am schlusse getan habe. Es steht nun selbstverständlich ganz in Ihrem belieben, ob Sie die zusätze im und unter dem texte billigen oder nicht. Sie können Sie wegstreichen, ohne mir irgend wehe zu tun; Sie haben lediglich den zweck, das opusculum mit ein paar ruhepunkten zu versehen, an denen ein leser doch etwas zu lesen und nicht nur zu buchstabieren hat.
Zum Frischlin hoffe ich in dieser woche auch zu kommen. Ich steckte bis jetzt tag für tag im decanat.
Auf Ihr nächstes heft freue ich mich auch in der sicheren hoffnung, dass Sie an seine spitze ein paar worte über Sophie sagen; die grossherzogin hat wirklich für unsere litteraturgeschichte viel getan. Sie haben sich gewiss wie ich das Ihnen ja auch bekannte wesen dieser vornehmen und doch einfachen frau bei der Todesnachricht vergegen- wärtigt: ich muss sagen, dass ich mir erst jetzt klar werde, wie sehr ich sie verehrte, obwol ich mich mit ihr nicht so gut sprach als mit ihrem gatten oder ihrer jüngeren tochter.
- - -
Ihrem setzer muss ich noch eigens lob spenden, er ist viel besser als der Baireuther und hat sich nur einmal gröber versehen.
Die besten ferienwünsche von
Ihrem
ergebenen
BSeuffert.

Prag, 8. April 1897 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 8/4 97
Smichow 586

Lieber Freund!
Haben Sie keine Sorge, es wird alles richtig eingefügt. Ev. darf ich Ihnen noch eine Correctur senden?
Ich schreibe heute, um Sie um einen Liebedienst zu ersuchen. Die Großherzogin soll an der Spitze meines nächsten (dritten) Heftes geehrt werden, wie sie es verdient, wenn Sie die Güte haben wollen, über sie zu schreiben. Ich bin nicht der richtige Mann dazu; ich habe sie ein einziges Mal gesehen u. gesprochen; ich stehe überhaupt dem Weimarischen Kreis fern. Mit Schmidt bin ich seit der Minor-Affaire außer Verkehr. Er hat mir einen langen [Bri]ef nicht beantwortet & ich fange als der Beleidigte nicht an. Suphans Manirismus ist mir unerträglich; er wird überdies im Goethe Jahrbuch die Fackel löschen müssen. Redlich ist untauglich. HGrimm – falls er es thäte – wird wol in der DRundschau das Trauergebet sprechen. Andererseits fühlten Sie wol auch den Drang in sich, der hohen Frau Ihren Dank öffentlich abzustatten und das könnte an dieser Stelle am besten geschehen. Form, Ton, Umfang etc. bleibt Ihnen überlassen. Ich wähle – vielleicht – größere Lettern, [a]ber keinen Trauerrand (das gefällt mir nicht). Nun der Termin. Bevor das Ergänzungsheft nicht fertig oder wenigstens weit vorgerückt ist, kann ich mit dem Satz des nächsten regulären Heftes nicht beginnen. Es hätte also Zeit bis Ende Monats; ev. auch noch ein wenig länger, wenn ich Anfang Mai weiß, wieviel Raum Sie brauchen. Ich lasse dann anderes vorher setzen.
Ich hoffe, daß Sie nicht: Nein sagen; es brauchen ja nur ein paar Seiten zu sein; die Länge machts nicht; sondern die Wärme und Innigkeit.
Ich füge sonst nichts hinzu und grüße Sie herzlichst als
Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Graz, 10. April 1897 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 10. april 97

Lieber freund, Da kehrt der Frischlin zu Ihnen zurück, nehmen Sie ihn nachsichtig auf. Ich habe ihn nicht so zurechtstutzen können, dass er mir gefällt. Nur bin ich froh, dass nun doch zwei litterarhistorische sächelchen drinnen sind, nicht blos localbiographie, die mich immer anödet. Sie haben alle vollmacht, zusammenzustreichen.
Dass Sie die anmerkungen zu dem Wielandianum aufnehmen, danke ich Ihnen. Ich fand mein schlechtes gewissen sehr erleichtert, als ich endlich auf die darstellende partie kam, auf die ich ganz vergessen hatte. Selbstverständlich bin ich gerne bereit eine zweite korrektur zu lesen, wenn es Ihnen gut erscheint.
Mit Ihrem wunsche betr. der Sophie treiben Sie mich in die enge; daran hatte ich nicht gedacht. Ich wollte nicht über sie schreiben. Ich stellte mir gerade vor, dass einer, der nicht andauernd ihr diener war, unbefangenere worte sprechen könnte, die auch mehr gewicht hätten; und ich hielt diese aufgabe recht eigentlich für die des herausgebers und bitte Sie zu bedenken, ob Sie diese empfindung nicht doch teilen. Und sei es nur ½ seite.
Da Sie aber die aufgabe mir als liebesdienst abfordern, so will ich einstweilen überlegen, ob ich den ton zu finden glaube. Versprechen kann ich nichts, es kommt auf ein paar gute stunden an. Und ich werde sofort Ihnen weichen, sowie Sie sich noch dazu entschliessen.
Ich möchte jetzt noch zu Wielands Sonnenhymne kommen, wovon ich Ihnen schon schrieb. Die voraussetzung ist, dass das decanat keine arbeit kostet. Dabei kommt mir zu bewusstsein, dass ich sehr gegen meine absicht Ihre facultät geärgert zu haben scheine durch die ablehnung, die adresskosten amtlich einzusammeln. Ich war äusserst verblüfft über die zuschrift, die Ihr h. decan mir zu senden beauftragt wurde. Sie wissen nicht in Prag, wie stark die gegenerschaft gegen die aufhebung des kollegiengeldes hier ist und wie vorsichtig ein decan sein muss, um unparteiisch zu bleiben. Ich glaube aber, ich bin nur der sündenbock Ihren collegen geworden, gemeint sind ein paar hiesige collegen, die privatissime eine schroffe ablehnung nach Prag geschickt zu haben scheinen: ich kenne diese nicht und als ich nachträglich davon hörte, habe ich diesen schritt gleich misbilligt. Sie haben in Prag sich so viel erfolgreiche mühe mit der sache gemacht, dass es sehr ungerechtfertigt ist, darauf unhöflich zu sein. Ich schreibe Ihnen das, weil ich in Ihren*) Augen nicht als pascha darstehen will.
Leben Sie wol und halten Sie gute ostern.
Ihr
sehr ergebener
BSeuffert.
*) Singular!

Prag, 12. April 1897 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, den 12/4 1897
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Mit bestem Danke bestätige ich Ihnen den Empfang
Ihres Manuscripts.
Hochachtungsvoll
Prof. Sauer.

Mitten unter den 1000en von Zetteln für § 298 Goedeke, der nun endlich druckfertig gemacht werden muß, trifft mich Ihre liebe Sendung, für die ich vielmals danke.
Wenn ich mich im Wielandaufsatz vollkommen auskenne & zurechtfinde, sende ich Ihnen keine zweite Correctur. Meine Sophienbitte wiederhole ich heute inniger und dringlicher. Sie sind dazu nicht blos berufener sondern auch auserwählt. Ich hoffe also!
Die amtlichen Geschichten waren fatal. Ich muß gestehen, daß mir wie allen meinen hiesigen Collegen, das Vorgehen Ihrer Facultät völlig unbegreiflich war; aber es ist mir nie in den Sinn gekommen, Sie dafür und gar erst nicht, Sie allein dafür verantwortlich zu machen. Übrigens war ich in der ganzen Sache vollkommen unbetheiligt & stumm. Es sendet Ihnen die schönsten Ostergrüße Ihr herzlich erg AS.

Graz, 16. April 1897 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 16. IV 97

Lieber freund, Sie wollen, ich gehorche wenn auch widerstrebend. Sehen Sie zu, ob Ihnen die Totenklage taugt. Sie müssten ihren inhalt, ihre form billigen können, wenn Sie sie in druck geben: denn selbstverständlich muss sie anonym erscheinen.
Halten Sie sie für geeignet, so bitte ich den setzer anzuweisen, dass er sie auf 4 seiten verteilt (auf zwei wird sie nicht unterzubringen sein); denn mich dünkt es nicht wol passend, wenn auf der rückseite ein anderer artikel beginnen würde.
Wollen Sie zuwarten, bis das nächste reguläre heft erscheint? das würde wol erst im august sein; und dann käme vielleicht Koch, käme das Goethe-Jahrbuch und andere zuvor, so dass der Euphorion als nachahmer er- schiene. Wollen Sie nicht dem Ergänzungshefte die zwei blätter vorheften lassen mit eigener paginierung? Gerade jetzt, wo Sie mit dem Reichl in spannung kamen, wäre es wol vorteilhaft möglichst bald zu zeigen, dass auch für das Reich der Euphorion die führende Zeitschrift ist und bleibt. Ich selbst habe natürlich keinerlei eile.
Wäre es möglich, dass Sie mir ein paar abzüge auf besserem breitrandigem papiere anfertigen liessen, so wäre ich dankbar.
Gute ostern wünscht
Ihr
sehr ergebener
BSeuffert.

Prag, 17. April 1897 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag Ostersamstag
Smichow 586

Lieber Freund! Ihr schöner Nekrolog auf die hohe Frau hat mich aufs tiefste gerührt. Es ist ein der Fürstin würdiges Denkmal, das Sie ihr damit in lapidarem Stile gesetzt haben. Ich danke Ihnen vielmals dafür. Ich häte es gewiß so schön und würdig nicht zu Stande gebracht.
Ich will Ihre Anordnungen wegen des Druckes befolgen und das Ganze auf 4 Seiten vertheilen. Nur den Nekrolog dem Ergänzungsheft voranzustellen, werde ich mich kaum entschließen können. Sie werden auch kaum auf diesem Wunsch bestehen, wenn ich Ihnen sage, daß ich das 3. Heft sobald als möglich dem Ergänzungsheft folgen lasse; vielleicht noch [En]de Mai, sicher Anfangs Juni. Es will mir scheinen, als ob der Nekrolog mehr Wirkung thäte, wenn er im richtigen Verlauf des Jahrgangs erscheint, als in einem Sonderheft, das vielleicht doch einzelne Leser nicht zur Hand nehmen, das in einzelnen Bibliotheken gesondert gebunden [wi]rd, das daneben – außer Ihrem Wielandaufsatz gar nichts Darstellendes, gar nichts Verarbeitetes enthält, sondern lauter kahle nackte Briefe. Ja, Birkens u. Neumarks Briefe, die ich von Burckhardt, dem Weimarer Archivar in einer unvorsichtigen Stunde angenommen habe, machen mir das Heft sogar verhaßt. Ich habe sie schon zweimal durchcorrigirt u. immer noch wimmeln sie von Unsinnen. Er schrieb ruhig:
brunnmäßigt (für beunmüßigt)
anketten statt antretten
u. so fort. Ein größerer Trottel existirt auf Gottes Erdboden nicht. Dagegen glaube ich wird das nächste Heft ganz hübsch. Sollte aber gegen mein Erwarten eine arge Verzögerung eintreten, so kann ich den Nekrolog noch immer in letzter Stunde dem Ergänzungsheft vorschieben.
Nagls Machwerk, die elende Zeidlerei hat in mir den Entschluß zur Reife gebracht, die Beilage der öst. Lit. Gesch. zum Euphorion nicht zu dulden, selbst auf die Gefahr hin, daß dieser zu Grunde gienge. Daß Jemand [dur]ch diese Weise ein Buch zusammenstoppeln, zusammenstückeln könne, war mir unerfindlich. Gelesen habe ich es noch nicht, nur das Leseblatt angesehen. Ich hoffe: Fromme erweist sich als verständig genug um das Gute und schlechte von einander zu scheiden. Kämpfe wird’s freilich geben. Aber daran bin ich schon gewohnt.
GMayers Schicksal geht mir recht nah. Er war mirwenigstens ein [se]hr guter Kamerad; wenn er auch zum Freunde nicht das Zeug hatte.
Tausend Dank für die rasche Erfüllung meiner Bitte. Vielleicht kann ich Ihnen einmal einen Gegendienst leisten.
Treulichst Ihr
AS.

weiter auf S. 1 Abzüge auf besseren Papier etc. hoffe ich Ihnen liefern zu können.

Graz, 19. April 1897 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Ich danke Ihnen lieber freund für die nachsichtige aufnahme des nachrufs. Ich weiss nicht warum mir im ohr klingt, ich hätte mich gegen ende verschrieben: so im engen wie im weiten. Es muss natürlich heissen: wie im engen, so im weiten. Und dann bitt ich etwas etwas später einzusetzen: nie ein einzelner mensch, nie eine gelehrte gemeinschaft. Das ‚einzelne‘ fehlt im mscpt. – Wann Sie es drucken lassen, steht natürlich bei Ihnen; ich wusste nicht dass das 3. heft schon so weit gesetzt ist, dass es ende mai oder anfang juni erscheinen kann; das wäre natürlich nicht zu spät. Vor dem Goethejahrbuch zu kommen, wäre mir doch auch persönlich lieb: aber nochmals, das ist Ihre sache, u. auch für mich hätte das einteigen ins reguläre hft den vorzug, wenn ich redacteur wäre. Die öster. littgesch. ist nur zueinandergenagelt aber nicht einmal zusammengeleimt; Sie wissen, wie sehr ich von anfang an solche beilage zum Euphorion fürchtete. Grüssend Ihr ergebener
BSeuffert.

Prag, 21. April 1897 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Da Sie so liebenswürdig waren, mir zu helfen, möchte ich Ihnen auch gern zu Willen sein. Halten Sie folg. Vorgang für möglich: daß das Blatt dem Erg.heft vorgeheftet und dann im nächsten regulären Heft an der Spitze wiederholt wird (mit der Bemerkung im Inhaltsverzeichnis: „aus dem Ergänzungsheft wiederholt“)? Sieht das nicht zu reclamemäßig aus?
Wäre es Ihnen paßend, wenn Ihnen Fromme statt eines Honorars 20 Sonderabzüge auf bess. Papier mit breitem Rand lieferte?
Der April verfliegt ich weiß nicht wie. Das Colleg droht schon wieder u. ich bin mit so vielem im Rückstand. Noch 4 Wochen könnte ich gut brauchen.
Herzlich grüßend
Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Prag 21/4 97
Smichow 586

Graz, 22. April 1897 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich schicke das novissimum, um aufnahme bittend, weil Sie es erlaubten. Es ist nichts weltbewegendes, aber vielleicht doch nicht verfehlt. Mir ist es auch deswegen lieb, weil ich längst überzeugt bin, dass wir viel zu wenig alte romane lesen, die auch für Goethe noch sehr ergibig wären. Leider ist es eine untersuchungsart, die Ihre billigung nicht hat; Sie werden mich auch einen parallelenjäger schelten. Ich verteidige mich mit dem weisen Danischmende.
Ist das gerücht wahr, dass Fromme eine serie Quellen zur österreich. littgesch. in einzelheften eröffnen will?
Herzlich grüsst Ihr um geduld bittender
BSeuffert,
vor dem Sie nun bei beginn des semesters wieder auf einige zeit sicher sind, obwol er Ihnen noch zwei recensionen schuldet, die er eigentlich früher als dies stücklein hätte liefern sollen.
22 IV 97

Graz, 23. April 1897 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich teile Ihre befürchtung, dass ein zweimaliger druck des Nekrologs übel beurteilt werden könnte. Es wird das beste sein, auf das nächste reguläre heft zu warten. Sollte inzwischen einen nachruf erscheinen, der zufällig zu stark mit dem meinigen übereinstimmte, so müsste ich entweder ändern, oder Sie müssten das datum des absendens darunter setzen. Meine sorge ist ja übrigens mehr, dass der Euphorion durch das inzwischen erfolgende erscheinen bedeutenderer nachrufe – und es ist für jeden, der mehr tatsachen weiss und der toten näher stand als ich, sehr leicht, meine sätze zu übertreffen – in den schatten gestellt werde.
Es ist mir völlig recht, wenn Fromme statt des honorars die SA auf besseres papier druckt. Doch soll auch das Ihnen keine beschwerde machen; ists zu umständlich, so wird der artikel wie jeder andere behandelt.
Gestern ging etwas Wielandisches an Sie ab. Ergebenst grüsst
BSfft.

Graz 23 IV 97.

Prag, 24. April 1897 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, den 24/4 1897
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Mit bestem Danke bestätige ich Ihnen den Empfang
Ihres Manuscripts.
Hochachtungsvoll
Prof. Sauer.

Ich muß heute den ganzen Tag auf der Bibliothek sein, umgeben von R????, M????, Nekrolog etc. etc. Ich kann Ihnen also nur meinen freudigsten Dank senden. Nur recht oft solche Sendungen! Von Frommes neuem Plan weiß ich nchts. Er wird aber wohl auf Wahrheit beruhen.
Eiligst & herzlichst Ihr AS.

Prag, 25. April 1897 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Gestern Abends habe ich Ihre Untersuchung gelesen u. ich muß sagen, daß Sie mich damit völlig überzeugt haben. Ich freue mich das Schmuckstücklein recht bald veröffentlichen zu können. – Mit dem Nekrolog werde ichs nun so halten, wie ich es ursp[rün]glich geplant habe; gebe es Ihnen aber schon heute frei, das Datum der Niederschrift – entgegen der sonstigen Gewohnheit der Ztschrft – darunter zu setzen; dann sind wir gegen alle Vorwürfe gefeit. Ihre Concurrenten fürchte ich nicht. Das Goethe-Jahrbuch muß ja natürlich viel ausführlicher sein. Bedenken Sie aber, daß die Großherz. der zeitschrift als solcher gänzlich ferne gestanden hat. Ich lese heute 2. Correctur Ihres Wieland.
Herzlichst
Ihr
aufrichtig er[g.]
AS.

Prag 25/4 97
Smichow 586

Prag, 6. Mai 1897 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Redaction der Zeitschrift für Literaturgeschichte Euphorion.

Prag, den 6/5 1897

Sehr geehrter Herr!
Wären Sie geneigt,
Waniek, Gottsched u. die deutsche Lit. s. Zeit. Leipzig, Breitkopf & Härtel
im Euphorion zu besprechen? Das Recensionsexemplar steht nach Eintreffen zu Ihrer Verfügung.
Raumgrenze: Druckseiten für eine ausführliche Recension.
Druckseiten für ein blosses Referat.
Hochachtungsvoll & herzlich grüssend Ihr
Prof. Dr. A. Sauer.

L. F. Ich darf wohl hoffen, daß Sie Wanick u. Wolff zusammenfassen; wie und wann und wie lang steht bei Ihnen.
Ich war 4 Tage (d. h. 2 x 2) abwesend und bin daher stark im Rückstand.

Graz, 8. Mai 1897 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Dieser versuchung kann ich nicht widerstehen: ich bitte mir den Wanieck zu schicken, wenn er für den Euphorion einläuft, und danke Ihnen für die freundliche aufforderung und fristfreiheit.
Mit bestem grusse Ihr
ergebener
BSeuffert.

Prag, 1. Juni 1897 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Damit Sie sich nicht vielleicht einer andern Zs. gegenüber verpflichten, theile ich Ihnen mit, daß Waniek – Gottsched eingetroffen ist. Es ist aber ein so dicker Wälzer, daß ich ihn p. [K]reuzband nicht senden kann, sende ihn nun als Postpaket & ehe ich ein solches zustande bringe, brauchts bei mir immer Zeit. Also noch 1–2 Tage Geduld. Ich drucke jetzt flott an beiden Heften: muß bald mit einem dritten (IV 4 beginnen). Ich bin schuldlos; aber d. Druckerei ist durch die vernagelte Zeidlerei so in Anspruch genommen, daß alles andre drunter leidet.
Mit freundl. Grüßen
Ihr
aufrichtig Erg.
AS.

Prag 1/6 97
Smichow 586

Graz, 1. Juni 1897 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Schönen dank für den Mus. Alm., lieber freund. Ich sehe daraus, dass Redlich wieder arbeitsfähig ist, im gegensatz zu Weimarer berichten.
Die nekrologkorrektur liess ich liegen, bis ich Rodenbergs letzte Rundschau auftrieb, was hier nicht ganz leicht ist: ich wollte in ausdrücken nicht mit ihm zusammentreffen. Wenn der verleger meiner bitte und Ihrer anordnung folgend diese 2 bll. eigens abzieht, so kann er mir vielleicht die SA früher zustellen als das heft erscheint; den aufdruck Euphorion soll er aber nicht vergessen. – Ich hörte sehr vergnügt von A. E. dass Sie Nagls los sind und beglückwünsche Sie und den Euphorion dazu. – Wukadinović schwärmt mir von Ihren prosastil-übungen vor und verlockt mich zur nachahmung. Machen Sie es noch so, dass Sie anonyme hektographa den studenten vorlegen? oder haben Sie eine noch erfolgreichere praxis ausgebildet? Bestens grüsst
Ihr sehr ergebener
BSfft

Graz 1.6.97

Graz, 6. Juni 1897 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Dank für den dicken Wanieck, den mir auch die Göttinger angeboten haben; und für diese habe ich immer eine vorliebe, wegen ihres schönen druckes, der doch viel woltätiger ist als der enge satz des Anz. und die nonpareille Ihres Fromme. Besondern dank für das E. H., auf dessen schluss ich gespannt bin. Die stücke aus der Fruchtbringenden sind fruchtbringend, wenn auch Chrousts einleitung hinter der gegenwart weit zurückbleibt und Burkhardt komisch archivalisch urteilt. Bürgers saftige natürlichkeit besticht mich immer wieder durch ihren humor; keiner der stürmer hat ihn, sie sind nur grob; Schüddekopf hätte ein bischen mehr zusteuern dürfen. Endet das heft so wie der anfang ist, so braucht es sie nicht zu reuen. Dass h. hofrat v. Karajan sich bei seiner m. eine misbilligung für die 70 kollegen geben liess, die Ihrer sprachenverordnung zustimmten, lasen sie wol; er hat sich mit noch 11, meistens Storcken, nicht beteiligt. Der unglückliche Meyer musste in eine anstalt verbracht werden! Herzlich grüsst zu pfingsten
Ihr ergebener
BSfft.

Graz 6 VI 97

Graz, 12. Juli 1897 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Ich danke herzlich für den Hinweis, l. frd. Das büchlein besitze ich selbst, es ist auch sonst bekannt, kommt antiquarisch oft vor. Ein Berliner befasst sich eben mit diesem u. aa. Wielandia.
In froher erwartung Ihres briefes, mit dank für Euph. bögen, die vor lauter decanatstrubel unbesehen da liegen, grüsst eiligst
Ihr
stets ergebener
BSeuffert.

12 VII 93

Graz, 25. Juli 1897 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Recht herzlich dank ich für das reiche Grillparzerstück, das muster eines litthistor. u. biogr. commentars. Glück auf dem weiteren schwierigen weg! Blumauer ist verblüffend u. überzeugend; Schiller famos u. s. w.
Wie weit ist das 3. heft? Das Ergheft las ich zu ende in Ihren bogen: der Tieckbrief eine starke überraschung, von der seite kannte ich den mann noch gar nicht. Ich kann das heft nicht so schal finden, als Sie einmal meinten. Ist irgend eine hoffnung, dass das heft mit dem nekrolog vor der excellenztotenklage erscheint? nachher wäre mirs sehr fatal.
Alles gute für die ferien. Gehen Sie wieder an die Nordsee? u. dann nach dem schönen Dresden? Ich will hier bleiben.
Treulich
Ihr ergebener
BSeuffert

Graz 25.VII 97.

Graz, 27. Juli 1897 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ich frage bittend, ob Sie dieser kleinigkeit aufnahme in Ihre bibliographie gewähren wollen. Der mir fremde verf. hat mich darum gebeten, seine tüchtige arbeit verdient keine abweisung.
Haben Sie vom bogen 10 des Erg.hftes noch einen korrekturbogen, so senden Sie mir ihn vielleicht. Ich pflege diese bögen dem blutarmen, mit 30 fl. monatlich rennumerierten dr. Wukadinović zu schenken, der sich selbst den Euph. nicht halten könnte u. über dieses ex. sich höchlich freut. Ich selbst bin natürlich abonnent; es entgeht also Ihrem verleger nichts.
Bestens grüsst Ihr ergebener
BSeuffert

Graz 27 VII 97

Graz, 1. August 1897 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Vielen dank für die bogen des 3. heftes, l. fr. Ich schreibe, ehe ich weiter las, weil ich s. 443 z. 3 über einen bösen fehler stolperte: Auch ist es ein. In meinem mscpt steht richtig Auch es ein und ich habe auf der korrektur gewiss so korrigiert: denn auf der doublette des korrekturbogens habe ich das entsetzliche ist, das den ganzen rhythmus der doch bei diesem nekrolog wichtig ist zerreisst und den sinn stört gestrichen. Hoffentlich kann der setzer diese seine eigenmächtigkeit noch gut machen. Ich bitte Sie dringend darum. Es könnte ja höchstens heissen Auch es ist, aber die inversion ist unerträglich u. überhaupt nur „Auch es ein“ In eile grüsst, die belästigung bedauernd, Ihr BSfft.

Graz, 1. August 1897 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Vahrn bei Brixen, Tirol

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Auszug:

Lfrd. Nachdem ich vor 3 stunden meinen wehruf über einen druckfehler im Sophien-Nekrolog nach Prag gerichtet habe, sagt mir Wukadinovič Ihre Tiroler adresse. Und so leid es mir ist, Ihre sommerruhe zu stören, so zwingt die sache doch dazu. Ich schrieb s. 443 z. 3: Auch s ein Zeichen; dafür setzte der setzer das rhythmisch entsetzliche und stilistisch unerträgliche: Auch ist es ein Zeichen. Dieses „ist“ habe ich in der korrektur getilgt. Trotzdem steht es noch in dem bogen, den Sie mir heute sendeten. Es verändert sogar den sinn. Hoffentlich kann diese böse schuld der druckerei noch getilgt werden. In einem solchen artikel ist derlei sehr empfindlich. Ich bitte dringend um abhilfe. Mir ist leid, dass ich Ihnen so viel beschwerden mit der kleinen sache bereite.
Inzwischen durchflog ich das heft u. hab mich an Hampe, Schlösser, Niejahr recht gelabt, mich auch gefreut, Leitzmann endlich als forscher zu begegnen.
Das Erg.-heft ist mir vom sortimenter geleifert; S. A. hat Fromme noch nicht gesendet. Alles gute Ihr sehr ergebener
BSeuffert

1 VIII 97.

Vahrn bei Brixen, Tirol, 4. August 1897 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Vahrn bei Brixen.

L. F. Ich b[in] an dem Fehler unschu[ldi]g. Ich habe aber sofort Auftrag gegeben, daß er verbessert wird, wenn nicht anders so durch einen Carton. Leider sind aber auch Ihre Abzüge in Mitleidenschaft gezogen. Seien Sie aber ohne Sorge, ich werde trachten alles in Ordnung zu bringen.
Wir sind in Linz liegen geblieben, dann einen Tag lang von L. bis salzburg gefahren und erst gestern Abends hier angekommen. Nächstens mehr. Mit freundl. Grüßen Ihr sehr erg.
ASauer

4/8 97.

Vahrn bei Brixen, Tirol, 6. August 1897 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, den 6/8 1897
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Mit bestem Danke bestätige ich Ihnen den Empfang
Ihres Manuscripts.
Hochachtungsvoll& herzlichst grüßend Ihr
aufrichtig erg.Prof. Sauer.

Etwas spät danke ich Ihnen für den sehr willkommenen Beitrag zur Bibliographie. Wenn ich nur mehr solche Notizen bekäme. Ich gehe in den kurzen Bemerkungen, deren jede mir ½ oder ganzen Tag kostet unter. Bogen 10 des Erg.heftes hofe ich Ihnen durch den Bearbeiter des registers schicken lassen zu können. Aus Wien habe noch keine Antwort.

Graz, 14. August 1897 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Vahrn bei Brixen, Tirol

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Auszug:

Lfrd. Ich danke Ihnen für 2 karten und die zusendung des correcturbogens 10 recht herzlich und bedaure abermals, dass ich Sie in die berge mit dem dummen druckfehler verfolgen musste.
Heute erhielt ich von Fromme 19 sonderabdrücke meiner Mitteilungen aus Wielands jünglingsalter und will nun warten, ob er mir in einigen wochen vielleicht auch den kommentar zu dem Wielandbriefe schickt, falls ich davon überhaupt separate erhalte. Bei Frommes bequemem schritt gebe ich die hoffnung auf, vom nekrolog noch vor der grossen excellenz trauerpredigt abdrücke zu erhalten.
Die Mitteilungen aus Wielands jugend berühren mich traurig: Hirzel u. Baechtold, für die zuerst sie geschrieben waren, sind nicht mehr. Beider tot geht mir herzlich nahe. – Alles gute wünscht Ihr ergebener
BSfft.

Graz 14. Augst 97.

Vahrn bei Brixen, Tirol, 16. August 1897 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

16/8 Vahrn bei Brixen.
L. F. Da Sie nur 19 Abzüge erhalten haben, sende ich Ihnen meinen eigenen als 20. u. lege soviel Abzüge des Wielandbriefes bei als ich unter meinen Abzügen finde. Ich habe übersehen, daß die Abzüge dieses Briefes zwischen Ihnen & Batka hätten get[hei]lt werden sollen & so sind wahrscheinlich alle an Balke gegangen, dem ich gleichfalls deswegen schreibe. Von Ihrem Nekrolog habe ich bereits neuerliche Correctur gehabt & ich hoffe auch noch immer das Heft nicht zu spät hinauszubringen. Momentan wird die diesmals notgedrungen sehr starke Bibliographie gedruckt. – Ich darf heuer Fromme nicht zu scharf anfassen. Im nächsten Jahre werde ich ihn zu strammerer Ordnung erziehen. Der betreffende Herr seines Bureaus scheint einer recht wienersch[en] Schlamperei zu huldigen.
Verzeihen Sie diese Fehler. Das erste Jahr in einem neuen Verlag ist gleich dem ersten überhaupt.
Herzlich Ihr aufrichtig erg. AS.

Raten Sie mir einen Nekrologisten f. Baechtold.

Graz, 17. August 1897 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Vahrn bei Brixen, Tirol

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Auszug:

Lfrd. So wars nicht gemeint. Ich danke Ihnen aber sehr für alle freundlichen zuwendungen.
Der beste nekrologist Baechtolds wäre Erich Sch., sie verkehrten und tranken viel miteinander, vor allem bei Natter. Von den Zürcher fachcollegen stand ihm, so viel ich weiss, keiner nahe; mit vielen war er überworfen, z. b. Odinga. Mit Vetter stand er früher u. vielleicht noch intim. Fräulein dr. phil. Hedwig Waser hat er gern gehabt; früher lebte sie in Zürich, ob noch? und ob sie dazu fähig ist?
Leben Sie vergnüglich. Sie scheinen diesmal auch keine ferienruhe vor redactionsgeschäften zu haben, wie ich lange jahre hindurch. Ich beaure Sie mitfühlend. In treuen Ihr sehr ergebener
BSfft

17 VIII 97

Graz, 5. Oktober 1897 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 5 X 97
Lieber freund, Vielen, vielen dank für Ihren brief. Soll ich Sie zum decanate beglückwünschen, da ich mir zu seinem ende gratuliere? Ich denke doch, ja, denn was von Prag kam, zeigte, dass Sie dort einen tüchtigen kanzlisten haben; hier aber muss man alles selbst tun.
Ihre aufklärungen über die stilübungen ist ! mir sehr wertvoll und ich werde einmal Ihr recept zur verfeinerung und stärkung des stilgefühls versuchen, sobald ich die zeit zur vorbereitung und einen vervielfältiger habe. Auch muss ich ein besseres publicum abwarten, als im sommer sich einstellte; es ist eine not; was in Wien seit jahren gewesen sein soll, macht sich auch hier breit: interesse ist lediglich für die tageslitteratur da. Ich gebe darin so viel nach, dass ich Sudermann u. Hauptmann im seminar behandelte, auch nach wahl über die Rosmer schreiben lasse. Aber die gute alte zeit muss doch auch platz behalten.
Die neue prüfungsverordnung hat einen Grazer antrag in betr. des Deutschen nicht acceptiert. Mir ist längst ärgerlich, dass wir leute fürs nebenfach approbieren müssen, ohne eine zeile Deutsch von Ihnen zu lesen. Wo soll ich mich der correcten orthographie u. was mir wichtiger ist, eines correcten stiles versichern? U. doch müssen das die herren lehren. Ich – u. Schönbach u. die commission stimmte zu – verlangte nichts als eine kurze schriftliche interpretation eines kurzen stückes (womöglich aus dem lesebuch). Aber auch das wurde offenbar als erschwerung abgelehnt, man wollte ja erleichtern, erleichtern, um nur ja wieder den stand herunterzubringen.
Für das 3. heft danke ich sehr; ich kannte ja das meiste des heftes ausser der recens. u. der bibliographie durch Ihre güte schon. Köster über Bernays ist gut, mir wol noch einen ton zu hoch, aber doch bei diesem anlass nicht anders möglich. Imelmann über Tropsch hat mich sehr gefreut. Die bibliogr. liest man nun viel aufmerksamer, da so oft urteile dazwischen stehen; und denen werden Sie ja doch im register bleibende beachtung sichern. Messers büchlein über Mainzer schulwesen ist Ihnen wol zu minderwertig zur nennung; Sie haben recht, aber er bat mich darum, u. damit entschuldigte ich meine bitte an Sie.
Ists wahr, dass sich Fürst bei Ihnen habilitiert? Ich überflog eben seine novelle und bin ganz dumm von der recapitulation so vieler bekannter namen, da mir das schema der einteilung zu wenig scharfe kennzeichen trägt. Ich weiss wenig damit anzufangen, und war doppelt lernbegierig, da ich diesen winter novelle im seminar zu betreiben angekündigt habe.
Was gibt denn Rubensohn in der Übersetzerbibliothek? Es wäre doch schade um ein so frühes ende des unternehmens. Ich weiss nicht, was die verleger gegen gute, wenn auch längere einleitungen haben; sie machen doch den text für viele käufer unentbehrlicher, wenn sie auch verteuern. Wer will denn heute noch rohe texte? Felber allerdings soll schlecht stehen, wurde im sommer 96 behauptet.
Begreifen Sie, dass Walzel nach Bern berufen wurde? ich kann das nur für eine freundschaftstat Singers halten. Mir fiel gar nicht ein, ihn für Zürich zu empfehlen, obwol ich an ihn dachte. Ich wurde nemlich um rat angegangen, nachdem ich die frage, ob ich den ruf annähme, verneint hatte (nach schwerer überlegung, mehr aus rücksicht auf die künftige unsicherheit für meine familie als aus eigener unlust).
Batka war so freundlich, mir (1 od. 2) commentare zum Wielandbrief zu schicken; auch Ihnen danke ich ja neuerlich einen u. habe nun genug der kleinigkeit. Das honorar hat Fromme bald nach dem späten (ich hatte längst das heft von meinem sehr langsamen buchhändler) eintreffen der SA des ergänzungsheftes bezahlt. Vom 3. hefte lief noch nichts hier ein, als was Sie schickten.
Meine ferien verschwanden spurlos. Nur für die Göttinger ward ich schulden ledig. Das decanat störte mich immer wieder; es verging kaum ein tag ohne einlauf und manche brachten recht viel. Dann musste ich doch auch etwas spazieren gehen, und, wie Sie, bücher stauben und ordnen, und schliesslich lag ich 8 tage zu bette und war gut 3 wochen arbeitsunfähig durch diese dumme darmstörung. Jetzt bereite ich colleg vor und dann gehe ich an den Werther! mir graust vor der Collationirerei! wenn nur was herauskäme! Unser armer Gurlitt trauert, ganz vergrämt, um seinen vater. Schönbach kehrte frischer als seit jahren aus Schruns zurück. Von Zwierzinas habilitation verspreche ich mir gutes; er macht einen sehr reifen u. sehr gelehrten eindruck. G Mayer wird es kaum mehr lange treiben, er ist schon ganz vertiert. Ein jammer, unter dem Bauer, sein curator, am meisten leidet, weil er am meisten davon sehen muss.
Nach Dresden ging ich nicht, nach Weimar gehe ich nicht. Dorthin zog mich nichts als Burdachs vortrag. Hier starkt/stockt alles, seit Sophie tot und Suphan, wie es scheint, mehr beurlaubt als aktiv ist.
Elsters Principien verstehe ich nach der inhaltsübersicht, die er mir schickte, nicht; ich hab ihms auch geschrieben. Ob ich das buch verstehen werde? es ist noch nicht hier. Sehr neugierig bin ich auf Kochs Wieland in der ADB, den ich hier noch nicht sehen konnte. Wir sind immer hinten dran. Zwierzina hat zss. u. anderes aus Wien um wochen früher als der hiesige sortimenter liefert.
Witkowski u. Meier contra Milchsack sind gut. Wo ist nur Jellinek-Kraus gegen Niejahr erschienen? Niejahr schrieb vor langem, dass er es habe.
Mit den besten wünschen fürs semester grüsst
Ihr
ergebener
BSfft.

die Eliaschen Jahresberichte werden immer elender u. cliquenmässiger. Ihre nächste anzeige wird noch schroffer ausfallen als die letzte, für die ich Ihnen dank wusste.

Prag, 25. Oktober 1897 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, den 25/10 1897
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Mit bestem Danke bestätige ich Ihnen den Empfang
Ihres Manuscripts.
Hochachtungsvoll& herzlichst grüßend
IhrProf. Sauer.

Herzlichen Dank! Kümmel sende ich Ihnen gleichzeitig; ich habe ihn von mehreren Seiten aus Dresden geschenkt gekriegt. W. könnte ich allenfalls mein Redactionshonorar abtreten, wie ichs 1 Jahr an Balke (aber ohne Nutzen für mich) that; mehr nicht, weil ich sonst passiv wäre. Ausnutzen würde ich ihn gewiß nicht, bin Ihnen aber für Ihre Offenheit sehr dankbar.

???? habe ich auch; aber mir scheint, die Bibliographie der ersten ????? die ich sehr genau und eingehend mache, hat sie schon vertrieben!

Graz, 24. November 1897 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich danke Ihnen sehr für Fürsts „Erzähler“, aus denen ich fast lauter fremdes lernen werde. Möchten Sie in dem nächsten Euphorion als erscheinend ankündigen: Dr. Johann Ranftl, Tiecks Genoveva, Grazer Studien Heft 6.?
Also Sie bekommen Wukadinovič u. ich beneide Sie darum. Ich habe noch keinen gehabt, mit dem ich so gerne über meine u. seine arbeiten fast allwöchentlich sprach; er versteht zuzuhören u. mitzuteilen. Ob seine langsamkeit nur von seiner genauigkeit, seine schwerfälligkeit, vom fund zum niederschreiben überzugehen, lediglich von seiner notlage herrühren, oder ob es an temperament mangelt, wird sich zeigen, wenn er nicht mehr für das tägliche brot besorgt sein muss. Ich bitte Sie, ziehen Sie den schwer zugänglichen u. leicht niedergedrückten recht menschlch nahe an sich heran, es tut ihm ein aufrichtender not und Sie werden an seiner hingabe auch selbst freude haben. Mir wird er schmerzlich fehlen. Er wird Ihnen nirgends schande machen, wohin Sie ihn auch stellen. Ich schreibe es, obwol Sie ihn kennen, weil ich ihn doch noch genauer kenne u. so wie er jetzt ist. Mir surrt der kopf von arbeiten. Das kolleg frisst die tage.
Herzlich Ihr sehr ergebener
BSfft.

24 XI 97

Graz, 21. Dezember 1897 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L. frd. Vielen dank für das 4. heft. R M Meyer über Elster genügt mir so wenig wie Ihnen. Der erste artikel verdirbt nach meinem eindruck seine etwa gute sache ganz durch den ton: wer ironisch schreiben will, muss es erst können. Rötteken hält sich würdig, aber in seinem cirkel. Unter dem übrigen ist einiges recht interessante, bes. der dr. Rausch hat mich interessiert. Wukadinović schrieb mir erfreut über Ihre freundliche aufnahme. Die zustände Ihrer stadt hab ich um Ihretwillen mit anteil verfolgt, im ganzen aber gedacht: nur zu! je toller, desto besser für uns Deutsche. Möge es Ihnen u. uns woler werden im neuen jahre. Die besten wünsche zu den feiertagen
Ihr
ergebener
BSfft.

Prag, 30. Dezember 1897 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Mit W. bin ich wegen der Bibliographie einig geworden; er wird von V 2 ab die Abtheilung Zs. allein übrnehmen u. bei dem Andern so viel behilflich sein als es möglich ist. Ich trete ihm dafür mein Red. Hono[rar] ab. Sein ganzes Wesen ist mir sehr sympathisch u. ich hoffe, daß er mich nicht im Stiche lassen werde. Mit Fromme habe ich feste Termine für die Fertigstellung jedes einzelnen Heftes vereinbart und so dürfte nunmehr größere Ordnung in Bezug auf das Erscheinen der Zs. eintreten. Die 150 Abonnenten freilich, die er noch braucht, kann ich ihm im Handumdrehen nicht verschaffen. Aber ich glaube aus verschiedenen Anzeichen schließen zu düfen, daß die Verbreitung zunimmt. In Amerika schaden mir vielleicht die neuen amerikanischen Zeitschriften, die ja gl[än]zend ausgestattet und wol fundiert sind. Wo findet man in Kürze aber vermögende Gönner, die für so etwas Geld übrig haben. Ich habe in dieser Beziehung bei einer Schrift für Glossy meine Erfahrungen gemacht. – Über alles andre lassen Sie mich schweigen. Die Bitterkeit ist noch zu groß.
Für 98 alles Gute. Treulichst Ihr aufrichtig erg. AS.

Prag, 22. Januar 1898 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 22./1. 98

Sehr verehrter Herr Professor!
Vom ersten Prager „Germanistenabend ! übersenden Grüße:

Franz Niesner Lambel
Hans Weyde Sauer
Hans Tschinkel
Richard Rosenbaum Wukadinović

In der Mitte, vertikal geschrieben: Hauffen

Prag, 1. Februar 1898 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Es kommt mir vor, als ob ich Ihnen für d. Übers. Ihrer Rec. (Rieger – Klinger) nicht gedankt habe. Da ich Sie gestern Abends m[it] zustimmender Freude gelesen habe, so will ich dies Versehen gut machen und Ihnen noch nachträglich danken.
Mich haben die Vorfälle der letzten Zeit ganz krank und nervös gemacht u. ich fürchte, daß wir alle an den Folgen noch lange werden zu leiden haben. Der rest ist Schweigen.
Herzlichst
Ihr AS

1/2 98.
Smichow 586.

Graz, 4. Februar 1898 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt.

Prag, 6. Februar 1898 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, den 6/2 1898
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Mit bestem Danke bestätige ich Ihnen den Empfang
Ihres Manuscripts.
Hochachtungsvoll& herzlich grüßend
Ihr. Sauer.

Vielen Dank für die liebenswürdige Sendung. Sie glauben nicht, was für eine Freude Sie mir durch Ihr treues Festhalten an der Zs. machen. Frischlin ist in der Druckerei; das 2. Heft, in das er kommt, soll am 24. März ausgedruckt sein; also seien Sie unbesorgt. W. ist mir schon jetzt ein lieber Freund geworden. Im Übrigen bin ich noch sehr beschäftigt u. noch sehr erregt

Prag, 17. Februar 1898 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Für die Correctur des Frischlinaufsatzes vgl. Sie den neuen Bd. (215) des Stuttg. Lit-Vereines (Elze, Primus Trubers Briefe) S. 525 ff. u. das Register.
I[ch ho]ffe, daß Sie mir auf die durch W. bei Ihnen vorgebrachte Bitte eine zustimmende Antwort geben werden.
Aus unserem freundschaftl. Verkehr müssen Sie das Schuljahr 97/8 ausstreichen. Die Belastung durch Amtsgeschäfte u Sitz. dauert noch immer fort in einer Weise, die mich schon ganz nervös macht. Ich bleibe in allem Andern zurück.
Auch schweigsam aber stets
Ihr
aufrichtig & treu erg.
AS

17/2 98.
Smichow 586

Prag, 24. Februar 1898 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Glauben Sie, daß Ihr Genoveva-Ranftl das neue Buch von B. Golz, Pfalzgräfin Genoveva in der d. Dichtg. (Leipzig, Teubner) recensieren könnte? Ich hab[e da]s Werk eingefordert, weiß aber natürlich nicht, ob ich es bekomme. In diesem Falle dürfte dies aber für die Rec. kaum ein Hindernis sein. Denn R. hat das Buch gewiß schon durchgearbeitet. Oder würden Sie selbst es besprechen. Vielen dank für 1 Wort der Auskunft.
Kaum war 3 Tage Ruhe, so giengen die Amtsgeschäfte heute schon wieder an. Ich bin schon ganz verzweifelt. Und alles muß man selbst machen!!
Herzlich grüßen
Ihr
treulich erg.
AS.

24/2 98.

Frischlincorrectur muß unterwegs sein oder wenigstens sehr bald kommen.

Graz, 26. Februar 1898 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L. fr. Ich danke Ihnen für Ihre 2 karten. Die decanatslast kenne ich nur zu gut und Sie gerieten in ein besonders böses jahr, unter dem ich im senat auch noch leide. Ich fürchte nach den Laibacher affären sehr für die ruhe unseres sommersemesters, stehe aber natürlich auf seite der studenten so lang sie so massvoll sind wie bisher. - Frischlinkorrektur sandte ich gestern an Sie u. fügte mit Ihrer freundlichen erlaubnis noch etwas über Elys Truber bei: Loserth war schon lästig ungeduldig. - Können Sie das wort über Wegele bald drucken, wäre ich Ihnen dankbar. - Wukad. hat mir noch keine bitte vorgetragen, auf die Sie bescheid erwarten. - Dr. Ranftl (Prof. am fürstbischöfl. gymn. Graz, Grabenstr.) kann gewiss Golz besprechen. Ich habe das buch noch nicht gesehen; vor monaten Schröder die anzeige versprochen, aber wo der von ihm noch vom sortimenter ein ex. erhalten. Als ich Ranftl, der durch die schule sehr in anspruch genommen ist, zuletzt sprach, kannte er es auch noch nicht. - Ich stecke tief im Werther, der schwierigsten collation meines lebens. In treuen Ihr BSfft.
Graz 26 II 98

Graz, 9. März 1898 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Durch den so raschen abdruck des nachrufes bin ich Ihnen zum aufrichtigsten danke verpflichtet.
Möge Ihnen u. uns das beginnende semester leichter werden als das vergangene.
Die kollationen für die Wertherausgabe richten mich zu grunde; ich verzweifle, dass ich dies wirrsal befriedigend löse.
Ergebenst grüsst Ihr
BSfft.

Graz, 24. März 1898 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Den neuen Euphor. sofort zu lesen fehlt mir in entsetzlichem gedränge die zeit. Nur die Musarion hab ich angeflogen, ein urteil kann ich noch nicht fällen.
Haben Sie in Ihrer privatbibliothek alte echte oder unechte Wertherausgaben, aber aus der zeit bis 1800, so bitte ich um deren zusendung für die W. A., unter der ich seufze. Es gibt unerwartet viele varietäten der drucke.
Grüssend Ihr ergebener
BSfft.

Dr. Wukadinovič scheint meine Existenz vergessen zu haben.

(Prag), 30. März 1898 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Heute ist Feiertag. Meine ohnehin sehr beschränkte Arbeitszeit ist durch ein Unwolsein meiner Frau noch mehr beschränkt. In Folge einer halb durchwachten Nacht bin ich arbeits[u]nfähig. Der Empfang Ihrer Karte läßt mich die Lectüre des – seichten – Harnackschen Schiller unterbrechen u. mit Ihnen plaudern.
Werther-Ausgabe habe ich keine. Ich habe sie bei der großen Reinigung meiner Bibliothek im Jahr 92 mit den anderen Originalstücken klass. Dichtungen als unnützen Ballast weggegeben. – Asmus’ Abhandl. über Musarion hatte ich ihm das erste Mal zurückgeschickt, weil er Minor u. Wukadinović weder erwähnt hatte noch auch kannte. Ich hatte allerdings zugleich erwartet, daß er in Folge meiner Mahnung den ersten Theil kürzen würde. Er hat aber nur ein paar einschränkende Anmerkungen hinzugefügt. Um des wertvolleren zweiten Theiles willen habe ich dann die Abhandl. dennoch behalten. – Wukadinović erzählte mir schon vor mehreren Monaten, daß Sie so schöne Einleitungen zu einzelnen Wielandischen Werken für Elster geschrieben hätten, die jetzt ungenutzt bei Ihnen lägen. Er meinte, die Essais [wü]rden sich in ausgezeichneter Weise für den Euphorion eignen u. ich bat ihn – damals in argen Amtsnöten – Ihnen in meinem Namen die Bitte um Überlassung dieser Arbeiten zu unterbreiten. Leider hat er es nicht gethan. Ich bitte Sie also selbst darum. Ich kann darstellende – lesbare – Artikel sehr gut brauchen. – Weil Sie selbst Wukadinović erwähnen, so will ich über ihn sprechen – obgleich es nicht meine Absicht war. Ich kenne mich mit ihm nicht recht aus. Zum mindesten ist sein Benehmen gegen mich etwas sonderbar. Ich habe ihm die Bibliographie und zwar vorderhand die der Zeitschriften übertragen gegen Überlassung meines Redactionshonorars 400 Mark = 240 fl., die ich ihm seit December in monatlichen Anticipativraten zahle. Nun habe ich aber die Bibl. des 1. Heftes, wie ich von vorn herein wollte selbst gemacht u. da in das 2. Heft nur die zweite Hälfte der für das 1. bestimmten Bibl. kommt, so setzt seine Arbeit erst i[m] 3. Heft ein. Er hat also sehr viel Zeit vor sich. Daß er daneben mir noch in anderer Weise für die Zeitschrift behilflich sei, war gleichfalls ausgemacht. Nun habe ich bisher nichts anderes von ihm verlangt, als daß er je einen Correcturbogen vom 1. Heft lesen soll – ohne Collation, nur zur Controlle (beim 2. habe ich ihm auch das nicht mehr zugemuthet) und daß er mir aus den „Wöchentlichen Nachrichten“ die für die Bibl. bestimmten, von mir angestrichenen Bücher aushebe. Es handelte [sich] um die Nr. von December bis 1. Februar, also um 8 Nummern und um 1 Heft Dissertationenverzeichnis. Ich mache die ganze Arbeit für 1 Nummer in 1 Stunde; er sagt, daß er zwei brauche. Selbst wenn das richtig ist, so hätte er in jeder Woche 1 Nummer excerpieren können. Trotz fortgesetzter Mahnung konnte ich aber die Zettel nicht bekommen; endlich lieferte er 1 Theil ab und ich mußte, weil die Zeit drängte, den Rest selbst machen. Seitdem, es sind ungefähr 6 Wochen her, hat e[r] sich überhaupt nicht bei mir sehen lassen. Ob das einen Abbruch der Bzhg bedeutet, weiß ich nicht. Ich bin mir nicht bewußt, ihm ein böses Wort gegeben zu haben; etwas unwillig war ich allerdings, und wie Sie zugeben werden – mit Recht. Ich arbeite jetzt ganz umsonst; aber auch noch die Arbeit machen, die ich selbst bezahle – das ist mir zu viel. Wie er sich die Sache vorgestellt hat, weiß ich nicht; er ist doch sonst ein sehr verständiger Mensch. Auf seinen Wunsch haben wir ihm – Hauffen u. ich – auch die Correcturen der Deutschböhmischen Bibliothek und der Volksthüml. Überlieferungen gegen entsprechende Bezahlung übertragen. Ob ihm das jetzt etwa zu viel ist? Jedenfalls wäre ruhiges Aussprechen besser am Platz als Trotz und Pflichtverletzung. Hoffentlich kommt die Angelegenheit wieder in Ordnung. Falls er der Sache Ihnen gegenüber nicht Erwähnung thut, so – bitte – machen Sie von meinen Mittheil. keinen Gebrauch.
– Hauffen hat den Ruf nach Freiburg, den ihm Schönbachs Güte vermittelte, leider abgelehnt. Ich habe ihm sehr zugeredet. Und da jetzt Detter u. a. (unter anderem auch ein philol. Privatdocent unsrer Univ. – Jüthner –) den Ruf angenommen haben so bestärkt mich das in meiner Meinung, daß er hätte annehmen sollen. Nun bleibt er für unsere Univ. eine dauernde Verlegenheit; denn für Kelle kann er nicht vorgeschlagen werden u. wenn ich nicht sterbe – weg komme ich schwerlich von Prag.
– Kelle hat – nach langem Parlamentieren, indem er sich um 1 Jahr jünger zu machen versuchte u. neue Rechenmethoden zu ersinnen strebte – am 15. März s. 70. Geburtstag gefeiert. Natürlich rechnet er noch auf das Ehrenjahr, das wir ihm nicht versagen können. Wenn aber an der Aufhebung der Altersgrenze, von der d. Zeitungen melden, etwas Wahres dran ist, so dürfte er – durch s. Jahr – die Hand dabei im Spiele haben. Rein menschlich u. freundschaftlich [g]önnte ich ihm ja die Fortbezüge der erhöhten Einnahmen von ganzem Herzen; er verliert 1480 mit Seminar u. Prüfungscommission, ohne Collegiengeld und Taxen. Aber vom Standpunkt des Unterrichts zähle ich die Tage bis zur Ernennung seines Nachfolgers. Schönbach u. Seemüller werden nach den letzten Ereignissen schwerlich mehr nach Prag [ge]hen. Zingerle käme wol; aber aufrichtig gesagt ist er ist er mir als Lehrer zu ledern & schwunglos, einen so netten Eindruck er mir wieder gemacht hat, als ich ihn heuer im Sommer in Gufidaun besuchte. Es wäre wol Kraus als Extraord. vielleicht die beste Lösung, wenn von Ausländern abgesehen wird. Mit Kelle habe ich darüber noch nicht geredet. Nur in der Abwendung der Gefahr: Lambel sind wir hier schon beide einig.
An der Univ. ist momentan Ruhe. Die Bewegung d. Studenten ist im Sand verlaufen. Die Studentenversammlung, die ihren äußeren Abschluß bedeuten sollte, war sehr schwach besucht u. gänzlich stimmungslos. Für uns Senatsmitglieder endete die Affaire allerdings mit einer großen Blamage. Da Hartels Stellung erschüttert ist u. die Gefahr nahe lag, daß man uns in unserer provisorischen Thätigkeit bis Ende des Schuljahres belasse, so fanden wir den Ausweg, daß wir au[f d]en Wunsch der einzelnen Facultäten unsere Resignation zurückzogen, was ungefähr dasselbe ist wie eine abgekürzte Neuwahl. Natürlich hatten da Streberei und Egoismus ihre Hände mit im Spiel. Ein Herr, der von hier nach Graz kommen will, hat das Ganze angezettelt, andre die was ins Knopfloch haben wollen, sekundierten ihm und so mußten sich die Übrigen fügen. Mir reicht der Ekel bis zum ?????. Ich kümmere mich nach Ablauf meines Prodekanats gewiß niemehr um akademische Angelegenheiten und ziehe mich ganz auf mein wissenschaftliches Altentheil zurück.
Verzeihen Sie die Kritzelei. Ich habe namenlosen Kopfschmerz. Treulichst, wenn auch schweigsam
der Ihrige. AS.

Prag, 30. März 1898 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich möchte Ihnen nur sagen, daß ich doch Goltz ! (Genoveva) und Ranftl in der Hand eines Kritikers vereinigen möchte und daher Ranftl n[icht] um eine Rec. angehen werde. Ich leide zu sehr unter der Zersplitterung der Kritik. Einen Goethereferenten habe ich endlich gefunden; ich will Ihnen aber s. Namen vorderhand lieber nicht nennen, bevor er sich nicht durch eine That bewährt hat. Das nächste Heft bringt Niejahrs Antwortauf Kraus und Jellinek: Methode u. Schablone. Damit ist die A[ff]aire hoffentlich abgethan.
Freundlich grüßend
Ihr AS.

Prag 30/3 1898.
Smichow 586

Graz, 31. März 1898 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Vor allem wünsche ich, dass sich das unwolsein Ihrer l. frau wieder gehoben hat u. dass Sie von dieser seite der sorge frei sind. Dem decanat gegenüber teile ich Ihre empfindung: beatus ille qui procul. Dabei fällt mir die heutige senatssitzung ein, auf deren tagesordnung auch der A Grünnachlass steht, um den Sie sich 1884 mit Frankl bemüht haben: wissen Sie noch, woher die von Ihrer hand beschriebenen hss. Grüns stammen: flugschriften, skizzen zu herrenhausreden? Sie bilden keinen teil des Franklschen inventar; aber aus den akten erhellt nicht, woher sie in besitz der universität kamen. Übrigens interessiere ich mich nicht heftig dafür, der ganze nachlass ist mehr leid- als freudvoll.
W.! so ist er auch hier gewesen, wenn er in geldnot steckte. Er ist ein mann der stimmungen, hangt ihnen zu sehr nach. Für grundanständig ja vornehm hab ich ihn in all den jahren kennen lernen. Trotz kenn ich nicht an ihm, empfindsamkeit eher, aber ich glaube, wir haben uns nie zertragen (wenigstens habe ich es nie gespürt), obwol ich ihn oft schob, drängte, ihm das zögern, vertrödeln der zeit vorhielt. Kenn ich ihn, so schämt er sich, dass er in Ihrer schuld ist, die materiell oder durch arbeit abzutragen ihn not u. daraus u. aus dem gesamtcharakter entstammende momentane arbeitsunfähigkeit hindern. ! Er beansprucht viel geduld, ich gewährte sie, weil ich meinte, er verdient sie. Ich hoffte, das neue leben werde ihn vorwärts treiben, ich sagte ihm wiederholt, er solle von Ihnen rastlose arbeit lernen, er müsse sich auch an den „betrieb“ im besten sinne gewöhnen, für den Ihre redactionstätigkeit eine bessere schulung biete als meine stille sammlerei. Niemand kann sein verhalten jetzt billigen. Ich merkte aus seinem schweigen, dass wieder ein rückschlag seiner stimmung eingetreten sein müsse. Helfen kann ich ihm nicht, nicht einmal raten.
Hauffen hätte so gut wie Detter gehen können u. sollen. Als Kelles nachf. wünscht, glaub ich, Schönb. doch auch jetzt noch zuerst genannt zu werden, wenn er auch zu meiner grossen beruhigung nicht gehen will. Ihre bedenken gegen Zingerle halte ich für sehr begründet. Ist Kraus jude? es wurde unlängst behauptet, von Zwierzina aber bestritten. Sie wissen ja besser als ich, dass K. sich jetzt einen hochmut im stile Burdachs beilegt, nur ohne so viel recht als dieser, dünkt mich. Diese Wiener schule führt in die philol. eine mechanik ein, die der gerade gegenpol der psychologie u. ebenso einseitig ist. Ich raufe mich mit Zwierz. um den wert der reimwörterbücher, die auch für Kr. das alleinseligmachende sind.
Ich habe W. schon gesagt, dass eine sonderpublication der Wielandeinleitungen nicht angeht: es sind einleitungen. Wollte man sie isoliert von den werken drucken, so müsste sehr viel mehr stoffliches hinein kommen. Ich danke Ihnen herzlich für Ihre einladung, wie die bll. sind, taugen sie noch nicht für den Euph.
Der collegbesuch ist auch hier noch schlecht, vielleicht wird er nach ostern besser.
Von allen seiten arbeit, prüfungen, sitzungen, berichte – ich muss abbrechen.
Mit herzlichem dank für Ihren freundschaftlichen brief
Ihr
treulich ergebener
Bsfft.

Prag, 1. April 1898 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. So weit ich mich erinnere, wurde der Theil des Nachlasses, der vor Frankls Tod schon im Besitz der Grazer Univ. war, nach Grüns Tod direkt durch die Fa[m]ilie übergeben. Es war alles was in Thurn am Hart vorhanden war.
Vielen Dank für Ihren lieben Brief. Mit W. will ich wieder ins Gleichgewicht zu kommen trachten; fürchte aber, daß er zu wenig Agilität und Energie hat, um mich wirklich zu entlasten. Ein Wink Ihres Briefes ist mir besonders wertvoll. Umgehen wollte ich Sch. natürlich nicht. Aber ob [ich] auch auf ihn hoffen dürfte, war mir mehr als zweifelhaft. Er hat überdies noch 1 Jahr Zeit.
Herzlichst
Ihr AS

1/4 98.

Prag, 14. April 1898 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber [Fr]eund! Ich höre, daß Wu[ka]dinović in Graz war. Möglicherweise war er bei Ihnen u. hat Ihnen auch über sein Verhalten zu mir gesprochen? Könnten Sie mir in diesem Fall über Ihre Wahrnehmungen etwas mittheilen, so wäre mir dies sehr angenehm. Denn, wenn er nicht in der kürzesten Zeit ein etwas andres Verfahren gegen mich anschlägt und sich um die Dinge, für die ich ihn bezahlen muß, nicht zu kümmern anfängt, dann bleibt mir doch nichts anderes übrig [a]ls unsern Vertrag zu lösen. Unrecht möchte ich ihm aber nicht gerne thun und vielleicht können Sie mir da zu Hilfe springen.
Herrn Huber habe ich zustimmend geantwortet. Das Ergänzungsheft wird ganz von Ihren Schülern gefüllt: Tropsch, Wilhelm, Huber. Möchte es Ihnen Freude machen.
Meine Frau ist leidlich wieder beisammen. Ich war auch unwohl und von Feiertagsstimmung war nichts zu spüren. Herzlichst und dankbar Ihr AS.

Graz, 15. April 1898 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 15 IV 98

Lieber freund, Ja, W. war hier und hat zu mir auch von der bibliographiesache gesprochen. Ich muss darnach annehmen, dass ein missverständnis vorlag, dass er Sie so verstanden hatte, als ob er noch 8-10 tage zeit vor sich habe, dass er also consterniert war, weil Sie ihm die vollendung vorher abnehmen. Seine unselige manier zu schweigen hat ihn auch hier vom geraden wege abgedrängt, das hab ich ihm gesagt. Ich kann Sie versichern, dass er unter der verstimmung leidet, dass er sehnlich wünscht, mit seinem immer verehrten lehrer die besten beziehungen zu erhalten. Und er hofft, dass Sie sie ihm wieder gewähren werden. Er teilt ihre ansicht, dass er sich die agilität, wie Sie es glücklich nannten, nicht abgewinnen könne, ein allzeit fertiger gehülfe zu sein, zumal er durch den dienst, eine zeitraubende lektion, die korrektur für den verein stark beschäftigt ist. Er wird Sie wol bitten, ihn von der Tätigkeit für den Euphorion zu entbinden.
So sehr ich das um Ihretwillen bedauere, der Sie eine entlastung notwendig bräuchten, sehe ich doch ein, dass er kaum der geeignete helfer ist; wenn Sie meiner früheren briefe zu seiner einführung oder vielmehr wiederaufnahme sich erinnern, so werden Sie sehen, dass ich hierüber stets mit vorsicht sprach: dass er die bibliographie machen kann, glaube ich immer noch, dass er langsam ist, hab ich auch gesagt. Ich hoffte,
dass er die schwerfälligkeit, fertig zu werden, Faksimile fehlt.
überwindet. Wie es scheint, vergebens. Die hoffnung gebe ich aber darum noch nicht auf, dass Sie, frei von geschäftlichen beziehungen, φιλολογειν. Er sprach mit freude davon, dass Sie das mit ihm taten, und wünscht sehnlich, dass darin keine störung eintrete. Wie muss ich Sie nach seiner erzählung um Ihre leistungsfähigkeit beneiden! Er konnte nicht genug rühmen, welche anstrengende und aufopfernde tätigkeit Sie bewältigen.

An Hubers arbeit werden Sie Ihre freude haben, denke ich. Ich hätte die diss. sofort in die Grazer studien aufgenommen, wenn ich nicht Hubers bedenken teilte, dass sie für ein buch noch zu fragmentarisch ist.
Aber reif ist alles, dünkt mich, und was er Ihnen anbot, bildet in sich ein ziemliches ganze !. Auch Wilhelm hat mich besucht, und von Ihrer zusage betr. der Alxinger briefe gesprochen; ich meinte, er hätte Ihnen besser das ganze statt nur den Nicolaiteil anbieten sollen, weiss aber allerdings nicht, ob es Ihnen nicht zu viel wäre; er fürchtete Ihnen zu viel zuzumuten. Und allerdings kann einem Alxinger? (über dessen Doolin er eine umständliche diss. liegen hat) „zu viel“ werden. Der brave Tropsch hat sein teil getan. Möge Sie das mit Grazern beladene heft nicht reuen!
Ihrer und Ihrer l. frau gesundheit wünsche ich rasch die vollste herstellung.
Wir lesen seit vorgestern. Grüssend
Ihr herzlich ergebener
BSfft.

Graz, 18. April 1898 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Gern empfange ich von Ihnen die epigramme, wenn es nicht unbescheiden ist, das kostbare buch anzunehmen. Wie kommen Sie nur dazu, die schenkung als eine schuld an mich zu bezeichnen! Wie wenig konnte u. kann ich Ihnen geben. Auch auf die DLD bin ich begierig und danke für beides im voraus. Kösters name lässt mich Schönaich erwarten.
Meinen brief haben Sie hoffentlich so gut aufgenommen, als er ehrlich war. Die absicht, Ihnen diesen sommer die versäumte anzeige der La Roche-Wielandbrfe in gestalt einer grösseren abhandlung zu bieten, verschiebt sich durch die endlose Werthernot. Augen u. kopf wollen schon fast das kollationieren in allen stunden, die der beruf nicht fordert, nicht mehr anhalten.
Herzlich Ihr BSfft.
Goethes „Novelle“ musste ich Geigern geben, er hatte für das Goethejahrb. dringend gebeten, für den Euph. war es zu gross u. die verteilung auf 2 hefte konnte dieser artikel nicht vertragen. Ich bin sehr neugierig, ob er Sie überzeugen wird.

Prag, 3. Mai 1898 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 3/5 98
Smichow 586

Lieber Freund!

Ich bin Ihnen für Ihren aufrichtigen Brief in Betreff Ws. sehr dankbar. Wenn ich Ihnen nicht vorher drauf geantwortet habe, so ist die Ursache die, daß W. auf meinen Brief auch nicht antwortete; eine Woche später Hauffen zu mir schickte, um die Angelegenheit zu ordnen u. endlich vorgestern erst bei mir war, ohne mich zu treffen. Aber wir sind durch Hauffen so weit einig geworden, daß er vom 1. Mai ab seinen Verpflichtungen gegen mich ledig ist; was er von der Bibliographie für N. 3 fertig gebracht hat, weiß ich noch nicht; viel erwarte ich mir nicht. – Ich bin sehr froh, daß ich ihn los bin, denn er taugt zu einer solchen Beschäftigung gar nicht. Nur für gewissenhafter und pflichtgetreuer hätte ich ihn gehalten als er sich in der ganzen Sache bewiesen hat. Denn die Verabredung mit mir hat er einfach als[e]ine Last aufgefasst, die er gelegener Zeit wieder abschütteln wird.
Ob wir in freundschaftlichem Contact bleiben können, wird wesentlich von seinem weiteren Verhalten gegen mich abhängen. Persönlich braucht er den Bruch mit mir nicht zu bedauern; denn ich bin ziemlich verschlossen geworden, spreche von meinen Arbeiten und Plänen zu niemandem u. höre höchstens aufmerksam zu, wenn mir jemand etwas erzählt. Pekuniär ist er gedeckt, da er vom 1. Mai ab durch ein halbes Jahr 50 fl von der Lesehalle der deutschen Studenten bezieht für die Neuordnung ihrer Bibliothek. Bis dahin wird er vielleicht ernannt. Nur ist das Urtheil des Bibliothekars über ihn auch keineswegs günstig.
Ich habe nun wieder alle Lasten auf mir u. weiß nicht, was daraus werden soll. Es ist aber heut ein so schöner Frühlingstag, daß ich lieber nicht klagen will.
Machen Sie was zu Schönbachs 50. Geburtstag? Eine Kneipe etc.? Ich würde eine Adresse oder was sonst geplant ist, gern unterzeichnen u. unterstützen.
Ihr Novalisschüler hat mir auf meinen Brief leider nicht geantwortet. Ich konnte ihm daher auch Busses Buch, das ich ihm zur Rec. angetragen hatte, nicht m[e]hr länger reservieren, weil es von andren Seiten dringlich verlangt wurde. Dagegen ist Kerrs Godwi frei; glauben Sie, daß er zu dieser Rec. tauglich ist.
Viel Glück zum Werther. Wenn Sie fertig sind, denken Sie auch an die Rec. für den Euphorion, die uns natürlich auch in Aufsatzform willkommen sind. Die Verleger sind schwer zu befriedigen.
weiter auf S. 1 Lipsius & Tischer haben d. 2. Bd. Wolff-Gottsched trotz unfreundlicher Reclamation nicht gesandt. Was soll ich thun? Herzlichst Ihr AS

Graz, 4. Mai 1898 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Herzlichen dank für das an studien reiche epigrammbuch und die bibliographie, die ich mit nutzen las. – Schönbach ulkt stets über die feier des 50. jahres u. hat auch gegen Steinmeyer sich mit einem briefe abgefunden. Ich werde also gar nichts tun u. habe das auf befragen auch Werner geschrieben. Der philol. verein hat voriges jahr den 25. doctortag durch ein phot. album gefeiert, er wird also auch nichts neues tun, glaube ich; jedenfalls rege ich auch da nichts an. – Huber war auch gegen mich immer rüpelhaft, ich sehe ihn oft monatelang nicht. Überhaupt ist er mehr ein selbstgewachsner mensch als mein schüler; er ist ein gescheuter kopf, aber kein geschulter philol. od. litthist. Die diss. war trotzdem genügend u. nach m. m. mehr als das. Zu recensionen empfehle ich ihn vorläufig nicht. – Werther schreitet sehr langsam vor. Ist er unter dach, so denke ich gewiss auf meine Euph.-pflichten. An Wolffs Gottsched verlieren wir nichts. – Wukadinovic hat mir seit seiner rückkehr nach Prag nicht geschrieben. – Ich bin heute nach einem fröhlichen abend, den gestern Schönbach u. Zwierzina mit seiner dreiwöchentlichen frau bei uns verbrachten, sehr müde. – Suphan ist wieder tätig und rüstig. Fahren Sie zum Goethetag? ich habe bisher keine lust dazu. – Treulich Ihr
BSfft.

4 V 98

Graz, 19. Mai 1898 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Also richtig Schönaich, l. fr. Ich danke bestens u. bin auf die einleitung sehr neugierig. Alles gute! Ich weiss nichts als Wertherlesarten. Grüssend
BSfft.

Graz, 4. Juni 1898 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Der Euphorionverleger schickte mir gestern die SA Frischlin, heute der sortimenter das neueste heft. Darf ich hoffen, auch SA vom Wegelenekrolog zu erhalten? sie wären mir auch aus rücksicht auf die mir befreundete familie u. einige Würzburger collegen sehr erwünscht u. ich meine mich zu entsinnen, dass Sie auf dem mscpt 21 SA forderten. Vielleicht ist ja Fromme mit dem versand noch nicht bis am schlusse des heftes; ich aber möchte nichts versäumen.
Die pfingsttage verschwanden über dem endlosen Werther.
Treulich grüsst Ihr BSfft.

4 VI 98.

Graz, 9. Juni 1898 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 9 VI 98
Lieber freund, Ich bitte Sie den beiliegenden brief zu lesen u. zu beherzigen. Der absender ist privatdocent f. musik in München u. leitet die musikalische abteilung der Mchner staatsbibl. Ich kenne ihn seit seiner knabenzeit, weiss aber von seiner entwicklung nach der universität wenig. Sein vater war ein angesehener, vielleicht berühmter mineraloge, in dessen haus ich in Wzbg. verkehrt habe. Der sohn ist gewiss begabt, ob hervorragend genial weiss ich nicht; er hat etwas oder viel historische> bildung, was ich bei einem univ.lehrer hoch einschätze; wie gross der erfolg seiner oper war, ist mir unbekannt, mir scheint nach den ztgen kein durchfall, aber auch kaum mehr als ein achtungserfolg.
So lange ich persönlich mit ihm verkehrte, war er immer ein sehr anständiger mensch, und ich habe inzwischen nie etwas vernommen, was mich zweifeln machte, dass er es blieb. Er hatte gute manieren, was doch auch etwas wert ist.
Ich kann ihn also Ihnen, wie seiner zeit Heinzel, von der menschlichen seite her empfehlen; seine wissenschaftliche zu beurteilen bin ich nicht in der lage. Jedenfalls bitte ich seine person nicht etwa um deswillen mit mistrauen zu betrachten, weil er ministeriell empfohlen wurde, falls M.v.Hartl dies wirklich tut.
Sandbergers brief bitte ich mir gelegentlich zurückzusenden. Dass Sie ihn mit der selbstverständlichen diskretion behandeln, brauche ich nicht eigens zu bitten.
Von Fromme kam nichts weiter.
Eilig grüsst Ihr sehr ergebener
BSfft.

Prag, 11. Juni 1898 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Verzeihen Sie mein Stillschweigen, bester Freund! Ich mußte meinen Vater plötzlich aus der Sommerf[ri]sche heimholen u. auf die chirurgische Klinik bringen. Bei dem hohen Alter ist das Ärgste nicht ausgeschlossen. –
Die Separatabdrucke des Nekrologs auf W. habe ich allerdings angeordnet. Bitte, lassen Sie uns die Nachlässigkeit des Druckers nicht entgelten. Diesmal kann ich nicht einmal mit anderen Abzügen aushelfen, da von diesem Halbbogen keine anderen angefertigt worden sind. Ich bin sehr ärgerlich darüber und werde in Zukunft erhöhte Vorsorge treffen, obgleich ich schon jetzt alles 3mal u. öfters anordne. Herzlichst Ihr
AS.

Prag, 11. Juni 1898 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich bitte mir den Brief einschreiben zu lassen. Ich bin momentan nicht orientiert, werde aber die Sache sicherlich wolwollend im Auge be[ha]lten. Der Name des Herrn war mir nicht fremd.
Heute in Eile
Ihr
herzlich erg.
ASauer

Graz, 13. Juni 1898 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Möge Ihre sorge für Ihren h. vater bald behoben sein; ich nehme den herzlichsten anteil. Dank für beide karten und für die freundliche aufnahme der empfehlung. Wie sollt’ ich Ihnen um Frommes willen zürnen! Aber über diesen ärgere ich mich und habe mir deshalb herausgenommen, ihn gestern indirekt um die SA zu pressen, obwol es nach Ihrer antwort nichts nutzen wird; es ist mir aber das ausbleiben wirklich fatal, da ich der familie ex versprochen habe und ich werde den herrn nicht so leicht entschlüpfen lassen. Ihr bild auf der postkarte, das mir Schönbach zeigte, erweckt den wunsch, Sie möchten in den ferien eine gründliche erholung haben.
Ergebenst grüsst Ihr BSfft

13 VI 98.

Graz, 20. Juni 1898 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Desto besser, lieber freund. Es wird Schönbachs u. unser aller sorge zerstreuen, dass Sie jetzt besser aussehen als Ihr bild.
H. Fromme hat mir sofort geschrieben, er werde in wenig tagen SA vom nekrolöglein schicken. Dieser anstand wird auch Sie freuen. Unsere ferien hängen vom keuchhusten der kinder ab.
Grüssend Ihr BSfft.

Graz, 26. Juni 1898 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, So ist das traurige, das Sie befürchtet haben, wirklich eingetreten. Ich nehme an Ihrem schmerze lebhaften anteil. Ihnen ward das glück, den vater lange zu besitzen und im engsten kontakte zu besitzen. Das macht die lücke noch empfindlicher. Und bis die entbehrung zur gewohnheit wird, währt es lange. –
Herzlich
Ihr
BSeuffert

Prag, 1. Juli 1898 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 1/7 98
Smichow 586

Lieber Freund!
Ich danke Ihnen herzlichst für Ihre warme Theilnahme. Wir haben schwarze Tage durchgemacht. So oft man sich auch das Ärgste vorstellt, es kommt doch immer anders, als man es sich dachte. Wir aber sind um unseren liebsten und nächsten Hausgenossen ärmer geworden und schauen vergebens nach einem neuen Mittelpunkte aus.
Ich sende Ihnen gleichzeitig Sandbergers Brief zurück und bemerke dazu folgendes: Das Ministerium hat bisher wegen Sandbergers nicht bei der Fakultät angefragt; ja in der Zuschrift, in der Adlers Ernennung der Facultät mitgetheilt wird, fehlt sogar die Aufforderung zur Erstellung von Vorschlägen; vielleicht deswegen weil die Lehrkanzel nicht systemisiert ist. Wir werden aber trotzdem heute eine Commission wählen, die sich vermutlich mit Adler ins Einvernehmen setzen wird. Dieser aber scheint von S. nichts wissen zu wollen, sondern sein Candidat scheint der Wiener Privatdozent Rietsch zu sein, der sich um die Stelle mit allen Mitteln bewirbt. Ich sage Ihnen das ganz aufrichtig, um weder bei Ihnen noch bei Ihrem Schützling falsche Hoffnungen zu erwecken. Ob ich in die Commission gewählt werde, ob ich sonst irgendwie in die Lage kommen werde meine Meinung abzugeben, weiß ich nicht. Sollte S. mit in Betracht kommen, so mögen Sie versichert sein, daß ich ihn mir bestens empfohlen sein lasse und weiter empfehlen werde. Aber vorausschtlich kann ich gar nichts thun.
Von meinem § Goedeke habe ich leider keine Abzüge, kann Ihnen also auch keinen senden. Wenn Sie mir trotzdem Ihre Meinung darüber nicht vorenthalten wollen, so werde ich Ihnen dafür sehr dankbar sein. Die Fortstz. folgt im 7. Band.
Ich bleibe bis auf Weiteres hier, weil ich den ganzen Sinn für die Arbeit verloren habe. Auch wo wir hingehen werden, ist noch ganz ungewiß.
Ihnen glückliche Ferien und Ihren Kindern volle Besserung wünschend mit freundl. Grüßen
Ihr aufrichtig erg.
AS.

Graz, 14. Juli 1898 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ich danke für Ihren brief und wünsche, dass die abstumpfende gewohnheit Ihnen heilend wirkt. – Dank auch für das interesse für S.; ich weiss, dass Sie tun, was Sie sachlich rechtfertigen können, und weiss, dass man dem fachmann nicht widersprechen kann. – Ich bitte Sie um ein bischen raum für eine anzeige der festschrift Burkhardt, Ruland, Bojanowski im Euphorion; wann, weiss ich noch nicht. Ich muss Werther beendigen u werde durch dissertationsgutachten u. a. ohnedies behindert. So seh ich auch Ihren §. des bei mir soeben einlaufenden Goedeke jetzt nicht genauer an, weil ich nicht darf. Was Sie geleistet haben, gibtsich schon durch den umfang als etwas ausserordentliches und mir dürfte davon nur ein minimum bekannt sein; ich bedaure diese litteraturkenntnis aufrichtig.
Das beste wünscht Ihr sehr ergebner
BSfft.

Graz, 4. August 1898 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Vielen dank, l. fr., für das neue heft. Ich habe es im aufbruche zum landaufenthalt (Goisern, Salzkammerg., Gasthof Goiserer Mühle), wohin wir morgen abreisen, durchflogen u. glaube seine bedeutung mehr in den z. tl. vorzüglichen recensionen als in der 1. hälfte zu finden. Ich freue mich Ihres „hochgeschätzt“ vor Niejahrs namen; sein sachlicher anstand sticht erfreulich gegen die hochnasige grobheit der Wiener ab. U. so endet auch dieser waffengang so, dass die überhebung an der Donau der eigenen, in einzelnem vielleicht besseren sache geschadet hat.
Alles gute! Ihr ergebener
BSfft.

4 VIII 98

Graz, 4. Oktober 1898 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:


Lieber freund
Ich bitte für das beiliegende um ein plätzchen im Euphorion. Zugleich frage ich, ob Sie eine ganz kurze notiz über die festschrift des Archivs (M. Pawlowna betr. u. Goethe) wünschen und eine gleiche über Wegeles Vorträge u. Abhandlungen, deren einige die litteratur berühren.
Lieber sendete ich Ihnen die Gotschede, aber dazu reicht die musse nicht. Ich war auf dem lande furchtbar faul, konnte mich zu keiner arbeit zwingen. Der Werther ist noch nocht fertig u. Suphan drängt ????? zur ablieferung. Dazwischen musste die dissert. eines verst. schülers mit grosser mühe druckfertig gemacht werden. Kurz ich stecke tief drin u. das semester naht u. will vorbereitet sein.

Wie erging es Ihnen? und Ihrer Gattin? Wir waren alle diesmal gesund auf dem lande (in Goisern, Salzkammerg.), was uns lange nicht mehr geglückt war.
Alles gute von herzen
Ihr
sehr ergebener
BSeuffert

Prag, 9. Oktober 1898 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, den 9/10 1898
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Mit bestem Danke bestätige ich Ihnen den Empfang Ihres Manuscripts, das mir überaus willkommen ist und heiße Sehnsucht nach Marie Pawlowna & Wegele macht, um die ich dringend bitte.
Hochachtungsvoll u. herzlich grüßend
Ihr treulich erg.
Prof. Sauers

Ich bin erst gestern von meinem kurzen Ausflug nach Thüringen zurückgekehrt, daher meine heutige Kürze, die ein längerer Brief demnächst wett machen soll. Im Goethe-Schiller-Archiv war an dem Tag, an dem ich dort war, die „Festschrift“, die ich einsehen wollte, gerade nicht aufzufinden. An demselben Tag fand ich in Jena Ihre Recension vor.

(Prag), 10. Oktober 1898 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Verzeihen Sie meine gestrige Kürze! Ich wollte Ihnen das Man. bestätigt haben, weil ich es schon einige Tage in Händen hatte u[n]d wollte mir das Versprechen möglichst [r]asch erbeten haben. Zum Brief war aber gestern nicht Zeit. – Ich hatte heuer stark verpfuschte Ferien. Ich war bis 18. August in Prag, weil ich meinen unglückseligen § Goedeke abschliessen u. für die Heinzel-Festschrift einen kleinen Beitrag zusammenschreiben mußte. Es was aber so drückend heiß, daß nichts ordentliches zu Stande kam. Dann waren wir 4 Wochen in St. Gilgen am Wolfgangsee. Es war nahe dran, daß ich Sie überfallen hätte, sogar der tag war schon festgesetzt. Meine Frau hatte eine Freundin in Ischl zu besuchen u. während dieser Zeit wollte ich zu Ihnen nach Goisern. Es kam aber schließlich so, daß ich selbst auch in Ischl bleiben mußte und zu einer 2. Fahrt reichte dann die Zeit nicht aus. Da ich nicht wußte, wann das Requiem für die Kaiserin stattfindet, kehrte ich früher zurück. Dann war ich einiger Collationen wegen noch 3 Tage in Wien u. vorige Woche besuchten wir Leitzmanns in Jena; ich lernte Michels und Eigenbrodt kennen, verkehrte mit Schlößer und den [Wei]maranern und hörte vieles von der Professorenfabrik am Acheufer (in der auch L. im Sommer angestellt war), aus der als neustes Erzeugnis Kösters Leipziger Professur hervorgegangen ist. Das nächste soll Kühnemanns Ernennung für Marburg sein. Auch will Brandl im „Archiv“ dem Euphorion Concurrenz machen, indem er mehr deutsche Artikel aufnehme[n w]ill als bisher u. mit Schmidt & Köster beginnt. Ich sehe dem Schicksal des Euphorion mit Ruhe entgegen. Vorderhand scheint Fromme an ein Ende noch nicht zu denken; er hat vielmehr auch heuer ein Ergänzungsheft concediert, das fast fertig ist. Dadurch bin ich in der Lage, daß ich mit Schluß des 5. Bandes alles alte Material an Aufsätzen, Recensionen & Miscellen [auf]gearbeitet habe und nun mit ganz frischen Kräften beginnen kann. Ich habe mir fest vorgenommen viel strenger in den Aufnahmen zu sein als bisher (denn Manuscriptmangel habe ich doch nicht) und wenn mich nur die aufrichtigen Freunde, vor allem Sie selbst, nicht im Stich lassen, so halte ich auch die Berliner Concurren noch aus. Im 1. Heft des neuen Jahrgangs kommt die Fortsetzung von Batka u. die von [Ru]bensohn (der junge Opitz); beides ergebnisreiche Untersuchungen. Auch die „alte“ Polemik hat hoffentlich eine Ende; wenigstens hat Niejahr eine Erklärung, die ihm seine Freunde aufzwingen wollten, wieder zurückgezogen. – Sie sehen, daß es mir an Ärger u. Sorgen nicht fehlt. Am meisten verdroß mich Fürsts Perfidie, der, obgleich er früher an diesen meinen Studien lebhaften Antheil genommen, mir seine eigenen Notizen zur Verfügung gestellt [un]d Nachträge eingefügt hatte, meinen § 298 in der „Zeit“ u. vermutlich auch in der „Gegenwart“ unqualificierbar verhöhnte und da Goetze durch seinen Umfang ohnehin schon kopfscheu geworden war u. zu streichen begonnen hatte, so habe ich zum Schaden noch den Spott zu ertragen. So drängt mich eigentlich alles dazu hin, mich vom publicistisch-betriebsam-litterarischen Leben ganz zurückzuziehen und wie Sie nur der Untersuchung zu leben und je früher dieser Tag, der mich mir selbst zurückgibt, einträte, desto besser wär es für mich, meine Gesundheit, meine Zukunft und mein Arbeiten. So bindet man sich selbst die Ruten, mit denen man todtgegeißelt wird. Alles Gute für das beginnende Semester. In steter Treue und Antheilnahme Ihr aufrichtig erg. AS.

Graz, 16. Oktober 1898 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz, 16. X 98.

Lieber freund, Sie erhalten hier das gewünschte u. etwas mehr: dies für den papierkorb. Denn wenn Sie mit Wukadinovič ein einigermassen erträgliches verhältnis haben, würden Sie diesem eine besprechung des Bauerschen programmes auftragen: das ist sein fall, mehr als meiner; ich kann jetzt nicht nachprüfen u. finde nur guten, ernsten willen heraus. Die notiz über die Weimarer festgabe darf beileibe nicht unterzeichnet werden; ich will das rohe ei nicht anrühren, u. habe deshalb auch keinerlei ephiteton gewagt. Wie haben Sie denn die zustände im archiv gefunden? aus der ferne macht es den eindruck völliger leitungslosigkeit (????? venia verbo); keine sachliche anfrage wird erträglich beantwortet.
Haben Sie für den Euphorion Sittenbergers Dramaturgie der gegenwart zur besprechung? es würde mich freuen, wenn einer das gescheute/gescheite buch meines einstigen schülers recht lobte. Der arme teufel verdient es, nachdem er zu anständig für die Wiener journalistik war u. deshalb von ihr nicht ertragen oder getragen wurde.
Ich wage es nochmals an die musikalische Professur zur rühren, indem ich den letzten brief Sandbergers beischliesse zu vertraulicher kenntnisnahme u. rücksendung. Ich liess ihn liegen, da in den ferien ja doch nichts geschah in der sache. Und nun zum persönlichen. Wie ärgerlich, dass Sie nicht nach Goisern kamen! Wie hätte uns das gefreut! welche woltat wäre mir eine aussprache mit Ihnen über vieles und manche gewesen! Kein wort wusste ich, dass Sie in St Gilgen sind; und ich war einen mittag in Wolfgang und nachmittags auf dem Schafberg! Warum haben Sie mich nicht nach Ischl bestellt? Kurz, ich machs Ihnen zum vorwurf, dass Sie sich verheimlichten. Wie gerne hätten wir auch Ihre frau näher kennen lernen als bei dem flüchtigen hiesigen erscheinen. Alles ist versäumt, wer weiss auf wie lange.
Dass Sie Fürsts los sind, ist nach meinem eindruck von seiner leistung kein schaden.
Er rächt an Ihnen seinen verdienten misserfolg und zeigt so, wes geistes kind er ist. Dass Sie seinte törichte undankbarkeit kränkt, begreift sich.
Wenn der kleinkopf E. Götze sich zu streichen anmasst, so würde ich ihm das grob untersagen. Was weiss er denn, ausser ein bißchen von H Sachs? Ihren § kann man so beim ansehen gar nicht schätzen, derlei wird erst beim arbeiten und für arbeiten fruchtbar. Die mühe ist unverloren für alle zeiten.
Kösters ernennung halte ich für gut, obgleich ich nur einige Kapitel der SchillerDramaturgie für ausgezeichnet erkenne u. seine Venus als zu affektiert nicht so lobe wie andere. Jedenfalls ist er ernster zu nehmen, dünkt mich, als viele junge. U. ich habe vertrauen, dass er den wechsel auf die zukunft einlöst. Einen bewährten selbständigen älteren wollte nun eben der papst Sieven nicht neben sich.
Elster tat mir persönlich leid, aber als philologen schätze ich Köster höher. Dass sich Schröder den ganz unphilologischen Kühnemann, der doch für philosophie habilitiert ist, creiren sollte, kommt mir unwahrscheinlich vor. Kösters berufung war schon zu pfingsten spätestens bestimmt von S. in aussicht genommen.
Wie gefiel Ihnen nun Eigenbrodt? als was lebt er? Ich denke, er ist der wissenschaft entfremdet.
Das Berliner Archiv brauchen Sie nicht zu fürchten. Mehr als bisher wird E.Schmidt kaum hineinspenden; was hat er, der „mitwirker“, denn in die Vierteljs. gegeben? Und dass er den Berlinern etwas zuwirft, die ihn täglich umbetteln, ist doch selbstverständlich. Übrigens will Brandl die redaction einem jüngeren übergeben; erzählt Luick vom ????? ich weiss nicht wem. Dann könnte das Archiv besser werden; denn ich wenigstens halte nicht zu viel von dem grossen Aloys.
Warten wirs ab! Das Lpzer Archiv hat neben dem Berliner bestanden u. war überlegen, warum sollte es der Euphorion nicht auch sein? An der beseitigung der Zs. f. vgl. lg. läge mir mehr; aber wie sie umbringen?
Ich teile Ihre freude, dass die polemik zu ende ist. Dabei kommt nichts heraus. Die Wiener herren sind zu hochfahrend.
Könnten Sie nicht die Schweizer gewinnen, indem Sie sich Bericht über die Bodmerausstellung erbitten? (Th oder Detter?) Durch das auftragen von rec. haben Sie ja die möglichkeit, sich erwünschte mitarbeiter heranzuziehen.
Alles gute fürs semester! Ich stecke noch immer in den zahllosen Wertherlesarten.
Grüssend Ihr
ergebener
BSfft.

Prag, 18. Oktober 1898 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 18/10 98

L. F. Ich beantworte Ihren lieben Brief der Reihenfolge nach, damit ich nichts übergehe. Für die Manuscripte danke ich herzlich; ich werde sie gewiss alle an Ort u. Stelle verwenden. Wukadinović sah ich nicht; er ist mir eine Reihe kleinerer Anzeigen aus der Zeit s. Mitarbeiterschaft schuldig; ich kann ihn vorderhand nicht mehr auffordern. – Im Goethe-Archiv ists trostlos. Suphan arbeitet gar nichts mehr; Wahle soll alles leisten, ist aber mit Kopf + Herz in der Gegenwart, beim Theater, bei d. Künstlern kurz & gut überall, nur nicht im Archiv. Fresenius macht Untersuchungen von 1jähriger Dauer ob ein Wort mit č oder k geschrieben wird, zerbricht sich den Kopf darüber wie Goethe einen Bergrath Oberbergath anreden kann und kommt nicht vom Fleck. So lieb ich ihn habe, er hat auf mich diesmal den Eindruck einer Mumie gemacht. Der Tüchtigste und Verwendbarste ist zweifellos Schüddekopf. Aber er wird zu Schreibgeschäften misbraucht. Goethe würde böse Xenien machen, wenn er die Wirtschaft sehen könnte.
Von Sittenberger habe ich kein Rec. Ex. bekommen. Bei der Lectüre hat es zwar als journalistisches Elabo[ra]t betrachtet einen ganz soliden Eindruck auf mich gemacht, aber als wiss. Leistung ist es doch sehr schwach und ungleich. Nissel breitgetreten u. Halm todtgeschwiegen. Zwischen Raimund-Nestroy u. Anzengruber eine Kluft als ob kein O. F. Berg, Langer etc. etc. existiert hätte. Ich wollte ihn bibliographisch abthun; vielleicht unterlass ichs nun.
Der Vorschlag für Adlers Professu[r] ist vor einer Woche gemacht worden; 2 Ausländer (Riemann & Kretzschmar) u. Rietsch, der Wiener Privatdocent. Sandbergers Name kam in dem sehr ausführlichen, auf Adlers Gutachten basierenden Schriftstück nicht vor, obgleich außer den Vorgeschlagenen noch andre Ausländer ehrenvolle Erwähnung darin gefunden hatten. Es war für ein Nicht-Comissionsmitglied schlechterdings unmöglich, das gelehrte lange [E]laborat irgendwie zu bemängeln. Als ich vor den Ferien mit Adler über Sandberger sprach, verhielt er sich gänzlich ablehnend, er sprach auch mit Hartel über S. u. Hartl läugnete Adler gegenüber ab, daß er jemals an diesen gedacht hätte. Alles liegt jetzt beim Ministerium.
Ich mache mir jetzt auch Vorwürfe, daß ich Ihnen nicht rechtzeitig im Sommer [ge]schrieben hatte. Die Schuld liegt an meiner Abgespanntheit u. Stumpfheit. Ich machte mir überhaupt zu spät klar, daß wir so nah bei einander sind u. dann giengs aber, wie ich Ihnen geschrieben habe. Ich hoffe, daß die Gelegenheit wieder einmal für uns günstig sei u. dann will ich klüger & rascher sein.
Götze habe ich ordentlich abgetrumpft u. er ist auch ganz klein u. zahm geworden; aber er hat mir die Freude an der Arbeit bereits gänzlich ver[dor]ben gehabt. Ich drucke jetzt an Ungarn u. hoffe mit den Correcturen Ende des Jahres fertig zu werden. Der Esel hat so viel von späteren §§ setzen lassen, daß mein druckfertig bei ihm erliegendes Man. nur halbbogenweise gefördert werden kann, weil die Schrift fehlt!!!
Kösters Ernennung wußte ich auch schon lange. – Wollen sehen.
Eigenbrodt ist ein sehr feinsinn[ige]r aber schon nervenkranker Mensch, der als Volontär an der Jenenser Bibliothek arbeitet & seine freie Zeit zu Übersetzungen (zuletzt Walther!) verwendet. Er denkt an metrisch-stilistische Untersuchungen über Möricke; so stille Dichter taugen für diesen stillen, lieben Menschen
Meyer hat mich auch über die Concurrenz des Archivs beruhigt. – Felber muß doch wol nächstens zu Grund gehen, denn es ist fabelhaft, zu was alles er sich einläßt.
Ob aber Koch mit ihm zu Grund geht, wie ich wol wünschen muß, bleibt dahin gestellt. Es scheint, daß das halb dilettantische Sammelsurium doch manche Leute anzieht.
Von einer Bodmerausstellung weiß ich gar nichts. Wollen Sie mich nicht mittelst Karte aufklären, was das ist. Ich will mich dann gern an Vetter wenden. Hauffen, der die Ztschrften & Bibliographie übernommen hat, wie ich Ihnen wol schrieb, wird sich wegen Auszügen aus schweiz. Ztschrft mit Jemanden/Jemenchen in Verbindg setzen. Meine Versuche mit Haug u. andren hatten alle fehlgeschlagen.
Über Arbeiten & Arbeitspläne schweig ich lieber, weil ich nicht weiß, ob sie sich realisiren. Momentan hab ich meine Bücheraufstellung beendet, sie in 2 Zimmern bequem untergebracht u. auch sonst war manches Andre derart geordnet, daß ich vielleicht an größere äußere u. innere Ruhe denken darf. Hab ich doch auch das Dekanat los. Nur die Besetzg der 2. Professur drückt mich. Und sie ist doch für meine nächste Zukunft das Wichtigste.
Herzlichst
Ihr altergeb.
ASauer

Ich habe Ihnen gestern das neue Heft DLD gesandt u. lasse heute das neue Heft Euph. außer Bibl. etc. folgen.

Graz, 20. Oktober 1898 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 20 X 98
Lieber freund, Da ich katarrharrest habe, darf ich Ihren gütigen brief gleich beantworten.
Ihre schilderung des Goethearchivs entspricht nur allzu genau meiner vorstellung. Und da wirds auch nicht mehr besser werden.
Sittenberger zeigen Sie ja an. Es ist für einen anfänger besser getadelt als verschwiegen zu werden. Ich verstehe das thema nicht entfernt so genau wie Sie. Wissenschaftliche absichten hat er gewiss nicht gehabt. Ich habe auch die auswahl nicht als eine historisch geschlossene betrachtet; er nimmt; was ihm positiv oder negativ liegt, worüber er meint, etwas sagen zu können. Auch dies ist unwissenschaftlich und bewusst so. Mit dem massstab will er nicht gemessen sein.
An der Sandbergerei interessiert mich jetzt: wo ist etwas unlauter? Hartls brief an Wöllflin widerspricht seinen worten gegen Adler. Wer löscht, wer wird gelöscht? ich weiss nicht wem von den dreien Adl., Hartl, Wölffl. zu mistrauen ist. Wenn Sie den namen ruhiger hinter der kehle liessen, ist selbstverständlich, ich hätte es auch so gemacht. Ich bin Ihnen schon dankbar, dass Sie Adler gegenüber ihn nannten.
Zum 200. geburtstag Bodmers wurde in Zürich am 19. Juli 1898 eine ausstellung eröffnet; Handschriften, Drucke, Bilder von Bodmer und seinen freunden. Vetter hielt die eröffnungsrede. Der lesezirkel ???ottingen u. die Stadtbibliothek besorgten die geschäfte. Die ausstellung sollte nur 5 wochen dauern, ich erhielt aber bis heute dahin geliehene drucke nicht zurück. Dr. Hermann Bodmer gehörte zu den führern. Frey liess man bei seite. Es ist auch eine festschrift angekündigt.
Für die fortsetzung des ????? wb. danke ich bestens u. im voraus für das verheissene Euphorionheft.
Vorgestern war Zwierzina da u. amüsierte mich sehr, weil seine Wiener freunde offenbar durch ihn etwas über Ihre absichten betr. Kelles nachfolge erhaschen wollten. Gottvoll fand ich die schlussfolgerung: weil Sie Niejahr mit einem guten epitheton entlassen haben, werden Sie Burdach vorschlagen. Das nenn ich diplomatischen feingeschmack! Ich bitte Sie, mir ja nichts zu schreiben, bevor die sache perfekt ist; ich möchte Zw. – der übrigens nur als ????? der andern ganz harmlos sich benützen lässt - ????? sagen können: ich weiss gar nichts. Was ich Ihnen s.z. über Schönb. schrieb, haben
Sie nicht vergessen.
Mit den besten grüssen
Ihr
treu ergebener
BSeuffert

Graz, 2. Dezember 1898 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L. frd. Ich danke Ihnen lebhaft für Ihre schönen Grillparzerstudien und -mitteilungen. Wie glücklich sind Sie dass Sie in einzeluntersuchungen abstossen dürfen, was so lehrreich u. wichtig ist u. doch in einem zusammenfassenden werke nur gestreift, nicht erledigt werden kann. Sie bahnen sich den weg durchs gestrüpp und können ihn dann frei u. mit freier aussicht schreiten. – Im letzten Euph. scheint mir der rec.teil die production zu übertreffen. Witkowski hat 2 recht gut gemacht. Ich denke mit schmerzen an meine rec. schulden gegen Sie. O dieser Werther! endlich ist der text constituiert u. liegt beim drucker seit wenig tagen. Es hat mich ganz krank gemacht, physisch erschöpft u. wissenschaftlich ermattet, da die tatsachen der zahllosen collationen kein sicher befriedigendes resultat ergeben u. vor allem keine zweifellos feste grundlage für eine einheitliche textgestaltung.
Jetzt kommt noch die drucke – u. hss beschreibung und der apparat. Mir graut davor.
Leben Sie wol u. lassen sichs besser gehn als es mir geht. Treulich Ihr
BSfft.

Graz Harrachg. I
2 XII 98.

Jodl über Grillp’s phil. ist hinter meinen erwartungen vom verf. weit zurückgeblieben.

Prag, 4. Dezember 1898 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. In der Munckerschen Sammlung ist das 9. Heft angekündigt, Wieland & Sterne von Dr. Karl Behmer. Es liegt mir [se]hr daran, darüber eine Notiz (oder eine Rec.) von Ihnen zu bekommen und ich suche mir diese hiermit zu sichern. Ob ich mit einem Rec. Ex. aufwarten kann ist allerdings zweifelhaft, da Haushalter thöricher Weise uns die letzten Hefte noch nicht geschickt hat, obwol ich über Heft 1 eine so ausführliche Recension gebracht habe. Vielleicht aber kommen Sie noch auf dem so berühmt langweiligen Buchhändlerweg.
Vielen Dank für Ihre guten Worte. Auch Heinzel scheint mit meinem Beitrag nicht unzufrieden zu sein. Wissen Sie, daß Ms. Beitrag nach meinen Abschriften gearbeitet ist, ohne daß mein Name erwähnt ist!! Herzlichst Ihr AS

Graz, 14. Dezember 1898 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Behmers Wld. u. Sterne habe ich noch nicht gesehen. Mehr als eine notiz fällt jedenfalls schwer, denn zu einer rec. müsste man die ganze schwierige frage durcharbeiten, wozu mir die zeit fehlt. Sie wünschen aber, dass ich falls mir ein anderer ein rec. ex. anbietet, ablehne u. jedenfalls für den Euph. darüber schreibe, ob ich von da das heft erhalte oder nicht? Ehrlich gestanden, das käme mir verschwenderisch vor. Auch übernehme ich nicht gern neues, so lang ich die schulden bei Ihnen u. eine bei Schröder nicht abgetragen habe.
Von den Heinzelfestschriften sah ich nur Ihren beitrag, Zwierzinas u. Levysohns. Gutes fest! u. frohes jahr! Ich muss die ferien zwischen Werther für Weimar u. Faust II fürs colleg teilen.
Ihr sehr ergebener
BSfft.

Graz 14 XII 98.

Die untersuchgen über die oper im seminar unterhalten die zuhörer.

Prag, 16. Dezember 1898 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Meine Meinung war ungefähr diese: da Sie das Büchlein doch jedenfalls lesen müssen u. ein Exemplar (sei es das des Seminars oder der Bibliothek) in die Hand bekommen werden, so wird I[h]nen eine Notiz nicht schwer fallen. Ich sehe aber, daß ich da zu viel nach der eigenen Praxis geurtheilt habe; denn von den Büchern, die ich in der Bibliographie knapp bespreche oder excerpiere, liegen mir die wenigsten in Rec. Ex. Vor; sondern ich kaufe sie mir oder bringe sie sonstwie zu Gesicht. Ich begreife aber wol, daß das wol der Redacteur thun kann, daß er dasselbe aber keineswegs von s. Mitarbeitern verlangen darf. Sollte ich also kein Rec. Ex. bekommen, so werde ich mir erlauben, Ihnen ein anderes zu [schic]ken, wie ich mich dieses Usus schon zahlreichen Recensenten gegenüber geübt habe. – Was halten Sie über die Oper für Übungen?
Fröhliche Feiertage wünschend Ihr
herzlich erg. AS.

Prag, 22. Januar 1899 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich hätte Ihnen die Bogen, die ich Ihnen heut übersende, schon längst geschickt, wenn mir nicht durch Zufall 1 Bogen gefehlt hätte, ohne den ich das Heft nicht in Ihre Hände legen wollte. Ich weiß recht gut, daß ich mirs durch die Distelschen Schweinereien gründlich verdorben h[abe]. Aber ich mußte einmal ausmisten u. die ältesten Sünden los werden, habe übrigens doch noch einiges unterdrückt; aber grad damit ich das konnte, war es notwendig das Andre zu bringen. Jetzt kommt er mir nicht sobald wieder über die Schwelle. – Ich war einige Tage in Wien u. habe in der Grillparzergesellschaft einen Vortrag zu halten. Vom Handwerk hab ich Niemanden begrüßen können. - Harnacks Erkrankung ist doch sehr betrübend, wenn auch s. Schiller ein starker Abfall gegen s. früheren Arbeiten ist. Er soll in Marburg primo loco vorgeschlagen sein, sec. loco [V]etter. Da ich Ihnen über unser Besetzungsvo[t]en nicht schreiben darf, so muß ich über das was mich jetzt am meisten beschäftigt hinweggehen. Mit herzl. Grüßen
Ihr aufrichtig erg.
AS.

22/1 99
Smichov 586

Graz, 25. Januar 1899 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ich freue mich nach langer zeit ein lebenszeichen erhalten zu haben. Das heft werd ich, soweit ichs nicht aus der hs. kenne, bald lesen. Wie urteilen Sie über Huber? Distels diesteln haben mich auch in der VJs. geärgert, aber ich frass Sie doch. Allen dilettanten gegenüber fühle ich mich ohnmächtig. Und so wundere ich mich nicht, dass er auch Sie hereinlegte. Übrigens wird ja, was er Ihnen gab, besser sein, als was ich mir aufhängen liess. Harnacks rätsel ist mir ungelöst. Ist er krank, so dauert er mich. Zu seiner wissenschaft habe ich über der entsetzlichen klass. ästhetik das vertrauen verloren, der Schiller hat mich also nicht mehr enttäuscht.
In Marburg sollen neun vorgeschlagen sein, das hiesse ich vollzählig. Wer den trumpf erwischt? Mir ists gleichgültig. Gleichgültiger als Ihre collegiale sorge. Ich bin sehr gespannt, wann Sie mir einmal etwas darüber schreiben dürfen; nehmen Sie mir nur Anton S. nicht weg.
Das interesse an der oper nimmt bei den stud. ab; ists nur der fasching? er schädigt immer. Ich habe Faust II neu fürs kolleg gemacht. Daneben Werthercorrecturen u. abfassen der lesarten für den druck. Oje! wär ich den los! Wo bekommt man Ihre Grillp. rede zu lesen? u. worüber ging sie? Herzlich Ihr BSfft. 25 I

Graz, 26. Januar 1899 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Eine lästige bitte! Aber lassen Sie sichs gefallen, Sie sind im österr. theater zu hause, ich nicht. Also: im neubau unseres theaters sollen 6 kleine büsten im logengang aufgestellt werden; 6 Steirer, die man zunächst wünscht, gibt es nicht, glaub ich. Hüttenbrenner (eingep.), Morré will ich mir noch gefallen lassen, die kennt doch mancher, der ausserhalb Graz geb. ist, auch. Ich bin dafür, noch 2 Deutsch-Österr. zu nehmen u. zw. Grillparzer – Mozart. U. dann 1 schauspieler oder -in u. 1 sänger oder -in aus der Steiermark od. Österr. gebürtig u. hier zu land gross geworden d.h.inneubau tätig, tot, mit namen, die auch ausserhalb der theatergeschichtsbücher noch lebendig sind, u. leute, von denen es bilder gibt. Können Sie mir zwei solche weiblein und männlein nennen? Gegen Kalchberg als dramatiker erhebe ich einsprache, ebenso gegen Brockmann als schauspieler: wer weiss ob er wirklich hier geboren ist, ich glaube nicht.
Ich bitte bald um ein wörtchen und danke im voraus.
Grüssend Ihr
BSfft 26 I

Oder soll man statt der schauspieler u. sänger noch 2 autoren nehmen? Nestroy und Strauss?

Prag, 28. Januar 1899 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Nach längerem Hin & Hersuchen möchte ich doch meinen, daß man im Joanneum besser Auskunft über diese Dinge zu geben wüßte. Vielleicht blättern Sie in Schlossars 100 Jahren u. in dem Band Steiermark des Kronprinzenwerks. Glossy u. Weilen wären competenter als ich. – Ich glaube, daß man sich Stranitzky nicht entgehenlassen sollte, der nach [G]lossys Nachweis aus Steiermark stammte. Ebenso Brockmann, der nach allen Handb. in Graz geboren ist. Holtei war wohl, als er in Graz lebte, dem Theater schon entfremdet. In dem Katalog der Internationalen Ausstellg. für Musik & Theater Fachabteilg. Drama fand ich von 1801 ein Bild der Schsplerin Rosalia Nouseul geb. in Graz 1750 im Besitz von Hermann Rollett. Die hatte einen guten Namen. Aus Fürstenfeld stammt nach derselben Quelle Frau Straßmann-Damböck (Nr 1962); da hätte man 2 Schspler[inne]n; allerdings weiß ich nicht, ob Frau Straßmann noch lebt; das ließe sich leicht constatieren. In dem Ausstellungscatalog für Musik stehen leider die Geburtsorte bei Sängern & Componisten nicht dabei; also vielleicht: Stranitzky Hüttenbrenner, Brockmann, Morré, Straßmann, Nouseul [Nestroy? Holtei?] Herzlichst
Ihr AS.

Man müßte den Brümmer durchblättern, vielleicht giebts steir. Dramatiker.

Fellinger?
Kollmann?
Schröckinger?

Prag, 18. Februar 1899 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber [F]reund!

Ich erfahre durch Schönbach soeben, dass Sie durch schweres häusliches Leid und bange Sorge darnieder gedrückt sind und ich will Ihnen wenigstens mit zwei Worten meine innige Theilnahme zu erkennen geben. Da es schon besser geht, so dürfen wir mit Ihnen baldigst auf volle Genesung hoffen.
Treulich Ihr sehr bestürzter
AS.

Graz, 19. Februar 1899 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich danke Ihnen wärmstens für die Herzliche teilnahme. Glücklicherweise ist meine frau auf dem wege langsamer erholung, es war eine schwere bronchitis, die ein paar tage noch schlimmeres befürchten liess.
Treu, mit den besten wünschen in
Ihr haus BSfft.

19 II 99.

Prag, 28. Februar 1899 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, 28/2 99
Smichow 586.

L. F. Ich bin, ohne daß ich eigentlich recht weiß wie in meiner Correspondenz mit Ihnen [au]ßer Ordnung gekommen und ich benütze die stille Woche, um die mir liebgewordene Gewohnheit mit Ihnen in sehr naher Fühlung zu bleiben wieder aufzunehmen. Der Februar war uns sehr unangenehm. Zuerst erkrankte unsre Magd an Influenza, dann meine Frau: (ich selbst überwand sie außer Bett) u. es waren 14 gräuliche Tage. Vorher u. nachher hatte ich eine Unmasse Zeug für die Berliner Jbb (Lyrik) zu erledigen u. das Laufende gieng nebenher. Von der Zs. sende ich Ihnen das neue Heft, in dem Sie einiges finden werden, was Sie zufriedenstellen wird. Ich habe jetzt sehr viel Schönes liegen: leider aber so viel, daß mir wieder auf ein ganzes Jahr die Hände gebunden sind: Natürlich mit Ausnahme der Rec. Werner will in einem Ergänzungsheft einen 3. Band Hebbelbriefe herausgeben, wovon ich keineswegs entzü[ckt] bin. Geht aber Fromme auf seinen Vorschlag ein, so will ich das als einen Beweis ansehen, daß die Zs. nicht gar so schlecht geht und will Ja u. Amen dazu sagen. Merkwürdiger Weise habe ich eine lächerliche, abergläubische Furcht, daß ein 7. Jahrgang nicht zu Stande kommt, obwohl gar keine bestimmten Anzeigen dafür vorliegen; die täglichen Anfragen und Einsendungen vielmehr darauf hindeuten, daß die [Zs.] viel bekannter ist als früher. Ob allerdings damit auch die Abonnentenzahl gestiegen ist, weiß ich nicht. – Daß die DLD mit dem Göschenschen Verlag in den von Behr in Berlin übergegangen sind, wissen S[ie] wahrscheinlich schon. Es ist eine einsilbige Firma: E. Behrs Verlag (A. Bock), Besitzer Dr. Bloch. Nach Elias’ Versicherung soll der gegenwärtige Besitzer sehr anständig und verständig sein. Er will die Samml. fortsetzen; einst[wei]len hält mich Köster mit der Fortsetz. des Neolog. Wörterbuchs leider sehr hin. Zwischen die beiden letzten Lieferungen Schönaichs schieben wir ein ganz kleines Heft mit einem ungedruckten Weihnachtsspiel Hübners aus dem Anfang des 17. Jhs ein. Über die Fortsetz. arbeite ich momentan an einer kleinen Denkschrift. – Am meisten Sorge macht mir jetzt der Vorschlag für Kelle. Die Comission ist in der letzten Sitzung gewählt worden, ist aber noch nicht zusammen getreten. Die erste Bombe wird nach Graz fliegen. Schlägt sie dort ein, dann bin ich gerettet! Wenn nicht, wird weiter nach Innsbruck gefeuert! Gräbt sie sich aber auch dort unschädlich in den Erdboden ein, dann bin ich von allen guten Geistern verlassen, obwol mich täglich solche mit Wünschen & Ratschlägen umschweben.
Mehr wollen Sie nicht wissen; also will ich Sie damit nicht quälen. Leider habe ich nach Wettsteins Abgang für den Sommer auch wieder das Dekanat übernehmen müssen! Also für Abhaltung vom [Arb]eiten ist gesorgt. – Kühnemann soll also in Marburg ernannt sein. Es ist sonderbar von Schröder: er führt Scherers Namen immer im Mund: seine Thaten weisen aber nach der entgegengesetzten Richtung. Nun ist Basel frei. RMM. wird wieder traurige Stunden verleben, wenn er nicht vorgeschlagen wird. Vielleicht erwartet er das auch von Prag: aber wir werden wol überhaupt [ka]um auf Ausländer reflektieren. Wenn aber, dann müßte doch Steinmeyer oder Rödiger oder Henning vorangehn. Doch ich verliere mich schon wieder auf das schlüpfrige Thema. Verzeihen Sie. Möchte bei Ihnen schon wieder Gesundheit u. Ruhe eingekehrt sein, das wünscht Ihnen Ihr treulich er[g.] AS.

Graz, 6. März 1899 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 6 III 99 Harrachg. 1.

Lieber freund, Ihren freundschaftlichen brief hätte ich gleich beantworten sollen. Mein bruder aus München war hier, zum ersten male, und so blieb Wertherkorrektur liegen, die reichlich u. schnell zu erledigen, ich während der ferien mich verpflichtet habe. Und dieser Werther hat mich auch seither schon schweigsam gemacht. Er ist eine aufreibende u. unerquickliche arbeit. Aus den massen von lesarten, die für die beurteilung der zahlreichen drucke gesammelt werden mussten, die auszulesen, welche druckenswert sind, war neue plage. Jetzt ist das mscpt. des apparates fertig bis auf die hälfte der druckbeschreibungen; ich fürchte es gibt 7-8 bogen u. wird also noch eine schwere korrektur während des sommers. Wenn ich nur während des ferienrestes wenigstens noch das mscpt. fertig bringe! –
Dass Ihr haus auch von der influenza ergriffen wurde, bedauren wir herzlich. Auch bei uns war reihum alles krank, nur der vater, der kleinste u. die köchin konnten sich ausser bett halten. Meine frau ist immer noch sehr schwach u. kam nur wenig ins freie. Eine schwere erholung!
Die wahl des neuen collegen muss Ihnen freilich sorge machen. Mir wäre angst u. bang in der gleichen lage, zumal ich mit Schönbach noch besser zusammengespielt zu sein glaube als Sie mit Kelle. Schönbach erhofft, dass er vorgeschlagen werde. U. ich hoffe, dass er hier bleibt. Ich glaube, ich habe früher als ich an diese Frage rührte mich misverständlich ausgedrückt: aus Ihrem briefe klingt es, als ob ich davon nichts hören wollte. Ich aber meinte es umgekehrt: ich will Sie nicht zum sprechen darüber herausfordern, wenn Sie nicht sprechen wollen. Ich höre gerne davon und will nur kein unerwünschter berater und horcher sein. Ich dächte doch, dass Seemüller von dem jesuitischen Wackernell, der eine rolle, besonders in prüfungssachen u. bei anstellungen, spielen soll, gerne los kommt und das zusammenarbeiten mit Ihnen höher schätzt als die Prager stadtfatalitäten. Freilich, wenn er nicht geht, wird es schwierig. Steinmeyer dürften Sie nicht bekommen. Roediger und Henning würde ich an Ihrer stelle nicht wollen. Und auch Richard M.M. hat meine gute meinung verloren durch seine unüberlegte vielschreiberei, obwohl ich ihm, als dem einzigen der mir ein freundlich zustimmendes wort zu der mühsamen novellenstudie sagte, dankbar sein müsste. Heinzel soll an stelle Detters, der schon um seiner allseits gerühmten sprech- u. lehrgabe willen eine erlösung aus der Schweiz verdiente, Jellinek vorgeschlagen haben; ob wirklich nur der universität wegen? oder hat er mehr charakter als Kraus? denn so von aussen her würde ja Kraus der erfolgreichere sein. Ich persönlich ziehe allerdings die geistreiche sprunghaftigkeit des ungeordneten Singer dem Krausischen mechanikerbetrieb vor. Ich denke nicht so schlecht von der Wiener schule wie Burdach, aber auch über diesen viel besser als jene. Und wenn Sie mir Schönbach doch abspenstig machen sollten, so würde ich einen schweren kampf kämpfen: ich müsste meine entschiedene hochschätzung Burdachs gegen seine, wie man sagt, unüberwindliche unverträglichkeit abwägen u. überlegen, was sachlich mehr frommt: zwei sich zankende Germanisten, von denen einer hervorragend ist, oder zwei mittelmässige, die zusammen arbeiten.
Ich habe alle diese vertraulichkeiten nur niedergeschrieben, Ihnen zu beweisen, dass ich an Ihrer sorge teil nehme. Gewiss nicht, meine meinung aufzudrängen. Es ist ja auch alles rein subjektiv.
Dass Sie nun noch dazu das decanat führen müssen, ist lästig.

Von dem verlegerwechsel der DLD wusste ich nichts; mög er der sammlung gut bekommen. Da die Brauneschen neudrucke fast nur mehr reformationslitteratur bringen, tun Sie gut, ins 17. zurückzugreifen.
Ich hoffe doch, dass Fromme den Euphorion hält. Die zahl des Weim. jahrbs. u. der VJS darf Sie nicht schrecken. Hätte ich nicht beim 5.bd. die redaction gekündigt, u. noch mehr: hätte Böhlau nicht seinen verlag völlig aktiv verkaufen wollen, so wäre die VJS. gewiss fortgesetzt worden. Ich schreibe vielleicht etwas über die Wertherüberlieferung, rein philologisch, aber allgemein: ich möchte an dieser modernen überlieferung exemplificieren, wie vorsichtig mittelalterl. Überlieferung eingeschätzt werden soll. Ich glaube, das ist nichts für den Euphor., zumal Sie so viel u. schöneres haben. Ich werde es vielleicht Schröder anbieten, falls ichs überhaupt schreibe. Denn eigentlich bin ich alles überdrüssig was mit Werther zusammenhangt, u. möchte ans recensieren für Sie, den Anz. u. die DLZ.
Kühnemanns ernennung hielte auch ich für einen fehlgriff. Ich verstehe Schröder nicht: er soll G vorgeschlagen haben!!
Das neue heft Euphorion enthält sehr viel gutes. Rubensohn ist sehr lehrreich, obwol ich mich mit seiner verfitzten (so sagt Schröder glaub ich in dem fall) darlegungsweise noch immer nicht befreunde. Batka macht einem Scheel historisch bequemer, viel neues kommt meine ich nicht heraus; aber fürs colleg dankenswert. Auch die rec. sind reichhaltig, bes. Drescher u. Hampe. Auch Leitzmann ist ergiebig, wenn auch in der auffassung eng. Über Busse hätte ich gerne gleich das ganze gelesen, es fehlen aber gerade S.151-154. Zu Falke hatt ich noch nicht zeit. Sie können mit dem hefte zufrieden sein. Ich danke Ihnen sehr, dass Sie mir es so zeitig zugehen liessen und bitte mich auch ferner zu bedenken.
Mit den herzlichsten grüssen u. wünschen für Sie u. Ihre frau treu
Ihr
sehr ergebener
BSeuffert

Gehen Sie wieder nach St. Gilgen?
Ist man denn an einem orte des Wolfgang-Sees hart am oder besser im walde? St. Wolfgang wäre mir zu sonnig, ich brauche waldesschatten. Und der frau u. der kinder wegen ebene wege darin. Dafür war Goisern sehr gut, aber die verpflegung liess zu wünschen übrig.

Prag, 7. März 1899 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Meine das letzte Mal geäußerten Befürchtungen sind rasch zur Wahrheit geworden. Fromme hat den Euphorion für Ende d. Jahres gekündigt. Der Hptgrund ist der, daß ich die Öst. Lit. Gesch. [bis] jetzt nicht darin besprochen habe. Irregeführt durch s. Angabe, daß das Werk zu Weihnachten vorigen Jahres ganz abgeschlossen s. werde (während es doch nur scheinbar abgeschlossen ist u. 1 zweiter Bd. folgt), habe ich ihm versprochen, im 2. Hefte dieses Jg. eine Besprechg. zu liefern; dieses Versprechen aber sogleich zurückgenommen, als ich den fertigen Bd im Januar sah. Aber ich verhehle mir nicht daß eine erfolgte Besprechg. erst recht die Totengräberei der Zs. gewesen wäre, denn bei aller Zurückhaltg. hätte sie tadelnd ausfallen müssen u. das hätte Fromme nicht ruhig hingenommen. Die öst. Lit. Gesch. stand von Anfang an zwischen uns. Deren Verquickung mit der Zs. war eine höchst unglückselige Idee. Was nun beginnen. Folgte ich nur meinen eigenen Wünschen u. dächte ich nur an meine Zukunft, so benützte ich diese Gelegenheit um die Zs. eingehen zu lassen u. kehrte zu meinen eigenen Arbeiten zurück. Es wär eine Erlösg. für mich. Andererseits ärgert & kränkt es mich, daß ich elend auf der Strecke bleibe, während Koch scheinbar wenigstens gedeiht. Auch schien mir grade jetzt die Zs. consolidirt zu sein (innerlich). Die Einsendungen mehren sich, werden auch der Qualität nach besser. Ich bin gegen Mist unduldsamer u. habe das Handwerk nun grad erst weg. Nun ist mir nicht grade bang, zur Not einen Verleger zu finden. Die neue Palestra Schmidts & Brandls, Meyer & Müller thäte sich vielleicht auch mir auf. Vielleicht entschlösse sich Konegen zur Übernahme, was insofern nicht schlecht wäre, als er d. Druck weiter bei Fromme könnte besorgen lassen. Ellwanger, mein früherer Drucker hat sich mir, als Koch-Buchner gekündigt hatte, als Verleger angetragen u. wäre vielleicht auch jetzt zur Übernahme bereit. Aber alles das wär vielleicht doch wieder nur für 3 Jahre. Wie [w]ärs wenn ich sie Beer-Bock-Bloch, dem neuen Verleger d. Jbb. & DLD antrüge u. zwar derart, daß die Bibliographie in der gegenwärtigen Form zu Gunsten der Jbb. (die jetzt ohnehin rascher erscheinen sollen) wegfiele u. nur durch ein Verzeichnis der wirklich einlaufenden Bücher & Artikel ersetzt würde, über die ja gelegentlich ein paar kritische Worte gesagt werden könnten. Dann wäre ich die Hauptmühe u. Sorge los. Die Zs., der Druck käme billiger; ich brächte mehr Abhandl. u. Recensionen unter, wenn der Umfang sonst derselbe bliebe. Mit der Bibl. nemlich wird Bloch die Zs. kaum nehmen. Oder wenn sich sonst eine große, sichere Verlagsbuchh. bereit fände. Fromme hat sich wenigstens insofern anständig benommen, als er mir jetzt schon kündigte, während er kontraktlich erst am 1. Juli verpflichtet gewesen wäre, mir die Mitthl. zu machen. So oft ich mir die Sache auch vorgestellt hab[e,] so hat der Brief selbst doch eine gewaltige Depression bei mir hervorgerufen. Wäre mit E Schmidt was anzufangen, so sagte ich ihm, er soll in Berlin einen Herausgeber & einen Verleger suchen. Bei s. Einfluß fänd er vielleicht beides. Ob ich zu diesem Zweck nach Weimar fahren soll, zu Pfingsten. – Verzeihen Sie, daß der erste u. längste Notschrei zu Ihnen ertönt, der Sie mein Berater u. Schützer von Anfang an gewesen sind.
Wir hatten Donnerstag die 1. Comissionssitzung. Wir einigten uns an Schönbach & Seemüller zu schreiben, was bereits geschen ist, u. erst dann, wenn deren Antworten da sind, weiter zu beraten. Nur Lambel & Zingerle haben wir bereits ganz abgethan. – Die meisten Chancen dürfte weiterhin Detter haben, wenn er nicht gebunden ist. Das unter uns. Herzlichst & Treulichst Ihr AS.

weiter auf S. 1 In St. Gilgen ist der Wald ziemlich weit; nur die kühle feuchte Seite (Luegg) grenzt direkt an d. Wald, aber für Kinder kaum zu empfehlen.

Graz, 1. Mai 1899 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz Harrachg. 1.
I V 99

Lieber freund Sie jagen mir in einer woche 2 schrecken ein. Die berufung Schönbachs hatte ich ja erwartet, aber ich glaubte, seiner sicherer zu sein, und war sehr betroffen, ihn nach eintreffen Ihrer briefe in ernster abwägung des für und wider zu finden. So bin ich sehr erleichtert, in dieser stunde von ihm die nachricht seiner absage zu erhalten. Für Sie ist sie ja fatal, aber Sie sind darauf vorbereitet. Ich will nur wünschen, dass Seemüller ein ja antwortet; dann wären Sie auch geborgen. Übrigens würde der dritte namen, den ich natürlich gegen niemand verlaute, wol auch gutes bedeuten.
Möge sich das zweite nun auch gut für Sie u. – mich abwickeln. Denn Sie erlauben mir wol, ein persönliches verhältnis zum Euphorion zu haben. Fromme ist ein kalendermann, aber kein richtiger; die müssen doch spürsinn besitzen und er hat für seine littgesch. keinerlei. Er sollte froh sein, wenn man das ding stumm begräbt. Wer kann es loben, ohne sich zu prostituieren? Schweigen ist da die günstigste besprechung.
Dass Sie den Euph. eingehen liessen, hielte ich für sehr übel. Gewiss ist er jetzt in zug, während die VJS. schon im 5. jahre lahmte. Sie sagen selbst, dass Sie jetzt die redaction noch besser beherrschen als von anfang an. Entziehen Sie uns das nicht. Sollen wir uns der vgl. Zs., die wieder unvergleichlich schlecht ist, und dem Berliner Archiv ausliefern? Sie decken auch nicht den bedarf, selbst wenn wir wollten in sie schreiben. Ich sehe ja völlig ein, dass es ein opfer für sie ist, weiter zu redigieren. Aber: Sie könnens, was nicht jedem nachzurühmen wäre. Stellen Sie Ihre qualität in den dienst der sache. Finden Sie erleichterung durch den wegfall der bibliographie, so muss sie halt abgeschnitten werden, nur damit Sie luft kriegen und lust behalten.
Wer der neue verleger sein soll? ich bin ausser aller fühlung mit verlagsgeschäften. Ich hielte einen österr. oder doch süddtsch. für gut, weil das absatzgebiet mehr da als im Norden liegen dürfte, und die vertrautheit des verlages mit seinem naheliegen- den sortimentshandel vielleicht doch grösser ist. Konegen? Sie haben ja schon erfahrungen mit ihm, jedenfalls ist es eine sehr angesehene firma. Beck in München? er scheint jetzt so fest zu stehen, dass er gewagteres unternimmt. Von anderen, wie Ellwanger, Beer-Bloch weiss ich nur die namen, ohne einen überblick zu haben. Mayer u. Müller wäre mir bedenklich, trotz Schmidt u. Brandl.
Vielleicht gibt Ihnen Fromme auskunft über die orte des absatzes.
Schmidt die zs. für einen neuen verleger u. einen neuen herausgeber anzubieten, halte ich für ganz unmöglich. Dann ist sie eben nicht mehr der Euphorion, selbst wenn sie so heissen sollte. Er steht und fällt mit Ihrer herausgeberschaft. Eine zs. mit einem andern verleger ist kein novum, eine wissenschaftliche zs. mit einem andern herausgeber ist ein novum, es sei denn, dass Sie die veränderung abschwächen wollen durch den titel „unter mitwirkung von Sauer“, was ich Ihnen niemals raten würde. Halten Sie die fahne und suchen Sie ein neues gestell dafür; der boden, den sie beherrscht und Sie beherrschen, ist da.
Was ist mit der Dtsch-österr.litt-gesellschaft? ich verstehe das unternehmen nicht u. habe abgelehnt, mich dafür hier inscenieren zu lassen. Ist sie ein Körnchen wert, so müsste sie auch auf die verhältnisse des Euphorion passen. Ich trau ihr aber nichts gutes zu.
Ich hoffe, Sie überwinden bald den berechtigen verdruss und finden, was Sie brauchen. Sie haben unternehmungsgeist u. beziehungen: mir fehlt beides.
Aufrichtig
Ihr treuer
BSeuffert.

Prag, 4. Mai 1899 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 4/5 99
Smichow 586

L. Fr. Ich danke Ihnen vielmals [fü]r Ihren lieben raschen Brief. Er hat mich etwas aufgerichtet, wenn ich auch noch immer mutlos bin. RMMeyer hat mir zwar gerathen, die Zs. aufzugeben; aber hat mir auch für den Fall des Weiterbestandes 400 M. jährlich angetragen, um die er Exemplare übernehmen will. Das nehme ich gerne an. 200 fl. vom Min. 240 fl. von Meyer = 440 fl das ist eigentlich nicht wenig. Vielleicht also bekomm ich jetzt einen Verleger. Auch mir wäre ein öst. oder süddeutscher lieber als ein Berliner, als Bock z. b, bei dem fremde Einflüße sich leicht geltend machen könnten. Ich habe zunächst Glossy ersucht, in Wien Umschau zu halten. Um die 400 M mehr wäre auch Fromme vielleicht bereit, die Sache fortzuführen; aber ich bin zu stolz, ihn darum zu bitten u. dann ärgert mich die ewige Öst. Lit. Gesch. –
Also Schönbach hat abgelehnt, Seemüller hat abgelehnt – was nun. Das wahrscheinlichste ist jetzt eine Terna: Detter Much Kraus; oder Detter Kraus Much. Seemüller setzt sich, ungefragt, sowie Heinzel sehr warm für Kraus ein und Seemüllers Argumente haben mir einen tieferen Eindruck gemacht als die Heinzels. Ich werde also wohl meine persönliche Voreingenommenheit zurückstellen müssen. Da ich weder Sch. noch S. haben [ka]nn, so ist mir persönlich die Sache jetzt auch gleichgültig, wenn wir nur fachlich nicht schlecht wegkommen. Sehr sympathisch nach s. Arbeiten wäre Pogatscher u. mir Schatz in Innsbruck; aber nach Seemüllers sehr wohlwollender Charakteristik ist er doch zu jung für uns. Man sagt mir allgemein, daß bei dem Paar Kraus-Jellinek der letztere der eigentliche böse Dämon sei u. daß sich Kraus, wenn er dessen Einfluss entzogen wäre, besser entwickeln würde. – Jellinek lehne ich aber entschieden ab; er soll ein frecher widerlicher Patron sein, auch droht unser Nachwuchs ganz jüdisch zu werden, während unsere Studenten nationaler sind denn je. Wissen Sie mir einen Rat, so entziehen Sie ihn mir nicht. Dienstag haben wir die nächste Commissionssitzg., in der wir schlüssig werden müssen.
Schönbachs Ablehnung mussten wir halb & halb erwarten; auf die Seemüllers war ich aber nicht gefasst.
Verzeihen Sie, wenn ich etwas confus schreibe; ich hab so vieles im Kopf.

Herzlichst
Ihr
treulichst erg
ASauer

Bitte, haben Sie die richtigen SA. von Heft 1 bekommen? Meyer hat nemlich falsche bekommen!

Graz, 5. Mai 1899 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 5 V 99

Ich antworte umgehend, lieber freund. Wenn Sie einige ursache haben zu glauben, dass Fromme durch Meyers anerbieten sich bei der stange halten lässt, würde ich doch diese beharrlichkeit für das beste finden. Freilich müsste ihm zugleich klar gemacht werden, dass das schweigen über die Öst. littgesch. das beste ist, was ihr der Euphorion tun kann. Es braucht das ja keine bitte zu sein: Sie gewähren ihm gnädig den vorrang bei den verbesserten verhältnissen. Übrigens: wie denkt es sich denn RMM., wenn der Euph. aufhört? Wohin mit den untersuchungen? Die zuwendung zum 17. jh., nötig und nützlich, bedarf erst recht einer zs., denn für sie gibt es keine zeitung. U.s.w. Nur das bitt ich zu erwägen: wird der gönner RMM. Sie nicht bedrücken? Eine art von abhängigkeit wächst sich leicht heraus, wenn auch stillschweigend. Gewiss gilt ja sein anerbieten der sache, aber… kurz, ich möchte keinen Fachgenossen u. freund als materiellen gönner. Um diesen preis kann ich Ihnen nicht raten, das unternehmen zu halten, so lebhaft ich es sonst wünsche, so lebhaft ich sie sonst darum bitte.
Dass Seemüller abgelehnt hat bedauere ich lebhaft. Ich begreifs auch nicht. Von Wackernell loszukommen muss ein genuss sein, dächte ich nach der vorstellung, die ich mir aus erzählungen von dem mir unbekannten herrn mache.
„Rat“ kann ich nicht geben, dazu kenne ich die in frage stehenden herrn zu wenig und persönlich überhaupt nur Kraus von einer begegnung weniger minuten, unter Minors türe.
Auf Detter halte ich viel, auf Much auch. Auf Jellinek am wenigsten, abgesehen davon dass mir seine person auch von anderer seite so gekennzeichnet wird, wie Sie es tun. Einen gedanken hat dieser sammler u. registrator noch nie gehabt; Hero u. Leander ist elend, Melissus ohne eine spur litthistor., das kapitel deutscher grammatik gegen Burdachs vorbild und überhaupt kläglich äusserlich: nirgends versteht er zu verwerten und zu bewerten. Darum kann ich mir auch nicht denken, dass er die treibende kraft im zweibund sein soll. Ob er so hochfahrend ist wie ich Kraus halte, weiss ich nicht. Dieser hat das selbstbewusstsein der alleingottgleichheit wie Burdach, Minor etc., kommt mir vor. K. was ist er? ein mechaniker. Alles wird aus registern, reimregistern u. an. gemacht. Statistiker, der allerdings schlüsse zieht, (u. was für gewagte, selbst in dem so verblüffend glatt laufenden artikel über Hartm.s 2. Büchlein), aber blind nur statistik sieht. Ich habe das auch seinem bewunderer Zwierzina gesagt; habe dem aber auch gesagt, dass sein viel weniger geschickt gruppierter artikel in d. Abh. f. Heinzel bei aller gleichen grundlage (aus H.s zucht) doch selbständiges denken, erkennen, erwägen, einschätzen der schwierigkeiten zeigt. Hätte nur dieser Zw. sein legendenbuch halbwegs fertig oder das drittel, das seit 2 jahren gedruckt da liegt (ich glaube 15 bogen) u. auf das wir ihn habilitierten, ausgeben lassen: der mann ist nach meiner festen überzeugung der beste der ganzen jungen schule. Ein wirklicher, echter philolog, ein gründlich gebildeter linguist u. grammatiker. Freilich kein weitschauender litthistor., obw. in der Margarethenlegende auch solche qualität herauskommt. Was ist echt? das allein interessiert ihn, die sache u. die form u. die sprache. Ist das denkmal „echt“ hergestellt, seine sachlichen u. formalen verderbnisse, entwicklungen aus freude an diesen selbst erledigt, so hat es f. ihn weiter keinen reiz.
Ästhet. bedürfnisse hat er nicht, obwol er fast täglich ins theater geht. Er kommt mir auch als mensch sehr charaktervoll vor, zurückhaltend, etwas abhängig von den Wienern, obwol er letzteres nicht nötig hätte, da er – wie ich ihm ins gesicht sagte – Kraus viel mehr inspiriert u. den fingerfertigen mechaniker sich überkommen lässt, als umgekehrt. Aber: es liegt halt wenig vor* gerade wie bei Schatz. Ich lobe ihn nicht, um ihn los zu werden, im gegenteil er dünkt mich hier sehr nützlich u. ich mag ihn gut leiden. Ich würde ihn vermissen.
Neben ihm halte ich für den gescheutesten der „Wiener schule“, wie sich die herren gerne nennen, um sich von allem deutschen gelehrtenplebs abzusondern, Singer. An geist wol auch Zw. überlegen, vielleicht etwas zu geistreich in einfällen, gewiss gründlich unterrichtet, aber mit jüdischer unordentlichkeit und weniger besonnen. Auch der Apollonius ist nicht durchcomponiert. Die Wolframsachen kann ich der mehrzahl nach nicht beurteilen, es ist aber vieles drin, was mir der auffassungsweise nach gefiel, ohne dass ich weiss, ob es wahr ist. Er soll ein anständiger, angenehmer jude sein im gegensatz zu Jellinek. Und da Sie doch in Prag viele deutsche juden haben, wäre es ihnen vielleicht doch möglicher als uns hier.
Ich sehe ja vollständig ein, dass es sehr schwer ist, bei der qualität und quantität der vorhandenen jungen Österreicher, sie zu ignorieren. Ich bin auch gar nicht sicher, ob man jetzt aus Deutschland erheblich viel besseres beziehen könnte. Es wäre für unsere jungen inländer, zu denen ich auch die in die Schweiz verschlagenen zähle, ein schwerer schlag übergangen zu werden; sie würden dadurch auch auswärts konkurrenzunfähig. So eine rechte, herzliche freude u. überzeugung habe ich freilich nicht dabei. Der, der schon etwas anderes gesehen hat, als Wien, wie die Schweizer, u. also vielleicht sich nicht mehr ganz als residenzvormacht fühlt, wäre mir lieber. Anciennität und masse der production schätze ich geringer als geist.
All das bitte ich gewiss nicht als rat zu fassen, nur als persönliches geplauder von freund zu freund, und also auch nicht als in der commission vorlegbare urteile. Ich bin ja in all dem nicht eigentlich sachkenner. Aber, wenn ich mich in Ihre lage setze, wäre mir woltätig mit einem unbefangenen (wofür ich mich halte) die dinge zu besprechen und nur darum wage ich es, Ihnen diese überlegungen und ansichten u. meinungen vorzutragen. Legen Sie keinen wert darauf! ausser auf das über Zwierzina, dessen arbeiten u. art ich genau kenne, so dass ich das über ihn gesagte auch der kommission gegenüber vertrete, falls Sie es ihr vortragen wollten.

Ich habe die richtigen SA von heft I erhalten.

Bestens grüssend Ihr
BSfft.

Eingefügt auf S. 4: *Er ist älter an jahren als Kraus. Meines wissens hat sich seine habilitation nicht nur durch die gewissenhaftigkeit seiner langsamen arbeit verzögert, sondern sein studium überhaupt dadurch, dass ihn sein vater veranlasste, nach dem tod des älteren bruders ins comptoir einzutreten, wo er es aber nicht aushielt. U. eile hat der vermögende mann nicht. Er macht einen sehr reifen eindruck. Spricht klar u. flüssig, aber nicht glänzend.

Prag, 8. Mai 1899 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:


L. F. Ich danke Ihnen aufrichtig für Ihre Mitteilungen, mit denen ich ganz nach Ihrem Wunsch verfahren werde. Läge von Zwierzina nur irgend etwas vor. Ich habe Schönbach gestern schon [g]ebeten, ob er mir nicht wenigstens s. Habilitationsschrift schicken könnte. Freilich: würde Zwierzina nach Prag gehen? Würde er nicht vielleicht nachträglich ablehnen, um Kraus Platz zu machen? Detter Much Zwierzina wäre mir das Liebste. Gegen Singer hätt ich auch grade nichts. Aber ein Jude als Germanist ist hier grad so unmöglich wie in Graz oder Innsbruck. Der Studenten wegen. Seemüller setzt sich neuerlich unglaublich fest für Kraus ein. Aber er kann mich nicht bekehren. Nur wenn ich überstimmt werde, muß ich nachgeben.
Was das Verhältnis Meyers zum Euphorion betrifft, so fürchte ich von ihm nichts. Da er das Geld nicht mir giebt, überhaupt nicht ohne Gegenleistung (25 Ex.) hergiebt, so fasse ich das nicht so auf, als ob er die Zs. selbst bezahlte. Auch ist er ja nicht der einzige Gönner. Auch die Berliner Litt. Ges. hat 10 Ex. abonniert. – Höchstens, daß ich seine Sachen drucken lassen muß; das thue ich aber auch jetzt. Er hat sich mir gegenüber immer sehr anständig bewiesen... ich weiß einiges Gute von ihm, was andre nicht wissen, so daß ich großes Vertrauen zu ihm h[ab]e.
Nochmals vielen, vielen Dank. Morgen ist Commissionssitzung. Ich bin begierig. Seemüller hat hauptsächlich abgelehnt der Gesundheit s. Frau wegen.
Treulichst Ihr ergeb.
ASauer.

Graz, 9. Mai 1899 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 9 V 99

Lieber freund, Da Sie fragen, ob Zwierz. nach Prag gehe, ob er nicht aus rücksicht auf Kraus ablehnen werde, antworte ich sofort wieder, obgleich die antwort durch Ihre heutige sitzung hinfällig werden kann. Ich glaube die 1. frage so bestimmt bejahen als die zweite verneinen zu dürfen, ohne dass ich natürlich mit Zw. darüber irgend ein wort geredet hätte (es weiss von mir nichts, dass ich seinen namen bei Ihnen genannt habe u. ich habe auch früher keine andeutung gemacht, dass ich ihn für concurrenzfähig halte). Nemlich: 1) hat er ehrgeiz, wenn auch in sehr anständigem masse, u. hat es immer schmerzlich empfunden, dass jüngere leute wie Kraus sich früher als er habilitierten. 2) hat seine junge frau eine verheiratete schwester in Prag in garnison, so viel ich weiss, u. das wäre für sie ein grosser anziehungspunkt. 3) hat ihm die familie (ein sehr hoher offizier) der frau schon ungern diese gegeben, ehe er professor sei u. drängt sehr auf sein avancement, so dass es ihm von der seite sehr angenehm sein müsste. Endlich 4) hab ich ihn nie davon reden hören, dass er Prag für eine unerträgliche univ.-stadt hielte. Ich habe nie bemerkt, dass er aktiv politiker ist, habe auch m. erinnerns nie mit ihm politisiert, glaube mich aber doch seines deutschbekenntnisses als einer selbstverständlichen sache bestimmt zu erinnern.
Hoffentlich hat er Ihnen sein Margarethenbuch geschickt. Es ist hier hier drin noch nichts eigentlich germanistisches, das folgt später, ein 2. bd. soll u. wird texte bringen. Sie werden sich überzeugen, dass diese untersuchung weit ausgreift, tief einschneidet, nicht immer glücklich geordnet ist; aber ich halte Sie für gediegener in der methode als die berühmten Usenerschen, der freilich kühnere combinationskraft und die bewandertheit des alters voraus hat. Das buch muss auch ausserhalb der german. philol. aufsehen erregen. Und den echtesten philologengeist wird man nicht darin vermissen. Jetzt ist er mit einer untersuchung beschäftigt, die seine Heinzelfestschrift über alle epik ausdehnt. Sie muss entweder fertig oder ganz nahe am ende sein u. soll etwa 10-12 bogen stark noch in diesem jahrgange der Zs. erscheinen. Für eine Gregoriusausg.. hat er alles bereit liegen, den contract darüber längst geschlossen. Er arbeitet aus bedürfnis, aus freude am arbeiten. Daher kommt auch rein für sein fortkommen bisher ungünstiges ungeschick, es nicht auf wirksame bücher abzusehen u. diese in einem zuge abzuschliessen: es packt ihn dazwischen irgend ein neues interesse, dem er raum vergönnt.
Ich müsste mich sehr täuschen, wenn Sie mit ihm nicht sehr gut führen. Er gefällt auch als person anderen collegen u. macht auch bei leuten, die nicht philol. sind, den eindruck eines ungewöhnlich gescheiten menschen, so wenig er aus sich heraus geht. Er sieht etwas schwächlich aus, ist am rücken verwachsen, aber hier immer gesund, radelt, rudert, schwimmt, spielt lawn-tennis, kurz scheint zähe geworden durch allerlei leibesübungen. Er hat aber nicht das gebahren eines sportsman u. ist sehr fleissig. Er hat hier unverheiratet sehr einfach gelebt und ist auch jetzt kein geldprotz. Er hat ausser bei Heinzel auch in Berlin u. Lpz. (noch unter Zarncke) studiert.
Seine berufung durch Sie würde vergleichbar sein der des Roethe nach Göttgen, des Michels nach Jena: auch da lag nicht mehr vor, als von ihm vorliegt u. es waren doch keine missgriffe. Ich stelle ihn über Michels.
Herzlich
Ihr
BSeuffert

Prag, 9. Mai 1899 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 9/5 99
Smichow 586

L. F. Es hat sich bei unsrer heutigen Beratg herausgestellt, daß, wenn wir nur bei Österreichern stehen bleiben wie wir wollen u. müßen, neben Detter u. gar erst recht wenn dieser absagt, nur Extraordinarien vorschlagen können oder solche, die das Min. nur zu Extraordinarien machen wird. Singer lehnt Pogatscher mit großer Entschiedenheit ab; ebenso ich den Jellinek. Um Kraus tobt der Kampf. Much hat große Aussicht in den Vorschlag zu kommen. Nun ist Schatz dem Pogatscher sehr sympathisch (u. mir auch) und Zwierzina nach Ihrer u. Schönbachs Schilderung mir. Es handelte sich also drum, daß ich möglichst rasch ein kurzes Curriculum vitae, zum wenigsten aber ein Verzeichnis seiner Aufsätze u. Arbeiten u. diese selbst, vor allem die Habilitationsschrift bekäme (gäbs 2 Exemplare, so wäre die Sache vereinfacht). Nun hätten wirs vorderhand nicht gern, wenn er selbst von unserm Plan was erführe. Andrerseits liegt mir aber sehr dran zu wissen, ob er als Extraordinarius nach Prag gienge; ob er Kraus & Jellinek zu liebe nicht vielleicht zuletzt absagte? Könnten Sie ihn nicht vielleicht vorsichtig sondieren? Derart, daß Sie von Gerüchten oder Andeutgen aus zweiter Hand sprechen? Oder vielleicht übernähme Schönbach diesen Liebesdienst für mich? Wie ich Sie überhaupt bäte, wenn es Ihnen möglich wäre Schönbach diesen Brief vorzulesen (Ich kann heute unmöglich noch einen 2. Brief schreiben.)
Wissen Sie etwas davon, daß Kraus in Wien einen Vortrag gehalten hat u. daß unmittelbar darauf Heinzel aufstand u sagte, daß die vorgebrachten Ideen eigentlich diejenigen Zwierzinas seien. Das spräche doch sehr gegen Kraus. Ich bemerke noch, daß Heinzel in einem mir vor mehreren Monaten aus eigenem Antrieb geschriebenen Brief, in dem er mir Kraus & Jel[li]nek sehr warm empfahl, auch Zwierzina als ihnen nicht nachstehend erwähnt hat, aber es bedauerte, daß er sich nicht zum Abschluß s. Arbeiten entschließen könne. – Zürnen Sie mir nicht; ich bin sehr gehetzt. Treulichst Ihr AS.

An Detter wurde heute geschrieben. Die nächste Commissionsitzg ist am 18.

Graz, 10. Mai 1899 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 10. V 99
Lieber freund, Ihren brief habe ich Schönbach vorgelegt. Dabei stellte sich heraus, dass er durch Ihre zuschrift an ihn sich nicht zu einer reserve gegen Zwierz. veranlasst gesehen, aber ihm allerdings schweigen auferlegt hat. Wie ich Zw. kenne, wird er es halten. Da weder Sch. noch ich die Margarethen und vom anderen nicht alles haben, musste er darum angegangen werden. Unter diesen umständen hab ich mich auch direkt an ihn gewendet und sende Ihnen seine 18 SA mit der bitte, sie möchten ihm oder mirzurückgeliefert werden, da er selbst sie kein 2. mal besitzt. Er wird nach dem feiertag ein 2. ex. der Margar. aus dem decanat zu entleihen suchen, wo es bei den habilit.akten liegt, u. Ihnen ebenfalls wie das 1. mit der von ihm – da Schönb. ihm geraten hat, nichts beizufügen – unausgesprochenen aber durch mich hiemit ausgesprochenen bitte um zurücksendung zustellen.
Es versteht sich von selbst, dass ich ihm keinerlei weitere aufklärung gab und in ihm keine hoffnung erweckte – soweit solche nicht eben durch die tatsache der erkundigung von selbst wach wird.
Er wird mir bis morgen ein curriculum bringen: ich habe ihn ersucht, die arbeiten die er angegangen hat u. deren fertigstellung er weit vorbereitet hat, darin zu erwähnen. Auch das kann nur er.
Zur persönlichen Charakteristik, die ich in den 2 letzten briefen gab, ist wenig hinzuzufügen. Das eine möchte ich nicht verhehlt haben: er denkt von Scherer nicht so wie Sie und ich. Schönbach bestätigt, dass er „zweifellos“ deutschgesinnt sei. Dass er einem rufe nach Prag gerne folge leisten würde, habe ich aus Zw. selbst herausgefragt: er würde nicht verzichten, falls es dazu käme. Über Zwierz.s linguistische schulung könnte Pogatscher von Luicks gutes hören.
Schönbach trägt mir auf, Ihnen zweierlei zu schreiben: 1) Detters kontrakt binde ihn nicht an die Freiburger, nur diese an ihn. (Ich dächte also, er dürfte zu gewinnen sein u. wird ja hoffentlich auch für Prag das pflichtgefühl haben, sich nicht auf seine specialität zu beschränken, das er schon für Freiburg besitzen muss. Diesselbe erwartung müsste man ja auch von dem noch specielleren Much hegen.) 2) Nach seiner (Schönbachs) meinung könne Schatz neben Zwierzina „nicht in betracht kommen“, Zw. sei jenem bedeutend überlegen.
Schönbach bestätigt das Ihnen bekannt gewordene (mir bis heute fremde) wort Heinzels über einen vortrag von Kraus in Wien: Heinzel sei danach aufgestanden mit den worten: „diese untersuchung hat mir dr. Zwierz. vor ¾ jahren genau in dem- selben zusammenhang vorgetragen“ und sei gegangen. Wenn ich recht weiss, ist Kraus Zw. auch bei der Lpz. philol. versammlg. in die quer gekommen, in dem er dasselbe oder sehr ähnliches vortrurg, was Zw. hier ½ jahr vorher als habil.-vortrag gehalten u. Kraus bekannt gegeben hat; genau kann ich hiefür nicht einstehen: aber so viel weiss ich, dass auch damals die meinung war, Kr. wolle mit der fixeren bearbeitung u. publication Zw.scher anregungen diesem den rang ablaufen. Ich kann noch beifügen, dass was ich neulich über dies von mir vermutete verhältnis schrieb, aus gesprächen mit Zw. geschlossen wurde: er trug mir eine weile vorher vor, was er auch Kr. erzählt hatte, u. dieser dann rascher ausarbeitete. Immer- hin könnte ja doch die ähnliche anregung in der gleichen schule gewonnen sein. Ich würde das gerne annehmen, wenn ich nicht aus allen mir bekannten arbeiten von Kraus den eindruck mechanischer statistik, die allerdings wenigstens schlüsse zieht (wozu Jellinek nicht kommt, der auch weniger gut gruppiert als Kraus), gewonnen hätte während in Zw.s arbeiten entschieden verstand arbeitet: er sieht die schwierigkeiten, die Kr. gar nicht bemerkt, geht ins feinere, u. schädigt allerdings so äusserlich die geschlossene wirkung seiner untersuchung.
Dies urteil über Kr. stand bei mir fest, ehe ich kenntnis von einer geschichte erhielt, die ich Ihnen nicht mitteilen darf. Aber so viel erlaubte mir der betroffene – es ist nicht Zwierz. – zu sagen: Kr. zeigte dabei eine unglaubliche wissenschaftliche voreiligkeit und anmassung. U. wäre die sache öffentlich, so würde, meine ich, er einen stoss guter arbeiten nötig haben, diese falsche überweisheit vergessen zu machen.
Ein glänzender stilist ist Zw. nicht, das sehen Sie an seinen arbeiten. Er ist auch nicht fingerfertig, eher allzu besonnen u. allzu nachbohrend, um ein reichlicher bücherschreiber zu werden. Aber so viel sehe ich aus den jahren seines hierseins (er war ja schon 2 jahre denke ich vor der habilitation da, weil er in seiner Wiener familie die ungestörtheit des arbeitens nicht erzwingen könne), dass er immer tätig ist und das schwerste vor dem leichteren bevorzugt.
Schönbach wünschte, dass lieber ich über u. mit Zw. spreche, ich glaube, nur, weil er nicht von seinem codex Friburgensis weg wollte!
Also nehmen Sie mir mir vorlieb. Noch eines: seine vorlesungen waren für einen priv. doc. hier gut besucht: jetzt hat er wie ich höre 15 in got. gramm. mit übungen, klagte mir aber, dass die leute weniger einbeissen wollten als bei seiner beliebten einführung ins mhd.
Treulich Ihr
BSeuffert

Gestatten Sie mir noch das eine: ich habe nie eingesehen, warum ein privdocent nicht sofort ordin. werden soll, wenn ers verdient; in Deutschland geschieht das doch auch. Aber in unserer hiesigen facultät herrscht dies vorurteil.

Prag, 11. Mai 1899 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vorläufig vielen Dank für Ihren heute empfangenen Brief. Ich lese gerade die betreffende Abhandlung und bekomme einen immer besseren Eindruck von dem Mann. – Nach Freiburg ist geschrieben; im Übrigen noch keine Einigung erzielt. Wir lesen noch alle zu unserer Information. Nächste Sitzg. am 18. – Glossy ist in Wien für den Euphorion thätig u. hofft den einen oder andern Gönner dafür aufzutreiben. Sobald i[ch] etwas Greifbares berichten kann, werde ichs thun.
Nochmals dankend Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Prag, 12. Mai 1899 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vielen, vielen Dank; ich habe alles erhalten.
Herzlichst Ihr AS.

Graz, 16. Mai 1899 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Vor allem wünsche ich Ihrer frau rasche genesung und Ihnen die behebung der häuslichen sorge. – Dank für Ihre nachrichten. Ich freue mich, dass Sie unser urteil über Z. billigen auch ohne ihn zu kennen. Es wäre für seine zukunft schon wertvoll genug mit genannt zu sein vor K. – Kelle wird wol seinen allmächtigen sohn privat instruieren.
Hoffentlich erweist sich Glossy für den Euph. nützlich.
Gutes fest! Treulich Ihr
BSfft.

16 V 99.

Gurlitt war 4 wochen in Griechenland u. Kleinasien, Bauer wird nach 10 wochen von dort bald zurückkommen.

Prag, 6. Juni 1899 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 6/6 99
Smichow 586

Lieber Freund! Ich möchte Sie heute [u]m Intervention in folgender Angelegenheit bitten. – Pogatscher hat große Bedenken wegen Zwierzinas Vorschlag solange sein Buch nicht erschienen ist. Er hat Z. nun durch Luick auffordern lassen, er möge das Gedruckte so rasch als möglich veröffentlichen. Teubner scheint aber nicht darauf eingehen zu wollen. Wenn aber Zwierzina daran liegt vorgeschlagen zu werden – u. ich bestehe darauf, daß er unter allen Umständen in den Vorschlag kommt – so möchte er mir doch meinen Stand erleichtern u. die Veröffentlichung erz[wi]ngen. Teubners Bedenken, soweit Sie wissenschaftlicher Natur sind, lassen sich durch unsern Wunsch bekämpfen. Soweit sie buchhändlerischer, d.h. financieller Natur sind, könnte sie Z. leicht niederschlagen, indem er Teubner die dadurch erwachsenden Unkosten oder Verluste ersetzt oder zu ersetzen garantiert. Mir läge an Z’s Stelle an einem Vorschlag zum Ordinarius (das thun wir) an zweiter [o]der dritter Stelle so viel, daß ich die ganze Auflage aufkaufte u. erscheinen ließe. Es ist auch viel Wahrscheinlichkeit, daß Zw. ernannt wird, weil er (als Extraordinarius zu dem ihn das Min. nur ernennen würde) der billigste wäre. Könnten Sie ihm das nicht noch einmal vorstellen?
Es sind wirklich große Schwierigkeiten ihn zu nennen (u. Kraus u. Much nicht), wenn sein Hauptwerk noch nicht erschienen ist.
Sollte Z. nicht zu bewegen sein, die rasche Veröffentlichg. des Buches zu erzwingen, so haben Sie [die] Liebenswürdigkeit ihn zu fragen, ob er uns erlauben würde, daß eines der beiden Exemplare, die wir hier haben, als Beilage zu unserem Vorschlag ans Ministerium geht, damit man dort sieht, daß das Buch kein Phantom ist. Die übrigen Schri[ft]en werde ich ihm seinerzeit direkt zurückstellen.
Verzeihen Sie die neuerliche Bitte. Sie liegt mir sehr auf dem Herzen.
Treulichst Ihr altergebener AS.

Graz, 8. Juni 1899 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 8 VI 99

Lieber freund Sehr gerne habe ich Zwierzina (dem nebenbei! nur Schröder widerrechtlich ein ˇ auf das z giebt) gefragt, wie es mit der erfüllbarkeit Ihres so wol begründeten wunsches stehe. Er sagte: er habe in 2 briefen an Taubner die ausgabe des gedruckten verlangt, obwohl er ihm der sache wegen dem buche schädlich zu sein schien, weil er vollständig begreife, dass das warten bis zur vollendung seinem so sehr erwünschten vorschlage schädlich sein müsse; er habe dabei Teubner den vollständigen ersatz aller kosten, die T. bisher gehabt habe, angeboten. Die antworten Teubns habe er durch Luick in Prag vorlegen lassen: T. sei auf seinen wunsch nicht eingegangen und habe seine bereitwilligkeit die auflage zu kaufen sogar mit stillschweigen übergangen; T. habe ihm so ausführlich geschrieben, dass er an dessen umstimmung verzweifelte, zumal er ihm eben die übernahme aller kosten angeboten habe, also nicht mehr anzubieten wisse. Sie möchten doch nicht die meinung haben, dass sparsamkeit oder geiz dahinter stecke; er hätte sehr gerne das pecuniäre opfer gebracht, innerlich leichter als die seiner forschung gefährliche publication der hälfte, zu der er sich doch auch entschlossen habe; denn er lege den grössten wert darauf, in den vorschlag zu kommen.
Ich kann dieser gewiss bis ins kleinste hinein wahrheitsgetreuen erklärung nichts entgegen stellen als was er selbst mit sorge erkennt: die schwierigkeit, ihn vor andern zu nennen. Ich habe ihm nun folgendes vorgeschlagen mit dem beisatz, dass ich dazu nicht ermächtigt sei u. dass ich nicht wisse, ob es Ihnen genüge: 1) er gibt Ihnen fürs collegium u. fürs ministerium so viel exemplare, als Sie wollen, vom gedruckten 2) er veranlasst Taubner sofort das erscheinen des im druck befindlichen buches anzukündigen.
Beides hat Zw. getan u. vorläufig 6 exempl. bestellt; ich bitte mir zuschreiben, wie viele Sie wollen; morgen oder übermorgen kann eines (das er seinem schwiegervater abgenommen hat) an Sie abgehen.
Ist der ausweg Ihnen etwas wert? Ich bin so sehr überzeugt, dass Sie an ihm einen leistungsfähigen collegen anständigster gesinnung erhalten würden, dass ich gerne zur beseitigung jedes steins beitrage und bitte über mich zu verfügen. Ich tue dabei Ihnen u. Zw. und der gerechten sache zugleich gutes. Zw. hat mit meiner zustimmung auch Schönbach über die sache befragt, u. auch der meine, er könne F. nicht zwingen.
Hoffentlich kommen Sie nicht in die lage, den entsetzlichen Zingerle nehmen zu müssen: der war doch nur als überzähliger extraord. hier oder wo möglich.
Alles gute! auch ihrer hoffentlich ganz gesunden frau.
Ihr treuer
BSfft.

Prag, 10. Juni 1899 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich danke Ihnen vielmals für Ihre Bemühungen. Die Ankündigung durch T. wird sehr nützlich sein. Ob wir mit wei[ter]en Exemplaren etwas anzufangen wissen, kann ich im Moment nicht sagen. Gut wäre es, eines an Kelle zu schicken (eines, das er behalten kann; denn gelesen hat er es schon); weitere Adressen würde ich – wenn es notwendig ist – Z. angeben (oder Sie freundlichst bitten sie ihm anzugeben, da ich noch nicht direkt mit ihm in Verkehr get[re]ten bin); er möge also für alle Fälle die Ex. in Bereitschaft halten. – Weiteres kann ich erst später schreiben. Es hat sich alles sehr verwickelt. Aber Z-a steht fest. Herzlichst & dankbar Ihr AS.

Graz, 13. Juni 1899 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. die 3 Exempl., die jetzt in Prag sind, können dort bleiben, in privatbesitz oder fürs ministerium oder fakultät. Zw. ersetzt sie da, wo er sie entlehnte. Weitere stehen zur verfügung. ich bin gerne vermittler, da ich begreife, dass Sie jetzt nicht an Zw. schreiben wollen. Teubners nächster monatsbericht stand grade noch im satz, er hat Zw.s ankündigung noch eingerückt.
Das beste wünscht
Ihr ergebener
Bsfft.

Unser Bauer hat einen schweren gastricismus, wenn nicht gar typhus aus dem süden mitgebracht. Gefahr ist jetzt nicht für ihn.

Prag, 24. Juni 1899 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Da Sie so liebe[n]swürdigen Antheil an meinen Vorschlagsschmerzen nehmen, so theile ich Ihnen mit, daß sich Detter bereit erklärt hat, den Ruf anzunehmen u. daß er in Freiburg nicht gebunden ist. Wenn wir es also erreichen, daß das Ministerium ihn wirklich beruft, so dürften wir mit ihm nicht schlecht fahren. Für mhd. ist ja vorderhand durch Lambel, der einen Lehrauftrag dafür u. 600 fl hat, gesorgt. Auch Hauffen liest Nibel., Gudrun etc. Darum meine ich auch, daß wir Much ganz [gu]t in die Terna aufne[h]men könnten. Zwierzinas Arbeiten haben mir ungleich besser gefallen als die von Kraus. Grade in der Abhandl. für Heinzel, an demselben Material, merkt man den Unterschied sehr stark. Leider weiß Kelle von Zw. nichts u. die Sachen von Krauß kennt er. Nichtsdestoweniger hoffe ich Zw. statt Krauß in den Vorschlag zu bringen. – Meine Frau liegt u. ich habe schlechte Johannisferien.
Bestens grüßend Ihr treulich erg.
ASauer

Prag, 2. Juli 1899 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Sagen Sie mir gelegentlich, wo Sie während der Ferien hingehen. Vielleicht treffen wir uns irgendwo.
Unser Bericht ist fertig. 1. D. 2. [J] 3. Zwna. Es gieng nicht anders; den Je. ist viel länger habilitiert und sein wichtiges Buch liegt fertig vor. Jedoch ist Zw. so gelobt, daß er eine Freude hätte, wenn er den Bericht läse. Donnerstag ist die Facultätssitzung, auf deren Verlauf ich L.s wegen sehr begierig bin. Seine Freunde planen oder planten wenigstens einen Vorstoß, der ihm meiner Meinung nach mehr sc[ha]den als nützen würde. Ich bin unglaublich gehetzt u. sehne mich nach dem Ende.
Herzlichst
Ihr
AS.

Graz, 6. Juli 1899 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Dank für Ihre nachricht, l. fr. Heute wird also Ihre schlacht geschlagen. Ich wünsche Ihnen leichten sieg. Wenn Sie einmal ruhe haben, verraten Sie mir, was mit Euph. werden wird.
Wir gehen am 19. vermutlich, auf etwa 1 monat, nach Goisern, Gasthaus zum bären. Es wäre sehr erfreulich, wenn wir zusammentreffen könnten. Mit besten wünschen u. grüssen
Ihr
schachmatter
BSfft.

6. VII 99

Prag, 7. Juli 1899 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Eigentlich werden Sie schon alles wissen. Unser Bericht – 16 enggeschriebene Folioseiten – ist ohne Widerspruch einstimmig angenommen worden u. allgemein hatte man den Eindruck, daß wir drei glänzende Candidaten [v]orgeschlagen hätten. Lambel hatte zum Schlusse noch alle Minen springen lassen. Seine Freunde bearbeiteten mich in einer Weise, die nicht mehr ganz anständig zu nennen war. Man drohte mir, wollte mich einschüchtern oder rühren. Ich blieb aber fest auf dem einmal eingenommenen Standpunkt. Nun will ich ihm einen Titel oder Orden zu verschaffen trachten. Alle drei Candidaten haben mir sehr nette Briefe geschrieben. Detter hat von Heinzel bereits das Versprechen bekommen, daß er seine Ernennung betreiben wird u. auch ich habe an Heinzel geschrieben. Auch Hartel ist Detter sehr wohl gesinnt. Auch wird Detter die ganzen Ferien in Wien sein und kann für sich wirken. Ich wollte ursprünglich auch ins Ministerium fahren, halte es aber jetzt nicht mehr für so nothwendig, weil ich hoffe, daß d[ie] Candidatur von Kraus fallen gelassen ist. Kraus u. Jellinek werden freilich eine Wuth auf mich haben, denn wenn ich nicht gewesen wäre, so wären Sie sicher in den Vorschlag gekommen. – Ich danke Ihnen nun aufs Herzlichste für alle Liebenswürdigkeit u. Mithilfe, die Sie mir während dieser schweren Arbeit erwiesen haben. Wer weiß, ob ich so entschieden u. fest geblieb[en] wäre, wenn ich nicht Schönbachs u. Ihre Meinung hinter mir gehabt hätte. Insbesondere für die Intervention bei Zwierzina danke ich Ihnen, Sie werden ihn wol, sobald als seine Margaretenlegenden erschienen sein werden, zum Extraord. vorschlagen müssen. – Der arme Euphorion hängt noch immer in der Luft. Glossy hat von Dumba, Palla[vi]cini u. einigen anderen zwar einige Zusagen bekommen; aber ich weiß nicht für wie viel u. für wie lange. Momentan wird mit Konegen unterhandelt. Vorgestern fragte Konegen telegraphisch um die Abonentenzahl an, die mir Fromme auf 300 angab. Das ist allerdings ein kläglicher Stand, der meinen Muth auf den Gefrierpunkt sinken läßt. Das Interesse an unserer älteren Lt. scheint im Schwinden begriffen zu sein, wozu die Zeitungen mit ihrem [e]wigen Witzeln u. Spötteln viel beitragen. Ich hoffe, daß die Sache in den nächsten Tagen ins Reine kommt. Wäre das nicht der Fall, so verliere ich auch noch die letzten Mitarbeiter und dann ist alles pfutsch. Heft 2 sende ich Ihnen nächster Tage. Von 11 Bogen steht die dritte Correctur aus! – Ich bleibe bis 23/24 hier. Wohin wir dann gehen, wissen wir noch nicht. Jedesfalls irgendwohin in die Alpen. Vielleicht kommen wir in Ihre Nähe. Aber sicher ist es nicht. Auc[h o]b wir nach Bremen gehn, ist ganz unsicher. Mich hat die Besetzungsfrage derart äußerlich u. innerlich beschäftigt u. liegt jetzt noch das Schicksal des armen Euphi so auf dem Herzen, daß ich für gar nichts andres Sinn habe & daß es mir ganz gleichgiltig ist, wo wir im Sommer sind. Die Nordsee, die mir das Liebste wäre, muß ich meiner Frau zu liebe opfern.
Ihnen und den lieben Ihrigen recht angenehme Ferien wünschend Ihr
treulichst erg.
AS.

Ranftl macht einen sehr soliden Eindruck. Ich konnte aber nur hineinsehen. – Wie geht es Bauer. Grüßen Sie ihn – bitte – gelegentlich von mir auf das Herzlichste.

Soeben ist Dr. Hans Tschinkel nach Graz versetzt worden. Er ist zwar mehr ein Schüler Hauffens als von mir; aber immerhin kann ich ihn Ihnen aufs Beste empfehlen. Er will ein Wörterbuch der weiter auf S. 1 Gottscheer Mundart ausarbeiten u. wenn er bei der Stange bleibt, so mag es ihm wol gelingen. Nehmen Sie ihn also freundlich auf. Er kommt an das Gymnasium, an dem Khull u. Martignak sind.

Graz, 13. Juli 1899 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ich erhalte eben vom verlag Lang in Carlsruhe ein novum: Asmus Herr La Roche unter der aufschrift: An die redaction des Euphorion zu Händen des Prof. Dr. B. Sfft. Graz. Heisst diese adresse: ich schicke den artikel an Seuffert damit er ihn im Euphorion bespricht; oder soll sie heissen: Euphorion. Sauer.
Da ich Ihnen ohnedies einen aufsatz Wld. u. Sophie L.R. zugedacht habe, so könnte ich das büchlein da einschlachten, wennSie wollen. Grüssend Ihr
sehr ergebener
BSfft.

Prag, 16. Juli 1899 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Es wird mir natürlich sehr angenehm sein, wenn Sie das Buch von Asmus für den Euphorion besprechen und ich danke Ihnen für die[se] Freundlichkeit. Das Buch ist wohl irrtümlich an Sie gekommen; aber der Irrtum war diesmal ein Fingerzeig Gottes.
Ich zähle die Tage bis zur Abreise.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Smichow 586

Goisern, Oberösterreich, 26. Juli 1899 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Seien Sie froh zu hause zu sein! dies jahr bewährt das Salzkammergut seinen ruf als regenloch; es strömet. Vielen dank für den Euph. u. Sterne-Wld. Diesen hoff ich im herbst zu besprechen. Euph. bietet wieder allerlei schönes. Rubensohn bringt immer wieder ein tüpfelchen heraus. Weilens anz. des Bernardon ist sehr reichhaltig. Genovefa ist diffus, scheint mir aber gut zu sein. Nicht behagte mir eigentlich nur das gerede über die synekdoche; oder bin ich dazu zu dumm? so komme ich den tropen nicht näher.
Die wahl für Basel hat mich überrascht, obwohl ich J.M.s volksliedstudien sehr schätze.
Geniessen Sie die geschäftslosigkeit und seien Sie mit Ihrer frau von uns gegrüsst. Treulich Ihr BSfft

Goisern, Gasthof zum Bären
26 VII

Steinach am Brenner, Tirol, 14. August 1899 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Goisern, Oberösterreich

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Auszug:

L. F. Der neue Verleger der DLD hat mit mir auf 5 Jahre Contract gemacht u. will die Samml. im großen Stil fortführen. Als Hauptnummer soll jedes Jahr 1 großes critisches oder Sammelwerk des 18. Jhs erscheinen: Bremer Beiträge, Gottscheds, Breitingers Poetik etc. daneben Kleineres. Nun fällt mir ein, Sie hätten mir einmal einen Schüler für die Herausgabe der G[ott]sched. (oder Breitingerischen) Poetik empfohlen? Wer wäre dieser Mann? Können Sie die Empfehlung aufrecht erhalten? Soll man die 1. Auflage der Poetik drucken oder halten Sie eine critische Ausgabe aller Auflagen mit Lesarten für nothwendig und u. für möglich? Den Plan mache ich erst im Spt. – Hübner (das letzte Heft) sende ich Ihnen im Herbst; ich habe selbst kein Ex. noch. Kösters Schlußheft ist im Druck. Der Commentar ist eine mühsame & wichtige Leistg. Druckfertig sind: Kuhnau: Der musical. Quaksalber (Roman, 1700); Insel Felsenburg I; Jerusalem p[hi]los. Aufsätze ed. Lessing; Platen, <Kadmus’ Tochter; Brentano, Kritiken aus dem Dram. Beob. Erscheint alles bis zum Frühjahr. –
Wir sind bis 3-4 Spt in Steinach am Brenner. Tirol u. sind wenigstens mit Luft u. Gegend sehr zufrieden. Ende Spt. nach Bremen!
Herzlichst Ihr schreibfauler AS.

Detters Ernennung ist perfekt.

Goisern, Oberösterreich, 15. August 1899 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Steinach am Brenner, Tirol

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Auszug:

Lfrd. Mein poetiker ist mir gestorben und ich habe keinen andern zu empfehlen. Breitinger drückt mich brennender als Gottsched. Von diesem würde ich nur die allein seltene u. noch dazu sehr seltene 1. aufl. (Grazer Univers. bibl.) drucken; der vorredner soll kurz angeben, wo’s verändert wurde, dazu einen anhang. Ihr programm ist reich: glück auf zur vollendung. Vom Euphorion sagen Sie kein wort, ich denke darnach, er ist unter dach. Zur ernennung Detters beglückwünsche ich Sie, den wollten Sie ja; hoffentlich erfüllt er Ihre (u. meine) erwartungen.
Das wetter wurde besser u. so gefällt es uns hier. Am 23. fahre ich nach Würzburg (Herzogengasse 5). Müsste ich nicht am 15. sept. meinen buben zur schule heimführen, so wäre ich auch nach Bremen gekommen. Auch kann ich nicht so lang von der arbeit wegbleiben: ich ging ja schon mitte juli davon u. kann hier nichts tun.
Alles gute! Wir beide grüssen Sei u. die Ihre.
Treu ergeben
BSfft

Goisern OberÖsterr.
Gasth. z. Bären.
15 VIII

Steinach am Brenner, Tirol, 16. August 1899 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Goisern, Oberösterreich

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Auszug:

L. F. Vielen Dank für Ihre Karte. Mit dem Euph. steht es so: Es hat sich herausgestellt, dass wir nur 300 Ab. haben. In folge dessen rechnet Konegen, der die Zs. übernehmen soll ein Deficit von 1200 fl. heraus (so wie Fromme). Glossy hat es nun übernommen, jährlich noch 700 fl. Zuschuss von Dumba, Lobmeyr, Pallavicini, Krupp zu erlangen, womit sich Konegen zufrieden geben will. Er hätte dann 200 + 240 + 700 fl. = 1140 fl. jährlich ausser den Abonennten garantiert. Enorm. Leider ist aber die Sache vor meiner (u. Glossys) Ferienreise noch nicht perfect geworden; Glossy hat sich aber verbürgt dafür, dass die Sache im Herbst perfect wird. Eine definitive Lösung ist das meiner Meinung nach nicht; aber auf 2-3 Jahre wird es die Fortsetzg. der Zs. wol ermöglichen. Daraufhin habe ich nun wieder Material angenommen. Gern aber brächte ich nächstes Jahr ein paar grosse schwere [Re]censionen und ich wäre froh, wenn [Ih]r Arbeitsprogramm es Ihnen ermöglichte, mir wenigstens eine der versprochenen zu liefern. – Ich kann hier auch – ausser wenigen Correcturen – nichts arbeiten. Herzlich Ihr aufrichtig und treulichst erg. AS.

Graz, 23. September 1899 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich bin durch die Überschwemmungen von Erlangen nach Würzburg zurück getrieben worden u. wartete bis ich über Pilsen heim konnte. Hätte der bub nicht in die schule gemusst, so wäre ich gerne nach Prag gekommen. er hatte aber schon so mehrere tage Verspätung.
Lassen Sie mich nun zu hause für Ihre letzten nachrichten und für den Hübnerschen Christ danken und das erfreulichste für Ihre fahrt nach Bremen wünschen.

Grüssend Ihr
treu ergebener
BSfft

Graz 23.9.99.

Prag, 6. Oktober 1899 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Von Bremen (über Berlin) zurückgekehrt, will ich sie zunächst von dem Schicksal des Euphorion unterrichten, die ! sich [die]ser Tage entschieden hat. Ich erhielt in Bremen ein Telegramm von Glossy, daß der Fortbestand gesichert wäre u. finde nun einen Brief vor, des Inhalts, daß Fromme sich gegen einen Zuschuß von 800 fl., den Glossy aufgetrieben hat, zur Weiterführung bereit erklärt habe. Es ist mir das Liebste, weil besonders ein neuer Drucker mir neue Schwierigkeiten gemacht hätte. Glossy setzt seine Samm[l]ung noch fort, um einen kleinen Reservefond zu bilden. Einzelheiten weiß ich noch nicht. Aber ich kann wenigstens für einige Jahre ruhig sein. Inzwischen will ich trachten neue Abonenten zu gewinnen u. will auch Waetzold und Pilgers Einfluß in der Preuß. Schulbehörde benutzen, um mehr Gymnasialbibliotheken zu erobern. Ich wiederhole meine Bitte an Sie, daß Sie meinen Recensionstheil i[m] Aug behalten; denn an großen wichtigen Recensionen hab ich entschiedenen Mangel u. je seltener ich solche bekomme, desto größer ist die Gefahr, daß diese Abtheilung der Zs. ganz abfalle.
– In Berlin habe ich mit dem Verleger der DLD; einem jungen energischen Menschen verhandelt. Es hat sich zwar herausgestellt, daß auch die erweiterte Bogenzahl (mindestens 30 Bogen) [z]u den großen kritischen Schriften nicht ausreicht. Aber immerhin wagen wir uns dran. 1900 erscheint die Insel Felsenburg I; Jerusalem Aufsätze ed. Lessing (von Burdach mir empfohlen) u. Platens ungedr. dramatischer Nachlaß ed. Petzet (von Laubmann angeregt); ferner beginnen wir eine Art Commentar zur Dramaturgie durch Veröffentlichg. der wichtigsten darin besprochenen Stücke; beginnen wahrscheinlich mit Weißes Richard III (Jacoby wird Ein[le]itg. dazu schreiben; die Texte werde ich selbst besorgen).
1901 Brentanos Kritiken aus dem Dram. Beob.
Moritz, Reisen eines Engländers
Hamburgisches Repertoire II
Lichtenbergs Aphorismen nach dem
Manuscript ed. Leitzmann. I.
1902 Breitinger Dichtkunst I.
Antixenien I
Dramaturgie III.
1903. Oests Werke
Lichtenberg II
Dramaturgie IV.
Soden Faust.
1904. Breitinger II
Brentano Godwi I
Repertoire V.
1905 Bremer Beiträge I
Lichtenberg III
Goethes Gedichte 1789 etc.

Eine Verschiebung träte nur ein, wenn Elias wie er versprochen s. Wernicke fertig machen sollte. Doch ist für kleineres noch daneben Raum. – Ob kein Krach eintreten wird? Bis 1/1 1904 habe ich sicheren Contract.
Über Detters rechtzeitige Ernennung bin ich ebenso froh wie über die Erreichg [de]s Adelsstands f. Kelle. Ich hoffe, daß mit Detters Wirksamkeit eine neue Aera für mich beginnt.
In Bremen wars flau; in der germanistischen Section war gar nichts los; Heym ein Präsident zum Kinderspott. Litterarhistorisches außer Geigers interessanten aber breiten Vortrag für mich gar nichts. Wertvoll war mir Sievers Bekanntschaft, der mir meinen misglückten Leipziger Vorschlag erzählte. Gesellschaftlich wars sehr nett u. unsre Frauen unterhielten sich königlich. – Meyer hat ei[n]e 800 S. dicke Lit. Gesch. des 19. Jhs. fertig, die dieser Tage erscheint (Schlenthers Samml. bei Bondi). Für methodisches litterarhist. Arbeiten hat fast Niemand einen Sinn.
Ihnen wünsche ich zum Semesteranfang alles Gute u. erbitte mir, da ich schon an die Teufelsinsel gekettet bleibe, Ihre stete Teilnahme.
Herzlichst Ihr treulich ergebener AS.

Graz, 7. Oktober 1899 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 7 X 99

Lieber freund, Vielen dank für Ihren inhaltsreichen brief. Ich freue mich, dass Euphorion fürs nächste gesichert ist u. hoffe, dass er sich inzwischen weiter kräftigt, um auf eignen füssen dann stehen zu können. An die recensionen gehe ich sicher diesen winter. Jetzt bin ich mit vorbereitungen fürs colleg und die schwierigen metrischen seminarübungen beschäftigt. Daneben schreibe ich einen aufsatz, der etwa den titel führen wird: Philologische betrachtungen im anschluss an Goethes Werther. Ich weiss nicht, ob er Ihnen für Ihre zs. taugt. Steinmeyer sagte mir in Erlangen, für kleinere bibliotheken seien die beihefte des Euph. verhängnisvoll; diese müssten mit festen sätzen für periodica arbeiten u. könnten dann doch auf die beihefte nicht verzichten, weil das werk sonst unvollständig sei. Ich sehe ein, dass er damit nicht ganz unrecht hat; gerade gymnasialbibliotheken wird das treffen. Andererseits kann ich nicht zum verzicht auf beihefte raten, die bibliotheken sollen eben von vornherein darauf rechnen. Oder ist ihnen dann der preis zu hoch? Das verbleiben der zs. bei Fromme halte ich für einen grossen gewinn, es macht den eindruck der stetigkeit. Steinmeyer sprach sich sehr für das fortleben und die notwendigkeit der zs. aus.
Die DLD sind also auch weiterhin gesichert. Ihr grosses programm enthält sehr hübsche sachen. Das repertoire zur Dramaturgie wird in einigen stücken allerdings auch nicht seltenes bringen; so ist gleich Weisse doch billig zu haben. Sollte man nicht die gymnasiallesebücher durchsehen, welche stellen aus der Dram. sie bringen und nur dazu das repertoire vorlegen? es werden nicht zu viele variationen da sein.
Für Goethes Gedichte habe ich einen alten wunsch: eine chronologisch geordnete reihe aller ersten fassungen; das wäre sehr instructiv. Die Bremer beiträge haben nicht eile, dünkt mich. ????? v. König vermisse ich seit langem, er ist antiquarisch u. in bibliotheken kaum aufzutreiben u. müsste doch einmal besser gekannt werden; ein heft dichtungen, ein heft seiner dichterbiographien. Minor hat einmal Novalis‘ Blütenstaubfragment vorbereitet, als ich noch die DLD leitete u. mit ihm überquer kam. usw. Den ältesten text der Zauberflöte konnte ich auch in Wien (Univ.bibl.) nicht auftreiben. Überhaupt oper u. operntheorie wäre nicht schlecht: es ist alles unbekannt u. nicht alles mit recht. Sie erlauben mir vielleicht, was mir beim arbeiten einfällt, Ihnen zu nennen.
Mein wegbleiben von Bremen habe ich also nicht zu bedauern. Empfehlen Sie uns Ihrer verehrten frau.
Zwierzina wird wol nach Freiburg kommen. Mit den besten grüssen u. wünschen fürs semester
treulich Ihr ergebener
BSfft.

Prag, 9. Oktober 1899 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 9/10 99
Smichow 586

Lieber Freund! Ich antworte sogleich, [we]il mich in der nächsten Zeit gleichfalls die Vorarbeiten für Colleg (Romantik) und Seminar (Jean Paul) in Anspruch nehmen werden. Ihre Philologischen Betrachtungen im Anschluß an Goethes Werther werden mir sehr willkommen sein. Sollten Sie aber aus irgendwelchem Grund das Goethejahrb. vorziehen, so werd ich natürlich nicht gekränkt sein. Sollten Sie sie mir senden wollen, so bitte ich sogleich um Nachricht (mit Angabe des Umfangs), damit ich Ihnen im Jahrgang 1900 den nöthigen Raum aufhebe; denn meine Mappen schwellen an u. fast über. Über die Ergänzungshefte wird allgemein geklagt. Seemüller hat mir ganz von ihnen abgerathen u. die hiesige Calvesche Buchhandl. hat mir die Klagen ihrer Abonennten vermittelt. Und zwar ist es der Preis, der die Leute abschreckt. Auch ein franz. Prof. (Sénil), der mich vor kurzem besu[ch]te, klagte. Ich werde daher zunächst auf sie verzichten müssen, obgleich mir Werner einen schönen Hebbelschen Briefwechsel für ein Heft in Aussicht gestellt hat. Vielleicht läßt sich später einmal mit Glossys Reservefond 1 Heft herstellen, das wir billiger oder umsonst geben können. – Ihre Ratschläge für die DLD werde ich gewiß beachten. – Die Dramen zur Dramaturgie sollen nur nach ihrer Notwendigkeit für die Schule ausgewählt werden. Die Bequemlichkeit der Darbietung soll die Käufer anziehen, auch die Billigkeit; denn bei Kürschner u. in andren Sammlungen muß man für 1 Drama doch mehr bezahlen. Bewährt sich der vom Verleger mit großer Wärme aufgenommene Plan nicht, so brechen wir nach wenigen Nummern ab. In Bremen sprach ich mit [m]ehreren Schulmännern darüber, die ihn gleichfalls freudig begrüßten.
Eine chronologisch geordnete Reihe aller ersten Fassungen Goethischer Gedichte könnte wol nur in Weimar an der Hand der Manuskripte hergestellt werden. Ich wills im Aug behalten.
König galt mir nicht für so selten, wahrscheinlich weil ich einen Druck besitze. Glauben Sie, daß er notwendiger ist als Oest, den mir Bernays sehr ans Herz legte (mit Withofs/Withoff/Withoft/Withöft), so will ich ihn vorausschieben.
Den Blütenstaub hat mir Minor zu wiederholten Malen versprochen, zugleich eine Auswahl aus den Papieren des Nachlasses (Die Hymnen auf die Nacht in erster versificierter Gestalt etc.) Aber ich weiß momentan nicht, wie ich mit Minor stehe. Er hat mich u. den Euphorion nach seinen Duell mit Hermann schmälich ! im Stich gelassen, schreibt mir nicht, hat mir auf die Nachricht vom Tod meines Vaters eine kühle p. c. K[ar]te geschickt u. hat s. Ahnfrau-Aufsatz für Heinzel mit meinen Collationen gearbeitet ohne mich zu nennen u. ohne ihn mir zu senden etc. Es ist nichts zwischen uns vorgefallen, ich weiß nicht, wie ich dran bin; aber ich kann ihm unmöglich schreiben. Der Verleger wäre für Novalis sehr eingenommen.
Die Bremer Beiträge hat Scherer vor 20 Jahren schon als sehr dringend bezeichnet. Sie sollten doch in me[hrer] Händen sein, als das jetzt der Fall ist (Ich habe sie); aber wenn ich Dringenderes habe, so stelle ich auch dies zurück.
Detter war hier u. hat mir sehr gefallen. Ich hoffe mich mit ihm recht gut zu vertragen.
In treuer Freundschaft Ihr aufrichtig erg.
AS.

Graz, 10. Oktober 1899 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Herzlichen dank für Ihren freundschaftlichen brief. Für das Goethe Jahrb ist mein aufsatz gar nicht geeignet, eher für Fleckeisens Jahrbb. Wie gross er wird, weiß ich noch nicht, ich musste ihn jetzt bei seite legen. Ich danke Ihnen einstweilen sehr für Ihre bereitwilligkeit, ihm unterstand zu gewähren; aber ich möchte andere, die früher kommen, nicht verdrängen. Ist er fertig, so melde ichs u. dann sehen wir, ob Sie in absehbarer zeit raum haben, zumal ich doch auch als recensent um solchen bitten werde.
Mit den besten wünschen u. grüssen Ihr
getreuer
BSfft.

10 X

Graz, 12. Oktober 1899 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Herzlichen dank für die sendungen des famosen neuen heftes. In die Hamletfeinheiten kann ich mich freilich so wenig finden wie in die D/H???? interpretationen der Aristotelischen katharis: das pünktlein kreist um sich selbst; aber ich höre den feinen Hebler gern aus dem grabe. Caro gibt allerlei nützliches, Swedenborg halt ich für äusserlichen gewinn, so wie Böhme der älteren romantik mehr worte u. farben als sachen lieh. Kossmann gefällt mir sehr. Bei Jos. Müller ist die sache dünkt mich besser als der vortrag. Doch las ich eilig in collegnot.
Treulich grüss Ihr dankbar ergebener
BSfft.

Sie wollten doch ein heft DLD geben: Der eintritt des 19. jhs in abhandlungen u. gedichten? Warum strichen Sie das actuelle thema aus dem programm?

Prag, 15. Oktober 1899 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Über mein letztes Heft denke ich genau so, wie Sie. Hebler konnte ich nicht abweisen, da ich einmal den ersten Aufsatz gebracht hatte. Von [M]üllers Excerpten ist die Fortsetzung besser. Die Saeculargedichte habe ich Behr angetragen. Er fand die Idee vorzüglich, meint aber, daß die Sammlung für die DLD – zu gut sei; eine bessere Ausstattg. etc. würde ihr mehr Leser zuführen u. er will sie demnächst als eigenes Buch herausgeben. Ich bin grade dabei, ihm einen Überschlag über den Umfang zu machen.
Mit freundl. Grüßen
Ihr
immer ergeb.
AS.

Graz, 26. Dezember 1899 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ich habe mich die ganze zeit geschämt an Sie zu schreiben, da meine hände immer noch leer sind. Die vorlesungen haben alle meine zeit gefressen. Sie kennen das ja auch, nur dass die Prager bibl. u. Ihre eigene Ihnen hilfreicher sind als mir das hiesige material.
Schade, dass Ihre Jahrh.-gedd. nicht in die DLD kommen, sie hätten diesen genutzt; für liebhaber hätte Ihr verleger ja abzüge auf feinerem papier herstellen können. Hoffentlich sind Sie beide wol.
Bei uns war ein frohes fest: ich habe zum 1. male meine schwestern aus der heimat dabei gehabt. Alles gute zur jahreswende!
Treu Ihr
BSfft. 26 XII

Prag, 29. Dezember 1899 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 29/12 1899
Smichow 586

Lieber Freund! Am Ende dieses Jahres, [in]dem Sie mich bei meinem Kampf um Kelles Nachfolge so wacker unterstützt haben, möchte ich Ihnen besonders herzlich für diese Ihre Freundschaft danken. Unsre Wahl ist wirklich vorzüglich. Detter lebt sich rasch ein u. bietet uns grade das was uns fehlte, was wir wünschten. Er ist nur Linguist, einseitiger Grammatiker; also die notwendige Ergänzung von uns Litterarhistorikern. Er lebt ganz für seine Wissenschaft, hat gar keine andren Interessen, ist ein vorzüglicher Lehrer u. ein guter College. Ich hoffe vortrefflich mit ihm auszukommen. Die Früchte seines Wirkens werden sich baldigst bemerkbar machen. Aber eines ist mir klar, was ihnen schon längst als wünschenswert erschienen ist. Nemlich da die beiden Fächer einmal so streng getrennt sind, ist es unan[g]enehm für den einen aus dem Fach des andren [z]u prüfen. Detter versteht von meiner Litteraturgeschichte auch nicht ein Körnchen. Das einzige Buch, das er gelesen hat, RMMeyers Goethe, bewundert er übermäßig. Was soll er meine Schüler bei der Lehramtsprüfung prüfen. Und das Umgekehrte gebe ich gleichfalls zu. Wir müssen mit vereinten Kräften eine Revision der Lehramtsprüfung anstreben, wodurch 1. das Fach der Germanistik von der klass. Philologie losgelöst u. selbstständig gemacht [wi]rd, wie es die Geschichte heute ist. 2. Daß bei der Clausur & mündl. Prüfung jeder Candidat aus älterer u. aus neuerer Germanistik geprüft wird, von zwei Examinatoren. Hausarbeit dürfte die eine genügen. Alternierend. Ich weiß, daß Sie etwas Ähnliches schon vor einigen Jahren angestrebt aber nicht erreicht haben. Kelle ist dagegen. Seinen Abgang von dem Vorsitz der Prüfungscomission müßten wir abwarten; dann aber schlage ich eine gemeinsame Eingabe aller germanisti[sche]n Prüfer aller Universitäten oder wenn das nicht erreichbar ist wenigstens eine gleichzeitige Aktion in Graz und Prag vor. Gelingt es mir in absehbarer Zeit nicht, dies zu erreichen, so trete ich aus der Prüfungscomission aus (die Prüfg. aus Unterrichtssprache gebe ich an Hauffen schon jetzt ab, sobald ihn das Min. ernennt). Sagen Sie mir gelegentlich Ihre und Schönbachs Meinung.
Heinzel kann die Übergehung seiner Schoßkinder Kraus und Jellinek nicht verw[in]den. Ich werde jetzt in Wien redlich gehaßt. Aber was braucht mir daran zu liegen. – Heinzel & Minor sind übrigens beide nicht mehr in der Prüfungscomission; es sollen Gymnasiallehrer prüfen, was auch mir ganz recht und für die Stundenten sehr heilsam wäre.
Mit Fromme ziehen sich die Verhandlungen noch immer hin, obwohl an dem neuen Jahrgang schon gedruckt wird. Beim Essen wuchs ihm der Hunger. Er wollte des Geldes immer mehr u. auch s. altes Deficit gedeckt haben. Ich finde aber: bare 1000 fl. sind unter allen Umst[än]den genug u. er hat nachgegeben. Glossy hat sich aufopfernd bemüht. Das ganze ist aber blos ein Arrangement auf 2 Jahre u. in der Zwischenzeit müßte sich die Abonenntenzahl wesentlich erhöhen. Wie ich das erreichen soll, weiß ich nicht. – Ich habe in den letzten 3 Monaten zahlreiche Verdrießlichkeiten gehabt, die sich aber nur auf unser inneres Universitätsleben bezogen u. mit denen ich Sie nicht behelligen will; aber sie haben mir viel Zeit und Stimmun[g] geraubt. Es sind aber hier trostlose Zustände, an denen im letzten Grund die Politik die Schuld trägt. Man stellt es sich in jungen Jahren nicht vor, daß der einzige Wunsch, den man haben wird, der sein wird: ungestört arbeiten zu können. – Bleiben Sie gleichmässig gut gesinnt Ihrem aufrichtig ergebenen AS.

Graz, 11. Januar 1900 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 11. I 00

Lieber freund, Endlich bin ich der mühsamen arbeit herr, die ich nicht als wiederholung meiner Wertherausgabe, sondern als ergänzung und noch mehr als eine vorschule des philologen überhaupt ansehe. Ob sie Ihre aufmerksamkeit gewinnen kann? u. gar Ihren beifall verdient? Jedenfalls sollen Sie zuerst in die lage kommen, über ihre eignung zur drucklegung zu entscheiden. Ich weiss nicht, ob Sie ihr im Euphorion raum gönnen können. Der umfang ist bedenklich, aber in teile zerschlagen lässt sie sich nicht ohne dass das ganze leidet und mit der, auch von andern beklagten ????? schrift möchte ich sie nicht gesetzt sehen. Ich werde mich freuen, wenn Sie ihr einen platz in aussicht stellen können und Ihnen dankbar sein. Ich bitte aber ohne alle persönliche rücksicht zu entscheiden, ich/doch werde eine ablehnung gewiss nicht übel nehmen. Ich gehe dann eben hausieren damit, zuerst in der Zs.f.d.a., dann zu den Neuen Jahrbb. Für die beurteilung meiner ausgabe ist es nicht gleichgültig, ob sie bald darnach erscheint oder wenn jene bereits verrissen ist.
Und nun mit nochmaligem glückauf zum neuen Jahr zur beantwortung Ihres lieben briefes, an die die ich vor fleiss nicht kam. Ich freue mich, dass Detter einschlägt.
Ich begreife auch, dass Sie den jüngeren collegen bei seiner einseitigkeit in der prüfung auf sein fach beschränken wollen: mir ginge es wol eben so, wenn ich statt Schönbachs einen jüngeren zur seite bekäme. Aber: wie die dinge bis jetzt liegen, und ohne personenwettstreit liegen werden, hatte und habe ich kein verlangen nach einer änderung. Schönbach, nicht ich, hat vor jahren mit dem vorstand der commission, Karajan, beantragt, dass ich bei der hauptprüfung die neue litt. examiniere:* das ministerium lehnte es ab, als erschwerung. Und da man inzwischen, wie die neue prüfungsvorschrift zeigt, noch mehr auf erleichterung ausgeht, wird eine solche vernünftige u. den studenten gewiss willkommene teilung heute noch weniger zu erreichen sein. Jedenfalls habe ich Schönbach u. Karajan so oft erklärt, dass ich den finger zu einer änderung nicht rühren werde, (weil ich froh bin nicht noch mehr prüfen zu müssen und weil Schönbach meine leute eher milder behandelt als ich sie behandeln würde) dass ich Ihnen leider keine unterstützung bei Ihren plänen zusagen kann. Schönbach pflegt auch die leute zu fragen, ob sie die hausarbeit aus alter oder neuer litt. wünschen (im letzteren falle pflegt ja eine von mir begutachtete dissert. oder seminarbeit voranzugehen.) Das halte ich für besser als ein schematisches alternieren, was einen cand. recht hart treffen kann. Neu ist mir, dass Heinzel u. Minor nicht prüfen, ich bin sehr begierig, den grund von Ihnen zu erfahren, (Minor soll ja auch einmal die seminardirection niedergelegt u. dann doch wieder übernommen haben?) Mir wäre der gedanke eher fatal, dass gymn.-lehrer meine leute prüfen sollten, das wäre dem fache schädlich und den studenten lästig: denn wie viele halten denn bei den fortschritten der wissenschaft aus? Sie könnten ja schliesslich Hauffen vorschicken, aber wäre Ihnen das lieber als Detter??
Vielleicht können Sie die sache mit einem neuen commissionsvorstand ohne ministerium ordnen. Bauer wenigstens sagte vor jahren, dass es so mit dem prüfer aus alter historie von einigen commissionen geschehen sei: hier war nicht durchzusetzen, dass er bei der prüfung der historiker mitwirkt, wiederholte schriftl. u. mündl. versuche beim minist. scheiterten immer wieder, u. so ist er nach wie vor nur beim philol.-examen, bei den histor. aber brach gelegt. Ein grosser schaden für die ausbildung der jungen leute, die alles auf Krones u. Loserth wenden müssen und auf die Geographie.
Sie sagen die Geschichte sei heute selbständig gemacht: bei uns nicht. Sie ist ja mit der geogr. verheiratet. Und diese geogr., die eigent. geologie + etwas statistik ist, zehrt die stud. ganz auf, so dass gesch., das zweithe hauptfach nominell, tatsächl. nebenfach zu ihr geworden ist. Wenigstens hier.
U. so verstehe ich auch nicht, wie u. warum die german. von der klass. philol. gelöst werden könnte. u. sollte An sich ist mir die verbindung wissenschaftl. recht. Und hier wird vom nebenfach, ja sogar hauptfach class. philolol. doch nur das gedächtnis belastet, gearbeitet wird nur bei uns. Leute nur für german. zu prüfen, geht wegen ihrer verwendbarkeit nicht an. Das schwierige thema liesse sich übrigens mündlich besser erledigen als schriftlich. Es kommt bei der beurteilung zu viel auf die erfahrungen an, die man mit den jeweilig verbundenen kollegen macht; jede neubesetzung verschiebt.
Schönbach denkt im wesentlichen gleich mir. Ich bezweifle, ob er nochmals einen versuch machen will, mich an der hauptprüfung zu beteiligen. Ich kann

[Textverlust]

* ich bin bei ihr nie beteiligt; im nebenfach alternieren Schönbach u. ich, was dadurch gerechtfertigt ist, dass er nhd. grammatik u. stilistik liest.

Prag, 12. Januar 1900 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 12/1 1900
Smichow 586.

Lieber Freund! Ich wünschte, daß Sie es [rec]ht fühlten, wie dankbar ich Ihnen dafür bin, daß Sie mir Ihre Abhandlung zuerst vorgelegt haben; denn daß ich sie jemals wieder aus den Händen gäbe, daran ist nicht zu denken. Ich habe nach einem rein philolog. Aufsatze längst gelechzt; denn die neueren Litterarhistoriker sind ja jetzt meist keine Philologen mehr. Ihr Aufsatz ist sehr lehrreich, dabei doch auch sehr klar und allgemein verständlich geschrieben (nicht im Sinn der Popularität!) und bedeutet eine wesentliche Bereicherung unseres philol. Wissens; daß die Anforderungen an moderne Textausgaben dadurch erhöht wurden, ist zweifellos. Umso mehr freue ich mich darüber, daß ich diese Abhandl. drucken darf, weil ich in dem Heft, dessen Bogen Sie nächster Tage bekommen eine thörichte Auffassung Steigs drucken lassen mußte, die wahrschein[li]ch HGrimms Abneigung gegen die Weimarische Ausgabe ihren Ursprung verdankt. In der Form nicht taktlos und überhaupt nicht verletzend; aber ganz unphilologisch u. unkritisch. – Ihre Abhandl. giebt 42-43 Seiten Corpus, das ist gar nicht so viel; am liebsten stellte ich sie an die Spitze des nächsten Heftes u. Bandes; aber ich fürchte, daß das nicht möglich sein werde, weil ich zu viele Versprechungen zu erfüllen habe; aber a[n] die Spitze von VII, 2 werd ich sie sicher stellen; an die Spitze, um zu betonen, daß es sich um principielle Fragen dabei handelt. Das ist Ihnen doch nicht zu spät? Also nochmals vielen Dank.
Was die Prüfungen betrifft, so geht aus Ihrem Brief hervor, daß die Dinge bei Ihnen ganz anders liegen. Geographie ist bei uns ganz nebensächlich; die philol. Prüfg. aus Nebenfach dagegen fast so schwer wie beim Hauptfach. U[n]sre Germanisten studieren fast nur mehr klass. Philologie. Ich möchte die Änderung hauptsächlich auch deshalb, weil es mir unangenehm ist, Dinge zu prüfen, die ich nicht vortrage, mit denen ich mich auch nur mehr sehr wenig beschäftige u. ich wäre ganz einverstanden damit, mich aufs Nebenfach zurückzuziehen, wenn dies nicht zur farce herabgedrückt wäre. Einstweilen hab ich die Prüfg. aus Unterrichtssprache Hauffen überlassen u. will ihm mit der Zeit noch [m]ehr abtreten. Denn so gern ich lehre, so ungern prüfe ich. Heinzel hat wol aus ähnl. Gründen die Prüfungen aufgegeben. Minor scheint mir deswegen aus der Comm. ausgetreten zu sein, weil Schipper für die Prüfg. aus der Unterrichtssprache Gymnasiallehrer in Vorschlag gebracht hatte. Aber Genaueres weiß ich drüber nicht. Zunächst werde ich gar nichts thun, bis nicht der neue Vorsitzende ernannt ist (Rzach ist in Aussicht genommen wie es heißt) u. wenn ich auswärt[s k]eine Unterstützung finde, so werd ich wol kaum etwas unternehmen. Am besten wärs, wenn sich im internen Wirkungskreis ohne Ministerium die Zweiteilung der mündl. Prüfg. u. etwa der Clausurprüfg. durchsetzen ließe.
Ich habe höchst merkwürdige Briefe [von] Burdach, in denen er sich nachträglich bitter darüber beklagt, in Prag nicht vorgeschlagen word. zu sein. Mündlich würde ich Ihnen gern ihren Inhalt mittheilen.
Nochmals herzlich dankend
Ihr aufrichtig erg. AS

Prag, 12. Januar 1900 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Bemerken möcht ich noch, daß Ihre R[es]ultate auch von den Principien der Weimarer Ausgabe abweichen, sowie wenigstens ich sie aufgefasst habe. Es war wol Grundsatz, daß man Fehler der früheren (unechten) Ausgabe, die G. durch Aufnahme in echte Ausgaben sanctioniert hat, nicht beseitigen dürfe. Ich mußte beim Götz so vorgehen u. ich glaube, alle andren oder die meisten sind auch so vorgegangen. Wird Ihr Resultat acceptiert, dann müßten alle Texte neu gearbeitet werden[.] Ich darf wol auch bemerken, daß ich in meinen Vorarbeiten zum Götz viele ähnliche Beobachtungen gemacht habe, ohne die systematische Anordnung & die logischen Schlüsse, die ich bei Ihnen finde. Ich hatte damals nicht d. Muth, die Dinge zusammenzufassen u. gegen den Redactoren zur Geltung zu bringen. Umsomehr freue ich mich der Übereinstimmung.

Graz, 13. Januar 1900 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 13 I 900

Lieber freund, Dass Sie so zustimmend, freundschaftlich u. rasch antworten, ist mir eine wirkliche freude und ich danke Ihnen dafür. Darnach hab ich ja die erwünschte hoffnung, dass der artikel noch im laufe des jahres ausgegeben wird.* Und vielleicht gefällt er dann doch noch einem oder dem andern: denn dass die meisten unserer mitarbeiter keine philol. sind u. sein wollen, weiss ich wie Sie und gerade darum wollte ich schreiben, zuerst mit einem bitterbösen anfang, den ich liess um die sache für sich reden zu lassen. Bei den DLD sehen Sies ja auch in der nähe wie ich, dass keiner texte edieren kann, u. redactor der Weim. ausg. zu sein ist für einen menschen wie ich eine strafe: die tüchtigsten leute sind unbe- hilflich wie kinder und wie schwer ists, ihnen beizukommen ohne sie zu verletzen. Ich war übrigens nicht der meinung gegen die grundsätze der Weim. ausg. zu verstossen u. der Wertherredactor ESchmidt hat auch kein silblein davon verlauten lassen. Ich fasste es immer so u. nie anders auf. Es heisst doch im §.11: Die Mitarbeiter haben stets auf Grund der gesammten Überlieferung zu untersuchen, ob die Texte durch Corruptelen gelitten haben. §.10 Änderung des Fehlerhaften bleibt überall vorbehalten. Ihr h. redactor hat Sie also zu seinem glauben gezwungen, (dies ist nicht seine schwerste sünde) aber nicht zu den Grundsätzen der ausgabe; ich bin überzeugt, dass E. Schmidt darüber genau so denkt wie ich u. als die allein überlebenden sind wir zwei die allein authentischen interpreten. Ich bin nur gegen mischun- gen zweier fassungen: so fragte ich mich, ob von den Guten weibern die bessere erste oder die zweite schlechtere u. nahm diese in den text, weil es Goethe so getan. Die lesarten beider zu mischen wie es andere herausgeber taten schien mir unerlaubt.
Zwierzina versteht, dass ich mich in der einleitung gegen die Wiener reimstatistiker wende (Kraus also vielleicht auch), denn jener weiss von mir, wo ich stehe. Doch denke ich sollen die verborgenen spitzen niemand verletzen. Vielen verständlich wollte ich sein u. darum mied ich die siglen: wer hätte sich mit 50 ausgekannt! So wenig als ich Bruiniers Faust verstehen kann.
Sehr schade, dass Sie Ihre Götzbeobachtungen nicht der redaction und allen vorhielten! Es ist neben dem Werther wol das dankbarste stück.
Prüfungbetr. – Gewiss ists am besten, Sie ordnen das mit dem vorstand: wenn er will, geht es. Auch ich mag nicht MA prüfen, am wenigsten linguistische grammatik, weil ich sie nicht kann. Deutsch-nebenfach nehmen wir nicht als farce, u. es geht ohne halsbrechen nicht ab. In einer stunde – u. kürzer prüfen wir nie – kann man einen schon umbringen, der nichts weiss oder nur verständnislos gebüffelt hat.

Burdach ist unglaublich! zu andern redete er damals, als ob es lächerlich sei dass er durch seinen Prager u. österr. aufenthalt für Kelles stelle candidiere. Nun, er wird sich trösten, wenn ihn Althof nach Berlin holt; zunächst wol als überzähligen prof., zur redaction [Burdach als redacteur bei seiner art die menschen zu behandeln!] der altdtschen sprachdenkmäler in der weise der Monum. – falls aus Althofs absicht etwas wird.
Nochmals herzlichen dank für die annahme, Ihre zustimmung u. anerkennung: die kommt mir so selten irgendwoher, dass ich sie beim namen nennen darf, wenn sie einmal einkehrt.
Treulichst
Ihr
BSfft.

Bauers 3. kind, der 5jährige bub, hat schenkelhalsentzündung u. stapft in gips! Hoffentlich wird er nicht wie unser Schönbach, der von jahr zu jahr schwerer geht. Der arzt sagt es sei ein leichter fall; also wird Kurt ja mit geraden knochen davon kommen.

* Ein je eher je lieber unterdrück ich, weil ich sehe, dass Sie mich ohnedies tunlichst bevorzugen. Dank!

Graz, 24. Januar 1900 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Besten dank, l. frd., für den Quacksalber u. das neue heft. Ich freue mich sehr aufs lesen. Jetzt wollte ich über den Gottscheden sitzen, zumal ich sie fürs colleg auch brauche: da muss ich plötzlich, sehr gegen die neigung, die ausarbeitung eines öffentlichen vortrags bedenken, eine ganz ungewohnte sache für mich.
Ich danke Ihnen immer wieder für Ihren so freundlichen brief u. die aufnahme der philol. studie: es tat mir nachhaltig wol. Grüssend
Ihr ergebener
BSfft.

24 I 00

Prag, 28. Januar 1900 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ihr Man. geht morgen in die Druckerei. Ich bin ganz glücklich darüber, daß es noch möglich ist, den Aufsatz an die Spitze des neuen Bandes zu stellen, der auf sichererer finanzieller Grundlage erscheint als die früheren. Möge er zugleich für einen Programmartikel gehalten we[rde]n. Sie müssen mir darob eine Rec. über Ranftl in dems. Heft verzeihen, die ich nicht mehr austilgen kann. Ich hatte W. v. Wurzbach, für den ich ein gewisses faible habe u. der wirklich ein höchst talentierter Bursche ist, seinerzeit das Buch v. Goltz zur Rec. übergeben u. mußte ihm daher auch Ranftl überlassen. Er lehnt es nun als zu umfangreich ab, ohne grade etwas Böses, ohne überhaupt etwas ordentl. darüber zu sagen. Wurzbach ist nun gar k. Philolog & hat für das Philolog. in dem Buch, das ich allerdings auch viel knapper wünschte, kein Verständnis. Aber ich will ihn nicht vor d. Kopf stoßen. Ich werde Ihnen aber seinerzeit d. Rec. noch in Fahnen schicken & halten Sie es unbedingt für notwendig, so [wil]l ich eine redactionelle Bemerkg. hinzufügen. Überhaupt diese Recensionen!! Wenn man sie nur alle selber schreiben könnte, man hätte viel weniger Ärger u. fast würden sie besser.
Herzlich grüßend
Ihr
AS.

Graz, 29. Januar 1900 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Möge Sie Ihre bevorzugung meines artikels nicht reuen! ich bin sehr erfreut darüber u. Ihnen aufrichtig dankbar. Ranftls quellendarlegung war auch mir viel zu breit, tot, uncomponiert: es gelang ihm aber auch beim überarbeiten nicht besser. Dagegen halte ich das kap. über den romant stil – ich meine das ganze 4. kap. „Charakteristik“ – für ausgezeichnet, ohne vorbild und mustergültig; fein empfindend u. die eindrücke in ihren ursachen beweisend. Dass das in meinem garten gewachsen ist, darauf bin ich stolz. Ich sehe aber, dass auch hier vieles hätte kürzer und vor allem gewandter gesagt sein können: der stil des h. theologen liegt eben fest. Sachlich aber ist hier kein stück zu viel nach meinem glauben. Wenn Ihr rec. dies kapitel nicht begreift, dann schadet er sich mehr als R., der recht schöne briefe von kundigen leuten erhielt u. auch schon gedruckte anerkennung. Auf keinen fall rechne ich Ihnen auf, was etwa h.v.W. verfehlt nach meinem urteil. Übrigens: es wäre famos, wenn Sieberichte über die wichtigen neuen erscheingen. schrieben! Von den rec. zieht einer herüber, der andere hinüber: leute aus zu verschiedenen schulen und auch ohne schule. Herzlich Ihr
BSfft.

Prag, 18. Februar 1900 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F., Bitte, ist Herr Dr. Leverkühn in Sophia ein Schüler von Ihnen? Haben Sie den Brief Wielands an Lavater, den er mir geschickt hat gelesen? Er beruft sich auf Sie u. scheint in der Wieland Litt. zu Hause zu sein, dann aber wieder verlangt er, dass die ausgestrichenen Worte Wielands so „“ wiederzugeben wären, citiert alle Bücher mit ellenlangen Titeln etc. Mit einigen Umstellungen und Streichungen (in den Anm) scheint mir der interessante Brief sehr wohl verwendbar zu sein.
Einer gelegentlichen freundlichen Antwort entgegense[he]nd und herzlich grüssend
Ihr
Treulich erg.
AS.

Prag 18/2 1900
Smichow 586

Graz, 19. Februar 1900 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L. fr. Leverkühn war mir völlig unbekannt, bis er vor jahr u. tag mich um aufschluss über Lavaterhss. seines besitzes anging. Ich gewährte ihm, weil ich das Wieland und die Goethestücke nicht verloren gehen lassen wollte. Seinen fragen nach ist er nicht nur in deutscher literatur sondern überhaupt wissenschaftlich ein vollkommner laie. Seine gewiss begründete entschuldigung, es mangle ihm in Sophia an allen büchern, erklärt doch seine absolute hilflosigkeit u. ignoranz nicht zureichend. Den brief Wields. habe ich gelesen. Auf seine bitte um nennung von druckgelegenheit empfahl ich ihm für diesen den Euphor., für die Goethesachen das Gjahrb. Ein recht, sich auf mich bei Ihnen zu berufen, gab ich ihm nicht. Dass ich ihm schrieb, ich hielte den brief f. ungedruckt, durfte er in s. kommentar erwähnen. Ich gab ihm auch erläuterungen. Wie er text u. anm. einrichten soll, schrieb ich nicht. Ich hielt das mit druckmaschine geschriebene mscpt. für brouillon, hatte auch keine lust, es um o. auszubauen. Mir ist der mann schon lästig geworden. Verfahren Sie mit ihm nach lust, ohne jede rücksicht auf mich, der ihn gerne los wird. Den brief finde ich wie Sie druckenswert. Er hat noch allerlei Lavatersches, was mir bei flüchtiger prüfung wenig wert zu sein scheint, ich kann mich aber täuschen. Herzlich BSfft.

Graz, 6. März 1900 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Fromme erfreut u. erschreckt mich, indem ich soeben von ihm die corr. des ganzen Werther auf einmal erhalte. Ich muss Sie um nachsicht bitten. Ich muss nächste woche einen vortrag über Wlds Oberon halten; er ist erst zur hälfte entworfen, muss noch ganz ausgearbeitet werden, kurz ich bin im entsetzlichsten gedränge. Ich kann unmöglich in 3 tagen erledigen. Bevor der vortrag fertig ist (ich denke zu ende der woche) kann ich nicht dran. Ich habe ein unbekanntes Wertherex. erworben, es muss an 2 stellen des aufsatzes kurz berücksichtigt werden. Verzeihung! mir ist sehr leid unmöglich prompt sein zu können u. das gerade da, wo Sie mir so viel zuvorkommen erwiesen! Treulich Ihr sehr ergebener
BSeuffert
6 III

Prag, 8. März 1900 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vielleicht können Sie mir die Correctur partienweise zusenden, um auch mir die Arbeit zu erleichtern. Im Übrigen ke[nn]e ich ja solche Abhaltungen selbst u. fasse mich in Geduld. Fromme pflegt auch meistens die 10 Bogen auf einmal zu drucken. –
Wünschen Sie eine 2. Correctur, so schreiben Sies auf d. Fahnen.
Herzlichst grüßend
Ihr
aufrichtig erg.
AS.

8/3 00

Graz, 21. März 1900 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L. frd. Empfangen Sie herzlichen dank für Ihre geduld. Ich habe mich beeilt, so sehr ich konnte. Zum überfluss wurde ich noch am Freitag, da ich in der hospitantinnencollegiengeldfrage den kommissionsbericht umwarf, mit einem referat für die gestrige sitzung betraut, was mich am samstag u. sonntag nochmals abhielt. Gestern ging nun alles an Sie ab. Verzeihen Sie die vielen korrekturen; die meisten wurden durch den neuen fund einer ausgabe auferlegt; anderes schien mir einer verdeutlichung zu bedürfen. Revision habe ich nur von 2 fahnen erbeten, allerdings möchte ich diese gerne auf bogen umgebrochen sehen. Ich wünschte, dass Ihnen bei der korrektur die sache nicht weniger gefiele, als im mscpt. – Meinen Oberonvortrag will ich drucken lassen. Für den Euphor. ist er zu populär, dünkt mich, u. enthält zu wenig neues. Vielleicht versuche ichs mit den ehem. Fleckeisenschen Jahrbb., nur würde ich vielleicht auch da ein paar untersuchende exkurse anhängen. Am besten passt er in die Rundschau, aber Rodenberg ist Wielandfeindlich; oder in eine vortragssammlung. Schliesslich schicke ich ihn der tante Voss, da verdien ich wenigstens etwas. Kurz, ich weiss noch nicht, was ich tue. Ich schreibe es Ihnen lediglich deshalb, damit Sie nicht mich für undankbar gegen den Euphor. und seinen herausgeber halten, wenn ich eine darstellung aus neuer ltt. anderwärts publiciere ohne gemeldet zu haben, dass ich sie für den Euph. nicht geeignet finde. Mit dem herzlichen wunsche guter ferien
Ihr BSfft.

21.3.

Prag, 23. März 1900 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ihr Aufsatz hält wie wiederholtem Lesen, so auch jeder Nachprüfg. Stand. Ich freue mich, den neuen Jg. u. die neue Serie damit eröffnen zu können. Revision schicke ich Ihnen wenn nicht von dem Ganzen, so jedesfalls von jenen Seiten in Bogen. - [Ges]tatten Sie mir, daß ich Ihnen wegen Ihres Vortrags einen Vorschlag mache. Der hiesige Deutsche Verein f. gemeinnützige Kenntnisse, in dessen Vorträgen mein Hölderlin, OLudwig, Seume erschienen ist, wäre glücklich den Vortrag drucken zu dürfen. Er zahlt 30 fl. für den Bogen, gibt so viele Freiex. als man will u. hat jetzt auch einen Umschlag über jedem Heft, was früher fehlte. Er hat 6 oder 7000 Mitglieder u. der Vortrag kommt weit herum, bis nach Siebenbürgen u. wird auch im Buchhandel vertrieben. Nur die Anhänge dürften dort nicht Raum haben; jedoch könnte ich auch deswegen mit Hauffen sprechen, der im Ausschuß des Vereins ist. Wollen Sie es da[mi]t wagen, so senden Sie bitte das Man. mir oder Hauffen. Es läßt sich wohl auch arrangieren, daß der Vortrag rasch gedruckt wird. Überlegen Sie dieses; ich selbst habe mit dem Verein nichts zu thun, bin also nicht gekränkt, wenn es Ihnen nicht paßt.
Gute Ferien wünschend u. herzlich grüßend Ihr AS.

Graz, 29. März 1900 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund und nothelfer! Ihr anerbieten, den vortrag dem d. verein aufzuhalsen, ist mir sehr willkommen; ich wollte Ihnen das mscpt gleich schicken, sehe aber, dass ichs für den druck doch erst noch einmal durchgehen muss und dazu fehlt mir die zeit – es wird ein Goethebd. meiner redaktion eben fertig u. dazu an einer schrift eines verstorb. schülers korrigiert. Auf exkurse verzichte ich; ein paar anmerk. hat auch Hauffen bei solchen vorträgen; ich füge sie zu, ohne auf ihnen zu bestehen. Sobald ich fertig bin, erhalten Sie die blätter. Ich danke Ihnen für den rat aufs beste.
Ich hab Ihnen hoffentlich seinerzeit das übrigens selbstverständliche geschrieben, dass ich fürs GoetheJahrbuch den üblichen bericht über den Werther verf. habe. natürl. nur ein bericht über die tatsachen, keinerlei philol. beurteilung. Geiger will ihn als anfang drucken, ich wendete ein, das gehe nicht, weil ich bei Ihnen mich principiell auslasse; er beharrte aber darauf; ich fügte eine note an, worin dies gesagt ist.
Ich habe das reine gewissen, mich nicht mehr zu wiederholen als unvermeidlich ist. Meine frau leidet noch sehr unter böser nachwirkung der influenza. Morris über Walpurgis ist gescheit wie immer u. kühn wie immer. Treulich Ihr
BSfft. 29.3.

Prag, 30. März 1900 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Verzeihen Sie, daß ich Sie mit einer Bitte behellige. Es liegt mir daran eine zuverlässige Abschrift des Gedichtes oder des Prosaaufsatzes „An das Vaterland beym Anbeginn des 19. Jahrhunderts“ zu erhalten, mit dem die Grätzer Zei[tun]g ihren Jahrgang 1801 eröffnete. Ich möchte mir den Wälzer nicht wieder schicken lassen; ist Ihnen aber die Mühe zu groß, so kann ichs leicht thun. Ist der Band in der Univ. Bibl. nicht vorhanden, so sicher im Joanneum; denn ich hatte ihn einmal hier.
Besten Dank im Voraus dafür.
Herzlich grüßend
Ihr
aufrichtig erg.
ASauer

Prag 30/3 1900
Smichow 586

31/3 Freue mich Ihrer Zustimmung. – Daß Sie im Goethejahrb. den Euphorionaufsatz nicht wiederholt haben, davon bin ich von vornherein überzeugt.

Graz, 4. April 1900 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Da ist die gewünschte abschrift, hoffentlich deutlich genug.* Sie wissen wol, ohne interesse daran zu haben, dass 1800 mit ?????1 der Grätzer Zeitung verbunden und vor ihr 4 spalten prosa „?????< <????? 18. ?????“ stehen.
Und dann ist der Oberonvortrag da. Hoffentlich macht er Ihnen beim gemeinnützigen verein keine schande. Ist es unmöglich, die anmerkungen hintenan zu drucken, so müssen sie halt weg bleiben, obwol mirs leid wäre. Sie schrieben: „exemplare so viel man will“! Das ist sehr verlockend zur unverschämtheit; ich habe so viele schulden, da ich ja nur auf zss.-S.A. angewiesen bin, u. möchte gerne abtragen. Aber ich scheue mich doch 50 zu verlangen, wie sie die Akademie gibt; streichen Sie also davon weg nach Ihrer erfahrung und Ihrem anstandsgefühl. Gross ist das ding ja nicht, es wird nach der berechnung wenig über 1 bogen gehen. Und so empfehl ich es Ihrer obhut und danke bestens für die vermittlung.
Jetzt wollt ich recensieren für Sie u. Schröder, da kommt mir die Burkhardtfestschrift in die quer. Wie soll man ablehnen? Sie tun ja auch mit. Ich bin etwas ärgerlich, dass man genau 1 monat vor dem ablieferungstermin eingeladen wird. U. ich feierte Burkh. liebermit einem festessen als mit einer schrift. Ich hab ihn ja wirklich gern, aber einen gelehrten kann ich nicht aus ihm mir zurecht machen. Was spenden Sie denn?
Haben Sie gelesen, was Weilen über Ranftls Genovefa in der Zs. f.d.ö.g. sagt? Schönbach zeigte mirs; ich habe ihm diesen sinn für methode gar nicht zugetraut; desto erfreuter war ich.
Jetzt wird an der unreifen aber doch nicht leeren schrift eines verstorbenen schülers gedruckt: Grafiker, motiventwicklung. Lästige korrektur!
Die revision der Wertherphilologie hab ich noch nicht: das meld ich lediglich der ordnung wegen.
Der gute Joseph ist also auch untergebracht; und Berger ev. u. sogar schon Kühnemann.
Meine frau ist immer noch nicht wol, heftige neuralgien im hinterkopf werfen sie stark zurück.
Ich seufze nach erholung, wozu ich bisher keine zeit fand.
Mit den herzlichsten grüssen u. auch mit empfehlungen an Ihre frau – vielleicht gefällt ihr der Oberon ein bischen, da er ein paar hiesigen „colleginnen“ sehr gut gefallen zu haben scheint.

Ihr
ergebener
BSeuffert

Soeben trifft die correctur ein, heute bring ich sie nicht fertig, aber so schnell als möglich geht sie an Sie zurück; Sie können sich dann die mühe sparen, mit meiner korrektur zu revidieren.
Ihr
BSfft.

S32 der revision kann nicht so bleiben; wie es steht, ist es ein unsinn; die zeilen müssen durchlaufen. Dann lässt sich die sache auch da einreihen, wohin sie gehört: S31 z. 6. Ich bitte Sie dringend zu veranlassen, dass Ihnen der setzer von bl. 31/2 einen neuen verbesserten absatz macht.

* Kennen Sie den verf.? Er muss Herder gelesen haben.

Prag, 5. April 1900 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Hätte ich gewußt, daß der Aufsatz so lang ist, so [hätt]e ich Sie nicht damit geq[uä]lt. Vielen Dank dafür. Für den Vf. hielt ich als ich mich mit dem Band beschäftigte Leitner, den Oheim des späteren Dichters. Die Herderschen Ideen waren in Öst. sehr verbreitet u. gelesen, wie auch Murko nachwies. – Ihr Oberonaufsatz ist ausgezeichnet u. wird der Sammlung zur Zierde gereichen. Hauffen wird Ihnen selbst schreiben, bis wann er gedruckt werden kann etc. Verlangen Sie ruhig 100 Abzüge; es macht gar keinen Anstand; ich selbst habe so viel bekommen. – Was Sie wünschen, wird natürlich in Ihrem Euphorionaufsatz noch geändert. – Für Burckardt gebe ich [ei]n paar Hinweise auf Gesprä[che] mit Goethe bei Zauper, Sternberg, Holtei etc., die bei Biedermann fehlen. Das Resultat ist, daß Biedermanns Sammlung unter aller Kritik ist, da nicht einmal die Goethelitt. im engeren Sinn excerpiert ist. Sonst habe ich nichts u. für den zu Feiernden ists gut genug. - Josephs Ernennung – ist eigentlich unglaublich. Blosse Camaraderie; es wird in dieser Clique immer ärger. – Weilen macht sich; schon s. Aufsatz für Heinzel war gut. Die Theatergeschichte recht gut. Ich hoffe, daß Wurzbach, dem ich in Wien den Kopf zurecht gesetzt habe, bei d. Correctur noch ändert. – Dumbas Tod ist für mich u d. Euphorion ein schwerer Schlag. Er ist einer unsrer Gönner. Hoffentlich ist wenigstens das ????? Geld zu ????? bringen! Fatal. – Baldige Besserung Ihrer lieben Frau. Ihr AS.

Prag, 24. April 1900 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. In der bewußten Tabelle – die jetzt ganz in Ordnung ist – steht „heraumtaumeln“. Obwohl ich nun nicht glaube, daß Sie das so in Ihrer Hs. stehende Wort be[i ei]ner zweimaligen Correctur hätten durchgehen lassen, wenn es nicht so heißen sollte, so bitte ich Sie doch zu meiner Beruhigung um umgehende Nachricht deswegen.
Herzlich grüßend
Ihr
AS.

Prag 24/4 00
Smichow 586.

Wissen Sie zufällig, ob die lange Almanachreihe, die Ihre Univ. Bibl vor 2-3 Jahren erworben hat, schon katalogisiert ist?

Graz, 25. April 1900 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Lfr. Dank für die ordnung der tabellen. Es soll doch heissen: herumtaumeln; verzeihung für meine nachlässigkeit. Ich habe so vieles nachgeschlagen und dabei offenbar doch noch verschrieben und verlesen. Ob die almanache katalogisiert sind, weiss ich nicht; ich werde fragen. Übrigens waren es vielfach so defecte reihen, dass ich den von Schlosser betriebenen ankauf nicht eben sehr klug fand: ergänzen lässt sich derlei kaum und wir haben viel empfindlichere lücken. Grüssend Ihr getreuer
BSfft.

25.4

Prag, 2. Mai 1900 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Wenn Sie einmal, l Fr., einen Ergänzungsband zu Hempel zusammenstellen wollen, so werde ich trachten, da Dümmler ihn kaum dru[ck]en wird, Behr dafür zu gewinnen, dass er ihn in die DLD aufnimmt. Sicher versprechen kann ichs natürlich nicht. Von einer neuen Prüfungsvorschrift – schon wieder!! – ist zu mir noch nichts gedrungen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie satt ich das Prüfen habe. Freude macht mir nur das Seminar, obwohl es mir bei grösserer Betheiligung und grösserer Begabung der Theilnehmer eine noc[h] grössere machte. Die Vorlesungen keineswegs immer; das Prüfen nie. – Morgen beginne ich mit den Vorlesungen u. trauere über die schöne Zeit, die ich zu Ostern durch meine Influenza verloren habe. – Herzlich grüssend Ihr AS.

Graz, 8. Mai 1900 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Faksimile fehlt.

Lfrd. Ich habe unklar geschrieben: es handelt sich nicht um eine neue prüfungsordnung, sondern um neue instructionen zum gymnasialunterricht. Ich sah sie nur an, um eventuell einzelnes in meinem unterricht diesen anforderungen anzupassen, d.h. die künftigen lehrer darauf zu drillen. – Sie wissen sicher, dass in Freiburg an Weissenfels‘ stelle ein ordinariat errichtet werden soll, wofür 1. Schönbach, 2. Creizenach vorgeschlagen ist. Wer an 3. stelle, weiss ich nicht. Ich hoffe, dass es Kluge auf C. abgesehen hat u. dass mir Sch. erhalten bleibt. Wenn allerdings aus politischen gründen das ministerium einen den klerikalen auch genehmen mann will (wozu die fakultät die hand bieten soll), dann würde es grosse mittel aufwenden u. also stark verlocken können. Das muss sich im sommer entscheiden.
Ihr angebot eines heftes DLD für eine Wielandnachlese nehme ich dankbar an, falls es dazu kommt, u es mit Hempels nachf. nicht, dagegen mit Ihrem verleger gehen sollte. Herzlich grüsst Ihr
BSfft.

8.5.

Prag, 23. Mai 1900 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 23/5 00
Smichow 586

L. F. Heut hab ich eine „kritische“ Bitte an Sie. – Meine Säculargedichte sind mächtig angewachsen. Der Band wird sich g[li]edern in 1) Lyrische Gedichte. 2. Dramen. 3. Satyren in Vers und Prosa. 4. Gebete u. Predigten. 5. Weltliche Saec. Betrachtgen. 1 und 2 wird die Hauptsache sein; 4 u. 5 nur Anfang in ein paar Proben. – Da die Sammlung mehr culturhistor. als litterarhist. Wert hat, gehe ich mit den Texten nicht so ängstlich um als sonst in den DLD; so habe ich z.b. die Seiten der Originaldrucke we[g]gelassen. Geiger in seiner ähnl. Samml. [„B]erliner Gedichte“ hat auch die Orthogr. modernisiert. Da dürften Sie mir wol recht geben, wenn ich ihm nicht folge u. die Orthographie der Originale beibehalte obwohl sie sehr buntscheckig u. Jar mit Jahr etc. wechselt. Schwierigkeiten machen mir aber noch immer die Anmerkungen unter dem Text. (D. h. die von den Vf. resp. ersten Herausgeber herrührenden Anmerkungen; denn meine Anmerkg. folgen hinter dem Text am Schluß des Bandes, so wie in dem Sammelban[d] des Allg. Deutschen Sprachvereins mit den Gedichten auf die deutsche Sprache.
Mein ursprüngl. Plan war beim Text der Gedichte alle Anmerkungen der Vf. selbst, ob sie in Form von Einleitungen oder Inhaltsangaben vor dem Gedicht, oder als grössere Ex curse hinter dem Gedicht oder als Fußnoten unter dem Gedicht stehen, an der Ori[gi]nalstelle zu belassen. Dagegen alle redactionellen Bemerkungen erster Drucke etc. in meine Anmerkungen also in den textkritischen Apparat auf- zunehmen. Nun bin ich aber, da mir das Material sehr stark angewachsen ist u. ich leider (oder Gott sei Dank) auf eine bestimmte Bogenzahl beschränkt bin, mit dem Platz im Gedränge u. die Anmerkg. nehmen mir viel Raum weg. Da sind z.b. 2 Satiren [aus] einem Almanach „Diogenes Laterne“, die ich gerne abdruckte. Die Anmerkungen schwellen sie mir auf das Doppelte an. Voran eine lange Inhaltsangabe (ohne neue Gesichtspunkte). Von den Anmerk. sagt der Vf. selbst, daß sie nur für die Einfältigen da seien (er meints wol satirisch; aber es ist wirklich so). Hören Sie einige: „momisch, von dem Gott Momus, (Tadler, Rüger)“.
Hogarth, bekannter Carricatur „Mahler“.
„Pranger nennt man einen Pfahl, woran öffentliche Übeltäter zur Schau ausgestellt zu werden pflegen. Die Namen der Entlaufenen sieht man hier auf Blech eingegraben“ [gebe Erklärung des Vgl. im Text.]
„Hellas, d. h. Griechenland“
„Die Thatsachen für dies alles sind uns doch wohl im frischen Andenken“.
„Hier u. im folg. wird angespielt auf die Stelle in der Bibel: „Die Blinden sehen etc.“
„In den Psalmen wird der Weg des ????? in diesem erhabenen Bilde dargestellt.“
„Siehe die Zeitgeschichte“
u. so. w. – Auch dürften sich im Verfolg der Gedichte zahlreiche Erklärungen zu Franklin, Herschel, Mongolfiere etc. bis zur Unerträglichkeit wiederholen.
Ich habe mir überlegt, ob ich vielleicht alle Anmerkg. aus dem Text weglassen u. in meinen Anhang verweisen könnte, wo sie weniger Raum einnehmen, weil man sie fortlaufend drucken könnte; aber das geht kaum. Denn einige von ihnen gehören nothwendig zum Verständnis des Textes dazu. Andre erklären Namen u. Anspielungen au[f d]ie Zeitgeschichte, die auch der historisch geschulte Leser nicht gleich weiß.
Könnte ich es nun rechtfertigen, wenn ich mit den Anmerkungen ganz frei schalte & walte, weglasse, was mir über- flüssig zu s. scheint u. beibehalte, was ich für nothwendig halte? – Allerdings gehören die Anm. auch zur Signatur des Ganzen. Aber wenn schon ein Gedicht e[tw]as weitschweifig ist [wo ich nicht kürze u. meiner Meinung nach auch nicht kürzen darf, wenn ich überhaupt Texte biete], so scheinen mir weitschweifige Anmerkungen dazu die Geduld des Lesers auf eine zu harte Probe zu stellen u. auf Leser rechne ich doch.
Seien Sie also so liebenswürdig mir Ihre Meinung darüber zu sagen. Natürlich legte ich dann mein Verfahren der Anmerkg. gegenüber in meiner Vorbemerkg. oder sonstwo klar.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Graz, 24. Mai 1900 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Vielen dank für den Euphor. 1, ich hab aber vor lauter notwachelei mit colleg, seminar u. korrekturen noch wenig drin gelesen. Für die anmerkung zu Rantfls gunsten dank ich Ihnen besonders. Und nochmals, dass Sie die Wertherphilol. so schnell und an diesem platz brachten; Schönbach u. Bauer sprachen sich sehr günstig über die studie aus. – Und nun zu Ihrem soeben eingetroffenen briefe! Ja, die orthographie zu modernisieren ist bedenklich; denn veraltete laute, flexionen usw. kann man doch nicht auch ändern, und die sind in moderner schreibung unerträglich u. ... unmöglich. (Der drucker sollte auch keine zu modernen lettern wählen! Mit etwas altmodischer ausstattung wird die altmod. orthogr. auch laien behaglich gemacht.) Ebenso stimme ich Ihnen zu, nichtssagende anmerkungen, ein- u. ausleitungen ohne gehalt, zu streichen, die wünschenswerten aber in der fassung des unternkeim texts zu belassen. Bei Ihren schlussanmerkungen ist ja dann der platz zu sagen: hier habe ich belangloses gestrichen, hier habe ich ausgewählt usf.; ich würde dies bekenntnis aber in jedem einzelnen fall, nicht principiell fürs allgemeine ablegen; ich würde ferner eine anm. wie die über pranger eigens erwähnen, weil sie beweist, dass das wort für das betr. land nicht mehr verständlich war, was doch sprachgeschichtl. von wert ist, aber doch nur: pranger wird erklärt. Monisch wird auch ein heutiger leser erklärt wünschen. Dass Sie auch an breitspurigen texten nicht kürzen, halte ich gleich Ihnen für notwendig: die breitspurigkeit ist ja manchmal das eigentlich charakteristische. Schönbach hat von Köster den Schönaich erhalten (mir schickt der herr nichts, ohne dass ich den grund seiner abneigung weiss) u. ist von den anm. sehr erbaut. Herzlich Ihr
BSfft.

Graz, Harrachg.1 24 V

Prag, 26. Mai 1900 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich danke Ihnen vielmals für Ihre freundschaftlichen Ratschläge, die ich befolgen werde. – Nur die altmodische Ausstattung muss wegfallen, da das Heft nun doch in die DLD kommt.
– Den Schönaich bekommen Sie natürlich von mir. Ich habe nur meine Exemplare noch nicht, die sich mir auf dem bekannten Buchhändlerwege langsam zu nähern scheinen. Auch mit dem letzten heft der Übersetz.-Bibl. bin ich noch im Rückstand. Der Sch – t F...r hält mich mit Honorar u. Ex. seit vielen Monaten hin. Ich wollte, ich wär ihn los.
Ich bin sehr beschäftigt; aber Got[t s]ei Dank – ich arbeite.
Nächstens kriegen sie auch ein geheimnisvolles Familienerzeugnis, das um gütige Nachsicht bittet.
Treu dankbar Ihr
AS.

Graz, 6. Juni 1900 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Besten dank für den Schönaich. Das ist eine für wort- und stilgeschichte sehr ergibige arbeit. Köster ist ein fleissiger u. verständiger herr. – Im letzten Euph. hat mir Pniower gut gefallen (Minors rec. z. Faust mit dem citieren des eigenen unausgegebenen F. buches verhehlt den groll, dass ihm einer was vorwegnahm, schlecht u. rennt mit dem kampf gegen parallelen offene türen ein). Für Jean Paul bin ich noch nicht neumodisch genug. Unter den Hebbelbriefen einiges sehr schöne. Kräger scheint gut: ich nahm mir nicht die zeit, die complicierte sache genau zu prüfen, u. ohne das geht es nicht. Meyer hätte über die stücke auch etwas sagen sollen, aber auch die liste ist nicht ohne wert. Famos ist die bittermiese anzeige Michels‘ über Joseph. Auch das über die Zauberflöte hat mich interessiert. Kurz: das heft ist erfreulich. Über meinen anteil äusserten sich A. Schöne u. Steinmeyer so, dass Sie sich der aufnahme nicht zu schämen brauchen. – Ihr „familienerzeugnis“ erwarte ich mit spannung. – Mein zeit ist so zersplittert durch korrekturen u. colleg u. seminar, dass ich zu keiner arbeit daneben komme, u. das verdriesst mich sehr. Mit herzlichem gruss Ihr BSfft.

Graz, 19. Juni 1900 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 19. VI 00
Lieber freund, Meine frau u. ich danken der verehrten dichterin und Ihnen sehr für das stimmungsvolle büchlein. Die hervorragende kunst, den eindruck einer situation dem hörer so aufzudrängen, wie er der im tiefsten berührten beschauerin sich darbot, beherrscht es ganz. Der farbenzauber gleitet in tonzauber hinüber und die empfindung ist ausgelöst. Meiner nüchternheit ist manchmal ein die stimmung vermittelndes bildwort zu grell: aber das ist das vorrecht der jugend, der heutigen jugend, und meine frau und ich kommen vom altmodischen geschmack nicht recht los. So wie uns auch das manchfaltige formvermögen da am liebsten ist, wo es in schlichten strophen sich ausdrückt. Wie viel reale bestimmtheit bei einer phantasie, die auch das traumleben umspannt! Lieber noch folge ich den bewegten scenen als den ruhenden situationen. Und bei den parallelstrophen der sinneseindrücke und der seelischen empfindungen weile ich.
Wie ernst, wie ernst! auch wo die sonne glüht und der frühlung webt. Das fällt auf uns, wenn wir bedenken, dass die sängerin Ihre frau ist. Oder ist alle tiefe ernst? Möge der schalkhafte traumgott, der lady Ethel besucht, sie noch lustiger wecken!

Herzlich
Ihr
sehr ergebener
BSeuffert.

Prag, 20. Juni 1900 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

In säkularischen und Hitzesnöten nur ein paar Worte, wertester Freund!
Dank für Ihren ausgezeichneten Oberon, den ich nun im sauberen Druck noch besser genießen konnte als in der Hs. Was gäb ich für einen ganzen solchen Wieland aus Ihrer Hand!
Daß Sie das lyrische Heft so gütig aufgenommen haben, ist ein Zeichen Ihrer warmen Freundschaft. Meine Frau ist viel moderner als ich; aber was will man machen; man muß den Geist der Zeit sausen und brausen laßen. Das persönlichste Moment haben Sie in treuer Besorgnis liebevoll schonend gestreift. Ich bin weg[e]n des Hangs zur Melancholie, den nicht blos die Gedichte deutlich verraten, in banger Sorge, zumal da ich nach menschlicher Voraussicht um vieles früher den Platz werde räumen müssen als Sie. Ich habe mich grade deswegen auch sehr schwer zur Veröffentlichg. der Gedichte entschlossen; hoffte aber davon Zerstreuung u. Ablenkg. Den modernen Frauen fehlt wirklich ein Beruf.
Wir reisen Mitte nächster Woche an die Nordsee. Von 1. Aug. bis 3. Spt. ist meine Adresse:
Nordseebad Weningstädt auf Sylt
Schleswig-Holstein.
Wir treffen Leitzmanns & vielleicht Schüddekopf.
Vor meiner Abreise hoffe ich Ihnen noch Heft 2 in Correcturbogen senden zu können.
Wissen Sie zufällig, wo Rambachs Kronos zu finden ist (Berlin 1801) so lassen Sie michs aufs rascheste wissen. D. Kgl. Bibl. besitzt nur die für mich gleichgültigen letzten Monate des Jahrgangs.
Wo gehen Sie hin?
Ihnen recht angenehme Ferien wünschend
herzlichst grüßend
Ihr
treulichst erg.
AS.

Können Sie übrigens das mir gesandte Ex. Ihres Vortrages anderwärts verwenden, so kann ich es Ihnen zurücksenden, da ich als Mitglied des Vereins eines erhalte.

Goisern, Oberösterreich, 24. Juli 1900 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Besten dank für Ihren brief u. die neue freundliche aufnahme des Oberon. Ich sage mit Ihnen: was gäb ich drum, wenn ich so den ganzen W. fertig hätte! Vielleicht ist das Ihnen überzählige exempl. für Ihre seminarbibliothek brauchbar? Kronos kenne ich nicht. Euphor. 2 werde ich sehr gerne hier lesen. Alles gute fürs Nordseebad u. frohes zusammensein mit L. u. Sch. Ja, kinderlose ehepaare u jungeltern sind reisefähiger als wir, denen so weit es nicht reicht. Aber, der mann hat dann 2 berufe, u. die frau an dem einen mehr als genug. Ich bin von der hitze ganz geknickt. Am hofrat Schönbach freue ich mich: der veraltete reg. r. hat ihn längt gedrückt. Mir freilich ist der prof. lieber als beides; nur in Wien dünkt mich u. bei amtsverkehr hat der hofr. sein bequemes; zu beidem braucht ihn Schönb. nicht.
Treulich grüsst Ihr ergebner
BSfft.

Goisern bei Ischl
Gasth. z. Bären.

Prag, 19. September 1900 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 19/9 00
Smichow 586

Lieber Freund! Bevor ich wieder an die eigentliche Arbeit gehe, will ich den Faden [u]nsrer Correspondenz wieder aufnehmen, da ich während der Ferien nichts von Ihnen gehört habe. Wir waren 6 Wochen auf Sylt, in Wenningstedt, einem reizenden stillen Örtchen mit prachtvollster Luft, herrlichstem Wind und wunderbar kräftigem Wellenschlag. Die ersten 14 Tage allein, und da auch meine Bücherkiste ausgeblieben war, zu meinem Heil ganz unthätig und daher rasch erholt. Dann kamen Leitzmanns, Schüddekopf, später Suphan (vorher war auch Wahle flüchtig da); Stumpf u. der Leipziger Aegyptologe Steindorf bildeten einen weiteren Kreis. Am liebsten war mir Schüddekopf, in jeder Beziehung. Wir sprachen viel über das Archiv, die Ausgabe u. s. w.; ich lernte auch mancherlei. Suphan war anfangs sehr still u. müde, später gesprächiger; aber im Ganzen doch schon sehr senil und unerfreulich. Leitzmanns behängten sich mit allerlei unerquicklichem Gesindel, das uns abstieß und seine Pedan[te]rie und Poesielosigkeit tritt immer stärker hervor. Wir sprachen eigentlich wenig und nichts von Belang. Er setzt große Hoffnungen auf Burdachs Weggang von Halle u. die darauf folgenden Verschiebungen in Preußen. Auf dem Rückweg hielten wir uns in Hamburg, Lübeck, Wismar, Schwerin u. Berlin auf, wo wir auf dem Hinweg Meyer flüchtig sprachen; im Juli auch Schmidt, zufällig im zoolog. Garten (ich hat[te i]hn nicht aufgesucht, weil ich wußte, daß er Dekan sei u. nur ½ Tag in Berlin war.) Er war im Ganzen nicht unhöflich; aber ist doch schon zu sehr von sich eingenommen, als daß man gemüthlich mit ihm plaudern könnte. Er erzählte mir allerlei, unter andrem daß die Akademie Ausgaben von Wieland, Möser u Winckelmann plane. Ich wünsche auch um Ihretwillen, daß der Plan sich realisiere; für diese Aufgabe sind Sie geradezu geboren. – Herder Bd 15 (Ideen II) c[orri]gierte Suphan auf Sylt; er erscheint im Herbst. Ein Registerband u. eine 12 bändige Correspondenz soll sich anschließen. –
Säculargedichten drucke ich bereits; leider scheint die Druckerei momentan in Übersiedl. begriffen zu sein; denn der eilig begonnene Druck stockt. Dann muß ich die Lesarten zum Theatergötz fertig machen, da der 13. Bd. endlich [f]lott wird. Zu Ostern will ich nach Weimar; ich soll für 1902 als Schrift der Goetheges. einen Band: „Goethe & Österreich“ arbeiten, suphan’ manches in Weimar erliegen soll. Ich habe es, da Suphan keine Antworten gab, mit Schmidt vereinbart; u. jetzt thut Suphan so, als ob die Anregung von ihm ausgegangen wäre. Das Schillersche Säculargedicht, von dem ich eine Collation gebraucht hätte, gibt er selbst heraus; ebenso die [Ma]rienbader Elegie. Aber es kommt ihm bei allem mehr aufs Äußerliche, auf die Spielerei an. Euph. II hat Ihnen hoffentlich nicht misfallen, weil Sie auf die Correcturbögen nicht reagiert haben; die zu Heft 3 kommen nächstens. Ich freue mich, daß in diesem (3.) u. im 4. Heft der Recensionstheil, meine stete crux und Sorge, etwas besser ist (Petzet, Priower, Walzel); ich wollte, ich könnte ihn mit 2-3 [Le]uten allein arbeiten, wie der Anzeiger thut.
Hoffentlich haben auch Sie den Sommer recht angenehm verbracht u. gehen frisch an die Arbeit. Bleiben Sie freundlich gesinnt Ihrem aufrichtig erg. AS.

Wissen Sie etwas über G. Meyers Ende.

Graz, 21. September 1900 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 21.9.00.

Lieber freund, Ihr brief athmet eine so erfreuliche frische, dass ich doppelt gerne dafür danke. Ein ausgeruhter mensch greift alles anders an. Was Sie mir über personen schreiben, bestätigte u. verstärkte mir meine bilder. Schüddekopf ist durch u. durch fein u. tüchtig u. da er in Wernigerode nicht versumpft ist, so wird er in Weimar nicht vertrocknen: die gefahr ist da nicht klein; er hält sich wol an den „künstlern“ frisch. Über Suphan ist kein wort mehr zu verlieren: eitelkeit der impotenz, misgunst der trägheit müsste mans nennen, wenn er als gesunder mann betrachtet werden dürfte. Dass Sie von Leitzmann etwas abrücken, ist mir eine beruhigung: ich habe mich oft besonnen, ob ich dem mann (oder männchen) nicht unrecht tue, weil Sie doch schätzbares in ihm fanden; so sind wir wieder eins. Nur Erich Schm. beurteile ich milder.
Dass nach seinem vorschlag Wieland einmal in der Akademie dran kommen soll, weiss ich; ob sein vorschlag angenommen ist, weiss ich nicht; dass anderes voraus geschehen muss, macht es fraglich, ob ich den beginn dieser ausgabe erlebe.
Dank für Ihre neue sendung; Stifter begrüsse ich. Die recension über Meyer ist ganz nach meinem geschmack, gewiss nicht zu günstig; es ist sehr leicht, dem buche so ungerecht zu sein wie viele andere; es ist hingehauen und hat unebenheiten ?????, aber wer hätte den abriss jetzt besser gemacht? u. ists nicht viel besser als gar nichts? Ich hab das auch Weilen (er war mit seinem zarten weibchen hier) aus einander gesetzt, der gerne geschimpft hätte. Übrigens schreibt mir Meyer in den letzten jahren zu viel u. zu vielerlei: Schade, dass er sich abnützt; er war früher gediegener, geistreicher u. geschmackvoller. Wunderschön sind Ihre worte über Schönbachs Aufsätze. Die Euphorionbogen hab ich nicht erhalten; sie scheinen zugleich mit dem von Schönbach schmerzlich vermissten hofratsglückwunsch verloren gegangen zu sein. Am meisten interessierte mich Morris‘ Schuhu u. diesmal der Jean Paul Nachlass. Lorenz Starks ist mir auf zu breite basis gestellt, wird nicht lebendig.
Für Jerusalem dank ich Ihnen lebhaft u. freue mich die aufsätze zu besitzen; wer ist der Beer? jedenfalls bibliographisch erzogen.
Wurzbachs Bürger finde ich entsetzlich und, was das schlimmste ist, gemein: wars denn nötig das „pikante“ so breit zu treten? er kann schliesslich doch nicht jeden coitus zählen, was er am liebsten möchte.
Kommt Burdach wirklich nach Berlin? Seine einleitung zum Walther ist das erste von ihm, was mir gründlich misfiel.
Zu den Säculargedichten u. zu Goethe und österr. glück auf!
Sie fragen nach GMeyer. Er blieb bis ans ende völlig stumpf, hat wol von den krämpfen der letzten wochen nichts gespürt u. starb schliesslich an herzschwäche. Wenige kollegen gaben ihm das geleite; ich war des abends zuvor hier angekommen u. machte mirs bei dem gang zum grabe aufs neue deutlich, was für einen elenden nachfolger wir für diesen grundgescheuten und gelehrten mann haben eintauschen müssen. Wir sind jetzt seit jahren mit fast allen berufungen hereingefallen; hoffentlich ergeht es uns mit Schuchardts nachfolger nicht ebenso; das wird eine schwierige suche.
Ich war mit der familie 5 wochen ruhig in Goisern, die schwiegermama u. alle meine geschwister waren auch da u. so wars gut. Ins arbeiten bin ich leider noch nicht gekommen, hundert abhaltungen unterbrachen. Jetzt, hoffe ich, kann ich mich verbeissen: beide buben gehen zur schule; sie sollten vorher noch viel gelüftet u. der ältere auch an seine schulweisheit erinnert werden.
Vom Weimarer archiv wissen Sie nun viel mehr als ich; ich bin ganz ausser fühlung, kenne nicht einmal mehr die personen noch was gearbeitet wird.
Leben Sie wol u. bleiben mir treu. Herzlich
Ihr
BSfft.

Weilen sagt, Minors im herbst erscheinender Faust I sei voll spitzen gegen Pniower und alle Berliner.

Prag, 22. September 1900 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Ich danke Ihnen vielmals, theuerster Freund, für Ihre beiden ausführlichen Schreiben u. für die lehrreiche schöne Genoveva-Rec. – Ich werde nicht auf [al]les in Ihren Briefen eingehen können; aber wenigstens 2 Punkte möchte ich herausgreifen: – Meyer haben Sie sehr richtig charakterisiert. Der Mann schreibt aber noch viel mehr als wir beide sehen u. wissen. So sagte mir dieser Tage ein College, daß er in einer americ Revew etwas von ihm gelesen habe. Er schreibt mit Händen u. Füssen, stehend u. gehend, wachend u schlafend. Leider [s]teh ich ihm nicht so nah, daß ich es ihm sagen könnte, wie er sich dadurch schadet. Ich bin eigentlich nicht einmal befreundet mit ihm (unsre Frauen sind es) u. wir schreiben uns kaum, wenigstens nichts Fachliches oder Sachliches. Die Rec. Ex. kann ich ihm – als Gönner der Zs. – nicht abschlagen u. er ist für d. Redacteur ein sehr angenehmer fixer Recensent. Aber zu oft erscheint er auch doch in Heft 1 u. 2.
Sie glauben daß dem Thema: Goethe u. Oest. die Einheit fehle. Zugeben muß ich, daß G. erst spät, seit der Bekanntschaft mit Sternberg Öst. als Einheit aufzufassen begann u. auch da ist die Einheit mehr Böhmen als Österreich. Gehen Sie aber von Österreich aus, kehren Sie den Titel um, dann werden Sie zugeben müssen, daß eine Einheit zu finden ist. Es kommt übe[rha]upt bei der Behandlg. des Themas viel mehr für die Geistesgeschichte Österreichs heraus als etwa für d. Entwicklg. Goethes; für jene aber sehr viel. Ich bin selbst erstaunt, auf wie viele einzelne Existenzen in Öst., auf wie viele Kreise u. Gruppen G. entscheidend eingewirkt hat. Um die [W]ende des Jhs. steht ihm Graf Harrach nah; dann kommt die Gründung des Prometheus mit Stoll, Seckendorf Palffy (über Schreyvogel & G. handelt sehr lehrreich das letzte Grillparzerjahrb.); dann kommt der ganze Kreis mit der Kaiserin Ludovica im Mittelp., der reizende Briefw. mit der O Donell; zahlreiche öst. Adlige schlossen sich hier an. – Dann Metternich u. der Kreis der Staatskanzlei (13 Briefe von Gentz); hier wären Hormayr, Deinhardstein anzureihen. Seit den 20er Jahren 3 große Briefwechsel mit Sternberg, Grüner u. Zaupper. Dazu circa 100 einzelne Corresp. in allen Kronländern. Die Frage der Aufnahme G.scher Dichtung in Öst. u. ihre Nachwirkg., die Frage, ob die Wiener Dramatik auf G. zurückwirkte u. andres tritt hinzu. Der Stoff wächst je mehr ich ihn durcharbeite u. es löst sich manches Selbstständige vermuthlich von ihm ab. Vorige Woche war ich 3 Tage in Wien, um die Briefe an Grüner zu collationieren.
Cornu erzählte mir, daß er Schönb. und Sie gesprochen habe; er ist von Graz entzückt. Er fand Schönbach sehr frisch u. munter, was mich unendlich freut. Von s. Reise wußte ich noch nichts.
Apropos: Wir begründen eine deutschböhmische Revue. Sollten Si[e] einmal etwas haben, was nach dieser Richtg. liegt, so denken Sie an uns.
Ich sende die letzten Bogen mit Jungs schönen Erinnerungen an Pichler, in denen ich nur noch einige stilistische Unebenheiten wegschaffen muß. Treulichst
Ihr alterg. AS.

Prag, 8. Oktober 1900 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich habe heute die Wielandausgabe des Bibl. Inst. für den Euphorion bekommen. Ich weiss natürlich nicht, ob Sie überhaupt die Absicht haben sich übe[r] die Ausgabe öffentlich auszusprechen; wäre es aber der Fall, so wäre mir nichts lieber, als dass Sie es bei mir thäten, sei es in der Bibliographie oder im Recensionstheil. Ich würde Ihnen dann das Ex. senden.
Dem Bürgerbiographen habe ich meine Freundschaft und die Mitarbeiterschaft am Euph. gekündigt. Er hat es nicht anders verdient. Schmidt und Schüddekopf waren mit Recht ebenso entrüstet wie Sie.
Ich suche die letzten Reste der Ferien möglichst auszunützen und bin rasend fleissig.
Vielen Dank für Ihren lieben freundl. Brief. Herzlichst
Ihr
AS.

8/10 1900

Graz, 10. Oktober 1900 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd! Dank für Ihr freundliches angebot. Rhc hat mir die ausg. geschenkt u. mich um eine besprechung gebeten. Ich habe ihm das abgeschlagen: er hat mich in der vorr. so dick gelobt, dass mein lob seiner leistung bestochen u. mein tadel roh erscheinen müsste. Also bitte ich, einen andern referenten zu wählen. Überhaupt sehe ich, dass ich zum recensieren nicht mehr tauge, ich mache mir zu viel arbeit damit, bringe nichts fertig u. schädige so auch meine auftraggeber. Mir sind die ferien zerronnen. Der september ging leider auf familiäre pflichten, die schulbuben brauchten mich u. andere leute. Jetzt muss ich kolleg vorbereiten, da wir am 15. anfangen. Sie haben also wirklich die prüfungen abgeschüttelt! Hauffen fragte mich auf Ihren wunsch nach unserer praxis, daher weiss ichs – Ich beneide Sie darum. Aber an sich ists doch ein anormaler zustand, dass Sie u. Heinzel striken. Minor prüft mhd! u. Weilen alles nebenfach: nachdem was er mir davon erzählte, macht ers – – nun, wie eben einer kann, der titelextraord. an der universität, supplent an der technik, prof. am conservatorium, custos an der hofbibl., u. theaterreferent f. die Montagsrevue ist u. eigentlich auch nur fürs letzte sich interessiert: Dabei sinkt das niveau unserer gymnasiallehrer, wies wahrhaftig nicht not täte. Hauffen macht es ja sicher besser, aber er ersetzt Sie nicht. Herzlich grüsst Sie in treuen Ihr BSfft.

10.10.

Prag, 11. Oktober 1900 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Sie irren sich, l F., wenn Sie glauben, dass ich die Prüfungen ganz aufgegeben habe. Ich theile mich nach wie vor mit Detter in die Prüfungen aus Hauptfach, so unangenehm es mir ist, mhd. zu prüfen. Abgegeben haben wir [le]diglich die Prüfg. aus Unterrichts[sp]rache u. aus Nebenfach, die uns beiden sehr unangenehm waren. H. gibt sich wirklich grosse Mühe u. seine Position wird dadurch sehr befestigt. Sie werden es vielleicht auch noch einmal erfahren, wie peinlich es ist, ein jüngeren Collegen neben sich zu haben, der auf das selige Ende des älteren vergebens wartet und gerne eine Rolle spielte. Ich widme mich umso eifriger dem Unterricht in Colleg u. Seminar u. hoffe, dass di[e S]tudenten das freiere Verhältnis zu mir würdigen und ausnützen..
Herzlich grüssend Ihr sehr erg.
AS

Ich beginne übermorgen Seminar; am Montag Colleg.

Prag, 15. Oktober 1900 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich danke Ihnen vielmals für dieses neue Produkt Ihrer tüchtigen Schule. Es macht einen sehr soliden Eindruck; nur hätte ich mir das Werk an Ihrer Stelle für die Grazer Studien nicht entgehen lassen. Lesen kann ich [die] Arbeit im Augenblick nicht; weil ich von rechts u. links bedrängt bin, aber durchgesehen habe ich sie doch. – Wissen Sie mir einen verlässlichen Recensenten, für den Fall, dass ich ein Rec. Ex. bekomme? Vor Herrn W. können Sie sicher sein; den habe ich auf die Gasse gesetzt. Walzels Rec. von Ranftls Buch wird Ihnen Freude gemacht haben.

Herzlich grüssend Ihr AS.

15/10 00
Smichow 586

Gestern sandte ich Heft 3. In den mittleren Bogen werden Sie einige Fehler stören, [d]ie aber noch verbessert worden sind. Petzets Rec. war ursprüngl. für eine Revue bestimt; da er sie nirgends unterbrachte u. ich für den Recensenten Redlich einen Ersatz brauchte, so nahm ich sie in leichter Überarbeitung an. Für die nächsten Hefte habe ich einige sehr gute Recensionen liegen.

Graz, 20. Oktober 1900 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt.

Prag, 22. Oktober 1900 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich möchte heute, für Ihren lieben Brief vielmals dankend, nur rasch antworten, daß H. mit dem „Wir“ gewiß nicht die Commission gemeint hat, sondern entweder vom Gefühl s. neuen Würde erfül[lt] zum Plur. maj. griff oder unter d. Eindruck s. Unterredung mit mir stand, die an der Hand Ihres Briefes vor sich gieng. Auch wir stehen unter dem Zeichen der Milde. – R. ist kein Schüler Kösters; denn ich hatte s. Arbeit schon vor Ks Übersiedlung. Er scheint eine selbstständige Natur zu sein. Da ich nicht wie Sie die Sachen selbst umarbeite, sondern sie den Autoren zu diesem Zweck zurücksende mit meinen Bitten & Winken, so ist auch dieser Aufsatz das Resultat einer Umarbeitg. u. noch im Druck wurde einiges hinzugefügt. Er a[rb]eitet jetzt über Goethes Technik im Roman. – Vielmals grüßend u. nochmals dankend
Ihr treulichst erg.
AS

Prag 22/10 00
Smichow 586

Speierglaube ich nicht. Mir war blos der Ernst desunzünftig/urzünftigenMauers/Mannes wertvoll & angenehm. Ich habe einen s. interessanten Artikel überdass.Themavon einem Amerikaner liegen

Prag, 8. November 1900 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Das große Gottsched-Denkmal von Reichel – ein riesiger Wälzer ohne Sinn & Zweck – habe ich nicht zur Rec. zu bekommen; von dem kleinen ha[be ic]h 1 Rec. Ex. Wenn Sie gestatten, schicke ich es Ihnen u. Sie haben die Güte, in Ihrer Gottsched-Rec., auf die ich noch immer hoffe, davon – so kurz als Sie wollen – Notiz zu nehmen.
In Wien war diesmal meine Frau mit u. wir wurden bei Jodl, Glossy, Bettelheim etc. sehr gut aufgenommen. Auch Minor besuchten wir; der Vortrag war sehr gut besucht; die Anwesenheit des Min. mir sehr lieb. Der Bericht – in der NfPr wenigstens – ist sehr ungenau.
[Üb]er Kösters Rec. kann man sich nur freuen. Hoffentlich erhebt sich dieser zum so u. sovielten Mal Todgeschlagene nur nicht mehr aus dem Grabe.
Herzlich grüßend Ihr AS.
Wir haben so viele Studenten, daß uns alle Hörsäle & Seminare zu klein werden. Ich habe nicht genug Stühle im Seminar!

Graz, 9. November 1900 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Da ich nun wirklich die Gottschedbücher vor mir liegen und ihre lektüre für die recension aufs neue angefangen habe; auch hoffe, dass ich nicht wieder abgelenkt werde, trifft mich Ihr freundliches anerbieten nicht in allzu schuldiger verfassung. Ich werde gerne Reichel noch dazu einschlachten. Wie schnell es geht, hängt von den vorlesungen ab und von meinem wolsein, das in der letzten zeit nicht das beste ist. So viele wie Sie haben wir hier nicht in den hörsäälen; aber doch sind auch unsere u. das seminar ungewöhnlich gefüllt. Von dem Wienervortrag (Grillparzertag?) las ich gar nichts, die Nfrpr. seh ich nie u. überhaupt kein Wienerblatt. Über Köster-Koch hab ich mich auch gefreut, obwol mir die tonlage der rec. misbehagt. Jellinek hat Schönbach das gleiche urteil u. noch mehr fehler auch im biographischen erzählt. Herzlich Ihr
BSfft.

Prag, 13. November 1900 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. Fr. Reichel geht gleichzeitig ab. Ich dränge Sie nicht; aber ich frage mich, wie kommt es, dass alle Litterarhistoriker ihre guten ausführl., grundlegenden Recensionen in andre Zs. (Anz., GGA. etc. [) g]eben u. nicht in den Euph. Bin ich dran Schuld? Oder die Tradition? Jellineks Rec. steht in der Zs. f. d. Phil. u. trifft mit K. zusammen; ist sachlicher u. weniger hochmüthig. Der Ton in Kösters Rec. misfällt mir natürlich auch im höchsten Grad. – Für Pomezny habe ich Déssoir geworben. Hoffentlich ist es Ihnen so recht. – Ich sprach in Wien bei der Festfeier des Grillp. Vereins zum 70. Geburtstag der Ebner.
Herzlich grüssend Ihr aufrichtig erg.
AS.

R[ie]manns Aufsatz wird allgemein sehr gelobt. Es wird freilich auf Kstrs Rechnung gehen.

Graz, 15. November 1900 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ich zeige das eintreffen Reichels dankbar an. Mein programm ist, jetzt nach abholung der widerwärtigen herausfallenden Golzschen Genov., die Gottscheds für Sie zu erledigen, dann für die GGA die Bodmerfestschrift, dann wieder für Sie alle LaRochiana, vielleicht als aufsatz. So hängt die sache sachlich zusammen, ich hoffe es erträglich durchführen zu können.
Gewiss ist die tradition für d. Anz. u. die GGA, aber auch da wechseln die recensenten f. neuere litt. Ich meine, dass überhaupt die neigung zu sachlich producierenden recensionen abnimmt. Wenn wirklich Ihr recensionenteil im ganzen geringer wäre, so könnte daran (ausser dem früheren petitdruck) nur die schuld tragen, dass man den Euph. nicht als eine so streng, so exclusiv wissenschaftl. zs. nimmt, sondern als eine, die auch von nicht fachmännern gelesen sein will u. gelesen werden kann. Ich empfinde auch unwillkürlich selbst, wenn ich den frakturdruck u. die ausstattung mit der des Anz. od. der GGA vgl., dass der Euph. für ganz andere leute sein muss. Darum muss er ja nicht schlechter sein u. ist es auch in dem allein vglbaren rec-teil nicht so sehr, als Sie meinen. – Bekommt man Ihre festrede nicht zu lesen? – Treulich Ihr
ergebner
BSfft.

Graz 15 XI 00.

Graz, 27. Dezember 1900 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ich höre soeben, dass Koch die Zs. redaction niederlegt u. ein neues organ Studien zur vgl. lg. gründet. Was ist damit? Studien d.h. doch wol eine sammlung wie die Waldbergsche oder Munckersche? Oder hat sich K. nur mit dem verleger gestritten u. muss für den neuen verleger einen neuen titel wählen? Jedenfalls sollte Fromme auf der lauer liegen u. bei dem wechsel die abonnenten abfangen. Wie, das versteht ein tüchtiger verleger selbst. Prämienexempl. an die sortimenter für absatz von x exemplaren halte ich für wirksam; sie bemühen sich darum, durch circulare zu sammeln.
Alles frohe zum jahrhundertwechsel! In treuen Ihr
BSfft.

27.12.00.

Prag, 30. Dezember 1900 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Die Kunde vom Eingehen der . K. Zs. war mir sehr erfreulich. [Ich] habe Fromme veranlasst alles zu thun, was in seiner Macht steht, um die Ab. zu bekommen. Ich höre, dass auch die Zs. f. d. Ph. auf schwachen Füssen stehn soll. – Ich stecke leider so tief in Arbeit, dass mir im Augenblick kein Aufathmen gegönnt ist.
Alles Gute zum Jahrhundertwechsel; bleiben Sie gut gesinnt
Ihrem
Treulichst erg.
ASauer

Prag 30/12 00
Smichow 586

Prag, 2. Januar 1901 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Sehen Sie doch bitte Pietschens Einleitg zum 24. Bd. der Lutherausgabe an; er spricht dort von der Nothwendigkeit der Vergleichg. der Doppeldrucke etc., als ob es nie einen Seuffertischen Werther u. eine Abhandl. darüber im Euph. gegeben hätte. In [wel]cher Form könnte man ihm denn auf die Finger klopfen? Überdies muss bei der Lutherausgabe eine schöne Wirtschaft herrschen nach dieser Vorrede. – Ich habe Pech. Während die Druckerei mich u. den Verleger im Stich gelassen hat u. ich an meinen Säculargedichten noch immer drucke, erscheinen Holzhausens vorzügl. Abhandl. in der Vossischen & Münchner, die sich vielfach mit mir berühren. Es liegt ein Fluch auf mir, als ob ich immer u. überall zu spät kommen müsste. Die[s]mal bin ich aber wahrhaftig nicht daran Schuld. Verzeihen Sie den Stoßseufzer; ich habe gar keine freundschaftliche Correspondenz mehr ausser mit Ihnen.
Treulichst Ihr erg.
AS.

Graz, 7. Januar 1901 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Es ist gewiss sehr ärgerlich, dass die druckerei Ihr säcularbuch nicht für weihnachten fertigstellte; es tut mir für Sie leid. Aber man ist eben den tücken des objekts ausgesetzt, sagt Vischer. Holzhausen sah ich nicht; Schönbach fand das in der Allg. ztg. zu uninteressant, um es zu ende zu lesen; Sie sehen also, H. kann Ihrem buche das beste nicht weggenommen haben. – Der tod des Carl Alexander betrübt mich, bei ihm war Weimarische tradition nicht nur lieblingswort, sie war in ihm verkörpert. Nun wird B. S. vollends einschlafen. Wie wichtig war die letzte Goethegesellschaftsschrift! Beinah wär es ihr gelungen, die Wiener Denkmalsfestschrift noch zu unterbieten. Facsimile, bilder, bilder, facsimile. Und was dazu?
Pietsch habe ich heute in der bibl. gelesen. Dass bei der Lutherausgabe vieles im argen liegt, dass Pietsch beim besten eifer die unfähigen mitarbeiter (woher sollen denn die theol. philol. sein?) nicht erziehen kann, weiss man. Vielleicht sollten da noch ein paar bände mehr eingestampft werden als von der Weimarer G.-ausgabe. Aber auch zu Pietsch hab ich kein unbeschränktes zutrauen, er kommt mir sehr auf enges gebiet eingeschränkt vor. U. so verarg ichs ihm ganz u. gar nicht, dass er von arbeiten übers 18. jh. nichts erfährt. Die hauptsache ist, dass auch er durch erfahrung klug werde; wenn er nur dabei bleibt! u. der erfahrung prakt. folge gibt.
Lassen Sie sich die saeculararbeit nicht verdriessen! ich stelle mir ohnedies sie nicht zu erquicklich vor, freue mich aber bekehrt zu werden. Treulich Ihr BSfft.

Graz, 31. Januar 1901 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ich danke für Euphorion u. die beiden Reicheliana. Ich stecke jetzt wirklich in Wolffs Gottsched u. bin damit bald zu ende. Dann kommt Waniek u. Reichel dran. Ich hoffe, es soll mir nun schneller gehen, nachdem ich in die person u. die zeit mich wieder hineinfühle. Nur fehlt es mir an allen enden an litteratur zur überprüfung. Sehr gespannt bin ich auf die Ahnfrau, hab aber heute keine zeit.
Weilens verbeugung vor Minor in der Abdendpost ist tief.
Herzlich grüsst
Ihr
BSfft.

31.1.

Graz, 6. Februar 1901 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Sie haben mir bogen 46-49 doppelt gesandt, brauchen Sie die nicht? Den breiten dilettanten Leverk. kannte ich aus dem mscpt. Zingerle ist fabelhaft gelehrt u. hat recht. Die Ahnfrau hat mich sehr interessiert, so starke abhängigkeit im kleinen hätte ich Gr. nicht zugetraut. Bei Kräger vermiss ich ein zusammenfassen der überarbeitungsgründe. Warum haben Sie Baldensperger nicht übersetzt? ich für meine person bin gegen das polyglotte in einer deutschen zs. Walzel ist lehrreich, aber welch affektierter introitus! Vielen dank für die einsicht. Gottsched rückt langsam, langsam. – Was sagen denn Sie zu der mädchenlyceumsprüfung? Wie sollen wir mädchen, die keine abiturientenprüfung haben, also schlechter vorgebildet sind als unsere männer, in nur 6 semestern (da doch den männern 3 vorgeschrieben sind) zu demselben lernziel führen? Denn in den sprachl. fächern wird verlangt, was von gymnasiallehrern verlangt wird. Romanisch ohne lateinkenntnis? U. auch deutsche u. engl. hist. grammatik u. alte u. neue litt. ohne klassische sprachen! Geschichte mit wissenschaftl. quellenkunde ohne lat. u. griech.! In den naturwiss. alles für die haushaltungskunde, f. erstehilfeleistung bei unglücksfällen eingerichtet! Ich habe das collegium zur überlegung des blödsinns durch eine kommission veranlasst, bezweifle aber, ob was herauskommt, da das collegium indolent in solchen dingen ist. That Ihre fak. nichts? Herzlich Ihr ergebener
BSfft. 6.2.

Prag, 9. Februar 1901 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Die Bogen 46-49 brauche ich nicht. Das Resultat der Ahnfrau-Arbeit hat auch mich überrascht. Die kurze franz. Notiz genirt Niemandem. Bei einem grösseren Aufsatz würde ich vielleicht auch Bedenken tra[ge]n. – Der Mädchenprüfgserlass kam – glaube ich – in unserem Collegium gar nicht vor. In der Prüfgs-Comm. haben wir vorderhand die Bildg. einer neuen Comm. beantragt. Ankämpfen lässt sich gegen die Dinge nicht. Die Universitäten sinken unaufhaltsam. Übrigens mache ich mit den Mädchen keine schlechten Erfahrg. Heute hat in meinem Seminar ein ganz junges Ding über die Bergreihen famos vorgetragen u. 2 Lieder vorzüglich interpretiert, besser als alle Studenten. Sie sind viel fleissiger, verstehen einen viel besser u. interessieren sich mehr für die Sache. Die Mängel de[r V]orbildg. sind allerdings schwer auszugleichen; aber was wissen unsre Studenten alles nicht.
Herzlichst Ihr AS.

Graz, 26. April 1901 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 26. 4. 01

Lieber freund, Mit Schrecken werden Sie das umfängliche mscpt. empfangen. Streichen Sie, wo Sie wollen. Ich bin froh, die entsetzliche beschäftigung hinter mich gebracht zu haben. Ein buch wie das Wanieksche bringt mich gar zur verzweiflung. Ich habe mich wol noch nie im leben mit solcher unlust zum recensieren gezwungen. Die ganzen ferien hab ich mit vertan. Ich muss das handwerk aufstecken und höchstens wie Sie kleine anzeigen schreiben. Jetzt muss ich für andere blätter etwas tun, dann werd ich mich für den Euphorion an die La Rochesachen machen. Aber das semester beginnt, da kann ich nicht auf schreibtischarbeit rechnen.
Den 2. band Wolff hab ich besprochen, obwol seine einlieferung als rec. ex. Ihnen verweigert worden ist, so viel ich mich erinnere. Ich hoffe aber, dass Ihnen das nicht unangenehm ist; Sie können ja eine fussnote zum verklagen des verlegers machen. Doch das grosse Gottscheddenkmal mir zur ergänzung anzuschaffen, war mir doch zu teuer.
Ich bin sehr neugierig, ob Sie meiner Gottsched- und Dichtkunstcharakteristik, die in einzelnem glaub ich neues enthalten, zustimmen.
Suphan schrieb mir vor wochen: wie ich mit Ihnen stehe? U. auf meine antwort übertrug er mir die redaktion Ihres Götzschlusses. Seine wege sind mir dunkel; ich weiss nicht, warum ich für Ihren gewohnten redactor Erich eintreten soll, weiss nich, ob ich Ihnen passe usf. Ich habe ihm auch nicht geantwortet u. lasse alles an mich herankommen. Wenn ich sein Deutsch recht verstehe, w/sollten Sie nach Weimar kommen. Waren Sie da u. welche eindrücke haben Sie von der lage?
Neulich hiess es, wir würden Ihren Cornu statt Schuchardts erhalten. Was ist das für ein mann? u. wie ist seine frau? gewinnt man für den umgang etwas an ihnen? Wäre ich so unglücklich gewesen kommissionsmitglied in dieser sache zu sein, so hätte ich Sie seiner zeit befragt; so aber wollte ich durchaus passiv sein.
Herzlich grüsst Ihr
ergebener
BSfft.

Prag, 27. April 1901 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Seit 14 Tagen steckt mir ein Brief an Sie in der Feder, den Ihre Sendung ihr nun entreißt. Vorerst aufrichtigen Dank für das inhalt- & umfangreiche Man. Ich bin glücklich darüber. Mein Recensionentheil erhebt sich dadurch auf die Höhe der wiss. Forschg. u. es soll nicht an mir liegen, wenn er sich nicht auf ihr erhält. Ihre Characteristik Gottscheds ist ein Meisterstück, die Würdigg der CDK eine dankbar zu begrüßende Leistung, die Waniek tief beschämen muß. Mag Ihnen die Rec. schwer gefallen sein, so ist sie um so besser geworden. Als Redacteur muß ich mir viele solche Man. wünschen, wenn ich Sie als Freund auch zu großen selbstständigen Arbeiten anspornen möchte, die uns sonst entgehen. Wo wären wir, wenn wir 1 Dutzend solcher Forscher hätten, wie Sie alleine es heute sind. – Ich beantworte zunächst Ihre Fragen, u. erzähle dann Andres. Ich war 3 Wochen in Weimar. Ich regte [be]i Schmidt im vorigen Jahr eine Schrift der Goethe-Ges. „G. u. Österreich“ an, die nun für 1902 übertragen werden soll. Das Material ist reich u. schön u. meine Vorarbeiten nicht ganz gering. Suphan schien damit einverstanden zu sein; machte mir dort aber die größten Schwierigkeiten; er spielt sich mit s. neuen Statuten als Lei[t]er eines Staatsarchivs auf, der alle Abschriften vorher durchlesen muß, bevor er sie den Forschern ausfolgt. Das wurde mir zu bunt, ich warf ihm die Arbeit vor die Füße, da kroch er zum Kreuz, verschanzte sich hinter den Großherzog, der sich um nichts kümmert, u. gab schließlich in Allem nach. Er ist reif für die Pensionierung, arbeitet gar nichts, schin[det] & schikaniert die Beamten über alle Maßen u. tänzelt den ganzen Vormittag, tändelnd und hemmend durch die Hallen. Im Archiv selbst herrscht eine so unfrohe Stimmung; alle 5 Minuten springt ein andrer der 4 gefangenen Löwen auf, dehnt sich u. macht Lärm. Schüddekopf, der sonst vorzüglich ist, versteckt seinen Heinse & Lichtenberg schulbubenartig unter die Goethepapiere, sooft Suphans schlurfender Schritt zu hören ist. Ich litt außerdem unter der gesperrten Luft bei 18 Grad! u. darunter, daß nur von ½ 9 – 2 (de facto von ¾ 9 – ¾ 2) gearbeitet werden konnte. Goethe hätte mich gewiss auch während d. Nachmittags in s. Heiligthum eingelassen, aus dem der bewachen[de]Feind mich ausschloß. – Wegen des Götz (dessen erste Correcturen ich soeben erhalte) sagte er mir, er hätte Sie gebeten für ihn einzuspringen (natürlich aus Faulheit); Sie hätten geantwortet, daß Sie gerne mit mir zusammen arbeiteten, was ich meinerseits bestätigte. – Darf ich gleich ein paar Worte an den Redactor hinzufügen, so bemerke ich, daß der Karren des Götz, wie Sie wissen, vor vielen Jahren verfahren wurde; ich mußte alles noch einmal umarbeiten; nach u nach kamen meine Man. dazu u. endlich blieb [a]lles wieder liegen – weil Fresenius den Druck aufhielt. So bin ich eigentlich aus der Sache ganz draus. Bei der Durcharbeitg. machte es mir jetzt den Eindruck, daß man bei mühevolleren Untersuchungen die Abhängigkeit u. Zusammengehörigkeit der Hs. wol noch näher hätte bestimmen können, was mir aber jetzt nachzutragen unmöglich ist. Auch dürfte grade in diesem Fall nicht viel darauf ankommen. Mich um weitere Hs. zu kümmern unterließ ich auf Suphans direkten Wunsch, der im Übrigen alles Andere gebilligt hat. Über den Correcturenlauf befrage ich heute Wahle.
Cornu, der schon für Graz ernannt ist, lassen wir sehr ungern ziehen; er ist ein recht wissenschaftlich denkender, durch & durch tüchtiger u. ausgezeichneter Mann u. war unser bester Kop[f]. Seine Familie aber hatte hier mit den übrigen Professorenfamilien gar keinen Verkehr; ja seit 4 oder 5 Jahren, seit dem Tod seines jüngsten Kindes, wohnte er mit d. Seinigen aus Gesundheitsrücksichten in Leitmeritz u. fuhr zu den Vorles. nach Prag, ein unhaltbarer Zustand, der nicht zum Wenigsten s. Entschluss wegzugehen befördert hat. Wie beneid ich ihn!!
Ich habe einen arbeitsamen Winter hinter mir. Die Säcularged. – 50 Bogen! – machten mir namenlose Arbeit u. sind doch schlecht geworden. Zuletzt hielt mich Holzhausens Concurrenzarbeit noch auf, ich konnte mir aber doch nicht alles mehr beschaffen. Nachdem die Einltg. bereits auf 11 Bogen angewachsen war, behielt ich ein letztes Capitel über die bildlichen Ausdrücke für Zeit, Jh. etc. zurück u. in einigen Tagen dürfte der Tragelaph sich einstellen. Urtheilen Sie milde! Im Februar hielt ich 12 öff. Vorträge (university extension): Deutsche Litt. von 1830-48 vor 500 Zuhörern; in den ersten Märztagen einen den ganzen Winter hindurch vorbereiteten Festvortrag (der schon gedruckt ist u. sich auch nächstens einstellen wird) über Sternberg; daneben läuft die Arbeit f. d. Stifterausgabe, 9 Auflagen der Studien zu vgl. – Immerhin bin ich froh, daß ich fleißiger u. concentrie[rt]er bin, als viele Jahre her u. etwas vor mich bringe. Ich lese seit Oct. nichts von moderner Litt. u. halte mir überhaupt alles vom Leib, was mich abziehen könnte. Vielleicht gelingt mir so auch noch 1 kleiner Theil meiner beabsichtigten Lebensarbeit.
Aber auch an Ärger u. Kränkg fehlt es nicht (von Weimar abgesehen). Minors ungerechte u. hochmüthige Kritik über Rubenssohn, die natürlich gegen mich gerichtet war, empörte mich. Gewiß ist das Buch – das während des Druckes umgeschrieben wurde – schlecht geordnet; aber das Gute & Neue daran ist doch nicht zu verkennen. Alles aber ließe ich mir gefallen, wenn der unqualificierbare Ton nicht wäre.
Gestern wieder lese ich Sterns Ausfälle gegen meinen § 298. Auch diese halte ich f. ungerecht. Es stehen gewiss viele Tausend von Namen im Grundriß, deren Träger ebenso versch[olle]n sind als diese Österreicher u. die nicht mehr u. nicht weniger wert sind als diese. Warum soll man ein so weites, ein so vernachlässigtes Gebiet nicht einbeziehen dürfen. Und ich Esel, arbeite immer pour le roi de Prusse. Hätte ich aus jenem § ein Buch gemacht, ein selbstständiges, wäre alles das Lobes voll; so, tadelt mich alles, weil ich selbstlos & namenlos gearbeitet habe. Ich werde dem Herrn aber die Antwort nicht schuldig bleiben.
Mein Sommer ist unsicher. Ich muss [n]och einmal für 3 Wochen nach Weimar, ob im Juli oder im Sept., hängt davon ab, wann ich meine Frau besser anbringe. Im August wollen wir nach Galizien.
Um die Seiten zu füllen, ein paar Einzelheiten. Ich werde den Briefwechsel zw. Sternberg & Goethe neu hergeben (was Suphan auch nicht zugeben wollte, obwohl die Goethischen Originale in Prag liegen u. in Weimar nur die belangloseren u. auch besser abgedruckten Sternbergschen), denn Bratraneck hat entsetzlich gewirtschaftet. – Köstliche Druck & Lesefehler Geigers habe ich bei der Collation der Briefe der Frau v. Eybenberg im Goethe Jahrb. gefunden. Als „avez vous vienvien [statt: recu] de notre Apollon – Für Füger: Jäger. – Einen Brief, in dem vom ungedruckten Wallenstein die Rede ist, versetzt er ins Jahr 1804. – Während er alles über Gentz abdruckt, läßt er die wichtigsten Stellen über ihn weg, wo er nur mit G. bezeichnet ist (er kann die Briefe nicht ganz gelesen haben – ). – Schüddeko[pf] giebt im Verlag der Insel (Schuster & Loeffler) einen prachtvollen 10 bändigen Heinse mit Briefen & Tagebüchern heraus.
Verzeihen Sie diesen Notizenkram Ihrem nochmals herzlich dankenden
allzeit getreuen AS.

Wunderschön ist Schönbachs letzter mhd. Fund. Ich las das Gedicht in Weimar mit Vergnügen.

weiter S. 1 Die elende Therese Huber!!

Prag, 3. Mai 1901 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Damit ich keine Verwirrung anrichte, l. Fr., theile ich Ihnen mit, dass in der That E. S. mein Corrector ist und bleibt. Was da gespielt hat, weiss ich nicht.
Bestens grüssend
Ihr AS

Graz, 3. Mai 1901 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 3. V. 01

Lieber freund, Sie haben meine recension freundlicher aufgenommen, als sie verdient. Dass ich gerne zu grösseren arbeiten käme u. dass mich eigentlich nur das producieren freut, ist richtig; ich bin nur auch wieder zu ängstlich etwas hinauszugeben, das nicht philologisch fertig ist und dazu gehört schrecklich viel. Wenn Sie mir so zureden, bekomm ich vielleicht mut, obwol ich nicht so wenig selbsterkenntnis habe, mehr als ein kleines bruchteilchen Ihres lobes anzunehmen.
Sie haben viel hinter sich gebracht und ich danke Ihnen im vorraus für das verheissene. Es ist recht schade, dass Ihnen die freude an den Saeculargedichten immer mehr geschwunden ist, hoffentlich gibt die kritik sie Ihnen wieder. Ich selbst kanns mir gar nicht vorstellen, wie die sammlung auf mich wirken wird. Zur neuherausgabe des G-Sternbergbrfw. wünsche ich glück; das wird sehr nützlich sein. Goethe u. Österreich kann ich mir als einheitliches buch nicht vorstellen (schon wieder!), aber Sie werden das zu machen wissen. Über Minor brauchen Sie sich meines erachtens nicht mehr zu ärgern, als jeder, der nicht sein leibsklave ist, sich immer über das ...... seiner Unart ärgern muss. Ob er nun Faust erklärt oder recensiert, es gibt nur einen, der alles weiss, und gegen den jeder andere ein esel und womöglich ein schlechter kerl ist. Dass die anzeige gegen Sie gerichtet sei oder auch nur nebenher Sie meint, kann ich aus ihr nicht herauslesen. U. Rubensohn gibt sich ja wirklich blössen. Hätte Minor sich rein sachlich gehalten, so wäre es noch übler für ihn; so aber wird doch jeder denkende stutzig durch den ..... ton. Man müsste Wiener reichsrat sein, um den richtigen ausdruck für meine punkte in den mund zu nehmen. Übrigens: je weiter die guten einzelheiten in Minors Faustbuch in meinem gedächtnis zurückrücken, desto weniger fühl ich mich im ganzen dadurch gefördert, es wird mir immer weniger u. reizt nicht einmal mehr meinen widerspruch, was es beim lesen im princip und in vielen anwendungen und verleugnungen des allein seligmachenden princips tat.
Stern las ich nicht. Um alles in der welt! ist es Ihnen denn nicht völlig gleichgültig was dieser salonjude über Ihre mühselige arbeit sagt, die erst zur geltung kommen wird, wenn die personen einmal – freilich nicht bei Nagl-Zeidler – bearbeitet werden? Ich muss bekennen, dass mir das urteil Adolf Sterns, der doch nicht die spur eines forschers an sich hat, kaum ein mitleidiges lächeln über seine urteilslosigkeit abringen könnte, aber gewiss nicht eine krume verdruss. Recht haben Sie: bei Goedeke kommt die arbeit als Ihre arbeit nicht voll zur geltung und das ist schade; als einzelnes buch hätte Sie Ihnen mehr den voll verdienten dank eingetragen. Das ist der fluch der sammelwerke. Wer rechnet es mir an, dass ich die Goethe-ausgabe im wesentlichen eingerichtet habe? mindestens zur hälfte mit Erich Schmidt.

4.V.
Gestern musste ich einer sitzung wegen abbrechen, in der auch Cornus ernennung verlesen wurde. Nach Ihrer beurteilung freue ich mich auf den herrn; er muss hier alles neu gründen, denn sein vorgänger hat den unterricht der lehramtscandidaten ganz vernachlässigt. Meine elaborate in sachen des frauenstudiums u. des naturwissenschaftler-doctors sind Ihrem Collegium zugegangen.
Ich bin sehr neugierig, wie Anzengruber im seminar herauskommt; zunächst lass ich Der einsam und Stahl u. stein u. Gwissenswurm, dann Wissen macht herzweh u. Fleck auf d. ehr behandeln. Will sehen, wie viel zeit dann noch fürs 4. Gebot oder einen roman übrig bleibt.
Ihre beschreibung der Weimarer zustände entspricht leider meinen erwartungen; so kenne ich den gewalthaber. Allerdings hat mich E Schmidt beschwichtigen wollen u. vor ein paar monaten Suphan arbeitsfähiger als seit jahren genannt; aber ich fasste kein vertrauen dazu. Ich fürchte, das wird nie mehr besser. Denn leben kann S. noch lang; wer wird ihn pensionieren? u. wer soll den arg verfahrenen karren wieder herausziehen?
Übrigens hat Suphan mir vorgespiegelt, E Schmidt sei Ihr redactor, dass ich für ihn eintrete, erfahre ich erst durch Sie. Die vorgeschichte Ihres Götzapparates kenne ich nicht, und brauche sie nicht zu kennen. Ich kann da, wo ich als ersatzmann eintrete, nicht revidieren, was früher zwischen herausgeber und redactor vereinbart worden ist. Nur wo ich von anfang an mitspiele, halt ich mich zu den spielregeln verpflichtet. Übrigens sind Sie ja eingearbeitet und befolgen die regeln selbst, ich werde also nur eine art aufsichtsmaschine oder richtiger hilfsmaschine sein und Sie nur da behelligen, wo ich etwas nicht verstehen sollte. Ich habe wirklich die überzeugung, dass wir zwei leicht zusammen arbeiten können. Leid ist mir, dass Ihnen auch an dieser aufgabe die freude genommen ist, dass Sie durch die centralleitung verhindert wurden, das material vollständig als Ihnen möglich wäre zu sammeln und so erschöpfend durchzuarbeiten als Sie vermocht hätten. Ich bin aber sicher, dass Sie alles getan haben, was Sie unter den erschwerenden umständen (und eigentlich sollte die centralleitung alles erleichtern!) tun konnten; u. damit müssen Sie sich eben trösten.
Ihre „Volkshochschule“ in Prag blüht anders als die hiesige. 500 zuhörer! ich gratuliere. Freilich gehört dazu auch Ihre begabung die sache den leuten mundgerecht zu machen und durch gewalt des vortrags sie zu gewinnen. Beides vermag ich nicht. Ich bin an der Volkshochschule nicht beteiligt. Arbeiter- u. mittelstand besucht hier kaum die kurse; pensionisten, professorenfrauen und töchter bilden die mehrzahl.
Ihre beispiele von Geigers berühmter schlamperei sind lustig. Auf dem abgetrennten blatt lege ich einen andern schluss für meine Gottschedrecension bei. Als die blätter fort waren, kam mir in der erinnerung der schluss zu Reichelisch pathetisch vor. Sagt auch Ihnen der ersatz besser zu, so bitt ich ihn überzukleben.
Spitzer sagt mir von seiner correctheitstheorie: darauf bin ich sehr neugierig.
Herzlich grüsst
Ihr sehr ergebener
BSeuffert.

Graz, 18. Mai 1901 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt.

Prag, 29. Mai 1901 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 29/5 1901
Smichow 586

Lieber Freund! Von DLD 5, Goethes [F]austfragment, ist in absehbarer Zeit eine 2. Auflage nothwendig; der Absatz ist zwar langsam aber stetig und wir müssen die Sammlg. complett zu erhalten trachten. Auf Wunsch des Verlegers soll ich nun mit Ihnen wegen einer möglichst billigen Beschaffg. der Druckvorlage verhandeln. Er glaubt, dass der Text unverändert bleibt u. nur die Einleitg ev. umgearbeitet zu werden braucht.
Meiner Ansicht nach, liegt die Sache so, dass in den alten Contracten, die ich nicht überk/nommen habe, ebenso von der Honorier[u]ng der 2. Auflage die Rede sein dürfte, wie in den neueren und dass sich an dem Vereinbarten nicht rütteln lässt, wenn sich auch die Verhältnisse der DLD seitdem wesentlich verschlechtert zu haben s[ch]einen.
Haben Sie die Liebenswürdigkeit, mir darüber gelegentlich Ihre Ansicht zu sagen, Ihre Forderungen zu stellen und mir auch mitzu[t]heilen, bis wann Sie uns die Druckvorlage liefern könnten.
Um den Raum auszufüllen, will ich Ihnen mittheilen, was ich Ihnen schon im letzten Brief schreiben wollte: Glossy erzählte mir in Wien, dass K Josef anbefahl, auf den Wiener (Österr.) Nachdrucken müsse die Firma u. der Verlagsort des Originaldruckes stehen, so dass also Nachdrucke (des Werther etc.) denkbar wären, die im Titel von den Originaldrucken sich nicht unterscheiden; also auch öst. Nachdrucke der reichsdeutschen Nachdrucke. Vielleicht löst diese bisher unbekannte Thatsache manche Schwierigkeiten. Glossy meint die Trattnerschen Nachdrucke [wü]rde man trotzdem am Papier erkennen, weil Trattner eigene Papierfabriken besass. Es wird im übernächsten Grillparzerjahrbuch über den öst. Nachdruck ausführlich handeln.
Ich sitze u. schwitze über meinen 9 Texten der Studien. Der Stiftersche Text ist recht schlecht; in der Orthogr. ziem[lic]h willkürlich; sehr ergiebig die ersten Drucke, weil Stifter vielfach und sehr merkwürdig änderte, z.B. die Fremdwörter wegschaffte u.s.w.
Treulichst Ihr AS.

Prag, 30. Mai 1901 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich schreibe auf einem Vertragsformular der DLD, das Ihnen zeigt, wie wir es jetzt mit zweiten Auflagen halten; der Verleger scheint aber nach seinem Brief zu wissen, daß mit Ihnen ein neuer Vertrag unabhängig von den jetzigen Gewohnheiten notwendig ist. Nur zahlen wir jetzt viel weniger als zu Anfang; schon seit Göschen d. Samml. übernahm, haben wir kaum mehr als 10 M. für den Bogen Text u. 15 M. für den Bogen Einleitg. gezahlt; wohl aber viel weniger; Leitzmann (u. ich) machten mehrere Hefte umsonst; Köster bekam 5 M. für den Bogen u.s.w. Die Sammlg ist ganz passiv. u. wird nur mühsam vor dem Eingehen errettet. Wenn Sie Text u. Einltg. ganz neu machen müssen, [s]o muß natürlich das volle Honorar unsres jetzigen Jahres 10 u. 15 M. Platz greifen. Mehr setze ich kaum beim Verleger durch. Wollen Sie um den Preis überhaupt arbeiten, so bitte ich um die Form 3, in der Sie sich ganz entfalten können; gegen Lesarten bin ich gar nicht. Im Gegentheil; wenn was dabei herauskommt, so bitt ich sie beizubehalten. An den Verleger schreibe ich erst nach Empfang Ihrer Antwort. Eile hat die Sache gewiß nicht.
Was sagen Sie zu dem pöbelhaften Angriff Strauchs gegen mich im Anzeiger? Ich weiß, daß es der Anzeiger seit der Gründg. des Euphorion scharf auf mich hat; ich finde es war aber gerade die unpassendste Gelegenheit auf mich loszufahren, da mein § 298 eine solide Arbeit aus dem Vollem ! ist, ohne Vorarbeit u. ohne Beispiel. Etwas zu viel des Guten kann man immer darin finden; aber dieser gemeine Ton; diese Verdrehung u. Verleumdung, als ob alles auf Löschpapier mit Kienruß gedruckt wäre, weil ich diese Curiosität (wie Goedeke das auch liebte) anführte. Dieser Hochmut. Was hat denn der armselige Strauch, den Müllenhoff mit Müh & Noth durchs Doctorexamen schleifte u. dem er die Habilitation verweigerte, geleistet, um sich so aufs hohe Roß zu setzen? War ihm das Recht zu einem Protest gegeben? Er versteht absolut nicht, was ich wollte u. so gut als es gieng auch leistete? Er kennt überhaupt die Litteratur nur aus d. Jahren, in denen er s. Bibliographie besorgte, in der er des Malers Max Klinger Schrift dem alten Stürmer & Dränger zuschrieb. Über Stern habe ich mich hinweggesetzt; aber der Anzeiger soll mir s. Frechheit u. s. Unverstand büßen. Ich weiß noch nicht, was ich thue, in welcher Form ich antworte, werde es auch gewiß nicht thun, solange ich so erregt bin; aber zu schweigen wär in diesem Falle Feigheit. Nicht?
Der Anzengruber-Aufsatz wird mir sehr willkommen sein. Mayer hab ich auf nerviges Drängen für s. Jahrbuch etwas versprochen u. werde es auch liefern. Auf eine dauernde Mitarbeiterschaft ist bei mir nicht zu rechnen.
Bei den letzten Akademiewahlen bin ich durch Kelles Taktlosigkeit u. halbe Freundschaft gegen Seemüller unterlegen. Da Heinzel Seemüller seit Jahren wollte u. alles für ihn bereits angeworben hatte, bevor Kelle nach Wien kam, so hätte dieser den aussichtslosen Schritt nicht unternehmen dürfen, nur um sich mir gegenüber mit s. Wolwollen brüsten zu können. Der Teufel hole solche Freunde. Verzeihen Sie meine Wut. Ihr treulichst erg. AS. Für die
Deutschen Litteraturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts
begründet von B. Seuffert, fortgeführt von A. Sauer
ist mit Herrn ... [Platz zum Eintragen des Names] die Bearbeitung von [zwei Leerzeilen zum Eintragen des Titels] vereinbart. Der Umfang ist auf [Platz zum Eintragen] Bogen Text und [Platz zum Eintragen] Bogen Einleitung geplant, die mit Mk. [Platz zum Eintragen] für den Bogen Text und Mk. [Platz zum Eintragen]für den Bogen Einleitung honoriert werden, wodurch die Bearbeitung in das ausschliessliche Verlags- und Eigentumsrecht von B. Behr’s Verlag übergeht.
Der Herr Bearbeiter erhält zehn Freiexemplare (davon eines gebunden).
Die erste Auflage beträgt bis zu eintausend Exemplaren; bei nötig werdenden neuen Auflagen ist das Manuskript vom Bearbeiter (nach Entscheidung des Herausgebers) auf den neuesten Stand zu bringen, und erhält ersterer hierfür bei unbedeutenden Aenderungen ein Viertel, bei umfangreicheren die Hälfte des ursprünglichen Honorars. Die Feststellung erfolgt duch den Herausgeber.
Zur Annahme nach mehr als [Platz zum Eintragen] Jahren vom heutigen Tage an und zur Honorierung einer höheren als der oben festgesetzten Bogenzahl ist die Verlagshandlung ohne nochmalige Vereinbarung nicht verpflichtet.
Auf die beifolgende Mitteilung betreffend ausserordentliche Korrekturkosten wird noch besonders hingewiesen.

Die Herausgeber: Die Verlagshandlung:

Der Bearbeiter: Deutsche Litteraturdenkmale
des 18. und 19. Jahrhunderts in Neudrucken
herausgegeben von A. Sauer.
B. Behr’s Verlag (E. Bock) in Berlin.

Die Herren Mitarbeiter

der Deutschen Litteraturdenkmale werden dringend ersucht, nur ganz druckfertige und deutlich geschriebene Manuskripte, bezw. genau revidierte Drucke einzureichen. Jede nachträgliche Änderung der übergebenen Vorlage wird von der Druckerei nach der auf die Korrektur verwendeten Zeit eigens berechnet. Da dies wiederholt eine bedeutende Erhöhung der Satzkosten verursacht hat, so sehen wir uns gezwungen, die aus den Mängeln der Druckvorlage erwachsenden Kosten dem betreffenden Herrn Mitarbeiter in Rechnung zu stellen.

Die Verlagshandlung.

Prag, 30. Mai 1901 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ihr ausführlicher Brief war ein echter Beweis Ihrer aufrichtigen Freundschaft, den [i]ch wohl zu schätzen weiss. Wenn ich Ihnen nicht sofort gedankt habe, so war die täglich wiederkehrende Flut der rasch zu erledigenden Geschäfte daran Schuld. Nun danke ich Ihnen dafür aufs Herzlichste und theile Ihnen mit, dass ich Ihnen auch in allen Ihren Ratschlägen folgen werde. Ich werde schweigen; nur im Jahresbericht, wo ich auch über meinen § berichten muss werde ich ohne Polemik darauf hinweisen, dass – abgesehen von einer engeren öst. Lit. Gesch. – doch manches für die Geschichte der Lyrik darin enthalten ist. Dagegen w[er]de ich nun mein geplantes Buch: Gesch. d. d. Litt. in Österreich seit der Errichtg. des Kaisertums (1804) ernstlich in Angriff nehmen und habe schon für nächsten Winter ein so betiteltes Colleg (übrigens auf Bitte meiner Studenten) angekündigt. – Nur mit Schrö[der] werde ich den – allerdings sehr seltenen – freundschaftlichen Verkehr nicht aufrecht erhalten können. Er hätte dahin wirken müssen, dass der Ton der Rec. gemildert worden wäre. Aber auch in diesem Punkt werde ich mich zunächst nur passiv verhalten.
Über den Faust schreibe ich Ihnen demnächst; ich denke nicht ganz wie Sie über den Wert des Fragments. Man braucht es doch noch immer, grade weil der Urfaust da ist und so viele Auflagen erlebt. Eile hat aber die Sache gewiss nicht.
Während des Druckes vom 13II der Goethe-Ausgabe (Apparat zum Theatergötz) habe ich mich doch sehr ärgern müssen. Wahle wirtschaftete in meinem Manuscript und dann noch mehr in den Correcturbogen ganz äusserlich und handwerksmässig herum, strich weg u. änderte was ihm nicht gleich verständlich war und schrieb höchst hochmütige Belehrungen an den Rand, bis ich energisch mein Recht als Herausgeber [w]ahrte; aber alles liess sich nicht wieder gut machen. Ich begreife nicht, warum man dann nicht lieber selber alles in Weimar macht. So rücksichtsvoll geht man übrigens dort gegen die Leute, die so dumm sind für die Goetheges. zu arbeiten, vor, dass ich heute nach mehr als 3 Wochen noch nicht weiss, was der Vorstand wegen des von [m]ir zu liefernden Bandes beschlossen hat. Es scheint dass nur Geheimräthe und Excellenzen in diesem Kreis ein Recht auf höfliche Behandlung haben. Es reut mich schon dreifach, dass ich mich mit der Bande eingelassen habe.
Herzlichst Ihr AS.

Graz, 15. Juni 1901 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 15.6.01

Lieber freund, Diesen vormittag gibt die post bei mir Ihre Saeculardichtungen ab. Lassen Sie mich gleich herzlich danken für das grosse geschenk und für die sehr unverdiente erwähnung meines namens in der vorbemerkung. Ihre reiche einleitung habe ich sogleich überflogen und habe den eindruck, dass sie einem den „geist der zeit“ recht nahe bringt. Ich bin voll bewunderung für die fülle dessen, was Sie zusammengetragen und was mehr ist verarbeitet haben. So hoffe ich, dass Ihnen die verdiente anerkennung Ihrer mühen nicht ausbleiben kann. Mit der sammlung selbst mich zu befassen, fehlt mir jetzt die zeit; das muss ich ruhigeren tagen aufsparen. Ich bin recht neugierig, ob sie ein bedeutender oder wenigstens bedeutsamer spiegel ist. Sie muss eine vortreffliche probe sein, wie weit, wie tief die kunst in auffassung und form in die masse eingedrungen ist. Gerade hiefür sind ja gelegenheits schöpfungen am meisten kennzeichnend.
Herzlich grüsst Ihr
ergebener
BSeuffert.

Graz, 1. Juli 1901 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Herzlich dank ich für Ihren lieben brief und für das klare, glänzende bild Sternbergs, das um so stärker auf mich wirkte, als ich nur ein bischen farbe davon kannte und keine umrisse; nun seh ich die gestalt plastisch.
Über Weimar kann ich nichts schreiben, als dass es mir ebenso ergeht wie Ihnen. Dringende anfragen u. anordnungen des redactors werden weder beantwortet noch beachtet, bis ein berglein von urgenzen den archivtisch belastet.
Treu Ihr BSfft.

1. VII. 01.

Prag, 1. Juli 1901 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Der Verleger schreibt mir wegen des Faustfragments Folgendes: „Wenn Sie auf die Neuausgabe des Faust [k]einen besonderen Wert legen, verzichte ich unter den obwaltenden Umständen darauf. Mir liegt nur daran, vollständige Exemplare der Serie liefern zu können; ich werde also das Heft einfach einzeln nicht mehr abgeben und allenfalls 100 Ex. in anastatischem Neudruck herstellen; da nur 700 Ex. gedruckt wurden, ich aber das Recht zur Herstellung von 1000 Ex. besitze, kann ich das ohne weitere Anfrage thun. Liegt die Sache, wie ich nach Ihrer Darstellung annehmen muss, so, dass es sich um ei[n] vollkommen neues Buch handelt, so wäre die Frage, ob wir den Faust mit kritischem Apparat nicht trotz Nr. 5 in der Neuen Serie bringen können; das thue ich gern und nehme dann auch an den Honorarforder[un]gen von Herrn Prof. S. keinen Anstoss.“
Die Entscheidung ist in Ihrem Sinne ausgefallen, obgleich ich nicht ganz so entschieden wie Sie den Wert des Fragments in Frage gestellt habe. Wie Sie sich zu der neuen Anregung des Verlegers stellen werden, bin ich begierig von Ihnen zu hören.
Ich füge heute sonst nichts hinzu, weil ich mit Arbeit überbürdet bin. Wir gehen am 15 auf 6-7 Wochen nach Galizien zu unsern dortigen Freunden.
Herzlichst grüssend
Ihr AS.

Graz, 2. Juli 1901 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L. frd. Ich danke für Ihre mitteilung der verlegerantwort. Ich hätte fast lust, mir ein ex. der nr. 5 zu kaufen, um zu sehen ob sie wirklich denselben satz hat, da ich nicht begreife, dass nur gegen 700 ex. abgesetzt sein wollen; allerdings machte Holland konkurrenz. Nach seinen büchern hat der verleger recht u. der jetzige hat ja gewiss nicht nachgedruckt. – Eine zweite ausgabe als neues heft? das muss ich mir ruhig überlegen. Ob der kritische apparat etwas ergibt, steht dahin. Ich habe eben den Göchh. Fund fürs kolleg neu bearbeitet u. dabei gedacht, dem Frgmt als anhang die ergänzungsscenen aus jenem, sowie den bericht aus DW über die fortsetzung u. allenfalls einige paralipomena zu geben; zugleich aber minderte sich die lust zu einer vorrede, weil Morris nun selbst betont, dass Swedenborg doch nur den ersten monolog erklären hilft, für die verwendung des Meph. aber u. also f. den kern des dramas keine förderung bietet. Dazu betont er die widersprüche – u. ich wollte die einheitsmeier ohne ihre namen befehden – u. nimmt mir auch in den anm. manches vorweg. Andere einfälle erwiesen sich bei neuer prüfung als zu kühn. So bleibt nur ein rest u. ich will mir später einmal überlegen, ob dessen wert gross genug ist, darum eine einleitung zu schreiben. Es hat ja zeit. Voraussetzung ist, dass Ihnen der vorschlag des verlegers ein 2. heft Frgmt. zu geben, überhaupt discutabel erscheint. Wäre da nicht ein ergänzungsband zum Hempelschen Wieland wichtiger? Alles gute in die ferien!
Ich habe noch viel vor, bis ich am 23. nach Goisern, Salzkammergut fahre. Herzlich Ihr
BSfft.

Prag, 5. September 1901 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich habe leider in einem stumpfsinnigen Augenblick, um meinen Koffer zu entlasten, alle Correcturbogen , die ich bei mir hatte, vernichtet und kann Ihnen daher von Heft 2 des 8. Bd. und dem 5. Erg. Heft nur Bruchstücke senden, die Ihnen nur zeigen sollen, da[ss] die Sache nicht stockt. – Ich bin vor 8 Tagen aus Galizien zurückgekehrt, arbeite an meinem verfl. Referat für die Jbb. und geh ungefähr in 1 Woche nach Weimar, auf 3-4 Wochen, so lang es sein muss. Erholt habe ich mich nicht besonders; aber nur aus dem Grund, weil meine Frau die ganze Zeit hochgradig nervös; sonst wären alle Bedingungen für eine ausgiebige Erholg. vorhanden gewesen; nun ist sie be[i] Ihren Eltern auf dem Lande und dort bessert sich der Zustand hoffentl. rascher. – Wann ich zu einem Brief komme, weiss ich im Augenblick nicht und wünsche also nur glückl. Heimkehr. Treulichst Ihr AS.

Graz, 7. September 1901 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Schönen dank für Euphor., den ich leider beiseite legte, da ich eben vom lande zurückgekehrt, geschäftskorrekturen aus Weimar finde. Mögen Sie es dort besser finden als das letzte mal! Die korrekturen gehen unregelmässiger als je; dass alle behelfe mitkommen, ist fast ausgeschlossen. – Wir bedauern das unwolsein Ihrer frau u. wünschen besserung. Wir hatten viel regen, einen treppensturz des jüngeren ohne bruch, aber mit starker blutung u. schwellung des gesichtes, eine woche erkrankung meiner frau, so dass wir sehr gerne den 1. tag zur abreise benützten. Anzengruber, den ich draussen fertig machen wollte, wurde zurückgeschoben: es sollen seine briefe zu weihnachten erscheinen. Jetzt heisst es die ferien noch ausnützen, ich habe zu viel vor.
Herzlich Ihr BSfft.

Graz Harrachg. 1. 7.9.01.

Graz, 22. September 1901 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 22.9.01.

Lieber freund, Bei der gleichzeitigen übersendung der Gottschedfahnen danke ich Ihnen recht lebhaft, dass Sie die anzeigen so schnell in druck gegeben haben. Ich bedaure nun bei der lektüre doch, dass ich – um Ihnen raum zu sparen – mit meiner kritik der einzelnen sätze der Crit. dichtkunst zurückgehalten habe; es ist sehr viel bleibend wahres in vielen.
Hätten Sie nicht besseres vollauf in Weimar zu tun, so würde ich Sie um einen herausgeberzusatz zu fahne 56 bitten: die frage nach Schwabe muss wenn irgendwo mit Bojanowskis hilfe entschieden werden können.
Und da nun der Euphorion kein mscpt. von mir auf lager hat, wage ich Ihnen das beifolgende anzubieten, einstweilen an statt des versprochenen Anzengruber, der aus gemeldeten gründen zurückgestellt aber nicht aufgegeben ist. Ich habe bei dieser analyse, die zeigen soll, dass man auch novissima philologisch behandeln kann (und zu dieser behandlung bekennt sich ja jetzt auch Elster), von vornherein an den Euphorion gedacht. Aber ich habe die blätter erst an Arnold Mayer geschickt, um meinen guten willen für das neue unternehmen zu zeigen. Ich habe ihm gleich geschrieben, dass sie kaum in den rahmen des Jahrbuchs passen, und ersehe aus seinem neuen prospekt, dass dies wirklich nur theatralisch und gar nicht dramatisch sein will. Er wünschte den artikel gekürzt zu behalten. Das wünschte ich nicht, und konnte ich nicht wünschen: gerade in der inhaltsangabe, die er für bekannt erachtet, glaubte ich manches so neue zu geben, dass es vielleicht Björnson selbst nicht billigt. Ich bitte Sie um die geduld, die blätter zu lesen, und dann um einen bescheid, ob Sie sie – ohne freundschaftliche rücksicht – brauchen können. Seuffert über tageslitteratur redend ist an sich eine mich verblüffende novität.
Alles gute für Ihre arbeit und grüsse an die WAF zu deutsch Weimarer Archiv-Freunde.
Herzlich
Ihr
BSfft.

Wie ergeht es Ihrer frau? meine liegt zu bette und wetteifert in neuralgie.

(Weimar), 23. September 1901 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Nicht blos eine[n] wunderbaren Nachmittag dan[ke] ich Ihnen, liebster Freund, sondern eine sehr wichtige Bereicherung des Euphorion, wodurch er bildend auf die zahlreichen Kritiker wirken könnte. Was könnte da geleistet werden, wenn man allem derart auf den Grund gienge; u. wie schön ist alles trotz der grossen Einfachheit u. Schlichtheit – oder besser wegen ihnen – dargestellt. Nur 2 Bedenken habe ich: vergraben Sie Ihren Aufsatz nicht zu tief im Euph. und 2. ich kann nicht mit vollster Sicherheit angeben, ob ich ihn im IX, 1 – denn VIII ¾ das als Doppelheft Anf. Dec. erscheint ist complett u. zum grossen Theil gesetzt – aufnehmen kann, weil mir die Hände stark gebunden sind. Aber ich hoffe. Übrigens schlagen wir momentan ein rascheres Tempo ein u. ich werde im nächsten Jahr nicht so im Rückstand sein wie heuer. Also vielen Dank. Schwabe will ich nachgehen. Ich sehe Boj. heu[te] abends. – Im Archiv war die erste Woche sehr schön, da Kalischer da war, mit dem B. S. nur schriftlich verkehrt. Er kam also zu uns gar nicht herüber. Jetzt wird er wieder öfter erscheinen. Aber da ich ihm keinen Privatbesuch gemacht habe, so lässt er mich vielleicht auch in Ruhe. Die Ausbeute ist recht hübsch. Freilich wäre eine Gesamtausgabe aller Briefe an G. besser als solche Auswahlen. – Schüd. fragte mich gestern, ob Sie schon einen Verleger für Ihre Wielandbriefe hätten; er hielte es sonst für möglich, dass sich die Ges. d. Bibliophilen dafür anböte. Wollen Sie mir ein Wort drüber sagen.
Meine Frau macht mir Sorge, obwohl man ihr es nicht ansieht u. ausser mir – u. Ihnen – kaum jemand was weiss. Das beeinträchtigt meinen vom Wetter wunderbar begünstigten Aufenthalt wesentlich. Gesundheit ins Haus & alles Andre Gute wünscht
Ihnen Ihr dankbar erg. AS.

Graz, 27. September 1901 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 27.9.01.

Lieber freund, Vielen dank für Ihren freundschaftlichen brief. Wenn ich die zeilen recht verstehe, so finden Sie die Björnsoniade doch nicht geeignet für den Euphorion. Sie meinen gewiss mit recht, dass sie dafür nicht wissenschaftlich genug ist und ich weiss selbst, dass sie eine unglückliche mischung aus empfindender und philologischer analyse ist; allerdings ist es nicht zufällig so geraten, sondern für meinen jetzigen arbeitstrieb ist es eine art ideal. Wenn ich die mischung unglücklich heisse, so geschieht es also nicht, weil ich sie an sich für verfehlt halte, sondern weil der aufsatz dadurch für keinen der rubricierten leserkreise langt. Für die gelehrten ist er zu einfach, für die ungelehrten zu gründlich. Ich sehe ja auch ein, dass seine drucklegung einigermassen eilt: denn das thema ist vielleicht noch diesen winter aktuell und dann nicht mehr. Und ich will dem Euphorion nichts antiquiertes zumuten, da ich selbstverständlich ältere und besser für das organ geeignete aufsätze nicht verdrängen kann und darf. Mögen Sie mir raten, wohin nach Ihrer Meinung die blätter besser langen? Mir fallen jetzt nur die Preussischen Jahrbücher ein, in die ich allerdings seit Delbrücks wunderlichem politischem verhalten nicht mehr geschrieben habe. Oder die Neuen Jahrbücher für Philologie? Für die Rundschau oder Westermann oder Nord u. Süd ist der artikel zu schwer, auch bin ich ohne alle fühlung, mit professor Rodenberg in bruch. Bei Brandls Archiv mag ich nicht um einlass betteln. Für eine wochenschrift ist er zu lang. Soll ich nach Amerika flüchten? Oder meinen Sie, dass er als brochure möglich wäre? Ich müsste überlegen, ob er dazu die form hat. Sie sind in solchen und vielen dingen erfahrner als ich, ich bitte Sie um Ihren rat.
Für meine Wielandbriefe habe ich keinen verleger. Ich habe einmal daran gedacht, den Stuttg. lit. verein dafür zu interessieren, habe aber noch keinen schritt getan; überhaupt bei niemand. Denn mir ist die form noch nicht klar. Eine vollständige Sammlung kann ich auch heute noch nicht geben; dazu bin ich zweifelhaft, ob man alle schon gedruckten neu drucken soll. Ich halte das für überflüssig, wenigstens für weniger nötig als eine kritische ausgabe. Ursprünglich wollte ich ein vollständiges verzeichnis aller briefe an und von, die ich kenne, mit ergänzungen der gedruckten, grösseren oder kleineren regesten aus den ungedruckten an W., vollständig im abdruck der von W. Dann bereitete ich einmal die sehr inhaltreiche correspondenz mit Böttinger als selbständiges corpus vor und blieb stecken. Es wäre ein glück, wenn ich eine veranlassung hätte, schlüssig zu werden. Und so erfreut mich Schüddekopfs anfrage sehr; ich danke ihm einstweilen dafür u. grüsse ihn herzlich. Das eine muss ich aber gleich sagen: verträge mit lieferungstermin kann ich nicht schliessen, das gespenst der fristeinhaltung macht mich krank.

Vieles gute für die weitere arbeit in Weimar und befreiung von der häuslichen sorge wünscht
Ihr
herzlich ergebener
BSfft.

je mehr ich mirs überlege, desto lieber wird mir der an sich meiner art fremde einfall einer brochure. Ich könnte ja dem verleger des schauspiels selbst es anbieten. Bitte, schicken Sie mir das ding dazu.

(Weimar), 28. September 1901 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Nur sehr [u]ngern trenne ich mich von Ihrem Man. Aber ich sehe ein, daß es rasch gedruckt werden muß. Ich habe nicht alle meine Man. für Euphorion IX, 1 bei mir, sodaß ich im Augenblick eine genaue Berechnung nicht anstellen kann u. ein vollkommen bindendes Versprechen wol für IX, 2; oder für IX, 1 nicht geben kann, wenn ich auch hoffe, daß ich Platz schaffen könnte. Passen würde es am besten in die Preuss. Jb.; wenn Sie es dort nicht unterbringen, empfehle ich die selbständige Brochure am besten: Dr Seele & Co. in Lpzg., John Edelmann in Berlin, Beck in München; Langen ist auch gut. Sollten Sie zum Euph. zurückkehren, so steht er Ihnen jeden Augenblick offen. Das Man. für IX, 1 dürfte zu Anfang Dec. fällig sein.
Schüddekopf ist verreist; ich kann dzt über Wieland erst in einigen Tagen schreiben.
Bojanowski giebt sich Mühe wegen des Prozesses, hat aber noch nichts gefunden. In Schwabes ????? steht nichts. Ich bin in Unruhe wegen meiner Frau u. muß hier die Zeit todschlagen, da ich nur halbtägig arbeiten kann.
Es grüßt Sie herzlichst
Ihr AS.

Graz, 21. Oktober 1901 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz Harrachg. 1
21. X 01.

Lieber freund, Herzlich dank ich für das Brentanosche. Das ist ja eine vortreffliche nummer! wie gern möchte ichs gleich ganz durcharbeiten, wäre der drang der vorlesungen nicht. So hab ich nur geblättert.
Ein 2. ex. hatten Sie an Leitzmann Graz Harr. 7 adressiert, das hab ich nach Jena geschickt.
Die studentenzahl wächst wieder, hörsaal und seminar sind voll; im letzern ist mirs zu viel, ich hoffe bald abzuschrecken. Besonders die weiblein. – –
Hoffentlich trafen Sie Ihre frau gemahlin woler; ich will recht wünschen, dass Sie mir das schreiben können. Die gesundheit meiner frau bleibt schwankend. Wie ging es Ihnen noch in Weimar? Sagen Sie mir doch gelegentlich, wo und wie Fresenius lebt? Und was an dem dr. Max Hecker ist; der scheint mir jetzt das schosskind des herrn geheimrat.
Hat Bojanowski über Schwab-Gottsched noch etwas gefunden?
Ich danke Ihnen noch für Ihre beilage zu meinem verunglückten Björnson. Delbrück wies ihn auch ab, hat schon einen artikel darüber. Der tante Voss ist er zu lang. Jetzt wird er bei der Münchener Allgemeinen herumgezogen. Zur brochüre taugt das misratene kind doch nicht, wie ich jetzt die blätter wieder sah. Kehren sie von München zurück, so bleiben sie im kasten u. ich lass michs eine lehre sein, beim leisten zu bleiben. Dass Sie mir den rückweg zum Euphorion aufsperrten, dank ich Ihnen besonders; das anerbieten ist mir ein neues rührendes pfand Ihrer freundschaft. Ich werde Sie aber nicht damit behelligen, Sie sollen Ihrer freundschaft zu mir kein opfer bringen.
Mit den herzlichsten grüssen
Ihr ergebener
BSfft.

Prag, 1. November 1901 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 1/11 02 [Fehldaterung Sauers]
Smichow 586

Lieber Freund! Ich benutze die Feiertagsruhe um Ihnen den lange ausständigen Brief [zu] schreiben. Sie werden, wenn Sie ihn gelesen haben, die Verzögerung verzeihen.
Was die „Valeria“ betrifft, so ists ein halber Reinfall. Roethes Abhandlg. – ich will sonst über ihren Wert oder Unwert kein Wort verlieren, schimpft so erbärmlich über diese Theaterbearbeitg., dass gewiss viele Leute sagen werden, das Man. war des Drucks nicht wert. Auch hat sich Steig manches von Roethe wegnehmen lassen, was er übersehen hat oder nicht sehen wollte. So hab ich ihm brieflich [in] Bezug auf den in einen Admiral verwandelten General den richtigen Weg gewiesen; er war aber zu hochmüthig, um ihn zu betreten. – Die Insel Felsenburg ist ausgedruckt. Sie reicht bis 120. Mit 121 (Mösers Schrift gegen Friedr. d. Grossen ed. Schüddekopf) beginnt eine neue Serie (theurer!); fertig liegt vor Lichtenbergs Aphorismenbücher I. II (Leitzmann); Platen, Dram. Nachlass (ed. Petzet); dann folgt ein erster Band: Dramen zur Erklärg. der Hamb. Dram.: Weisses Richard III, wozu Jacobi die Einleitg. macht u. ich den Text. –
In Weimar wars diesmal erträglicher. Solang Kalischer dort arbeitete, betrat Su[ph]an das jenseitige Arbeitszimmer nicht u. es herrschte ein idealer Zustand: auch später giengs, da ich sehr kühl u. reserviert war. So gestand er mir Alles zu. Ich gebe Goethes Briefwechsel mit Grüner, Zauper u. Sternberg separat in unsrer Deutschböhm. Bibl. neu resp. zum 1. Mal heraus, um den Band der Schriften der Goethe-Ges. zu entlasten. Das Material ist sehr reich u hübsch; allerdings mehr für Öst. interessant als für Goethe. Ich bin namenlos fleissig; aber es kommt mir etwas viel zusammen.
Dr. Hecker, nach dem Sie fragen, ist ein Bonner Dr., der mir sehr gefallen hat. Er ist durchaus Philolog, ganz bei der Sache, ja begeistert; mir gegenwärtig im ganzen Archiv der liebste, da auch der Alkoholist Schüddekopf stumpf u. faul zu werden beginnt. Suphans Vorliebe mag persönliche Gründe haben, aber sie trifft diesmal den richtigen.
Ich war letzten Sonntag in Wien aus 2 Gründen. Glossy giebt Grillparzers Briefe chronologisch bei Cotta heraus. Ich habe den Plan entworfen u. mein schon vor 10 Jahren fertiges Manuscript als Grundlage hergegeben u. werde wohl auch mit auf dem Titel stehn, Cottas legen komischer Weise jetzt auf meinen Namen grossen Wert, was früher durchaus nicht der Fall war. Da sich die Bände im Druck u. formal an meine Ausgabe anschliessen, musste ich mich nothwendiger [We]ise der Sache annehmen. – Das Wichtigere aber war der Euphorion. Fromme hat schon im Juni für eine ev. Fortsetzg. 300 fl. Subvention mehr verlangt. Nun trieben wir ihn in einer Unterredung zu dreien (da Glossy das Geld aufbringt, ist er der eigentliche Herr) stark in die Enge, wiesen ihm nach, dass er schon als Drucker den Gewinn habe, dass die Druckkosten durch das Abonnem. (336 Ab.) gedeckt seien u. schlugen ihm vor, ihm Honorar u. alle Redactionsauslagen abzunehmen u. selbst durch die Subvention zu decken. Er musste wiederstrebend ! zugeben, dass unsre Aufstellungen vieles für sich hätten, that aber sehr beleidigt über unsre Fragen um den Herste[ll]ungspreis etc. u. stellte nun brieflich eine Rechnung auf, die alles so hoch ansetzt, dass in der That 705 Kronen Verlust herauskommen, während er im Juni nur 300 Kronen Verlust angab u. die anderen 300, die er verlangte, selbst als Gewinn d.h. als Ersatz der Verluste früherer Jahre ansetzte: Wir hatten bei der Unterredung den Eindruck, dass Fr. ein Erzspitzbube sei u. sein Brief, der im Ton höchst frech gehalten, ausserdem in sichtlicher Erregung geschrieben ist, bestätigt diesen Eindruck. – Was jetzt geschehn wird, weiss ich nicht. Glossy will die Zs. um jeden Preis halten, ich säh es als das grösste Glück für mich an, wenn sie eingienge. Das Geld wird Glossy vermuthlich leicht bekommen. Der Verlegerwechsel, der wohl auch einen Druckerwechsel zur Folge haben wird, ist mir höchst unangenehm. Glossy denkt an Braumüller, dessen Verlag soeben von zwei jüngeren Leuten übernommen wurde, von denen man Gutes hört. Ich habe von der abermaligen Krisis Niemandem was gesagt, als Hauffen (der Bibliographie wegen), der aber wol herumgesprochen haben wird. Ich habe auch ruhig für das nächste Jahr Alles angenommen u. vorbereitet; denn sonst würde die Zs. immer schlechter statt besser. Geht sie ein, so muss ich es eben auf mich nehmen, die Leute genarrt zu haben. Leider wird das aber kaum der Ausga[ng] sein. Geht sie fort, so lassen Sie Ihren Aufsatz ja gewiss wieder zu mir heimkehren. Vielleicht hätte ich ihn überhaupt nicht aus der Hand gegeben, wenn ich meiner Sache völlig sicher gewesen wäre.
Meiner Frau geht es zwar etwas besser; aber die Sorge ist noch nicht geschwunden. Natürlich liegt das am meisten auf mir.
Wegen Schwabe fand sich in Weimar nichts. Aus der Selbstbiogr. geht mit Sicherheit hervor, dass er niemals in Lpzg. studiert hat. Die Durchsicht seines in W. [er]haltenen Briefwechsels ergab gleichfalls nur ein negatives Resultat, das ich in eine knappe Anmerkg. zusammengefasst habe. Von dem, wie ich glaube, reichen u. schönen Doppelheft erhalten Sie nächstens den Text der Aufsätze. Es soll Anf. Dec. erscheinen, wenn mich Fromme nicht im Stich lässt.
Ihnen für den Winter alles Gute wünschend, in alter Liebe u. Freundschaft
Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Graz, 10. November 1901 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz Harrachg. 1.
10. XI 01

Lieber freund, Es ist verdriesslich, dass Fromme dem Euphorion neue schwierigkeiten macht; ich begreife, dass Sie nicht unglücklich wären, die zs. los zu werden. Aber ich bitte Sie doch, im interesse der sache dabei auszuhalten: das bedürfnis nach einem Euphorion ist doch zweifellos; Sie haben die Tugenden und die erfahrung eines redacteurs, also verlassen Sie die fahne nicht. Ich werde das gefühl nicht los, dass es mit Kochs Zs. zu ende geht, obwohl ich nichts Tatsächliches weiss.
Der plan für die nächsten hefte der DLD verheisst ja gutes; mir wäre lieber, Sie machten die einleitungen zu den stücken der Hamburgischen dramaturgie und Jacobi die texte, als umgekehrt. Übrigens kann dies nur materiellen erfolg haben, wenn es für die gymnasien, lehrer u. schüler, zugänglich wird, und dann dürfte es nicht teuer sein. Oder es müsste wenigstens nach schulbüchermanier bei absatz einer bestimmten zahl freiexemplare für die armen bewilligt werden. Die Valeria hab ich noch nicht durchgegangen; ich finde, von Brentano darf man auch etwas drucken zur erhellung der grenzen seines könnens. Da wäre ich mit Platens nachlass ängstlicher.
Fresenius scheint nicht mehr in Weimar zu sein, weil Sie über ihn schweigen. Was Sie mir sonst über Weimar mitteilen, war mir sehr wichtig, ich werde Hecker jetzt besser behandeln. Glück auf und frische kraft für Ihre Goethepläne! Dazu bedarf es vor allem auch häuslicher sorgenfreiheit, die ich Ihnen von Herzen wünsche. Ihr verhältnis zu Glossy verstehe ich nur unter dem gesichtspunkt, dass Sie seiner wegen der Grillparzerpapiere bedürfen. Ich werde ein vielleicht unbegründetes vorurteil gegen ihn nicht los, und jetzt hab ich mich wieder tüchtig geärgert, dass er herausgibt, was Sie gearbeitet haben, und nur auf den druck der firma scheint zugeben zu wollen, dass Sie neben ihm auf dem titel erwähnt werden, da Ihr name doch allein dastehen sollte/sollten. –
Die besprechung von Soll und haben im seminar ist bis jetzt langweilig; ich werd aber allekraft einsetzen, das kunstmaschinelle daran zur evidenz zu bringen.
Herzlich
Ihr ergebener
BSeuffert

Prag, 11. November 1901 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 11/11 01
Smichow 586

Lieber Freund! Aus Ihrem lieben Brief möcht ich 2 Punkte sogleich beantworten. – Fresenius ist dauernd nach Berlin übergesiedelt (W., Achenbachstrasse 7/8, Gartenhaus parterre). Die schmähliche Art & Weise, mit der Suphan ihn entlassen, kennen Sie. Auch dass man ihm alle Papiere abgenommen [u]. alles was man nicht sogleich verstand, vernichtete (das einzig Brauchbare was im Goethe-Archiv geleistet worden war), werden Sie wissen. Inwieweit Sie über seine Verlobungsgeschichte orientiert sind, weiss ich nicht. Die Braut, eine ältere Dame mit erwachsenen Töchtern, wurde wahnsinnig u. ist im Irrenhaus. Er betreut die Töchter [, w]ohnt aber (aus Anstandsrücksichten, wie es scheint) nicht bei u. mit Ihnen, sondern legt täglich den weiten Weg zu ihrer Wohnung mehrere Male zurück, um alle Mahlzeiten gemeinsam mit ihnen einzunehmen. Schlösser traf ihn im Sommer, wie er grade auf der Suche nach einer Gardedame war, um mit den Töchtern gemeinsam aufs Land gehen zu können. Ich vermuthe, dass er unter diesen Umständen nichts arbeitet. Auf die Zusendung meiner Sternbergrede gab er mir keine Antwort.
Über mein Verhältnis zu Glossy befinden Sie sich doch in einem Grundirrthum. Es verbinden mich mit ihm 22 Jahre der innigsten Kameradschaft und Freundschaft und ich darf wohl sagen, dass er mit der liebste Mensch auf der Welt ist. Alles was vom Österreicher u. vom Wiener in mir ist, sympathisiert mit diesem goldensten Gemüth, das ich kenne. Freilich kenne ich auch seine Schwächen viel besser als jeder andre; aber auch seine grossen Vorzüge, seine reichen Kenntnisse, seine lebendige Anschauung vom Gesamtleben Altwiens & Altösterreichs, wie sie ausser ihm gegenwärtig Niemand besitzt. Haben Sie eine seiner grossen Ausstellungen – seine eigentlichen Leistungen – gesehen: die Türkenausstellg.;? die Theaterausstellg;? die Grillparzer-, die Schubert-Ausstellg? Was von ihm in Druck u. unter seinem Namen erscheint ist nur der allergeringste Bruchtheil seiner weitverzweigten organisatorischen, sammelnden u. anregenden Thätigkeit. Er hat keine Spur von philologischer A[de]r in sich. Er ist Jurist, dann Culturhistoriker, Localforscher, Patriot, Dilletant der besten Sorte. Er hat viel von mir gelernt u. braucht eine Ergänzung in meinem Sinne nothwendig – ja ich fürchte, er bringt allein überhaupt nichts mehr fertig. Wären wir nicht local getrennt, so hätten wir beide oder jeder allein 10 mal mehr geleistet; ich brauche ihn nemlich auch wie er mich; er ist gewissermassen mein Herz, meine S[ee]le; ich sein Gewissen, seine Correctur u. Richtschnur. – Was nun die Grillp.briefe betrifft, so hab ich vor 12-13 Jahren mir langsam alles ungedruckte & gedruckte zu privatem Gebrauch ge- sammelt, hatte zwar das Recht zur Verarbeitg. aber für die Ungedr. nicht das Recht der Veröffentlichg., dass der Gemeinderath schon damals Glossy gegeben hatte. Den Haupttheil des Ungedruckten legte er in seiner Art & Bearbeitung im Jb vor, mit sehr schätzenswerten Anmerkungen & Beigaben (auch mit manchem Fehler.).. Nun traten Cottas im Frühj. mit der Frage an mich heran, ob sich noch Ergänzungs- bände z. Grillp. Ausgabe herstellen liessen. Ich sagte wahrheitsgemäss von Dichtungen sei für ihre Zwecke kaumetwas vorhanden als die e[rs]te „Ahnfrau“; dagegen könnten Briefe & Tageb. ganz wohl mehrere Ergänzungsbände abgeben; anders (chronol.) geordnet als im Jb. u. vielfach ergänzt. Beides hatte Glossy im Jb. herausgegeben. An ihn wandten sich Cottas. Glossy fragte bei mir an, ob ich im helfen wollte u. schrieb erst auf meine Zustimg. an Cotta. Ich hatte mir ursprünglich die Herausgabe allerdings nicht als eine gemeinsame vorgestellt u. meinte [nu]r, ich solle Glossy Ratschläge geben, wie er ja alles seit 2 Decennien mit mir durchbespricht & erwägt. Es stellte sich aber allerdings dann heraus, dass Gl. sich um die zerstreut gedruckten Briefe bisher nicht gekümmert hatte, während ich sie alle abgeschrieben & eingeordnet liegen hatte. Auch ungedruckte fanden sich bei mir mehr als ich in Erinnerung hatte. Allein hätte ich mich aber vorderhand zu einer Herausgabe nicht entschlossen. Ich rechnete immer mit einer künftigen krit. Ausgabe, zu der es wohl wird kommen müssen. Glossy hat also ganz loyal gehandelt, wie ich ihn nie auf einer Unehrlichkeit ertappt habe. Es that mir leid, dass Sie ein so falsches Bild von ihm vor Augen haben u. darum dieser Brief, den Sie mir nicht übel nehmen mögen.
Über Euphorion nächstens, bis alles mehr geklärt ist.
Herzlichst Ihr treu erg.
AS.

Graz, 12. November 1901 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich bin Ihnen aufrichtig dankbar, dass Sie mich G. verstehen und besser beurteilen lernten. Wer ihn nicht persönlich kennt, kann nur seine betriebsamkeit schätzen. Und es gibt leute, die diese für selbstgefällig halten, was man ja menschen von erfolg leicht nachredet. So bekam ich ein falsches bild und freue mich, dass ich es nun corrigieren kann.
Von dem armen Fresenius schreiben Sie mir nur neues; mein wissen hört von da an, als ihm die stelle gekündigt wurde. Herzlich dankbar
Ihr
BSfft

12 XI

Prag, 14. November 1901 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Wenn Sie von Fr. Verlobung nichts wussten, so muss ich z. Ergänzg hinzufügen, dass er die Dame vor 20 Jahren verehrte mit ihr in Correspondenz blieb u. sich noch in W. mit ihr verlobte, als er wieder mit ihr in persönliche Berührung gelangt war. Der Widerstand ihrer [er]wachsenen Töchter soll so gross gewesen sein, dass sie darüber wahnsinnig wurde. Die Dame ist so alt wie er, oder älter. Vor 20 Jahren scheiterte das Project, glaub ich, an dem Widerstand seines Vaters, in dessen Nachlass sich ein unfertiger 101 Bogen starker Brief über diese Angelegenheit vorgefunden haben soll.
Relata refero.
Immer
Ihr
AS.

Prag, 16. Dezember 1901 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Nach vielem Hin- & Herschreiben bin ich mit Fromme wieder einig geworden, so ziemlich auf der alten Grundlage. Er wünschte Beschränkg. des petit-Satzes; ich werde also di[eM]iscellen auflassen oder einschränken (um die kaum Schade ist) u. ebenso die Quellenpublicationen eindämmen, wie das schon einmal geplant war. Er wünscht auch Borgis eingeschränkt; das kann ich aber nicht thun, weil ich eine Reihe guter u. langer Recensionen habe, in denen der Wert des nächsten Jahrgangs liegen dürfte. – Wie stehts mit dem Björnson? Wollen Sie mir ihn für Heft 1 u. 2 (getheilt) überlassen, so bitte ich um sofortige Übersendung. Ich eröffne dann den Jahrgang da[m]it. Es würde der Zeitschrift gewiß sehr nützen und ich wäre Ihnen sehr dankbar dafür.
Bei mir zu Haus geht Alles im Alten; aber ich bin wenigstens fleißig.
Recht glückliche Feiertage wünscht Ihnen Ihr
aufrichtig erg. AS.

Prag, 25. Dezember 1901 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Gewiss hat die Unsicherheit, in der sich damals die Zeitschrift befand, in mir eine gewisse Ängstlichkeit in der Annahme von Aufsätzen wachgerufen. Aber ich habe ihn ja gar nicht abgelehnt, sondern ich machte Sie nur darauf aufmerksam, dass ich ihn lange liegen lassen muss, lange – für einen so aktuellen Aufsatz; ich sagte auch, ich hätte nicht alle meine Papiere bei mir und könne keine genaue Berechnung anstellen. Das war alles buchstäblich wahr. Ich gab den Aufsatz nur deshalb aus der Hand, weil ich meinte, Sie brächten ihn rascher (und besser) unter. Für mich ist es ein Glück, dass das nicht der Fall war. Ich halte den Aufsatz für musterhaft, für vorbildlich u. er wird in jenen Kreisen, die etwas davon verstehen, Aufsehen machen. Theilen muss ich ihn leider; denn der Raum ist knapp. Also vielen Dank dafür. Das Man. geht gleich nach dem Fest in die Druckerei.
Anzengruber erbitte mir sicher für Heft 3 oder 4 und je früher das Man. bei mir eintrifft, desto angenehmer ists mir.
Ich bin – Gott sei Dank – sehr fleissig, habs aber auch nothwendig, wenn ich den aufgestapelten [Wu]st von Arbeiten erledigen will.
Alles Gute!
Treulichst
Ihr
AS.

Graz, 26. Dezember 1901 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Herzlichen dank, lieber freund, für Ihren guten brief und die worte über den aufsatz, an dem ich schon ganz irre geworden war. Anzengruber gehe ich an, so wie ich luft habe.
Cornu scheint sich das lehren sehr angelegen sein zu lassen. In persönliche fühlung mit ihm kam ich bisher nicht, wir tauschten nur kurze besuche aus. Mit Schönbach verkehrt er ergiebiger. Es scheint ihm hier zu gefallen.
Dass Roethe Müllenh.s professur erhält, nachdem er so viel nhd. gearbeitet hat u. darüber liest, hätte ich nicht erwartet; das ist ja eine konkurrenz für Schmidt. Bin begierig, ob Burdach wirklich ohne amt als akademiker nach Berlin gekommen ist, wie ich höre. Was wird dann in Halle u. Göttingen werden? Schröder, Roediger, Krauss werden sich einteilen.
Bleiben Sie mir im neuen jahr so gut wie bisher. Grüsse, auch von meiner frau an Sie u. die Ihrige.
Ihr treuer
BSfft

Graz 26 XII 01.

Prag, 3. Januar 1902 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Das Schillerheft er[sc]heint jedenfal[ls]. Je besser und reicher es sein wird, desto wichtiger wird es für die Zukunft der Zeitschrift. Die veränderte Druckeinrichtung bei Briefen soll dann in Zukunft bestehen bleiben. Bringen Sie mir also das Opfer die Lottebriefe druckfertig zu machen. Ich kann warten.
Ich habe heute, durch Ihren Brief ermuntert, an Teubner geschrieben. Vielleicht gelingts.
Ich habe die feste Absicht, [im] Sept. wenn ich nach Salzburg gehe, Sie in Graz oder wo Sie sonst sein mögen, aufzusuchen, um vieles mit Ihnen zu besprechen. Ein paar Tage werden Sie mir wohl schenken können.
Herzlich grüssend
Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Graz, 24. Januar 1902 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd, Heute erhalte ich von Behr die Insel F. u. dank Ihnen herzlich für die sehr willkommene nr. Ich bin mit d. Grünen Heinrich, mit korrektur für Weimar u. a. beladen. Dazu liegt mein kleiner in scharlach, u. ich muss den älteren, mit dem ich abgesperrt bin, unterrichten, da der das gymnasium nicht besuchen darf.
Herzlich grüsst Ihr dankbarer
BSfft

24.1.02.

Prag, 26. Januar 1902 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Heute nur ein Wort ihrer häuslichen Krankheit wegen, der ich raschen und glücklichen Verlauf wünsche. Ich liege seit Weihnachten krank an einem endlosen Bericht für die Berliner Jbb., den letzten, den ich liefere.
Was machen Sie mit dem Grünen Heinrich?
Correctur von Björnson dürfte demnächst kommen, ungetheilt!
Herzlich grüssend
Ihr
treulich erg.
AS.

26.1.02.

Prag, 9. Februar 1902 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich habe Ihren Aufsatz vollständig in die Druckerei gegeben. Ich kann mir das „Schluß folgt“ auf der heutigen Correctur nur so erklären, daß ich in einem früher[en] Stadium der Redaction das „Schluß folgt“ dazu geschrieben habe. Sollte also die Fortsetzung in den nächsten Tagen nicht eintreffen, so würde ich in Wien nachfragen. Einstweilen bitte ich freundlich um Geduld.
Ich habe 5-6 Wochen mit einem Jahresbericht für die Berliner verloren, (über 800 M.), der mich ganz krank machte. Er ist der letzte, den ich mache. Sollen jüngere Leute dran! Nun athme ich wieder auf.
Bestens grüßend
Ihr
erg.
AS.

Prag 9/2 1902
Smichow 586

Graz, 13. Februar 1902 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Herzlichen dank für Ihre beiden karten und besonders für die doppelte rücksicht, dass Sie meinen Björnson ungeteilt bringen wollen u. an die Spitze des heftes stellen. Mit 19. SS. dürfte das Ganze ausgestanden sein. Ich schicke Ihnen die korr. erst heute mit dieser karte, weil ich gerne das ganze auf einmal gelesen hätte; länger aber darf ich auf den schluss nicht warten. – Mein bub ist genesen, hoffentlich bleibt der zweite vollends verschont. Gerade heute wollen wir die durch separation u. desinfection zerstörte wohnung wieder in ordnung bringen. – Ich beglückwünsche Sie zur vollendung des Jahresber.; eine unendliche mühe und aufopferung, zu der ich mich nicht habe verführen lassen; gerade weil ich die last zu schätzen weiss, dank ichs den tüchtigen, die sie tragen wie Sie. – Ich kam inzwischen zu nichts. – Wie steht das befinden Ihrer frau? Mit empfehlungen für sie grüsst Sie herzlich Ihr treuer
BSfft.

Graz Harrachg. 1
13 II 02

Prag, 15. Februar 1902 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Wenn es mir halbwegs möglich ist, schicke ich Ihnen Ihren ganzen Aufsatz in 2. Correctur. Es hängt freilich mehr vom Drucker ab als von mir. –
Viel Glück zur Genesu[ng] und auch sonst alles Gute.
Meiner Frau geht es erträglich. Übrigens gewöhnt man sich sogar an das Üble.
Nehmen Sie weiter gleichmässigen Antheil an mir und dem Euphorion.
Ihr
herzlich erg.
ASauer

Prag 15/2 02
Smichow 586

Prag, 16. Februar 1902 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ihre Recension des Bodmerbuches, für die ich Ihnen herzlich danke, war mir doppelt lehrreich, weil ich mich mit ihm gerade in der l[et]zten Woche fürs Colleg eingehend beschäftigt hatte. Es ist mir klar geworden, dass man eine grosse Bodmerausgabe bräuchte – wegen meiner Bodmer- u. Breitinger-Ausgabe. Diese müssten die Schweizer in Angriff nehmen. – Glauben Sie übrigens, soll ich Donati etwa zu einer Neuausgabe des Briefw. zw. Calepio u. Bodmer anregen für die DLD?
Wer öffter Recensionen von Ih[nen] bringen könnte? Wollten Sie sich nicht bei mir melden für Bücher die Ihnen liegen trotz ADA und GGA? So thut es Meyer, so thun es andre? So wie wir miteinander stehn, könnten Sie es erst recht thun. Bekomme ich Wieland u. LaRoche noch? Herzlichst
Ihr AS.

Prag, 26. Februar 1902 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Redaction der Zeitschrift für Literaturgeschichte Euphorion.

Prag, den 26/2 1902
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Wären Sie geneigt,
Krückl, Leben u. Werke d. elsäss. Schriftstellers
Anton von Klein, Strassburg 1901: 218 u XXXI S.
Ein Beitrag z. Gesch. d. Aufklärung in der Pfalz.
im Euphorion zu besprechen? Das Recensionsexemplar steht zu Ihrer Verfügung.
Raumgrenze: ... Druckseiten für eine ausführliche Recension.
... Druckseiten für ein blosses Referat

Hochachtungsvoll & herzlich grüssend Ihr
Prof. Dr. A. Sauer.

L. F. Sollte sich herausstellen, dass das Werk blos einer Notiz wert ist, so haben Sie vielleicht d. grosse Güte es für die Bibliogr. des 2. Heftes 1902 abzuthun

Prag, 5. März 1902 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Das Buch über Klein geht heute an Sie ab. Sie wissen dass ich Sie niemals dränge. Vielleicht ist das mein Hauptfehler als Redacteur. Aber ich lege auf alles meine Hand. Senden Sie mir es zu nach Lu[st] und Laune. Es wird für Alles rasch Platz gemacht. – Unter all den Lasten, die Sie anführen, leide ich auch und noch unter einigen mehr. Ich lechze nach dem Semesterschluss (übermorgen) und will im April möglichst spät anfangen, um wenigstens das Notwendigste zu fördern. –
Heute wurde Ihr Aufsatz imprimiert und damit der IX. Band begonnen. Gesetzt ist [Al]les; wir dürften noch vor oder gleich nach Ostern fertig werden.
Herzlichst Ihr
AS.

Prag, 13. April 1902 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Wenn Sie mir das Stiftersche Man. einsenden wollten, so wäre das für mich das Angenehmste u. Bequemste. Ich will es rasch erledigen. Die Notiz auf dem Umschlag bezieht sich blos auf Reitzenbecks Biographie. – Gewiss könnte ein Verhör Ihrer Gönnerin gute Folgen haben. [Es] entzieht sich noch Vieles unsern blicken u. jedes Blatt kann für uns wertvoll sein. Ich lege der gleichzeitigen Euphorionsendung 1 Exemplar unsres Aufrufs u. die Mitteilung wegen des Stifterarchivs bei:
Das Heft machte große Mühe wegen der Durchführung der neuen Orthographie, welche erst in letzter Stunde verfügt wurde, auch gab es Einschübe, so daß das Heft sehr stark wird.
Ich fürchte mich gleichfalls vor den Vorlesungen. Wären doch die nächsten 3 Tage – 3 Wochen.
Herzlichst Ihr AS.

Graz, 14. April 1902 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt

Prag, 17. April 1902 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Es ist schwer die Hs. des Knaben nach der des Mannes zu beurteilen; aber nach den E. glaube ich ziemlich sicher, dass es ein ????? ist; wer schriebe auch einem Schüler etwas ab? Vielen Dan[k] für Ihre Liebenswürdigkeit. Hat Graff mehr Stiftersachen gehabt oder hat er noch etwas; aus welcher Quelle?
Verzeihen Sie diese Drängelei.
Herzlichst
Ihr
altergebener
ASauer

Prag 17/4 02
Smichow 586

Prag, 4. Mai 1902 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Es sind 3 Hefte DLD fertig geworden (Geiger, Schmidt, Schüddekopf); sollten Sie eines der 3 Hefte von den Autoren nicht bekommen, so bitte ich um e[in] Wort; ich sende Ihnen dann das Fehlende. Das Äussere der Sonderausgaben hat sich (ohne mein Zuthun und Wissen) stark verändert. Wenn Sie keine gesehen haben, schick ich eine.
Ich bin überfleissig, leide aber etwas unter dem elenden Wetter.
Ihr herzlich grüssender
AS.

Prag, 2. Juni 1902 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 2/6 02
Smichow 586

LF. Ich habe Ihnen in Sachen Stifters herzlich zu danken; längst aber wollte ich schon mit Ihnen plaudern.. – Ich fuhr nach Pfingsten nach Weimar, um in meinem Man. ein[ige]s zu ergänzen. Es stellte sich heraus, was mir übrigens längst klar gewesen war, daß mein Text viel zu groß sei; ich machte auch Vorschläge zur ?????. Aber meine 7 Gruppen: 1. Theater & Musik; 2. Wiener Freunde (Eybenberg, Pichler, Eskeles, Flies), 3. Der Kreis der Staatskanzlei (Gentz, Metternich, Deinhardstein, Hormayr). 4. Aus den Kreisen der österreich. Armee (darin u.a. 2 wunderschöne Briefe von dem spät. FM Heß). 5. der Kreis um die [Ka]iserin Marie Ludowika (Lichnowsky, ODonell). 6. Bez. zu Böhmen [mit Ausnahme von Grüner, Sternberg, Zauper]. 7. 3 österreich. Künstlerinnen, gefielen den Herren so, daß sie sich entschlossen 2 Bände daraus zu machen; meine Gruppen 5, 3, 4 werden den 1. Bd. bilden. Leider geht mir dadurch der chronol. Faden u. die künstlerische Abrundung der (z. großen Theil fertigen) Einleitung verloren; auch werde ich, weil nun einiges Gekürzte ergänzt wird, zu meinem größten Leidwesen noch 1 Jahr ans Archiv [ge]kettet sein. Für die Sache aber ist diese Theilung sehr erquicklich. Ob Sie sich für die beiden Bände sehr erwärmen werden, muß ich billig bezweifeln; mich interessiert alles darin leidenschaftlich. Das Resultat der Theilung hätt ich ohne persönliche Anwesenheit wahrscheinlich nicht erreicht. Sonst war wenig los. Suphan gräßlicher als je, Schmidt müd u. verstimmt; am meisten verkehrte ich mit Witkowski u. Frau, mit Michels u. Elster; Vogt u. Martin sprach ich flüchtig. Morris, Friedländer, Schreyer, Thiele; Weltlich, der geniale Türck, Meyer & Löhnehen. Die Rede v. Paulsen litt unter seiner Heiserkeit u. der Unruhe des Publikums; bei Tisch sprach er sehr nett u. warm. Der Triumph s. Empfind- samkeit machte sich recht lustig; nur hatte Lessen die Proserpina in eine ¾ stündige Schaueraria verwandelt, bei der das Publicum zur Hälfte einschlief, zur Hälfte [d]avonlief. Der Ausflug nach Ilmenau war sehr gelungen; die Feier am Grab der armen Corona wirklich rührend, obwol Suphan die eingelernte Rede seinem Gedächtnis mühsam abrang; am Kickelhahn wär ich freilich lieber alleine gewesen als mit 200 Berliner Juden, mit Musik u. Photograph. Dasböseste war für mich der Abschluß am Abend vor meiner Abreise: ein langes Inquisitionsgericht durch Hermann in der alten Affäre mit Minor. Er wollte Einzelheiten wissen, die ich Gott sei Dank längst vergessen habe u. spannte mich auf die Folter. Obgleich wir zu einem Friedenschluß à la ????? kamen, so war ich doch so erregt & verbittert, daß ich mich auf der Rückfahrt von Weimar mit ernsten Resignationsgedanken trug, umsomehr als kurz vorher wieder Fromme sich niederträchtig benommen hatte. Glossy hatte nemlich die Verlängerung der Subventionen etwas verschleppt; obwohl Fromme [m]eine Bürgschaft hatte, obwohl ich ihm die Staatssubvention im Januar schon geschickt hatte, obwohl er ja auch die Abonnentgelder schon einkassiert hat, stellte er doch den Druck plötzlich ein u. wollte ihn erst fortsetzen, bis d. Subventionsangelegenheit geklärt sei. Er brachte mich dadurch in eine sehr unangenehme Situation, da ich mehreren Mitarbeitern gegenüber für Heft 2 bestimmte Versprechungen eingegangen war, die ich nun nicht halten konnte. Die Sache ist ja momentan wieder beigelegt; er ist aber doch ein so unzuverläßiger Lumpen, daß mich die Weiterarbeit mit ihm verdrießt, um so mehr, a[ls] ich ihm ein andres Opfer in der Überlassg. einer Sammlung meiner zerstreuten Reden u. Aufsätze gebracht habe. Auch eine andre Sache ärgert mich, an der ich freilich allein Schuld bin. Vor längerer Zeit trug mir der Hanssachsstiefel in München einen kleinen Aufsatz über d. Quellen des Alberus an. Ich hatte offenbar seine Sünden nicht gegenwärtig, als ich nicht blos den Aufsatz annahm, sondern ihm auch ein paar Recensionen antrug (wobei ich zur Entschuldigg. hinzufügen muß, daß ich ungeheure Mühe habe, Recensenten zu bekommen u. daß es Bücher waren, die den Euphorion etwas weniger nah angehn). Auf der Fahrt nach Weimar blätterte ich das letzte Heft der Ko[chsc]hen Sudelzeitschrift mit Stiefels neuem Aufsatz durch u. da wurde mir plötzlich klar, welchen Stiefel ich gemacht hatte. Sie werden mir das ja nicht so übel nehmen, wie ich es verdiente, aber es trug dazu bei, mich von allen Redactionsgeschäften wegzuscheuchen. Auch die Arbeit an DLD habe ich über. Geigers 2. Auflage, die ich Ihnen gleichzeitig sende, da Sie sie noch nicht besitzen, ist wieder ein arges Stück dieses Schmierers. Als ich den Text der Übersetzg. in der Correctur mit meinem Ex. zu vgl. anfing, stimmte es nicht. Ich bat ihn nun, er möchte darauf achten, ob denn seine Vorlage mit der meinigen [üb]ereinstimme. Er antwortete: er habe seine Vorlage längst nach Dresden zurückgeschickt; es werde schon alles stimmen. So stimmt zwar der Abdruck in den DLD mit meinem Ex. überein; ob aber das Dresdner nicht ein Doppeldruck ist, weiß ich nicht. Und auch da hat mich der Verleger in Verlegenheit gebracht, [w]enn auch aus bloßem Übereifer. Er hat ohne mir etwas zu sagen, u. ohne mir die Titelblätter und Umschläge vorzulegen Sonderausgaben von den neu erschienenen Heften veranstaltet, die mir nicht blos höchlichst mißfallen, die Nummer der Sammlung – außer auf der Rückseite des Umschlags!! – nicht tragen, sondern worin er Lenz z. b. den Vornamen Johann statt Jacob gab. Ich war wütend darüber. Gerade weil ich so genau bin u. [m]ir solche Mühe gebe, ärgert mich dgl. besonders; u. die 2 Hefte an denen ich drucke machen mir formell auch wenig Freude. Leitzmann war nicht zu bewegen, in den Aphorismen Lichtenbergs eine sachliche Anordnung durchzuführen, sondern bietet die Notizbücher wie Kraut & Rüben dar. Der Herr, der den Platensc[he]n Nachlaß herausgiebt, kann den einfachsten Text nicht gestalten. Bei der Stifterausgabe habe ich dieselbe Erfahrung gemacht. Horcicka ist Historiker, hat nicht das geringste philol. Verständnis, seinen Apparat zum 14. Band habe ich eigenhändig ganz umschreiben müssen, weil ich sah, daß er mich gar nicht verstanden hatte; um doch wenigstens etwas Gleichmässigkeit mit meinem Band zu erzielen. Dabei habe ich gar keine Garantie, daß der Text genau ist, weil ich s. Hauptquelle, die Linzer Ztg., nicht zur Hand hatte. Und leider hat Horcicka fast die Hälfte der Bände mit Beschlag belegt, weil er großes Sammlergeschick hat u. weil er uns die meisten Ms. verschafft u. sich ihre Bearbeitung vorbehalten hat. So wird mir auch dieses schöne Unternehmen verg[ä]llt. Ich bürge nicht dafür, daß ich nicht eines Tages die ganze Redactionsthätigkeit hinwerfe u. mich in meine Studierstube einsperre, in der ich so glücklich sein könnte.
Allerdings hat mir auch der Zustand meiner Frau im Frühjahr wieder schwere Sorgen gemacht. Sie sollte in eine Kaltwasserheilanstalt u. ich gienge ja ganz gern mit ihr (da sie allein nicht geht); aber sie will auch das nicht; u. wenn wir sie zwängen, würde ihr Zustand höchstens ärger. Momentan ist sie mit den Ihrigen [a]uf d. Lande. Was wir im Sommer machen, weiß ich noch nicht. Wenn mirs der Arzt erlaubt, möchte ich nach Marienbad, das wir beide sehr lieben; denn ich werde so – schrecklich stark.
Fast schäme ich mich, Ihnen diesen Brief zu senden; aber Sie sind der einzige meiner Freunde, mit dem ich in einem wirklichen Briefwechsel stehe. Also Verzeihung.
Tausend Grüße
von Ihrem
aufrichtig erg. AS.

Graz, 7. Juni 1902 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz Harrachg. 1
7 VI 02

Lieber freund, Herzlichen dank für den inhaltreichen brief. Es ist mir leid, dass er neben erfreulichem so viel verdriessliches und trübes enthält. Vor allem wünsch ich Ihrer frau gemahlin gute erholung; da auch ich mit der meinigen schon viel sorge gehabt habe, weiss ich Ihre lage zu würdigen. Über die ferien haben wir noch keinen entschluss gefasst; durch die kinder ist man viel weniger bewegungsfrei, auch in pecuniärer beziehung. Und doch möcht ich mir keine reise ohne sie denken.

Warum Sie mir für Stifter danken, weiss ich nicht. Ich habe frl. ????? nur aufgefordert u. Ihre adresse gegeben; ob sie etwas getan hat, weiss ich nicht. Sollte sie zum kauf angetragen haben, so bitt ich zu tun, was Sie können: die zwei hier an der universität studierenden schwestern verdienen sich durch unterricht mühsam den unterhalt u. sollen oft vor dem hungern stehen; als verwandte Stifters kann vielleicht Ihre gesellschaft ihnen ein übriges bei der bezahlung der mscpte tun, gewissermassen als ehrenunterstützung. Die ältere, stud. math., hat die matura des gymn. u. ist sehr tüchtig wie ich höre u. meine; die jüngere scheint mir mehr hübsch u. allgemein mit talentchen verschiedner art ausgestattet als zur wissenschaft tauglich; aber vielleicht gibt es sich. Familienverhältnisse sehr traurig.
Dass Sie in Weimar für Ihre arbeit geneigtes ohr fanden, ist gut für die sache u. erfreulich für Sie. Schlimm genug, dass man sich beinahe über das verständnis dafür in jenem kreise wundern möchte. Sie haben ja leider recht, dass ich für eine aufgabe wie die von Ihnen gestellte, etwas stumpf bin; ich würde mich auch für Goethe und Franken nicht erwärmen können, auch wenn die bzng über Dalberg und Steinwein hinausginge. Aber ich freu mich auf Ihre einleitung, weil ich darin ein gesamtbild von Österr.s stellung zu Goethe erhalte. Und ich werde mir gewiss mühe geben, meine sinne für all die von Ihnen zusammengeleiteten quellen zu schärfen. Komm ich doch gerade jetzt selbst zu einem bezüglein Goethes zu Böhmen! In einem wunderlichen artikelchen Kunst u. altert. stehen ein paar dinge, die mich zu auffällig an die Novelle erinnern, um unbeachtet zu bleiben. Und jener artikel nennt den Schlossberg in Teplitz als schauplatz! Nun hat man ja für die Novelle 3 burgen als muster genannt, keines zwingend; u. auch der Schlossberg bei T. passt wegen des flusses nicht genau. Aber im allgemeinen widerspricht nichts u. die fürsten mögen sehr wol die Clary v. Aldingen sein, bes. der mit einer Tochter des fürsten von Ligne vermählte Joh. Nepom. Wissen Sie über beziehungen Goethes zu diesem herrn Clary? Ich habe mir von einem ????? schüler, dessen zweite heimat Tepl. ist, schon raten lassen; er sagt: nicht zwingend dafür, nichts bestimmt dagegen ausser fluss u. eisen. Hallwichs geschichte von T. kenne ich; die Beschreibung von ?????1798 auch; ferner Reinhardt, Ein sommer in T. 1857 und Reise von ????? nach T. 1802. Schmerzlich vermisse ich das Literarische Wanderbuch worin Karpeles Berl. 1898 auch über G.s beziehungen zu T. gesprochen haben soll; die Prager univers.bibl. besitzt das buch nicht. Anderes werde ich nur noch von da bestellen. Können Sie mir sagen, wo ich titel über eine Tepl.-beschreibung mit bildern u. karten aus Goethes zeit finde? Ihre univ. bibliothek hat doch wol keinen realkatalog. 1793 war brand in T. (wie in Novelle), 1797 war Karl Augst da u. lernte gewiss den Clary kennen u. mag Goethe erzählt haben, worauf epos Die jagd entworfen wurde; G., wol erst* von 1810 an selbst in T., holte dann farbe für
Novelle mit eigenen augen. So stelle ich mirs jetzt vor. Aber es kann alles irrtum sein. Gelingt etwas, so kann es vielleicht Ihre deutsch-böhm. zs. brauchen. –
Ihr bericht über Weimar hat mich sehr interessiert. Hermann hätte Sie verschonen können mit der vergilbten rache.
Fromme ist ein scheusal.** Mich würde auch das arbeiten mit ihm verdriessen. Niemand versteht überhaupt Ihren verdruss übers redigieren besser als ich. Auf keinen mitarbeiter ist verlass und philologisch edieren können fast keine. Aber trotzdem: werfen Sie die sachen nicht von sich wie ich getan habe (mit ausnahme der G.-ausg., die mich nun wieder sehr belästigt; Hecker ist peinlich, aber schrecklich breit und dazu unbehilflich im ausdruck). Sie dürfens nicht, weil es niemand besser machen kann als Sie und weil es nötig ist für die sache. Wollen Sie uns ans Berliner Archiv u. an Koch ausliefern? Sagen Sie nicht, ich hätte das auch getan; so stand es nicht; ich wünschte beim 5. bd. redacteurwechsel; darauf erst hat Böhlau erklärt: dann verlege er nicht weiter; so blieb ich; und er setzte das ende wegen seines verlagverkaufes, wobei er sich allerdings darauf berufen durfte, dass ich ja auch unlustig sei. Und von den DLD wusste ich ja, dass sie in bessere hände kommen würden. (Dank für das Geigerstück; er bleibt ein schlamper.) Also harren Sie aus; es gewährt Ihnen doch auch freude u. ehre. Stiefel betr.: ich habe den herrn einmal gezwickt; er hat jämmerlich geschrien und sämmtl. weiteren referenten stellten sich auf seine seite gegen mich. Also gilt er etwas und schändet den Euph. nicht, auch wenn wir zwei nichts auf den mechanischen sammelapparat – mehr ist er nicht – halten.
Stifter betr.: kennen Sie eine umfangreiche ausgabe, die durchaus gut ist? Sie halten doch den Goedekeschen Schiller nicht dafür und die Weim. Goetheausg. noch weniger. Sorgen Sie höchstens dafür, dass irgendwo gesagt wird: herr W. trieb zu u. bedung sich selbstbearbeitung an. Dann ist alles in ordnung.
Von mir weiss ich nichts zu schreiben. Wie arm ist meine tätigkeit gegen die Ihre! freilich, mein gymnasialbub kostet mich zeit. So ist auch für den Euph. nicht gefördert, was ich versprach. Geduld! Sie haben ja anderes mehr als genug.
Mit den herzlichsten grüssen u. wünschen
Ihr treuer
BSfft

* Ich meine nur, es gebe ein schriftchen über G. es. Tepl., finde aber den titel nicht; die Tagebb. u. Briefe durchzusehen nahm ich noch nicht die zeit.

** Ich habe, ohne Sie zu bemühen, ihn gepresst, mir die volle zahl SA zu senden, er sandte zuerst weniger; auf das einfordern hin, kam der rest sofort (anfang dieser woche); wozu hält der mann die SA bei sich zurück? sie sind ihm doch makulatur.

Prag, 9. Juni 1902 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 9/6 02
Smichow 586

L. F. Ich antworte umgehend! Ihre Stifterdamen haben bisher noch nichts hören [l]assen. Sollte ein Angebot erfolgen, so würden wir nicht knausern.
Was mein Weimarer Buch betrifft, so dürfen Sie nicht glauben, dass es österreich. Localfanatismus geschrieben hat. Ich glaube den Einfluß Östs auf Goethe u. gar umgekehrt Goethes auf Öst. nicht überschätzt zu haben. Ich nehme sogar an, daß Goethe sehr lange zu Östr. als Gegend [ga]r kein Verhältnis hatte. Überhaupt lautet für mich das Thema: „Östr. & G.“ Für österreich. Zustände kommt sehr viel heraus dabei. Für Goethe fast nichts, außer daß man Themen, wie das Ihrige vielleicht in Zukunft leichter wird nachgehen können. Was nun Ihre Vermutg. anbelangt, so spricht wol nichts dagegen. Meine Hauptquelle für die Clarys (die Werner übersehen hat) ist Varnhagen Denkwürdigkeiten sub verbo Töplitz, ganz brauchbare Charakteristiken der einzelnen Familienmitglieder [zu] Goethes Zeit; darauf beruht das Stück aus meinem Töplitzer Vortrag, das in der Töplitzer Ztg. abgedruckt war u. im Euph. oder in den Jbb. verzeichnet sein dürfte (für Sie belanglos). Hat Goethe den Schloßberg nicht gezeichnet? In den Schriften der Goetheges. ist das Biliner & Graupener Schloß reproduziert, das Teplitzer nicht. Fragen Sie doch Ruland? Karpeles Lit. Wanderbuch sende ich Ihnen glei[ch]zeitig unter Kreuzband (eingeschrieben); leider muß ich Sie bitten, es mir in nächster Zeit wiederzusenden, weil ich grade auch bei diesen Dinge stehe. Der Hauptgewährsmann für ältere Teplitzer Dinge ist der Goedeke VI von mir behandelte A. Chr. Eichler. Von seiner Beschreib. v. Töplitz dürfte ich zwar nicht die erste Aufl. 1808 aber die 2. 1815 in Händen gehabt haben, nach meinen Angaben zu schließen; u. dann ist sie wohl auf unsrer Bibl. Im Verein f. d. Gesch. der Deutschen in Böhmen fand ich heute nur „Teplitz, in topograph., pittoresker u. mediz. Hinsicht beschrieben. Aus dem Werke: Böhmens Heilquellen von W. A. Gerle. Prag, 1829. Borrosch’s Buchhandlg.“
Ferner: Der Kur- u. Badeort Teplitz und seine Umgebungen. Ein Wegweiser für Kurgäste und Reisende von Ewald Victorin Dietrich. Pirna 1827.
In keinem eine Abbildg. des Schlossbergs. Beide Schriftreihen stehen Ihnen durch mich kurzer Hand zur Verfügg.
Im Katalog verzeichnet, aber momentan nicht auffindbar; noch:
Badeleben in Teplitz 1827
Hallwich, Z. Gesch. des Teplitzer Thales 1871.
Eine ältere Darstellg. des Schlossbergs war auch in den Werken über Böhmens Burgen (dtsch. u. čechischen) nicht zu finden; doch werd ich unsern Prof. Laube, der ein Teplitzer ist, fragen. Ein Buch: G. u. Tepl. gibt es wol kaum. Am übersichtlichsten Werner: Briefw. mit d. Gräfin O’Do[ne]ll. Mit Titine Ligne stand G. in Briefw.; wie Sie denn in den Briefen & Tageb. am ehesten was finden könnten; ev. auch in den naturw. Schriften. Für unsre Deutsche Arbeit wäre Ihr Aufsatz ausgezeichnet.
Über Horcicka mich öffentl. zu äussern habe ich zunächst keine Veranlassg., da sein Band (der 14.) ganz selbstständig, unter seiner Verantwortg. erschienen ist u. ich nicht einmal als Redactor od[er] etwas ähnliches erscheine. Wichtiger wäre, dass er selbst einsähe, was er kann u. was nicht.
Verzeihen Sie die grosse Flüchtigkeit; es drängt Vieles.
Treu verbunden Ihr AS.

Prag, 10. Juni 1902 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L.F. Ihr Teplitzer Bad hat mich so aufgeregt, daß ich gestern Nachts noch den Aufsatz in K u. A. u. die Novelle las. Was die Beziehg. zu Teplitz betrifft, so möchte ich glauben, daß man den Ort in der Stilisierung der fertigen Novelle kaum mehr erkennen würde, wenn man nicht die ????? in der Hand hätte, die sie aufgefunden haben. Trotzdem halte ich den Zusammenhang für richtig. Wukadinovic mit dem ich heute drüber sprach, ist mit mir der Ansicht, ob Goethe nicht etwa den Mont Ligne mit dem Stammburghügel verquickt habe? Eichler sagt ausdrücklich, der Fürst habe den Hügel in Terassen aushauen (abstufen) lassen. W. meint auch, der Passus: „Es wäre schade, wenn sich nicht jemand fände, etc.“ der sich erst in der 5. Aufl. des Führers Teplitz 1823 findet, habe vielleicht G. angeregt. Man müßte nachsehen, ob G. aber diese Auflage besessen hat.
Wichtiger ist mir aber etwas Anderes. Für den sicheren Zusammenhang zwischen Novelle u. dem Aufsatz in K u A. haben Sie sich, wie ich glaube gedankliche Parallelen entgehen lassen, die vielleicht zum Grundgedanken der Novelle hinführen. Ich denke an die Stelle: „Alles, was von Frömmigkeit im tiefen Herzen wohnt, entfaltet sich in solchem Augenblick.... Auch ich war nie frömmer als jetzt eben“ und an die spätere „die Umstände sind alle nicht nöthig; Gott und Kunst, Frömmigkeit u. Glück müssen das Beste thun.“ Ferner was G. dort (in K u A.) über Glauben u. Aberglauben sagt, läßt sich auf die Novelle anwenden. Das Kind bezwingt den Löwen durch den sicheren Glauben u. durch seine Frömmigkeit (frommer Sinn, fromme Liebe). Sie werden das besser entwickeln können als ich. Vielleicht sind die Lesarten S. 478 hier zu verwenden: „Und Ihr glaubt also, daß ihr den entsprungenen Löwen wo ihr ihn antrefft durch euren Gesang durch den Gesang dieses Kindes, durch diese Flötentöne beschwichtigen u. ihn unschädlich so wie unbeschädigt in euren Verschluß wieder zurück bringen könntet.“
Doch das heißt Eulen nach Athen tragen.
Wissen Sie, ob man schon untersucht hat, ob die Reise d. Herzogs Bernhard nach America auf d. Wanderjahre eingewirkt habe. Ist in den Lesarten der Weimar. Ausg. davon die Rede? Aber vielleicht sind Sie nicht Redactor jener Bände.
Einen glücklichen Ferienaufenthalt wünschend, herzlich grüßend
Ihr Teplitzer Freund.

Gleichzeitig gehen Lichtenbergs Aphorismen Bd. I an Sie ab

Graz, 16. Juni 1902 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Vor allem wünsche ich standhafte gesundheit. Vielen dank für briefe u. beilagen. Karpeles u. darin liegend das Almanachbild gehen morgen eingeschr. an Sie zurück. Sie haben sich sehr bemüht u. mit Ihrer unvergleichlichen personenkenntnis andere in bewegung gesetzt. Ich konnte der sache insges. kaum eine halbe stunde widmen. Jetzt erwarte ich aus Prag u. Wien bücher; auch Varnhagen haben wir nicht hier. Dann will ich weiter sehen. Wenn ich nichts sicheres finde, gebe ich nur eine notiz zur anregung für lokalforscher. Komme ich auf etwas zwingendes, so bohre ich weiter. Sie bitte ich, sich vor der hand nicht weiter zu bemühen, aber nochmals meinen aufrichtigen dank aufzunehmen. Ich bin hundemüde, immer gehetzt, bringe nichts zu ende, und bin also sehr verdriesslich. In herzlicher treue
Ihr
BSfft.

Graz, 15. Juli 1902 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 15. VII 02

Lieber freund, Karpeles u. das Teplitzbild hoffe ich längst in Ihrer hand. Verspätet dank ich für das im einzelnen sehr hübsche verdeutschungsbuch Stifters. Und hier schick Ihnen, woran Sie teil nahmen. Ob er Sie überzeugt und andere? Nach dem, was Sie mir über Ihre Goethe-Österreich-schriften sagten, taugt der Anfang nicht dazu. Sonst stände und steht er Ihnen natürlich völlig zur verfügung, als ob Sie der verf. wären. Wohin sonst damit? Ist er für die Deutsche arbeit nicht zu plump? oder für den Euphorion tauglicher? soll ich ihn für das Goethejahrbuch aufspeichern? Dies hätte den vorteil, (den ich doch etwas schätzen muss) dass mir ein anständiges honorar sicher wäre; Fromme hat diesmal nicht (wie sonst nach der ausgabe des heftes) gezahlt. Ich bitte um Ihre freundschaftliche entscheidung. Mir hat das stückchen spass gemacht: eine Arealforschung in einem mir unbekannten Areal! welche frechheit! Samstag reise ich ab. Ich kann also Ihre antwort kaum mehr hier erhalten. Meine adresse ist: Goisern (bei Ischl), Gasthof zum Bären. Und wohin gehen Sie oder sind Sie gegangen? Jedenfalls wünsch ich Ihnen und Ihrer frau beste erholung.
Treulich Ihr BSfft.

Prag, 16. Juli 1902 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich habe Ihre schöne Untersuchg. mit Begierde gelesen. Für mich ist es eigentlich eine Schande, daß nicht ich auf diese Bezüge aufmerksam geworden bin. Aber es spielen auch in der Forschung viele Zufälligkeiten mit. Ich glaube, daß die Beziehungen wirklich statthaben und wenn wir die Clarysche Familie besser kennten, würde vielleicht noch dies oder jenes hinzukommen zur Bestätigung. Ich will bei der Lectüre der Schriften De Lignes, in der ich grad stehe, achten, ob mir nicht noch einiges einfällt. Sein Gedicht an Goethe (bei Riemer 1. Br. v. u. an [Go]ethe) u. andre Gedichte in meiner Sammlg. führen kaum weiter. Ebensowenig der frz. Brief Titinens, den ich drucken lasse. Wichtiger schien mir etwas andres. Der Gartentempel im Claryschen Garten war für Goethe mit schönen Erinnerungen verknüpft. Die Kaiserin wohnte 1810 wie 1812 im Claryschen Schlo[ß] u. in jenem Tempel fanden die Vorlesungen Goethes statt. – In Eisenberg war G. mehrmals bei Lobkowitz. – Daß er den Schloßturm gezeichnet hat, glaube ich sicher; ist Ruland noch in Weimar, so will ich die in Betracht kommenden Zeichnungen durchsehen.
Was nun die Verwertung anbelangt: am liebsten möchte ich Sie bitten, mir die Untersuchung als Beilage zu meiner Einleitung meines I. Bds. „Goethe & Öst.“ zu überlassen. Natürlich unter Ihrem Namen mit Erwähnung auf dem Titelblatt. Ich weiß nur1. nicht, ob und wie viel die Schriften der Goethegesellschaft zahlen 2. ob wir dazu die Zustimmung der Redacteure (Schmidt u. Suphan) brauchen und wenn ja, ob es Ihnen recht wäre, wenn ich Sie einhole. Ein Stück „Goethe und Österreichs“ wäre es ja immer.
2. Der Euphorion zahlt gewiß; ich kann Fromme nur nicht zwingen vierteljährlich zu zahlen, wenn er nicht will. Ich bürge ????? für das Honorar. Aber vor IX. 1 bringe ich nichts Neues mehr unter. Dann sehr gern.
3.) Wegen der Deutschen Arbeit schreibe [ich] gleichzeitig – unvorgreiflich an Hauffen, bes. um zu ersehen, wann er es bringen könnte. Wir zahlen 100 M. für den Bogen, wenn Sie es verlangen auch mehr; prompt nach Erscheinen. Abzüge so viel Sie wünschen. Der Aufsatz ist für die Arbeit etwas schwer; aber ab und zu sollen und wollen wir auch nach höheren Kränzen die Hand ausstrecken.
4. Dem Goethejahrbuch gönne ich die feine Untersuchung nicht.
Ich reise am 22/29 nach Weimar (Hotel Elephant); Anfang August nach Marienbad. Ich habe mir etwas zu viel zugetraut u. zapple nun in den selbstge- weiter auf S. 1 legten Schlingen; aber es geht mir gut. Vielen Dank für das Vertrauen, das Sie mir erwiesen haben. Ich nehme für alle Fälle das Man. in die Ferien mit, wenn Ihr nächster Brief keine sichere Entscheidg. bringt. Glückliche Ferien wünscht Ihnen
Ihr treulich ergebener ASauer.

Goisern, Oberösterreich, 20. Juli 1902 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Goisern Gasthof zum
Bären 20.7.02.

Lieber freund, Ihre warme aufnahme meiner blätter tut mir sehr wol; ich danke herzlich für beide briefe und die mühe des nacharbeitens, die Sie mir gönnen.
Der gartentempel ist m.w. etwas anderes als der gartensaal. Dieser ist dem badepublicum schon damals offen gewesen, auch mit wirtschaft; der gartentempel ist m.w. ans theater angebaut oder nahe dabei, war für die fürstlichkeiten u. ihre gäste abgesperrt; hier hat G. vorgelesen.
Dass Goethe von Karl Aug. nach Eisenberg geschickt worden, weiss ich; nicht, dass er öfter dort war; eigentlich wichtig wäre mir nur, dass er dorthin mit einer jagdgesellschaft ritt, u. das weiss ich nicht. Da er für die jagd in E. keine locale angibt in der Novelle, so schien ist mir überflüssig dorthin zu folgen: ich wollte nicht behaupten, dass die jagd gerade dahin ging; ich führte nur an, dass man wirklich herbstjagden von T. aus unternahm.
Eines wäre mir lieb zu erfahren: ob damals schmiedehandwerk in das Erz- oder im Mittelgebirge getrieben wurde, ich habe vergeblich nach einem beleg gesucht; die Nov. setzt es voraus.
Ich weiss, dass Wukadinović u. Eichler, beide halbe Teplitzer meine auslegung nicht in die Novelle hineinlesen können. Das heutige bild ist eben total verändert.
Auf den Mont Ligne habe ich nebenher hingewiesen u. dachte selbst an eine verquickung. Aber ich gab den einfall auf, weil fürst L. damals doch nur sehr wenig getan hat, er lange nach Goethes aufenthalt wurde der berg eigentlich hergerichtet u. gepflegt. Und ich glaube nicht, dass G. über das hinaus ging, was er selbst gesehen hat, auch nicht falls ihn die spätere aufl. Eichlers sollte aufgerüttelt haben. Ich halte für wahrscheinlich, dass frst. L. oder Clary zeichnungen der ruine machen liess u. an eine herrichtung zum „zauber- schloss“, wie die Nov. sagt, dachten. Aber ich kann es nicht beweisen. Im Claryschen archiv wird mans vielleicht finden, wie im schloss vielleicht auch noch eine erinnerung an die tigerschlittendecke zu finden sein wird. Ich habe deswegen einmal überlegt unsern Grazer statthalter, der ein Clary ist, zu befragen; ich mochte aber nicht, da ich den herrn bisher überhaupt nicht kenne. Jetzt habe ich nur im sinn, ihm einen S.A. zu geben u. zu sehen, wie er reagiert. Vielleicht lass ich das aber auch stehen; man muss den localforschern was übrig lassen.
Sehr triftig ist Ihr hinweis auf den frömmigkeitszusammenhang zwischen Betrachtung u. Novelle. Ich war u. bin in dieser beziehung etwas voreingenommen durch meine untersuchung im Goethejahrb. Ich fand das dort gesagte auch heute noch für mich überzeugend. Und so kann ich auch nicht ganz in Ihre bahn einlenken. Immerhin würde ich durch Ihre anregung jetzt gegen ende folgendes etwa hinzusetzen: ich lege es lieber auf einem blatte bei!* Allerdings würde ich gerne erst noch die Novelle, die Betrachtung u. meinen Aufsatz im GJ durchle sen, ob ich es so vertreten kann, u. auch sehen, wie es sich in mein mscpt. eingliedert.
Ich komme nicht darüber hinweg, dass das alte epos im wesentlichen stoff u. auffassung so gegeben hat, wie die Novelle. Ich glaube nicht, dass G. durch die lectüre des ????? mit Schiller so stark in dessen Theorie zurückversetzt worden ist: die hat damals gewirkt, als das artistische epos verf. werden sollte, aber 30 jj. später nicht mehr. Der feste alte bestand hinderte auch zu viel neues – ausser im detail. – (Mit den Wanderjahren sollte ich mich einmal als redactor befassen. Ob es noch dazu kommt, weiss ich nicht; die arbeit stockt. Mir ist nicht erinnerlich, dass die Amerikareise des hggs. Bernhard für sie herangezogen wurden.
Dank auch für den Lichtenberg, Leitzmann hat mir ihn auch gesandt. An wen darf ich das heft in Ihrem namen senden?)
Ich wüsste gerne von einem Grund im Hang. Das motiv des tiger-löwen-entspringens lässt sich vielleicht auch datieren, ist aber nicht selten genug u. liegt gewiss vor 1797. Es könnte nur ein neues erlebnis die alte bekanntschaft neu belebt haben; darum hat Wukad. für mich in böhm. ztgen nachgesehen, umsonst.
Verzeihen Sie die unordnung des briefes. Ich fand gestern abends Ihre beiden briefe vor u. will doch heute antworten. Ihre freundschaftlichen anregungen verdienten aber strengere überlegung, als sie mir heute mögl. ist. Ich selbst bin auf die sache als redactor von 41 T gekommen, wo ich die Fr. betr. aufmerksam lesen musste; also zufällig.
Schliesslich: wenn Sie das stück Ihrem buch eingliedern können u. wollen, so wird es mir freude machen, mit Ihnen hand in hand zu erscheinen. Aber Sie müssen überzeugt sein, dass es zu Ihrem werke sachlich passt. Ob Sie die herausgeber darüber befragen müssen, weiss ich nicht. Nur eines erbitte ich mir von Ihnen: die G.G. u. ihre schriftenleiter dürfen nicht den eindruck aus Ihrer etwaigen anfrage gewinnen, als ob sie damit Ihnen oder mir einen dienst erwiesen. Ich möchte Sie in keiner kleinigkeit in die lage setzen, die G.G. um etwas zu bitten u. ich auch selbst möchte nicht, dass irgendwer des ausschusses in die einbildung verfällt, man könne Ihnen oder mir eine gunst erweisen. Wir sind die gebenden, jene haben zu danken.
Mit den besten wünschen für Weimar u. Marienbad
Ihr dankbarer
BSfft.

Die ziffern citate des aufsatzes können natürl. alle unter den strich kommen, so gewinnt er vielleicht an lesbarkeit.

* Es kommt mir aber recht gezwungen vor, da ich mich unsicher fühle u. den zusammenhang entbehre mit dem geschriebenen.

Marienbad, Böhmen, 14. August 1902 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Goisern, Oberösterreich

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Auszug:

L.F. Verzeihen Sie mein Stillschweigen. In Weimar, wo ich in 10 Tagen 15 Bogen corrigierte u. imprimierte war ich so gehetzt, daß ich zwar noch Ihren Aufsatz im Goethejahrb. lesen aber nicht mehr schreiben konnte. Auf der Rückreise von Berlin, wo ich mit meiner Frau zusammentraf, erkrankte ich in Prag an einer Beinhautentz. ????? mit starkem Fieber, lag bei gepackten Koffern im Bett u. musste mir 2 Wurzeln ziehen lassen. Ganz her[unterg]ekommen kam ich endlich hier an u. erhole mich sehr langsam. – Hauffen wäre sehr glücklich Ihren Aufsatz bringen zu dürfen, wenn die Anm. unter d. Text kommen; er hält eine kurze Einleitg. für unser Publikum für nöthig. – Die Schriften der Goethe-Ges. sollen sehr gut zahlen, wie viel brachte ich nicht in Erfahrg. Schüddekopf ist Ihrer Meinung, daß wir die Redactoren nicht zu fragen brauchen. Sobald alle Bogen lesbar sind, send ich sie Ihnen zur Durchsicht, damit Sie selbst sehen, um was es sich handelt. Ich habe jetzt nur ein Bedenken; da ich z. Thl. dieselben Personen charakterisieren muß, so müßte einer von uns in dieser Partie etwas kürzen; oder e[s d]arf die Wiederholg. nicht gescheut werden. Ich wär Ihnen für die Überlassg. sehr dankbar. Gs. Zeichnungen habe ich mit R. durchgesehen, aber d. Schloßberg nicht erkannt. – Meine Frau hat sich gegen das Vorjahr bedeutend erholt u. ist fast gesund. – Herzlich grüßt
Ihr AS.

Marienbad, Rudolfshof.

Goisern, Oberösterreich, 16. August 1902 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Marienbad, Böhmen

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Auszug:

Lfr. Richtig waren Sie unwol. Gute erholung Ihnen u. völlige auch Ihrer frau.
Da Ihnen die arbeit für Ihr buch angenehm ist, so bin ich selbstverständlich sehr erfreut, mit Ihnen aufzutreten. Meiner erinnerung nach wüsste ich allerdings nichts zu streichen als höchstens im citat aus Varnhagen; nehme ich mehr belegstellen über personen weg, so fällt der beweis zusammen, fürchte ich. Die buchtitelcitate können natürlich auch bei Ihnen unter die seite kommen. Gerne hätte ich nur ein paar sonderabdrucke; das wird ja erreichbar sein. Sollte sich zuletzt noch ein hindernis einstellen, so werd ich den Hauffen bitten u. dann seinen rat über die gewünschte einleitung einholen. Für jetzt häng ich mich in Ihren arm. Soll eingeschaltet werden, was
ich Ihnen brieflich sandte? Ich erwarte keine antwort, bis es zum drucken kommt. Ruhen Sie gut aus! Treulich,
Ihr BSfft.

Dienstag: Würzburg, Herzogenstr. 5.
16.8.

Graz, 18. September 1902 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Ich bin kürzlich hier eingerückt u. überflog mit vielem dank den neuen Euphor. Bolin war mir recht interessant, weil ich in den ferien viel Anz. gelesen habe. Die anz. von Walzel u. Schlösser gefielen mir sehr.
Hoffentlich hat Ihnen Marienbad gut getan u. hat sich auch Ihre frau gemahlin völlig erholt.
Mit den besten wünschen u. grüssen
Ihr dankbarer
BSfft.

Harrachg. 1. 18.9.02.

Prag, 25. September 1902 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Unter eingeschriebenen Kreu[zb]and sende ich Ihnen [de]n Text meines Buchs in Aushänge- und Correcturbogen, damit Sie doch sehen, wie das Zeug aussieht, dem Sie durch Ihre Abhandlung den Glanz verleihen. Die letzten Bogen werden noch retonchiert. Ich kann die Bogen ungefähr eine Woche entbehren, muss Sie aber dann mit der Unbequemlichkeit der Rücksendung behelligen. Die beiden Bilder bitte ich Sie zu behalten, wenn es Ihnen Spass macht. Ich habe Böhlau gefragt, ob er genug Schrift [ha]t, um Ihre Abhandlung [ein]stweilen in Fahnen drucken zu lassen, bis meine Einleitg. fertig ist. Sagt er ja, so send ich das Man. nach Weimar, mit dem später angefügten Schluss. Die Citate lasse ich mit Ihrer Zustimmung als Anmerkg. setzen. – Wir haben uns erträglich erholt; leider aber bin ich bis Weihnachten noch sehr gehetzt. Auch das nächste Jahr ist ganz besetzt; dann aber schaff ich mir Freiheit. Ein recht glückliches Schuljahr wünscht Ihnen Ihr treulich verbundener
AS.
Ich rechne auf Ihren Anzengruberartikel für 1903

Graz, 26. September 1902 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ihr buch hat mich aufs freudigste überrascht. Ich bedaure dass ich so viel tiefe u. stimmung auf beiden seiten d. briefwechselnden nicht erwartet hatte. Gerade darum kommt mir nun meine localkrämerei sehr öde vor u. ich weiss nicht, ob Sie nicht sie lieber ausschalten sollten, die gesammttonlage des bd. nicht durch einen nüchternen missklang zu stören. Hätte ich den bd. vorher lesen können, so hätt ich mich bemüht, andere/anders zu stilisieren. Doch das ist für Ihre erwägung; ich habe mich nur zu freuen. Dank für die bilder, die ich nach Ihrer erlaubnis behalte. Mit treuen grüssen Ihr
ergebner
BSfft.

26.9.02.

Graz, 16. Oktober 1902 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Schönbach erzählte mir, dass Sie unwol gewesen sind. Das ist mir sehr leid; hoffentlich kommen Sie gekräftigt ins semester. Die correctur von Teplitz habe ich vorgestern u. gestern erledigt, es war gut, dass sie auf fahnen gesetzt war, ich habe doch zwischen kollegschluss u. ferienreise etwas zu schnell abgeschlossen; anmerkungen glaubte ich noch einige aus dem texte hinunter setzen zu müssen u. auch der nachtrag sollte eingegliedert sein. Böhlau fragt auf Line bogen, an welche stelle das stück rücke; ich wies ihn an Sie. Mir ists ein vergnügen, mich so hübsch gedruckt zu sehen.
Jetzt lebte ich ganz in dramatischer theorie fürs colleg, eine mir schwere sache; man schleppt viel zu viel Aristoteles nach u. vieles ist mit dem drama allein verknüpft, was alle poesie angeht. Auch muss man doch sehen, wie ein drama, als sprachkunstwerk ohne bühne zu definieren ist. Dazu befasse ich mich mit dem mir unsympathischen Hebbel fürs seminar. So brachte ich mich um alle schriftliche produktion. Treulich
Ihr ergebener
BSfft.

16.10.02.

Prag, 22. Oktober 1902 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Wenn Sie die 3. Correctur Ihres Aufsatzes noch nicht nach Weimar abgesandt haben, so senden Sie sie bitte, an mich, da Böhlau die Fahnen erst umbrechen kann, [we]nn meine Einleitung fertig gesetzt ist. Ich sende Ihnen selbstverstandl. meine Einleitung zu und ebenso die umbrochenen Bogen Ihres Aufsatzes – vielleicht kurzer Hand, damit Böhlaus nicht verwirrt werden. Wollen Sie sich wegen der von Ihnen gewünschten Abzüge selbst mit Böhlaus verständigen oder soll ich die Veranstaltung dafür treffen; in letzterem Fall müssten Sie mir sagen, wie viel Abz[üg]e Sie wünschen. – Ich bin wieder gesund; aber etwas gehetzt; dabei 42 Leute in beiden Seminaren (Anfänger & Vorgeschrittene) und übervolle Hörsäle. – Vielmals grüssend Ihr
Treul. erg.
AS.
Prag 22/10 02
Smichow 586

Bitte, lebt Frau Kroner noch? Ich weiss es nicht.

Graz, 23. Oktober 1902 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Frau Hofrat v. Kroner Schillerstr. 1 lebt; ihre tochter ist hier an dr. Mehra Schlögelg. 1 vermählt; ein sohn hier frauenarzt (Rechbauerstr.). Mir geht der tod des redlichsten mannes sehr nahe. Wir sind hier elend dran: Gurlitt u. Goldbacher u. der Slovene wegen krankheit f. d. semester beurlaubt od. doch (ersterer) am lesen verhindert; Schreiben Sie aber Gurlitt nicht darüber, er hört nicht gerne, dass mans weiss. 2 andere zu reisen beurlaubt; Richter krank, hoffentlich kürzer, als er fürchtet. Auch unsere vorlesungen u. seminare sind überfüllt; Schönbach hat 50 im seminar, ich ein paar weniger; darunter etwa 8 frauen. Mir surrt der kopf. Sobald ich die 3 korr. erledigt habe, erhalten Sie sie; jetzt muss ich kolleg machen u. täglich prüfen. Auf der 2. korr. hab ich Böhlau gefragt: wie viel SA erhalte ich? er hat aber nicht geantwortet. Ich weiss nicht, wie er die GG. damit hält. Ein dutzend möchte ich mindestens. Ich werde es auf der korrektur nochmals bemerken; so haben Sie keine schererei. Bleiben Sie gesund. Treu Ihr
BSfft.

23.10.

Graz, 8. November 1902 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Wenn Sie meine fahnen noch haben, bitte ich auf der letzten, 30, z. 5 des textes
v.u. das auch nach wird es zu streichen und nach Localitäten “2). anzuschliessen: Und wieder auf Karlsbader Erlebnisse bezieht sich die Elegie vom September 1823, in welcher frommsein als dankbare freiwillige hingabe des Reinen an ein Höheres, Reineres erläutert wird 3).
3) Weim. Ausg. Bd. 3 S. 24 V. 79 ff.
Verzeihen Sie die behelligung. Die stelle war vorgemerkt, ausser sicht gekommen u. begegnet mir jetzt wieder. Herzlich Ihr
BSfft

8.11.02

Prag, 8. November 1902 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Verzeihen Sie wenn mich mein Gedächtnis trügt. Sie schrieben mir im Sommer, sie könnten mir 1 Ex. der Lichtenbergschen Aphorismen zur Verfügg. stellen. Sollten Sie das Ex. noch haben, so shreiben Sie gütigst darauf: für den Eup[ho]rion und senden es an Dr. Fr[ied]r. Lauchert, Aachen, Rochusstra. 53. – Sollte ich Sie schon früher darum gebeten haben, so verzeihn Sie dem Viel beschäftigten; sollten Sie über das Ex. anderwärts verfügt haben, so liegt gar nichts daran. – Mit den Schriften der Goethe-Ges. halten wir es so. Ich trete Ihnen gerne 1 paar Freiexemplare ab, wenn ich selbst welche bekomme. Wünschen Sie Sonderabzüge, so sagen Sie mir wie viele; ich ersuche Böhlau sie anzufertigen u. uns zum Selbstkostenpreis zu berechnen[.] Wegen des Honorars schreibe ich seinerzeit an Suphan. Ich weiss nicht ob es nach Band oder Bogen berechnet wird; werde Ihnen aber alles genau mittheilen. Die überfüllten Hörsäle und Seminare wirken auf mich, der ich die Hitze nicht vertrage, entsetzlich ein.Sonst gehts mir erträglich. Ihr alter AS.

Prag, 8. November 1902 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Redaction der Zeitschrift für Literaturgeschichte Euphorion.

Prag, den 8/11 1902
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Wären Sie geneigt,
Max Foth, Das Drama in s. Gegensatz zur Dichtkunst, Ein verkanntes Problem der Aesthetik. I. Lpzg 1902
im Euphorion zu besprechen? Das Recensionsexemplar steht zu Ihrer Verfügung.
Raumgrenze: ... Druckseiten für eine ausführliche Recension.
... Druckseiten für ein blosses Referat

Hochachtungsvoll und herzlich grüssend Ihr erg.
Prof. Dr. A. Sauer.

Da Sie sich gegenwärtig für diese Fragen zu interessieren scheinen, so wag ich das Angebot.

Graz, 9. November 1902 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Vielen dank für den Platen. Ich bin fast auf Petzets einleitung begieriger als auf das Platensche.
Wenn Sie H. v. Kleist Abendblt. nicht bald bringen, kommt E Schmidts krit. ausg. zuvor, falls ihn Steig nicht im stich lässt.
Herzlich treulich
BSfft.

9.11.02.

Graz, 14. November 1902 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Böhlau wird mir die separata liefern, als aushängebogen; es bedürfte nur, wenn ich nie eigens paginiert haben will ?????, der anfrage bei Bojanowski. Das will ich nicht. Sie brauchen sich also gar nicht zu bemühen. Nach Böhlaus zuschrift wünscht er meine fahnen baldigst zu erhalten.
Herzlich grüsst Ihr
BSfft.

14.11.

Prag, 17. November 1902 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Mit Bojanowsky kann ich ganz leicht verhandeln, wenn Sie es wünschen; nur mit S-n wärs mit unangenehm. Für Wukadinovič tret ich Ihnen gerne 1 Ex. ab; ich habe keine Veranlassung ihm eines zu gebe[n], wie er sich denn von mir – absichtlich oder unabsichtlich – ganz fernhält. – Ihre Fahnen habe ich an Böhlau abgesandt. Ich hatte nur gehofft, über den Brand im Haag noch etwas zu finden.
Ich hätte Ihnen Vieles zu schreiben, komme aber vor Weihnachten kaum dazu.
Herzlich grüssend
Ihr
sehr erg.
AS.

Prag 17/11 02
Smichow 586

Prag, 27. November 1902 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 27/11 1902
Smichow 586

Lieber Freund!
In der Allgemeinen Zeitung habe ich soeben die Nachricht vom Tode Ihres Bruders gelesen. Ich kann mir denken, wie dieser Unglücksfall an Ihrer Seele reisst und ich will Ihnen mit diesen Worten nur zu erkennen geben, wie innig Antheil ich an Ihrem Schmerz nehme. Hätte ich eine Ahnung davon gehabt, so hätte ich Sie mit den Zusendungen der letzten Tage nicht behelligt.
Treu theilnehmend
Ihr
aufrichtig ergebener
ASauer

Prag, 5. Dezember 1902 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. An meinem letzten Brief ist Prof Gross schuld, der mir in der Bibliothek als ich die AZ. las die Versicherung gab, die Nachricht beträfe Ihren Bruder. – Sternberg u. meine Abhandl. werden Sie inzwischen erhalten haben. Sie können sich denken wie froh ich bin, Beides nun draussen zu haben. Es wird etwas lichter um mich, das Genauere schreibe ich Ihnen noch.
Die Fehde zwischen Wien und Weimar war in der That höchst überflüssig. Von S. bekam ich nun schon 3 Erklärungen, jede etwas anders, eine hochmütiger als die andre. Er scheint seit Wochen nicht anders zu thun, als diese Schriftstücke zu redigiere[n.] In meiner Vorrede zu Schriften XVII hat er auf jede Seite seinen Namen hineincorrigiert und überhaupt eine Reihe höchst überflüssiger Änderungen vorgeschlagen, die ich um des lieben Friedens willen acceptiere.
Herzlichst
Ihr AS.

Graz, 22. Dezember 1902 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Es ist mir wenigstens das Durchfliegen Ihres Sternbergbandes gelungen in all der dringenden Zeit (noch heute halten wir Senatssitzung!) Und ich muss Ihnen sagen, wie sehr mich Ihre klare Einleitung und die mustergültige Sorgfalt Ihrer Anmerkungen gefangen nahm. Welche Arbeit! Die Feiertage gönnen mir hoffentlich Luft zu Ihren Vorträgen. Mögen sie Ihnen und Ihrer Frau froh sein!
In herzlicher Treue Ihr
BSfft.

22.12.02.

Graz, 26. Dezember 1902 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 26.12.02.

Lieber freund, Ich habe mir die Christtagsfreude gemacht, Ihre reden u. aufsätze in einem zuge zu lesen. Unwillkürlich vergleichen wir andere mit uns selbst. U. da fühl ich mich sehr gedrückt in meinem kritischen kleinwesen, das zersetzt und wenn’s gut geht zergliedert, und mit schwerfälligen worten u. unbeholfenen sätzen zusammenpresst, um nur die zerrissenen teile wieder zu vereinen. Sie aber gehen mit freierm blicke über das ganze durchs leben und durchs wirken, füllen das ganz geschaute bild, das ganz empfundene wesen mit den kennzeichnenden einzelheiten, und Ihre liebe fürs ganze wie Ihre fähigkeit, zu sagen was Sie erfüllt, fliesst in glatter sprache ungesucht aus Ihrem munde. Stimmungsvoll leiten Hölderlin und Seume ein; für diesen freilich bring ich weniger wiederhall in mir laut, aber jener hat mich neuerlich gefesselt. An Sternberg bindet mich nichts als Goethe. Schrey- vogel ist ein wichtiges stück. Und nun die Grillparzerserie, in der mir der unübertrefflich feine, ich möchte sagen weihevolle zweite aufsatz: die Fröhlich wieder am liebsten ist; darnach die eindringliche studie über den treuen diener. Raimund wird vortrefflich lebendig, Otto Ludwig dünkt mich ausgezeichnet erfasst, Scheffel nehme ich weniger ernst und könnte mit ihm nur im engeren tollen; Anzengruber las ich besonders neugierig und mit lebhafter zustimmung; das ????? ist mir zu sehr übersicht geblieben. Und zuletzt entlassen Sie uns mit einem wort der liebevollen verehrung, das jeden wärmen muss.
Ich danke Ihnen. Ich rede nicht von dem, was wir lernen an sachen, es ist hülle u. fülle im grossen u. im einzelnen. Aber ich beneide Sie um die glückliche hingabe, die andere wieder zur hingabe zwingt. Selbst wo ich bewundere und liebe, wie bei manchem Wielandischem und vielem Goetheschem, auch bei Björnson, zerstör ich meine darstellung durch die übermenschliche objektivität, wie es Gurlitt einmal nannte. Ich hab eben zu wenig subjekt; der zweifel beherrscht mich; ich glaube nicht an meinen eindruck, bis ich ihn mir greifbar mache. Und dadurch wird er andern doch nicht greifbar, sie hören nur meine selbsteinwürfe. Sie ziehen in Ihren bann und halten fest. Und so bauen Sie auf, auferbauen Sie, wo ich einreisse. Sie können freude an sich haben.
Mög Ihnen das nahe jahr die arbeitskraft und die freudige hingabe bewahren, Ihnen u. uns. Mit guten wünschen für Sie und die Ihre
Ihr ergebener
BSfft.

Prag, 27. Dezember 1902 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 27/12 02
Smichow 586

Lieber Freund! Ich hatte mir den lang [au]fgeschobenen Brief an Sie für einen der Feiertage als Belohnung für gethane Arbeit aufgespart. Aber ich hatte mich verrechnet: erst gestern Abends wurde ich mit meiner Einleitg. zum Goethebuch ganz fertig, um 4 Wochen zu spät; aber es war bei der heurigen Schüleranzahl im Seminar und den andern Geschäften nicht möglich. Aber das erste was ich thue, da ich mich [e]twas freier fühle, ist der Brief an Sie. Sie haben mir Weihnachten doppelt gesegnet. Ihre Karte über den Sternberg hat mich beglückt; Ihr Brief über die Aufsätze ausser Rand und Band gebracht. Sie sind mit Schönbach mein höchster Richter. Ich weiss Sie sagen die Wahrheit, was so wenige thun. Sie loben nicht blind, nicht wahllos, nicht unbedingt; auch im Lob charakterisieren Sie fein, machen Sie Unterschiede; auch da [bl]eiben Sie – wenn Sie wollen – bis zu gewissem Grad objectiv. Und darum kann man auf Ihr Lob etwas geben. Dass meine Arbeiten solid sind, dass ich es nicht leicht nehme: das kann ich mir selbst sagen. Aber in allem Übrigen mistraue ich mir und stecke voller Zweifel. Was die Vorträge anbetrifft, so sind einzelne drunter, wie Sch[e]ffel oder Seume, die ich heute selbst nicht mehr verstehe, rasche wenn auch nicht flüchtige Arbeiten an denen zu ändern oder zu bessern unmöglich wäre. 3-4 Jahre früher oder später: es wäre was ganz anders draus geworden. Die Grillparzerarbeiten dagegen langgehegte Früchte eines – wie soll ich sagen – vom Blitz getroffenen, untergegangenen Baumes. Also ich steh den Sachen nicht kritiklos gegenüber; ich weiss, sie sind ungleich wie der Zeit der Entstehung nach, so in Inhalt und Form. Nur die Liebe und Hingabe an die Sache durchzieht sie alle. Ob das ein wissenschaftlicher Vortheil ist? Kaum; eher ein künstlerischer oder stilistischer. Ihre Untersuchungen enthalten Dauerndes; Ihre Kritiken sind musterhaft; zusammengedruckt werden sie einmal ein unentbehrliches Buch geben. Sie graben immer bis auf die Tiefe. Ich halte Ihre Art für die höhere, die ergiebigere. Keinesfalls haben Sie Jemanden zu beneiden; am wenigsten mich.
Ich habe Ihnen vieles zu schreiben. Aber fast seh ich heute, unter dem Eindruck Ihres Briefs, alles im rosigeren Lichte, selbst das was mich das Jahr über sehr gequält hat. Sie wiss[en], wie lang ich mich mit dem Gedanken trage, einige meiner Geschäfte loszukriegen. Die Jbb. hab ich Gott sei Dank vom Hals. Dem Goedeke kündige ich meine Mitarbeiterschaft sobald der § Grillparzer fertig ist. Die DLD, von denen ich mich allerdings sehr schwer trenne, schon deshalb weil Sie [sie] mir seiner Zeit ans Herz gelegt haben, sind das nächste Opfer. Wieder habe ich vor 2 Jahren, zum so und so vielten Mal, ein Program gemacht und wieder lässt es sich wegen mangelnder Theilnahme nicht durchführen. Seitdem sie theurer geworden s[in]d, kauft sie erst recht Niemand. Die unmittelbare Veranlassung zu meiner Kündigung gab die 2. Aufl. von Geigers Heft. Der Verleger verlangte es sehr schnell; Geiger lieferte es noch schneller. Ich that was ich konnte; ich verglich die Übersetzg. nach meinem Ex., ich verbesserte alle Fehler in der Einleitung, soweit sie mir auffielen. Geiger hatte aus Tscharner einen Tschaer gemacht (nicht etwa ein Druckfehler) u. dgl. mehr. Sie haben keine Ahnung, wie er in diesen 20 Jahren seit der 1. Aufl. heruntergekommen ist. Die Manuscripte ein Fetzenhaufen u.s.w. Von dem franz. Text las ich zwar eine Corr., aber ich verglich ihn nicht mit einer Vorlage. Nun kommt ein Herr Consentius und liefert mir eine Rec. für den Euph., worin er nachweist, dass schon in der 1. Aufl. ein paar Fehler stehen geblieben waren und dass die 2. Aufl. ein verschlechteter Abdruck der ersten ist. In ein paar Pun[kt]en hat er Recht. Einiges andre ist übertrieben. Den suffissanten Ton verbat ich mir u. er änderte u. milderte. Das Ganze ist aber immer noch unangenehm genug. Noch dazu gieng er zum Verleger u. theilte ihm brühwarm seine Entdeckungen mit u. der Verleger, obgleich ich ihm selbst über Geiger geklagt [ha]tte, liess sich hinreissen mir Vorwürfe zu machen. Das war mir zuviel. Ich schlug noch ein Heilmittel vor, nemlich die 2. Auflage (u. zugleich Consentius Recension zurückzuziehen u. durch diesen, der einige hübsche archivalische Funde gemacht hat, eine 3. herstellen zu lassen u. erklärte mich bereit, die [Hä]lfte der Kosten zu tragen. Geiger aber wollte nicht. Nun muss die Recension seinen Lauf nehmen. Mein Contract geht mit Ende 1903 zu Ende. Dann scheide ich aus. Der Verleger will dann unter alleiniger Verantwortung der Einzelheraus- geber ohne Redacteur die Sammlung in langsameren Tempo weiterführen, wenigstens die Fortsetzungen zu Lichtenberg etc. liefern. Wir haben uns friedlich auseinandergesetzt. –
Gleichen Ärger bereitete mir der Euphorion. Nach langen Verhandlungen, die einmal sogar schon abgebrochen waren, hatte sich Fromme bereit erklärt, die Zs. fortzuführen solange ihm die 1000 fl. + 400 M (um die Meyer Ex. kauft) gezahlt würden; Glossy versprach 800 fl. aufzubr[ing]en. Durch Dumbas Tod, Lobmeyrs Absage und Glossys Bummelei verzögerte sich die Subscription. Obgleich ich Fromme für die 800 fl. gebürgt hatte und obgleich ich ihm, um ihn für den Euphorion günstiger zustimmen, meine Vorträge sehr billig überlassen hatte (die er mir nebenbei gesagt typo[g]raphisch verpfuschte), so stellte er doch im Frühjahr plötzlich den Satz ein; kurz vor Fertigstellung des ersten Heftes. Er benahm sich so unanständig als möglich. Erst als ich ihm telegraphisch eine Caution antrug, kroch er zu Kreuz. Die Subscriptionsaffaire ist heute noch nicht beendet. Glossy schrieb zwar vor einigen Tagen wieder: 700 fl. seien eingezahlt. Bevor ich sie aber nicht gesehen habe, glaube ichs nicht. So ist mir Fromme das Redactionshonorar, das Honorar für die Bibliographie (die ich aber meinem Hilfsarbeiter bezahlt habe) meine Postauslagen und das Honorar für die Aufsätze schuldig. Ich habe nun erklärt: über den 10. Bd. hinaus führe ich die Zs. nicht weiter, wenn die Subvent[ion] nicht für eine längere Reihe von Jahren sichergestellt ist. Sogleich aufhören wollte und konnte ich nicht. Ich habe die ganze Lade voll Man. Ich muss also unter Umständen im nächsten Jahr auch 800 fl. opfern. Länger hält mein Beutel das nicht aus. Ein Generalregister noc[h u]nd ex. Ich werde glücklich sein, von der Qual erlöst zu sein. – Nur die Bibl. d. Schriftsteller aus Böhmen muss ich behalten. Ganz im Stillen habe ich 13 Bände redigiert, dz. ohne Honorar. Erst die letzten Bde, die ich selbst gemacht habe, tragen mir etwas. Dieses Opfer zu verstehen, dazu gehörte ein Einblick in die hiesigen politischen Verhältnisse. Die „Gesellschaft“ hat Wunder gewirkt. Wir haben die Parität in der Kunstgalerie durchgesetzt, einen deutschen Professor an der Kunstakademie erreicht u. vieles Andre. Die Sternberg-Ausgabe ist eine politische That. So lang ich halbwegs kann, will ich das fortsetzen, zunächst Stifter I u. II, die fast fertig sind; Briefw. Goethe – Grüner; Goethe – Zauper. Mathesius Bd. IV ist im Druck. Hier halt ich zunächst aus.
Nun bin ich begierig, was Sie zu meiner Einleitg. sagen werden; sie wird Ihnen zu österreichisch sein wie der Sternberg zu deutschböhmisch. Über meine Vorgänger bin ich fast überall weit hinau[sge]kommen, gar über Werner, der lauter tolles Zeug behauptet hat. Das Material ist ungemein spröd, die Darstellung, soweit es eine solche ist, war sehr schwer, im Raum u. in der Zeit beengt: wer will da was leisten. Aber Anregung glaube ich wird der Band mancherlei geben. Der [To]n liegt bei mir überall auf Österreich, bei Ihnen auf Goethe. Über diesen Accentunterschied wollen wir in diesem Falle nicht streiten. Ich sende Ihnen die Bogen, sobald ich kann; aber Ihre ev. Wünsche oder Verbesserungen werd ich kaum mehr abwarten können. Ihr Aufsatz fügt sich sehr gut in das Ganze ein. Wir berühren uns fast gar nicht. Teplitz als Ort spielt bei mir keine Rolle; die Clarys erwähne ich kaum; den Fürst Ligne charakterisiere ich blos u. von einer andern Seite als Sie. Ich danke Ihnen nochmals herzlich für die Überlassung.
Nun noch etwas zum Plaudern. Der Streit Minor – Suphan war höchst drollig. Jeden Tag kam von Suphan eine andre Erklärung, eine übertriebener u. hochmütiger als die andre. Nun kommt wieder von Minor täglich ein Aufsatz über den Entwuchs/Entwurf aus der Zeit, aus der NFPresse, aus der Vossischen. Suphans Einleitung ist eine Lüge. Keinem Lebenden ist er verpflichtet; also bin ich todt; [de]nn meine Einleitung zu den Säculargedichten hat er geplündert. Die Collation der Papiere für die Säculargedichte hat nicht er vorgenommen, sondern Schüddekopf (allerdings mit seiner Erlaubnis). In meine Vorrede zu Schriften XVII hat er auf jeder Seite 3mal seinen Namen hinein g[e]malt und ich musste die Verunreinigung dulden, wenn ich nicht auch mit ihm Streit kriegen wollte. Wir stehen ohnehin schon schlecht genug und ich muss 1903 noch 2mal nach Weimar wegen des 2. Bandes, im Frühjahr und im Herbst. Dann sieht mich Weimar solange dieser trockne Schleicher regiert – niemals wieder.
– Dass Detter schwer krank war (Rippenfellentzündung), wissen Sie vielleicht. Er steckt in einer sehr schlechten Haut u. ich fürchte, er wird nicht alt. Er ist bis nach Neujahr beurlaubt. Ob er dann kommt oder nicht, für die Studenten ist das Halbjahr verloren; denn er sollte hist. Grammatik lesen. – Sehr dankbar wär ich Ihnen, denn ! Sie mir schrie- ben, was Gurlitt eigentlich fehlt. Frau v. Zwiedineck, der ich das „Buch“ schickte – für Bauer u. Gurlitt reichten die Exemplare leider nicht – schrieb mir in Andeutungen. Ich werde es gewiss nicht weitersagen, stehe [ü]brigens in keiner Verbindung mit ihm, wie ja alle Verbindungen mit Graz eingeschlafen sind. Aber er ist mir ebenso lieb und wert wie früher.
Noch will ich bemerken; dass der verstorbene Bonner Prof. Ihr Bruder gewesen sei, sagte mir Gross aufs Bestimmteste. Es war mir eine grosse Beruhigung zu hören, dass es nicht richtig war.
Möge Ihnen ein recht angenehmes, glückliches Jahr bevorstehen. Das wünscht Ihnen mit vielen herzlichen Grüssen
Ihr aufrichtiger Freund
AS.
Nachtrag!
Es fällt mir ein, dass Sie vielleicht meine Worte über den Sternberg-Briefwechsel misverstehen könnten. Darum will ich erklärend hinzufügen wie ich es meine. Die Deutschen haben in Böhmen für gewisse Dinge das Gedächtnis u. das Interesse verloren. Die Čechen nehmen die Pflege der Vergangenheit ganz für sich in Anspruch. Sie bezeichnen die Periode der Litter. von 1750 ab als čechische Litt. in deutscher Sprache. Auch Sternberg fassen sie so auf und Bratranek war mehr Čeche als Deutscher und hat dem Rechnung getragen. Darum ist es wichtig, dass St. für unsere Bibliothek reclamiert wurde. Auch werden sich die Čechen darüber ärgern, dass sie sich diese Dinge haben entgehen lassen, dass die čech. Akademie diese Ausgabe nicht gemacht hat. Auch die čechische Wissenschaft erscheint in merkwürdigem Licht. Ernst Kraus an der čech. Universität schrieb ein ganzes Buch: Goethe u. Böhmen. Einen Einfluß Goethes auf die čechische Litteratur bemerkte er nicht: da kam M[ur]ko u. schrieb ein ganzes Buch darüber. Die Personen, die er hätte beleben müssen, fungieren nur mit Namen und Zahlen. Vom jungen Sternberg, wie ich ihn charakterisiert habe, steht kein Wort drinnen. Hätte er nicht [d]en Nachlass der auf dem (čechischen) Museum liegt, verwenden müssen! Und dieses Museum, für beide Nationen begründet, vom Land reich dotiert, haben die liberalen Deutschen der 60er Jahre wie alles andre den Čechen thörichter Weise ausgeliefert. Die Originale der Goetheschen Briefe sind čechisch eingereiht, mit čechischen Aufschriften versehen. Es gilt zu documentieren, dass die Deut- schen dasselbe Recht im Museum haben wie die Čechen. Und so wichtig erschien den Čechen selbst die Thatsache, dass ein hiesiger deutscher Gelehrter d[ort] arbeitet, dass sie es im Jahresbericht des Museums eigens hervorhoben. Und die Sternbergrede wurde gehalten vor dem Statthalter, ja was mehr ist vor dem Landmarschall, dem Vizekönig v. Böhmen und machte grosses Aufsehen. Die Čechen verachten und schmähen die deutsche Gelehrsamkeit, bes. unsre Universität; einige Nichtlinge wie Bachmann geben ihnen dazu Veranlassung. Der Sternberg kann ihnen zeigen, was und wie es ihre Herrn hätten machen müssen; thatsächlich haben sie sich, wenigstens brieflich, sehr günstig darüber geäussert.

Graz, 5. Januar 1903 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 5. Janr. 1903.

Lieber freund Für Ihren freundlichen u. ausgiebigen brief hat mich nur die vergrabung indas beifolgende zu danken verhindert. Alles hat mich gefreut, was Sie mir schrieben, auch das unerfreuliche, weil die mitteilung ein freundeszeichen war. Die politische bedeutung Ihrer Sternbergrede habe ich wirklich nicht verstanden; das dürfen Sie einem, der Böhmen nicht kennt, nicht übel nehmen; was Sie mir darüber schrieben, war sogar auch Schönbach guten teils neu. Dank also für die erklärung.
Ich begreife aus eigener erfahrung, dass Sie der redaktionsarbeiten müde werden; aber ich bedaure es darum nicht weniger. Denn Sie sind der mann dazu. Die DLD gehen nun dem verfall entgegen; es ist mir leid; ich hatte sie unter Ihrer leitung noch als etwas mir persönlich zugehöriges betrachtet; dass sie an einem fabrikanten von schundwaare und einer spürnase, die von fündchen lebt, zu grunde gehen, haben sie nicht verdient.
An euphorions ende will ich nicht glauben, weil sein ende die geburt eines andern zur folge haben müsste. Ich hoffe, Ihr saumseliger Glossy wird sich noch zu rechter stunde mit voller tasche einstellen. Der unfromme Fromme kann einem freilich alle lust verderben. Und das ist klar, dass Sie nicht das opfer sein dürfen. Hat es sich inzwischen entschieden, dass das geld zur fortsetzung aufkommt, so bitt ich für Pervonte um aufnahme. Wenn nicht, so geben Sie ihn mir zurück. Denn Sie haben für den letzten band genug, schreiben Sie, und ich will unter keinen umständen, dass etwas von mir auf Ihre kosten gedruckt werde. Ich hätte ja, bevor ich das mscpt. schickte, anfragen können. Aber ich hatte die vor jahren zurecht gerückte studie für Ihren Euphorion unter der feder, als Ihr brief eintraf; so soll sie zuerst dahin, wohin ich sie bestimmt habe, um zuerst Ihr urteil zu hören. Ob ich dann in der Zs. f.d.a. oder der f.d.philol, oder der öst. gymn.zs. anpoche, weiss ich nicht. Am lästigsten ist mir, dass man zwischen uns unrat wittern wird, wo ich auch vorspreche. Und darum habe ich die blätter mit eben so viel unbehagen abgeschlossen, als ich sie mit lust begonnen hatte. Mir tats unendlich wol, am schlusse des unfruchtbaren jahres zu eigener arbeit und gar zu Wieland zu kommen, in dem ich doch ähnlich, wenn auch nicht ganz so kundig lebe wie Sie in Grillparzer. Es kam mir auch vor, als müsste ich wieder einmal zeigen, dass ich dies feld noch nicht preis gegeben habe. –
Sie fragen nach Gurlitt: unter uns: hoffnungslose arterienverkalkung. Durch sie trat vorigen sommer eine erkrankung einer gehirnpartie ein; diese ist behoben, indem sich neben der stelle andere bahnen gebildet haben; die sprachfähigkeit ist erheblich gebessert, manchmal findet er die worte noch schwer, manchmal spricht er ganz flüssig; arm und hand tun auch wieder ihren dienst, wenn auch nicht ganz in der alten weise. Er geht täglich aus, kann aber nicht vorlesungen halten. Sie würden erschrecken, wenn Sie den uralten mann sehen würden. Die gefahr der wiederholung einer blutstockung ist stündlich da. Es kann auch noch etwas besser werden als jetzt, oder jahre so bleiben, eine vollständige behebung des leidens ist ausgeschlossen. Mir tut der liebe, gute, treue, geistsprühende mensch in der seele leid. Er ist einer unserer allerbesten.
Soeben unterbricht mich eine karte von frau Wukadinović: ihr mann sei an schwerem typhus erkrankt. Schreiben Sie mir ja, was Sie von dem unglücklichen hören. Er bleibt trotz aller sonderbarlichkeit ein vortrefflicher mann in meinen augen.
Zurück zu Ihrem brief! Dass Sie sich von Suphan in Ihre arbeiten reden lassen mussten, ist ärgerlich; ich hätte dazu die sachliche nachgiebigkeit mir kaum abgerungen. Der streit der rosenfreunde wird langweilig.
Und nun nur noch gutes jahr! mehr freude am Euphorion, andauernde am Stifter und allem Deutschböhmischen!
Herzlich Ihr
BSfft.

Kollege Schenkl hat mich dieser tage gezwungen, delle Grazie kennen zu lernen u. vortragen zu hören. Ihr organ würde auch eine bessere dichtung als die ihrige zu grunde richten.

Prag, 6. Januar 1903 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 6/1 02 Fehldatierung Sauers
Smichow 586

Lieber Freund! Das ist ein schö[n]er Schluss meiner Ferien: Ihr Brief mit dem wunderbaren Aufsatz, den ich soeben verschlungen habe. Wie weit sie gekommen, wie tief Sie eingedrungen sind, wie fein Sie analysiert haben! Ich gebe ihn unter keinen Umständen her. Er kommt in Jahrgang X. Ist dieser der letzte, so heb ich ihn mir fürs letzte Heft auf, um in Schönheit zu sterben. Vielen Dank dafür. Obwohl Glossys Meldung, dass 700 fl. in Wien erliegen, nach Frommes heutigem Brief wieder nicht richtig war, so fürchte ich doch, dass man mir den Euphorion zu erhalten trachten wird und mut[hw]illig opfere ich ihn ja gewiss nicht. Betrachten Sie daher meine Mittheilung als streng vertraulich und geben Sie den Anzengruber-Aufsatz nicht aus der Hand, bevor Sie die Todesnachricht nicht schwarz auf weiss erhalten.
Nun muss ich Sie um Verzeihg. bitten. Ich kann mein Wort nicht halten u. Ihnen Fahnen oder Bogen meiner Einleitg in den nächsten Tagen nicht senden. Bei der etwas ruckweisen u. tumultuarischen Art der Entstehg. waren die Fahnen vielfach unfertig u. ich möchte nicht, dass Sie die Einleitg in dieser Form lesen. Die Bogen, soweit sie vorliegen, brauche ich aber zum Citieren. – Ich habe heute Ihren Aufsatz wieder gelesen; wir berühren uns fast gar nicht ausser in der Charakterisitk der Titine, die bei Ihnen reicher ist als bei mir u. der des Fürsten Ligne, die bei mir ausgiebiger ist. Man könnte ja von einem Aufsatz auf den anderen verweisen, aber ich lasse es lieber sein. Habe ich Sie recht verstanden, dass sie das Impr. für ihren Aufsatz bereits gegeben haben, so bitte ich sie jet[zt] ausdrücklich, darauf zu verzichten, dass ihnen die Bogen noch einmal gesandt werden. Man drängt in Weimar auf den Abschluß.
Alfred – könnte zur Noth der Fürst Alfred Windischgätz sein, der die Leonore Schwarzenberg zur Frau hatte; aber sicher ist es nicht; darum unterbleibt d[er] Hinweis besser.
Gurlitt thut mir in die Seele weh. Dass einem dgl. bevorsteht! Sollte ich nächster Tage in der Bibl. über Wukad. etwas erfahren, so schreibe ich Ihnen. Nochmals innigen Dank. Ihr herzlich erg. AS.

Graz, 9. Januar 1903 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Ich dank Ihnen, lieber freund, für die nachsichtige aufnahme des Pervonte u. wünsche, dass er dem Euph. nicht zur last werde. Anzengruber wird Ihnen nicht ausbleiben. Die nichtübersendung Ihrer einleitung bedarf keiner entschuldigung, obwol ich herzlich neugierig darauf bin. Mein beiträglein hat das imprimatur, ich bedarf es nimmer. Alfred wäre mir lieb, wenn er mit der Titine die nötigen beziehungen hat; das scheinen aber auch Sie nicht zu wissen.
Glück zum abschluss! Freundschaftlich
BSfft.

9.I.03.

Prag, 23. Januar 1903 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Anbei der Tragelaph. Die Einleitung ist von allen Seiten so oft durch corrigiert worden, dass sie stilistisch ein Monstrum geworden ist. Die noch nicht ausgedruckten Bogen habe ich noch einmal später gelesen u. manches verbessert, so bes. den ????? ????? Botschaften am Wiener Hof. – In Ihrem Aufsatz wurden nur die Seitenzahlen eingesetzt. Ich habe auch nichts davon in Händen, als die von Ihnen imprimierten Bogen.
Können Sie mir die Bogen gelegentlich zurückschicken, so bin ich Ihnen dankbar. Ich habe sie Glossy versprochen, der für die Neue Freie Presse etwas darüber schreiben will.
Auf Ihr Urtheil bin ich sehr begierig. – Ich habe mich lei[der] ganz stumpf gearbeitet; kann aber momentan die nötige Pause nicht eintreten lassen. Herzlichst Ihr aufrichtig erg. A Sauer

Graz, 27. Januar 1903 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 27.1.03

Lieber freund, Ihre einleitung hat mir das abenteuer meines streifzuges in das unbekannte Teplitz recht gefährlich erscheinen lassen. Wie viel gibt es da an quellen und arbeiten, von denen ich nichts weiss, nichts sah. Sie haben eine wunderbare übersicht. Dass man vor und um Goethe eine so reiche revue von Österreichern aufmarschieren lassen kann, habe ich nicht geahnt. Das kostbarste ist mir Ihre charakteristik der kaiserin und des verhältnisses Goethes zu ihr. Auch das armeekapitel wird sehr lebendig. In die staatskanzlei haben sich Hormayr u. Deinhardstein eingeschlichen, eine äußerlich berechtigte gruppierung, die doch zwischen den politikern sich befremdet und zerstreut. Die drei künstlerinnen können Ihnen für viele mühe danken; sie haben die verblassten gestalten gut ausstaffiert.
Darf ich kritisch sein, so wünschte ich s. XVIII das „absatzgebiet“ weg; vor- u. nachher ists so hoch und menschlich gestimmt, dies wort, so wahr es ist, reisst in materielle tiefe. Und in meinem liebling, dem kaiserinstücke, liegen die citate s. XLVII ff. wie steine u. machen Ihren frohen fluss stocken: zu viel respekt vor Ihro majestät. Aber sonst weiss ich wirklich nichts als mich zu freuen u. zu danken. Ich danke besonders auch für die freundlichen worte, mit denen Sie meinen anhang einführten. Dass Sie über Teplitz gesprochen u. geschrieben haben, wusst ich ja nicht! das hätte mir gewiss manche vorarbeit erspart, Sie heimlicher! Hätt ich nicht die zuversicht, dass Sie aus Ihrer kenntnis die hinfälligkeit meiner vermutung müssten erweisen können und dass Sie den freund nicht wissend herein fallen lassen, so würd ich angesichts Ihrer litteratur nachweise mich recht für mich ängstigen. Fürst Ligne ist bei Ihnen viel lebendiger als er mir wurde usf.
Übrigens hatten Sie nicht recht mir anzukündigen, der nachdruck läge bei Ihnen überall auf Österreich, nicht auf Goethe. Ich finde, dass im ersten u. zweiten abschnitt recht viel für Goethe herauskommt; und auch in dem vierten ist er führer; nur im dritten verliert er sich etwas, und das wol vielleicht nur wegen der kanzlisten.
Ich danke für die zusendung, schicke nach Ihrem wunsche die blätter zurück und beglückwünsche Sie dazu.
Ihr treu ergebener
BSeuffert.

Prag, 31. Januar 1903 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 31/1 03
Smichow 586

Lieber Freund! Seit dem Abschluss meiner Correkturen für den Weimarerband und [be]sonders seit Empfang Ihres lieben Briefes hatte ich mich einem gewissen Wohlbehagen hingegeben, aus dem ich heute durch eine Sendung aus Weimar plötzlich gerissen worden bin. Sie ersehen die Sachlage aus beiliegendem Brief; den Brief Rulands, der im Tenor damit übereinstimmt, habe ich wieder nach Weimar zurückgesandt.
Der Brief schiebt alle Schuld auf mich. Das ist insofern nicht richtig, als [S]uphan sowohl vom Umfang meines Manuscr. wissen musste, oder wenigstens seit Wochen die Fahnen in der Hand hat, die Ihres Aufsatzes sogar seit October. Von Allem abgesehen finde ich es empörend, dass man über die wolüberlegte Arbeit eines Andern verfügt und Beschlüsse fasst, ohne ihn zu fragen. Hätte man mich gefragt, so hätte ich mich für den von Schmidt vorgeschlagenen Weg entschieden oder hätte gewünscht, dass die Anmerkungen auf Bd. 18 verschoben würden, wodurch der Hauptzweck der leichte[ren] Versendbarkeit ebenfalls erreicht worden wäre. Am meisten ärgert es mich, dass man mich Ihnen gegenüber so jämmerlich blosstellte. Dieser Lügner und Denunziant: seit Wochen, ja Monaten hüllt er sich in Stillschweigen; bloss seine dummen Erklärungen gegen Minor hat er mir zugeschickt; weder den Empfang des Sternberg, noch meiner Reden – es that mir um das verschwendete Exemplar leid – hat er mir bestätigt. Konnte er mir seine Bedenken, wenn er welche [geh]abt hat – nicht mittheilen. Und dann das Unsachliche der ganzen Behandlung. Ist das einer so grossen gelehrten Gesellschaft würdig, wegen ein paar Bogen mehr einen solchen Lärm zu schlagen; ist die Gesellschaft notleidend? Nein! Hat sie nicht Vermögen? Kann sie die geplanten Sonderschriften nicht 1 Jahr aussetzen? Übrigens habe ich mich bereit erklärt, die erwachsenden Mehrkosten, so schwer es mit fällt, [z]u tragen.
Also meine Einleitung ist nur viel zu gross, sonst gar nichts. Die Herren sind nur Verleger oder Geldmacher. Pfui!
Dass Sie nun in solcher Weise in Mitleidenschaft gezogen sind, thut mir ausserordentlich leid. Machen aber kann ich jetzt nichts mehr. Ich habe auch gar nicht mehr den Versuch gemacht, die Beschlüsse der Herren umzustossen. Ja ich habe sogar vorgeschlagen, ob man den Umdruck des ersten Bogen nicht vermeiden könnte und sich blos bei der redactionellen Notiz begnügen könnte, dass Ihr Aufsatz noch geliefert wird. – Die Bemerkungen Suphans gegen Ihren Aufsatz in dem beiliegenden Brief wenden sich weniger gegen Sie als gegen mich, da ich erklärt hatte, der Aufsatz sei zu einem integrirenden Bestandtheil meiner Einleitung gew[or]den, was ja ganz richtig ist. Suphan ärgerte sich offenbar über mich fürchterlich und hat nun in diesem Briefe versucht, mich an allen verwundbaren Stellen zu treffen.
Thun Sie mir die Freundschaft, die Sache auf sich beruhen zu lassen; nur Schmidt gegenüber könnten Sie ganz wohl das Vorgehen Suphans ins rechte Licht stellen. Tragen Sie mirs nicht nach
Nun zu Ihrem Brief. Ich hatte mich sehr gefreut, dass Sie im Allgemeinen einen günstigen Eindruck gewonnen haben. Was das „Absatzgebiet“ betrifft, so müsste – glaube ich – die Sache erwähnt werden. Diese Vorbemerkung bezieht sich auf beide Bände. Im 2 Bd. wollte ich über die Wiener Nachdrucke über ????? u. s. w. handeln. Es liegt auch ein interessanter Brief der Gräfferschen Buchhandlung vor, die G. auffordert einen Commentar zu seinen Werken für sie zu schreiben. Und aus der Consumtion so vieler Exemplare [G].scher Werke ist doch auch wieder ein Schluss erlaubt auf die Consumenten, worauf es mir vor allem ankommt. – In Bezug auf die Briefe der Kaiserin haben Sie vom künstlerischen Standpunkt aus Recht u. Sie hätten noch mehr Recht, wenn es sich nicht um eine blosse Einleitung, sondern um ein darstellendes Werk handelte. Sie hätten in eine Anmerkung oder in den Text gehört. Aber beden[ken] Sie: sie sind das Einzige Neue, was ich an Material über die Kaiserin bringe. Dann legt man in Weimar auf diese Fetzen so grossen Wert. Suphan wollte sogar einen der Briefe facsimilieren lassen, was der Grossherzog nicht gestattete. Es wurde so viel Wesens mit ihnen gemacht, dass ich sie an eine sichtbare Stelle rücken musste[.] Hammer u. Deinhardstein hätten natürlich besser in ein litterarisches Capitel gepasst als in der staatsmännische; aber ein solches scheute man ja in Weimar, wie meine Einleitg. ausdrücklich hervorhebt. Übrigens hätten dieselben Dinge, da sie in Metternichs Briefen vorkommen, irgendwo besprochen werden [m]üssen; ich hätte beide Männer also vielleicht besser nach Gentz behandelt. Endlich ist Deinhardstein wenigstens wirklich ein officiöser Schriftsteller, wie Gentz, wie Pilat, wie Jarcke. Vielleicht hätte ich das noch schärfer betonen müssen. Metternich wollte Börne für die Staatskanzlei gewinnen; gewiss trug man es Grillparzer immer nach, dass er gegen solche Vorschläge taub war. Franzos nahm ja sogar an, dass sich Goethe in den Briefen an D. immer an den Kaiser selbst wende (was Sie vielleicht in der Anmerkg. übersehen haben); so fasse ich den Verkehr mit D. als eine Fortsetzung des Verkehrs mit Metternich auf. Das Kapitel selbst gebe ich aber gerne preis. Die Hauptschwäche ist, dass ich die Bezhg. zu Gentz so flüchtig berührt habe. Aber eine neuerliche Darstellg., wenn sie über Guglia hinauskommen sollte, hätte sehr viel Platz verlangt und Sie sehen ja, wie man in Weimar über das schon Geleistete denkt. Mich reut es nun, mich überhaupt an die Sache gemacht zu haben und was wird aus meinem zweiten Band werden, wenn ich jede Zeile zählen muss.
Ich finde es sehr berührend, dass eine so schöne Institution wie die Goethegesellschaft so übel geleitet wird; da ist mir ja noch der Präsident der Gottschedgesellschaft lieber mit seiner ehrlichen wenn auch noch so übers Ziel schiessenden Begeisterung.
In grosser Empörung
Ihr
herzlich erg. AS

Prag, 1. Februar 1903 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich will Ihnen das neueste Gewäsch des Weimarer Lügenbolds nicht vorenthalten. Zugeben will ich, dass in dem Augenblick da alles imprimiert war, sich nicht viel andres machen liess. Dass aber zwischen dem Zeitpunkt der Manuscriptsendung und der Bogenimprimierung nach viele Stadien mitten inne ligen, in denen sich Herr Suphan um das Schicksal des Buchs hätte kümmern könen und müssen: das fällt ihm nicht ein. Ich gebe keine Antwort mehr und würfe am liebsten die Fortsetzung Herrn Suphan an den Kopf, wenns nur möglich wäre. Ins Feuer mit dem Wisch.
Herzlichst Ihr AS.

Graz, 3. Februar 1903 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

3.II.03

Lieber freund, Ich begreife, dass Sie sich geärgert haben. Besonders leid ist mir, dass mein beitrag dem fass den boden ausgeschlagen hat. Überhaupt finde ich, dass die spitze sich mehr gegen mich als gegen Sie richtet. Nicht weil meine untersuchung ein exkurs genannt wird: der ist sie. Aber verstehe ich recht, so wird doch nur mein exkurs ausgeschieden u. fürs nächste jahr kalt gestellt.
Ich suche die sachlage mit geschäftlicher ruhe zu betrachten. Man hat voreilig einbanddeckel herstellen lassen, man hat Ihnen dies nicht angezeigt, während doch dadurch der umfang Ihrer arbeit wirklich limitiert wurde. Man hat den umfang Ihrer arbeit auch auf den fahnen noch nicht beanstandet und in letzter stunde eine entscheidung über Ihren kopf hinweg getroffen.
Dagegen ist Ihr schuldkonto, dass Sie den approximativ vereinbarten umfang über- schritten haben, woran ich einen grossen teil schuld habe, und dass Ihre schwierige arbeit später fertig wurde als sie fertig werden sollte.
Sie sehen, ich wäge die schuld hüben u. drüben, um nicht ungerecht zu sein.
Nun sollen die einbanddeckel im werte von 600-700 M. unbrauchbar geworden sein. Dazu wären die versandt- u. verpackenskosten pro ex., wenn das buch nicht mehr als kreuzband ging, um c. 25 fl gestiegen; 2800 mitglieder x 25 fl = wieder 700 M. Zusammen also 13-1400 M. Nun halte ich ja auch die GG für so reich, dass sie sich diesen luxus hätte erlauben können. Aber geschäftlich ist es doch eine ganz respectable überschreitung der norm. U. daran darf der geschäftsführende ausschuss anstoss nehmen. Nach dem E. Schmidtschen plane wäre die ganze summe erspart worden; Suphan opfert doch die hälfte und rettet dadurch die einheit Ihrer ausgabe und die vollständigkeit Ihrer arbeit. Das ist doch so übel nicht; ich möchte das anerkennen.
Ich bin ja weiterhin überzeugt, dass es F. ein gewisses vergnügen bereitete, die beilage auszuschalten, um deren beisegnung er vom verf. nicht gebeten worden ist. Aber wenn sie 700 M. kostete, so hat er auch sachlichen grund dazu; das ist sie nicht wert.
Für mich kommt aber jetzt eine weitere überlegung. Lasse ich die bogen in dem besitz der G.G., so wird Ihnen am nächsten band der raum dadurch beengt, den Sie doch für wichtigeres sehr notwendig brauchen. Das ist das erste; denn nach den erfahrungen mit XVII werden Sie für XVIII sich an die schranken fügen müssen u. wollen. Und zweitens: es scheint ja das zurückstellen meiner beilage angekündigt zu werden.
Da werden doch findige köpfe u. fertige hände nicht zögern, meine wege abzugehen, bevor ich am ziel erschiene.
Ich überlege also, ob ich die bogen nicht der G.G. abkaufen kann und Böhlau in kommissionsverlag gehen soll. Gern tue ich das nicht, weil ich mit solcher kleinigkeit nicht gerne separat erscheine, andere aufsätze nicht rasch aus ansätzen dazu schreiben kann auch weil ich nicht weiss, ob ich es unterricht gegen meine kinder verantworten kann. Es wird mir aber nichts anderes übrig bleiben.* Da Sie an meine freundschaft appellieren, ich möge die sache auf sich beruhen lassen, so will ich keinen entschluss fassen, ehe Sie Ihre wolmeinung dazu äusserten. Ich schreibe also auch nicht an Erich Schmidt u. betrachte unsern briefwechsel zunächst für vollkommen vertraulich.
-
„Absatzgebiet“: nur der ausdruck u. seine stelle zu beginn einer neuen ausführung störte mich.
In unveränderter herzlichkeit
Ihr
BSfft.

* Dass es für die Schriften der GG. angekündigt sein wird, würde mich natürlich gar nicht genieren.

Prag, 6. Februar 1903 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 6/2 03
Smichow 586

Lieber Freund! Verzeihen Sie die etwas tumultuarische Art, in der ich Sie in [d]en letzten Tagen mit meinen Briefen bombadiert habe. Ich bin jetzt schon ruhiger, nicht zum Wenigsten unter dem Eindruck Ihres freundlichen Briefes. Ohne Schuld bin ich ja nicht. Wenn man mir aber im Nov./Dec. gesagt hätte, dass die Einbanddeckel fertig sind, so hätte ich gewiss einen Ausweg aus der schwierigen Situation gefunden.
– Ich habe nun wie Sie das Gefühl, dass Ihr Aufsatz nicht ein Jahr lang liegen bleiben darf. Aus den von Ihnen angegeben Gründen und aus Anderen. Es giebt – glaube ich – 2 Wege um das Ziel zu erreich: 1) den von Ihnen vorgeschlagenen einer Sonderausgabe bei Böhlau. Sie hätten in diesem Fall wohl die Güte ein Blatt Vorwort vorauszusetzten, worin Sie den Sachverhalt darlegen und mein Einverständnis zu dem Sonderdruck ausdrücklich hervorheben. Kosten kann das Ganze nicht viel. Ich glaube, da die Goethe-Gesellschaft einen Ersatz der Unkosten durch mich nicht annimmt, so wäre es nur recht und billig, wenn Sie mir die Kosten dieses Sonderdrucks überließen. Oder wenn Sie gegen diese Art des Arrangements Bedenken tragen, so gestatten Sie mir, dass ich Ihnen die beiden Bogen nach dem Honorarsatz der Schriften der Goethe-Gesellschaft (den ich freilich noch immer nicht kenne) honoriere auch wenn der Aufsatz n[ic]ht in meinen Bänden erscheint. Ich denke, das wird auch Ihre Kosten ungefähr decken. Sie haben ja dann noch immer Verlust. Darum eben bitte ich um diese Erlaubnis.
Der 2. Weg wäre der: Sie überliessen den Aufsatz dem Band 18 der Schriften; verlangen aber, dass Ihnen die Sonderabzüge schon jetzt ausgefolgt werden; (vielleicht in grösserer Anzahl, als ursprünglich geplant war) dadurch käme der Aufsatz den Interessenten und eventuellen Concurrenten jetzt zur Kenntnis; Ihre Priorität wäre gesichert; man könnte auch für die Besprech- ung des Aufsatzes in der Presse sorgen; (für eine ausführliche Besprechung in der Deutschen Arbeit u. Verbreitung dieser Besprechg. sorgte ich selbst); die Mitglieder der Goethe-Gesellschaft be[kä]men ihn officiell erst im 18. Bande zugemittelt. In demletzteren Fall hätten Sie wenigstens keinen materiellen Verlust. Die Erlaubnis der Goethe-Gesellschaft müsste (und könnte) Ihnen Schmidt leicht erwirken.
In Ihrer Aufklärung bemerke [ich] noch: es bleibt in der That aus dem bereits gedruckten Band nichts weg als Ihr Aufsatz. Am Schluss meiner Einleitung würde eine Note der Redactoren eingefügt, ungefähr des Inhalts: Der bereits gesetzte und imprimierte Aufsatz von Seuffert .... musste um die Versendbarkeit des Bandes zu erleichtern, für den voraussichtlich im Spätherbst 1903 erscheinenden 2. Band dieses Werkes zurückgestellt werden.
Den Wortlaut habe ich nicht genau in Erinnerung. Es muss aber wol jetzt bald der Reindruck kommen. Bis dieser eintrifft, könnten Sie vielleicht mit Ihrem Entschluss noch warten, und einstweilen blos bei Böhlau anfragen, wie hoch die selbstständige Ausgabe des Heftchens sich stellen würde.
Auf mich u. den Umfang des 2. Bandes meines Werkes nehmen Sie bei Ihrem Entschluss keine weitere Rücksicht. Es blieben [mir] trotzdem noch 25 Bogen (mit Register); reicht das nicht aus, opfere ich zunächst das Register. Dann kann auch die Abhandlg. über Goethes ältere Bezhg. zu Österreich leicht wegbleiben [u.] als selbstständiger Aufsatz im Euph. ????? erscheinen. Da man überhaupt die ausführlichen Abhandlungen des ersten Bandes in Weimar so perhorresziert, so will ich sie beim 2. überhaupt vermeiden. Vielleicht entschliesse ich mich zu einem selbstständigen darstellenden Buch: Goethe u. Österreich, in das ich die Abhandlungen des ersten Bandes in gründlicher Umarbeitung aufnehme. Mein Verhalten hängt von Schmidts Antwortbrief ab, der sich leider stakr verzögert.
Es thut mir herzlich leid, dass Sie alle diese Dinge lesen und erwägen müssen. Verzeihen Sie es mir, soweit ich die Schuld daran trage.
Herzlich grüssend
Ihr
sehr erg.
AS.

Graz, 7. Februar 1903 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 7.2.03.

Lieber freund, Ich danke Ihnen herzlich für Ihren guten brief. Ich fasse heute noch keinen entschluss. Nur das eine bleibt ausgeschaltet: dass Sie ein opfer bringen; davon darf nicht mehr die rede sein. Sie haben durch mich schon genug verdruss gehabt u. durch Ihr energisches eintreten mehr ärger als die studie wert ist. Ich schicke Ihnen, was Sie mich freundlich lesen liessen. Suphan hat mir inzwischen seinen SA aus der Rundschau mit einem ?????????? und einer karte geschickt: quanta in difficultatefuerit. Nicht sachliches. Wenn er latein schreibt, hat er immer ein schlechtes gewissen. es ist die sprache des verhüllens. Ich antwortete nicht. An Rulands brief gefällt mir das eingeständnis, dass die Weimarer hätten rechtzeitig aufpassen sollen.
Wenn Ihnen E. Schmidt geantwortet hat, bitte ich mir zu schreiben, ob dadurch der umfang Ihres 2.bd. berührt wird. Ich werde in meiner voraussetzung bestärkt, dass mein aufsatz Ihren 2.bd. beschränken müsste. Ich bitte mir auch zu sagen, ob Sie dessen ausgabe im spätherbst für möglich halten. Sollte ich mich zu einer SAusgabe entschliessen, für die die form des stückchens nicht eingerichtet ist, so würde ich Sie um die erlaubnis, einen offenen kurzen brief an Sie voransetzen zu dürfen, bitten, er würde recht sehr ruhig zu sein sich bemühen und die tatsachen möglichst mit den worten der redactoren erwähnen. Ihr 2. ausweg ist mir lieber, weil er das stückchen nicht selbständig macht, aber doch bedenklich, weil er Ihnen raum nimmt.
Und nun bitte ich um die freundschaft, noch ein wörtchen über E Schmidt sagen zu dürfen. Sie setzten voraus, dass ich ihm über die sache schreiben werde. Ich stehe nicht in regelmässigem verkehr mit ihm. Und ich würde es auch dann kaum tun. Wenn die Goethegesellschaftsleitung so ihre geschäfte macht, wie die redaktion der ausgabe – und ich glaube das –, so ist der nicht in Weimar ansässige weit im hintertreffen und kann selten entscheidend eingreifen, wenn von der centrale aus etwas als abmachung der einheimischen vorgetragen wird. Dazu ist bei dem persönlichen misverhältnis, indem wol noch wie früher Ruland u. Suphan stehen, die stellungnahme doppelt schwer: denn keiner der beiden kann nun einmal entbehrt werden. Alle verhandlungen der redaktion – und also wol auch der G.gesellschaft – sind ein höfisch=höfliches um einander herumgehen. Ich habe ja in früheren jahren ein paar mal mündlich u. schriftlich stark vorgestossen nach meiner art; und behandle S. andauernd kalt. Aber ich erreichte u. erreiche doch nichts als halbe kompromisse und dass man den entschiedenen möglichst ausschaltet. Letzteres ist mir angenehm; ich kann mich zurückstellen lassen u. zurückziehen. Schmidt, bei seiner vergangenheit, ist den dingen mehr verwachsen; und will er das gute, was er auch von Berlin aus noch wiederholt getan hat, fort zu tun gelegenheit haben, so muss er lavieren. Das hat er in Weimar gelernt. Ich habe doch oft die überzeugung gewonnen, dass er noch der sachlichste von allen ist. Er weiss ganz genau, wie ich über S. denke, keine klage kann da etwas zufügen. – Ob ich genötigt sein werde, ihm über die ausschaltung meiner studie etwas zu schreiben, werde ich abwarten.
Herzlich Ihr
BSfft.

Prag, 10. Februar 1903 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L.F. Heute habe ich die Aushängebogen bekommen. Es i[st a]lso am Titel der Zusatz vo[n] Ihrem Aufsatz u. Namen weggeblieben; ebenso im Inhaltsverzeichnis u. auf S. CXXV steht:
Mittheilung des Redactors. Der im Satz schon vollendete Excurs „Teplitz in Goethes Novelle“ von Bernhard Seuffert (siehe S. IX) musste, um thunlichst das Gleichmaß des Umfangs zu wahren, zurückgestellt werden und soll als Anhang des voraussichtlich im Spätjahr 1903 vollendeten Bandes XVIII der „Schriften“ erscheinen.“
Daß der Band im Spätjahr erscheint, hoffe ich zuversichtlich; ich bin viel weiter als ich im vorigen Ja[hr z]ur gleichen Zeit war. Ich geh[e a]m 16. März nach Weimar, lasse dort, wenn der Text in Ordnung ist, sogleich eine Berechnung des Umfangs vornehmen u. gehe dann noch einmal im Juli oder Spt. zur Correctur hin. Inzwischen stelle ich die Einleitg. fertig. – Schmidt hat mir nicht geantwortet. Es ist also vielleicht besser, wenn Sie Ihr Desideratum direkt Ruland vortragen; er ist der einsichtsvollste u. gerechteste; oder soll ich ihm schreiben? Wenn es zu einer Sonderausgabe kommt und Sie einen offnen Brief an mich vorsetzen wollen, so wird mir das eine Ehre sein.
Ich st[im]me überhaupt jedem [Ih]rer Entschlüsse bedingungslos zu.
In herzlicher Ergebenheit
Ihr
aufrichtiger
AS.

Graz, 12. Februar 1903 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 12.2.03

Lieber freund, Ich danke sehr für Ihre nachricht. Ich hatte mir vorgenommen an Suphan zu schreiben. Nachdem er aber gegen mich niemals sachlich der arbeit erwähnung tat, sondern Sie zwang, seine briefe mir zu schicken, scheint es mir formal richtiger, dass ich in gleicher weise mit ihm oder der GG. verkehre. Ich wollte ja wirklich nie direkt mit der GG. zu tun haben, wie Sie sich aus meinen ersten briefen noch erinnern werden. So bitte ich Sie, die beilage zu prüfen, sie zu beanstanden, wenn sie Ihnen ungeeignet erscheint, oder sie an Ruland oder Suphan oder wen Sie wollen zu senden, wenn sie Ihnen tauglich erscheint. Ob Sie sie als ganzes senden oder stücke daraus abschreiben wollen, überlasse ich völlig Ihnen.
Nur das eine ist eine sache auf freundeswort: dass Sie nicht in einer beigabe von irgend einer pekuniären unterstützung durch Sie reden: von irgend etwas derartigen darf auch nicht andeutungsweise gesprochen werden, ich verlasse mich darin auf Ihre freundschaft.
Das andere möchte ich bitten: tun Sie nicht so, als ob Sie für bd. 18 die 2 bogen von mir ganz gut brauchen könnten. Das ist nicht sachlich. Ich kann Sie ja nicht bitten, die vor der GG. aus andern gründen los zu geben als der schnelleren publikation wegen. Mir ist es aber um diese und darum, dass Sie mehr raum bekommen; hätte ich von anfang an gewusst, dass man Sie beschränkt, so hätte ich zur einverleibung nie ja gesagt.
Herzlich Ihr
BSfft.

Graz, 12. Februar 1903 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 12.2.03

Lieber freund, Mein unglückskindchen jammert mich. Nachdem seine einführung in die welt, die Sie so freundschaftlich besorgen wollten, durch einen definitiven entscheid über Ihre patronatsrechte hinweg hinausgeschoben ist, wird es nun öffentlich genannt und damit der auffindung jedes findigen preis gegeben. Ich bin nicht so reich an produktion, dass es mir gleichgiltig sein kann, wenn wer mir zuvorkommt, dass das thema nun gestellt ist. Das habe ich Ihnen schon neulich geschrieben und dabei auch gesagt, dass ich einen weg suche, das stückchen baldigst zu veröffentlichen. Der sicherste ist der, aus den Schriften es verschwinden zu lassen; die Goethegesellschaft möge Böhlaus Nachf. nicht hindern oder auch nur ungünstig beeinflussen, mit mir über verlag oder kommissionsverlag der studie zu verhandeln, wobei sie die satzkosten zurückerhalten würde. Natürlich müsste ich dann den objektiven tatbestand in einem vorwörtchen, etwa an Sie gerichtet, erzählen, um die sondererscheinung dieser für eine zeitschrift aber nicht als brochure geschriebenen untersuchung zu rechtfertigen.
Sie meinten, es genüge auch, wenn die G.G. mir gleich jetzt eine grössere Anzahl von sonderabdrücken zur verfügung stelle, wodurch ich ja allerdings meine Priorität wahren könnte. Da könnte ich auch daran denken, von der G.G. das recht zu erwirken, das ergebnis einer zeitung oder zeitschrift schon jetzt in einem aufsatz mitteilen zu dürfen. Mir gefällt an diesen beiden wegen nicht, dass Sie dann in bezug auf den umfang des bd. 18 wieder eingeschränkt sind, was ich sachlich für ein unglück halte und persönlich nicht wünsche. Auch bin ich überzeugt, dass die GG. meinen exkurs herzlich gerne los wird.
Nachdem ich mit der GG. über diese sache nie verhandelt habe und nie verhandeln wollte, bitte ich Sie, gerade so wie die briefe an Sie von dort zur einsichtnahme für mich bestimmt worden sind, auch freundlichst diesen meinen brief an Sie in der Ihnen geeigneten form dort zur kenntnis zu bringen. Ich möchte in der sache keinen schritt tun, den der patronus nicht ganz und genau sieht.
Mir ist nur leid, dass die kleine studie, die Ihnen anfangs freude machte, Ihnen so viel ärger bereitet hat und jetzt noch plage machen muss. Sie haben angefangen; also kann ich Ihnen nicht ersparen, Ihre freundschaftliche bemühung fortzusetzen.
Ihr
treu ergebener
BSeuffert.

Graz, 27. Februar 1903 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Nachgerade bin ich beunruhigt, ob mein brief in der Weimarer sache in Ihre hand kam. Gestern vor 14 tagen habe ich ihn geschrieben u. nichts seitdem gehört. Ich war damals fiebrig u. hatte nach einer ermüdenden besprechung von fakultätssorgen nur noch knapp die zeit die zwei briefe zu schreiben u. in 1 couvert zu stecken. Habe ich eine falsche adresse drauf gesetzt? Hoffentlich sind Sie wol. Treu Ihr
BSfft.

27.2.03.

Prag, 28. Februar 1903 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 28 / 2 03
Smichow 586

Lieber Freund! Von Tag zu Tag wartete ich auf das Erscheinen meines Buchs und auf die Antwort aus Weimar. Das erstere kam endlich gestern, die letztere erst heute. In welchen Formen das ersehen Sie aus den Beilagen. (Den zweiten Brief von Ruland behalte ich zurück, er betrifft ein Referat über das Buch in der Deutschen Arbeit, das durch die Verschleppung in Weimar früher erschienen ist als das Buch selbst. Ich hatte Hauffen in ganz loyaler Weise am 14. Jan., da ich glaubte, das Buch werde sofort erscheinen, die Aushängebogen g[ege]ben, weil die Hefte Mitte des Monats erscheinen.) Die Einsichtslosigkeit Rulands und das Formalitätenwesen Suphans spottet jeder Vorstellung.
Aber die Hauptsache ist erreicht: Wir haben Ihre Abhandlung frei bekommen und wenn ich auch mit g[ros]ser Trauer von ihr Abschied nehme, so ist mir das Ergebnis doch um Ihretwillen lieb. Wir werden hier in Böhmen für möglichste Verbreitung Ihrer kleinen Schrift sorgen. Ich sende Ihnen auch die von Ihnen imprimierten Bogen hierbei zurück.
Was den Vorwurf wegen meines Vortrags betrifft, so scheint er auf einer misverständlichen Auffassung meines Wiener Vortrags zu beruhen. Da dieser in freier Rede, ohne Citate, gehalten wurde u. nur einen allgemeinen Überblick über alle Beziehungen Gs zu Ö. gab und theilweise auf meinen älteren Vorträgen – noch vor meinen Archivstudien – beruhte, so ist er geradezu lächerlich. – Sie können sich aber denken, mit was für Gefühlen ich meinen nächsten Weimarer Aufenthalten entgegensehe. Ich will am 16. März abreisen.
In Wien habe ich Glossy meine Me[in]ung über die Euph.-Subvention mitgeteilt; er will die Zs. um jeden Preis halten.
Glauben Sie nicht, dass man, um die DLD noch zu retten, einen Verein gründen sollte? Ich trete unter allen Umständen zurück; aber damit die Sache gerettet werde.
Bewahren Sie mir Ihre Fre[un]dschaft und seien Sie herzlich gegrüsst von Ihrem
treu erg.
AS.

Auf beigelegtem Zettel:
Aus Ihrer soeben erhaltenen Karte ersehe ich, daß Sie besorgt sind. Ich erschrecke auch darüber, daß soviel Zeit verflossen ist. Ich wartete eben von einem Tag zum andern. Auch war ich in Wien u. bin durch den Hebbelcyclus, dessen Programm ich beilege, in Athem gehalten; aber auf Ihren Brief hätte ich Ihnen damals eine rasche Antwort geben sollen; ja, ich war sogar der Meinung, ich hätte es gethan.

Graz, 28. Februar 1903 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Durch einen ant. kat. bin ich auf eine beschreibung von Teplitz in Beckers Taschenb. aufmerksam geworden; nach wochen langem suchen habe ich es heute erhalten; leider ergibt es nachträge. Das muss ich Ihnen doch gleich schreiben.
Treu Ihr
BSfft.
28.2.

Heute kommt Ihr band Schriften 17, sehr stattlich.

Graz, 3. März 1903 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 3. März 03.

Lieber freund, Ich habe nach empfang Ihrer briefe sogleich an Böhlau geschrieben u. hoffe, dass die leidige sache nun in ordnung kommt. Ich vermeide auch retrospektive betrachtungen, zu denen mich der der brief Rulands noch mehr als der Suphans herausfordert.
Erfreut hab mich an Erich Schmidts billet. Ich finde, dass er die sache richtig beurteilt. Warum er nicht mehr tun kann, habe ich neulich schon ausgeführt. Jetzt werde ich auch ihm schreiben.
Ich überlege auch, ob ich nicht, um spätere ????? abzuschneiden, Suphan die künftige vorbemerkung vorher vorlege; nicht zur begutachtung, aber damit er durch diese höflichkeit mundtot wird.
Haben Sie bemerkt, dass die alten deckel doch verwendet sind? es sind andersfarbige rücken eingesetzt. Der verlust war also klein für die gesellschaft.
Ihr Hebbelprogramm ist grossartig. Woher nehmen Sie nur die zeit zu all dem!?
Von einer gesellschaftsgründung für die DLD verspreche ich mir nichts. Vielleicht kann Schüddekopf sie in die Bibliophilische hinüberleiten.
Ich bin sehr froh, wenn Glossy den Euphorion über wasser hält.
Entschuldigen Sie mein drängen.
In treuen
Ihr
BSfft.

Prag, 5. März 1903 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 5 / 3 1903
Smichow 586

L.F. Wenn Sie Suphan Ihr Vorwort mittheilen wollten, so wär das freilich sehr angenehm; denn eine öffentliche Erklärung der Goethegesellschaft oder Suphans gegen uns, wäre, auch wenn wir ihm Rechtwären, höchst fatal. Die Herren haben sich nun einmal in Ihre Ideen verbohrt. Ruland entschuldige ich noch in der Sache; er hat Ihren Aufsatz kaum gelesen & hat auch kein Verständnis dafür; aber Suphan versteht was Sie und was ich wollte: er hat aber die Thorheit von „Goethe & Karlsbad“ etc. schon in einem frühern Brief vorgebracht. Ich habe ihms übrigens in meiner Antwort heimgezahlt u. würde noch ganz anders gegen ihn vorgehn, wenn ich nicht noch bis zum Schluß von Bd. XVIII an das Archiv geschmiedet wäre.
Dass Sie den gesuchten Almanach gefunden haben, freut mich sehr.
Ihre Rec. der Aphorismen, für die ich Ihnen bestens danke, ist mir bes. Leitzmanns wegen sehr angenehm. In tagelangen Gesprächen habe ich ihn zu überreden gesucht, aus dem Chaos, [wi]e Sie so hübsch sagen ein Litteraturdenkmal zu machen u. Schüddekopf hat mir secundiert. Aber er blieb taub & erklärte, wenn ers nicht streng chronol. machen könne, mache ers gar nicht. Nicht einmal dazu war er zu bringen, dass er die Nummern, die ganz sichtlich zusammengehören, zusammengerückt hätte. Ich wies ihn auf Grillparzers Werke hin, von denen fast zehn Bände ????? d. Hälfte aus solchen Aphorismenbüchern & Tagebuchaufzeichnungen bestehen u. die mir nicht die grosse Wirkung gemacht hätten, wenn man sie so angeordnet u. formlos dem Publikum vorgeworfen hätte; die freilich in Leitzmanns Art viel leichter hrszugeben gewesen wären. Der Erfolg war blos, [daß] er den gegen mich gerichteten Passus in die Vorrede einschob. Er trägt mit Schuld, wenn ich froh bin die DLD loszubekommen, weil ich mit s. Editionstätigkeit sowenig einverstanden bin u.. sein schönes Material doch nicht entbehren kann.
Teubner hat mir aus freien Stücken ein sehr günstiges Verlagsangebot für meine Hebbelvorträge gemacht u. ich werde sie nach Abschluß der Werke & Tageb. in Jahresfrist heraus geben. Sie glauben nicht, wie schlecht u dumm Werners Einleitungen sind; auch hat er überall die ältesten Erwähnungen d. Dramen übersehen. MMagd. zB. lässt sich viel weiter zurückdatieren. Und geschrieben sind diese Einleitg., dass ihn Hebbel wenn er sie lesen könnte, zermalmen würde. Die interessantesten Probleme hat er gar nicht vermerkt. So datiert RWagners Siegfried schon aus d. Jahr 1848; der ganze Nibel. Ring aus d. Jahr 1853. Der Name Wagner kommt aber in Werners Einleitg. nicht vor! Auch Zeiß ist schlechter als ich dachte. Eine Schulausgabe von Herodes u Mariamne durch Petsch, die ich zufällig las, läßt ganze Worte im Text aus u.s.w. u.s.w. Ein eiserner Besen wär wieder einmal am Platz.
Glauben Sie, dass ich münd[lich] bei Böhlaus etwas bestellen könnte, so verfügen Sie über mich. Ich fahre wahrscheinlich am 16., kaum viel später.
Herzlich grüßend
Ihr
treu erg.
AS.

Graz, 7. März 1903 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Dank für Ihren grosszügigen prospekt. Heute kam Böhlaus zusage. Ich schickte sofort vorwort u. nachtrag an die druckerei. Gleichzeitig ging an Sphn. eine abschrift des sehr allgemeinen vorworts mit der erklärung, dass ich das ärgernis damit für begraben erachte. Ihr anerbieten, mit Böhlau zu sprechen, nehme ich dankbar an. Ich habe ihm angekündigt, Sie würden ihm raten, was für die verbreitung in Böhmen nützlich sei: eine Teplitzer zeitung, einen sortimenter dort? Bohemia? Sie u. Hauffen erhalten von mir ex. Wünschen Sie noch eines für den Euphorion u. die Deutsche arbeit, so bitt ich es zu sagen. – Leitzm. sagt, das 1. heft sei weitaus das beste; dann bin ich nicht für den vollen abdruck der andern. – Zum Hebbel glück auf! Ich wollte seminarbetrachtungen über M. Magd. für den Euphorion zusammenschreiben, das unterlass ich nun. – Ich wünschte, dass Sie es in Weimar besser treffen, als Sie erwarten. Dass Sie mit übler empfindung bei S. eintreten, begreife ich. Sagen Sie mir Ihre adresse, damit ich nicht unter archivkontrole an Sie schreiben muss. Treulich
BSfft.

Harrachg. 1. 7.3.03.

Prag, 8. März 1903 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Die Herren haben wie Sie sehen auf der ganzen Linie den Rückzug angetreten. Ich lasse das Weitere auf sich beruhen.
Für Euph. u. Deutsche Arbeit genügen die Ex. für mich u. Hauffen. In Prag empfehle ich Bohemia, Tagblatt, Amtl. Prager Ztg., Prager Abendblatt; ferner ein Ex. an Krauss f. d. Politik, eines an Krejci für irgend eine čech. Ztg.; ferner ein Ex. für die Mitteil. des histor. Vereins; in Teplitz sind 2 Ztgen; den Redac- teur der einen kenne ich. Wichtig ist noch die Erzgebirgsztg. Ich werde Böhlau alle Adressen geben u. hier die Calvesche Buchhandlung bearbeiten.
Über Maria Magd. senden Sie mir doch Ihre Beobachtungen für den Euphorion. Hebbel ist jetzt Trumpf.
In grosser Eile
der Ihrige.

Graz, 9. März 1903 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Entschuldigung ! Sie das schnellfeuer der karten! Schönbach zeigt mir die Allg. Zeitg. Beil. vom 5., wonach Muncker in der Akademie einen vortrag über Pervonte hielt u. auch Herders einfluss auf den schluss kennt. Ich weiss nicht, ob solche vorträge schnell gedruckt werden u.: mag Muncker nicht fragen. Unter diesen umständen wäre es aber für mich recht erwünscht, wenn Fromme sich auf das doppelheft eingelassen hätte, wovon wie Sie sagten die baldige drucklegung meiner studie abhängt. Ich bin mit Muncker nicht böse, aber er vergisst mir die anz. seines Klopstock nicht, u. ich möchte ihn um nichts bitten. Ergebenst grüsst
Ihr getreuer
BSfft

9.3.03.

Prag, 11. März 1903 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L.F. Ich werde recht vergesslich! Ihr Man. ist längst in der Druckerei und Sie werden nächstens Correctur bekommen; freilich ist Fromme wieder unerträglich langweilig und vor Mai kommt das Dopp[e]lheft wol kaum heraus. Manchmal [h]olt er aber Versäumnisse sehr schnell nach und vielleicht thut er es diesmal auch. – Im Gegensatz zu meiner gestrigen Bemerkung möcht ich Ihnen vorschlagen an mich u. Hauffen keine Freiexemplare zu verschwenden; wir werden uns das Heft kaufen; an Hauffen könnten Sie Aushängebogen für die Corr. schicken. Die dtsche Arbeit erscheint immer Mitte des Monats. 3 Wochen vorher müsste H. das Rec. Ex. haben.
Ich wohne in Weimar: Hotel Eleph[an]t. Der Tag meiner Abreise steht noch nicht fest. Am 16. komme ich kaum fort (wie ich wollte.)
Herzlich grüssend
Ihr
AS.

11/3 03.
Smichow 586.

Graz, 13. März 1903 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 13.3.03.

Lieber freund, Warum Suphan wünschte, dass Sie mir den beiliegenden brief senden, ist mir unerfindlich, es sei denn damit ich über sein verhalten gegen Sie milder denken solle. Heute traf – auf meine mitteilung des vorwörtchens, wobei ich erklärt hatte, dass ich mich verletzt fühle – das übliche 4 seiten grosse schreiben ein: „Verzeih wenn etwas verletzendes vorgefallen ist“ usw. Rulands brief an Sie ist köstlich; er weiss zwar nicht, was ich verfasst habe, aber er verglich es mit landeskundlichen dingen. Beide herren beschmeissen mich jetzt mit höflichkeit. Sie müssen ihnen gehörig eingeheizt haben. Ich dank Ihnen für das tapfere eintreten.
Natürlich erhalten Sie u. Hauffen exemplare, ich habe mir statt eines honorares mehrere bedungen. Ich möchte nur Böhlau nicht mit unnötigen recensexemplaren beladen u. das bitte ich auch bei Ihrer mündlichen besprechung mit ihm ins auge zu fassen.
Das programm, das Sie mir schreiben, kommt mir gross vor. Doch darauf verstehen Sie sich besser; man kann ja sehen, wie weit der verleger gehen will.
Wenn Sie noch in Weimar sind, bis das heftchen fertig ist, erhalten Sies direkt im Elephanten.
An Erich hab ich nicht geschrieben u. tue es kaum, da ich der sache überdrüssig bin.
Für die bevorzgung des Pervonte beim abdruck dank ich eigens.
Montag noch 2 stunden seminar, dann fakultäts- und senatssitzungen – u. dann freiheit!
Alles gute zur Weimarer reise!
In treuen
Ihr
BSfft.

Prag, 16. März 1903 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L.F. Aus Ihrer Karte glaube ich zu entnehmen, dass Ihnen die Schrift durch ihr selbständiges Erscheinen keine Kosten verursacht, worüber ich sehr froh bin – Ich reise erst Donnerstag. – Kommen Sie zufälligerweise zu Schönbach, so würden Sie mich verbinden, wenn Sie ihm sagten, dass ich bisher weder Exemplare meines Goethebandes (noch auch 1 Honorar!) bekommen habe. Nach Schüddekopfs Mitteil. sollen mir überhaupt nur 6 Ex. gebühren. Ich werde ihm also voraussichtlich keines verehren können. Besser wärs, wenn er Mitglied würde. Interessieren würd[e] ihn der Band gewiss.
Herzlich grüssend
Ihr treulich erg.
AS.

16/3 03.

Graz, 6. April 1903 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich danke Ihnen für die freundliche aufnahme der zuschrift u., jetzt nach abschluss der staatsaktion, nochmals für alles was Sie für die arbeit von Ihrem entstehen an getan haben. Böhlaus scheinen ja auch an dem h. geh. rat keinen narren gefressen zu haben. Sie waren sehr anständig, verlangten keinen zuschuss von mir, wollten sogar den gewinn ernstens teilen!! Ich habe sehr den wunsch, dass sie ohne schaden durchkommen, u. wenn Sie etwas in Böhmen dazu tun können, bitte ich Sie darum. Ich habe bis zur stunde noch kein exemplar. Schönbach war einst mitglied der GG, trat dann aus u. will nicht wieder beitreten. Es ist mir leid, wenn Ihr 2. bd. Sie so wenig freuen kann. Heute habe ich korrektur des Pervonte erhalten, morgen wird sie erledigt.
Ich bin gespannt auf genauere nachrichten über Weimarer zustände u. personalien. Hecker wächst zum kleinigkeitskrämer aus; fataler ist seine schwerfällige unklare ausdrucksweise im apparat. Haben Sie an dem litterar. verein in Wien reine freude? das könnte alles die Grillparzergesellschaft auch publicieren. Ich bin 14 tage in sorge um meine kranke frau gewesen; seit 3 monaten fesselt sie husten ans haus, zuletzt kam fieber u. allerlei böses; jetzt beginnt sie, das bett zu verlassen. Ich fühle mich selbst recht heruntergekommen; auch verstimmt, dass alle arbeitshoffnung zerstört ward. Gutes osterfest! Ihr treu ergebner BSfft.
Soeben kommen die ?????ria. Besten dank!

6.4.03.

Prag, 8. April 1903 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 8/4 1903
Smichow 586

L.F. Ihre häuslichen Sorgen, von denen [ich] nicht wußte, betrüben mich aufs Tiefste und ich hoffe, daß Sie ihrer nun mehr überhoben sind. Da muß freilich die Arbeit zurückstehen. – In Weimar herrschen die unerträglichsten Zustände. In seiner Weise that Suphan, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Ich zwang ihn aber wenigstens für den 2. Bd. ganz bestimmte Abmachungen wegen d. Bogenzahl zu treffen. Er wollte mir zeigen, wie [fl]eißig er wäre u. staubte mir vor der Nase 4-5 Tage die Archivcorrespondenz aus, die seit seinem Eintritt ungeordnet dalag, verbot uns aber in der Frühstückspause das Sprechen weil es ihn störe. Er duselt halb im Traum hin, schmiert fleißig Aufsätze in die Weimarische Ztg., über die sich selbst die Verleger lustig machen; absolviert etwa einen Bogen d. Goethe-Ausgabe in 10 Minuten!! Wahle verknöchert immer mehr. Schüddekopf benimmt sich wie ein Schul[jun]ge; wenn Suphan ins Zimmer tritt, schiebt er die Heinsecorrecturen schnell unter die Goethecorrecturen u. schimpft dann über Archivzwang. Hecker ist sehr fleißig, aber borniert. Für die böhmischen Dinge erwartete er alles Heil von meiner Ankunft; ich wußte aber nicht mehr als ohnedies im Sternberg-Briefw. steht u. habe – der Ausgabe zuliebe – die Dinge nicht weiter verfolgt. – Wenn ich im Juli zum let[zte]n mal der Correcturen wegen in Weimar gewesen sein werde, so sieht mich kein Mensch mehr in Weimar, solange das Regime sich nicht ändert. – Bei Ruland u. Bojanowski war ich nicht, lebte überhaupt ganz zurückgezogen und erholte mich durch langes Schlafen von der Semesterarbeit. – Schüddekopf wollte Ihnen schreiben wegen einer Ausgabe v. Wielands Briefen für die Bibliophilen. Es wäre ein Glück [fü]r Alle, wenn Sie darauf eingehen könnten. Eine solche Gelegenheit findet sich sobald nicht wieder. – Ich war der Stifterbriefe wegen 2 mal in Eisenach bei Kürschners Wittwe u. habe uns das Vorkaufsrecht dafür gesichert und bei dieser Gelegenheit auch die übrigen Hs. gesehen u. theilweise geordnet. Der Maler Müllernachlaß besteht ungefähr aus 30 Paketten (Dichtungen & Briefe etc.). Der Faust allein ist ein ganzer Stoß von Papieren. Ich will mich erkundigen, ob diese Papiere nicht an die Kgl. Bibliothek gebracht werden können, damit der Nachlaß wieder vereinigt würde. 2 Cartons Nic. Götz; alle Gedichte; dann viele Briefe an ihn, auch von Herder u. Wieland; Ifflands Briefe an s. Schwester Luise, auch einige an Gotter dabei .. ein Miscellaneenbuch von E.T.A. Hoffmann etcs. – Hebbels Agnes Bernauer; [A]bschrift mit eigenhändigen Correcuren. – Etwa 12 Stücke des öst. Dramatikers Pannasch, Goed. B3, 849, alle ungedruckt, die ich nach Wien bringen will, an den neuen litt. Verein. Gewiß sehe ich diese Gründung mit einem lachenden u. einem weinenden Aug an. Die Grillparzerges. wäre berufen gewesen, dieses Programm aufzustellen u. durchzufü[hren]. Als ich in der gründenden Versammlung vor 12 Jahren dies verlangte, wurde ich kaum angehört, überstimmt & von Müller-Guttenbrunn am nächsten Tag verhöhnt, ich hätte ein Seminar aus der Ges. machen wollen. Der Ausschußsitzg. der Grillparzerges. habe ich mehrmals ähnliche Vorschläge g[em]acht, z.B. verlangt, es möchten Schriften nach Art der Goetheges. herausgegeben werden; aber Reich, der böse Dämon der Grillp. Ges., der nur blindwütigDienst/Kunst für das Volk kennt u. achtet, hintertrieb alles. So war freilich der neue Verein eine Notwendigkeit. Ob Bettelheim, der d[er] eig. spiritus rector ist, die richtige Persönlichkeit für solche Dinge ist, bezweifle ich. Ich denke nicht so gut über ihn wie Schönbach, der durch Jugendfreundschaft an ihn gekettet ist u. der von ihm allerdings vergöttert wird. – Zunächst scheint ein häuslicher Krieg mit Minor entbrannt zu sein, der meinen Einfluß in der Ges. brechen will. Durch Glossys Wahl zum Obmann scheint Minor besiegt worden [z]u sein, der bisher alles negierte, was die andern wollten. Für mich ist das insofern ungünstig, als Glossy u. Bettelheim ein unbegrenztes Vertrauen in meine Leistungsfähigkeit haben u. mich mit Aufträgen überbürden wollen; andrerseits wäre es die schönste Erfüllung meiner Wünsche, wenn die kritische Grillparzerausgabe unter meiner Lei[tu]ng zustande käme u. wenn ich für meine längst vorbereitete Sammlung von Recensionen über & Gesprächen mit Grillp. einen Verleger fände. Glossy knüpft noch weitere Hoffnungen daran (wie ich Ihnen streng vertraulich sage), die ich aber nicht theile u. deren Realisierung ich jetzt auch kaum mehr wünsche. Er meint, es würde sich eine Art Institut für österreich. [Lt.] forschung (nach Art des Instituts für österr. Geschichtsforschg) daraus sich ! entwickeln, als dessen Leiter ich doch noch nach Wien kommen könnte. Das war vor Jahren allerdings mein eigner Plan. Aber Minor wird sich diesem Plan gewiß widersetzen oder wird wenigstens streben, eine andre Persönlichkeit als mich an die Spitze zu bringen: Werner, Weilen, Zeidler, auch Wackernell werden trachten mir im Weg zu sein. Ich halte mich daher vollständig zurück, war bei der gründenden Versamml. nicht in Wien u. gebe meine hiesige Position (bes. in der „Gesellschaft“) solange nicht auf als ich nicht festen Boden in Wien gefasst habe, werde also auch kaum einen mir angebotenen Urlaub annehmen, weil ich dadurch in eine schiefe Lage käme. Bleibt aber Hartel längere Zeit noch am Ruder, dann ist es möglich, daß er eine [Lehr]kanzel f. öst. Lit. Gesch. gründet u. mir übergiebt. Um dieses Ziel nun wenigstens nicht zu verlieren, werde ich trachten, an den Arbeiten des Vereins aus der Entfernung regen Antheil zu nehmen u. Hartels Wünsche zu befriedigen. Ich gestehe Ihnen offen, dass mich die ganze Sache etwas aus dem Gleichgewicht gebracht hat; ich hatte seit Jahren alle ähnlichen Pläne ganz aufgegeben gehabt u. mich in mein Schicksal gefügt. Nun sind alle wie ich glaubte ertödteten Wünsche wieder lebendig geworden und treiben tollen Unfug. Wär ich nur um 20 Jahre jünger! – Geld hat Glossy mit Hartels Hilfe in Menge schon zusammengebracht. – Für Ihr Büchlein werden wir thun was wir können. Herzlich grüßend Ihr AS.

Graz, 21. April 1903 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich danke Ihnen sehr für die zusendung der Schneiderschen anzeige. Sie entscheidet ja beruhigenderweise für die richtigkeit meiner ausführungen. Um sein licht stärker leuchten zu lassen, trägt er seine vortreffliche berichtigungen u. ergänzungen dick vor. Ich werde sehr dankbar sein, wenn Sie mir weitere zeitungen zugänglich machen könnten. Gestern hat Schönbach sang- und klanglos die tochter seiner wirtschafterin geheiratet.
Herzlich grüsst
BSfft.

Prag, 30. Mai 1903 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L.F. Ich schicke Ihnen heute unter Kreuzband Consentius’ Rezension über Geigers Ausgabe. Sagen Sie mir aufrichtig was Sie darüber u. bes. über meine Redaktionsnote denken. Wünschen Sie, dass Ihr Name wegbleibe, so streich[en] Sie ihn aus, wünschen Sie Änderungen angebracht, so zeigen Sie sie an. Sollten Sie der Meinung sein, dass die Anm. überflüssig sei, so bitte ich Sie mir auch das mitzuteilen. – Gestern sandte ich Ihnen die ersten 15 Bogen des Doppelheftes, 16-18 lege ich heute bei. – Ich habe in letzter Zeit Manches vorwärts gebracht, bes. noch vor dem ominösen Goethetag den Text zu Schriften 18 nach Weimar gesandt. Suphan beginnt aber schon wieder mit unglaublic[he]n Nörgeleien, so dass ich die äusserste Selbstbeherrschung üben muss. – Über meine Wiener Reise habe ich Ihnen wol noch nicht geschrieben. Ich habe viel ausgerichtet u. jetzt ein Arbeitsprogramm vorgelegt, das demnächst im Druck verbreitet werden soll. Herzlich grüssend Ihr aufrichtig erg. AS.

Graz, 31. Mai 1903 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich danke sehr für die korrekturbogen, die ich gleich durchflogen habe. Riemann, der so geschickt rubriziert, hat mich sehr interessiert. Gerstenberg ist auch ergibig. Seuffert hat einen dummen schluss. Schlösser ist verständig im kleinen. Das Kleistische ist besonders hübsch. Die Kronenwächter mir etwas zu knapp. Mörike als arbeitender dichter ist recht mühselig. Stelzhamer leuchtet ein. Für Strachwitz bring ich keine teilnahme auf. Rosenbaum muss man zu Goedeke legen. Ein erfolgreiches heft, mit dem Sie zufrieden sein können.
Gutes pfingstfest. Treulich Ihr
BSfft.

Graz, 1. Juni 1903 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Dank für die fortsetzung u. für die einsicht in Consentius. der herr wird immer jünger u. hat keinerlei mass für die unterscheidung von wichtig u. unwichtig. Nach Ihrer erlaubnis möchte ich zur beseitigung Ihrer anmerkung u. jeder erklärung der herausgeber raten. Kein mensch kann verständigerweise von uns erwartetn, dass wir seltene originale u. hsr. mit dem neudruck vgl. haben. Manche fehler Geigers hätte ich erraten können, die meisten nicht, u. manches ist drf., der erst beim abzug in den text geraten sein kann. Lassen wir dem schlampigen Geiger über, sich zu verwahren, wenn er will. Ich fühle mich wirklich nicht angegriffen und Sie auch nicht. Wir haben ohnedies mit G.s mscpt genug zu tun gehabt, so dass wir froh waren, das grobe auszuputzen. – Es ist mir leid, dass Sie sich über Cons. geärgert haben u. dass Sie jetzt neuen verdruss mit Bernhard dem zierlichen haben. Ich habe seit 5 monaten durch allerlei häusliche sorge nichts arbeiten können als kolleg. Wukadinovic stellte mir seine frau vor. hier darf man ja auch eine Czechin ganz angenehm finden.
Treu BSfft.

Prag, 7. Juni 1903 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L.F. Ich danke Ihnen für Ihren Rat, den ich befolgt habe. Ich denke nun auch wesentlich kühler über die Sache, bin ich aber doch froh, dass ich die grosse Sorge los habe. M[ein]er Meinung nach müsste sich der Stuttg. Litt. Verein mehr des 18. Jhs. annehmen, eine Bodmer-, Gleim-, Hagedorn-Ausgabe etc veranstalten oder es müsste sich ein neuer Verein gründen, um die alten Ziele der DLD sicherer zu erreichen, als ein Privatverleger es kann. – Wukadinovič benimmt sich hier sehr zurückhaltend; mich meidet er direkt, obgleich ich ihm immer freundlich entgegenkomme. Haben Sie ihm zugeredet, mit seinen Kleiststudien endlich herauszu[rüc]ken?
Dass Sie häusliche Sorge haben, tut mir unendlich leid. Bei mir geht es heuer etwas besser; nur mit der eigenen Gesundheit bin ich wenig zufrieden. Bestens grüssend Ihr
aufrichtig erg.
ASauer

Prag 7/6 03
Smichow 586

Prag, 13. Juni 1903 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freun[d]! Verzeihn Sie, dass ich Ihr Manuscript so lange behalten habe. Ich war den Stiftersachen etwas entfremdet. Jetzt da das Manuscr. zu Schriften 18 in Weimar und das zum Grillparzer § des Goedekeschen Grundrisses in Dresden sich befindet, kehre ich zu diesen Studien zurück. Vielen Dank für Ihre Liebenswürdigkeit und Geduld.
Herzlich grüssend Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Prag 13/6 03
Smichow 586.

Graz, 7. Juli 1903 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt.

Prag, 10. Juli 1903 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L.F. Weder Sie noch ich brauchen sich Ihres Aufsatzes zu schämen. Mir ist sogar Ihr Artikel viel lieber als der Muncker. Auch mehr Material bringen Sie u. sein Anhang steht mit der Sache, soweit ich gesehen habe, in keiner Beziehung. – Dass es Ihrer Gemahlin nicht gu[t g]eht, bedaure ich aufs Lebhafteste. Möchte sich die Landluft recht wirksam erweisen. – Mir geht es erträglich. Ich habe einen jungen amerikan. Grillparzerforscher hier, der mich am 15. Juli nach Weimar begleitet. 13-Bogen Text sind schon gedruckt. Ich hoffe den ganzen Text bis Anf. August zu corrigieren. Wir wollen dann irgendwohin in Thüringen oder im Harz gehen; den Ort selbst haben wir noch nicht gewählt. –
Eine recht gute Erholung wünschend und herzlich grüssend
Ihr Treul. erg.
ASauer

Prag 10/7 03
Smichow 586.

Prag, 4. August 1903 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Vielen Dank für Ihre Glückwünsch[e!] Ich ersehe aus Ihrer [Ka]rte, dass Sie über die Akademie nicht besser denken als ich. Trotzdem wäre es mir unangenehm gewesen, wenn Kelle mit meiner Kandidatur durchgefallen wäre. Die Sache war nicht leicht, da Heinzel mir es nicht verzeihen kann, dass ich die Gottheit Krauss – Jellinek nicht anbete. Trotzdem bin ich mit grosser Majorität (42 Stimmen) gewählt worden; nur Voltelini hatte mehr (46); Menger nur 38 und Schneider nur 32.
Vielen Dank auch für Ihre heuti[g]e Karte. Hoffen[tl]ich bring ich das Heft mit [de]r Riesenbibliographie bald hinaus.
Es ist bärenmässig heiss bei uns.
Herzlich grüssend
Ihr
treu erg.
AS.

Goisern, Oberösterreich, 2. September 1903 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt

Prag, 5. September 1903 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 5/9 03
Smichow 586

Lieber Freund! Gestern Abends bin ich nach Hause gekommen. Das erste was ich zu mei[ner] grossen Freude vorfand war Ihre Rezension u. das Versprechen einer zweiten. Vielen, vielen Dank dafür. Sie ist sehr lehrreich und wertvoll. Mehr, mehr dergleichen. Anzengruber! Hebbel!!
Dass ich so lange nicht geschrieben habe, nehmen Sie mir nicht übel. Meine Ferien waren kurz und ich vermeide es in dieser Zeit, die Feder zur Hand zu nehmen. – Anfang Juli kam ein junger amerikan. Freund, Dr. Lessing z[u] mir, der mich auch nach Weimar begleitete; ein ausserord. sympathischer junger Gelehrter, der sich nah an mich angeschlossen hat und vom Herbst ab voraussichtlich in Prag leben wird. So angenehm die mit ihm verbrachten Stunden für mich waren: so gieng mir doch viel Zeit für die Arbeit verloren. In Weimar erledigte ich die Correcturen des ganzen Textes von Schriften XVIII. Suphan war erträglich; dennoch athmete ich auf, als ich fertig war. Schüddekopf war verreist. Anfangs war Creizenach dort: [e]in wüster Anekdotenerzähler; ein americ. Prof. aus Philadelphia Learned; zuletzt ein gedrückter aber sonst netter Franzose aus Toulouse: Loiseaux. Vom 4. August ab war ich mit meiner Frau in Bad Elster, einem netten, stillen Örtchen, wir waren ganz allein; nur einmal trafen wir RMMeyers in Franzensbad; jetzt bleibe ich 4 Wochen hier, gehe dann noch auf 10-12 Tage nach Wien. Die Arbeit liegt berghoch; da meine Frau nicht hier ist und auch sonst völlige Ruhe herrscht, so hoffe ich Vieles zu erledigen, wenn nur die grosse Hitze nicht anhält.
Schmidt schrieb mir, dass die Ak. das Geld für die Wielandausgabe bewilligt habe. Seit Jahren habe ich mich über nichts so gefreut wie über diese Nachricht. Nun erreichen Sie [Ihr] Lebensziel und in so ehrenvoller Weise. Ich wünsche Ihnen umso herzlicher Glück dazu, als meine Hoffnungen auf die Grillparzerausgabe stark gefallen sind. Hartel ist unzuverlässig, Glossy schwach und müde; zum Glück habe ich keinen Schritt gethan, der mir irgendwie schaden könnte; auch meine sanguinischen Hoffnungen habe ich Niemandem mitgeteilt als Ihnen. Haben Sie den Brief bei der Hand, so, [bi]tte, verbrennen Sie ihn. – Von den Neudrucken habe ich Ihnen noch von Weimar aus das Heft von Moritz übersandt. Es war wieder ein Leidensheft. Der Herausgeber, ein Schüler Kluges, hat nicht nur den Text schlecht collationiert; er lieferte mir Einleitg. u. Anmerkg. in völlig unverwendbarer Form, gieng auf meine Verbesserungsvorschläge nicht ein u. da ich mit dem (übrigens sehr dankbaren) Stoff ganz unvertraut war, so konnte ich nur die ärgsten Auswüchse beseitigen. Hoffentlich macht Ihnen das Heft [Gers]tenberg, mit dem ich abschliesse, grössere Freude. Es ist nach langem wieder eine wirkliche Bereicherung d. Litt. d. 18. Jh. –
Frau Kürschner hat die Autographensamml. durch den Leipziger Händler Schultz schätzen lassen; er setzte Autographenpreise an, um die er selbst die Sachen zu kaufen bereit ist, Maler Müller & Götz kosten zusammen 14.000 M!! Schmidt ist [ent]rüstet darüber. Niemand kann sie kaufen; nun werden sie zerstreut. Den Stifter hat sie mir um 3000 M. überlassen, obwol er auch auf mehr als das doppelte geschätzt war; aber ich habe das Geld dafür noch nicht ganz beisammen. Erwerben müssen wir es aber. –
Ich freue mich herzlich über die ????? Besserung im Befinden Ihrer lieben Frau. Schreiben Sie bald, wenn E.S. weg ist. In treuer Freundschaft Ihr
AS.

Prag, 9. September 1903 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L.F. Da Sie den Brief des Prinzen unvollständig und in nahem Anschluss an ihren eigenen Text citierten, so meinte ich [in] Ihrem Sinne zu handeln, wenn ich ihn im Texte beliess u. nur die Beilage abtrennte. Ich bitte Sie also diese in guter Absicht begangene Ungleichheit gütigst zu entschuldigen.
Herzlich grüssend
Ihr
AS.

Graz, 15. September 1903 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

15.9.03.

Lieber freund, Ich bitte für die beifolgende anzeige um aufnahme. Wann u. ob sich weiteres, aufsätze u. besprechungen, wie ich sie Ihnen in aussicht stellte u. zusagte, leisten lässt, hängt von den besprechungen ab, die ich jetzt mit Erich Schmidt haben werde. Er ist seit gestern hier u. würde Sie gewiss grüssen lassen, wenn er wüsste, dass ich Ihnen schriebe. Ich danke Ihnen für Ihren glückwunsch zur Wielandausgabe. Ich habe darüber nicht geschrieben, weil Schmidt mit rücksicht auf den bevorstehenden besuch mich mehr im ungewissen liess, als er Sie gelassen zu haben scheint; ich wusste seine kurze nachricht nicht klar zu deuten. Ich freue mich, dass ein Wieland kommt; ich bange aber auch vor der leistung, die man von mir zu erwarten und zu fordern berechtigt ist. Wie und mit wem werd ich es tragen können? Ich hoffe von den besprechungen einige klärung, die mir mut gibt.
Ich danke Ihnen auch für das übersandte heft DLD, das ich noch nicht durchgesehen habe; verzeihen Sie, dass ich es nicht früher getan. Und ich danke Ihnen für die anzeige des Teplitzer Goethe. Die bibliographie aufzuschlagen fand ich nach meiner rückkehr noch keine zeit, ich vermutete nichts mich betreffendes darin und das produktive heft hatte ich ja durch Ihre güte in korrekturen gelesen. Ich weiss sehr wol, dass Sie mit Ihrem lob viel zu weit gehen; weder die kleine arbeit an sich verdient es, noch gar ihre stellung zu Ihrem buche. Ihr buch ist in sich vollendet und mein zusatz konnte es nicht bereichern. Sie würden Ihre arbeit sehr unterschätzen, wenn Sie dies sich nicht selbst sagen würden. Aber für die freundlichkeit Ihrer gesinnung dank ich Ihnen recht herzlich und bitte sie mir zu erhalten. Erich Schmidt hat mich auf die anzeige aufmerksam gemacht.
Die nachrichten Ihres briefes sind im ganzen erfreulich. Nur Ihre Grillparzerpläne sehe ich gefährdet, hoffe aber, dass Sie den augenblicklichen stillstand der aktion fälschlich als einen rückgang betrachten. Was soll denn gutes gebracht werden wenn nicht Ihr Grillparzer? so reich ist doch die österr. litteratur nicht, dass sie auf diesen reichtum verzichten kann.
Kürschner bleibt auch tot der geschäftsmann. Da ist nichts zu hoffen.
Ich muss schliessen. Herzlich Ihr
ergebener
BSeuffert.

Prag, 17. September 1903 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 17/9 03
Smichow 586

Lieber Freund!
Vielen, vielen Dank für die inhaltsreiche Rezension; sollte ich – was ich im Augenblick nicht mit Sicherheit sagen kann – Ihre beiden Rezensionen auf 2 Hefte verteilen müssen, so bitte ich Sie das mit den festen Abmachungen zu entschuldigen, die mir die Hände binden.
Wenn die Wielandausgabe zu Stande kommt, so ist das das grösste Glück Ihres Lebens. Sie haben noch viel mehr einen Mittelpunkt als bisher, Sie sind dafür gerüstet und Sie haben Aussicht, eine wirklich bedeutende Leistung in die Welt zu setzen[.] Bedenken von Ihrer Seite sollten, wenn man Ihnen halbwegs vernünftig entgegenkommt, gar nicht auftauchen. Nehmen Sie zu Mitarbeitern aber nur solche Leute, die Sie genau kennen, die Sie sich entweder selbst dazu erzogen haben oder die andre dazu erzogen haben. Es ist ein jäm[mer]liches Arbeiten mit Halbdilettanten oder Vertretern andrer Disciplinen, die gar nicht wissen, was wir wollen. So macht mir die Stifterausgabe, die übrigens ein Kinderspiel ist im Vergleich zu Ihrer Riesenarbeit, dreifache Mühe deshalb, weil mein Mitarbeiter Horcicka, so grosse Verdienste er sonst hat [u]nd ohne den mehrere Bände kaum zu machen gewesen wären, weil er das Material dazu vor uns in Händen hatte, von Philologie keine Ahnung hat. Fresenius? In Greifswald ist ein gewisser J. Steinberger, wenn ich nicht irre, der mir für die DLD die Comischen Erzählungen angetragen hat (Behr gieng nicht darauf ein); [d]a er ein Schüler Roethes zu sein scheint, so werden Sie Auskunft über ihn leicht bekommen können. Gerne stellte ich mich Ihnen selber zur Verfügung. Aber vor 2-3 Jahren könnte ich nicht, selbst wenn die Grillparzer-Ausgabe nicht zu Stande kommt; und dann sehne ich mich nach andern – darstellenden – Arbeiten, wenn [di]e Kraft dazu noch reicht. Junge Kräfte sind für solche Arbeiten weitaus die bessern.
Ich bin in der 1. Hälfte Oktober in Wien, habe viele u. unangenehme Geschäfte dort, das unangenehmste, den Euphorion weiter zu sichern. Meine Adresse ist: V[III] Schlösselgasse, Hotel Hammerand. Doch treffen mich Briefe auch unter meiner Prager Adresse.
Seien Sie herzlichst gegrüsst von Ihrem
Treulichst erg.
ASauer.

Graz, 2. Oktober 1903 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Lfrd. Dank f. Ihren guten brief u. angenehme erledigung Ihrer Wiener geschäfte, bes. der Euph.-sache. Ich lege gar keinen wert darauf, dass meine recensionen zugleich erscheinen; welche Ihnen besser in den rahmen taugt, bringen Sie zuerst. Schmidt ist nach Wien abgereist für ein p. tage, ich weiss seine adresse nicht, er wohnt wol bei dem hausherrn, dessen mieter er als Wiener prof. war. Ich mache den verteilungsplan der W. schen werke, was viel arbeit u. erwägung kosten wird; als herausgeber behalte ich nur das briefcorpus u. erbitte hiezu auch Ihre nachweise. Die ww. wird Schmidt durch einige junge Berliner leute besorgen lassen; nicht zu viele. Wir sind völlig Ihrer meinung, dass die jugend dazu einzuspannen ist. Wir werden aber auch Zürich wegen der hss. um einen mitarbeiter angehen müssen. Für Ihre bereitwilligkeit mitzutun dank ich herzlich; sie ehrt u. freut mich. Womöglich verschon ich Sie. Aber ich kanns nicht versprechen, ob wir Sie nicht brauchen. Österreicher jugend kann ich nicht einstellen, weil sie gleich ins lehramt muss, um den anschluss nicht zu versäumen. Ich kann nicht verantworten, sie zu fesseln. Jetzt muss ich erst das kolleg und seminar in schwung bringen. Dann will ich den grundriss reissen. Hoffentlich reicht die kraft. Der tod Rolletts trifft unsere universität schwer.
Treulich Ihr BSfft.

Harrachg. 1. 2.10.03.

Schmidt war sehr liebenswürdig u. gemütlich, eine auffrischung.

Graz, 6. Oktober 1903 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Da ich Sie in Wien vermutete, habe ich vor einigen tagen dorthin geschrieben. Jetzt erhalte ich aus Prag Ihren neuen Grillparzer u. danke Ihnen recht herzlich für das sehr willkommene geschenk, immer wieder Ihre leistungsfähigkeit bewundernd, so vieles in so kurzer zeit erarbeiten zu können. Ergebenst grüsst Ihr
treuer BSeuffert

6.10.03.

Prag, 25. Oktober 1903 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Ich konnte Ihnen l. F. von Wien aus nicht schreiben, da ich sehr gehetzt war. Schmidt sah ich nicht mehr, auch Werner entgieng mir; andre Bekannte sah u. sprach ich sehr viele, habe auch den litter. Verein [so] ziemlich in Gang gebracht, Minor der [S]ache etwas freundlicher gestimmt und einige Fernerstehende dafür interessiert. Seit meiner Rückkehr arbeite ich an der Erledigung der aufgelaufenen Rückstände, was neben dem Collegienanfang sehr schwer zu leisten ist. – Dass Sie nicht der eigentliche Leiter der Wieland-Ausgabe sein wollen oder sollen, will mir nicht einleuchten; vielleicht aber habe ich Sie auch nur misverstanden. – Schade, dass Sie nicht regelmässig nach Wien kom[m]en; wie glücklich wäre ich, Sie dort zu treffen. Graz ist für mich wie aus der Welt, seitdem meine Frau die Alpen meidet; doch gehe ich vielleicht im nächsten Sept. nach Salzburg, da könnte ich Sie vielleicht wo treffen. Herzlichst Ihr AS.

Graz, 26. Oktober 1903 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich wollte für die gütige zusendung des neuen heftes erst nach dem lesen danken, es geht aber nicht, es sind zu viel sitzungen, prüfungen ?????. Aber einstweilen so den dank.
Ein zuhörer hat eine mächtig umfangreiche beschreibung des Wiener Musenalmanachs als dissertation eingereicht; interessanter als ich erwartete; inhalt u. formen vollständig, reime in ausgeglichner auswahl, charakteristik einzelner persönlichkeiten. Wenn er die prüfungen hinter sich, wird es für den druck eingerichtet. Ich melde Ihnen das einstweilen u. behalte mir vor, Sie später um rat zu bitten. Die arbeit ist auch methodisch interessant. Herzlich Ihr ergebener
BSfft.

26.10.

Prag, 29. Oktober 1903 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L.F. Die Arbeit über die Wiener MA. wird mich sehr interessieren; ich kenne sie recht gut und habe viele Notizen darüber, wie z.B. der junge Grillparzer in seinen [m]eist noch ungedruckten Dichtungen daran anknüpft. Sollte die Arbeit etwa für den Euphorion bestimmt sein, so bitte ich mich rechtzeitig davon zu verständigen, damit ich für 1905 Raum schaffe; 1904 ist so gut wie voll (bis auf Rezensionen und Dringendes, wie z.B. Seuffertisches.)

In grosser Bedrängnis eilig

Ihr sehr erg.

AS.

Prag 29/10 03

Smichow 586

Graz, 31. Oktober 1903 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Dank für zwei karten, deren 1. eintraf, als die meine abgeschickt war. Ich freue mich, dass Sie den lit.verein nach Ihren absichten gelenkt haben. Die Mus.-Alm.-arbeit könnte nur ein beiheft des Euph. bilden, ihr umfang ist jetzt bedenklich; ich muss dem verf. luft für die prüfungen lassen, dann soll er an das entfremdete kürzend u. revidierend herantreten u. darnach erst werden wir unter Ihrem rate die veröffentlichung einrenken können. Über den Euph. haben Sie offenbar gutes aus Wien zurückgebracht. Wieland soll u. will ich einrichten. Darnach soll überhaupt nicht mehr viel zu leiten sein; keine aufsicht schützt vor den mitarbeitern, es sei denn, dass man alles auch selber macht.
Treulich Ihr gehetzter
BSfft

Graz 31.10.03

Prag, 1. November 1903 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L.F. Ganz beruhigt über die Zukunft des Euphorion bin ich nicht heimgekommen. Es wird eben in echt österreichischer Weise fortgewurstelt. Ich kann Sie nur dazu beglückwünschen, dass Sie mit Wien nichts zu tun haben. Es wird alles dort s[ehr] eigentümlich behandelt, ganz anders, viel laxer als z.B. bei uns in Prag. Würde ich nicht demnächst von andern Geschäften (DLD; Grundriss) frei werden, so gäb ich wol die Zs. ganz auf. Mit vielen Grüssen Ihr treulichst erg.
AS.

Graz, 4. November 1903 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt.

Graz, 24. November 1903 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt.

Prag, 14. Dezember 1903 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L.F. Damit Sie keine Enttäuschung erleben, teil ich Ihnen mit, dass Ihre Recension erst in XI, 1 kommen kann. X, 4 ist sehr dünn u. enthilt keine Rezensionen. Dagegen wird das Schwer[gew]icht des XI. Bandes in den Rez. liegen. Von den Literaturdenkmalen erscheint noch unter meiner Leitung: Gerstenberg, der bis aufs Register ausgesetzt ist u. Dramaturgie I: Weisses Richard III ed. Jacoby. Dagegen hab ich an dem Heft von Holzmann: Aus dem Lager der Goethegegner keinen Anteil u. seh mit Schmerzen den darin sehr stark ausgeprägten Niedergang der Sammlung. – Ich hoffe in diesen Tagen meinen 2. Band: Goethe u Ö. abgesch[lo]ssen u. fahre am 27. auf einige Tage nach Wien. Ihnen glückliche Feiertage wünschend, Ihr aufrichtig
erg. Freund
AS

Prag 14/12 03
Smichow 586.

Prag, 23. Januar 1904 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. Fr. Wir können immerhin im nächsten Heft einen solchen Aufruf erlassen. Vielleicht haben Sie die Güte mir einen Entwurf dazu zu senden. – Mein II. Bd ist noch nicht so [b]ald zu erwarten; ich habe dieser Tage erst das Man. neuerlich zum Kürzen zurückerhalten und übe mich jetzt mächtig im Streichen. – Die Antikritik von Kohm ist nicht der Rede wert; weder witzig, noch grob; nichts von alledem was sonst dergleichen Produkte lesbar macht. Er kaut nur alle seine Argumente wieder, ohne dass sie dadurch schmackhafter geworden wären. Die „Zeit“ hat eine Erwiderung von mir verlangt und ich habe sie ganz kurz geschrieben und ein [pa]ar persönliche Punkte berichtigt; z.B. will er mir einen Brief geschrieben haben, den ich nie bekommen habe. Im Übrigen ist sein Buch, wie Minor, Necker u.a. ebenfalls nachgewiesen hatten so elend, dass es die Tinte der Entgegnung nicht wert ist. Bestens grüssend Ihr AS.

Graz, 25. Januar 1904 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L.fr. Ich lese soeben mit bedauern die nachricht von Detters frühem tod. Das ist auch für Sie ein schweres.
Für Ihre freundliche absicht, im Euph. noch um Wielandbriefe zu rufen, danke ich sehr u. werde Sie darum bitten. Jetzt muss ich etwas zuwarten: ich habe die akademische kommission durch E Schmidt um aufrufe dieses inhalts ersucht, weiss nicht, was sie beschliessen wird. Es hat ja noch in einem späteren hefte platz. Treulich Ihr sehr ergebener
BSfft.

25.1.04.

Prag, 24. Februar 1904 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vielen Dank für Ihre sehr lehrreiche Rezension. – Ich bin in halber Verzweiflung. Im Herbst hatte ich den Weimarern vorgeschlagen, den 2. Bd. ohne eine grössere Einleitung erscheinen zu lassen, weil die Anm. sehr umfangreich wären. Ich wollte auf ein paar Seiten Vorbemerkung die Briefe charakterisieren u. Ihren Wert hervorheben, darauf gieng man nicht ein. Ich arbeitete Einleitg. u. Anm. aus, bekam sie aber zum Kürzen zurück. Jetzt ist das Man. zu Beidem wieder in Weimar, ich habe gekürzt, zusammengezogen, eine ganze Partie aus den Anmerkungen herausgenommen. Das lange Stillschweigen scheint darauf hinzudeuten, dass es noch im[mer] zu viel ist. Die Dinge liegen aber [v]on der gewöhnlichen Kurstrasse der Goetheforschung soweit ab, dass eine gewisse Ausführlichkeit unvermeidlich ist. Was da noch herauswachsen wird? Bestens grüssend Ihr aufr erg. AS.

Graz, 14. März 1904 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Lieber freund, Ich danke Ihnen für die verführerische Aufforderung. Ich muss aber widerstehen. Ich habe noch alte Schuld an Sie und an die Göttinger u. der Wieland drängt. Es geht nicht. Leider. Ich wünsch Ihnen freiere Ferien als mir bevorstehen.
Herzlich wünscht alles Gute Ihr
ergebener
BSfft

14.3.04.

Graz, 17. April 1904 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Transkription fehlt

Prag, 22. April 1904 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Prag 22/4 04
Smichow 586

Lieber Freund! Bevor die Ferienarbeit zu Ende geht und die des Semesters anfängt will ich eine kleine Pause machen und mir die Freude eines Briefes an Sie gönnen. – Ich habe endlich einiges von mir abgewälzt. Der § Goedecke mit Grillparzer und Zedlitz ist impr., meine Verpflichtg. für den G. zu Ende; die DLD bin ich endgiltig los, nachdem ich für Gerstenberg noch [15] M. Zuschuss für den Bogen leisten musste. Schriften der Goethe-Ges. 18 ist vollständig imprimiert und aus der Sklaverei Suphans für ewige Zeiten entlassen zu sein ist mir ein wonniges Gefühl. Der 2. Bd. musste nach allen Seiten beschnitten werden und macht mir keine Freude. Nun droht freilich viele neue Arbeit für den Wiener Verein und ganz angenehm gehts dort auch nicht zu; aber es herrscht doch keine solche Engherzigkeit und Pedanterie wie in W.
– In Wien lernte ich Zwierzina kennen, der mir sehr gefiel. Er käme auch sehr gern nach Prag. Im Minist. scheint man aber um jeden Preis Krauss ernennen zu wollen und ich wundre mich eigentlich, warum es noch nicht geschehen ist. Ich war bei Heinzel – ein sehr unerquicklicher Besuch. Sehr eng hat sich seit vorigen Herbst Minor an mich wieder angeschlossen. Der Hauptgrund davon dürfte in seinen trostlosen häuslichen Verhältnissen liegen: er hat sich von seiner Frau u. den Kindern getrennt und eine neue Wohnung allein bezogen. Wie sich älteste Jugendfreundschaft über alle Hemmungen immer w[ie]der herstellt, so gieng es auch diesmal und ich konnte ihm nichts abschlagen, nicht einmal die Begleitung nach St. Louis, wohin er mir eine Einladung zum Congress verschafft hat. Und da mir alle Welt zuredete und ich mir eine gute Wirkung von der langen Seereise erwarte, so hab ich endlich zugesagt. Wir werden Ende Aug. von Bremen aus nach New-York gehen und unge[fäh]r am 22. Okt. wieder zurück sein. Das Thema des 3/4 stünd. deutschen Vortrags ist noch nicht festgesetzt. Der Congress zahlt 500 Dollars für die Reise, was allerdings nur knapp reicht; aber leben müsste man auch sonst während dieser Zeit und viel mehr zahlt man nicht darauf. Hinderlich ist mir die Reise nur wegen meiner Arbeitspläne, die eine kleine Verschiebung erfahren müssen. – Für Mai 1905 bereite ich ein Schillerheft des Euphorion [vo]r; Aufsätze, Miszellen, Rezensionen (keine eig. Jubiläumsartikel); sollten Sie selbst etwas dafür haben oder einen Schüler dazu anregen wollen, so bitte ich meiner zu gedenken.
Zwiedinecks erzählten mir in Wien von Ihnen und Ihrem Hause, leider nicht das Allerbeste. Seien Sie versichert, dass ich daran den wärmsten A[nte]il nehme. Ich überlege jedes Jahr, ob ich Sie nicht für längere Zeit sprechen könnte. Leider komm ich in diesem Jahr wieder nicht in Ihre Nähe. Dass Sie einmal nordwärts giengen, ist kaum zu hoffen. Nächstens erhalten Sie das Doppelheft in Correcturbogen – Alles gute für den Wieland. Ihr treulich erg. AS.

Graz, 5. Mai 1904 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Graz 5.5.4.

Lieber freund, Heute lese ich die ernennung von Kraus. Hoffentlich wird er Ihnen ein guter kollege, wenn Sie auch einen andern wollten, dem ich es auch zuerst, sachlich und persönlich, gewünscht hätte, Ihr kollege zu werden. Ich weiss an Schönbach zu schätzen, was ein angenehmer kollege ist. So gut werden Sie es nicht leicht bekommen. Für Ihren brief mit seinen wichtigen nachrichten dank ich sehr. Vor allem freu ich mich für Sie, dass Sie freiheit von allerlei sklavendienst – Sie selbst nannten wenigstens eine verpflichtung so – gewonnen haben. Glückauf fürs fernere! Besonders auch für die Amerikafahrt, die ganz ausserhalb meiner lebens-, ich könnte sagen begriffssphäre liegt. Sie alle stehen mehr in der welt als ich und tun gut daran. Ihr blick wird weiter, meiner enger. Um eines möchte ich eigens bitten: dass die wiedergewonnene freundschaft mit Minor nicht auf Ihr verhältnis zu mir drückt, das mir so lieb und wertvoll ist.
Ans Schillerheft will ich denken, ohne jetzt etwas zu haben. Hätte ich die unendliche Glockenlitteratur zur verfügung, so würd ich nachsehen, ob das was ich über die komposition mir zurechtgelegt habe neu sein sollte. Das kann ich aber nicht. Im voraus dank ich für die angekündigten bogen des doppelheftes. Ich werde es lesen, sobald dann ich luft habe. Allerdings: Wieland, kolleg, im seminar Novellistik von Tieck bis Ompteda, Goethekorrektur machen meine zeit knapp. U. nochmals hab ich Ihnen zu danken: für die nachsichtige art, wie Sie meinen juvenilen M. Müller im Kürschnerkatalog wiederholt genannt haben. Was wäre das erschliessen dieses schatzes vor 10 jahren noch für mich gewesen. Jetzt stehe ich den funden fast entfremdet gegenüber, ganz von Wieland hingenommen, wünsche aber doch, dass sie in deutsche hände kommen, die sie verständig edieren u. verarbeiten. Ihr notschrei macht mir allerdings wahrscheinlich, dass der verlust des ganzen für Deutschland so gut wie sicher ist. Leider!
Im hause geht es erheblich besser als voriges jahr um diese zeit. Freilich nur wenn sich meine frau ununterbrochen schont und auf tätigkeit verzichtet, die ihr lieb ist. Die augen sind sehr geschwächt geblieben u. die nerven fordern ruhe.
Wukadinović Kleist ist mir lieb u. erfreulich. Ein schönes u. sehr gutes buch. Dass Sie ihm einen verleger schafften, ist mir sehr vergnüglich zu vernehmen gewesen; so hat der scheue, dem Sie oder andere den blick nach Czernowitz richteten, doch stütze an Ihnen.
Die vorlesung ist stark besucht, die fakultät wuchs wieder an zahl.
Gutes semester wünscht Ihr
treulich ergebener
BSeuffert

Zahllos oft unterbrochen, daher auch der flecken, der wind rollte die feder aufs papier.

Graz, 13. Mai 1904 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Lfrd. Ich erhielt soeben GG. 18 u. habe sogleich Ihre einleitung überflogen. Welche mühe, welches wissen gerade in dem vielerlei einzelnen! Dank auch für den Euphor., zu dem die zeit not nicht reichte. Hoffentlich führt uns ein anderes jahr wieder persönlich zusammen. Eilig Ihr
BSfft.

Graz, 2. Juni 1904 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Dank, l. fr., für den abdruck aus dem Grillp-Jhrb. Hier bin ich zu wenig bewandert, um die bedeutung der äusserungen ganz zu würdigen. Im letzten Euph. stechen Ihre anzeigen – wie freu ich mich, Sie einmal in Ihrer zs. zu hören – und dazu die Schlössers heraus. Sonst ist für meine augenblickliche stimmung das heft nicht sehr eindrucksvoll. Ergebenst u. treulich
Ihr BSeuffert

Prag, 5. Juni 1904 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Redaction der Zeitschrift für Literaturgeschichte Euphorion.

Prag, den 5/6 1904
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Wären Sie geneigt,
Oskar Vogt, Der goldene Spiegel u. Wielands politische Ansichten. Berlin 1904 (Munckers Forschungen XXVI)
im Euphorion zu besprechen? Das Recensionsexemplar steht zu Ihrer Verfügung.
Raumgrenze: ... Druckseiten für eine ausführliche Recension.
... Druckseiten für ein blosses Referat

Hochachtungsvoll und herzlich grüssend Ihr
aufrichtig erg Dr. A. Sauer.

Graz, 7. Juni 1904 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag
Prag, 5. Juli 1904 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Prag, am 5/7 1904
Smichow 586

Lieber Freund! Gl. bereitet mir durch seine Unordnung beim lit. Verein jetzt so viele Unannehmlichkeiten, dass ich mit gutem Gewissen ihn an Niemanden empfehlen kann. Andrerseits muss ich allerdings sagen, dass die Zs. (die nun zunächst als Wochenschrift erscheint um die Abonnenten der „Zeit“, die in ihr aufgeht, zu retten) finanziell sehr gut fundiert zu sein scheint. Da Gl. auch seine bisherige Stellung aufgiebt, so wird er sich wol dazu halten. B. giebt nur den Namen her. – Auch der Euphorion wird infolge von Gls Indolenz eingehen; ob schon am Ende dieses oder erst des nächsten Jahres ist noch unsicher. Sie können sich bei alledem meine Stimmung vorstellen. Herzlich grüssend Ihr stets erg. AS.

Prag, 12. Juli 1904 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Prag 12/7 04
Smichow 586

Lieber Freund!
Beim gestrigen Bankett für unseren scheidenden Rektor sagte mir Gross, das Sie ihm neuerdings Wukadinovič Habilitation ans Herz gelegt haben. Ich habe sogleich als mir W. von dem Czernowitzer Vorschlag sagte ihm selbst den Rat gegeben einzureichen u. sein Habil..Gesuch lag uns bereits in der letzten Sitzg. vor. Es gab gar keinen Ans[ta]nd; nur privatim interpellirten mich einige Herren wegen seiner Nationalität, verlangten insbes., dass er nicht mehr in die „Politik“ schriebe (worin übrigens nur Übersetzun[ge]n aus dem Tschechischen von ihm erschienen, keine politischen Artikel); das sagte ich ihm bereits; Hauffen wird ihms [a]uch sagen und wenn Sie ihm auch einschärfen können, dass wir unter den hiesigen Verhältnissen als Folge der Habil. entschiedenes Deutschtum von ihm verlangen müssen, so werden Sie seine Angelegenheit am besten fördern. In die Kommis[s]ion sind Hauffen, Kraus und ich gewählt. Einen Widerspruch in der Kommission erwarte ich nicht. Ich hatte ursprünglich die Absicht vorzuschlagen, dass vom Colloquium abgesehen werde; Pogatscher, dem W. davon Mitte[ilu]ng machte, ist aber gegen diesen Vorschlag; ich werde ihn daher wahrscheinlich fallen lassen; haben Sie Gelegenheit auf Pogatscher in diesem Sinne zu wirken oder (durch Schönbach?) wirken zu lassen, so tun Sie’s. Die Angelegenheit kann natürlich erst im Herbst weiter verfolgt werden.
Herzlich grüssend Ihr
aufrichtig erg
AS.

Graz, 14. Juli 1904 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Graz Harrachg. 1
14.7.04.

Lieber freund, Es ist ein misverständnis, dass ich I. kollegen Gross W.s habilitation neuerdings ans herz gelegt habe. Es widerspricht mir durchaus, wo ich persönlich kenntnis u. persönliches urteil vorhanden weiss, mich oder gar einen nichtfachmann einzuschieben. Die sache liegt so. Wuk. bat mich, wenn ich in G. etwas für ihn tun könne, es zu tun. Hiervon hab ich Sie in knappster form in kenntnis gesetzt. Ich hatte an Z. geschrieben. Ich habe nach besprechung mit Schönbach an Gross geschrieben, weil dieser die G. verhältnisse u. Z. kennt. Gr. hat sich in dankenswertester weise eingesetzt, mit welchem erfolg wissen Sie. Würde ich Z. sachverständnis zutrauen in neuer litteratur, würde ich wissen, dass er von der existenz des W. eine ahnung hat, so würde ich nicht an Gross mich gewendet haben. So aber und da ich gar kein recht habe, bei Z. ein hören auf meine meinung vorauszusetzen, hielt ich es für erlaubt.
Nun spielt Z. als haupt- oder einzigen grund aus, W. sei nicht habilitiert. Ich habe W. wiederholt gesagt, schon als er noch hier war, dass er von allen meinen zuhörern der einzige sei, den ich für eine akademische laufbahn geeignet halte. Gross, der das weiss, in seiner warmen auffassung der sache, forderte mich auch, ihn zur habilitation neuerdings zu ermuntern. Das lehnte ich ab, ebenso wie eine empfehlung bei Ihnen. Das erste, weil ich W. kenne: was er nicht selbst will, lässt er sich nicht abringen. Das andere nicht, weil Sie W. länger kennen als ich, mehr für ihn getan haben als ich, sein buch zum verlag brachten, es also schätzen: mir schien jede einmischung hier unerlaubt. Darnacha hat mir W. geschrieben, dass er eingereicht habe. Ich habe ihm geantwortet: wenn aus der G.sache nicht herausspringe als dies, hielte ich sie doch schon für einen segen; ferner: wenn er bei Kraus, der ihn nicht kenne, empfohlen sein wolle, möge er sich an Schönbach wenden; ob ers getan hat, weiss ich nicht.
Das ist alles. Ich hoffe, Sie sehen, dass ich peinlich korrekt vorgegangen bin, und dass ich in gar keiner weise mich in die Prager angelegenheit einmische. Ich wünsche herzlich, dass die sache für Sie und W. erfreulich verläuft; denn ich habe die feste überzeugung, dass W. ein sachlich leistungsfähiger und tüchtiger forscher ist, der einer hochschule ehre macht. Ich habe auch gar keinen grund an seinem charakter zu zweifeln.
Sollte er an mich wegen des Deutschtums schreiben, so werde ich ihm in Ihrem sinne antworten. Ebenso werde ich Schönbach Ihren auftrag betr. Pogatscher schreiben, bezweifle aber im vorhinein, dass er gelegenheit und lust hat: denn obwohl er W.s buch geradezu enthusiastisch aufgenommen hat, wird auch er die habilitation als Ihre sache nicht anrühren wollen. –
Ihre karte vom 5. mit dem bösen horoskop für den euphorion betrübte mich. Hoffentlich kommen Gl.s persönliche verhältnisse bald in eine ihm erwünschte neue ordnung, so dass er dann auch wieder ordnung in den verhältnissen hält, in die er sich gesetzt hat.
Ich bitte Gross, des vortrefflichen menschen fürsprache nicht übel zu deuten. Er tut so viel, weil er überhaupt gern allen leuten hilft, weil er von Schönbach u. mir weiss, dass wir auf W. viel halten u. ihn zur privatdocentur geeignet finden. Möglich ist, dass er meine bemerkung in einer antwort, Sie hätten mir über die habilitation nicht geschrieben, als stimulus nahm. Daran dacht ich nicht.
Herzlich u. treulich
Ihr ergebner
BSfft.

Goisern, Oberösterreich, 8. August 1904 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Zur reise möcht ich Ihnen noch einen gruss schicken. Die see wird Ihnen gut tun, zu land ist’s überall zu heiss. So hab ich auch ein paar recensiönchen, die ich Ihnen schreiben wollte, nicht abfassen können. Sollten Sie für Ihr Schillerheft noch was bedürfen, so könnte ich briefe der Charlotte v. Schiller zur verfügung stellen, allerdings ganz unlitterarischen inhalts, so dass sie besser in eine zeitung passen. Jedesfalls ????? sie nicht in dem petit als quellenmaterial gesetzt werden, sonst sind sie verloren; ihr inhalt verlangt behaglichen druck. alles gute! Ihr treuer
BSfft.

Goisern, Oberösterreich
Sydlers Gasthof. 8.8.04.

Zinnowitz, Usedom, 20. August 1904 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Goisern, Oberösterreich

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L.F. Nächster Tage wird es Ernst. Ich reise am 24. von hier nach Hamburg; am 1. geht unser Schiff. In New York schliessen wir uns einer von Cook veranstalteten Professorentour an, so dass wir aller Sorge um Billets, Hotels, Gepäck etc. enthoben sind. Ich [sp]reche in St. Louis über Stifters Bez[ie]hungen zur nordamerik. Literatur (Cooper). – Wenn Sie mir die Briefe von Charlotte Schiller überlassen wollen, so bin ich bereit, sie in Borgis (statt in petit) zu drucken; genügt Ihnen das nicht, dann muss ich allerdings darauf verzichten. Auch wäre es dann noch ein grosses Opfer Ihrerseits, da das Honorar des Euph. auch für das Schillerheft leider keine Steigerung ver[tr]ägt. Ihnen die beste Erholung wünschend und um treues Gedenken bittend, mit herzlichen Grüssen Ihr reisebanger
AS.

Ostseebad Zinnowitz 20/8 04.

Prag, 26. Oktober 1904 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Herrn Prof. Dr. Bernh. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

L.F. Am letzten Samstag von meiner ebenso anregenden wie anstrengenden Reise zurückgekehrt, stehe ich nunmehr einem himmelhohen Berg von Arbeit gegenüber, so dass ich nur das Dringendste erledige[n] kann und meine Freunde um Geduld bitten muss. – Nehmen Sie den ersten Band Stifter nachsichtig auf. Der Text wird hoffentlich jeder Kritik standhalten; die Einleitung ist eine rasche Zusammenfassung lang, vielleicht zu lang erwogener Dinge, wobei ich die Arbeiten meiner Schüler nur im Allgemeinen verwertet habe, um sie in ihrer selbständigen Veröffentlichung nicht zu entwerten. – Im Verein f. Gesch. d. Deutschen in Böh[me]n mahnt man mich wegen einiger Bücher, die ich vor mehreren Jahren für Sie dort ausgeliehen haben soll (für: Goethe u. Teplitz). Ist das richtig, so wär ich Ihnen für die Rücksendung dankbar. In steter Freundschaft Ihr aufrichtig erg. A.S.

Graz, 27. Oktober 1904 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Meinen glückwunsch, l. fr., zur heimkehr u. dank für die karte vom Hudson.
Was Sie mir für Goethe Teplitz verschafft haben, hab ich Ihnen sicher zurückgestellt. Entliehene stücke können sich bei meiner art von aufbewahrung nicht unter mein eigentum mischen, wenn der teufel nicht seinen schwanz drauf legt, wie Schönbach sagt. Und das hat er diesmal nicht getan. Die herren werden die bände wol haben u. nur Ihre leihscheine nicht vernichtet sein. Auf Ihren Stifter freu ich mich u dank Ihnen im voraus. Durcharbeiten kann ich ihn jetzt nicht. Das dekanat, durch die ansteigende studentenzahl ins lästige gewachsen, nimmt mich ganz in anspruch. Ich komme hier zum 1. mal über 100 zuhörer u. sehe im seminar mit mehr schrecken als freude 90/20. Alle räume sind zu eng. Gewöhnen Sie gut wieder in den schwarzgelben schranken ein; nachdem Sie die weite des sternenbanners gekostet haben, u. bleiben Sie gut
Ihrem treu ergebnen
BSeuffert

Harrachg.1. 27.10.4

Graz, 1. November 1904 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Lfrd. Ich habe Ihre einleitung mit dank gelesen; auf den ersten seiten hätte ich Sie nicht als verf. erkannt, so sehr weicht der stil von Ihrem gewohnten, sichtlich mit willen, ab. Die kontrastierung von Mundt u. St. war mir überraschend u. sehr lehrreich. Auch die vergleichung mit Cooper leuchtet sofort ein. Es ist ein werk, an dem Sie freude haben müssen.
Ihr ergebener
BSfft

1.11.04.

Prag, 3. November 1904 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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L.F. Ich habe Ihre Prolegomena mit heller Bewunderung gelesen und mit der Freude des Freundes über das grosse Glück Ihres Lebens, diese Ausgabe in die Wege leiten zu können. – Mein Stifterchen nimmt sich dagegen armselig aus: das weiss ich. Was Sie über die Änderung meines Stile[s] sagen, hat schon vor kurzem Seemüller bemerkt gelegentlich der kurzen Vorbemerkung zu Grillparzers Briefen. Er findet, ich sei knapper, moderner, flüssiger geworden. Das wär dann eine Wendung zum Bessern. Ich kann nur soviel sagen, dass ich den Anfang der Einleitung Jahre lang im Kopf getragen, ihn zu wiederholten Malen aufgeschrieben habe, während das Andre rascher in die Form gegossen werden musste. Denken Sie ande[rs] darüber, so wären mir Ihre Win[ke] gewiss sehr wertvoll, wenn Sie Zeit u. Lust haben, sie mir mitzuteilen. Das Beste wünschend
Ihr aufrichtig erg.
AS.

Prag 3/11 04
Smichow 586

Graz, 8. November 1904 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Über Ihre Ulrike mit dem allerliebsten bild freue ich mich sehr, l.fr., u. danke Ihnen lebhaft dafür. Ich war schon durch zeitungsauszüge neugierig geworden. Es ist ein wichtiges stück, das Sie eröffnen.
Grüssend im treuen
Ihr BSfft.

Prag, 19. November 1904 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, den 19/11 1904
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Mit bestem Danke bestätige ich Ihnen den Empfang Ihres Manuscripts, das dem geplagten Herausgeber des Euphorion einen Strahl des Glückes brachte. Durch das Schillerheft wird eine kleine Verzögerung des Abdrucks eintreten müssen, die Sie nicht über deuten werden; ich bringe den Aufsatz so bald als es mir nur irgendwie möglich ist
Hochachtungsvoll und herzlich grüssend
Ihr sehr erg.
Prof. Sauer.

Graz, 2. Dezember 1904 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Fromme winkt mit überraschungen: heute kommt noch eine sendung von 9 SA.! Sonderbarer geschäftsgang, aber doch einer.
Ergebenst grüsst
BSfft.

2.XII

Prag, 3. Dezember 1904 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Eigentlich soll die Verl[ag]shandlung 1 Exemplar jeder Recension an den Verleger des betreff. Buches senden, der es dem Autor mitteilt. Wie oft es aber Fromme unterlassen mag, ersehen Sie aus seiner letzten Confusion. Seine Unordnung bereitet mir den grössten Verdruss und ich kämpfe vergebens dagegen an. Sollten Sie noch 1 Ex. Ihrer Rezension brauchen, so kann ich Ihnen das meinige senden.
Die Stelle Ihres Aufsatzes habe ich berichtigt.
Ich leide noch unter den Rückständen, die durch meine lange Abwesenheit aufgelaufen sind und ersehne die Ferien. Herzlichst grüsst Ihr AS.

Prag, 14. Dezember 1904 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L.F. Vielen Dank für Ihre sorgsam bearbeiteten Wielandbriefe. Schade, dass mein Schillerheft, das ich dieser Tage zusammengestellt habe, ohne einen Beitrag von Ihnen in die Welt gehen soll.
Ich reise am 16. nach Wien in vielerlei Angelegenheiten. Die unangenehmste und verwickeltste ist die Sicherstellung des Euphorion. Ich bin begierig, wie sich alles lösen wird.
Angenehme Feiertage wünscht
Ihn[en]
herzlich grüssend
Ihr aufrichtig erg.
AS.

Prag, 21. Dezember 1904 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 21/12 04
Smichow 586

Lieber Freund! Ich will Ihnen zunächst [üb]er meine Wiener Reise Bericht erstatten. Ich kehrte mit einem wahren Katzenjammer zurück über das unzuverlässige und lässige Wiener Wesen. Ob ich früher auch so war? Ob ich mich in der harten Prager Schule gefestigt habe? Sicher ist, dass ich zu dieser Art nicht mehr passe und ich würde wahrscheinlich sehr bald mit allen Leuten zertragen sein, wenn ich dauernd dort wirken müsste. Mit dem Schicksal des lit. Vereins, der wol so gut wie begraben ist, [wi]ll ich Sie nicht behelligen; aber wie es mit dem Euphorion steht, will ich Ihnen kurz auseinandersetzen. Es stellte sich heraus, dass das Geld für 1904 noch nicht ganz aufgebracht ist (es fehlen noch 500 fl.) und dass es für die Zu- kunft fast unmöglich sein wird, die alte Summe (800 fl.) aufzubringen. Glossy stellte vielmehr an Fromme die Anforderung, es billiger zu machen, was dieser rundweg abschlug. Es war eine höchst peinliche Scene, in der ich den beteiligten, aber fast schweigsamen Dritten spielen musste. Ich er[kl]äre mir die Sache so; Glossy hat offenbar dieselben Leute, die bisher für Euphorion zahlten, zum Garantiefonds für die Öst. Rundschau herangezogen und kann sie nicht doppelt schröpfen; Fromme andrerseits ist wütend darüber, dass ihm Druck u. Verlag dieser Rundschau, die bisher vortrefflich zu gedeihen scheint, entgangen ist. Glossy mache ich hauptsächlich zum Vorwurf, dass er mir die W[ah]rheit trotz hundertfacher Bitte darum nicht schon längst mitgeteilt hat. Im Gegenteil hat er bis in die letzte Zeit mich immer noch mit den sichersten Versprechungen hingehalten; an Versprechungen liess er es freilich auch nach der grossen Scene nicht fehlen; aber jetzt falle ich nicht mehr herein. Er wollte die Zs. bei Konegen, dem Verleger der Rundschau, unterbringen. Da wäre sie aber an das Schicksal dieser [Glos]syschen Schöpfung, der ich keine lange Dauer prophezeie, und erst recht an seine Person gekettet. Wechsle ich aber schon einmal den Verlag, dann möcht ich auch aus Österreich heraus. – Was soll nun geschehen? Abbrechen kann ich die Zs. im Augenblick ohne grenzenlose Blamage nicht. Ich habe für ein Jahr Manuskript liegen, darunter sehr gute Sachen, h[abe] ein Schillerheft zusammengetrommelt, das zwar nicht glänzend, aber ganz respektabel ist. Ich muss also den Jahrgang 12 auf alle Fälle auf mein Risiko erscheinen lassen. Dann bräch ich allerdings am liebsten ab. Finde ich aber einen grossen reichsdeutschen Verleger dafür – ich will mich zuerst an Teubner wenden – so will ich das Opfer weiter bringen. Leider haben wir noch immer nicht mehr als 300 Abonnenten.
In Bezug auf die Lottebriefe müssen Sie mich gründlich misverstanden haben; sie wären mir aufs höchste willkommen gewesen und nur trauernd lasse ich das Heft ohne einen Beitrag von Ihnen ausgehen. Wenn ich Ihnen vielleicht nicht entschieden genug zugeredet habe, so ist der Umstand daran schuld, dass Sie sagten, [S]ie wollten die Briefe an die Deutsche Rundschau schicken; ich glaubte also, Sie wollten sie um das Lumpenhonorar des Euphorion nicht her- geben, sondern ein klein wenig damit verdienen, was ich ja sehr b[eg]reiflich finde. Hätt ich ahnen können, dass Sie sie im Pult liegen lassen, hätt’ ich Himmel und Erde dafür in Bewegung gesetzt. Ists nun wirklich zu spät? Könnt ich Ihnen bei der Erklärung nicht behilflich [s]ein? Bis Ende Januar oder auch Mitte Februar kann ich leicht warten, wenn ich alles andre vorher setzen lasse. Ich müsste nur ungefähr wissen, wie viel Man. es gäbe. Wünschen Sie, dass die Briefe Borgis gesetzt werden, so tu ich [es] ausnahmsweise für dieses Heft, um den festlichen Charakter zu dokumentieren.
Ich danke Ihnen vielmals für die freundlichen Worte über die Gedichte meiner Frau. Ich erlebe es jetzt am eignen Leib kann ich sagen, welch gefährliches Göttergeschenk d[ie] Dichtergabe ist. Die gefürchteten Depressionen sind bei ihr, stärker und mit kürzeren Pausen, wiedergekehrt und fast scheint es, als ob meine Reise, mit der sie aber völlig einverstanden war und zu der sie mir, als [ich] Ende Mai mutlos geworden war und sie aufgeben wollte, heftig zuredete, dazu viel beigetragen hätte. Das wär freilich ein trauriger Gewinn, dessen Tragweite der grosse Egoist, der mich mit sich zog, weder erahnt noch ermessen könnte. So bin ich denn im Augenblick gewillt das Jahr das zu Ende geht als ein stark passives, wenn nicht als ein verlorenes einzuschätzen und bin in keiner guten Stimmung.
Möchte es bei Ihnen besser gehen; unter allen Umständen bewahren Sie mir Ihre Teilnahme und Freundschaft; ich fühle mich menschlich und wissenschaftlich gänzlich is[oli]ert.
In aufrichtiger Freundschaft und Liebe Ihr
AS.

Prag, 28. Dezember 1904 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Bild

Ihren klaren [s]chönen ergebnisreichen Vortrag, lieber Freund, habe ich – während der Feiertage im Bette liegend – ruhig ung dankbar gelesen, Ihre Kenntnis Wielands und der Zeit immer von neuem bewundernd. – Nehmen Sie mit den lieben Ihrigen allles Gute von mir am Schluss dieses Jahres entgegen, das Sie mir durch Ihre Hilfe zu einem stets denkwürdigen gmeacht haben. Herzlichst und treulichst
Ihs AS.

Graz, 2. Januar 1905 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Graz 2.1.5

Lieber freund, In dieser stunde erhalte ich Ihren brief u. bedaure aufs lebhafteste, dass Sie das jahr so verstimmt beschlossen haben. Mög Ihnen das neue neuen mut geben, vor allem Ihrer verehrten frau wider ! frische. Ich begreife, wie deren stimmung die Ihre beeinflussen muss, denn auch ich fühle mich halb krank, wenn meine frau unter Ihren nervenschmerzen zu leiden hat. Also mög es um Ihrer beider willen sich bald bessern! –
Glossy hat eben mehrere eisen im feuer und da kommt der brand nicht allen gleichmässig zu gute. Dass der Euphorion jetzt wider ! kalt oder halb kalt gestellt ist, kränkt mich, da er mir von den 3 unternehmungen das liebste ist, das einzige, das ich für lebensfähig und lebenswürdig halte. Denn an den andern stört mich die specifisch österreichische tendenz, die ich nationalpolitisch für ein unglück und sachlich für unbegründet halte: denn es gibt wol eine deutsche litteratur in Österreich, aber keine österreichische litteratur. Verzeihen Sie die offenheit; ich glaube aber doch, hierin mit Ihnen eines sinnes zu sein, zumal ich gerade wie Sie wünsche, dass die deutsche in Österreich gewachsene litteratur genau untersucht werde, und darum ja z.b. auch über den Wiener M.A. arbeiten liess. Ich hoffe, dass Sie die bewährte geschicklichkeit auch diesmal den Euphorion retten lässt. Teubner ist ein guter einfall. Mir geht durch den sinn, ob Sie nicht mit dem Schwäbischen Schillerverein in ein kompagnieverhältnis treten könnten; er beabsichtigt archivpublikationen. Ihr Schillerheft würde eine basis bilden. Vielleicht könnte das Schillerarchiv u. der verein in ein verhältnis zum Euph. treten, wie das Goethearchiv u. die GG. zum Jahrbuch. Ich bin über die pläne des vereins nicht näher unterrichtet.
Meine Lottebriefe sind 35 quartseiten manuskript, nicht zu eng geschrieben. Zusätze sind wenige nötig. An die Deutsche Rundschau dachte ich niemals, da Rodenberg mir einmal einen korb gegeben hat. Ich kann höchstens an die Öst. Rundschau gedacht haben. Die passt mir aber nach dem einzigen (ersten) heft, das ich von ihr sah, nicht dafür. Für die publikation würde sich das umgekehrte der sonst üblichen druckeinrichtung eignen: die briefe gross, die erläuterung klein (wie im Goethejahrb.). Darum u. weil ich nicht möchte, dass Sie das risiko für einen solchen beitrag nach der jetzigen pekuniären lage haben sollten, u. weil es wol zu viel zum nachtragen an das fertige ist, nehm ich anstoss, Sie noch um die aufnahme zu bitten. Sonst könnte ich hoffen, sie bis anfang februar druckfertig zu machen. Sprechen Sie ohne jede rücksicht auf mich, rein nach dem interesse des Euphorion. Ich weiss, dass Sie zu opfern der freundschaft gewillt sind, diesmal aber bitt ich Sie, rein praktisch zu entscheiden: unsere freundschaft bleibt davon unberührt aufrecht.
Treulich herzlich
Ihr
BSfft.

Graz, 7. Januar 1905 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Herrn Professor Dr. August Sauer
Prag
Smichow 586

Lieber freund, Dank für alle freundschaft. Hinter den 10 Lottebriefen sitze ich; spielt mir das dekanat keinen streich, so haben Sie sie in 12 tagen. Die druckeinrichtung überlass ich dann Ihrem eindruck. Ich halte es aber für gut möglich, in einem Schillerheft original urkunden anders zu behandeln als sonst. *) Übrigens ist mir der petitsatz des Euph. an sich unerfreulich, eine augenplage. Hoffentlich greift Teubner sogleich zu. Alles gute!

*) Das LaRocheschische was bei Ihnen liegt bedarf des auszeichnungssatzes z.b. nicht, wenn es einmal zum druck kommen sollte.
Treulich Ihr
BSfft

7.1.5 früh nach eintreffen Ihrer briefkarte.

Graz, 14. Januar 1905 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 14. 1. 5

Lieber freund, Hier haben Sie die blätter. Wenn die briefe Ihnen so gut gefallen wie mit und wenn Ihnen die unter störungen und bei büchermangel zusammengeraffte erklärung nicht zu schäbig erscheint, bitt ich um aufnahme in das jubiläumsheft. Selbstverständlich soll jetzt Ihr urteil über die schrift des abdruckes frei entscheiden, denn jetzt können Sie sehen, ob mein vorschlag berechtigt war oder nicht. Wünschen Sie interpretation zu bessern und zu ergänzen, so bitt ich es zu tun. Wissen Sie, was für ein Schillerscher, Wielandischer Griedbacher , Weimarischer, Jenaischer, gedenktag der 15. august ist, so gönnen Sie die verbesserung der anmerkung auf blatt 20.
Die Hoffnung, die Sie mir erwecken, Sie im herbst zu sprechen, erfüllt mich mit freude. Ich weiss noch nicht, wie ich die ferien verlebe. Zuerst muss ich einen dekanssubstituten auftreiben u. dann sehen, wie es mit der fortsetzung der Prolegomena steht, die über dem amt ins stocken gerieten. Es ist ein jammer.
Eilig, treulich
Ihr
ergebener
BSfft.

Wie geht es Ihrer frau?
Uns wie stellt sich Teubner?
Die briefe hatt ich im august in Goisern kopiert, daher die papierverschiedenheit!

Prag, 15. Januar 1905 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L.F. Ich bekam vor Kurzem beiliege[nd]en Wielandbrief zugesendet. Das Beigleitschreiben habe ich wahrscheinlich beim Eröffnen des Briefes durchschnitten. Ich glaube dass eine Personenverwechslung vorliegt und dass der Brief für Sie bestimmt war. Ihn im Euphorion einzeln zu veröffentlichen hätte keinen Sinn. Ich habe dem Briefsteller kurz mitgeteilt, dass ich das Man. an Sie, d[en] Herausgeber der Wielandbriefe weitergeleitet habe.
Teubner verlangte mein Memorandum; ich lag gerade an Influenza zu Bett; so gient es erst am 12. von hier ab. Sie können sich vorstellen, wie begierig ich auf die Antwort bin.
Bestens grüssend
Ihr sehr erg.
ASauer.

Graz, 16. Januar 1905 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich danke Ihnen für die überlassung der Wielandkopie, dem einsender habe ich gedankt. Meine Charlotte-Luise wird heute auf Ihrem tisch sich eingefunden haben, sie fuhr samstag abends ab. Auf Teubner bin ich so begierig wie Sie. Mir schoss inzwischen durch den kopf, was Sie früher schon einmal vorhatten u. durch die ergänzungshefte teilweise erfüllten: nach dem muster der naturwissenschaftlichen zeitschriften auch dissertationen beizugeben; freilich sind diese naturw.- diss. viel kleiner als unsere. Die zs.-abonnenten dürften nicht zur abnahme der beihefte verpflichtet werden, da anstalten mit kleinen dotationen auf eine bestimmte summe im jahr ihr budget einrichten müssen, aber sie bekämen sie billiger als andere. *) Die bibliographie ist mir für meine zwecke zu gross geworden; auch war nach meinem subjektiven geschmack die Strauchsche einrichtung im Anzeiger zum nachschlagen bequemer. Aber das ist alles nebensächlich; die hauptsache T. das projekt angenehm zu machen. Dass er in Österr. boden sucht, wissen Sie gewiss besser als ich; Schönbach erzählte mir, dass T. wegen übernahme des Allg. Bibl. der Leo/Goeges. unterhandelte. *) Vgl. Centrbl. f. bibl.wesen u. beihefte.
Viel glück! Ihr sehr ergebner
BSfft.

Prag, 16. Januar 1905 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L.F. Vielen, vielen Dank! Das Geschenk ist mir um so werter als es Ihnen teuer ist. Die Briefe sind wirklich reizend und werden ein hübscher me[ns]chlicher Einschlag sein in das literarhistorsiche Gewebe des reichen und bunten Heftes. Über die grössere Schrift seien Sie unbesorgt; wie ich die Anordnung treffe, weiss ich noch nicht.
Der häusliche Zustand wechselt von Tag zu Tag. Bald hebt sich der Schleier, bald senkt er sich. Ma[nc]hmal herrscht eitel Freud, dann wieder .... Mündlich einst mehr.
Nochmals vielen Dank
Ihr aufrichtig erg. AS.

Prag, 27. Januar 1905 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Sauer
Smichow bei Prag 586

Herrn Prof. Dr. Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L.F. Teubner hat nach langem Besinnen abgelehnt. Er rechnet 2000 M. jährliches Defizit heraus. Ich vermute, dass Lyon u. die Interessen der Zs. f. d. d. U. den Ausschlag gegeben haben. Inzwischen nahm Fromme – freiwillig – die Verhandlungen mit Glossy auf, begnügt sich mit 1400 Kr. Gönnerbeiträgen statt 1600 und verlangt weder von mir noch von Glossy eine direkte Bürgschaft. Unter diesen Bedingungen habe ich ihm Bd. 12/13 übertragen u. werde im Verlauf dieser Zeit Vorschläge zur Sanierung (Preiserhöhung o. ä.) machen. Das Schillerheft ist im Druck. Fromme bat mich den petit-Satz einzuschränken; das kommt Ihren Wünschen en[tg]egen. Bewahren Sie der Zeitschrift Ihre Mitarbeiterschaft und Ihre warme Teilnahme. Sollten Sie nicht Mitglied des Wiener Lit. Vereins sein, so hoff ich Ihnen ein Ex. schicken zu können, sobald ich selbst welche bekomme. Herzlichst Ihr AS.

Graz, 24. Februar 1905 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Vielen dank für Kosch Stifter, auf den ich mich freue. Ihre frage, ob ich mitglied des lit. vereins sei, hätte ich längst verneint und Sie um Ihre Grillparzergespräche recht dringend gebeten, wenn ich damals nicht gleichzeitig eine recens. hätte schicken w/sollen. Nun starb Richter und dann gar der liebe liebe Gurlitt, der mir so nahe stand. Ich bin noch ganz zerschlagen. Dazu machen ????? ????? dem dekan viel arbeit, sitzungen, institutsverwesungssorgen u. da in unserm durch jahre so friedlichen kollegium sich zwistsäer eingenistet haben u. sich breit zu machen beginnen, so gibt es zum schmerz noch viel verdruss.
Dass Teubner ablehnte, ist schade. Erfreulich aber, dass Fromme aus eignem antrieb sich wieder meldete. So wünsch ich dem Euph. eine glückliche renaissance.
In treuen u mit der hoffnung,
dass es Ihnen besser geht als mir Ihr BSfft.

Graz 24.2.5

Prag, 26. Februar 1905 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Dr. B. Seuffert
Graz.
Harrachgasse 1.

L.F. Ich habe während der Todesnachrichten oft an Sie gedacht. Gurlitts Ende geht mir sehr nahe. Ich habe in Graz eine so unendlich glückliche Zeit verlebt. – Kosch sandte ich Ihnen, weil mir mit der Grü[ndu]ng der Studien ein langgetragener Herzenswunsch in Erfüllung gegangen ist, dem gegenüber K. u. D. sich immer spröd erwiesen. –
Mein Schillerheft ist mir über den Kopf gewachsen. Minor spendete 110 Briefe an Schiller. Es sind 26 Aufsätze ohne die Miszellen u. Rezensionen und 3-4 stehen noch aus. Einiges ist recht gut. Als Ganzes kann sich das Heft immerhi[n s]ehen lassen. Nur die hohen Herren, Schmidt u. Suphan gaben keine Antwort. – Vom litter. Verein hab ich noch immer keine Exemplare. Bestens grüssend Ihr AS.

Graz, 10. März 1905 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 10.3.5

Lieber freund, Hier erhalten Sie eine anzeige, um deren aufnahme ich bitte, wenn Sie sie geeignet finden.
Ferner wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie die beiliegende Notiz von Rommel veröffentlichen möchten; die arbeit ist gut, muss nur vor dem druck gekürzt werden; er ist einer meiner tüchtigsten schüler u. fürchtet, man könne ihm zuvorkommen. Es fehlt der dissertation nichts, als der vgl. mit deutschen almanachen u. denen der österr. provinzen; das letztere halte ich für unnötig.
In eile
Ihr treu ergebner
BSeuffert.

Prag, 12. März 1905 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag, den 12/3 1905
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Mit bestem Danke bestätige ich Ihnen den Empfang Ihres Manuscripts, das mit Freuden begrüsst wurde. Die Anküngigg. hätte, ein paar Tage früher, noch in das Heft XI, 4 aufgenommen werden können, wozu es jetzt leider zu spät ist. Also muss ich um Geduld bitten. Die öst. Provinzalmanache hängen soviel ich sehe mit dem Wienerischen ????? nicht zusammen.
Hochachtungsvoll und herzlich grüssend
Ihr aufrichtig erg.
Prof. Sauer.

Graz, 5. April 1905 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 5.4.5

Lieber freund, Hier trag ich wieder eine schuld ab. Vielleicht kommt es noch nicht zu spät. Von altersher sollte ich noch über Behmers Wld-Sterne und Hassencamps LaRochebriefe berichten; das ist aber wirklich verspätet, davon bitt ich mich zu absolvieren.
Kommt Fromme mit dem Schillerheft nicht zu spät? Koch hat seines schon angekündigt. Ich habe noch keine korrektur.
Der tod Heinzels ist mir leid. Diesem manne hätte ich einen solchen schritt am wenigsten zugetraut. Ich habe ihn nicht oft gesprochen, aber jedesmal, wenn die ersten steifen minuten verflossen waren, mich sehr gut mit ihm gesprochen.
Schönbach arbeitet in München. Ich habe bis 24. gelesen u. muss immer noch kolloquien abnehmen. Es war ein schweres semester durch das dekanat. Gurlitts tod ist mir dauernd eine empfindliche lücke.
Wir haben im kollegium ein paar sehr lästige herren, die dem dekan das leben recht schwer machen. Wenn das jahr um ist, werd ich mich an den fakultätsgeschäften so wenig als möglich beteiligen.
Gute ferien wünscht
Ihr ergebner
BSeuffert.

Prag, 9. April 1905 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L.F. Vielen Dank für Ihre Rezension; natürlich können Sie’s mit dem Veralteten halten, wie Sie wollen. Wir drucken flott am Schillerheft. Bei dem grossen Umfang bleibt uns aber nichts anders übrig als die ersten 12-13 Bogen als „Erstes Schillerheft“ auszugeben u. das andre so rasch als möglich nachfolgen zu lassen. Senden Sie – auch wenn „Eile“ darauf steht, die Korrekturen nicht früher an mich ab, als bis ich Ihnen die Fahnen eines Beitrags von Pick mit einem Billet der Lotte übersendet habe, das Sie werden zitieren müssen. – Der Tod Heinzels drückt noc[h] stark auf mich; auch bin ich auf die sich daran anschliessenden Verschiebungen sehr begierig. Vielleicht treffen sie mehr Sie als mich. Herzlichst Ihr aufrichtig erg.
AS.

Graz, 18. April 1905 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 18.4.5

Lieber freund, Ich schicke Ihnen dankend den brief Picks zurück u. werde nach Ihrer erlaubnis bei der korrektur einen hinweis darauf einflicken. Sobald die korr. einläuft, werde ich sie umgehend erledigen. Es trifft sich gut, dass das Picksche u. meines zugleich ans licht rücken.
Ihre bemerkung, dass die verschiebungen nach Heinzels traurigem tode mehr mich als Sie betreffen dürften, machte mir zu denken, da ich sie für mehr als kombination halte. Ich würde an Schönbach ungleich mehr verlieren als Sie an von Kraus; ganz abzusehen von den Persönlichkeiten (ich weiss nicht, was Sie an Kraus haben können u. haben) ist es ein anderes, mit einem 18½ jahre oder ½ jahr an einem karren zu ziehen. Ich finde es selbstverständlich, dass Schönbach vorgeschlagen wird. Aber ich wünsche mit aller heftigkeit, dass er hier bleibt. Freilich kann ich nichts dazu tun. Ich muss sogar ihm gegenüber meinen egoismus zum schweigen bringen.
Gutes osterfest wünscht Ihnen und der Ihrigen
Ihr
treu ergebener
BSeuffert.

Graz, 3. Mai 1905 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Schönen dank für das Schillerheft, l. fr. Schade, dass Fromme die rechtzeitige fertigstellung versäumte. Ich hoffe, es in den Schillertagen lesen zu können, obwol mir vor ihnen graut.
Die dekanatsnot währt fort. Grüssend
in treuen
Ihr
BSfft.

Graz, 6. Juni 1905 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lassen Sie mich, l. fr., für Ihre durch reichtum und tiefe gleich ausgezeichnete Schillerrede herzlichst und mit bestem glückwunsch zu dieser tat danken!
Ist es allzu unbescheiden, Sie daran zu erinnern, dass Sie mir Ihre Gespräche Grillparzers gütig in aussicht stellten? Ihr an gegengaben ärmster
BSeuffert

6.6.5.

Prag, 8. Juni 1905 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Dr. Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L.F. Die zwei Bände gehen heut ab; verzeihen Sie die Verspätung; ich habe aber die Exemplare des zwe[it]en erst vor einigen Tagen bekommen. Nehmen Sie sie freundlich auf.
Die überraschend günstige Aufnahme meiner Schillerrede giebt mir zu denken. Ich habe zwar sehr viel Müh u. Zeit drauf verwendet; ich hatte aber das Gefühl: es liege mir gar nicht. Nun, um so besser.
Der arme Sch. dauert mich sehr. Herzlich grüssend Ihr
altergeb. AS.

Graz, 10. Juni 1905 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Für Ihre Gespräche dank ich herzlich; ich habe von Schönbach gehört, dass ihr inhalt in Wien begeisterte aufnahme gefunden habe, u. bin um so gespannter sie zu lesen.
Unseres Sch.s mishandlung in W. empört mich; ich fürchte, er wird die verletzende kränkung lange bitter spüren. Grüssend Ihr dankbarer
BSeuffert

Graz 10.6.6.

Prag, 12. Juni 1905 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. Bernh. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L.F. Für den Fall, als Sie es nicht kennen sollten, verzeichne ich:
(Kaltenbäcks) Blätter für Lit., Ku[ns]t u. Kritik. (Zur Öst. Zs. f. Geschichts- und Staatskunde.) 9: Nov. 1836 Nr 90 S. 357
Reliquie von Wieland.
(Vgl Nr. 89)
Nr. 105.
1837 Nr 1.
Bestens grüssend
Ihr AS.

Graz, 13. Juni 1905 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt

Prag, 17. Juni 1905 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Dr. Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L.F. Ich danke Ihnen für die guten Nachrichten. Es tut mir jetzt fast leid, dass ich meine Rede in ein Provinzialblatt versteckt habe, während alle andern in selbstständigen Heft[en] erscheinen. Zu einem Neudruck ists aber wol zu spät. Hier war die Aufnahme der Rede eine sehr günstige; aber darauf geb ich nichts. Jodl, Bettelheim u. a. stimmen mustergültig mit Ihnen überein. – Ich habe jetzt Schmidt, Köster & Burdach mit sehr gemischten Gefühlen gelesen.
Noch 3 Wochen schwerer Arbeit; dann werde ich eine Woche zu eigener Arbeit brauchen – also 4. Sie kommen wo[l er]st noch später weg.
Zu Ihren Archäologen ist Ihnen wie ich höre zu gratulieren.
Herzlichst Ihr AS.

Graz, 19. Juli 1905 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, der vortreffliche Dr. Paul Weizsäcker, Rektor in Calw, Württemberg schreibt mir. „Aus Ihrer Sendung ersehe ich, dass der Euph. mehrere Schillernrr. herausgibt. Aber die Zs. ist so teuer, dass ich bei meinen gegenwärtigen Verhältnissen mir nicht einmal den Erwerb der einzelnen Nrr. gestatten kann, da ich f. meine Schillerikonographie ohnedies grosse Auslagen habe. Sie stehen doch mit Sauer in Verbindung. Könnten Sie nicht bewirken, dass ich die Schillernrr. des Euph., aus denen vielleicht auch f. d. Ikonographie einiges abfällt, gratis geliefert bekommen könnte? Sie glauben gar nicht, wie schwer es ist, sich hier mit der Litteratur auf dem Laufenden zu erhalten.“ So weit W. Vielleicht können Sie ein recens. ex. für ihn erwirken, zur besprechung in irgend einem schwäb. lokalblatt.
Bestens grüsst Ihr getreuer
BSfft.

Graz 19.7.5.

Mondsee, Oberösterreich, 23. Juli 1905 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Lieber Freund! Ich finde, dass auch solche Herren eine Zs. die eigentlich billig ist sich verschaffen könnten, zumal 1 Heft oder 1 Band. Seie[n] Sie daher nicht ungehalten, wenn ich Ihre Bitte nicht erfüllen kann. Wir kämpfen um jedes Exemplar. Es wird übrigens ein ganzer Schillerband. Es bleiben mir nach dem 3. Heft nur noch wenige Bogen übrig, die ich mit Minors Anmerk., einigen nachträgl. Aufsätzen u. dem Register als 4. Schillerheft ausgebe. Das Man. für XIII ½ ist bereits in der Dr[uc]kerei. – Sind Sie in Goisern, so darf ich vielleicht hoffen, dass Sie mir in der Mitte ein Rendezvous geben. St. Gilgen?
Herzlich grüssend Ihr AS.
Mondsee, Oberöst. Hotel Königsbad.

Graz, 25. Juli 1905 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Mondsee, Oberösterreich

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Auszug:

Lfr., Ich habe Weizsäcker in Ihrem sinne unterrichtet.
Sie denken doch noch an die ankündigung der arbeit meines dr. Rommel über den Wiener Musenalmanach?
Sie zu sehen, wird mich sehr freuen. Ich hoffe in der nächsten woche in Obertressen 41 bei Aussee einzutreffen; ich glaube (mir ist das häuschen unbekannt) d. i. 5/4 – 1 1/2 stunden vom Ausseer bahnhof. Das erschwert meine beweglichkeit. Hoffentlich können wirs doch verabreden. Jetzt hab ich noch nicht zeit, züge zu studieren.
Bestens grüsst Ihr
BSfft.

25.7.5

Obertressen bei Aussee, Steiermark, 11. August 1905 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Mondsee, Oberösterreich

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Auszug:

Herrn Professor Dr. August Sauer
aus Prag
Mondsee

Lieber freund, Ich habe mir ausgedacht, am 26. august Sie und Ihre frau gemahlin in Mondsee zu begrüssen um 10 uhr 59; um 1.15 wieder abzufahren und über See – Unterach – Kammer – Vöcklabruck – Attnang Passau zu erreichen, um nach Deutschland zu fahren. Vielleicht begleiten Sie mich ein stückchen auf der rückfahrt, oder Sie kommen nach Scharfling herüber, damit wir etwas länger beisammen sind; freilich würde ich im letzteren falle das vergnügen verlieren, Ihrer frau gemahlin aufzuwarten. (Ich muss über Passau fahren.) Ich schreibe zeitig, damit Sie sagen können, ob es Ihnen passt. Auch könnte schlechtes wetter mich schon einige tage früher von hier forttreiben.
Ihr sehr ergebner
BSeuffert

Obertressen 41 bei Aussee in Steiermark
11.8.5.

Mondsee, Oberösterreich, 12. August 1905 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Obertressen bei Aussee, Steiermark

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. Bernhard Seuffert
Obertressen 41
bei Aussee in Steiermark.

Lieber Freund! Ihre Nachricht erfüllt mich mit grosser Freude. Ich erwarte Sie am 26. Aug. Früh um 10 Uhr 29. auf dem Bahnhof in Scharfling (meine Frau kommt voraussichtlich mit) und beg[leit]e Sie nach See. Sollten Sie einige Tage früher fahren, so genügt eine Karte – oder ein kurzes Telegramm, bes. wenn die Stunde dieselbe bleibt. Ich lege mir im Kopf alles zurecht, was ich mit Ihnen besprechen möchte; freilich wird die Zeit dazu nicht ausreichen.
Mit herzlichen Grüssen
Ihr sehr erg.
ASauer

M[on]dsee 12/8 05.
Hotel Königsbad

Obertressen bei Aussee, Steiermark, 24. August 1905 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Mondsee, Oberösterreich

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Auszug:

Lieber freund, Da allzu schlechtes wetter vielleicht die fahrt über den Kammersee unmöglich macht (ich darf nicht zu nass werden, weil ich die ganze Nacht in den kleidern bleiben muss), der zug um 2 uhr in Scharfling nicht anhält (mit dem ich nach Ischl zurück müsste, um anschluss zu finden), bitte ich Sie mich samstag den 26. lieber in Plomberg am bahnhof zu erwarten 10 uhr 36. Ist das wetter schlecht, so fahr ich mit Ihnen nach Mondsee oder wohin Sie wollen (ich muss nur an einer station sein, von der aus ich den zug, der um 3 Uhr 30 in Ischl ankommt, erreichen kann). Ist es gut, so können wir ja sogleich nach Pichl-Auhof oder wohin Sie wollen (ich müsste dann um 2 uhr 28 in See abfahren). Nach Lorenz kann ich unser zusammentreffen nicht verlegen, weil ich von da nur mit der bahn über Ischl, nicht mit dem dampfer über den Attersee zurück kann. – Ich verlasse Samstag früh 6 uhr unsere wohnung, kann also keinen brief von Ihnen erhalten; ich denke aber die abweichung von der frühern abrede ist so gering, dass ich keine antwort erwarte. Wenn Ihre frau gemahlin mit Ihnen sein wird, werde ich es als zuvorkommende ehre betrachten. Treulich
Ihr BSfft.

Obertressen 41 bei Aussee, Steiermark.
24.8.5

Auf dem Dampfer über den Attersee, Oberösterreich, 26. August 1905 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Mondsee, Oberösterreich

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Auszug:

Für die grosse liebenswürdigkeit, verehrte freunde (wenn die gnädige frau gestattet, sie so mitzunennen), mit der Sie mir entgegenkamen und für die freundliche gastfreundschaft in Ihrem revier sage ich herzlichen dank. Die mir zu kurzen stunden waren mir sehr erquicklich. Möge Sie der regenschauer nicht zu sehr belästigt haben: in Unterach hörte er auf, nachdem ich im omnibus hinter einer zerbrochenen scheibe betrauft worden war, bis mich eine kleine Vorarlbergerin nahezu auf ihren schoss nahm. Jetzt ist trüb, aber doch seeluft auf dem freien deck, der see schöner als ich erwartete. Ihr aufrichtig u. dankbar
ergebener BSfft.

Auf dem Dampfer. 26.8.5

Würzburg, 27. August 1905 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Würzburg, Herzogenstr. 5
27.8.5

Lieber freund Der karte vom dampfboot möchte ich vom jetzigen fahrtziele aus nochmals meinen aufrichtigen dank Ihnen und Ihrer verehrten frau gemahlin für alle bewiesene freundschaft herzlich aussprechen. Das zusammensein war mir viel zu kurz. Aber die route, wenn ich nicht Sie in Ihrem frieden länger stören wollte, bedingte die hast; ich habe von Unserer Tressener wohnung an zwölfmal das fahrzeug gewechselt: eine so unnormale richtung schlug ich ein! Beruhigen Sie mich bald, dass Sie gut nach Mondsee kamen. Dass Ihre frau trotz der starken südluft mir ihre gegenwart gönnte, weiss ich doppelt zu schätzen. War ich doch selbst dadurch ganz stumpf, u. muss um entschuldigung bitten. Meine frau bedauert lebhaft, nicht bei der zusammenkunft gewesen zu sein, erwidert Ihre grüsse aufs wärmste u. hofft mit mir, Sie beide in Graz zu sehen.
Wenn ich auch hinterdrein recht viel weiss, worüber ich gerne mit Ihnen mich ausgesprochen hätte, so nahm ich doch die woltätige überzeugung mit, dass wir im wesentlichen nach wie vor übereinstimmen u. also auch in unberedetem übereinstimmen werden. Gerne wüsste ich, ob Sie den äusserst gewandten stilisten Petsch so hoch einschätzen wie Erich Schmidt, der auf diesen schüler etwas hält, oder so gering wie ich.
Besonders leid ist mir, dass wir Ihre Grillparzergespräche verredet haben. Lassen Sie mich so ehrlich sein, zu schreiben, dass sie durch den haupttitel Gespräche mich etwas enttäuscht haben. Aber ich bin nicht so unempfänglich, das viele wichtige und schöne in den 2 bänden zu verkennen und ich sehe auch ein, dass manches unbedeutende der erwünschten vollständigkeit halber mituntergeschoben werden musste. Auf die fertige fortsetzung freue ich mich sehr. Die Beethovennotizen sind schwer zu geniessen, aber von mehrfachem reiz, den lauf der besprechungen zu ergänzen.
Über Zingerle möchte ich noch nachtragen: als seine berufung für Czernowitz in aussicht stand, hat Schönbach ihn in Graz zum ev. für realien vorgeschlagen, um die berufung zu unterstützen. Ich habe, nicht ganz leichten herzens, mitgetan. Wenn trotzdem Z. daranach so viel ich weiss nie mehr an Schönbach geschrieben hat, so kann man schwer sagen, Sch. habe mit Z. gebrochen. Allerdings hörten wir, dass auch Z. gerne einlenkte, indem er Sch. zum Czernowitzer ehrendoktor vorschlug, woraus durch andere umstände nichts werden konnte.
Der Euphorion war meine rettung in Passau, wo ich um mitternacht 3 stunden still lag. das heft schliesst den Schillerband vorzüglich ab. Vom eingang her gefiel er mir besser; vielleicht ermüdete ich beim ende u. bin ungerecht. Fries ist, wie früher, lehrreich u. anregend. Ebrard fasst die alliteration mir zu theoretisch: manches höre ich nicht als solche u. bezweifle auch, dass es für Sch.s aussprache eine war. Bellermanns beobachtungen bestätigen bekanntes; sie als kriterium anzuwenden halt ich für bedenklich. Jonas - - ja, wie viel ist Goethes prägung, wie viel schon sonst da? Riemann hat mich im ganzen wenig befriedigt u. überzeugt, im einzelnen (wie auch in früheren sachen) meine beobachtungsgabe angeregt. Rubensohn überzeugt mich; ich habe auch für die Wieland- übersetzungen die berücksichtigung der hilfsmittel zur textkritik empfohlen. Leitzmann überrascht u. verdient glauben. Luther, verzwickt im darlegen, hat eine mir im allgemeinen unsympathische betrachtungsweise, fesselte mich aber doch: das muss ich nochmals durchdenken, zumal ich selbst eine (Carlosstudie liegen habe, die unreif ist; s. 106 f. über Posas vortreten genügen mir gar nicht; u. hier liegt die hauptschwierigkeit. Warum sich Weimar nur mit so viel irrmeinungen herumschlägt? und die seine? Schultz: mehr einleitung, als sache. Kraus wie immer: material. Von da ab hat mich nichts mehr angesprochen. Alt macht es sich viel zu leicht: darüber hab ich zwei viel bessere seminararbeiten erhalten. Haben Sie dank, dass Sie mich zu so guter stunden an die volle schüssel setzten.
Möchten auch Sie beide den stunden ein freundliches gedenken bewahren können!
In treuen
Ihr BSfft.

Mondsee, Oberösterreich, 29. August 1905 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich schreibe hier sehr schwer; ich bin daher ausser Stande alles zu sagen was ich sagen wollte. Vielen Dank für Ihren überaus freundlichen Besuch, [für] Ihre liebenswürdige Karte u. Ihren ausführlichen Brief. Alles auch im Namen meiner Frau. Ich fühle mich durch Ihren Besuch, dessen Opfer ich zu schätzen weiss, wieder ermutigt, gehoben u. angespornt. Ich bin wissenschaftlich ganz isoliert. Die hohen Herren in Berlin, Leipzig, [G]öttingen kümmern sich nicht um mich, auch die in Wien blos, wenn Sie mich als Folie oder zu andern Zwecken brauchen. Allerdings hängt sich ungeheuer viel Mittelmässigkeit an mich an u. vielleicht sollte icfh noch mehr Leute abschütteln als ich von mir weise. Man hat Stunden der Täuschung, der Schwäche, der Verblendung, de[r K]ritiklosigkeit u. Niemanden als Berater zur Hand. Sie sind meine einzige Stütze u. derjenige, der mir d. Wahrheit sagt, auf dessen Urteil ich auch alles gebe. Freilch meine sog. „Gespräche“ hätte ich auch mündlich gegen Sie in Schutz genommen, durch das Urteil der Philologen wie Gomperz gestützt, der sie [f]ür einen neuen gelungenen Versuch einer Quellensamml. hält, weit über Biedermanns Samml. hinaus. Vielleicht haben Sie doch das viele Neue nicht bemerkt, dach ! auch in d. Einl. u. in d. Anm. steckt. Auch ist es wohl ein Buch, das man erst dann schätzen lernt, [we]nn man es braucht. Die grossen 4 Sammlungen der Gespräche gehen überdies erst in die späteren Bände ein und der Registerband wird das Ganze erst brauchbar machen. Ich verlange solche Quellenwerke für alle grossen Dichter; für Klopstock, Lessing, Wieland, Herder, Schiller Kleist, Hebbel ist sie auch mög[li]ch; für Goethe leider nicht. Allerdings scheide ich nichts aus von dem, was ich kenne; aber ich unterscheide doch zwischen wertvollem u. geringerem indem ich vieles blos in den Anm. erwähne. Man weiss überdies nie, in welchem Zusammenhang eine scheinbar wertlose Notiz Wert gewinnen kann. Also das Prinzip verteidige ich. Meine Durchführung lässt natürlich viel zu wünschen übrig. Ich möchte eine zweite Auflage erleben.
Über Zingerle wusste ich von all dem was Sie mir sagten nichts. Ich hatte nach Kelles Abgang über ihn an Schönbach geschrieben in der Voraussetzg, dass er ihm die Hange halten werde und war über die abfällige Kritik sehr erstaunt, verstehe sie aber jetzt [be]sser.
Über das Euph.-Heft denke ich ungefähr wie Sie; nur Baldenssperger ist nicht übel. Man darf an diesen Schillerband nicht denselben Massstab anlegen wie an andre Bände. Seinen Zweck erfüllt er doch. Über Petsch hatte ich eine sehr schlechte Meinung auf Grund einer elenden Schulausg. von Herodes & Mariamne die ich zufällig gelesen hatte. Nicht blos strotzte sie von sinnlosen Druckfehlern, sondern auch die Einl. war fast sinnlos. Dann las ich Besseres von ihm. Dann trug er mir Rezensionen an u. da ich so grossen Mangel an [b]rauchbaren Rezensenten habe, hat er sich durch seine überlangen Kritiken im Euph. ziemlich breit gemacht. Ich halte ihn für einen sehr begabten Menschen, der vielleicht in seiner Vielschreiberei verflachen wird.
Auch ich hatte noch sehr vi[el]es auf dem Herzen, wozu die Zeit leider nicht reichte u. vieles fiel mir erst später ein. Eigentlich möchte ich jetzt erst recht nach Graz reisen, aber es geht jetzt nicht mehr. Am meisten ärgert mich, dass ich vergass, über Wukad[in]ovicz mit Ihnen zu sprechen. Dazu reicht hier meine Schreibkraft nicht aus.
Als Sie uns verlassen hatten, vertrieben uns 2 Blitzschläge aus dem Schiff. Als wir triefend im Gasthof ankamen, [war] das Wetter fast vorüber, aber auch das Schiff fort. Wir blieben also bis 1/2 6 in See, kamen dann über Scharfling mit der Bahn gut & trocken nach Hause u. bewahren an den Ausflug eine ungetrübt freudige Erinnerung.
Empfehlen Sie mich Ihrer [v]erehrten Gemahlin aufs Beste, ebenso meine Frau u. bleiben Sie uns dauernd freundlich gesinnt.
In herzlicher Freundschaft Ihr
AS.

Würzburg, 30. August 1905 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Mondsee, Oberösterreich

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Auszug:

Lieber freund, Vielen dank für den guten brief. Ihrer ‚verteidigung‘ der Gespräche stimme ich zu. Es ist sicher, dass ich nicht unterrichtet genug bin, alles zu bewerten, wie es für den Grillparzerforscher von wert ist; auch nicht, alles neue zu erkennen. Ich weiss vom Wieland her, wie viel ich – u. wol mit grund – für wichtig halte, was andern sogar nichtig erscheint. Mein irrtum liegt auch darin, dass ich hauptsächlich Gespräche erwartete und bei einer publikation des Lit ver., dass ich zuvörderst ein lesebuch zur hand nehme. Als hilfs- und quellenbuch wird es uns allen nützlich sein. Gewiss wäre derartiges für andere dichter auch willkommen. Noch willkommener zuvor wären mir regesten des lebens u. schaffens mit registern. Mismutig zu sein, haben Sie keine ursache. Sie haben viel mehr fühlungen als ich z.b. und finden doch viel mehr echo. Wer geht an Ihren leistungen vorüber? Mit den besten empfehlungen und grüssen von haus zu haus Ihr BSfft. 30.8.5.

Graz, 18. September 1905 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, der Vacuum-Cleaner wird in der Landesbibliothek gelobt; es musste stoss um stoss der bücher ausgehoben werden von einem diener, dann hielt der monteur den apparat hin usw.
Mit andern worten: der hauptgewinn ist dass der staub wirklich aus dem haus kommt, nicht blos aufgewirbelt wird; ein nebengewinn vielleicht grössere schonung. Zeitgewinn nicht. Unordnung ebenso möglich. Grüssend Seuffert

18.9.5

Prag, 10. Oktober 1905 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 10/10 05
Smichow 586.

Lieber Freund! Vielen Dank für Ihre l[ie]be Karte! Es war diesmal dringender die Bücher zu ordnen als sie zu reinigen; im Frühjahr wollen wir auch daran gehen.
Ich schreibe heute im Interesse von Wukadinovič, in der Voraussetzung, dass Sie noch den alten Anteil an ihm nehmen. – Kraus machte bei der Habilitation Schwierigkeiten; er erklärte die Arbeit für journalistisch u. schlecht; ich leistete äussersten Widerstand u. zwang ihn im Wesentlichen zur Anerkennung; er hatte aber einen wunden Punkt berührt, ein paar sprach- geschichtliche Schnitzer im 1. Aufsatz; z.B. sahe als ältere Form bezeichnet; eine Verwechsl. vom starkem und schwachem Praeteritum. Um in der Hauptsache zu siegen musste ich in diesem Punkt ihm zustimmen u. nachgeben; obgle[ic]h W. nur eingereicht hatte um Hab. für neuere deutsche Literaturgeschichte (nicht Sprache) verlangten wir den Nachweis gründl. sprachlicher Kenntnisse. Wir überliessen es ihm, entweder eine Arbeit vorzulegen, woraus diese erhellten oder beim Coll. sich einer Prüfung aus nhd. Gramm[ati]k zu unterziehen, er wählte das letztere und Kraus begrenzte das Thema auf den ersten Band (oder die ersten 2 Bde) Willmanns. Wir versprachen ihm zu diesem Zweck mit unserm Bericht an die Fak. so lang zu warten, bis er gerüstet sei. Bis jetzt rührt er sich aber nicht; er soll ganz in eigene Dichtungen und Übersetzungen vertieft sein. Nun meldet sich aber Dr. Lessiak zur Habilitation aus dem ä[lt]ern Fach. Ich habe nun das Gefühl, gelegentlich dieser neuen Hab. müsse die ältere aus dems. Fach in Fluss kommen. Jedenfalls riskieren wir bei Lessiaks Hab. eine Interpellation aus dem Schoss d. Fakultät über die frühere Hab. u. dann müssen wir Farbe bekennen. Es wäre also meiner Meinung nach der letzte Zeitpunkt dafür, dass W. entweder [d]as Colloquium wagt (wobei ja allerdings ein Durchfallen bei Kraus’ Pedanterie u. Eigensinn nicht ausgeschlossen ist) oder sein Gesuch selbst zurückzieht. Denn es käme sonst zu einer Ablehnung durch die Fakultät, was für ihn doch unangenehmer wäre. Von mir hat sich W. seit Jahr u Tag höchst auffallend zurückgezogen, obgleich ich mich hyperloyal u. sehr aufrichtig u. wohlwollend gegen ihn benommen habe. Ich weigere mich nicht, mit ihm darüber zu reden, aber es ist mir peinlich. Ist es I[h]nen nicht zu unangenehm und haben Sie überhaupt das alte Verhältnis zu ihm, so bitte ich Sie den Mittelsmann abzugeben u. ihn zu einem Entschluss zu bewegen; denn der Entschluss ist für ihn das schwerste. Eine Ablehnung meiner Bitte wird mich nicht im Mindesten kränken; nur in der Voraussetzung dass Sie ganz au[f]richtig gegen mich sind, habe ich sie zu stellen gewagt.
Mit herzlichen Grüssen von mir und meiner Frau Ihr aufrichtig erg.
AS.

Prag, 12. Oktober 1905 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund!

Es kam mir ganz unerwartet, dass Schüler und Freunde sich meines 50. Geburtstages erinnerten. Es ist kein Tag für die Öffentlichkeit; aber es freute mich, dass mir manches Wohlwollen erwiesen wurde. Vielen Dank für Ihre liebenswürdigen Glückwünsche.
Treulichst Ihr AS.

Prag, 13. Oktober 1905 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 13/10 05
Smichow 586

Lieber Freund! Auf Ihren lieben Brief, für den ich Ihnen bestens [da]nke, antworte ich sofort. Die politischen Bedenken haben wir fallen gelassen, weil sich W. trotz seiner tschechischen Heirat wiederholt entschieden als Deutscher bekannt hat. Kraus aber hat mit den hiesigen Verhältnissen noch viel zu wenig Fühlung, als dass sich [h]inter seinem Widerstand politische Motive verstecken könnten. Bei ihm hört eben die Lit. Gesch. mit dem 12. Jahrh. auf; er verachtet mich wahrscheinlich noch mehr als die Grazer Schule; er wollte mir offenbar imponieren; da ich ihn dazu zwang, das Buch als ausgezeichnet anzuerkennen, so bin ich immerhin eines gewiss[e]n Sieges über ihn froh. Sich beim Colloquium davon zu überzeugen, dass W. soviel Kenntnisse aus deutscher Grammatik hat, um neuere Lit. Gesch. nach Krausens Ideal lehren zu können, halte ich nicht für ungesetzlich. Hat W. z.B. Interpretationscollegien angekündigt (was ich im Augenblick nicht weiss), so könnte man ihm beim Coll. einen Text vorlegen und hätte Gelegenheit genug, ihn zu prüfen. Heinzel legte dem Arnold wegen seiner Polenlit. einen poln. Text vor, den er freilich nicht einmal lesen konnte. Es hat mir nicht den Eindruck gemacht, als ob Kraus [W]. fallen lassen will; er will sein Gewissen salvieren und uns imponieren. Aber die Hand kann ich für ihn und seine Absicht nicht ins Feuer legen.
Im Allgemeinen sind Sie und ich einig. Nur die weitere Taktik schlagen Sie anders vor als ich. Ob bei uns schon ein Fall vorgekommen ist, dass eine Habil. ganz eingeschlummert [is]t, weiss ich nicht. Plant W. das, dann möcht ich auch der Mühe enthoben sein, das Referat zu schreiben, bei dessen Herstellung es doch immer noch Häkeleien mit Kraus geben könnte. Denkt W. nicht mehr daran, das Coll. zu machen, so wär es mir lieber, er zöge das Gesuch zurück. Wenn Sie glauben, dass die Vorlage meines ersten Briefes W. zur Entscheidung drängen könnte, so hab ich nichts dagegen einzuwende[n]; meines Urteiles über Kraus brauche ich mich nicht zu schämen; ich werde wohl etwas ähnliches zu W. selbst schon gesagt haben. Sie lassen sich ja den Brief wieder zurückgeben. Ich hätte nur die ganze Angelegenheit gern aus der Welt geschafft. Ich denke über W. so gut wie Sie und über Kraus gewiss nicht besser als Sie.
Für Ihre rasche Antwort herzlich dankend Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Prag, 14. Oktober 1905 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 14/10 05
Smichow 586

Lieber Freund! Bei dem gestrigen [A]bschiedsabend für Arleth hatte ich Gelegenheit mit Hauffen und mit dem Dekan über die Sache W. zu sprechen. Hauffen sagt, dass W. nicht daran denke zum Colloquium zu [g]ehen und dass er sehr gekränkt wäre, wenn man die Angelegenheit wieder aufrührte; Der Dekan meinte, er habe gar nichts dagegen, wenn die Sache versumpfe; auch in Wien sei das der gewöhnliche Modus. Al[so] ist es wohl am Besten, dass auch Sie nicht daran rühren; übrigens überlasse ich es Ihnen. Nur meine Meinung hat sich der Ihrigen anbequemt; ich lasse es in der Kommission begraben sein.
Verzeihen Sie die Störung.
Zum (bes. von Minor schon ersehnten) Ehrenzeichen für Schönbach habe ich gleichzeitig an ihn telegraphiert.
Herzlichst
Ihr AS.

Prag, 30. Oktober 1905 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Vielen Dank für Ihre Sendung. Sie sind ein idealer Rezensent.
Herzlich grüssend
Ihr
AS.

Graz, 4. November 1905 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Meine antwort betr. Wukadinovič entfiel, da Hauffen ihn in Ihrem auftrag befragt hat. – Sie haben doch die güte, die ankündigung von Rommels Wiener Mus.-Alm. studie im Euph. zu bringen? In kurzer zeit werd ich wissen, ob er Sie mit einem Teile um unterstand im Euph. bitten will oder fragen, unter welchen bedingungen Fromme das ganze als beiheft ?????, wennSie einverstanden sind. Von einem andern zuhörer werd ich bald etwas über Schiller u. Grpzer erhalten u. dafür um aufnahme bitten. Endlich frage ich, ob Sie die ganze Nachricht Wielands gegen Uz, davon Ihre einleitung den 3. teil bringt, nach der hs. abdrucken wollen? ich stelle sie zur verfügung, da jetzt das ganze gefunden ist u. würde nur eine kurze vorbemerkung dazu schreiben. Vielen dank für das nachsichtige wort über den mir abgepressten Kant.
Prolegomina III. IV sind bald im druck fertig.
Treulich grüsst BSfft.

4.11.5.

Prag, 6. November 1905 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Die Unterredung mit Hauffen war die Veranlassg. zu meinem ersten Brief an Sie. Jetzt hat Hauffen mdl. mi[t] W. gesprochen. Herausgekommen ist nicht viel.
Die Ankündigg. der Arbeit über die MA kommt ins nächste Heft. Ich wäre sehr glücklich wenn Fromme auf ein Ergänzungsheft eingienge. Hauffen will aber auch eines für den Rest seiner Fischartstudien. – Um Wielands Nachricht gegen Uz bitte ich fr[eu]ndlich. Zwar muss ich sie noch eine Zeitlang liegen lassen; aber bis Juli 1906 hoff ich wieder a jour zu sein.
Wir erlebten wieder bange Tage.
Herzlichst Ihr sehr erg. AS.

Prag, 15. November 1905 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Es geht Ihnen von Werner dieser Tage die Eingabe der Bibliogr. Ges. zu, die zu unterschreiben Sie wol die Güte haben, da Ihr Seminar Mitglied ist. Houben dürfte Ihnen die Bitte bereits unterbreitet haben. Besonders dankbar wären [wi]r Ihnen, wenn Sie uns auch Schönbachs Unterschrift verschafften, falls es ohne wesentlichen Zeitverlust möglich ist. Auf die Liste wollten wir ihn nicht setzen um ihm die Mühe des Weitergebens zu ersparen.
Wir haben wieder unruhige Tage hinter uns, so dass alles Geistige schwer leiden mu[ss]te. Und wer weiss, was uns noch bevorsteht.
Herzlich grüssend
Ihr aufrichtig erg.
AS.

Prag 15/11 05
Smichow 586

Prag, 21. Dezember 1905 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 21/12 05
Smichow 586

L. F. Ich habe gestern in Wien mit Fromme wegen der Ergänzungshefte unterhandelt.
Unser bisheriger Modus war, dass für ein Ergänzungsheft von 13 Bogen weder ein Redactionshonorar noch ein Autorenhonorar bezahlt wurde und ein Zuschuss von 400 Kronen geleistet wurde. So viel müsste Fromme auch für Ihr Ergänzungsheft zum mindesten verlangen.
Ich habe ihm nun vorgeschlagen:
1) Ihr Heft als literarhist. notwendig u. dringend und teilte ihm mit, dass wohl die Subvention durch Sie aufgebracht würde
2. Hauffen hat neue umfangreiche Fischartstudien liegen, die er vor dem Erscheinen seiner Biographie herausgeben muss. Ein Teil davon liegt bei mir s[cho]n seit 1 1/2 Jahren; der Rest ist fertig. Da ich sie drucken muss, so wäre dieses Ergänzungsheft in meiner augenblicklichen Bedrängnis durch angenommene Manuscripte für die Zeitschrift eine Erlösung; auch kommt in Betracht, dass der Euphorion den Rest dieser Studien, die er seit Beginn gebracht hat, nicht leicht einer andern Zeitschrift überlassen will. Grössere Schwierigkeit wird für Hauffens Heft die Aufbringung der Subvention machen; darüber werd ich dieser Tage mit [ih]m sprechen –
Fromme wird mir, nachdem er noch einmal eine Besprechung über die Erg. hefte angestellt hat, nach Neujahr seine Entscheidung mitteilen, ob er eines bringen kann u. welches. Beide nach einander zu bringen wie ich vorgeschlagen habe, hält er für unmöglich, da wir so lange keine Erg. Hefte gebracht haben.
Es lässt sich jetzt recht gut mit Fromme arbeiten. Hoffentlich bleibt es so.
Ich muss leider schliessen, da ich heute abermals wegfahren muss; allerdings nur nach Aussig, um einen Neffen von mir, der dort als Scha[u]spieler wirkt, als Mephisto zu sehen.
Alles Gute zum Feste wünschend und herzlich grüssend
Ihr
Treulich erg.
AS.

Prag, 23. Dezember 1905 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Die Unterredg mit Hauffen hat insofern klärend gewirkt, als sich dabei herausstellte, 1) dass er bereit sei die 400 Kr. zu za[hl]en, 2) dass sein Erg. heft nicht vor 1907 erscheinen könne, da noch nicht alle Abhandl. fertig sind. Wenn Sie mich also über den Kostenpunkt informiert haben, bin ich bereit, Fromme 2 Erg. hefte, das Ihrige f. 1906 u. das von Hauffen f. 1907 vorzuschlagen und darauf hoffe ich wird er eingehen.
Herzlichst Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Graz, 16. Januar 1906 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Der arme Hauffen tut mir sehr leid. Hoffentlich wissen Sie mir bald von entschiedner besserung zu schreiben. – Schönbach hat auf eine persönliche briefliche anfrage von Kelle die antwort erhalten, 400 K für Rommel seien 1906 kaum flüssig zu machen, vielleicht 1907. Wir haben nun sofort amtersie erbeten für 1906, event. f. 1907. Wird sich Fromme darauf einlassen zu drucken, wenn die zahlung „vielleicht 1907“ erfolgt? Anderswoher weiss ich das geld nicht zu beschaffen. Ergebenst u. treulichst
grüsst Sie beide
Ihr BSfft.

16.1.6.

Prag, 18. Januar 1906 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

1[8]/1 06
Smichow 586

L.F. Mit grosser Bewunderung habe ich Ihre Proleg. gelesen u. beglückwünsche Sie zu ihrer Vollendung. Ich überlege, ob ich einige Ihrer Ratschläge bei der Fortsetzg der Stifterausgabe verwerten kann. – Wenn Fromme das Geld sicher erhält, so macht er sich gewiss nichts daraus, es später zu bekommen. – Zu Hauffens Krankheit ist ein typhöses Fieber dazugekommen, das die Ärzte als keine ungünstige Erscheinung auffassen.
Bestens grüssend Ihr treulich erg.
AS.

Graz, 24. Februar 1906 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Spät danke ich für zusendung von Euph. XIII bogen II ff. Ich kam erst jetzt zur durchsicht und habe mich bis zum bogen 16 sehr für Sie über den trefflichen inhalt gefreut. Nachher setzte mein interesse aus bis zur bibliographie.
Wie get es Ihnen u. Ihrer frau? Wir grüssen Sie beide. U. wie stehts mit Hauffen? Ich habe mich viel geplagt u. nichts „gemacht“. Die mir auferlegten vorlesungen an der technik kosteten doch mindestens 2 volle tage in jeder woche. Auch musste ich mich viel um meine buben kümmern, die sich im gymn. schwer taten. Ich sehne mich auf die ferien u. Wieland. Treulich Ihr ergebner
BSfft

24.2.6.

Prag, 25. März 1906 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Sauer
Smichow 5[86]

Herrn Professor Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

L.F. Ich bitte Sie um Verzeihung, dass ich Ihre Karte so spät beantwo[rte]. Ich konnte während des [Se]mesters nichts Persönliches tun. – Nun athme ich etwas auf, habe auch wieder einen Hilfsarbeiter für die „Deutsche Arb.“ gefunden, der sich hoffentlich bewährt, so dass ich das Ganze vom nächsten Jahrgang wieder abgegen kann. Hauffen geht es augenblicklich überraschend gut und ich teilte gern den Optimismus seiner Familie, die ihn für gänzlich genesen hält. Uns geht es erträglich. Vom 22 – 30. April bin ich in Berlin. Sie dort zu treffen, darf ich wohl kaum hoffen. Herzlichst Ihr sehr erg.
AS.

Prag 25/3 06
Smichow 586

Graz, 4. April 1906 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Dank für Ihre karte lieber Freund und das Stifterische; es gibt und verheisst. Möge es weiter glücken!
Bevor Sie nach Berlin gehen, hoff ich noch was für den Euphor. zu schicken, das ich schon im herbst ankündigte. Damals sagten Sie vor juni nichts brauchen zu können. Alles gute zu ostern.
Ihr
BSfft

Prag, 17. April 1906 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 17/4 06
Smichow 586

[L]ieber Freund! Ich bin sehr glücklich, dass Sie mir diese Arbeiten zur Veröffentlichung überlassen haben; auch das freut mich, dass Neuestes an Ältestes im Euph. sich anknüpft und die Zeitschrift sich auf diese Weise zur Einheit rundet. Mich interessieren beide Aufsätze gleichmässig; der erste auch in methodischer Hinsicht, wie man einen Autor allgemeinster Bedeutung aus der provinziellen Literatur[ge]schichte heraus zu erfassen hat. Ich werde mein Möglichstes tun, um das Man. bald und ungeteilt unterzubringen. Vielen Dank dafür. Ergänzungen sind in den Fahnen ganz leicht.
Das Ministerium hat uns für einen Bd. öst. Zs. 2000. M. in Aussicht gestellt; diesen Band in die Wege zu leiten ist Zweck meines Berliner Vortrags. Freilich fehlt [es] noch an einem Bearbeiter. Die Wiener Herren dünken sich für zu gut. Hätten sie Niemanden, der unter meiner Aufsicht den Band ausarbeitete; entweder die romantischen u. antiroman[ti]schen Zss. der Jahre 1800-1880. Oder die Zs. von 30 – 48 (Frankls Sonntagsbll., Ost & West u.s.w.) Oder die Modezeitung 1816 – 1847 allein. Diese 3 Gruppen grenze ich vorderhand ab. Ich würde den Bearbeiter das ganze Honorar überlassen, würde das Man. u. die Korrekturbogen revidieren u. die Einlei[tg]. schreiben.
Von der Deutschen Arbeit lasse ich Ihnen nächstens ein paar Hefte senden. Ihnen liegt sie ja ganz fern u. sie zu halten wäre für sie Ballast. Hätt ich geahnt, dass sie überhaupt Anteil daran nehme[n,] so hätte ich Ihnen seit Oktober die Hefte zugeschickt. Wie gesagt, nun bin ich sie bald los; aber sie sieht jetzt ganz anders aus, das Interesse ist geweckt und über 260 Abonennten in einem halben Jahr mehr gewonnen u. die Zahl steigt noch. Schönste Ostergrüs weiter auf S. 1 se von Ihrem aufrichtig erg. AS.

Graz, 18. April 1906 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 18.4.6

Lieber freund, Ich danke Ihnen für die nachsichtige aufnahme meiner studien und im voraus für die verheissenen bll. der Deutschen arbeit, die ich jedenfalls mit aufmerksamkeit durchsehe.
Für die Bibliographie denk ich an 2 Leute. Der eine ist der dr. Otto Rommel, gymn.lehrer in Teschen, dessen Wiener Mus. Alm. – bearbeitung ich Ihnen ankündigte. Ob er zeit u. lust hat, weiss ich nicht. An sich wäre das thema ja für ihn im anschluss an den Alm. brauchbar. Ich glaube, dass er ans habilitieren denkt, wenn er zeit zum arbeiten hat u. an ein gymn. in einer universitätsstadt kommt.
Der andere ist stud. im 7. semester, Othmar Schissl von Fleschenberg, ist Kraus von Wien her bekannt. Ich wünsche, dass er im 8. Semester also winter 1906/7 die rigorosen macht; eine diss. bei Schönbach ist schon ziemlich weit geraten. Diesen halte ich für den gebornen bibliographen, sehr arbeitskräftig u. ?????. Ich glaube, dass er sich fürs schematische besser eignet als Rommel. Aber zureden kann ich ihm jetzt nicht, da er noch nicht fertig ist. Ich glaube, dass er glücklich wäre, (nach dem dr.) die aufgabe zu bekommen; vor der hand will er nicht gymn.lehrer werden. Er lebt hier bei Humboldtstr. 21 seiner mutter. Vielleicht geht ers schon vor dem dr. an; Schönbach glaubt, er könne bei seiner betriebsamkeit schon etwas neben der rig. arbeit tun.
Ehrlich gestanden möchte ich nicht gerne selbst die herren darum angehen. Sie könnten meinen, sie müssten mir einen gefallen damit tun. Das will ich nicht gerne. Auch hab ich keine einsicht in den umfang der arbeit. Beide sind anständige umgängliche menschen.
Mit den besten grüssen und guten wünschen für Berlin
in treuen
Ihr ergebener
BSfft.

Prag, 21. April 1906 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L.F. Ich danke Ihnen für Ihre wertvollen Ratschläge. Ich nehme Ihren Brief mit und wenn wir auf einen der Herren reflektieren, so soll sich die Biogr. Ges. selbs[t] an sie wenden. Herr Schissl [is]t wohl derselbe, der schon eine Miszelle im Euphorion hatte.
Eiligst im Steigbügel
Ihr
AS.

Prag, 1. Mai 1906 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 1/5 06
Smichow 586

Lieber Freund! Bei meiner Rückkehr [fi]nde ich u. a. beiliegende Sendung des entsetzlichen A. Pick. Es wird Ihnen hoffentlich keine grosse Mühe machen festzustellen, ob das Gedicht wirklich ungedruckt ist. Sie haben vielleicht auch die grosse Güte mir zu sagen, ob ich es drucken soll oder nicht. Vielen Dank dafür.
Ich hörte in Berlin, dass sie den Göttinger Ruf ausgeschlagen haben. So sehr es mich freut, dass sie Österreich erhalten bleiben, so kann ich Ihr Vorgehen doch nicht recht begreifen. Sie gehören dorthin. Nun soll Walzel der Erkorene sein, kein ebenbürtiger Ersatz für Sie.
Ich habe Houben die Namen der beiden von Ihnen vorgeschlag[en]en Herren angegeben u. es wird von Berlin aus, an sie geschrieben werden. Fragt einer der beiden Sie um Rat, so machen Sie die Herren darauf aufmerksam, dass sie sich genaue Kontrakte vorliegen lassen, damit ihne[n] das Honorar gesichert wird. Die Gesellschaft steht nemlich nicht gut. Herr Houben bezieht Gehalt 1) als Sekretär, 2) als Redakteur, den Rest verrechnet er als Bureauspesen, seinen Mitarbeitern bleibt er alles schuldig, so z.B. hat Walzel noch eine For[de]rung an die Gesellschaft vom ersten Repertoriumband her. Nun werde ich freilich Sorge dafür tragen, dass die Ministerialsubvention nicht in Houbens Hände fällt, werde auch trachten, die Geschäftsordnung innerhalb der Gesellschaft zu regeln, so dass Houben ohne Gegenzeichnung des Vorsitzenden kein Geld beheben kann. Im Augenblick ist er nemlich alles in einer Person, der Kassier eine vorgeschobene Puppe, der Kassensensor unzuverlässig, der Verleger nur für seinen Beutel besorgt. Gelingt mir die Sanierung der Gesellschaft nicht, so trete ich aus dem Ausschuss aus, warne das Ministerium und redigiere auch den öst. Band, de[r 19]08 erscheinen sollte, nicht. Sie behandeln diese Mitteilungen als vertrauliche, richten aber ihre ev. Ratschläge an Rommel u. Schiessl darnach ein. Ich halte Sie auf dem Laufenden, sende Ihnen auch meinen Vortrag, der in der Voss. Ztg. gedruckt wird. Möglich ist es übrigens auch, dass mir die S[ac]he von Gegnern Houbes zu schwarz gemalt wurde. Sonst war es in Berlin sehr angenehm, nur der Kreis um Geiger mir höchst widerlich. Fast bereu ich es, den Herrn zu Diensten gewesen zu sein.
Herzlichst Ihr treu erg. AS.

Graz, 3. Mai 1906 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 3.5.6

Lieber freund, Das gedicht ist gedruckt: Preller, Ein fürstliches Leben, Weimar 1859 S.98 mit einer einzigen variante. Wenn Sie es Picken zurückgeben, fragen Sie ihn vielleicht, ob Sie mir den ort der hs. mitteilen dürfen. Früher hat er mir auch selbst derlei gesagt; jetzt kenn ich seinen aufenthalt nicht.
Dank für Ihren brief. Die botschaft über die Bibliogr. gesellschaft klingt böse. Aber nicht überraschend; denn ich sehe auch sonst, dass gesellschaften misbraucht werden. Darum hat mir die Behrsche für den Jahresber. nicht gefallen wollen: sie war doch nur zum nutzen des verlegers, kam mir vor. Meine schützlinge werd ich warnen, falls sie mir Gelegenheit dazu geben.
Göttingen – ich habe Ihnen nicht davon geschrieben, weil es nur eine anfrage vor der beschlussfassung war. Das kommissionsmitglied wünschte, ich solle mich verpflichten. Warum ich ablehnte, lässt sich nicht gut schreiben, ohne breiter zu sein als Ihnen interessant sein kann. Deutschland u. die bibliothek u. das vermutete studentenpersonal u. anderes lockten sehr. Übrigens: Heyne hat eine prof. ad personam für das WB. Wer weiss, ob sie nicht dafür reserviert wird.
Ihr treu ergebener
BSfft.

Prag, 4. Mai 1906 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L.F. RMMeyer hat in dem Sammelwerk v. Matthias eine Stilistik geliefert, deren Aushängebogen ich auf der Reise las. Ich erinnere mich dabei Ihres Kollegs über Poetik etc.. und frage bei Ih[ne]n an, ob Sie das Buch nicht ausführlich im Euphorion rezensieren wollten. Erschienen ist es noch nicht; erscheint vielleicht auch nicht so bald, da es nur der Teil eines Bandes ist. Es sehr ungleich gearbeitet, vorwiegend auf Grund franz. u. engl. Literatur; enthält aber vieles Brauchbare.
Mit Berlin verhandle [ic]h; bitte noch um einige Geduld.
Bestens grüssend Ihr
treulich erg.
AS

Prag 4/5 06
Smichow 586

Prag, 5. Mai 1906 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L.F. Ich danke Ihnen vielmals für die gütige Auskunft. Ich habe Pick in diesem Sinne ge[sch]rieben. Er ist Oberlehrer am Kgl. Gymn. in Meseritz (Posen).
Bestens grüssend
Ihr
Treulich erg.
ASauer

Prag 5/5 06
Smichow 586

Graz, 7. Mai 1906 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L. frd. Das ministerium hat 300 K. bewilligt*), die 1906 flüssig gemacht werden, sobald Rommel anzeigen kann, dass „die abhandlung über die Wiener MA. als Ergänzungsheft der von prof. Sauer in Prag hg. Zs. Euph. erschienen ist“, „auf Rechnung des pro 1906 zu gewärtigenden Kredites.“ Diese formel ist doch wol nur amtsstil, weil das budget noch nicht erledigt ist. Der druck muss aber so zeitig fertig sein, dass die auszahlung nach 1906 erfolgen kann, sonst geht die summe verloren. Ich bitte nun zu versuchen, dass Fromme sich damit genüge sein lässt. Rommel schrieb mir am 1. mai, in 10 tagen könne er mir das mscpt zur durchsicht senden. Er rechnet 16 druckbogen ungefähr. Ich hoffe, dass das mscpt druckfertig ist, bitte aber schon jetzt, dass Sie sich auch seiner annehmen, da Sie in dieser litteratur zu hause sind, ich aber nicht. Ich werde sehr dankbar sein für alles, was Sie meinem schüler tun. Treulich grüsst Ihr ergebner
BSfft

7.5.6.
*) Gestern abends mir zugekommen. Wir hatten 400 K verlangt, gemäss Ihrer mitteilung.

Prag, 9. Mai 1906 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 9/5 06
Smichow 586

[L]. F. Die Sache ist nun etwas verwickelt. Als Kelle vor kurzem in Prag war und mich durch seinen Vater zu sich hatte bitten lassen erwähnte er, ich bekäme auch nächstens 400 Kr. Zuschuss für den Ephorion. Ich klärte ihn darüber auf, dass ich davon nichts hätte, musste aber annehmen, dass die Summe gesichert ist. Ich hatte nun vor ungefähr einer Woche an Fromme wegen Terminisierung der nächsten Jahrgänge u. Hefte ausführlich zu schreiben, erwähnte dabei des Ergänzungsheftes u. sagte ihm: das Min. werde 400 Kr. dafür bewilligen. Wir wüssten nur nicht, ob für 1906 oder 1907; wann er die Summe bekomme könne ihm übrigens gleichgültig sein. Er schreibt mir nun soeben wörtlich
„Die Ergänzungshefte bleiben davon [dass nach seinen Wunsch Band & Jahrgang äußerlich zusammen fallen sollen, der Zeit [n]ach] unabhängig; wir werden das neuste bei der erwirkten ministeriellen Unterstützung sogleich nach Empfang des Manuskriptes in Angriff nehmen.“
Das also das Heft nach 1906 erscheint, das macht gar keinen Anstand. 300 Kr. statt [4]00 wage ich Fromme gar nicht anzubieten, weil letztere Summe von Anfang an feststand und weil wir doch froh sein müssen, wenn er für die Bogen über 13 nichts verlangt. Es kommt ja auch noch das Register hinzu, das übrigens der Herr Vf. am besten selbst anlegt. Es müssen also 100 Kr. irgendwie aufgebracht werden, entweder durch eine nochmalige Eingabe ans Min., die in den Druck ja nicht aufzuhalten brauchte, oder durch Glossy und die Wiener Gönner oder durch eine Preiserhöhung des Heftes, die ich, wenn Sie sie für möglich halten, Fromme vorschlagen will. Ich warte mit meinem Brief an Fromme bis zu Ihrer Antwort. Den Zuschuss persönlich zu leisten, wie ich bei Arbeiten meiner Schüler schon öfter getan habe, dazu kann ich weiter auf S. 1 mich vorderhand noch nicht entschliessen. Ich setze ohnehin immer zu. Herzlichst und treulichst
Ihr AS.

Graz, 10. Mai 1906 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

L. fr. Dank für Ihre vorsorge. Da hat also herr Kelle, weil es nicht Ihnen galt, sondern uns, schnell noch was abgezwickt. Rommel wird die 100 K. zuschiessen. Ich bitte aber bei Fromme durchzusetzen für 400 K. zu leisten: 1) das Ganze, wenn es auch 13 bogen übersteigt (ich weiss ja nicht wie genau der verf mit seiner taxierung auf 16 bogen war); 2) keine extrakorrekturenentschädigung (sie werden nicht vorgesehen); 3) bis zu 100 K gewinnanteil (wol eine papierne zusicherung, aber doch zu wünschen). Das register muss R. anfertigen. Er stellt mir das mscpt für ende nächster woche in aussicht. Hoffentlich ist es so, dass ich es ihm nicht zurückgeben muss, sondern Ihnen senden kann. Immer neu dankbar für Ihr entgegenkommen u. Ihre mühen. Bestens u. treulichst grüsst,
BSfft

10.5.6.

Prag, 11. Mai 1906 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L.F. Ihrem Manuskript seh ich mit Freuden entgegen. – Ich habe mehr als ein halbes Jahr durch die Redaktion unserer nationalen Zeitschrift „Deutsche Arbeit“ verloren, allerdings einen grossen Erfolg erzielt, z. B. in kurzer Zeit gegen 250 neue Abonennten. Nu[n h]abe ich wieder einen Hilfsarbeiter gefunden; dem hoffentlich das Ganze von Herbst ab übergeben werden kann, und seit Beginn der Ferien kann ich wieder Anderes arbeiten. H. hat sich – scheinbar wenigstens – erholt u. ist momentan im Süden. er hält sich für genesen, auch sein Hausarzt ist dieser Meinung. Unser Psychiater hält an seiner Diagnose fest. – Ich wün[sch]e Ihnen angenehme Ostern und bin mit herzlichen Grüssen von Haus zu Haus Ihr
treu erg. AS.

Prag, 14. Mai 1906 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 14/5 06
Smichow 586

L. F. Ich bitte Sie folgendermassen [v]orgehen zu dürfen.
Da Euphorion niemals Autorencorrekturen berechnet, so ist eine Erhöhung der Kosten nach dieser Richtung ausgeschlossen. Umgekehrt bitte ich sie aber, auf die Forderung 3 – ev. [G]ewinnanteil – zu verzichten. Erstens ist er ausgeschlossen; zweitens würde diese Forderung, die bisher beim Euphorion noch nie gestellt wurde, Weiterungen zur Folge haben und ich weiss aus langjähriger Erfahrung: ich komme mit Fromme nur aus, wenn ich so wenig wie möglich mit ihm verhandle und jede Neuerung vermeide.
Deswegen möcht ich auch wegen der eventuellen Bogenüberschreitungen mit ihm nicht verhandeln; wenigstens jetzt nicht. Vielleicht ist Rommels Berechnung falsch; vielleicht lässt sich etwas kürzen oder petit drucken. Sollten aber die 13 Bogen überschritten werden u. Fromme Entschädigung verlangen, so werde ich sie ihm verschaffen, ohne Sie oder Rommel in Anspruch zu nehmen. Es sind bei Pallavicini, der die Verwaltung der Subventionen besorgt, einige Zinsen die Jahre her aufgewachsen, so dass [ich] nicht einmal persönlich in Mitleidenschaft gezogen werden. Ich bitte also um das Manuskript sobald wie möglich; vielleicht zunächst um einen grösseren Teil.
Hoffentlich sind Sie mit diesen Vorschlägen einverstanden.
Herzlich grüssend
Ihr AS.

Graz, 18. Mai 1906 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Selbstverständlich nehme ich gerne u. dankbar all Ihre vorschläge an; Sie haben freie hand. Ich weiss sehr wol zu schätzen, dass Sie dem erstling im Euph. unterstand gewähren. Ja, der genannte Schissel von Fleschenberg ist der, der Ihnen u. andern schnitzel zugesendet hat; ich habe ihm jetzt eine rede gehalten, dass er damit aufhören soll, bis er sich durch eine wirkliche arbeit legitimiert habe.
Rommels mscpt soll Ihnen zugehen, sobald ich es habe u. durchsehen konnte. Dankbar grüssend
Ihr BSfft.

Die deutsche Arbeit liegt noch wenig genossen, die vorlesungen u. meine schulbuben zehren mich auf.

18.5

Graz, 24. Mai 1906 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 24.5.6.

Lieber freund, Mit beschämung schicke ich Ihnen hier die – erste! hälfte von Rommels arbeit. Sie ist innerlich besser als ihr äusserliches, entsetzliches aussehen. Aber sie leidet auch an stilistischen schwächen und ist viel zu umständlich. Wie oft hab ich den mann von allem anfang an während der arbeit gebeten, verpflichtet, bestürmt, nicht erschöpfen zu wollen; das trage dies thema nicht. Nun hoffte ich, er werde die umarbeitung entsprechend kürzen (die diss. war anders, auch anständig geschrieben, kein blatt hat er daraus genommen). Und er behauptet ja auch gekürzt zu haben. Es ist ja richtig, dass die bühnenzusammenfassung Waldbergs in seinen 2 lyrikbüchern beim nachprüfen oft u. oft versagen. Und das schreckte Rommel, drum wollte er den letzten halm sammeln.
In der bibliographie hat er mir bei der diss. zu wenig getan, jetzt macht ers zu umständlich. Bl. 59a ff. gehört nicht zu den kritiken, sondern vor die geschichte des WA. Ich würde am liebsten das werk zurücksenden (was noch folgt, lehrt Sie das inhaltsverzeichnis). Aber wird ers besser machen? Er u. sein werk sind nun einmal so organisiert. U. die zeit drängt, wenn die subvention nicht verfallen soll. Lehrreich ist ja das ganze, dünkt mich, über den WM hinaus, für andere almanache, für die lyrik überhaupt, deren behandlung mir wenigstens immer am schwersten fällt.
Nun geb ich Ihnen anheim, was Sie ihm auferlegen sollen. Er wird gewiss alles freundlich aufnehmen. Den umfang vermag ich bei dieser art von ungleicher schrift gar nicht zu schätzen.
Und ich bitte mit aufgehobenen händen, mir nicht zu zürnen, dass ich Ihnen diesen gargantuaschen erstling zur taufe zuführe. Ich habe so sehr in den herrn gedrungen, ein normales kind daraus zu formen. Aber: er schreibt ein grosses buch, weil er nicht zeit hat, ein kleines zu schreiben; das gilt auch für ihn. U. von einem druckfertigen mscpt. hat er keine ahnung.
Grüssend und schuldbewusst – der rest folgt sobald als ich ihn durchfliegen kann –
Ihr
BSfft.

Prag, 27. Mai 1906 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 27/5 06
Smichow 586

Lieber Freund! Das Manuskript ist glücklich angekommen und ich habe es durchgesehen. Sie brauchen sich keine Skrupel zu machen: es ist eine tüchtige Arbeit und leidet eben unter den typischen Fehlern einer [A]nfängerarbeit. Auch war ja ein Vorbild für eine solche Untersuchung nicht vorhanden. Da eine gänzliche Umarbeitung ausgeschlossen ist, so lassen wir die Sache wie sie ist; es ist doch sehr dankenswert, dass einmal [ei]n Anfang gemacht ist. Ich habe also das Manuscript instruiert und sende es morgen nach Wien. Im gleichmässigen Corpusdruck gäbe das übersandte Manuscript 127 Seiten, da aber viele Anmerkungen drunter sind und ich noch einiges tabellenartige auch die Anhänge petit habe drucken lassen, so hoffe ich dass die Überschreitung des Manuscripts keine wesentliche sein wird, falls der zweite Teil nicht umfangreicher ist als der erste. Rommel selbst meint in einem Brief an mich, wenn der Umfang zu gross würde, müsste das Formkapitel oder die Einzelcharakterisitiken ausgeschieden [we]rden. Wir wollen jetzt einmal einige Druckbogen abwarten, bis wir sehen ob meine Berechnung richtig ist. Müsste ein Kapitel wegbleiben, so stelle ich ein reguläres Euphorionheft im Anschluss an das Ergänzungsheft dafür zur Verfügung.
Die vermerkten Lücken werd ich im Aug behalten. Im Augenblick weiss ich nichts darüber.
Ich nehme an, dass Sie Correkturbogen sehen wollen und lasse sie Ihnen zugehen.
Herzlich grüssend
Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Bitte mir zu sagen, ob Sie die Korrekturen mit Ihren Verbesserungen an Rommel oder an mich senden wollen. Letzteres wäre vorzuziehen.

Graz, 29. Mai 1906 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz 29.5.6.

Lieber freund, Ihr nachsichtiger brief hat mich sehr erleichtert. Hier der rest. An den formkapiteln interessiert mich auch, jetzt noch wie an der der diss. die „blick“studie, die allerdings – ich glaube nur in der hs. – verworren aussieht, aber fein u. originell ist. Das über das metrum gesagte, ist ganz blass; aber hier beobachtungen zu machen, wie ich sie erst seit kurzem lehre (dabei mit Cornus lat. metr. überraschend zusammentreffend), lohnen die verse wirklich nicht. Die verz. der str.-formen sind als grundlage für vglg. mit anderem wol nicht ganz wertlos. Die einzelcharakteristiken sind gegenüber der diss. wesentlich verbessert und geben dünkt mich klare bilder. Hier ist die öst. littgesch. tüchtig gefördert, mein ich.
Ihre entgegenkommende absicht, von der letzteren etwas (oder alle) in ein reguläres heft des Euph. hinüberzunehmen, wenns not tut, verpflichtet Rommel u. mich aufs neue. Im ganzen hab ich jetzt doch wieder den eindruck, dass Ihnen die arbeit keine schande bereiten werde.
Da Sie es wünschen, werd ich anfangs korrekturen lesen; bitte aber, sie dem verf. schicken zu dürfen, damit der hierin unerfahrene korrigieren lernt. Sobald er ein bisschen eingeschossen ist, muss ich ihn sich selbst überlassen, ich habe zu viel anderes über mir.
Schmidt drängt auf Wieland, Bauer, unser prüfgskommdirektor, zwang mich gegen meine neigung u. überzeugung zur mitarbeit am gymn. lehrerferienkurs. U. ich habe nicht Ihre arbeitskraft, die ich an der raschen erledigung des Alm.-mscptes. neu bewunderte.
Hat man Sie auch zur festschrift des Wiener bibl.-vereins genötigt? ich konnte unserm vortrefflichen Eichler dies ersuchen um einen beitrag nicht abschlagen, hatte aber nichts als zwei Wielandschmärzlein.
Hauffen lass ich grüssen.
Im seminar bin ich wieder Anzengruber u. ärgere mich über den unklaren Bolin, dessen Euph. aufsatz sich mit den briefen nicht durchaus deckt.
Bestens grüsst in treuen
BSfft.

Prag, 31. Mai 1906 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

L.F. Das Manuscript ist pünktlich angekommen. Ich seh es aber erst durch, bis ich die Berechnung des früheren Teils von Fromme habe, da[mit] ich gleich feststellen kann, was etwa wegbleiben muss. Der Druck wird dadurch nicht aufgehalten. – Sagen Sie also Rommel, dass er mit der Absendung seiner Korrektur an mich wartet, bis er die Ihrige erhalten. Wenigstens zu Beginn.
Mich hat der Wiener Bibl.-Verein zum Glück verschont. Ich lei[de] unter den Festreden dieses Jahres (Goethe, Stifter), an einem Beitrag für Marbach, an der Festschrift des Schottengymnasiums us.w. usw.
Glückliche Feiertage wünscht Ihnen
Ihr aufrichtig erg. AS.

Graz, 3. Juni 1906 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Vielen dank für Ihre überraschende Stifterstudie. Ohne Ihren beweis hätte ich die behauptung der wirkung C.s auf S. nie geglaubt. Was Sie über die kompliciertheit der verhältnisse zu eingang sagen, ist mein evangelium auch. Darum ist auch die physiol. ästhetik so unbrauchbar für uns, weil sie die verhältnisse vereinfachen muss aufs äusserste, während für uns nur komplexe bewertet werden müssen. Rommel ist instruiert, auf meine Korrekturen zu warten. Hoffentlich gefällt Ihnen der 2. teil. Auf Frommes berechnung des umfangs bin ich neugierig. Darf Rommel das Register auf blättchen in druck geben oder muss ers abschreiben? Gutes fest Ihnen u. der Ihrigen!
Ihr BSfft.

3.6.6.

Prag, 4. Juni 1906 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

L. Fr. Fromme berechnet das ihm übergebene Manuscript auf 7 – 7 1/2 Bogen; die Überschreitung wäre also nicht gross. Nun muss freilich noch ei[ne] Schwierigkeit beseitigt werden, an die ich bisher nicht dachte: R. M. Meyer muss die 24 Ex., die er von jedem Jg. bezieht, auch vom Ergänzungsheft subscribieren. Ich habe ihm heute deswegen geschrieben. Bisher benahm er sich in solchen Fällen immer sehr nobel.
Zur Durchsicht der 2. [Häl]fte müssen Sie mir noch einige Tage Zeit gönnen. Ich habe mir die Feiertage geschäftsfrei machen wollen einer Arbeit wegen. Herzlich grüssend Ihr
AS.

Prag, 7. Juni 1906 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Meyer hat zugesagt und nun ist auch das letzte Hindernis weggeräumt; ich hoffe, dass Fromme sogleich zu drucken beg[i]nnt.
Das Register kann in Zetteln eingeschickt werden; doch empfiehlt es sich, diese zu paginieren. Möglichster Anschluss an die sonstigen Register der letzten Euphorionbände wäre zu wünschen.
Bestens grüssend
Ihr
herzlich erg.
ASauer

Graz, 28. Juni 1906 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Rommel ängstigt sich über Frommes zaudern. Ich hab ihn zu beruhigen getrachtet. Für Ihr progr. zur bibliographie österr. zss. dank ich Ihnen; es führte mich in eine mir fast fremde welt. Die hefte Deutscher arbeit sind ausgezeichnet. Wann würden meine Wielandiana wol gesetzt? nicht, dass ich dränge. Aber ich möchte wissen, ob ich material zur korrektur, auch zu einem nachtrag, mit aufs land nehmen muss, oder ob ich erst nach der ersten septberwoche korr. erhalte.
Morgen kommt Steinmeyer hieher auf einer Ws.-reise. Jetzt sind wir in sorge, dass unser Bauer nach Halle geht. Es wäre für die fakultät u. für mich ein grosser verlust. Alles beste Ihnen u. der Ihrigen! Treulich BSfft.

28.6.6.

Prag, 29. Juni 1906 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L.F. Gleichze[it]ig mit Ihrer Karte ka[m] beiliegende Antwort Frommes auf meinen Schmerzensschrei. Wie viel darin auf Wahrheit beruht? Aber ich kann infolgedessen augenblicklich über die nächsten Korrekturen nichts sagen; vielleicht in 14 Tagen. Wenn es Sie aber nicht sehr belästigt, nehmen Sie das Material mit. Rommel bitte zu beruhigen. Es wird noch alles fertig werden. Bauers Ruf ist für ihn höchst erfreulich. Ich vergehe vor Arbeit u. Hitze. Treulichst Ihr AS.

Prag, 6. Juli 1906 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Vielen Dank für die willkommene Sendung. – Ich freue mich mit Ihnen, dass B. Ihrer Fakultät erhalten blei[bt]. – Fromme schwört heilige Eide und beginnt auch wirklich die unterbrochene Arbeit. In 18 Tagen werde ich klarer sehen
Bestens grüssend
Ihr
stets erg.
AS.

Prag 7/6 06
Smichow 586

Graz, 10. Juli 1906 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich dank Ihnen für Ihre frommen bemühungen. Der herr wird kalender drucken. Vielleicht kann man ihm damit einheizen, dass man ihm der wahrheit gemäss sagt, die subvention gehe verloren, wenn das Erg.H. nicht bis november fertig ist; falls er die heiligen eide nicht wirklich hält, wie Ihre letzte karte doch zu hoffen erlaubt. Ich muss noch 8-14 tage hier im dunste sitzen, eh ich wieder nach Obertressen 41 bei Aussee Steiermark gehe, wo meine familie schon sitzt. Arbeit, arbeit! u. nichts wird fertig.
Alles schönste u. beste Ihnen und der Ihrigen.
Ihr abgehetzter
BSfft.

10.7.6.

Rosenthal, Sachsen, 20. August 1906 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Obertressen bei Aussee, Steiermark

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Auszug:

L. F. Ich möchte Sie bitten, Rommel darauf aufmerksam zu machen, dass in Nagls & Zeidlers Ost. Lit. G. der WM. in den letzten Lieferungen ausführlich behandelt ist. Ergänzungen werden sich zwar ka[u]m ergeben; aber das Verhältnis zu diesen §§ müsste irgendwo festgestellt werden; am Schluss oder in einer Vorrede.
Wir reisen übermorgen auf 1 Tag nach Dresden; am 24. bin ich in Prag, dann muss ich auf 3 Tage nach Oberplan; am 8/9 Sept. nach Franzensbad. Meine Adresse bleibt von nun an w[i]eder: Prag.
Möchten Sie sich recht erholen.
Herzlichst grüssend
Ihr
AS.

Obertressen bei Aussee, Steiermark, 31. August 1906 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Herrn Professor Dr. August Sauer
Prag
Smichow 586

Lfr. Ihre Euph.sendungen kamen zu willkommenster stunde, eben als ich mit der verwünschten vorbereitung des ferialkurses zu ende war. Besonders gefesselt hat mich Wenderoths Plejade. Stemplinger ist gute vorarbeit, man muss aber bei Wlds. Horaz tiefer greifen. Spitzer ist sachlich sehr gut, nur breit u. überschwänglich wie immer. Michels‘ Faustiana sind im kritischen teil mir lieber als im positiven. RM Meyer soll sich, bevor er nach Göttingen gerufen wird, sein eigen wort o.begnichte/mitte: es ist wirklich schade & vorhalten. – Haben Sie dank für die reiche vorkost. – An den ersten 2 bogen Mus. Alm. habe ich viel korrigiert; jetzt wird es Rommel allein besorgen. Dass er Nagel-Zeidler nicht totschweigen darf, hab ich ihm schon bei der umarbeitung u. neuerdings auf Ihre erinnerung hin geschrieben. Ich fahre zwischen dem 7. u. 10. nach Graz. Alles Gute für den Franzensbader aufenthalt wünscht Ihnen beiden Ihr treu ergebner
BSeuffert

O. 31.8.6.

Prag, 28. Oktober 1906 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 28/10 06
Smichow 586

Lieber Freund!
Die heutige Zeitungsnachricht gibt mir den willkommenen Anlaß ihnen zu schreiben, sie zu der kaiserlichen Auszeichnung zu beglückwünschen und uns Österreicher, dass sie uns erhalten [ge]blieben sind. Ich habe ihre Schule jetzt bei dir Korrektur der Rommelschen Arbeit wieder aus voller Seele schätzen gelernt. Die Untersuchung ist sehr solid, bes. die Charakteristiken sehr gut u. fein. Der Vf. hat eine besondre Begabung hinter den Worten die Persönlichkeit zu [e]rspähen. Nur mit seinen Citaten wars bös bestellt. Jedes das ich nachgeschlagen, war falsch. Zum Glück hatte ich fast den ganzen WM. u. auch alle citierten Gedichtsammlungen, so dass ich von den längeren Citaten fast keines ungeprüft laufen [zu] lassen brauchte.
Es fehlt noch das Register, das ich täglich erwarte.
Mit Fromme steht es so. Ich gab Auftrag, wenn die Arbeit mehr als 13 Bogen [gä]be, möge er mich vor dem Satz der Charakteristiken verständigen, damit ich angebe, wo abzubrechen sei. Er tat das nicht. Also hat er es verwirkt, irgend Bedenken erheben zu dürfen. Sollte es doch geschehen, so möge Rommel gar nichts darauf antworten sondern ihn nur an mich verweisen.
Wir bitten Sie um folgendes. Lessiak möchte seine venia legendi gerne reserviert sehen. Wie haben Sie das seinerzeit bei Zwierzina gehalten. Hat er eingereicht, haben Schönbach & Sie den Antrag gestellt?
Ich habe arg zerstörte Ferien gehabt, war anfang Okt. noch in Jena & Weimar, grad als der Bachprozess spielte, bei dem Suphan so schmählich ausriss. Als Curiosität teilte mir Michels mit, dass Schröder unsern Kr[au]s für – neuere Literatur berufen wollte. Für einen Faschingsscherz gut genug. Herzlich grüssend
Ihr treu erg. AS.

Graz, 31. Oktober 1906 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Verzeihen Sie, l. freund, dass ich nur kurz danke. Ihre freundliche begrüssung hat mich sehr gefreut. Dass Ihnen Rommels arbeit gefällt, freut mich u. beruhigt mich: Sie sind da urteilsfähiger als ich. Ich habe manches anders gewünscht, wie ich schon früher schrieb. In der diss. hab ich wol 50 u. mehr citate nachgeprüft und keinen grossen %satz fehler gefunden, R. aber auf diesen aufmerksam gemacht. Nun hat er seine schrift nicht mehr lesen können, scheint mir. Ich dank Ihnen für die korrektur, als ob Sie mir sie erwiesen hätten. Ich selbst besitze wenig von den cit. Drucken. Zwierzina hat sich seine priv.-docentur nicht offen gehalten. Mir kommt das auch unmöglich vor; er hätte sich nur vom min. beurlauben lassen können; denn ein nicht beurlaubter muss nach der vorschrift in loco wohnen. Allerdings hat hier ein physiker einmal seine familie gelassen im eigenen haus u. ging nach Göttingen lesen, ohne uns zu verständigen. Das hat andere erregt, aber man liess es hingehen, bis der mann auch in G. satt war u. wieder ganz hier lebte. Will L. einmal zurück, so erneuern Sie eben in der fak. die venia. Das haben wir hier schon getan. – Fromme hat meine S. A/G. La Roche irgendwohin abgesandt; Fatal!
Grüssend Ihr dankbarer BSfft.

Prag, 2. November 1906 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Ich kann Ihnen leider nur 3 Exemplare des La Roche Aufsatzes schicken, die ich aus meinem Vorrat zusammenstellen konnte Ich bin erbost auf Frommes Schlamperei. Auch hätte der Herr, der die Bogen bekommen hat, sie wohl zurücksenden sollen. Hat Ihnen Fromme gar keinen Ersatz geliefert?
Besten Dank wegen der Auskunft über Zw.
Herzlich grüssend
Ihr erg.
AS.

Prag 2/11 06
Smichow 586

Graz, 4. November 1906 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ich danke Ihnen sehr für die karte u. die überlassung der 3 ex. Fromme hat mir in aussicht gestellt: er „hoffe einige Stücke des Aufsatzes nachliefern zu können“, er bitte um geduld. Bisher hat er nichts geschickt. Ich glaube aber nicht, dass er umfragt, wer es erhalten haben könnte. (Da wir aber nun bei unregelmässigkeiten sind, bitt ich nachzurechnen, ob Fromme mit 13 Kronen 22 hlr das honorar für die zusamnen 9 seiten meiner beiträge richtig berechnet hat, mir kommt es weniger vor, als er sonst zahlte. Ich weiss aber den honorarsatz nicht. U. für einen d. artikel ists zu viel; also wird er schon recht gerechnet haben.) Die La Rochiade ist ja niemand amüsant als mir: ich wollte nur gerne Wielandhelfern damit danken. Aber zu ärgern brauchen Sie sich nicht. Treulich grüsst
Ihr BSfft

4.11.6.

Prag, 5. November 1906 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Wir zahlen 20 M. für den Bogen. Meine Berechnung war also 5 S. = 6 M. 25. Das dürfte also ungefähr stimmen.
Im Übrigen scheint bei Fr., die alte Unordnung, die eine Zeitlang gebannt schien, wieder einzureissen. Ich gienge wieder auf die Verlegersuche, wenn ich nicht in Folge der feindseligen Haltung einiger Berliner Kreise gegen die Zeitschrift, nicht eher dazu neigte, sie eingehen zu las[se]n. Ich warte nur auf den günstigsten Anlass dazu.
Herzlich grüssend Ihr
treul. erg.
AS.

Graz, 8. November 1906 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Sie haben wol auch gelesen, dass Ihr Euphorion im antiquariat 500 M. wert ist u. da denken Sie ans aufgeben! Einen verleger, der ohne privaten zuschuss arbeitete, wünschte ich Ihnen allerdings. Ich habe schon gedacht, ob jetzt, wo die Jahresber. ein bibliogr. verz. der besprechung vorausschicken, dies nicht viertel- oder halbjährig erscheinen u. mit dem Euph. verbunden werden könnte. Um 1 jahr ist auch Ihre bibliogr. zurück. Arbeitet der Jahresber. das verz. wirklich schnell aus, wie er verheisst, so könnten die doppelten kosten gespart werden. Wenn dann der berichtende teil der Jahresberichte eingeht, so ist wenig verloren. Ich persönlich, würde eine bibliogr. vorziehen, die wirklich nur litthist. persönlichkeiten u. sachen betrifft u. das kunstgeschl., pädagog. etc. abschneiden. Das ist aber ansichtssache. Jedenfalls: bleiben Sie bei der stange! Ergebenst grüsst Ihr BSfft.

8.11.6

Prag, 22. November 1906 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 22/11 06
Smichow 586.

Lieber Freund!
Ich möchte beim Stifter Ihren Vorschlag nachahmen, auch die Namen der erfunden Personen ins Register aufzunehmen. Da Sie die Sache jedenfalls genau durchgedacht haben, so werden Sie mir einige Zweifel leicht beantworten können.
Wollen Sie historische Personen- und Ortsnamen von erfundenen Personen- & Ortsnamen trennen? Das gäbe also nach meinem Prinzip Personen & Ortsnamen zu trennen: 4 Register
I. Personennamen
A. Historische
B. Erfundene (oder wie?)
II. Ortsnamen
A. Wirkliche?
B. Erfundene?

Wenn erfundene Personen nur mit ihren Taufnamen ausgeführt werden, so erscheinen sie im Register unter diesem, in demselben Alphabet mit d[en] übrigen Eigennamen?
In einer Stifterschen Erzählung kommt zuerst ein namenloser Fuhrmann vor, später heisst er Botensimon; würden Sie alle diese Stellen unter „Botensimon“ verzeichnen? Oder unter „Simon“.? Würde dieser [Fu]hrmann nicht mit Namen genannt werden, würden Sie ihn dann auch im Register verzeichnen und wie? (vorausgesetzt dass er eine wichtigere Rolle in der Handlung spielt? oder unter allen Umständen?)
In der Narrenburg kommt ein Hundename (Hüon) vor. Soll man auch einen Hundehöfich errichten? Dass der Hund Hüon heisst, ist ja literarhist. vielleicht nicht gleichgültig.
Mit den Vorschlägen zur Bibliographie des Euphorion haben Sie vielleicht ganz recht. Ich ko[m]me möglicherweise auf diese Vorschläge demnächst zurück. Denn es hapert wieder einmal mit den Gönnern.
Mit besten Grüssen Ihr aufrichtig erg.
AS.

Prag, 23. November 1906 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 23/11 06
Smichow 586

[L.] F. Verzeihen Sie, dass ich Ihre Güte so misbraucht habe. Sosehr ich mir auch den Kopf zerbrach, wollte mir der Name eines Grazer Blumenladens nicht einfallen und wär er mir auch eingefallen, wer weiss ob er noch existierte. An Schönbach traut ich mich nicht heran. Mit den andern Grazer Freunden und Bekannten steh ich fast ausser Verkehr. Und eine Sen- dung von hier wär ja zu spät gekommen.
Haben Sie das Geld für mich ausgelegt, so bitt ich um Angabe des Preises. Wenn nicht, so wär es für Sie das Bequemste, wenn die Blumenhandlung mir die Rechnung vorlegte, die ich dann direkt bezahlte.
Mir hat Zwiedineck im Leben so viel Freundliches erwiesen, dass ich nicht ohne Gruss von ihm Abschied nehmen wollte.
Herzlich grüssend
Ihr
treulich erg.
ASauer.

Graz, 24. November 1906 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfrd. Von dem unter grösster teilnahme vorgegangenen begräbnis unseres Zwiedinecks heimkehrend finde ich Ihren brief. Es bedarf wahrlich keiner entschuldigung, dass Sie mir den auftrag gaben; ich wünsche das recht zu haben, der nächste dazu zu sein und Ihnen bei fröhlichem anlass auch einmal dienen zu können. Natürlich habe ich die sache geordnet.
Für das neue heft Euph. danke ich sehr; ich habe bis jetzt nur die Genovefa angesehen: kann sein, muss aber nicht; der mann weiss nicht, oder schätzt nicht ein, dass die lat. dramatik noch im 17. jh. wie vorher aus ent- u. anlehnung bestand.
Treulich Ihr BSfft.

Graz, 1. Dezember 1906 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt.

Graz, 20. Februar 1907 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Verzeihen Sie, dass ich so viel korrigiert habe: ich habe eben inzwischen neue bücher erworben. es ging langsam, weil ich katarrhfieber habe.
Grüssend Ihr ergebner
BSfft

20.2.7

Der verleger könnt mir davon 25 ex. gönnen, da er mir neulich nur 2 schickte.

Prag, 15. März 1907 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Euer Wohlgeboren!

Herr Hofrat Johann von Kelle in Prag, der Senior der altdeutschen Studien, vollendet am 15. März 1908 sein achtzigstes Lebensjahr. Seine Freunde, Mitarbeiter und Schüler beabsichtigen, ihn bei dieser Gelegenheit mit einer wissenschaftlichen Schrift zu begrüssen, an der sich zu beteiligen wir Sie hiermit bitten. Die einzelnen Beiträge sollen im Durchschnitt den Umfang eines halben Bogens der „Prager Deutschen Studien“ (ungefähr 2600 Worte) nicht übersteigen. Die Manuskripte werden bis längstens 1. Nove[mbe]r 1907 an einen der Unterzeichneten [erb]eten. Jeder Teilnehmer erhält kostenfrei 1 Exemplar der Schrift und 12 Sonderabzüge seines Beitrages. Falls von letzteren eine grössere Anzahl von Exemplaren gewünscht werden sollte, so bittet man dies auf dem Manuskript des Beitrages zu vermerken.

Mit ausgezeichneter Hochachtung

Prag, 15. März 1907
Professor Carl v. Kraus
Smichow, Inselgasse 13.

Professor Dr. August Sauer
Smichow 586.


L. F. Es wäre uns natürlich eine grosse Freude, wenn Sie mittäten. Minor, Seemüller, Schröder u. Roethe haben zugesagt
Mit den schönsten Ostergrüssen
Ihr
Treulichst erg.
AS.

Prag, 25. März 1907 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 25/3 07
Smichow 586

Lieber Freund! Ich danke Ihnen für Ihren freundlichen Brief. Da Sie in Prag mit mir seinerzeit im Vorschlag waren, so musste ich annehmen, Sie hätten zu K. Beziehungen gehabt; übrigens wollten wir keinen der österr. Fachgenossen ausschliessen. Vielleicht hätten wir dieses Wort im Aufruf besser verwendet.
Ich ersehe aus Ihrem Brief mit Schrecken, dass ich Ihnen den oft erwogenen Brief über W.s Habilitation [nu]r in Gedanken geschrieben habe. Jawohl, ist es ein Sieg für mich. Es war weniger die Habilitation von W., als die von Schneider, dem K. dieselben Schwierigkeiten zu machen die Absicht hatte. Schneider exzellierte aber geradezu im Colloquium bei K.; so dass er wol zur Einsicht kommen musste, dass auch ein neuerer Literarhistoriker gediegene Kenntnisse aus der Grammatik haben kann.Nun animierte ich W. von Neuem. Dessen Colloquium verblüffte das Collegium durch die grenzenlose Sicherheit mit der ! alles vorbrachte. Kraus selbst dehnte die venia auf „Sprache“ aus. Da sich auch ein dritter Schüler von mir, [W]ihan, u. zwar für vgl. Lit. Gesch. habilitierte und ein vierter Lektor für Tschechisch wurde u. seine Habilitation für slav. Sprachen vorbereitet, so komme ich mir nun wie der Ältervater vor, der sich bald [z]ur Ruhe setzen kann. Man wird jetzt in der Tat hier viele Dinge hören können, die man anderwärts nicht hört.
Ich war in dem abgelaufenen Semester mit fast 100 Seminaristen überbürdet wie noch nie, drucke gleichzeitig an 9 Bänden Deutschböhm. Bibliothek, worunter 6 Stifterbände und weiss manchmal nicht, wo mir der Kopf steht. Nur mit dem Euphorion geht es, dank Frommes unglaublicher Trödelei, über alle Massen langsam. Aber ich kann gar nicht dagegen ankämpfen.
Dass sich der Zustand Ihrer Gattin so zum Argen gewendet hat, ist unsäglich traurig. Hier mögen wol die heranwachsen[de]n Kinder Trost und Erleichterung verschaffen. Meiner Frau gieng es in diesem Winter um Vieles besser; aber nur infolge eines Wirbelwinds von Geselligkeit, der mich freilich nicht in seine Kreise einbezog, aber mich doch insofern in Mitleidenschaft [zog], als ich gar nichts von ihr hatte. So bewegen wir uns wohl in den grössten Gegensätzen.
In aufrichtiger Freundschaft
Ihr sehr erg. AS.

Graz, 30. April 1907 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Vielen dank, l.fr., für das reiche heft. Ich habe Richard M. schon lange nicht so gerne u. überzeugt im allgemeinen zugestimmt wie diesmal. Pissin zerrinnt mir unterm lesen; wenn ich Petrich u. Ranftl nicht für das ideal halte, besser als an. kennzeichneten sie doch, da eben die Pissinsche „vergeistigung“ des materials verflüchtigung ist oder wird. Weiter bin ich noch nicht u. komm ich heute nicht.
Volles haus wiederum. Sie haben wol auch an den kaisertagen anteil gehabt. Ob mit deutscher freude? mir ists nicht klar.
Ergebenst grüsst Ihr BSfft

30.4.7.

Prag, 11. Mai 1907 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Da ich gerade ein [M]emorandum über eine kritische Grillparzerausgabe ausarbeite (ob es Erfolg hat ist mehr als zweifelhaft), so habe ich Ihre Proleg. abermals durchstudiert. Dabei ist mir zweifelhaft geblieben, wie Sie sich die Lostrennung des Apparats in einzelnen Heften denken. Bleiben die Register beim Textband oder beim Apparat? Man müsste also die Register in einen andern Band suchen. Wie ist die doppelte Paginierung des Apparats gemeint? Fortlaufend oder anschliessend an den Textband, u. dann fortlaufend in dem Apparatband; also
454 (1)
oder
1 (Bd IV, 454)

Bei Stifter werde ich zu folgendem Auskunftsmittel geführt. Ich habe in Bd I eigentliche Anmer- kungen nur ganz schüchtern angebracht & leider mit den Lesarten vermengt. Von Bd 2 ab trenne ich die Anmerkungen von den Lesarten und da sie nun auch reichlicher fliessen, so belasse ich die Lesarten bei jedem Band (mit dem Register); die sachlichen u. stilistischen An[m]erkungen zu Bd 1 (Nachträge) – 5 stelle ich in einen eigenen Bd 5 II zusammen, dem ich vielleicht auch ein paar Stiluntersuchungen beigebe, jedenfalls ein eigenes Register. Ich werde zu dieser Teilung dadurch geführt, dass die einzelnen Bde mit den Lesarten schon sehr stark werden, mit den Anm. sogar unförmlich. Eine Abtrennung des ganzen Apparats von 2 ff. angefangen erwäge ich auch noch; ich würde dann aber doch dem Text das Register beigeben und dem Lesarten & Anmerkungsband wieder eines. Wäre dieses Doppelsystem für Grillparzer (und auch Wieland) nicht vielleicht praktisch. Bei der Deutschböhm. Bibl. kommt hinzu, dass wir mit gebundenen Bänden rechnen müssen.

weiter auf S. 1 Wollten Sie so gütig sein, über Ridderhoff, S. La Roche u. Wieland Hamb 1907 ein Wort im Euph. zu sagen. Das Ex. liegt bereit.

weiter auf S. 4 Es gieng mir in letzter Zeit nicht gut; nun glaub ich mich wieder zu erholen. Nächste Woche (nach dem Wahltag) muss ich nach Wien.
Herzlichst grüssend Ihr AS.

Prag, 11. Mai 1907 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Verzeihen Sie, dass ich Sie noch in einer Sache interpelliere. Wenn sich eine grössere Stelle der Wortfolge nach absolut in Varianten nicht aufklären lässt, wenn aber doch einzelne ähnliche Worte [o]der Wortgruppen enthalten wären, die man gerne confrontierte, wie lässt sich das tun? Würden Sie es billigen, dass man diese Einzelvarianten vor oder nach der mitgeteilten Stelle etwa in einer eckigen Klammer oder sonstwie besonders angezeigt wiederholte? Warum stellen Sie die Einzelvarianten voran und lassen die Mitteilung der g[an]zen zusa[mm]enhäng.Stelle folgen? Wo wären die ????? zu setzen? An den Beginn der Einzelvarianten oder an den Beginn der zusammenhängenden mitgeteilten Stelle? Nicht für Grillparzer, sondern für Stifter erbitte ich diese Antwort. Ihr AS.

Prag, 17. Mai 1907 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Redaction der Zeitschrift für Literaturgeschichte Euphorion.

Prag, den 17/5 1
907
Smichow 586.

Sehr geehrter Herr!
Wären Sie geneigt,

E. Ermatinger, Die Weltanschauung des jungen Wieland. Frauenfeld 1907
im Euphorion zu besprechen? Das Recensionsexemplar steht zu Ihrer Verfügung.

Raumgrenze: ... Druckseiten für eine ausführliche Recension.
... Druckseiten für ein blosses Referat

Hochachtungsvoll
und herzlich grüssend
Ihr erg. Prof. Dr. A. Sauer.

Hoffentlich komme ich diesmal nicht wieder zu spät. Ich habe das Exemplar soeben erst erhalten

Graz, 19. Mai 1907 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ja, ich will Ihnen den Ermatinger besprechen, da Sie es wünschen.
Fromme war so nobel, mir zum ersatz für die beim vorigen hefte nicht gesandten SA diesmal 30 zu schicken: ich dank Ihnen dafür. Er ist aber doch ein köstlicher kerl: damit ich ihn ja nicht für zu nobel halte, hat er das packet unfrankiert geschickt. Man muss abers.geschäft verstehn.
Herzlich, treulich
BSfft.

Graz pfingstsonntag früh 07.

Prag, 26. Mai 1907 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Lieber Freund! Ich bin bestürzt darüber, dass der Setzer meine Anordnungen derart misverstanden hat. Ich hatte angeordnet, dass schon die Fahnenk[orr]ektur Ihres Aufsatzes in Seiten umgebrochen werden sollte, damit die Zeilenzahlen später nicht geändert zu werden brauchen. Und nun setzt dieser Unglücksmensch die Marginalien nach dem Manuskript!! Verzeihen Sie also, dass ich Ihnen nun doch doppelte Mühe gemacht habe; selbstverständlich bekommen Sie eine zw[ei]te Korrektur. Es ärgert mich, dass ich gerade Ihnen gegenüber soviel Malheur habe.
Herzlich grüssend Ihr AS.

Graz, 27. Mai 1907 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Und ich wollte Ihnen schreiben, wie viel dank ich Ihnen schulde, dass sie mein Mscpt so gut für den setzer hergerichtet haben, mit unendlicher mühe. Ich hatte darauf gesündigt, dass er ant. u. frakt. auch ohne unterstreichen auseinander halten könne. Übrigens hält die bezifferung die korrektur nur auf u. Sie müssen mir etwas geduld gönnen. Ich habe gerade heute unaufschiebbare fakultätsgeschäfte dazwischen bekommen. Der setzer ist diesmal ungewöhnlich sorgfältig verfahren, der satz ist wirklich gut. Doch will er genau geprüft sein. Darf ich bitten, dass nach abschluss der korrektur ich mein mscpt, soweit es abschrift ist, zurück erhalte? es ist doch um einen grad originaler als der beste abdruck. Mit aufrichtigem danke Ihr treuer
BSfft.

Aus zuschriften sehe ich, dass der Euph. sich des Schwabenartikels nicht zu schämen braucht.

Prag, 29. Mai 1907 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

L. F. Sollten Sie die Neuausgabe der La Roche, Sternheim im Euphorion – lang oder kurz – rezensieren wollen, so wüsste ich das eben eintreffende Rezensionsexemplar in den besten Händen. Wenn mir alle Aufsätze des Euphorion Ihrer Beiträge würdig wären, dann könnte ich beruhigt sagen, dass der Groll der Berliner unberechtigt ist.
Mit den besten Grüssen
Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Graz, 31. Mai 1907 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Als mir Schröder Ridderhoffs Programm auflud hat er gleichzeitig auch den neudruck mir aufgehalst. So kann ich leider Ihnen nicht dienen. Ich danke für das angebot sehr. Ihre ankündigung einer revision meines Uzleins ist mir sehr erwünscht. Ich konnte den feinen druck nicht in einem zug korrigieren, der augen wegen, er hatte auch andere hemmnisse. Ich nehme an, dass, wenn mit der revision das mscpt an mich zurückkommt, ich die abschrift behalten darf. Ergebens grüsst
BSfft

Schönbach erzählt von Ihrem Grillp. so, dass ich ihn für gesichert halte, u. ich beglückwünsche also Sie u. uns dazu.
Vom Berliner groll auf den Euph. weiss ich nichts.

Prag, 15. Juni 1907 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Liebe[r] Freund!
Ich sende Ihnen anbei das gewünschte Manuskript. Die Revision geht Ihnen durch Fromme direkt zu und ich bitte Sie, sie möglichst bald an mich weiterzuleiten.
Aus Wien ist noch keine Entscheidung da und das macht mich etwas nervös.
[M]it besten Grüssen
Ihr
aufrichtig erg.
AS

15/6 07.

Graz, 27. Juni 1907 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Ich beglückwünsche Sie herzlich zur wahl! Mögen Sie ein friedliches rektorat haben! Auch der künftigen frau rektorin huldige ich. In treuen Ihr
BSfft

Prag, 1. Juli 1907 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

L. F. Herzlichsten Dank. Die Wahl kam mir weder erwartet noch erwünscht; aber si[e f]reut und ehrt mich. Ich wollte Sie, falls die Grillparzerausgabe zustande kommt, in diesem Sommer überfallen, fürchte aber, diesen Plan jetzt aufgeben zu müssen. Sagen Sie mir aber doch, wo Sie zu finden sind.
In herzlicher Ergebenheit Ihr
AS.

Graz, 2. Juli 1907 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Die bibliogr. gesellschaft fordert die zahlung des jahresbeitrags pro 1907. Das seminar ist mitglied. Da es überdies verschuldet ist und ich auch andere vereinsmitgliedschaften abstossen will, habe ich der Bibl. ges. gegenüber die neigung dazu um so mehr, als sie ein säumiger zahler ist, d.h. ihre publ. nicht liefert u. doch auch finanzielle sehr bedenklich gestanden sein oder stehen soll. Ich möchte erst Ihre meinung als die eines kundigen hören. – Ein frl. stud. hat 3 im hiesigen archiv liegende briefe kopiert: Klopstock u. Herder an Gluck faktlos. Reinhold an Hammer-Purgstall Klopst. ist ungedruckt, Herder an verstecktem ort (Hagen 1, 477 ausn. 1); Reinhold (ungedruck) ist nicht litterar., aber politisch interessant, u. der brief doch an litterar. Österr. gerichtet. Haben Sie lust auf alle oder auf einen teil für den Euphorion?
Die erklärung überwache ich. Bestens grüsst in treuen
BSfft.

Graz Harrachg. 1. 2.7.7.

Prag, 6. Juli 1907 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

L. F. Die erwähnten Briefe sind mir gewiss willkommen. – Die Bibliographische Gesellschaft ist in Folge meines Eingreifens im vorigen Jahre saniert worden; es sind neue Anteilscheine eingezahlt worden, ein neuer Sc[hatz]meister ist bestellt, ein neuer Sekretär gewonnen. HHHouben sind wir los. Die Publ. für 1908 arbeitet Wukadinovič unter meiner Leitung. Wenn Sie es also irgendwie möglich machen können, springen Sie jetzt nicht aus. Natürlich werden sich die Wirkungen der neuen Aera nur langsam zeigen können.
Mein Rektorat wirft seine Schatten voraus. Ich gehe nach Marburg zur Rektorenconferenz und nach Giessen zum Univ. Jubiläum, da mein Herr Vorgänger sich dieser Pf[lic]ht entzieht. So bröckelt mir sc[ho]n wieder ein Stück von den Ferien ab.
Herzlich grüssend Ihr
treulich erg.
AS.

Graz, 10. Juli 1907 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Nach Ihrem wunsche hat das seminar den jahresbeitrag für die bibl. ges. pro 1907 heute gezahlt. hoffentlich erfüllen sich Ihre erwartungen. – Die briefe wird das frl. vor den ferien nicht mehr liefern können, da es sich auf den besuch Grenobles vorbereitet. Dank für die zusage der aufnahme. – Ich hoffe gegen den 26. juli nach „Obertressen 42 bei Aussee, Steiermark“ zu kommen, wo meine familie schon sitzt. Es wird mich sehr freuen, Sie dort zu haben. Leider ist im Häuschen kein platz für einen gast u. in Obertressen kein gasthaus. Aber es ist ja von Markl Aussee nur ½ stunde hinauf. Machen Sie es doch möglich zu kommen!
In Giessen u. Marburg wird es Ihnen gefallen. In treuen
Ihr BSfft

10.7.7. Übermorgen schliess ich die vorlesungen.

Prag, 11. Juli 1907 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund!
Damit das beiliegende Blatt mit einer Notiz Rosenbaums, die vielleicht nicht ganz ohne Wert ist, über die Ferien nicht verloren gehe, sende ich es Ihnen zu dieser unpassenden Zeit.
Mir hat die Rektorswahl wohl einen Strich durch meine Pläne gemacht. Ich muss zunächst nach Marburg und Giessen zu Rektorenkonferenz und Jubiläum, komme also erst am 4/5 August in mein Moorbad (wa[hrs]cheinlich Muskau in Schlesien); ob ich dann in der Zeit vom 4/5 Sept. bis 23. soweit nach Süden kommen kann, ist ganz unsicher. Übrigens ist auch die Grillparzerangelegenheit, in der ich Ihren Rat erbitten wollte, bis jetzt noch nicht entschieden.
Ich wünsche Ihnen also eine recht gute Erholung und hoffe, dass: Aufgeschoben nicht Aufgehoben ist. Herzlichst Ihr
AS.

Graz, 22. Juli 1907 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Vielen Dank, lieber freund, für den mir neuen nachweis; ich lasse auch hrn. dr. Rosenbaum danken.
Schade, dass so wenig aussicht ist, Sie zu sehen. Vielleicht geht es doch noch. Kommen Sie doch zur eröffnung des Wielandmuseums nach Biberach, wo ich am 3. septbr sehr gegen meine neigung festpredigen muss. Vor dem 15. muss ich dann der schulen wegen hier sein. Im septbr. ists also kaum was mit der zusammenkunft bei Aussee, wohin ich übermorgen (Obertressen 41 bei Aussee, Steierm.) fahre. Ist das Euph.heft so weit fertig, dass ich Fromme meine adresse für die SA sagen muss? Das beste wünscht herzlich grüssend
BSfft.

Bad Muskau, Preußisch Schlesien, 15. August 1907 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Bad Muskau
Preuss. Schlesien
15/8 07

[L.] F. Bitte, verzeihen Sie es mir, wenn ich Ihre Ferienruhe störe. Die Grillparzerausgabe scheint gesichert zu sein, wenn ich auch noch kein amtliches Dokument in Händen habe, ja noch nicht einmal weiss, ob die Angelegenheit noch das Plenum des Gemeinderates [zu] passieren hat oder nicht.
Es liegt mir nun dringend daran, Sie auf ein paar ruhige Stunden zu sprechen und an der Hand der 20bändigen Ausgabe, die uns in Graz wohl zur Verfügung stünde, Ihnen alle zweifelhaften Punkte vorzulegen und zwar, bevor ich die definitive Verfügung über Orthographie, Stoffverteilung u.s.w. treffe; [d]enn Niemand ist darüber so urteilsfähig wie Sie.
Mein Kalendarium ist nun dieses. Bis 1. Sept. muss ich hier bleiben; am 23. Sept. muss ich in Prag sein. In der Zwischenzeit bin ich im Allgemeinen frei. Jedoch möchte ich die ersten 8 Tage des Sept. noch ei[ne]r Nachkur widmen an einem Ort zwischen hier u Prag, dann einige Tage in Prag bleiben; dann nach Wien fahren. Von Wien aus käme ich dann nach Graz. Am liebsten käme ich gleich nach dem 15., weil meine späteren Wiener Arbeiten schon die Besprechung mit Ihnen zur Voraussetzung hätten.
Halten Sie nun dagegen Ihre Zeiteinteilung und sagen Sie mir aufrichtig, wann und wo ich Sie am bequemsten sprechen kann, ohne Sie zu stören oder Ihnen besonders ungelegen zu kommen.
Über meine Eindrücke in Marburg [un]d Giessen mündlich. Das Euphorionheft ist bis auf eine Kleinigkeit fertig; ich fürchte aber, ich kann es von hier aus nicht flott machen, da mir jegliche Arbeit streng verboten ist. Schon dieser Brief ist eine Überschreitung dieses Verbotes.

Darum in aller Kürze alles Gute wünschend
Ihr
herzlich erg.
AS.

Obertressen bei Aussee, Steiermark, 16. August 1907 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Obertressen 41
bei Aussee Steiermark

Lieber freund, Die aussicht Sie zu sehen ist mir sehr erfreulich. Nur kann ich in keiner Weise zugeben, dass ich über die einrichtung der Grillp.-ausg. irgend einen rat wüsste, den Sie nicht selbst sich besser geben können. Sie sind als herausgeber erfahrener u. geübter als ich. Und dazu kommt, dass jede ausgabe doch die besondern eigenheiten ihres inhalts zur norm nehmen muss, und diese eigenheiten kennt doch in der welt niemand als Sie. Ich insbesondere habe Grillp. gegenüber absolut kein gedächtnis; ich weiss nicht, woran es liegt: sachen aus dem 17. jh. bleiben mir lebendiger als seine werke. Ich habe geraden diesen sommer anlass gehabt, die meisten bände wieder durchzulesen und trotzdem müsste ichs heute wieder tun, wenn ich ein rigorosum darüber abnehmen sollte. Ich ringe vergebens darnach, mir eine lebendige vorstellung der entwicklung im einzelnen u. der besonderheit jedes werkes im sinne zu halten. Schönbach sagt: ich sei eben kein Österreicher. So gering denke ich aber nicht von Gr., dass ich nur einen augenblick meinen könnte, er sei nur für Östreicher zugänglich. Ich muss da einen ganz besonderen defekt haben. Auch von der seite her können Sie also von mir wenig oder nichts erwarten.
Das dürfen Sie aber bei leibe nicht so verstehen, als ob ich es nicht mir zur ehre und zu wirklicher freude rechnete, mit Ihnen alles durchzusprechen, was Sie gerne besprechen. Es wird mir eine aufrichtige genugtuung sein, so viel anteil an Ihrer ausgabe zu gewinnen, deren sicherung ich ja mit der herzlichsten freude begrüsse. Es gereicht dem magistrat, für den ich sonst wenig übrig habe, zur ehre, dass er das notwendige werk tat und dass er es dem anvertraut, der es allein gut tun kann.
Ich muss am 3. September in Biberach Wieland predigen. Vorher geh ich wol zur begrüssung meiner geschwister nach Traunstein. Nachher wieder hierher; ich kann die Lage nicht genau bestimmen. Am 18. ist gymnasiumsanfang, da bin ich sicher in Graz zurück. Ich werde Ihnen nach Prag schreiben, wann ich heimgehe; jedenfalls zwischen dem 13. u. 16. Ich besitze nur Ihre erste ausgabe, Schönbach hat eine neuere. Und der will um den 8. septbr. heim.
Es tut mir sehr leid, dass Sie eine so strenge kur nötig haben. Hoffentlich stärkt Sie sie völlig. Ich habe hier jeden tag gearbeitet, wegen des vortrags, den ich noch nicht fertig habe; immer wieder fehlt es an den büchern, die ich zu hause so bequem hätte.
Also: auf frohes wiedersehen! wenn ich Sie den andern freunden, die Sie auch gerne sehen, entziehen dürfte, würde ich Ihnen nach Bruck oder Mürzzuschlag entgegenfahren. In steten treuen Ihr
aufrichtig ergebener
BSfft.

Bad Muskau, Preußisch Schlesien, 21. August 1907 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Bad Muskau
Pr. Schlesien
21/8 07

Lieber Freund! Ihr liebenswürdiger [B]rief bestärkt mich nur in meiner Absicht. Die Fragen, die ich Ihnen vorlegen möchte, sind rein methodischer Art und ein je geringeres Verhältnis Sie zu dem einzelnen Dichter hätten, desto besser wär es; denn ich bin leider mit ihm von Kindheit an [zu] sehr verwachsen, um ganz unvoreingenommen über ihn zu urteilen. Ich habe aber zu Niemandem so grosses Vertrauen in diesen Fragen als zu Ihnen u. die Wiener Kollegen, die ich gern befragte, stellen sich jetzt schon so feindlich gegen mich u. werden es in Zukunft noch mehr tun, dass ich dort einen Rückhalt nicht fände. Ich werde die 20bändige Ausgabe u. meine formulierten Fragen mitbringen und Sie brauchen mir nichts als Ihre Zeit zu widmen, diese allerdings reichlich.
Von Ihrem gütigen Anerbieten, mir auf der Hälfte des Weges entgegenzukommen, möchte ich, vorderhand wenigsten[s], keinen Gebrauch machen. Mein Freundeskreis in Graz ist zwar sehr stark zusammengeschmolzen und zu den wenigen zurückgebliebenen habe ich kaum mehr nahe Beziehungen. Aber Schönbach würde es mir – und mit Recht – sehr übel nehmen, wenn ich diese Gelegenheit vorübergehen liesse, ohne ihn zu begrüssen und ohne ihm persönlich für die Bemühungen zu danken, die er sich in dieser Angelegenheit gegeben hat. Ich habe also die Absicht bald nach Ihrem Eintreffen in Graz auf wenige Tage hinzufahren; die Verbindungen so[l]len ja jetzt ausgezeichnet sein; das Nähere besprechen wir, wenn Ihre Einteilung ganz feststeht.
Ich hoffe, dass meine diesjährige Ferien-enthaltsamkeit mir gut tun werde; in Bezug auf das eigentliche leiden bemerke ich bis jetzt allerdings keine Besserung.
Mit den besten Empfehlungen von Haus zu Haus
in aufrichtiger Freundschaft
Ihr sehr erg.
AS.

Obertressen bei Aussee, Steiermark, 28. August 1907 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Bad Muskau, Preußisch Schlesien

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Auszug:

L.fr. Optime. Vom 16. Septbr an bin ich gerne u. freudig zu Ihrer verfügung. Schönbach besitzt die 20 bändige ausgabe, Sie brauchen also die Ihrige nicht mitzubringen. Er kommt am 10. heim u. freut sich auf Sie.
Ergebenst grüsst in treuen
BSeuffert

Bis 12. einschliessl. erreicht mich hier post, nachher bitte nach Graz zu schreiben.

Prag, 13. September 1907 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Ich teile Ihnen mit, dass ich Sonntag den 15. nach Wien reise (VIII, Schlösselgasse, Hotel Hammerand) und bitte Sie, mir dahin g[ü]tigst mitzuteilen, an welchem [Ta]g ich kommen darf. Am besten dürfte ich mit einem Morgenzug zwischen 8 u 9 von Wien abfahren, wo ich gegen 11 Uhr nach Graz käme; ob ich Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag reise ist mir gleich. Bestimmen Sie es. Bitte, sagen Sie mir auch freundlichst, wo ich absteigen soll. Ich schreibe für alle Fälle eine gleiche Karte nach Ober[t]ressen.
In der Hoffnung Sie gesund anzutreffen, bestens grüssend
Ihr treulich erg.
ASauer

Prag 13/9 07
Smichow 586

Prag, 13. September 1907 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Obertressen bei Aussee, Steiermark

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Auszug:

Herrn Professor Seuffert
aus Graz, Harrachgasse 1
derzeit in Obertressen bei Aussee
Am rechten oberen Rand des Adressfeldes hs. Anmerkung: Abgereist
Die Worte "aus Graz", "derzeit" und "Obertressen bei Aussee" durch Postzusteller gestrichen und ersetzt:
Graz

L. F. Ich teile Ihnen mit, dass ich Sonntag, den 15. nach Wien reise (VIII, Schlösselgasse, Hotel Hammerand) und bitte Sie, mir dahin gütigst mitzuteilen, [a]n welchem Tag ich kommen darf. Am besten dürfte ich mit einem Morgenzug zwischen 8 und 9 von Wien abfahren, wo ich gegen 11 Uhr nach Graz käme; ob ich Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag reise ist mir gleich. Bitte, sagen Sie mir auch freundlichst, wo ich absteigen soll. Ich schreibe für alle Fälle, eine gleichlautende Karte auch nach Graz.
In der Hoffnung, Sie gesund anzutreffen, bestens grüssend
Ihr treulich erg.
ASauer

Prag 13/9 07
Smichow 586

Prag, 23. September 1907 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 23/9 07
Smichow 586

Lieber Freund! Gestern Abends programmgemäss heimgekehrt, ist es meine erste Aufgabe Ihnen für die liebenswürdige Aufnahme in Graz aufs Herzlichste zu danken und diesem Dank auch Ihrer Gemahlin zu Füssen zu legen. Es war so nett und gemütlich bei Ihnen und so anregend und nicht zuletzt belehrend und aufklärend. Ich wollte, Prag wäre Wien und die Entfernung von Graz ermöglichte es mir, öfter in Ihrer Nähe zu weilen, ruhiger, langsamer, weniger tumultarisch als jetzt, wo ich Sie ganz in Beschlag nahm. Ich bürge nicht dafür, dass ich Sie nicht wieder einmal überfalle, wenn Sie es gestatte[n].
Ich schlief ganz gut, wurde rechtzeitig geweckt, schlief im Coupé weiter, hatte eine prachtvolle wenn auch kühle Fahrt über den Semmering u. traf noch rechtzeitig in Wien ein, um meine [G]eschäfte zu besorgen.
In der Grillparzerangelegenheit sind 2 bedeutsame Momente in den Vordergrund getreten. Man will die Ausgabe als Kaiserjubiläumsausgabe bezeichnen u. beschwört mich, dass ich den ersten Band bis Dez. 1908 fertigstelle. Den ersten Gedichtband bringe i[ch] nicht leicht oder wenigstens nicht sicher fertig. Glossy meinte aber; wie wärs, wenn ich mit der alten Einteilung bräche u. die Dramen voranstellte. Im Volk u. in der Lit. Geschichte lebt Grillparzer doch nur als Dramatiker. Dadurch, dass die Gedichte an der Spitze standen, wurde ihnen ein zu grosses Gewicht beigelegt. Also die Dramen voran! Dann umfas[ste] Bd I: Ahnfrau u. Sappho, die bringe ich leicht u. sicher fertig. Wie denken Sie darüber? Überhaupt müssen Sie sich darauf gefasst machen, dass ich Sie noch oft um Rat frage.
Meine Frau empfiehlt sich Ihnen und der Ihrigen vielmals. Grüssen Sie mir auch Ihre Jungen.
Mit herzlichem Dank und treuem Gedenken Ihr
aufrichtig erg.
ASauer.

Graz, 24. September 1907 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz Harrachg. 1
24.9.7

Lieber freund, Die freundlichkeit Ihrer erinnerung an die Grazer kurzen tage tut mir wohl. Wir werden uns allzeit freuen, wenn Sie wiederkehren; Sie sind immer herzlich willkommen. Gerne dank ich Ihnen noch schriftlich, wie ich es mündlich getan habe, für Ihr vertrauen. Zudem für die frische luft, die Sie aus der litterarischen welt in meine abgesperrte klause gebracht haben: Sie sind ebenso vielseitig und verbindungsreich als ich einseitig und einsam bin, wenn ich Schönbachs ergiebige nähe abrechne.
Dass die Grillp. ausg. zum kaiserjubiläum gewidmet wird, ist famos: meinen besondern glückwunsch dazu; Schönbachs darauf gerichteter einfall hatte mir sogleich sehr gefallen. Nun muss natürlich mindestens ein band heraus. Und Glossys vorschlag ist so klug, dass es mir leid ist, ihn nicht getan zu haben. Er trifft ja doch auch das historisch richtige, sobald die jugendschriften eine eigene serie bilden. U. gedruckt wurden vorher ja nur Ihre nrr. 70 u. 82 bei Goedeke. Es kommt also alles ins rechte geleise.
Selbstverständlich wird es mir immer ein vergnügen sein, bei den fortschritten Ihres grossen werkes mitdenken zu dürfen.

Inzwischen hab ich mich in den Merkur eingegraben.

Beste grüsse von haus zu haus. Dem magnifiken paare huldigt
Ihr
treulich ergebener
BSfft.

Graz, 9. November 1907 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz Harrachg. 1
9.11.7.

Lieber freund, Ihre schrift habe ich sofort mit grosser freude gelesen und beglückwünsche Sie zu der schönen untersuchung. Nimmt man die summe der übereinstimmungen, so ist die ausführung überzeugend, wenn sie auch im einzelfalle nicht immer zwingend wirkt. Verblüffend bleibt die vertrautheit mit Ang. Sil. u. Spe; aber sie ist eben da.
U. nun aus der poesie in die tiefste prosa: prüfungsordnung. Sie müssen sich ja auch mit den Wiener vorschlägen befassen und haben wie wir mehr als die Wiener auf nationale schwierigkeiten zu sehen. Darum erlaub ich mir, Ihnen zu sagen, wie Schönbach u. ich uns stellen. Die Hauptfachformulierung akzeptieren wir (so schreib ich sehr ungern, accept. ist mir viel geläufiger). Im nebenfach muss aber was geschehen. Es geht doch nicht an, dass man da keine zeile geschriebenes erhält. U. es geht auch nicht an, dass man keine interpretation erhält. Korrekten u. gewandten stil sollen die lehrer am untergymn. lehren, dazu prosodik, metrik, sollen lesestücke disponieren u. für die geschmacksbildung erklären: all das zu fordern gibt der art. IX b nicht das geringste recht. Wir möchten also eine kleine hausarbeit, zu ersetzen durch eine seminararbeit, u. eine klausur: interpretation eines gedichtes oder irgend einer stelle, 2-3 stündig. Es wird im untergymn. so viel gesündigt, dass man mehr fordern muss; zudem von leuten nicht deutscher ????? müssen arbeiten wegen der korrektheit gefordert werden; die hausarbeiten, nötig zum nachweis der vertrautheit mit den wissenschaftl. hilfsmitteln, lassen sie sich korrigieren, also ist auch klausur nötig.
Den abgang von einem deutschen gymn. als ersatz für die prüfung aus unterrichtsspr. zu nehmen, wie die Wiener wollen, sind wir ausser stande: diese zeugnisse vom unterlande mit dem gemischtsprachigen publikum besagen wenig. Wir beantragen Art. V aus der prüfung für die Lyceumskandidatinnen herüberzunehmen; nur wenn der prüfer sich aus einer klausur u. aus einer mündl. fachprüfung von der sprachfertigkeit überzeugt hat, kann er die prüfung erlassen. Die prüfung muss jedenfalls beim letzten teile der fachprüfung gehalten werden, weil ich erlebt habe, dass leute frisch von der univ. weg deutsch können, bis zur 2. teilprüfung zu hause es verlernen.
Verzeihen Sie, dass ich das unaufgefordert schreibe; aber vielleicht interessiert es Sie doch etwas, was wir hier wünschen.
Zum rektorat und ins hause alles gute wünschend u. für das geschenk (das ich sehr gerne besonders wegen der methode in unserm hochverschuldeten seminar hätte! Haben Sie keine korrekturen l.h. dafür übrig?) nochmals bestens dankend
in treuen Ihr
BSfft

Graz, 13. November 1907 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Für das dem Seminar gütigst geschenkte lehrreiche Werk dankt ergebenst
u. bestens grüssend
BSeuffert

Prag, 24. November 1907 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Verzeihen Sie meine Saumse[lig]keit. Sie werden von uns[eren] Unruhen gelesen haben. Ich habe Kraus von Ihren Vorschlägen Mitteilung gemacht und er schien mir damit einverstanden zu sein. Ich hätte nichts dagegen. Viel wichtiger aber wäre uns etwas andres, nemlich den Vorschlag wieder aufzunehmen, den Sie und Schönbach vor Jahren angeblich gemacht haben, dass beide Fachprofessoren bei Hauptfach prüfen. Der jetzige Zustand ist unhaltbar. Kraus u. ich prüfen beide im Fach des andern an der Hauptsache vorbei! Würden Sie mir Ihre [j]etzige Ansicht darüber sagen.
Ich muss morgen nach Wien zu der Rektorenkonferenz; daher meine Kürze.
Herzlichst Ihr
AS.

Prag 24/11 1907
Smichow 586

Wir erfahren soeben, dass in Innsbruck seit Seemüllers Zeiten beide Prof. bei der mündl. Prüfung prüfen; Clausurarbeiten gab & rez. bisher einer.

Graz, 28. November 1907 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz Harrachg. 1
28.11.7

L. frd. Vorerst möchte ich den dank für die zugesandten Euphor.-bogen nachholen: leider fand ich noch nicht zeit, sie zu lesen.
Ich bedauerte, dass Sie unruhen hatten. Aber ich freute mich auch der einigkeit der deutschen studenten. Hier wenigstens war die kath. verbindung und ihr heftig christlich-socialer führer privatdocent geradezu provokant. Unser rektor wird in seiner weise die sachlage verschleiert haben: ich kenne niemand, der sein verhalten billigt, als unsern universitätssekretär. Von der rektorenkonferenz erwarte ich mehr übel als heil. Denn der minister wird jetzt einen andern standpunkt einnehmen als im märz, da er mich über diese verhältnisse ausfragte u. meiner auffassung teils zustimmte teils zuzustimmen schien.
Dass Ihnen unsere prüfungsordnungsanträge zusagen, ist uns lieb. Die prüferfrage mit dieser ordnung selbst zu verbinden, sehe ich keinen anknüpfungspunkt. Dass Ihre u. die Wiener einrichtung eine sachliche misere ist, ist zweifellos. Hier prüft Schönbach im hauptfach allein, tut sich, wie er gelegentlich sagt, nicht leicht bei dem neueren, obwol er doch wenigstens im 19. jh. selbst arbeitete. Ich werde, wie ich Ihnen am Monsee ! sagte, eine änderung nicht beantragen; denn ich prüfe lieber weniger als mehr. U. die beschäftigung der studierenden mit der neueren litt. leidet hier nicht unter der einrichtung. Aber der vorsitzende der prüfungskomm., Bauer, hatte einmal die absicht, eine änderung zu beantragen, wie sie Schönach vor jahren ohne erfolg beantragt hat: nemlich das was Sie wollen: dass beide fachvertreter an der prüfung des hauptfaches beteiligt sind. Jetzt redet Bauer nicht davon. Sachlich begründet ist die forderung zweifellos; niemand ist ein guter prüfer, der nicht in dem gebiete selbst arbeitet. Das ministerium ist mit unrecht der meinung, dass das eine erschwerung bedeute; im gegenteil, eine erleichterung; denn fragen aus völliger lebendiger sachkunde gestellt und dazu von dem gestellt, dessen vorlesungen u. übungen man kennt, sind leichter zu beantworten, als fragen eines, der dem gebiete ent- fremdet ist oder ferner steht und den man nicht darüber sprechen hörte. Die Innsbrucker habens also besser. Ich bin übrigens der meinung, dass ein selbständig denkender vorsitzender der prüfungskomm. die beteiligung beider prüfer im eigenen wirkungskreis durchführen könnte, wenn eben beide (was hiernicht der fall ist) als prüfer des hauptfaches bestellt sind. Zudem könnte er sich ja auf die Innsbrucker praxis einfach berufen. Warum in Innsbruck nicht auch die klausurarbeiten verteilt werden, verstehe ich nicht; das ist eine zweckwidrige halbherh..
Summa: ich halte Ihre absicht für durchaus im interesse der sache gelegen; ich möchte aber aus persönlichen gründen für meinen teil mich an einem vorstoss in der richtung nicht beteiligen.
Mit den besten wünschen u grüssen
Ihr
BSfft.

Graz, 18. Dezember 1907 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:


Lieber freund, Sie machen mich in meinem festen vorsatz schwanken, Ihnen den Björnson nicht mehr zuzumuten. Lassen Sie mich ehrlich sagen, dass ich seiner zeit den eindruck gewann, dass Sie in der freundschaftlichen form die analyse ablehnen; und auch Bauer, dem ich Ihre äusserung vorgelesen habe, fasst es so auf. Und nun geben Sie mir, bitt ich, ein pfand rückhaltloser freundschaft, indem Sie mir sagen: ich habe den aufsatz damals nur deswegen nicht angenommen, weil ich am bestand des Euphorion zweifelte, jetzt behalte ich ihn; oder ich halte den aufsatz für misglückt und drum schicke ich ihn meinem freunde in seinem interesse u. in dem des Euph. wieder zurück. Ich verspreche Ihnen, dass ich die letztere entscheidung als beweis Ihrer freundschaft genau ebenso gern hören werde wie die erstere und füge nur die weitere bitte an: sagen Sie mir, warum und worin er misglückt ist, damit ich lerne. Lassen Sie diesmal alle liebenswürdigkeit beiseite und reden Sie grob mit mir: ich beanspruche es als freund und fachgenosse. Und unter dieser voraussetzung entschliess ich mich wirklich die blätter wieder beizulegen. Ich möchte an ihnen lernen.
Behalten Sie die blätter und müssen Sie sie über 2 hefte teilen, so bitte ich s. 25 beim gedankenstrich abzubrechen. –
Ich freue mich für unser fach, dass der Euphorion im geleise bleibt und bitte Sie, sich noch weiter dafür zu opfern: denn Sie sind der mann dazu. Darf ich einen Anzengruberaufsatz für die 2. hälfte des jahrganges anbieten? dann werd ich ihn schreiben.
In eile zur post. Gutes fest Ihnen u. Ihrer frau!
Treulich Ihr
BSfft.

Prag, 23. Dezember 1907 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Bild

Prag 23/12 1907
Smichow 586
Lieber Freund! Für Ihren letzten Brief habe ich Ihnen noch vielmals zu danken. Ich bin höchst mismutig darüber, dass mir dieses schöne Jahr, in dem ich auch ziemlich gesund bin, durch die Rektoratsgeschäfte für die Arbeit ganz verloren geht und wünsche Ihnen möglichst lange Befreiung von diesem Übel. Alles Gute zum Fest Ihnen und den lieben Ihrigen. Treulichst
Ihr ASauer

Graz, 30. Dezember 1907 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich danke Ihnen für 2 karten, erwidere herzlich Ihre guten wünsche, gedenke dankbar Ihres genussreichen besuches, bedauere Ihr hoffentlich überstandenes unwolsein und die rektoratslasten. Wenn Sie zuerst schrieben, Sie seien gesunder als vorher, so bestätigt das meine dekanatserfahrungen: die amtsgeschäfte halten einen in atem; aber sie zehren nicht so an der kraft wie die wissenschaftliche tätigkeit. Freilich sässen Sie lieber beim Grillparzer.
Dass Ihnen meine auf die Biberacher berechnete Wielandpredigt einigermassen gefiel, freut mich sehr. Und beruhigt mich.
Denn ich habe das werklein widerwillig verfasst. Allerdings dann hintendrein behagen empfunden, weil die Biberacher über alle erwartung empfänglich waren. Würden Sie es auf sich nehmen können, unter die Mitteilungen des Euphorion die beiliegende notiz – oder eine von Ihnen gestaltete ähnlichen inhalts – zusetzen, so würden Sie den Biberachern eine verdiente freude machen und der guten sache nützen.
Bei Ihrer frau, der wir uns empfehlen, bitt ich meinen fürsprech zu machen. Wir haben ein gedicht von ihr (aus Bethges sammlung) metrisch interpretiert, was sie hoffentlich nicht als misbrauch auffasst. Da ich im gegensatz zu Sievers dabei von der sinneserklärung ausgehe, so kam es zu verschiedener auffassung. Nun hat einer meiner jungen leute Ihre frau um auskunft gebeten: das halt ich für eine keckheit. Hätte er mirs vorher verraten, so würde ichs ihm gewehrt haben. Er hat offenbar auch kein gutes gewissen, denn ich habe das ganze unterfangen nur durch dritte gehört. Ich bin also unschuldig.
Wir haben übrigens glück gehabt. Als wir aus einem Lilienkronschen gedicht die stimmlage u. vortragsart des verf.s festgelegt hatten, kam der uns allen unbekannte verf. zum recitieren hieher und – es stimmte alles. Warum, weiss ich leider nicht. Aber wir nehmens als beweis, dass wir auf richtigen wege sind. Ich wollte, Ihre frau lese uns auch etwas vor von sich.
Nun nochmals alles beste, vor allem glückliche auferstehung des jubiläumsbandes!
In treuen Ihr
BSfft.

Prag, 7. Januar 1908 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 7/1 1908
Smichow 586.

Lieber Freund! Die übersandte Notiz bringe ich natürlich sehr gerne; meine Frau hat Ihnen selbst geschrieben. Ich ersah aus Ihrem Briefe, dass ich Ihnen über die Grillparzerausgabe lange nicht geschrieben habe. Ich beginne sie bereits in allen Tonarten zu verfluchen. Von allen Seiten giengen nemlich in Wien die Hetzereien gegen mich los, so dass man im Rathaus kopfscheu zu werden be[ga]nn. So gab man vor, die Sache sei noch nicht definitiv, obgleich man im Sommer selbst den betreffenden Beschluss publiziert hatte. Man hoffte mich nun wieder loszuwerden und legte mir unmögliche Bedingungen vor, in der Hoffnung, ich würde nicht darauf eingehen. Termin: 5 Jahre und Namhaftmachung meines Nachfolgers. Jakob Grimm antwort[et]e in gleichem Falle an Hirzel, er lege lieber die Arbeit nieder, als dass er seinen Nachfolger bei lebendigem Leibe bestimme. Ich überwand mich und nannte meinen Erben. Da ein Pönale etc. im Kontrakt nicht enthalten ist, gieng ich auch auf den Termin ein, mit kleiner Änderung: 5 Jahre nach dem Erscheinen des 1. Bandes (Oktober 1909). [Die]ser Kontrakt soll nun demnächst wieder an den Stadtrat gehen. Aber jetzt fängt die Hetze öffentlich an. In einem Feuilleton der NF Presse vom 22. Dez. trat Minor gegen mich auf zu Gunsten Hocks und setzte am letzten Sonntag aus Anlass eines zweifelhaften Verses in der Libussa seine perfiden Angriffe fort. Ich schrieb ihm [heu]te einen energischen Brief und werde ihm wohl öffentlich antworten müssen. Wenn er jetzt plötzlich entdeckt, dass meine Ausgabe notorisch voller Druckfehler ist, so desavouiert er sich doch eigentlich selbst, da er meine ganze Ausgabe mit Haut und Haar seiner eignen zugrunde legte. Der Vers, den er in der Libussa aufgestochen hat, war von Laube unrichtig gedruckt [ge]wesen, schon in der zweiten [A]uflage liess Vollmer den richtigen Wortlaut drucken. Ich habe also die Lesart von der er fragt, ob sie auf einem Versehen von mir beruhe, gar nicht eingeführt. Ein Blick in den Apparat der Ausgabe des Bibl. Instituts hätte ihm den richtigen Sachverhalt gezeigt. Seit der Vollendung der 5. Auflage, also seit 15/16 Jahren habe ich zu den Papieren keinen Zutritt gehabt. Warum hat Minor in dieser Zeit die Ausgabe nicht controlliert u. colla[tion]iert, warum mit seinen Leuten nicht selbst eine Ausgabe gemacht.? Jetzt, da ich sie machen soll, legt er wieder sein Veto ein, wie vor 20 Jahren, als die Papiere von Cotta für die 4. u. 5. Ausgabe verlangt und nicht ihm für seine Seminarübungen ausgefolgt wurden. Ich muss sagen: Minor ist eigentlich mein ärgster Feind; nur dass er die Feindschaft gelegentlich durch Freundschaftspa[..]dismen, übertriebene Widmungen und dgl. unterbricht. Nun aber hab ichs satt und von nun an sitze ich ihm nicht mehr auf, wie schon so oft in meinem Leben. Verzeihen Sie diesen Wutausbruch
Ihrem aufrichtig erg.
ASauer.

Prag, 8. Januar 1908 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Minor hat auf meine brieflich[e] Einsprache in einem ????? Brief alles wieder zurückgenommen. Ich werde mich nicht mit ihm herumstreiten und lasse ihn laufen. Auch im Rathaus wünscht man eine öffentliche Erwiderung nicht.
Wenn der endgilitge Beschluss einmal gefasst ist, so können Intrigen wol kaum etwas daran ändern. Die Zeit, die ich bis zur Ausgabe des ersten Bandes gewinne, kommt der ganzen Ausgabe zugute. Ich werde alles selbst machen und den Herrn in Wien nur zur Controlle verw[en]den.
Dass Sie Schönbach Mitteilung gemacht haben, ist mir sehr lieb; nur sähe ich es ungern, wenn er etwa in wolwollendem Sinne an Wiener Freunde darüber schriebe. Man ist im Rathaus empfindlich geworden und will selbst und alleine entscheiden. Alle auch die kleinste Einmischung wär im gegenwärtigen Augenblick von Übel. – Auf W’s Entdeckg bin ich begierig. Erfährt man es bald? Mit vielem Dank für Ihren guten Brief
Ihr aufrichtig erg. ASauer

Prag, 18. Februar 1908 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Mir ist vor kurzem mein Kanzleidirektor (p[lötz]lich) gestorben: das sagt Ihnen alles; ich werde erst im Sommer einen neuen bekommen.
Ich überweise Ihnen heute von meinem Conto auf den Ihrigen 50 Kronen und bitte mir, wenn die Rechungen abgeschlossen werden, freundlichst zu sagen, ob Sie auf mehr reflektieren und wieviel noch. Ich halte es für selbstverständlich, dass die näheren Freunde Schönbachs ein solches allenfalliges Defizit unter sich aufteilen. Die Idee ist se[hr] hübsch.
Wie Sie schon wissen werden, habe ich Schenkl zugesagt, der germ. Sektion Ihrer Philologenversamml. zu präsidieren. Es würde mich aber doch interessieren gelegentlich zu hören, warum Sie darauf Verzichtet haben.
Nächster Tage kommt meine Rektoratsrede u. bittet um Gnade.
Mit vielen Grüssen
Ihr aufrichtig erg.
ASauer.

Graz, 19. Februar 1908 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich bedaure, dass Ihnen der tod des kanzleidirektors vermehrte amtsgeschäfte macht. Unserer geht zum sommer u. wir haben noch keinen ersatz. Wir haben jetzt den 3. regenten in diesem jahr auf dem rektorsstuhl; bin begierig, ob er bestätigt wird, u. ob er zu seiner zweifellosen eignung das unentbehrliche glück findet.
Ihre anweisung ist eingelaufen. Sollte wider erwarten ein defizit sich einstellen, so werde ich Ihr anerbieten gebrauchen.
Ich wusste nicht, dass Schenkl Sie gefragt hat, noch dass Sie angenommen haben, der kommission zu präsidieren. Ganz im anfang hat er mir Ihren namen genannt u. ich stimmte lebhaft zu. Dann aber hörte ich, dass er Seemüller und Minor angegangen habe und dass er Zwierzina gewonnen habe.
Warum ich nicht mitspiele? Als Bauer vor 2 jahren von Gomperz gegen seine neigung genötigt wurde, sich für eine Grazer philol. versammlg. einzusetzen, habe ich seine bedenken, dass hier kein boden sei, geteilt: 1) nicht weil wir keine vertretung der klassischen philologie besitzen, mit der man staat machen kann; 2) nicht weil wir keinen gebornen präsidenten besitzen; 3) nicht weil die stadt für festlichkeiten nicht sorgen und das publikum die philologen eher unfreundlich als entgegenkommend aufnehmen wird. Gegen Bauers ersten wunsch u. erwartung kam es damals doch so weit, dass Graz neben Basel kandidiert wurde. Ich habe eine beteiligung abgelehnt. Auch noch aus der persönlichen erwägung, dass ich nicht die anziehungskraft besitze, in diesen angulus terrarum illustre germanisten zu ziehen; dass ich mit unserer im schuldienst rasch abgenutzten schülerzahl keine sektionsverhandlungen nahrhaft machen kann; dass ich also der Wiener judenschaft freies feld bieten würde, was mich nicht lockt.
Als nun Schenkl proprio motu die sache wieder aufnahm und durchführte, war für mich keiner der gründe, die mich früher bestimmten, weggefallen. Dazu kam der, dass ich einem mir ferner stehenden (aber keineswegs verfeindeten, wir verkehren auf gutem fusse, nur nicht intim) kaum gewähren konnte, was ich meinem freunde Bauer abgeschlagen hatte. Geändert hatte sich nur das eine, dass damals durch widerstand vielleicht etwas noch zu hemmen war, was nach meiner meinung nicht zum besten des ansehens unserer universität ausschlagen kann, während jetzt die wahl von Graz perfekt ist. Das konnte meine Gründe nicht entkräften. Die stadt wird nichts leisten als ein paar theaterplätze. Der staat wird festschriften bezahlen. U. doch ist der gesellige teil für das gelingen einer versammlung nicht unwichtig. Die slavisten verlangen eine eigene kommission, das ist politisch bedenklich u. wird ihnen doch eingeräumt werden, obwol es ein novum ist. Schenkl glaubte mich besonders damit zu fangen, dass die Baseler beschlossen haben, die frage: wissenschaft u. gymnasialunterricht gerade fürs deutsche zu besprechen. Das Wendland-Brandl-Harnackische wesen halte ich nicht für ergibig; wenigstens nicht in der germanistischen sektion; es gehört in eine pädagogische. Ich interessiere mich wirklich für den gymn.unterricht, tat es schon bevor er mir durch meine buben auf die finger brannte, aber die germanistische sektion hat m.e. rein philologische aufgaben.
Ich schreibe Ihnen all das vertraulich, damit Sie meine gewiss überraschende zurückhaltung begreifen. Auf auswärtige leiter fällt kein schatten des misglückens. dem einheimischen haftet die allgemeine blamage als persönliche an. Ich wünsche lebhaft, dass alle meine befürchtungen sich als falsch erweisen. –
Auf Ihre rektoratsrede bin ich begierig, um so mehr als Sie mir das thema verraten haben und ich dabei nur neues lernen kann.
Bestens grüsst
BSfft.

Ich habe 3 wochen influenza hinter mir, lese wieder, bin noch elend u. dabei von arbeit bedrängt.

Prag, 4. März 1908 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Die Faschingstage [ge]ben mir endli[ch] Zeit zur Beantwortung Ihres Briefes. Sie mögen von Ihrem Standpunkt recht haben; hätte ich früher an Sie geschreiben, so hätte ich vielleicht auch abgelehnt. Anderseits musste ich mir sagen: der Grazer Philologentag wird nun einmal abgehalten: also dürfen wir eine Sektion nicht ganz ins Wasser fallen lassen. Die pädag. Sachen werden ja in den Vollversammlungen abgehandelt und gehen die germ. Sektion nichts an. Nur das ärgert mich, dass Sie von der Anfrage bei mir nichts ge- wusst haben, während ich aus [S]chenkls Brief entnehmen zu müssen glaubte, dies sei der Fall.
Hoffentlich sind Sie wieder ganz hergestellt. Ich leide unter dem langen Semester und unter all dem Amtsgetue. Wenn mir die Grazer Verhältnisse nicht auch noch zu uns herüber wirken; bis jetzt ist es mir gelungen, hier Ruhe zu erhalten.
Mit herzlichen Grüssen Ihr sehr erg.
ASauer

Aschermittwoch.

Graz, 5. März 1908 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Ich habe Ihre rede mit grossem interesse gelesen. Aber Sie müssen verzeihen, dass ich mich zu ihrem ziel nicht bekenne. Die botschaft ist schön, allein mir fehlt der glaube. Ich glaube nicht, dass Ihr dritter einwand beseitigt werden kann. Das programm ist idealisch. Und ich stehe bei Jungs meinung, dass das wesen der einzelnen landschaften nur mit hilfe der provinzialen litteraturgeschichte ergründet werden kann, d. h. also auf eine weise, die Sie an anderer stelle mit recht einen bösen zirkel nennen: aus der litteratur der stammescharakter, aus dem so gefundenen Stammescharakter der litteratur. Für mich kommt noch anderes dazu. Weltrichs Schillerbeispiel ist gewiss glänzend. Und was hilft es zum verständnis Schillers? Aber vielleicht sehen andere schärfer als ich und sagen: viel. Dann frag ich weiter: ist die zeichnung der schwäbischen volksseele richtig, so muss sie auch taugen/langen für Schubart, für Wieland. Gewiss beide haben mit Schiller gemeinsames. Aber nicht noch mehr trennendes? Gut, das ist sache des individuellen charakters. Aber ist jenes nicht vielleicht u. mindestens ebenso sehr ergebnis der gemeinsamen zeit als der gemeinsamen landschaft? Kontraste: ..., Frischlin usf Und gibt es ein Schwaben? Wieland, der reichstädter, fühlte sich im herzoglichen Würtemberg als fremder. Die Tübinger waren ihm fremder als die Schweizer, so fremd wie die Erfurter. Oder: das drama das 16. jh.s. Ich habe einmal ein stemma für die verlorenen söhne aufgestellt. Da gehen deutsche u. lat., humanistische u. sog. volkstümliche dramen gerade so duch einander wie die landschaften. – Wie nah ist der Schwabe Frischlin bei dem Braunschweiger Julien? Und das landschaftliche herauszuschälen ist sehr schwer, mir unmöglich.
Die sache liegt meines erachtens in dem Wielandbeispiel begraben. Die landschaftliche Zusammengehörigkeit ist vielenger als die stammeseinheit. Das beweist ja auch die dialektforschung. Ich habe mich oft versucht gefühlt, Goethe als meinen landsmann zu requirieren. Aber zwischem dem Franken meiner und seiner heimat liegt der Spessart und die Würzburger sprechen einen von Aschaffenburg-Frkft. mindestens so weit wie von Bamberg abstehenden dialekt. Dazu kommt die staatliche alte trennung. Ganz abgesehen davon, dass die Mitteldeutschen vielleicht überhaupt am wenigsten sondereigenheiten bewahrt haben. Ferner: wir unterscheiden in meinem engsten heimatland ziemlich genau nach acker- u. weinbauern. Sie sind erkennbar verschiedenen temperaments; jener zumeist pessimistisch, dieser zumeist optimist. U. so werden die berufe überall die stämme u. selbst landschaftliche teilchen der stämme scheiden. Welche volkskunde kann das aufzeichnen? Kurz: ich verzweifle, dass die volkskunde leisten wird, was die voraussetzung für Ihre stammeslitteraturgeschichte ist.
Der Nagelsche litteraturatlas ist möglichst ungeschickt gemacht. Kein mensch hat ohne grenzen ein mass. Da muss, wie Sie richtig sagen, noch sehr viel dazu kommen, um den atlas brauchbar zu machen. Ja ich zweifle überhaupt, ob eine lehrreiche geographie möglich wird: denn die menschen sind beweglicher als die städte u. flüsse. Wo alles muss Schiller eingetragen werden! die stätte seiner geburt ist vielleicht am wenigsten wert; aber mindestens 7 andere orte sind wichtig für ihn, und für einen teil davon ist auch er wichtig. Schwierigkeit über schwierigkeit! Und so entschuldigen Sie meine schweren bedenken.
Dankbar Ihr aufrichtig ergebener
BSfft.

Prag, 6. März 1908 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Auf einigen Widerspruch war ich gefasst. Nagel hätte [i]ch lieber tadeln als loben [so]llen; aber es schien mir dann doch undankbar gegen ihn zu sein, da er mir doch einige Anregung geboten hat; als ich das Werk vor Jahren im Man. sah, waren Grenzen in den Karten. Was Sie einwenden, müsste bei einer Ausführung alles beachtet werden und ist in Kirchhoffs Abhandlung bei Hans Meyer auch tatsächlich beachtet. Noch etwas andres geb ich Ihnen zu. Die höchsten ästhetischen Spitzen und künstlerischesten Leistungen werden vielleicht nicht berührt oder ändern sich wenigstens nicht nach meiner neuen Betrachtungsart; aber das Gesa[mm]tbild verschiebt sich. Und endlich will ich es nur als Korrektiv neben allen andern Betrachtungsarten; aber wie Schleiermacher vom Rhythmus sagt, man muss es etwas dick auftragen, bis der Deutsche dgl. hört. Darum habe ich vereinseitigt und unterstrichen. Würde auf RMMeyer nur ein 1/100 Teil Volkstum abfärben, so wär ich schon zufrieden. Ich hoffe Sie also in der Hauptsache noch zu bekehren. Übrigens freue ich mich auch über Widerspruch; wenigstens finde ich Beachtung. Ihr aufrichtig erg. AS.

Graz, 11. März 1908 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Dank für die aufnahme der Wielandmuseumsnotiz. Kann sie doch Rutz, Neue entdeckungen von der menschlichen Stimme München Beck von einem physiologen, aber nur von einem solchen anzeigen.

Dank, l.fr., für Ihren Grimm: die mehrzahl der briefe ist erstaunlich reichen inhalts. – Dank auch für den Euphorion.
Hier hat mich Gorm methodisch sehr interessiert, ohne dass ich mich damit zur beweiskraft bekenne. Es ist ein schweres ding mit satzbildern; kaum zwei zeichnen sie gleichmässig auf, sobald sie nur etwas kompliziert sind. U. zum beweis der verfasserschaft gehörte, dass andere anders schreiben, vor allem dass die vorlage nicht selbst auf diesen stil wirkt. – Mörike ist immer liebenswürdig kleinlich. – Feise sollte nicht „quellenfrage“ schreiben, weder stilistisch noch sachlich, aber ich glaube ihm, dass OL. Meissner kannte. – Über Kaulfuss-Diesch denke ich besser. – Sehr erfreut bin ich diesem Berger zu begegnen; klammern Sie den Darmstadter herrn an den Euphorion fest an. – Ich arbeite langsam weiter an den Prolegomena. Überall versagt die bibliothek für die nötigen seitensprünge.
Alles frohe zum feste! Ihr treuer BSfft.

Graz, 14. Mai 1908 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Obwol Sie den kopf voll regierungssorgen haben werden, darf ich Sie doch bitten, böhmische zeitungen auf den 29. mai als 60. geburtstag des Deutschböhmen Schönbach aufmerksam zu machen.
Mit den besten grüssen Ihr ergebner
BSeuffert

14.5.8

Prag, 24. Mai 1908 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Ich habe die hiesigen und die Rumburger Ztg auf Schs. Geburtstag aufmerksam gemacht. Für die Deutsche Arbeit soll u. will ich noch selbst ein paar Zeilen schreiben; obwohl Unruhe u. Hitze mich von Tag zu Tag unfähiger dazu macht. Ich kann[n] nicht sagen, wie seh[r] ich den 23. Sept. ersehne.
Bestens grüssend
Ihr
AS.

24/5 08.

Prag, 25. Mai 1908 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber [Fr]eund! Ich danke [Ih]nen vielmals für die schöne Sendung und kann Sie zu der prompten wie gelungenen Durchführung der übernommenen Angelegenheit aufs Herzlichste beglückwünschen. Die Prager Zeitungen haben ihr Amt umso schlechter erfüllt. Aus Rumburg erhielt ich beiligende Ansichtskarte, die Sie oder [S]chönbach, falls er sie nicht gleichfalls bekommen haben sollte, vielleicht interessiert. Mein eigner Artikel kann erst in einigen Tagen folgen, wenn er bei der Korrektur der neuerlichen Überprüfung überhaupt standhalten sollte.
Seien Sie bestens gegrüsst von Ihrem
amtsmüden Freunde AS.

Hassenstein, Böhmen, 26. Juli 1908 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Von Komotau aus, wo ich bei einem Lehrerferialkurs eine Woche weile, machten wir hieher eine Partie, um Wukadinovič Hypothese nach zuprüfen. Am 30 gehen ich endlich auf Ferien nach Spindelmühle bei Hohenelbe. Hot[el] Deutscher Kaiser.
Viele Grüsse
Ihr
ASauer

26/7 08

Spindelmühle bei Hohenelbe, Böhmen, 10. August 1908 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Obertressen bei Aussee, Steiermark

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Auszug:

Lieber Freund! Das Beste Muster dürfte Weltrich, Schillers Ahnen sein, der dubiose Livländer Falck hat vor kurzem einen Stammbaum von Lenz hrsgg. mit einem neuen Versuch über Gs. Stammbaum; aber ich bin nicht Fachmann. Den [Ti]tel finden Sie im Anhang zu meiner Rektoratsrede; ansonsten könnte ich auch erst von Prag aus damit aufwarten. – Gewiss kämen nur die Vierteljahrshefte in Frage. Der Euphorion nicht.
In Hassenstein war leider niemand orientiert. Die Hauptfrage wäre, wie sah die Burg bei Goethes Besuch aus.
Ich habe ein böses Jahr. Ich habe Ende Juli meinen jüngeren Bruder in Teplitz begraben u. er hat seine Familie in recht traurigen [Ver]hältnissen zurückgelassen. Viel kann auch nicht für Sie zu tun; aber immerhin werde ich die teilweise Sorge für eins der Kinder kaum ganz ablehnen können, obwohl wir uns ferner standen. – Hier wäre es sehr schön; ich muss aber zum 18. August nach Prag u. dann wieder zum 10. September.
Ihnen recht glückliche Ferien wünschend Ihr
treulich erg.
AS.

Obertressen bei Aussee, Steiermark, 13. August 1908 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Spindelmühle bei Hohenelbe, Böhmen

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Auszug:

Herrn Professor Dr. August Sauer
Hotel Deutscher Kaiser
Spindelmühle bei
Hohenelbe

Lieber freund Ich bedaure sehr, dass Sie Leid in der familie hatten u. sorgen auf sich nehmen müssen Das sind schwere sachen.
Vielen dank für die auskunft. Ich habe nun sogleich nach Biberach geschrieben. Ich schreibe hier täglich an Prolegomena V., nicht ohne das unbehagen, meine aufzeichnungen nicht mit den büchern kontrolieren ! zu können: das muss dann bei der korrektur geschehen. Die besten wünsche Ihnen u. Ihrer Frau!
Treulich BSfft.

13.8.8.

Spindelmühle bei Hohenelbe, Böhmen, 18. August 1908 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Obertressen bei Aussee, Steiermark

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Auszug:

Herrn Prof. Seuffert
Aussee (Steiermark)
Obertressen 41

L. F. Im Goethejahrb. XXIX, das ich gerade durchgesehen habe, ist ein sehr interessanter Artikel von Kekule von Stradonitz, über die neune, Goethe u. Schiller betreffende genealogisch-herald[isch]e Literatur S. 196-205.
Ferner ist dort in den Inseraten angekündigt:
Carl Knetsch, Goethes Ahnen. Lpz. 4. 50.
u. das von mir erwähnte Buch
Falck, Der Stammbaum der Familie Lenz in Livland.
Nürnberg 4 M.
Dies als Nachtrag.
Herzlichst Ihr
AS.

Graz, 24. September 1908 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Herrn Professor
Dr. August Sauer
Prag
Smichow 586
Adresse durch Postzusteller gestrichen und ersetzt:
Hotel Hammerand
wien VIII

Lfr. Ich danke Ihnen für die Euphorionen: sie kommen zur besten stunde, da ich gerade Prolegomena V abgesendet habe u. also frei bin zum lesen. Dann hoff ich vor semesterbeginn noch ein paar recensionen zu schreiben, auch für Euphorion. Ich wünsche, dass Sie die ferien so gut verbrachten, wie wir es trotz viel regen u. kälte taten, dass Sie einen gesunden rektor haben u. nicht prorektor spielen müssen. u. dass der Grillparzer nun gedeiht.
Ergebenst grüsst in treuen
BSfft.

24.9.8.

Graz, 13. Oktober 1908 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. A. Sauer
Prag
Smichow 586 L. fr. Ein ehemaliger schüler hat eine sehr hübsche kompositionsstudie zu Kellers 7 Legenden nahezu fertig. Ist dafür im Euphorion sehr bald platz? sie wird nicht gross. Mir liegt an schleunigster publikation, damit ers bei bewerbung um ein auslandstipendium noch im wintersemester vorlegen kann. Das wird nicht gehen? Methode u. ergebnis neu u. überraschend für alle, glaub ich, die nicht schon in meinem seminar sassen; gedruckt ist dgl. nicht.
Kohlhaas ist eine zierde Ihres letzten heftes. Treulich
BSfft

13.10.8.

Prag, 15. November 1908 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Mit grosser Freude habe ich die Legendenuntersuchung soeben gelesen: es ist wirklich eine überraschend feine und ergiebige Arbeit, die Ihrer Schule die grösste Ehre macht. Hoffentlich trifft mich Herr P. in diesen Tagen der neuerlichen Aufr[eg]ung; ich wurde als Prorektor – bei längerer Abwesenheit des Rektors – wieder in den Trubel gezogen und werde mich auch jener Senatsdeputation anschliessen müssen, die nach der Neubildung des Ministeriums Schutz für unsere Universität in Wien suchen wird. Wie verzweifelt ich über all das bin, kann ich Ihnen gar nicht sagen.
Wenn im nächsten Euphorionban[d] eine Arbeit über den Grünen Heinrich erscheint, so mögen Sie wissen, dass diese schon vor der Studie P‘s auf Empfehlung eines meiner älteren Mitarbeiter angenommen war.
Herzlich grüssend Ihr aufrichtig erg. AS.

Würden Sie die Güte haben, Reichels Gottsched zur Rezension zu übernehmen? Das Ex. läge bereit.

Herrn
Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

Prag, 19. November 1908 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

L. F. Dr. Polheim hat mir auch persönlich sehr gut gefallen.
Die Rezension eilt natürlich nicht. Ich habe so selten [das] Glück Ihrer Mitarbeiterschaft, dass es mit Warten nicht zu teuer erkauft ist.
Dürfte ich: Ideler, zur Sprache Wielands beilegen?
Wäre ein regelmässiger Bericht über die erschienenen Bände der Wielandausgabe ausgeschlossen? Ich meine von Ihnen, etwa wie Bergers Bericht über die Lut[her]ausgabe; oder kann ich für den Euphorion ein Rez.-Ex. bekommen?
Der Übergang in Wien ist für uns fürcht ich – sehr bös.
Herzlich grüssend Ihr
AS.

Graz, 20. November 1908 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Es freut mich, dass Ihnen der milde Polheim gefallen hat. Sorgen Sie, bitte, dass er sobald als möglich eine korrektur erhält, da er das duplikat davon einer stipendiumswerbung beilegen soll, wie Schönbach fordert. –
Ideler besitze ich schon u. ich möchte die schrift lieber nicht anzeigen; sie zu kontrolieren ! hab ich nicht so bald die zeit. Und allgemein darf ich über Wield. nicht sprechen. Ich werde in Berlin fragen, wie es mit rec. ex. gehalten wird, u. wenn die Weidmänner geben, eines für den Euph. verlangen. Ich habe für mich ein freiex. verlangt, aber darauf keine antwort erhalten. Ein ständiges referat könnte ich nicht führen, ich müsste dabei die jungen herausgeber kritisieren u. das schickt sich für mich nicht; ich fürchte, dass manches nicht ganz nach meinem sinne ausfällt; aber ich kann nicht überall die hand anlegen, noch weniger alle anderen wegstossen. Ist kein rec. ex. zu erhalten, so könnte man berichte der herausgeber einfordern wie im Goethejahrb. mit der Sophienausg. geschieht.
Mit den besten wünschen für Sie u. das Prager Deutschtum treulich
BSfft.

20.11.8.

Graz, 16. Dezember 1908 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich war so sicher der erwartung, dass ich Sie am 2. dezbr. als hofrat ansprechen dürfe, dass ich noch immer glaube, wir Grazer haben also davon nichts gehört. Aber ich möchte doch die adresse nicht mit einem falschen titel behaften. – Um ein rec. ex. der Wielandschriften für den Euphorion hab ich an E Schm. dringlich geschrieben; ob mit erfolg, weiss ich nicht. Aus einer sich kreuzenden äusserung schliesse ich, dass Weidmann nur so eine art komm.-verl. ist, dass die akademie über alle freiex. in einer sitzung beschliesst; das ist mir aber doch nicht völlig klar; rec. ex. sind keine freiex. – Die gütige zusendung des neuesten Euphor. trifft mich zu guter stunde: ich musste wegen katarrhfiebers das kolleg absagen (auch Schönbach ist unwol), so dass ich zeit hatte, gleich das heft durchzufliegen. Am meisten gefesselt hat mich Ottok. Fischer. Zu diesem schüler beglückwünsch ich Sie. Gelegentlich bitt ich mir zu sagen, wer der Paul Hoffmann in Frkft a O. ist; er schrieb an mich wegen Wielands, ohne seinen stand anzugeben. Muss man wissen, dass er privatgelehrter oder bibliophile ist? Dr. scheint er nicht zu sein. Walzels gelehrsamkeit wird mir immer schwerer. Auch in der Rom. schule ist er mir zu breit, obwol er da bestimmter zu ordnen u. zu sprechen sich bemüht als sonst. – Sie haben schwere, schwere tage hinter sich u. haben den rektor tapfer vertreten. Ich fürchte, es bleibt nicht ruhe bei Ihnen. Oder sollten die reichsdeutschen brandversammlungen die regierung aufrütteln? es handelt sich ja um nichts, als dass sie mut zeigt, den herren entgegenzutreten, sie braucht ihn nicht einmal zu haben. Welches prodigium: die sozialdemokratie die retter der regierung Sr Apostol. majestät! – Von Polheim höre ich, dass Sie ihm korrektur für dezbr/janr in aussicht stellten; für dies entgegenkommen bin ich fest in Ihrer schuld u. danke lebhaft. – Ihnen und Ihrer frau wünscht frohes fest Ihr
aufrichtig ergebner BSfft.
16.12.8

Prag, 17. Dezember 1908 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Sie werden gewiss viel früher Hofrat als ich; d[en]n ich bin der Regierung [in] der letzten Zeit durch meine Energie sehr unangenehm geworden; dass man diesmal unmittelbar vor mir die Reihe abbrach, war mir aber doppelt angenehm; es hätte leicht jemand darin eine Belohnung für meine Haltung in der Streikzeit sehen können. – Paul Hoffmann ist so viel ich weiss: Oberlehrer; nicht Doktor. Ich kümmere mich um diese Dinge aber wenig. – Das Rezesionsex. vom Wieland ist gekommen; danke bestens dafür. Polheims Aufsatz ist in der Druckerei u. da das ganze Heft n[ich]t stark wird, auch viel davon schon von früher her im Satz steht, so hoffe ich, dass er auf die Korrektur nicht lange wird warten müssen. Freilich ist Fromme unberechenbar. – Sie denken über Walzels Romantik viel günstiger als ich. Ich finde, dass es ein trockenes lebloses Schema ist. Esist nicht wahr, dass die Romantik blos eine Erfindung Friedrich Schlegels ist. Wenn aber der theoretische Teil vielleicht noch richtig ist, so ist der Teil über die Dichtung so dürftig u. schwach, dass man das Wort parturiunt montes anwenden könnte. – Ich bin sehr deprimiert u. fürchte das Ärgste. Alles Gute für Sie & die Ihrigen. Treulichst Ihr AS

Prag, 15. Januar 1909 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Professor Seuffert
Graz.
Harrachgasse 1.

L. F. Ich habe auf Ihre Anregung hin in den Registern zu Stifters Werken auch die erfundenen Personen verzeichnen lassen. Die Sache hat aber große Schwierigkeiten bes. bei den ungenannten Nebenpersonen, o[bw]ohl es gewiß sehr interessant ist. Nun haben meine jungen Leute in der „Mappe des Urgroßvaters“ den Erzähler schlechtens mit Stifter identifiziert u. ebenso den Urgroßvater des Erzählers mit d. Urgroßvater Stifters etc. Das ist meiner Meinung nach falsch. Der Erzähler ist eben der Erzähler. Wie ihn aber verzeichnen, wenn er keinen Namen u. Rang hat: als Erzähler? – Vielleicht sagen Sie mir darüber ein aufklärendes Wort. Ich habe einige ruhige Tage gehab[t u]nd möchte wünschen, daß sie anhielten!
Mit herzlichen Grüßen
Ihr sehr erg.
AS.

Graz, 16. Januar 1909 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Gewiss ist es falsch den erzähler u. s. verwandten unter dem autor u. seiner familie zu registrieren. Namenlose personen zu registrieren, habe ich nicht beabsichtigt. Auch nicht den ‚Erzähler‘. Mir schwebte vor als zweck der registrierung: verbindet ein autor mit gewissen namen gewisse eigenschaften der träger? das scheint mir bei Goethe noch deutlicher der fall als bei Wieland. Ihre frage bringt mich aber doch noch auf das wünschenswerte, verwandtschaftsverhältnisse vielleicht zu buchen, wenigstens dann, wenn die personen namenlos sind. Der onkel, die nichte usf. sind für Goethes dramen u. erzählungen der revolutionszeit typische personen. Vielleicht darf man sie gerade, wenn sie namenlos sind, als typen der verwandtschaft buchen. U. so etwa auch den namenlosen grossvater der Mappe als ‚Grossvater‘-figur. Weiter würde ich nicht gehen. Der registermacher soll auch etwas denken, nicht rein mechanisch verfahren, kommt mir vor. Das register muss einer wissenschaftlichen aufgabe dienen können. Ein allzu viel könnte den versuch ad absurdum führen. – Hoffentlich behalten Sie ruhe. – Ich habe jetzt erst das völlig leere gelesen, was Walzel über die romant. dichtung sagt. Dass er sich nicht geniert!
Treulich der Ihre.

Herrn Prof. Dr. August Sauer
Prag
Smichow 586

Prag, 20. Januar 1909 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 20/1 09
Smichow 586

[L. F.] Ich danke Ihnen für Ihre Mitteilung. Die Hauptsache wäre im Reinen. Was nun die unbenannten Nebenpersonen anbetrifft, so ist deren Zusammenstellung ausserordentlich leerreich !. Ich glaube, dass Sie unrecht mit der Forderung haben, dass ein Register nicht mechanisch [h]ergestellt werden dürfe. Ein Register muss im Rahmen eines Prinzips doch bis zu gewissem Grad mechanisch hergestellt werden, weil man nie wissen kann, was ein andrer, der von andern Gesichtspunkten ausgeht darin sucht. Verzeichne ich überhaupt Nebenpersonen, dann muss ich alle verzeichnen; denn es ist technisch nicht unwichtig, ob viele [o]der wenige Nebenpersonen vorkommen. Sie werden staunen, wie viele Grossväter u. Urgroßväter Stifter aufbietet, die reinen Nachkommenschaften, wie eine seiner Novellen heisst. Die Detailschilderung u. bis zu gewissem Grad die Schilderung des überflüssigen Details zeigt sich auch hier. Berücksichtige ich die Technik im Register überhaupt, dann muss der Benützer verschiedener Register auch vergleichende Studien über die Technik daran anstellen können. Beobachtungen wie Sie sie über die Oheime bei Goethe machen, sind über vieles andre gleichfalls möglich, was wir jetzt noch gar nicht ahnen. Zur Aufklärung werde ich allerdings eine Anmerkung [hin]zufügen müssen, welche kurz sagt, was ich will und dass ich mich dem Spott böswilliger Ignoranten und Konkurrenten wie Fürst aussetze, weiss ich. Diese Herren spotten aber auch über die Lesarten, so lange, bis Sie selbst Lesarten fabrizieren. Ich wenigstens kann mir kaum vorstellen, dass die Börneausgabe aus der Fabrik Geiger, [Kl]aar, Fürst auf alle Lesarten verzichten wird.
Dass ich den Vorsitz der germ. Sektion auf dem Grazer Philologentag übernommen habe, reut mich bereits u. zwar deshalb, weil ich jedem einzelnen lange Aufklärungen über Schönbachs u. Ihre Abstinenz geben muss mit der Versicherung, dass Sie nichts gegen mich haben oder umgekehrt. Möchten Sie Erich Schmi[dt] nicht ein Wort darüber sagen. Er wäre gewiss gekommen, wenn Sie in Graz gewesen wären. Jetzt hält er sich vielleicht aus Rücksicht für Sie fern. Ich stehe aber doch noch immer auf dem Standpunkt, dass wir, da wir die Tagung selbst nicht verhindern konnten, verpflichtet sind, für ihre möglichste Blüte einzutre[t]en.
Der Kontrakt mit der Gemeinde Wien ist endlich perfekt geworden, zwar noch nicht unterschrieben, aber doch genehmigt. Die Arbeit ist unendlich langwierig u. subtil; doch sehr ergiebig.
Treulichst Ihr AS.

Prag, 20. Januar 1909 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Sie haben, l. Fr., in dem neuen Teil der Prolegomena, für die ich herzlichst danke, wieder ein riesiges Stück Arbei[t] geleistet und eigentlich haben es die Herrn Bearbeiter leicht, wenn Ihnen der kritische Weg so vorgezeichnet ist wie hier. Aber auch die Vielgestaltigkeit und Weitschichtigkeit des Materials tritt immer deutlicher in die Erscheinung. Herzlichen Glückwunsch zur Zu[rü]cklegung der neuen Etappe. Heute Früh hab ich an Sie geschrieben; der Brief ist aber schon weg.
Herzlichst Ihr
AS.

20/1 09.

Graz, 19. April 1909 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt.

Wien, 22. April 1909 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Ich habe bisher bezahlt, auch für das Seminar Die Österreichischen Zss. sind nicht erschienen, weil mich der Ihnen wolbekannte Bearbeiter in der unqualifiziertesten Weise ohne Entschuldigg im Stich gelassen hat; der zweite Bearbeiter erkrankte vor kurzem schwer an Typhus, kommt aber hoffentlich doch zur Stelle. Ich glaube, wir sollten den

Verein nicht im Stich lassen.
Meinen Glückwunsch zu Proleg. V. Ich wollte, ich wäre schon so weit. Die verlorenen 1 1/2 Jahre rächen sich [j]etzt an mir u. ich leide unter der doppelten Belastung mit der Arbeit für die ganze Ausgabe u. mit der Textherstellung für Bd. I.
Viele Grüsse von Ihrem aufrichtig erg. AS.

Prag, 28. Mai 1909 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Verzeihen Sie, dass ich Ihnen für Ihre schönen Prolegomena so spät danke. Ich wollte ursprünglich einige Fragen daran knüpfen, die sich auf meine Ausgabe bezo[ge]n hätten; aber dann wurde ich abgelenkt u. verschiebe die lieber auf spätere Zeit oder auf die erhoffte Begegnung im Herbste. Ich beglückwünsche Sie zum Abschluss dieser mühevollen aber sehr erspriesslichen Arbeit.
Ich leide unter dem Umstand, dass ich in Prag und das Archiv in Wien ist. Allerdings habe i[ch] jetzt doch durchgesetzt, dass mir einiges geschickt wird.
Gleichzeitig Euphorion XVI/i mit der Bitte um Nachsicht.
Vergnügte Fereintage wünschend u. herzlich grüssend Ihr sehr erg. AS.

Graz, 19. Juni 1909 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Herrn Professor
Dr. August Sauer
Prag
Smichow 586

Lfrd. Dank für Ihre karte u. den Euph., den zu lesen mir ewige tägliche prüfungen verbieten. Darum wird auch die Ermatingeranz., die ich für Sie begonnen habe, nicht fertig. – Obwohl ich voraussetze, dass Sie davon kunde haben, will ich doch, weil der zufall es Ihnen verbergen könnte und es vielleicht für Ihren Euph. von belang ist, mitteilen, dass ich eben erfahre, es werde ein heft des Germ.-Roman. Monatsschrift als Festnummer zur philolol. versammlg. erscheinen.
Eiligst grüsst Ihr BSfft.

19.6.

Prag, 20. Juni 1909 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vielen Dank für Ihre freundliche Sorge. Ich habe Fromme bereits zur Herausgabe eines Ergänzungsheftes für den Grazer Philologentag zu bewegen gesucht; das M[ate]rial liegt druckbereit; z. T. ist es schon gesetzt; aber er erklärt, ohne Zuschuss die Sache nicht wagen zu können u. da von neuen Wiener Gönnern noch nicht einmal die letzten 2 Jahrgänge völlig gedeckt sind, so steht unsre Hoffnung nur auf der Sonderunterstützung des Minist. Das Gesuch ist überreich u. Fromme, der [z]u St. durch den Verein für die [P]flege des hum. Gymn. Beziehungen hat, will dieser Tage persönlich bei ihm intervenieren. Es wäre eine Blamage für mich u den Verleger, wenn der Plan nicht ge- länge; aber die 500 Kr. aus eigner Tasche zu zahlen wird mir unmöglich sein; zumal jetzt, da mir die Grillparzerausgabe sehr grosse Auslagen verursacht, die ich erst spät gedeckt erhalte.
Bestens grüssend Ihr
sehr erg. AS.

Herrn
Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Prag, 7. Juli 1909 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Wenn es Ihnen keine besondere Mühe macht, möcht ich Sie bitten, mir gelegentlich zu sagen, ob die Briefe Mercks an Wieland in der Kgl. Bibliothe[k] zu Dresden:
[Anfang 1779] „Ich schicke Dir l. Br. eine Rhapsodie“
18. Jan. 1783
7. Okt. 1786
wirklich ungedruckt sind. Sie sind mir von einem Dilettanten zum Druck angetragen, auf den wenig Verlass zu sein scheint, vielleicht auch nicht wer[t] aus der Reihe herausgerissen gedruckt zu werden; doch kann man darüber verschieden denken.
Ich bin in die diffizilsten Unter- suchungen über Grillparzers Interpunktion verwickelt; muss aber am 27. nach Lpzg. zum Jubiläum, später nach Stuttgart ins Cottasche Archiv; vom 1. Sept. ab residiere ich in Wien.
Glückliche Ferien wünschend Ihr sehr erg. AS.
Das Sonderheft des Euphorion für die Philiogenversammlg. ist bereits im Druck.

Herrn
Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Graz, 8. Juli 1909 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

Korrespondenz öffnen
Auszug:

L. frd. Ich habe bei meinen kopien bezw. exc. aus den 3 Merckbriefen nicht notiert, dass sie gedruckt seien, weiss auch nicht von weiteren in Dresden. Ich habe aber die briefe einmal Düntzer für seine biogr. abgetreten u. weiss nicht, ob er oder ein anderer sie nicht doch veröffentlicht hat. Meine notizen sind nicht vollständig. Der mann soll sich also nicht darauf berufen, dass ich das ungedrucktsein bestätige.
Ich beglückwünsche Sie, dass Sie tief in Grillparzer stecken. Mein leben ist zersplittert; nichts kann ich anhaltend fördern. Bis 15. lese ich, dann noch seminararbeitenkorrigieren Pfeilsymbol?. Ich werde wenig vor ende des monats nach Obertressen 41 bei Aussee Steiermark übersiedeln. Meine familie geht um den 15. dahin. Mein älterer macht dann die matura. Ich bin sehr neugierig, wer den germanisten bei der versammlung reden wird u. wer sein erscheinen zugesagt hat. Viel vergnügen für Leipzig, gute ausbeute in Stuttgart. Bleiben Sie den winter in Wien? es verlautete, Sie wollten urlaub nehmen.

Schönbach ist schon in Schruns im Löwen.
Alles beste Ihnen u. der Ihren.
Treulich
BSfft.

8.7.9.

Herrn Prof. Dr. August Sauer
Prag
Smichow 586

Graz, 22. Juli 1909 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Hier lieber freund, die Ermatingeranzeige, endlich! mit der bitte um aufnahme.
Frohe Tage wünscht
Ihr
ergebener
BSfft

22.7.9

Etwa vom 29. an: Aussee Steiermark Obetressen 41

Prag, 25. Juli 1909 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Professor Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Vielen Dank für die aufschlussreiche Rezension; die ich bald unterbringen werde.
Bei mir geht es, da ich auf so lange Zeit vom Hause wegge[h]e, etwas tumultuarisch zu. Hoffentlich klappt alles.
Briefe treffen mich unter meiner hiesigen Adresse.
Hoffentlich sehe ich Sie in Graz im Herbste. Wir wohnen wieder in der Birne, wie damals vor 2 Jahren ich allein. Ich hoffe nemlich, dass meine Frau mitkommt.
Mit den schönsten Grü[sse]n von Haus zu Haus
Ihr
aufrichtig erg.
ASauer

25/7 09.

Graz, 23. September 1909 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Wir bitten Sie und Ihre frau gemahlin auf mittwoch, d. 29. d. 5 uhr zum tee. Auf zusage hoffen
A. u. BSeuffert
Graz Harrachg. 1

23.9.9.

Prag, 23. September 1909 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Professor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

L. F. Verurteilen Sie mich: aber ich kann nicht anders. Ich bin mit meiner arbeit an dem 1. Bd. so sehr in Rückstand und jetzt so sehr in die Korrekturen eingenommen, dass ich mich darin unterbrechen darf. Ich [müs]ste also absagen und muss auch Ihnen für die Liebenswürdigkeit danken, mit der Sie uns zu sich laden wollten. Ich versichere Sie, mit Ihnen zu sprechen wäre mir eine sehr grosse Freude gewesen, die ich hoffentlich in ruhigeren Tagen bald einmal gönnen kann. Ich dürfte bis Ende Okt. hier bleiben und dann erst nach Wien übersiedeln.
Mit besten Grüssen Ihr
aufrichtig erg.
AS

Prag 23/9 09
Smichow 586

Prag, 22. Oktober 1909 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Professor Dr. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Ich danke Ihnen vielmals für die liebenswürdige Übersendg. Ihres Aufsatzes, den ich aber jetzt kaum werde lesen können. Ich sitze noch immer hier, mit dem Abschluss meines 1. Bandes beschäftigt. Ich [ha]be mir durch die Aufrollung der Interpunktionsfrage eine Geissel geschaffen; durch den Kommentar eine unendliche Last aufgebürdet. Ich hätte bei einer blossen Textausgabe bleiben sollen.
Unmittelbar nach den Lehramtsprüfungen, am 3. Nov., reisen wir. Meine Wiener Adresse weiss ich noch nicht. Es trifft mich aber alles über Prag.
Ich bin leider sehr abgearbei[tet] u. nervös.
Herzlich grüssend
Ihr sehr erg.
AS

Prag 22/10 09
Smichow 586

Graz, 16. Dezember 1909 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Herrn Professor
Dr. August Sauer
Wien I
Bartensteing. 13

Besten dank, l. fr., aus schlimmstem arbeitstrubel heraus.
Frohe festtage wünscht Ihr getreuer
BSfft.

Graz, 4. Januar 1910 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Herrn Professor
Dr. August Sauer
Wien I
Barteinsteing. 13

Prosit neujahr! l. fr. Ungern störe ich Ihre arbeitsamkeit, aber die sache verlangt es. Unsere stud. fordern ein lektorat für rethorik, wie es in Prag u. Wien bestehe. Nun sehe ich aber aus dem Prager lektionskatalog, dass Ihr lektor nur 2 semester angekündigt hat; in den letzten 3 semestern heisst es: ‚liest nicht‘. Warum? hat er nicht entsprochen oder mag er nicht? In Wien soll frau Lewinsky bei der antrittsvorlesung durchgefallen sein. Da ich in der kommission bin u. die personenfrage das einzige schwierige ist, bitte ich – und zwar leider dringlich und eilig – um Ihre erfahrungen. U. zwar so, dass Sie mir schreiben, was ich der kommission vertraulich sagen darf und wovon ich nötigenfalls auch in der kollegiumssitzung gebrauch machen darf. – Schönbach erzählt mir, dass Sie mit der drucklegung unzufrieden seien, das bedaure ich sehr. In treuen Ihr alter
BSfft.

4.I.10 früh 7 uhr.

Wien, 28. Januar 1910 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

An die Redaktion des „Euphorion“
Verlag Karl Fromme
Wien II/1
Glockengasse 2

Sehr geehrter Herr!
Herr Professor Dr. Weuffert ! beabsichtigt, in Ihrer Zeitschrift die in [d]er Goldenen Klassiker-Bibliothek erschienene Wieland-Ausgabe zu besprechen, und wir erlauben uns deshalb die ergebene Anfrage, ob Sie Herrn Professor mit der Besprechung betreuen würden, wenn wir Ihnen ein Besprechungsexemplar unserer Wieland-Ausgabe zugehen lassen.
Hochachtungsvoll
DEUTSCHES VERLAGSHAUS
?????

Wien I, Bartensteingasse 13.
28/1 10.
Lieber Freund! Wenn meine Konjektur richtig ist, dann steht mir das Glück bevor, eine Rezension von Ihnen zu bekommen. Ist dies richtig? Ihre letzte Rezension befindet sich in der Druckerei.
Für ein kurzes Wort herzlich dankend Ihr treulich erg.
ASauer

Graz, 29. Januar 1910 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Herrn Professor
Dr. August Sauer
Wien I
Bartensteing. 13

Lieber freund, Dank für Ihre auskunft über den vortragskunstlektor und Ihren liebenswürdigen brief. Bong hat an mich geschrieben, ob er mir ein ex. seiner Wielandausgabe schicken könne, damit ich sie im Euphorion oder sonstwo anzeige. Ich habe ihm geantwortet, dass ich, um freies urteil zu wahren, von verlegern keine rec. ex. annehme, dass ich aber, falls Sie oder Hinneberg mich mit einer anz. betrauen würden, sie übernehmen wolle. Ist es richtig, dass Werner in pension ging? Da wird Arnold nachrücken. Das beste, bes. für Ihren Grillparzer wünscht grüssend Ihr ergebner
BSfft

29.1.10

Graz, 6. April 1910 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Lieber freund, dass Sie in all der arbeitsnot meiner durch zusendung des Euph. gedachten, verdient besonderen dank. Ich habe vieles darin mit interesse gelesen. Wenn Sie den bogen 48 des XVI bd. noch überflüssig in korr. haben, bin ich so unverschämt darum zu bitten; er fehlt Ihrer sendung und enthält gerade einen Wielandbrief.
Ich hatte schlechte zeit; meine freu ist seit 5 monaten krank, war es im februar gefährlich; ich war auch krank; u. jetzt habe ich meinen älteren als Einjährigen in eine fremde garnison ziehen lassen müssen. So kam ich gar nicht zur arbeit.

Mich verlangt zu wissen, wie es mit der ausgabe steht u. ob Sie im sommer wieder lesen; doch Sie haben keine zeit zum schreiben u. ich bescheide mich. Treulich
Ihr ergebner
BSfft.

6.4.10

Herrn Prof. Dr. August Sauer
Wien I
Bartensteing. 13

Wien, 7. April 1910 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Wien 7/4 10
I Bartensteing. 13.

L. F. Dass Sie häuslichen Kummer [ha]ben, tut mir von Herzen leid. Das schlägt alles andre nieder. Seien Sie von meiner aufrichtigen Teilnahme überzeugt; ich wünsche, dass alles baldigst ins volle Gleichgewicht gelangt.
Was ich mit jenem Bogen 48 gemacht habe, kann ich mir nicht denken. Während ich von allen andern Bogen 2 & 3 Ex. habe, fehlt mir dieser ganz. Ich muss ihn irrtümlich weggeworfen haben. Verzeihen Sie vielmals.
Ich lese im Sommer wieder u. kehre demnächst nach Hause zurück. Ich habe einen sehr unangenehmen Winter hinter mir. Die Streitigkeiten mit der Gemeinde, der unfähige Drucker u. vieles andre legten sich wie Mehltau auf meine Arbeit. Offenbar bin ich doch auch schon zu alt dazu. Ich hätte eine reine Textausgabe machen sollen. Nun hatte ich mich aber zu Einleit. u. Kommentar entschlossen. Den ganzen Winter habe ich dadurch für den 1. Bd. verloren u. das wozu ich eigentlich in Wien war – nicht gemacht. Allerdings habe ich [d]abei vieles für die späteren Bde gesammelt u. vorgearbeitet. In einigen Tagen dürfte der 1. Bd. nun doch endlich fertig werden. Ich erwarte nur noch den letzten Bogen in letzter Korrektur. Aber wie es weiter gehen wird, ist mir ganz unklar. – Weiter hat mich der Streit mit Minor u. Hock mehr als meiner Gesundheit lieb ist, angegriffen ist !. Minor hat Kosch in der Öst. Gymn. Zs. in unerhörter Weise angeflegelt. In der Sache hätte er vielleicht recht haben können, obgleich si[ch a]uch das das Gegenteil herausstellt. Die Form ist unqualifizierbar. Auf meine bescheidenen Einwände u. Verteidigungen brach er mit mir in der brüskesten Weise, erwiderte meinen Besuch nicht, schnitt mich in einer Gesellschaft u. sucht nun alles was ich mache zu contrecarrieren; z. B. gelang es ihm im Lit. Verein den Schlussband von Grillparzers Gesprächen um 1 Jahr hinauszuschieben. Er hetzt Hock gegen mich, der sich beim Druck der (elenden) Franklschen Memoiren gemein gegen mich benahm. Wäre ich in P[rag] gewesen, so hätte ich den ganzen dummen Klatsch nicht gehört. Hier leider fehlt es nicht an Zwischenträgern. Auch in Prag gieng mir alles schief. Die Finanznot des Landes Böhmen, unter der auch die „Gesellschaft“ leidet, nahm man zum Vorwand, um in meiner Abwesenheit meine Unternehmungen, bes. die deutschböhm. Bibliothek schwer zu schädigen. Auch da war es die Form & Gesinnung der Leute, mit [den]en zusammenzuarbeiten ich gezwungen bin, die mich besonders alterierte. Es wäre vielleicht ein Glück für mich gewesen, wenn ich die Konsequenzen daraus hätte ziehen u. meine Ehrenstellen niederlegen können. Nun hängt aber das Schicksal einiger jungen Leute, die bei der „D. Arbeit“ und bei der Stifterausgabe angestellt sind, damit zusammen; auch die finanzielle Lage der Unternehmungen würde noch schlechter wenn ich sofort zurücktrete; so muss ich, für einige Zeit wenigste[ns], gute Miene zum bösen Spiel machen.
– So bin ich im Augenblick etwas überarbeitet, finde zu Hause Berge von Arbeit vor u. weiss nicht, wie ich mein kleines leck werdendes Lebensschifflein durch alle diese Klippen werde hindurchlenken können. Ich bin sehr begierig, was Sie zum Grillparzer sagen. Redlich Mühe hab ich mir gegeben.
Verzeihen Sie den Herzenserguss. Ich bin hier fast ohne Verkehr.
Herzlich grüssend Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Wien, 8. April 1910 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor
Dr. Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

L. F. Ich weiss schon wo der verhexte/verherte Bogen steckt und hoffe ihn in einigen Tagen zurückzubekommen, sende ihn d[a]nn sofort.
Herzlich grüssend
Ihr erg.
AS.

Graz, 12. April 1910 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Herrn Professor Dr. August Sauer
Wien I
Bartensteing. 13

Wie soll ich genug danken, lieber freund, dass Sie in all der arbeit wol den bogen noch für mich suchen mochten! sein besitz ist mir aber sehr wichtig. Auch für Ihren brief herzlichen dank. Leider ist sein inhalt nicht so, wie ich es für Sie wünschte. Unser Wiener oberkollege hat Ihnen schon viele böse stunden bereitet; wirklich kommt doch niemand auf die dauer mit ihm aus; er ist ein egoist des wissens und wollens; neben seinem licht soll keines leuchten und kann keines leuchten meint er. Ich wünsche lebhaft, dass Sie es in Prag besser finden, als es aus der ferne scheint. Auf den Grillp. freue ich mich; mit dem kommentar bindet man sich freilich ruten, wenn mans nicht macht wie die Berliner und ihn verschiebt; der Ihrige wird gewiss gut.
Mit den besten wünschen u. grüssen Ihr
ergebner
BSfft

12.4.10

Graz, 20. April 1910 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt

Graz, 17. September 1910 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Ich danke Ihnen l. fr. für 17,2, das ich in der nächsten woche durchsehen werde. Hoffentlich haben Sie gute ferien gehabt u. sind etwas Grillparzerfrei gewesen. Wir litten bei Aussee entsetzlich unter regen u. kälte.
Leider vertrödel ich meine zeit mit vorbereitung des romantikkollegs; es kommt bei dem vielen geschreibe darüber aber doch nicht allzu viel heraus.
Weilen war dieser tage da auf ¼ stunde: Minor sei f. 1 jahr beurlaubt; Ihr Kosch komme nach Cernow., da Arnold abgelehnt habe; f. Lemberg sei noch niemand gewählt. Das werden Sie alles schon wissen; mir wars neu. Schönbach wird wohl heute hier eintreffen. Treulich Ihr ergebner
BSfft

17.9.10

Möge es wahr sein
AS.

Wien, 7. Oktober 1910 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Lieber Freund! Ich komme Samstag Abends 11 1/4 nach Graz und bleibe über Sonntag dort. Schönbach wird mich Sonntag Mittags oder Abends bei sich haben wo[lle]n. In der freien Zeit gönnen Sie mir ein Stündchen zum plaudern, wie es Ihnen passt. In der Nacht zum Montag oder spät. Montag Nachmittag muss ich wieder zurückfahren. Andre Freunde werde ich kaum aufsuchen können. Möchte ich Sie recht wolauf antreffen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Wien VIII.
Hotel
Hammerand
Wohne bei der Birne

Graz, 7. Oktober 1910 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Lfr. Ich freue mich sehr auf Ihre ankunft. Leider kann ich Sie diesmal nicht zu tische bitten, weil meine frau zu unsicheren befindens ist. Ich werde Sonntag um 10 uhr bei der Birne vorsprechen. Herzlich grüssend
BSeuffert

7.10.10.

Wien, 10. Oktober 1910 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Lieber Freund! Nach sehr angenehmer Fahrt in mein einsames Hotelzimmer zurückgekehrt, danke ich Ihnen [he]rzlich für die höchst erfrischende und anregende Zusammenkunft, die alljährlich zu wiederholen meine feste Absicht ist. Morgen gehts wieder an die Arbeit.
Mit den schönsten Grüssen
Ihr
aufrichtig erg.
AS

10/10 10.

Prag, 12. November 1910 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. In Erinnerung an unser Grazer Gespräch mache ich Sie auf das neue Jb. der Grillparzer Ges. XIX, 85 aufmerksam, wo Castle sagt, Auerspergs Korrespondenz [i]n hundert Faszikeln befindet sich, wohl verpackt in Kisten, in dem fürstlich Auerspergischen Familienarchiv auf Schloss Losensteinleithen in Oberösterreich: jede Einsichtnahme gilt vorläufig als ausgeschlossen. – Sollten Sie doch weiter vordringen als Castle, so denken Sie dabei auch an mich: es könnte leicht etwas von Grillparzer darunter sein; über ihn natürlich ge[n]ug.
Ich ersticke in der Arbeit für meine mehr als 100 Seminaristen u. komme kaum zum Hauptgeschäft. Wenn alle Themen abgegrenzt sein werden, dürfte es vielleicht besser werden.
Euphorion folgt.
Bestens grüssend
Ihr
aufrichtig erg.
AS.

12/11 10

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

Graz, 14. November 1910 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ich zehre noch von der angenehmen erinnerung Ihres hierseins u. freue micht, dass auch Sie ein freundliches gedächtnis daran haben.
Für den hinweis auf Castle danke ich sehr. Ich werde die sache verfolgen. Wenn nur das testament nicht so unbestimmt wäre! Dass wir erben der korrespondenz sind ist nicht gesagt, kann nur in der wendung enthalten sein. – Auch hier reisst der faden nicht ab, es sind reichlich germanisten da, wenn auch bei mir nicht so viele im seminar wie bei Ihnen. Für Euphorion im voraus dank.
Bestens grüsst Ihr ergebner BSfft

14.11.10.

Prag, 26. Januar 1911 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz.
Harrachgasse 1.

Lieber Freund! Ich wage es bei Ihnen anzufragen, ob Sie etwa Budde, Wieland und Bodmer (Palaestra 89) im Euphorion zu [b]esprechen die Güte haben wollten. Das Rez. Ex. läge bereit. – Ich habe viel zu tun, um die überall auftauchenden Schwierigkeiten zu überwinden; bes. macht sich die Geldnot (im Min. u. im Lande Böhmen) in diesem Jahr noch bemerklicher als im vorigen und es beginnt alles zu stocken oder ga[r] in die Brüche zu gehen.
Mit den besten Wünschen für Ihr Wohlergehen Ihr
treulich erg.
AS.

Prag 26/1 11
Smichow 586

Graz, 28. Januar 1911 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ihr anerbieten lockt u. ich danke herzlich dafür. Aber ich trage sorge, wann ich dazu komme, die anz. zu schreiben. U. dass ich offen bin, ich würde das buch auch nicht gerne besprechen, wenn es nicht gut sein sollte. Einem Schmidtschüler gegenüber könnte ich ja gerade herausreden. Es gibt aber andere lehrer in Berlin, die ich für empfindlich halte, vielleicht „ohne zureichenden grund“. Aber lieber hand weg!
Wenn nur Ihr haupgtgeschäft nicht leidet! die böhmischen sorgen müssen halt etwas zurückgestellt werden, bis die bäche wieder fliessen. Alles gute! dankend Ihr
BSfft

29.1.11 [Fehldatierung; s. Poststempel]

Prag, 10. Februar 1911 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz.
Harrachgasse 1.

L. F. Bitte, sagen Sie mir bei Gelegenheit, ob bei Ihnen der Erlass vom 13. Dez. 1856 (Beck & Kelle Nr. 23, S. 32) noch in Übung steht und ob der Dekan wirklich sich eines Beirates bedient. Bei uns hat der vorjährige Dekan diese – meiner Meinung nach – veraltete u. schädliche Übung wiederbelebt und dadurch eine Clique eine Fakultätsherschaft ! zugewendet, die die eigentlichen Sitzungen zu Abstimmungsmaschinen herabdrückt. Für Ihre gütige Auskunft vielen Dank.
Herzlich grüssend
Ihr
sehr erg.
AS.

10/2 11.

Graz, 13. Februar 1911 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Nein, l.fr., der erlass ist seit ich hier bin nicht in übung, gibt ja auch nur eine erlaubnis, legt keine verpflichtung auf. Wie pflegen seit den letzten jahren den prodekan zum gegenzeichner zu wählen (den unsere geschäftsordnung vorsieht); unter normalen verhältnissen wendet sich der dekan an ihn um s. meinung in zweifelhaften fällen. Es kommt auch vor, dass der dekan über die behandlung einer sache mit den nächstbeteiligten einvernehmen sucht, bevor er sie in die fakultät bringt. Aber einen „beirat“ gibt es nicht. – Meringer u. andere aus Wien exportierte suchen ja auch bei uns die fakultät zum stimmvieh zu machen , sich in herschaft ! zu setzen oder zu erhalten durch grosse zahl der kommissions- mitglieder, durch geheime abstimmungen. Und die „partei“, wie sie sich nennt, wird ja allmählich die führung ganz an sich reissen.
Ergebenst grüsst Ihr
BSfft

13.2.11.

Herrn Professor Dr. August
Sauer
Prag
Smichow 586

Prag, 13. Juni 1911 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 13/6 11
Smichow 586

[Lie]ber Freund! Verzeihen Sie, dass ich diesmal die Euphorionbogen verbummelt habe; ich sende sie trotzdem jetzt noch nach, weil es doch möglich wäre, dass Sie sie, wie früher einmal, einem Studenten zu überlassen pflegen. Der Grund der Verzögerung liegt in der schweren Erkrankung und [d]em Tod meines älteren (und noch einzigen) Bruders; bald nach Weihnachten setzte es ein und vor 3 Wochen gieng es zu Ende. Die Aufregung und Unruhe, mehrmalige Reisen u. s. w. Wir waren unser drei, nun bin ich allein; man kommt sich unwillkürlich wie gezeichnet vor.
Jedoch nicht um zu klagen wollte ich diesen Brief schreiben. Sondern a[u]s folgendem Grund. Wir schlagen gegenwärtig unsern Dozenten Schneider, der auch in Freiburg i. d. Sch. im Vorschlag ist, zum a. o. Prof. vor. Mehr als den Titel wird er wol nicht erreichen; er hat ein Buch über Hippel so eben fertig gestellt. Nun schrieb mir Wukadinovič einen ziemlich heftigen und in gewi[sse]m Sinne beleidigenden Brief, worin er an meine Gerechtigkeit appelierte ! und gleichfalls vorgeschlagen zu werden verlangte. Weil er nun möglicherweise einen ähnlichen Brief auch an Sie geschrieben hat und Sie möglicherweise die hiesigen Vorfälle in einem falschen Licht ansehen, so schreibe ich Ihnen die Wahr[heit]. Als ich den Vorschlag Schneider erwog, sprach ich mit Hauffen u. Krauss auch wegen einer ev. Einbeziehung von W. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich, dass im Kreis der Professoren der deutschen Technik eine grosse Erbitterung gegen ihn herrscht, die bei den nahen Beziehungen die in Prag zwischen beiden Hochschulen besteht !, sich auch a[uf] die Univ. verpflanzt hat. Er spricht an der utraquistischen Technik-Bibliothek, die er leitet, nur tschechisch, hat sich dort ganz auf die Seite der Tschechen von Anfang an geschlagen und vertritt auch in Bezug auf den Neubau die Forderungen der Tschechen. Also nicht aus wissenschaftlichen Gründen müssen wir ihn fallen lassen, sondern aus nationalen.
Es wäre auch für den günstigsten wissenschaftlichen Vorschlag keine Majorität in unserer Fakultät zu finden und ich habe keine Lust, mir eine nationale Niederlage zu bereiten. Diese Gründe sind ausschliesslich die massgebenden. Er kann mir menschlich leid tun; aber in Prag sind einmal die nationalen Gründe die Ausschlag gebenden.
Hoffentlich geht es Ihnen gut. Mit den besten Empfehlungen
Ihr herzlich erg.
AS.

Graz, 15. Juni 1911 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Schönbach sagte mir gestern abends, dass Ihr 25jähriges Wirken in Prag gefeiert worden sei; ehe ich meinen Glückwunsch dazu aussprechen konnte, traf Ihr brief mit der traurigen familiennachricht ein. Nehmen Sie die versicherung an, dass ich Ihre vereinsamung nachfühlen kann. Auch mich traf die nachricht vom hinsinken eines jugendfreundes voriges jahr wie ein streifschuss und ich sah betroffen auf frau und unfertige söhne. Dann gewöhnt man sich wieder in den tagesdienst und ich wünsche, dass Ihre vielseitige tätigkeit, die nirgends ersetzt werden kann, auch Ihnen nicht ruhe lässt zum nachsinnen. –
Wukadinović hat mir schon lange nicht geschrieben. Ich kenne ihn zu gut, um nicht zu begreifen, dass er sich gegner macht; dass er national unzuverlässig sein soll, bleibt mir unbegreiflich; erklären könnte ich es mir nur aus seiner verbitterung; zu rechtfertigen wäre es auch damit nicht. Sein böser genius hat ihn seiner zeit nach Graz geführt, Graz ist kein sprungbrett für einen germanisten.
Für die Euphorionkorrekturen werde ich sehr dankbar sein; ich lege mir die blätter gerne zu den zugehörigen büchern und verschenke dann u. wann einen aufsatz, der einen andern mehr interessiert. Das ex., auf das ich abonniert bin, benütze ich als nachschlagewerk.
In Ihrer schuld stecke ich wieder tief. Ich hatte mir viel zu dem Wieland der Gold. bibl. notiert, was ich nun kaum mehr verstehe, ohne alle äusserungen des herausgebers wieder durchzulesen. Jetzt bin ich von den GRM gedrängt auf die längst verheissene fortsetzung des kompositionartikels. Auch der ist unfertig. Meine Gedanken stecken ganz in poetik. Im seminar interpretiere ich lyriker, lauter stücke, die ich noch nie vorgenommen hatte; vielleicht kommen wir dabei einmal tiefer ins lyrische wesen hinein, das gar so schwer zu bestimmen ist.
Einer meiner zuhörer, Hübler, wendet sich an Sie mit der bitte, seiner Ihnen von mir schon angekündigten Käthchen v. Heilbronn-studie zur erscheinung zu helfen. Ich halte die arbeit für gut.
Mit den besten wünschen und herzlichen grüssen Ihr
sehr ergebener
BSeuffert.

Prag, 17. Juni 1911 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 17/6 11
Smichow 586

Lieber Freund! Ich danke Ihnen für Ihre wolwollende Gesinnung. Einige übereifrige Schüler hatten das Datum ausgegraben und haben es sehr wol gemeint; aber es wäre mir lieber gewesen, die Feier hätte sich in den vier Wändern des Hörsaals abgespielt; freilich machte mit dann eine Reihe von Zuschriften älterer Schüler grosse Freude; nur liegen sie noch unbeantwortet in dem grossen Wust, den dann die traurigen Ereignisse aufgetrümt haben.
Wegen W. genügt es mir, wenn Sie die feste Überzeugung haben, dass ich ihn nicht ungerecht behandelt habe, wie er annimmt. Sein letzter Brief an mich ist darart, dass ich wohl kaum mehr antworten kann: Hauffen hat es [über]nommen, ihm mündlich den Standpunkt klar zu machen.
Schröder von d. Germ. Rom. Monatsschrift versteht es besser als ich zu drängen; er zahlt aber auch viel b[ess]er als mein Verleger. Trotzdem hoffe ich, dass Sie mir ab und zu die ein oder andre Rezension liefern werden. Die Abhandlung über das Kätchen drucke ich gerne, wenn es bis 1912 Zeit hat; denn der diesjährige Jahrgang ist voll und als Ergänzungsheft erscheint [die] Bibliographie der Jahre 7-10. Was ist es mit dem angekündigten Hans Sachs?
Mit vielen Grüssen Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Graz, 19. Juni 1911 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Meine untersuchungen passen nicht in die GRM.; aber Schröder hat mich damals um einen beitrag zur begrüssung der hiesigen philol.-versammlung ersucht, da er von lauter Grazern ein heft verfasst haben wollte. Ich hatte mich, wie Sie wissen, gegen die versammlung ablehnend verhalten und konnte u. wollte mich dieser aufforderung nicht versagen, um nicht vor fremden feindselig zu erscheinen. Die kosequenz ist nun, dass er die fortsetzung wünscht. Dem kann ich mich auch nicht entscheiden.
Über das Kätchen will ich mit dem verf. sprechen, sobald ich ihn sehe; er hätte es gerne zum jubiläum ediert. Der H. Sachs-mann kam nicht

zur druckfertigstellung, weil er jurisprudenz (nach dem phil. dr.) zu studieren begonnen hat; ich glaube, er will die ferien darauf wenden.
Inzwischen ist eine gute diss. über Hesiod u. Wieland fertig geworden.
Da Sie auf Wuk. zurückkommen, so will ich es nicht vermeiden, Sie um die ermächtigung zu bitten, ihm Ihr gründe zu schreiben. Ich würde ihm sagen, dass seine nichtnennung neben Schneider nicht auf einer geringschätzung seiner wissenschaftl. leistungen beruhe, sondern lediglich darauf, dass er national nicht zuverlässig erscheine, weil er in der bibl. czechisch rede. Dann wird sich herausstellen, ob diese nachricht, für deren inhalt Sie ja nicht ohrenzeuge sind, richtig ist. Es kann ja doch sein, dass er an der utraquist. bibl. mit Czechen eben von amtswegen czechisch reden muss. Ich weiss authentisch, nicht von ihm, dass gegen ihn schädigende umtriebe gemacht werden; ich weiss nicht, wer sie macht; ich habe in 1 falle eine böswillige entstellung aus genauer kenntnis widerlegen können; ihm habe ich davon nicht geschrieben u. will nicht, dass ers erfährt. Er hat mir bis zur stunde kein wort über seine jetzige lage geschrieben; das letzte was ich von ihm hörte, waren ein paar worte über Grabbeausgrabungen, die er irgendwo in Dtschlg. machte: von da schickte er mir eine ansichtskarte.
Mit herzlichem gruss Ihr
ergebener
BSeuffert.

Schruns, Vorarlberg, 26. August 1911 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Schönbach ist gestern abends eingeschlafen. Ich kam zu spät, ihn noch zu sprechen. Nach kurzer erholung seit 14 tagen kräfteverfall, appetitlosigkeit, die er auf die hitze schob, drei tage bettlager, ausatmen bei getrübtem bewusstsein.
Ich führe die witwe nach Graz, wo die beerdigung stattfindet.
Gruss BSfft

Schruns 26.8.11.

Graz, 30. August 1911 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, die witwe hatte Ihnen telegraphiert ehe ich in Schruns ankam, das telegramm kam als unbestellbar zurück. Dies, damit Sie sich nicht vernachlässigt glauben. Heute nachmittags ist hier die beerdigung. Freitag reise ich wieder nach Bad Aussee. Gruss BSfft

30.8.11

Meine karte aus Schruns ist Ihnen wohl nachgeschickt worden.

Prag, 30. August 1911 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 30/8 11.

Lieber Freund! Ich danke Ihnen für den Freundesdienst, mich vom [Hi]nscheiden Schönbachs verständigt zu haben; auch die Wittwe hat mir telegraphiert. Leider aber weiss ich nicht, wann das Begräbnis ist, sonst wär es mir vielleicht möglich gewesen hinzufahren, obwohl gerade die Komplikation ist, dass ich, der ich seit Mitte Juli hier in Wien gearbeitet habe, jeden Tag meine Frau erwarte, um mit ihr in die Ferien zu gehen, ich also nicht ganz Herr meiner [En]tschlüsse und meiner Zeit bin. Ich hätte doch nach seiner Frische im vorigen Jahr einen so raschen Ausgang nicht vermutet, obgleich die Fülle seiner Projekte etwas beängstigend auf mich niederprasselte. Sie verlieren viel an ihm; ich noch mehr, weil ich mich, bes. in Österreich ganz isoliert fühle. Er war mir ein Mittel- und Ankerpunkt. Kann ich Ihnen oder der Witwe bei de[r] Ordnung des Nachlasses irgendwie behilflich sein, so bitte ich über mich zu verfügen; ich könnte auch im September einige Zeit in Graz zubringen, wenn ich dienlich sein könnte. Nachricht erreichte mich bis 4. oder 5. September am besten unter der Adresse: Wien I, Neues Rathaus, Stadtbibliothek (weil ich nicht weiss, an welchem Tag ich aus meiner hiesigen Junggesellenwohnung zu meiner Frau ins Hotel ziehen muss); später am besten nach Prag, weil ich noch nicht weiss, wohin wir gehen.
– Die Prager Besetzungsfrage löst sich nun wol von selbst. Wir haben 1) Zwierzina 2) Jellinek u. Lessiak 3) Schatz vorgeschlagen. Zwierzina kommt nun wol nach Graz, Jellinek wird wol Seemüllers Nachfolger, da S. um seine Pensionierung umge[no]mmen ist; Lessiak wird nach Prag kommen u. Schatz nach Innsbruck. Vielleicht bedauert es Kraus jetzt nach Bonn gegangen zu sein; eine Rückberufg. ist aber wol kaum möglich, da er in Bonn 20.000 M. bekommt!! Für mich bedeutet Kraus’ Weggang – jetzt darf ich es ja eingestehen – geradezu eine Erlösung; sein ganzes Dichten & Trachten, bes. in der letzten Zeit, gieng n[ur] dahin mich zu ärgern u. zu kränken; mühsam hab ich einen äusseren Verkehr aufrecht erhalten. Jeder andre, selbst Jellinek, wird für mich besser sein. Lessiak ist ein ruhiger anständiger Mensch, mit dem ich gut auszukommen hoffe.
Die letzten 6 Wochen waren ein reines Fegefeuer; die Hitze war unerträglich. Trotzdem bin ich froh, das grosse Opfer gebracht zu haben, weil ich zusammen mit meinem vortrefflichen Leipzige[r M]itarbeiter die sehr schwierige Ordnung der Papiere bedeutend gefördert und ausserdem einen Band corrigiert habe. Ich hoffe bis zum Frühjahr 8-9 Bde abstossen zu können u. dadurch mit meinem Kontrakt àjour zu kommen. Man quält mich nemlich im Rathaus bis aufs Blut. Was für mich ein Glück zu sein schien, ist mir zur Tortur geworden.
Sollte ich einen oder mehrere Ihrer letzten Briefe nicht beantwortet haben, so bitte ich um Entschuldigung; meine ganze Korrespondenz ist in Verwirrung geraten. Euphorionbogen folgen demnächst. Bleiben Sie mir jetzt der einzige Grazer Freund! Herzlichst
Ihr AS.

Obertressen bei Bad Aussee, Steiermark, 9. September 1911 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Für das beiliegende bitte ich um platz im Euphorion.
Für Ihren brief danke ich bestens. Schönbach fehlt uns beiden sehr. Ob ich Ihre hilfe für seinen nachlass in anspruch nehmen muss, weiss ich noch nicht, danke aber sehr für das anerbieten. Erzählte er Ihnen nicht von alten auszügen aus dem Sonntagsblatt? ich meine, er hat sie in den letzten jahren einmal für Sie oder mit Ihnen bearbeiten wollen.
Die nächste zeit wird wohl auf die ordnung des nachlasses verwendet zu werden. Darnach muss die nachfolge geordnet werden. Da wir ohne romanisten und anglisten sind, wird der dekan schwer eine geeignete kommission bilden. Und der nächstjährige dekan ist noch dazu für grosse kommissionen, mit denen ich sehr ungern arbeite.
Halten Sie wirklich für möglich, dass Jellinek in Wien bleibt? vor 2 jahren war er mit Minor ganz zerfallen. Für uns kommen nur nicht judenstämmlige in betracht.
Ich beglückwünsche Sie zu den starken fortschritten des Grillparzer.

Schönbachs beerdigung konnte ich nicht rechtzeitig melden, ich erfuhr sie auch erst 24 stunden zuvor. Von Schruns aus (wo die überführung erst langen aufschub zu bringen schien, dann plötzlich erfolgte) liess sich das nicht ordnen. Nach rücksürache mit ärzten erfahre ich, dass das ende ein normales koma diabeticum war.
Treulich Ihr ergebener
BSeuffert.

Reichenau, Niederösterreich, 12. September 1911 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L.F. Ihre gütige Sendung, die mich sehr glücklich macht, trifft mich in Reichenau N.Oe, Hotel Thalhof, wo ich solang es das Wetter gestattet, bleiben möchte, falls Sie meiner nicht benötigen. – Da ich [vo]r meiner Abreise das Man. für das 4. Heft des Euph. in die Druckerei geschickt habe, so bitte ich um Nachricht, ob der Abdruck, etwa der akademischen Ausgabe wegen, sehr eilt, damit ich andres zurückstelle, oder bis XIX/i Zeit hab. – Über das Sonntagsblatt hat Schönbach, wie ich mich dunkel zu erinnern glaube, auch zu mir gesprochen; ich fürchte aber, dass blosse Auszü[ge] vorliegen werden, ohne begleitenden Text.
Bestens grüssend Ihr
treulich erg.
ASauer

12/9 11.

Graz, 15. September 1911 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt.

Baden bei Wien, Niederösterreich, 27. September 1911 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr.
Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Wir sind, Wien uns nähernd, in Baden N. Oe., Hotel Löwe, gelandet, wo ich den Rest meines Urlaubs verbringen möchte.
Sollten sie einen Nekrolog über Schönbach schreiben und noch nicht gebunden sein, so bitte ich Sie, des Euphorion eingedenk zu sein. Raum u. Zeit spielte dabei gar keine Rolle.
Mit den besten Grüssen
Ihr
treulichst erg.
AS.

27/9. 11

Graz, 28. September 1911 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Baden bei Wien, Niederösterreich

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Auszug:

Lfr. Ich beabsichtige nicht, einen nekrolog auf Schönbach zu schreiben; es müssten besondere umstände eintreten, die mich dazu zwängen. Ich setzte voraus, dass Sie im Euphorion ihm den nachruf gönnen. Wollen sie das nicht, so fordern Sie vielleicht Zwierzina dazu auf, der einen zu schreiben gewillt ist, aber noch nicht weiss, wohin. Er ist jetzt in Wien (mir unbekannte adresse), will aber in 5-8 tagen in Innsbruck sein.
Treulich grüsst
BSfft

28.9.11.

Graz, 10. Oktober 1911 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Besten dank, l.fr. Nordorff rückt langsam vorwärts, es ist aber eine instruktive arbeit; ich bin nur auf sein erklärendes urteil begierig, ob er wirklich an absichtliche mosaike glaubt. – Nomeyer habe ich über den inhalt meiner einsendung unterrichtet, er scheint auf den druck nicht zu drängen. – Meine hoffnung die Wieland Werke noch jetzt für Sie anzuzeigen, ist zernichtet. Sagen Sie mir, bitte, doch ja sogleich die person, die Sie für Kraus erhalten, sobald Sie eine einigermassen zuverlässige nachricht darüber haben. Es ist für uns hier zu wichtig. Treulich, eilig Ihr
BSfft

10.10.11.

Wien, 11. Oktober 1911 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Ich weiss nur folgendes. Zw. sagte mir selbst, dass er bereits Ende Juli Prag abgelehnt habe und dass wir Lessiak bekämen; Jellinek sagte mir vor einer Woche, dass er bisher nic[ht] gefragt worden sei; das deutet ebenfalls draufhin, dass wir L. bekommen; direkt aber weiss ich nichts. – Über M.’s Artikel in der NFPresse war ich empört; da ich persönlich nicht hervortreten wollte, bat ich unsern Dekan, die Sache zu berichtigen, was nun auch geschehen ist. Ton und Art des Artikels bleibt aber trotzdem un[er]hört. – Ich suche die sinkenden Strahlen der Ferien noch aufzusammeln und sitze noch im Rathaus. In einigen Tagen aber muss ich heim. Bestens grüssend
Ihr treulich erg. AS.

Prag, 29. Oktober 1911 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr.
Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Weil Sie es gewünscht haben, teile ich Ihnen mit, dass Lessiak bereits hier ist u. d. Ernennung täglich bevorsteht. Es wäre jetzt sehr liebenswürdig, wenn Sie ihn aus Ihrer Kon...siation ganz ausschalteten u. Zwierzina allein vorschlügen. Denn wenn er uns wieder entrissen würde, wäre die Sache für uns fatal und schliesslich bekämen wir doch Jk. Ich bin über die Lösung sehr glücklich, weil ich mich mit L. sehr gut vertrage und hoffentlich auch weiterhin gut mit ihm auskommen werde. Aus dass Minors Gepolter in d. NFPresse ohne Erfol[g] geblieben ist, freut mich sehr. Ich [er]sticke in Arbeit; aber sie geht wenigstens vorwärts.
Bestens grüssend Ihr
aufrichtig erg.
AS

29/10 11

Graz, 14. November 1911 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Vielen dank f. Ihre rasche mitteilung von L.s ernennung. Ich wünsche herzlich gute zusammenarbeit. Ich f. meine person halte jeden versuch, ihn Ihnen abzujagen, f. aussichtslos.
Haben Sie einen nekrologischen f. Schönbach gewonnen?
Bauer, dem ich zeigte, was ich im seminar sprach, redet mir – gegen meinen vorsatz – zu, es drucken zu lassen. Es besteht hauptsächlich aus persönlichem. In eine fachliche würdigung trete ich nicht ein; für eine allgermanist. zs. wäre es zu oberflächlich. Nur durch Bauer komme ich dazu, die bll. (die einer kleinen retouche für den druck bedürfen) dem Euphor. zur verfügung zu stellen, bin aber froh, wenn Sie nein sagen. Treulich Ihr BSfft.

14.11.11.

Prag, 16. November 1911 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr.
Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Ich habe mich sofort nach Empfang Ihres Briefes an Zw. um einen Nekrolog für Sch. gewendet u. von ihm mündlich eine Zusage bekommen. Halten Sie es für möglich, dass ich [Ih]re Worte etwa an diesen Nekrolog anschließe, so bin ich bereit, ihn aufzunehmen. Wie wärs, wenn Sie mir Ihr Man. für die „Deutsche Arbeit“ überliessen, in der ich bisher nur einen Hinweis auf meinen Artikel zum 60. Geburtstag gebracht habe. Freilich wärs erst im Januarheft möglich, da das Dez. heft schon fertig ist. Ich bäte in diesem Fall um das Man. spätestens bis zum 26. Nov., [an] welchem Tag ich aus Belgien zurückkomme, wohin ich morgen zu 3 Kleistvorträgen reise.
Bestens grüssend Ihr
aufrichtig erg.
AS.

16/11 11

Graz, 23. November 1911 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Ich bin Ihnen dankbar für das öffnen der Deutschen arbeit. Aber über den 26. hinaus bedarf ich ein paar tage frist; denn ich erwarte erst antworten über ein paar biographien. Eventuell hats ja auch im februar noch zeit, wenn Ihnen überhaupt der nachruf gefällt und druckenswert zu sein scheint.
Grüssend in treuen
Ihr gehetzter BSfft
Gute rückkehr von den Brüsseler spitzen!

23.11.11

Abschreiben kann ich den entwurf nicht, hoffentlich ist er dem setzer leserlich – wenn sie ihn annehmen können.

Graz, 25. November 1911 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich schicke die blätter. Sollte die von der Wiener quästur erbetene auskunft eine änderung nötig machen, so werde ich sie nachsenden. Ist das scheussliche mscpt (ich habe kein typfräulein) unleserlich, so senden Sie es mit bitte zurück, ebenso wenn es Ihnen inhaltlich nicht für die D. A. taugt. Ich werde das gewiss nicht übel nehmen.* Das mscpt. ist der 1. entwurf, den ich dann hastig zurecht zu stilisieren suchte.
Treulich grüsst
BSfft.

* Es ist mir ja nur um unsern Schönbach zu tun. Nehmen Sies an, so erhalte ich ja wol SA für Sch.s freunde?

Prag, 27. November 1911 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr.
Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Lieber Freund! Ich danke Ihnen herzlichst für die gütige Überlassung Ihres schönen Nachrufes. Es könnte sich jeder nach sein[e]m Tode glücklich schätzen, der [s]o warm und einsichtig gewürdigt wird. Korrektur wird Ihnen nächstens zugehen.
Die Reise war zwar etwas anstrengend, doch sehr interessant. Nur das was in den 10 Tagen hier liegen geblieben ist, macht mir jetzt Sorge.
Mit vielen Grüssen
Ihr
aufrichtig erg.
AS

27/11 11.

Graz, 23. Dezember 1911 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Gutes fest, lieber freund.
Heute nachm. erhielt ich die korr. des nachrufes auf AES. u. habe sie sofort erledigt.
Ich darf wohl die bitte um SA für Sch.s alte freunde wiederholen. Grüssend in eile
BSfft
23.12

Prag, 26. Dezember 1911 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Ich habe, falls Sie nicht mehr auf der Korrektur verlangt haben, für alle Fälle 30 Sonderabzüge angeordnet, die Ihnen voraussichtlich genügen werden; ich habe aber schon früher verfügt, dass so viele gemacht werden, als Sie wünschen. Ich danke Ihnen vielmals dafür, dass Sie L. in Ihrem Vorschlag nicht aufgenommen haben; es fällt mir ein schwerer Stein vom Herzen; denn ich hätte ihn nur höchste ungern wieder ve[rlo]ren.
Nachträglich noch den besten Dank für den „zauberischen“ Kleist. Ich – korrigiere – korrigiere – korrigiere.
Alles Gute wünschend Ihr sehr erg. AS.

Prag, 13. Februar 1912 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof.
Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Möchten Sie die Güte haben, mir gelegentlich zu sagen, wie viel Sie zu der Ehrung für E. S. stiften werden. Es fehlt mir jeder Massstab. Ich [wi]ll hinter andern nicht ganz zurückbleiben; aber wenn ich bedenke, dass jetzt jeden Tag etwas andres in dieser Art los ist; gestern für Gomperz, vorgestern für Lewinsky, vorvorgestern für Otto Ludwig, so schmilzt der Fonds, den man sich schliesslich dafür abgrenzen muss, stark zusammen. Bei uns in Prag kommt noch die drückende nationale Steuer dazu. Ich pflege zu sagen: was nü[tzt] uns die Pflege des Deutschtums, wenn der einzelne Deutsche dabei zugrunde geht. – Ich arbeite bis zur Bewusstlosigkeit an den Jugendwerken, die hoffentlich zu Ostern erscheinen. Herzlich grüssend Ihr
AS.

13.2.12

Prag, 25. Februar 1912 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 25/2 12
Smichow 586

L. F. Sie haben recht, es ist zu traurig, so echolos zu arbeiten. Ich hab es leider nur [z]u oft in früherer Zeit erlebt, wo Sie aber immer meine Stütze waren. Ich fühle mich also diesmal mitschuldig; aber nicht in Bezug auf die Teilnahmslosigkeit, sondern nur in Bezug auf das Stillschweigen. Dieses aber erklärt sich aus meiner verzweifelten Situation: 7 Bde Texte gesetzt u. keiner noch ganz fertig. Brandbrief auf Brandbrief aus Wien. Poenale vor Augen, ausserdem: Zinsenentgang für den Drucker; zu Beginn des April soll ich ausserdem ausspannen. Kurz & gut: ein Gedränge sondergleichen. Und so kam ich zu dem Brief nicht.
Ich behandle in diesem Semester im Seminar Technik des Dramas. Daher hab ich jede Ihrer beiden Abhandlungen sofort aufmerksam gelesen, im Seminar besprechen lassen und auch als Muster anempfohlen. Ich halte alle Ihre Beobachtungen für richtig und für sehr fein; nur meine ich, betrifft ein Teil davon mehr das allgemeinpoetische als das spezifisch dramatische u. der Egmont könnte vielleicht doch noch immer ein schlechtgebautes Drama sein und doch eine wunderbar architektonisch gebaute [Di]chtung. Ich habe mir es so zu versinnbildlichen gesucht. Der grosse Kreis wäre das allgemein Skizze zweier konzentrischer Kreise samt Mittelpunkt poetische, was jedes Kunstwerk haben muss, oder das allgemein künstlerische; der kleine Kreis das spezifisch dramatische u. der Punkt das individuell persönliche. Darauf bin ich gekom[m]en, weil ein paar Fanatiker der Technik unter meinen Zuhörern nicht zu bekehren waren. Für mein Gefühl haben Sie bewiesen, dass der Egmont auch ein gut gebautes Drama ist. Was die Beobachtung der Gruppenbildung im Drama betrifft, haben Sie einen Vorläufer an Werner in den Forschungen für Heinzel; nur hat er etwas doktrinär alles am ma. Drama exemplifiziert. Aber sonst hat Werners Beobachtung mit Ihrer grosse Verwandtschaft. – Dass ich zunächst unabhängig von Ihnen – d.h. vor dem Erscheinen Ihres 1. Aufsatzes, aber doch wohl unter der Nachwirkung Ihrer mündlichen Anregung – Freytag & Dickens habe untersuchen lassen, habe ich Ihnen schon in Graz gesagt. Die Arbeit ist leider seit einem Jahr in der Druckerei, seit 6 Monaten ausgesetzt und durch die Tafeln verzögert. Ich hoffe sie aber demnächst hinauszubringen. Ein [bes.] Kirchenlicht ist der fleissige u. ordentliche Vf. der Arbeit, der Sohn unseres Romanisten, nicht. Im Übrigen mein ich, entweder muss man Meisterwerke untersuchen, oder ungeheure Massen wie Dibelius, sonst versagt die Methode leicht, oder besser sie versandet. Sie ist nicht leicht, wie es auf den ersten Augenblick aussehen möchte und nur [der] Meister handhabt sie richtig. Vielleicht aber dürfte man das von jeder Methode sagen. – Dies erlaubte mir zu schreiben ein dem Hauptgeschäft abgestohlener stiller Sonntagnachmittag, an dem ich Sie herzlich begrüsse als Ihr
aufrichtig erg AS.

Prag, 14. April 1912 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Es ist eine Dissertation (Giesser) über Anzengrubers Dramatechnik erschienen. Sie schrieben mir einmal, dass Sie sich für diesen Gegenstand interessieren; dar[f] ich Ihnen das Buch zur Rezension zusenden? Natürlich nach Belieben. – Ihre Wielandstudien sind bereits in der Druckerei.
Ich arbeite wie besessen; hab aber doch nur 1 Bd. bisher imprimiert; die übrigen 5 brauchen noch ein paar Wochen. Im Rathaus steht man mit der Kontrakt u. Pönalegeissel hinter mir; es ist ein Unsinn, eine so grosse Sache mit dem Minutenzeiger zu überwachen un[d d]ie schönsten Beobachtungen muss ich liegen lassen, weil ich nicht die Zeit habe, sie zusammenzufassen. Auch meine geplante Osterreise musste ich aufgeben. Ich bin wirklich verzweifelt, sehe aber keinen andern Ausweg als die Zertrümmerung der jetzigen Gemeindemajorität und den Einzug eines vernünftigeren Geists in diese dunklen Hallen.
Herzlichst grüssend
Ihr
AS.

14/4 12

Herrn Prof. Dr.
Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Graz, 15. April 1912 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Dankbar übernehme ich die anz. der diss. über das Anzengrubersche drama. Diese Grillp.-not fürchtete ich für Sie, seit Sie mir von Ihrem vertrage schrieben u. sagten. Schade, dass nun die arbeit nicht ganz auf die höhe kommen kann, zu der Sie allein sie tragen könnten. Aber wir werden auch so dankbar lernen. Wenn Sie nur Ihre gesundheit nicht zerrütten! Ich bin müde. Es war zu viel liegen geblieben, was jetzt angeschaut werden musste. U. die vorbereitung für ein neues kolleg drängt. Alles gute! Herzlich Ihr
BSfft

15.4.12

Graz, 19. April 1912 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Ich danke Ihnen, l. fr., für das Anzengrubersche u. die erwünschten bibliographien. Ich habe in diesen tagen den hst. nachlass unseres Schönbach durch die hand gehen lassen u. bin dabei auf 1 kiste mit zetteln bibliograph. art gestossen, von der er Ihnen wohl schon gesagt hat. Sie sind von fremder hand gut geschrieben, im ganzen alphabetisch geordnet: dichter, viele österr. scheint es, hauptsächlich aus zss, almanachen: z.b. Sammler, brphen/Suphan, Uranin, Blüten der Liebe u. freundschaftl., Agleia, Alpenrosen, Penelope usw. Ich habe nicht alle päckchen herausgenommen.
Haben Sie interesse dafür? soll Ihnen, darf Ihnen die witwe den kasten zuschicken? Ob die sache einen kaufwert hat, steht bei Ihnen zu beurteilen. Eile hat die durchsicht nicht; sie möchte nur die sache aus dem hause haben. Oder soll sie die zettel der hiesigen bibliothek schenken? dem seminar? Der inhalt liegt Ihnen mehr als mir. Vernichtung schiene mir ein unrecht zu sein.
Treulichst grüsst
BSfft

19.4.12

Prag, 24. April 1912 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr.
B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

L. F. Ein wissenschaftliches Andenken an Sch. hätte ich sehr gerne, wenn er mir auch so im Sinne liegt, dass er mir nie daraus entschwinden kann. Ich über[neh]me die Zettel sehr gerne; einen Geldwert scheinen sie mir allerdings nicht zu repräsentieren; jedoch füge ich mich da selbstverständlich Ihrem Vorschlag. – Gratuliere zu Zw.s Ernennung. Er kommt wohl erst im Herbst? Sonst hätt ich Sie gebeten, ihn an den mir für Euph. versprochenen Nekrolog auf Sch. zu erinnern. Ich mahne so ungern schriftlich.
Diese Tage kommt der erste der 6 in Arbeit befindlichen Bände. Wenigstens ein Anfang.
Herzlichst grüssend Ihr
treulich erg.
AS

24/4 12

Prag, 5. Mai 1912 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Sauer Pr[ag]
Smichow [58]6

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Frau H. Sch. hat die Pakette mit 200 Kr. bewertet. Wenn das so gemeint ist, dass das der Kaufpreis sein soll, so bitte ich um gütige Nachricht, damit ich das Geld sende. Ich musste aus Schs. Mitteilungen vermuten, dass [er] seine Frau in sehr guten Verhältnissen zurücklasse, was nun doch nicht der Fall zu sein scheint. Ich warte mit meinem Dankbrief bis zum Eintreffen Ihrer Antwort.
Mit den besten Grüssen
Ihr
Treulichst erg.
AS

5/5 12.

Graz, 6. Mai 1912 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:
Faksimile fehlt.

Nein, l. fr., das ist keine bewertung, sondern nur alte erziehung durch ihren gatten, der kaum etwas uneingeschrieben u. ohne wertangabe verschickte. Ich habe ihr schon gesagt, die restangabe sei unnötig gewesen und dass nach Ihrer und meiner meinung die sache keinen kaufwert habe; Sie würden sie gerne als andenken an ihren mann annehmen. Die witwe dürfte ausser ihrer pension etwa 700 kron. jahreseinkommen haben! Unbegreiflich, aber es ist so. Was beim tod des vaters da war, musste alles die schwester erhalten, weil die kranke sich knapp (monatl. 100 kron.) davon ernähren kann. Dies natürlich unter uns. Jetzt verstehe ich, warum er sagte, ich muss die A. heiraten, sonst muss sie nach meinem tod in einen dienst gehen. Grüssend Ihr BSfft.

6.V.

Graz, 10. Mai 1912 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Herzlichen dank u. glückwunsch zu Grillp. II 1. Die einleitung zeugt für die unendliche sorgfalt, die Sie aufwenden. Möge sie anerkannt werden!
Zwiezirna habe ichheute gesprochen, er will den nachruf im oktober schreiben. Minor sei schwer krank, beurlaubt; das wissen Sie gewiss genauer.
Glückauf zur vollendung der nächsten bände!
Treulich grüsst
BSfft

Prag, 12. Mai 1912 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Von Minors schwerer Erkrankung habe ich aus der Ztg. gehört. Gestern sagte mir auch Alfred Rosenbaum, der ihn vor kurzem in Wien besuchte, dass er ih[n] sehr schlecht habe aussehen gefunden und in sehr wehmütiger, weicher, tränenseeliger Stimmung. Er hat aber Rosenbaum aus dem Spital geschrieben, dass er längere Zeit werde pausieren müssen. –
Für Ihr gütiges Eingreifen bei Zwierzina besten Dank. Mit ist der Termin ganz recht.
An Frau Hofrat Sch. habe ic[h a]lso einen Dankbrief geschrieben.
Herzlich grüssend Ihr
Treulich erg.
AS.

12/5 12.

Graz, 28. Juli 1912 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich bitte Sie zu veranlassen, dass ich die korrektur des Wielandartikels nicht im august erhalte; ich bedarf dazu bücher u. mscpte., die ich schon um deswillen nicht aufnehmen kann, weil ich nicht mehr weiss, was alles ich brauche. Zwischen 3. u. 7. septbr. bin ich zum gymn.-lehrer-ferial-kurs hier. Dann gehe ich nochmals auf 14 tage fort. – Ich bin gehetzt, Sie noch mehr. Man sehnt sich nach einer woche ruhe u. freiheit, u. bekommt sie nicht. Denn jetzt heisst es den ferialkurs arbeiten. – Ich habe Zw. heute beim abschied an den Schönb.-nekrolog gemahnt. Es wird nicht schlecht sein, wenn Sie ihn anfang oktober direkt fragen (Zinzendorfgasse 19): bis wann erhalte ich? Hoffentl. können Sie bald ein bischen wenigstens ausspannen.
Herzlich, treulich
BSeuffert

ab 30. Bad-Aussee
Obertressen 41.

Wien, 30. Juli 1912 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Obertressen bei Aussee, Steiermark

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Auszug:

L. F. Von dem Doppelheft XIX 1/2, in das Ihr Aufsatz kommen sollte, sind etwa 20 Bogen gesetzt, aber noch nicht umbrochen. Warum er gerade Ihrem Aufsatz, der seit Jan. in der Druckerei ist, aus dem Wege geht, weiss ich [n]icht; vielleicht hat er die Petit-Sch[rif]t nicht frei. Nun muss die Korrektur jeden Tag kommen. Lassen Sie sie also liegen, bis Sie wieder nach Hause kommen. Ich werde mich schon einrichten. – Ich bin seit einer Woche hier, um mit meinem sächsischen Mitarbeiter die Ordnung der Papiere fortzusetzen (trotz meiner halben Beurlaubung gänzlich parterre); am 7. dürfte ich auf Ferien gehe; da meine Frau in Ischl ist, so kommen wir vie[l]leicht in Ihre Nähe. Sie einmal zu sprechen wäre mir im gegenwärtigen Augenblick ein grosses Bedürfnis; denn schreiben kann man über die Dinge, die gegenwärtig in der österr. Germanistik sich abspielen nicht. – Zwierzina werde ich im Herbst erinnern.
Erholen Sie sich so gut es geht. Ich will denselben Versuch machen.
Herzlich grüssend
Ihr aufrichtig erg.
AS.

30/7 12

Herrn
Prof. Dr. Seuffert
Bad Aussee
Obertressen 41.

Obertressen bei Aussee, Steiermark, 3. August 1912 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Wien

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Auszug:

Lieber freund, Das wäre sehr schön, wenn Sie hieher kämen. Vom bahnhof Bad Aussee ist unsere wohnung Obertressen 41, Haus Steirer-Sepp, nächst dem kafe Loitzl, etwa 1 stunde entfernt, auf der höhe. Sagen Sie sich an, so hol ich Sie unten ab. Mit den besten grüssen
Ihr alter
BSfft.

3.8.12.

Goisern, Oberösterreich, 18. August 1912 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Obertressen bei Bad Aussee, Steiermark

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Auszug:

Herrn
Professor Seuffert
Bad Aussee
Obertressen 41

Lieber Freund! Wir sind seit 8 Tagen in Goisern gelandet und würden Sie gerne nächster Tage besuchen. Vorausgesetzt, dass es Ihnen passt, würden wir
Donnerstag, denn 22.
um 10.40 Vormittag in Aussee eintreffen. Können Sie uns ein paar Stunden schenken, wobei wir die Zeiteinteilung ganz Ihnen überlassen, so wird es mich und meine Frau sehr freuen.
Wünschen Sie es anders, so bitte es ganz aufrichtig zu sagen; für einen Nachmittagsausflug scheint uns die Zeit nicht zu reichen, da ich gleich nach Tisch kampfun[]hig bin.
Eine gütige Antwort erbittend und herzlich grüssend Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Badhotel.
18/8 12.

Obertressen bei Bad Aussee, Steiermark, 19. August 1912 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Goisern, Oberösterreich

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Auszug:

Famos, lieber freund, Meine frau u. ich freuen uns sehr auf Sie beide. – Ich komme zum bahnhof, Sie abholen.
Bringen Sie nur gutes wetter mit!
Bestens grüssen Sie und Frau
A u. BSfft

19.8.12.

Prag, 3. September 1912 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Prof. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.
Adresse durch Postzusteller gestrichen und ersetzt:
?????
Aussee
Obertressen
41

L. F. Möchte die Sorge um Ihre Schwiegermutter schon wieder gewichen sein.
Wir mussten ebenfalls wegen Krankheit in der Familie unseren Sommeraufenthalt unterbrechen und sind momentan in Prag.
Ich bitte Sie die Korrekturen unter allen Umständen nach Prag zu senden. Auch wenn ich neuerdings verreisen sollte, wird hier für Ihre Übernahme gesorgt.
Ich danke Ihnen vielmals für Ihre liebenswürdige Gastfreundschaft und wünsche mir nur, es wär[e] mir gegönnt, Sie öfters zu sehen.
Mit den besten Empfehlungen von Haus zu Haus Ihr treulich erg.
ASauer

3/9 12.

Graz, 9. September 1912 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lfr. Soeben erfahre ich von Bauer, dass Sie gehofratet sind: ich freue mich herzlich, Sie dazu zu beglückwünschen. Bewahren Sie mir Ihre freundschaftliche gesinnung, die ich bei Ihrem gütigen besuche wieder so wohltätig empfunden habe. Hoffentlich sind Sie der krankheitssorge wieder los u. können Italienwärts. Meine schwiegermama war so bedenklich erkrankt, dass der arzt meine abreise zum kurs für unmöglich erklärte. Fast gegen sein erwarten hat sie die entzündung so weit überstanden, dass er mich gestern fahren liess, obwohl nicht gerne. So habe ich heute den kurs eröffnet u. lausche auf jedes klingelzeichen, ob es nicht ein übles telegramm bringt. Meine frau ist ganz herunten. Und ich bin auch etwas angebrochen. Die korrektur erledige ich sobald als möglich u. schicke sie nach Prag. Herzlich grüsst BSfft.

9.9.12.

Prag, 14. September 1912 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Bild

14/9 12.
Lieber Freun[d!] Vielen Dank für Ihren Glückwunsch, der mir ein liebes Zeichen Ihres Wohlwollens ist. Auch die Korrektur ist gut angekommen.
Wir hoffen, dass alle Gefahren glücklich vorübergehen und empfehlen uns Ihrem ganzen Hause aufs Beste. – Wir schwanken noch, ob wir noch einmal weggehen sollen und wohin.
Bestens grüssend Ihr
aufrichtig erg. ASauer

Adresse durch Postzusteller gestrichen und ersetzt: ????? Aussee
Obertressen 41

Graz, 30. September 1912 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Herrn Hofrat
Prof. Dr. August Sauer
Prag
Smichow 586
Adresse durch Postzusteller gestrichen und ersetzt:
Hotel Hammerand
wien VIII

L.fr. Jetzt erst kam ich dazu, das mir nach Tressen überbrachte Euph.-heft ruhig durchzuarbeiten: es ist besonders gut. Hordorff kommt zu einem gedeihlichen ende. Simplic. u. W. Meister sind gut u. anderes mehr. Hoffentlich können Sie doch noch erholung in Italien finden. Ich fürchte, dass Ihnen mein Unbekanntes noch schwierigkeiten der umpaginierung macht, natürlich bin ich bereit, sie auf mich zu nehmen.
Treulich grüsst
BSfft.

30.9.12.

Prag, 1. Dezember 1912 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Es kommt mir vor, als hätte ich Ihnen die späteren Bogen von Euph. XIX 1/2 nicht geschickt. Obwol verspätet, übermittle ich sie Ihn[en] doch, da Sie sie früher gelegentlich Studenten abgetreten haben. Fortsetzung folgt dieser Tage.
Wenn die Vorlesungen zu Ende sind u. ich nicht nach Wien fahre, so hoffe ich, zu einem Brief an Sie zu kommen.
Einstweilen die besten Wünsche für die Gesundheit in Ihrer Familie und herzliche Grüsse von
Ihrem
treulichst erg.
AS

1/12 12.

Prag, 16. Dezember 1912 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! In angenehmer Erinnerung an die liebenswürdige Gastfreundschaft Ihrer lieben Gattin im laufenden Sommer wage ich es ihr ein kleines Andenken zu stiften, das freilich nicht ohne Egoismus ausgewählt ist. Möchte sie es freundlich und gütig aufnehmen.
Die Sorge um Ihren einberufenen Sohn trübt Ihr Fest. Ist er in Bosnien? Vielleicht geht auch dieser Kelch an uns geprüften Österreichern noch einmal vorüber.
Mit den schönsten Empfehlungen von Haus zu Haus
Ihr
treulich erg.
ASauer

16/12 12

Prag, 4. Januar 1913 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

L. F. Vielen Dank für Ihre Karte. Könnten Sie nicht die Abhandlung zu jenem Beitrag der Zs. f. Bücherfreunde im Euphorion nachliefern? Es wäre doch für viele Leute sehr notwendig! – Die Korrekturbogen von Heft 3 sende ich dieser Tage. Auch Heft 4 ist schon ausgesetzt; XX/1 bereits bego[nn]en. Ich hoffe à jour zu kommen.
Was soll ich über Wien sagen. Dass Sie hingehören, war mir nie zweifelhaft und ich wollte, Sie lehnten nicht ab. W & W ergreifen allerdings sehr zweifelhafte Mittel, um sich durchzusetzen, wie ich von Wien und Berlin her, gleichmässig höre. Mir läge nur daran, dass die Sache entschieden würde, so oder so; augenblicklich bin ich aber doch aus dem Gleichgewicht gebracht; wenn ich auch äusserlich ganz ruhig bin u. Gott sei Dank auch sehr fleissig.
Was sagen Sie zu der unglaublich öde[n] Schrift der Goethe-Gesellschaft? Hält man so etwas für möglich? Und dabei schreibt mir Schüddekopf, seien die wichtigsten Briefe Ottiliens übersehen, weil sie in anderen Mappen lägen! Gibt es da gar keine Remedur?
Mit den herzlichsten Grüssen
von Haus zu Haus Ihr
aufrichtig erg.
AS.

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Graz, 7. Januar 1913 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Dank für die erlaubnis, die abhandlung in den Euphorion zu geben: aber erst muss sie geschrieben sein, u. die bücherbeschaffung dazu ist besonders schwierig. Die GG Schrift ist wirklich nichts. Ich habe darauf gar keinen einfluss. Nach meiner überzeugung ist die blüte der gesellschaft vorbei. Auch ein neues jahrb. wird kaum glücken. Alles hat seine zeit. Ich gehe sehr ungern zur pfingstpredigt dahin (nach Weimar), aber ich kann Wieland nicht abschlagen.
„Ich wollte, Sie lehnten nicht ab“!! L.frd. das hat mich sehr erheitert. Sie können sicher sein, dass ich nicht in die lage komme. Der letzte Wiener, der von meiner existenz gewusst hat, war Seemüller, und der nur, wenn
Herzlich, treulich
BSfft

7 I 13.

Graz, 17. Januar 1913 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich grüsse Sie durch herrn dr. E. Rollett aufs herzlichste. Er hat bei mir über Spielhagen gearbeitet und soll u. will sich nun bei Ihnen tiefer ins 19. jh. einführen lassen als ich es kann. Lassen Sie ihn sich bestens empfohlen sein: den vater werden Sie sofort in ihm erkennen.
Treulich
Bernhard Seuffert

17.1.13.

Prag, 27. Januar 1913 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Danke vielmals für Ihre schönen Zusendungen u. für die Grüsse durch Dr. R., der einen sehr günstigen Eindruck macht. Ich freue mich über seine aufmerksame Hingabe. – In Wien kommen Sie [n]ach meinen Nachrichten, wie es ja auch nicht anders sein kann, sicher mit in Vorschlag, wenn Seemüllers Anträge, der ihn macht, angenommen werden. Ob man die spruchreife Angelegenheit noch in diesem Semester abschliesst oder bis zu Kr.’s Ankunft wartet, weiss ich nicht, weil man seine Meinung etwas oft zu wechseln scheint; aber das [kan]n an den feststehenden Tatsachen nichts ändern.
Herzlich grüssend
Ihr Treulichst erg.
AS.

Graz, 7. März 1913 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag
Graz, 6. Mai 1913 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Der tod Schmidts macht mir die fahrt nach Weimar fast unerträglich. Ich hatte ihm über äusserlichkeiten des Goethetages fragen geschrieben (zugleich auch Sie für die stelle Minors im ausschuss empfohlen, damit Sie genugtuung erhielten), worauf er keine antwort mehr geben konnte. Ich weiss aus zuverlässiger quelle, dass er für Sie in Wien eingetreten ist Auch Sie können ihm ein reines andenken bewahren, wenn Ihnen der lebende auch nicht
immer erfreulich war. Ergebenst grüsst
BSfft.

6.5.13.

Nun bringt wohl der Euph. die 4 nekrologe, von Schönbach an, auf einmal.

Prag, 9. Mai 1913 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 9/5 13
Smichow 586


Lieber Freund!
Bei dem traurigen Ereigniss von Schmidts vorzeitigem Hingang hab ich viel mehr an Sie gedacht als an mich; denn ich weiss, dass er an Ihnen bis in die letzte Zeit sehr hieng und dass Sie diese Liebe erwidert haben. Ich selbst hab in jungen Jahren ihn unendlich lieb gehabt, obwohl er in seiner Weise [im]mer etwas herablassend und spöttisch sich gegen mich gab; bewundert habe ich ihn auch später immer und ich denke ganz ohne Groll an ihn zurück. In den letzten Briefen, die wir zu Weihnachten mit einander wechselten, sprachen wir uns auch über die törichten Anrempeleien aus, in denen sich Kosch in letzter Zeit leider gefiel; die ich [nic]ht blos misbillige, sondern von denen ich erst durch Schmidts Brief erfuhr. Ich habe Kosch den Kopf gehörig darüber gewaschen und ihm im Wiederholungsfall mit einem Bruche gedroht. Es ist mit diesen jungen hitzigen Leuten eine böse Sache; sie brächten einen, wenn man es zuliesse, mit der ganzen Welt auseinan[der].
Da Zwierzina so lange zögert, da ich auch früher schon, bei Husser u.a. mit den versprochenen Nekrologen Unglück hatte, so durchzuckte mich schon mehrfach der Gedanke, keine Nekrologe mehr zu bringen; Personalno- tizen, auch Todesanzeigen hab ich ohnehin schon längst eingestellt. Nun möchte man aber vielleicht, gerade bei Minor, spezielle Absicht dahinter wittern und einen Nek[ro]log auf Schmidt würde jedermann vermissen. Ich würde also trachten: Schönbach, Minor, Werner, Schmidt gemeinsam etwa zu Beginn des XXI. Jg. (1914) zu charakterisieren (wobei freilich auch Suphan vielleicht nachzutragen wäre), wenn Sie mich für einen wenigstens unterstützen. Haben Sie für Schmidt noch Niemandem zugesagt, so übernehmen Sie, bitte, diese traurige Pflicht für den Euphorion; Minor kann ich nicht übernehmen, eher Werner; für Minor finde ich vielleicht jemanden in Wien; Zwierzina will ich dann neuerdings bitten. Wissen Sie Suphans wegen Rat? Meinen Sie, dass es Anfang des nächsten Jahrgangs zu spät wäre, so schaffe ich auch früher Platz. Ich hatte manchmal daran gedacht, zu Anf. des XXI. Jg. wieder einige methodische Aufsätze zusammenzustellen. Deren Stelle nähmen die Nekrologe ein.
Die Dinge in Wien scheinen eine merkwürdige Wendung zu nehmen. Gegen Kösters Berufung wäre an und für sich weder sachlich noch persönlich etwas einzuwenden; aber ein unico loco – Vorschlag wäre doch gegen uns beide eine grosse Ungerechtigkeit. Ich bin auf alles gefasst [un]d wünschte nur, dass man mich möglichst in Ruhe liesse.
Ich werde mich jetzt noch mehr an Sie anklammern, als bisher. Bleiben Sie mir gut!
Ihr treulich erg. AS.

Graz, 9. Juli 1913 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Wenn andere sich um uns zwei streiten, darf das kein streit, auch kein wettstreit zwischen uns werden. Ich kann nicht sagen, wie verdriesslich mir diese gegenüberstellung ist. Sie wissen, dass ich schon längst Sie für den nachfolger Minors hielt und halte, dass ich dafür eintrat wo ich konnte. Sie wissen noch nicht, dass ich einem Wiener kollegen gegenüber, der mich aufsuchte, (keiner der germanisten) aus- u. nachdrücklich erklärte, dass mir diese konkurrenzstellung unerträglich sei, dass Ihre arbeiten Sie mehr auf Wien anwiesen als mich die meinigen etc.. Was nun werden wird, weiss ich nicht. Das Ministerium hat sich bei hiesigen Vorschlägen mehrmals an den Minoritätskandidaten allein gewendet. Ich möchte mit voller bestimmtheit erklären, dass es bei mir keinen stachel zurückliesse, wenn es in diesem falle wieder geschähe.
Auf alle fälle bleiben wir freundschaftlich verbunden.
Ihr treulich
ergebner
BSeuffert.

Prag, 11. Juli 1913 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 11/7 13
Smichow 586

Lieber Freund!

Ich danke Ihnen vielmals für Ihren freundlichen Brief und für die gute Gesinnung, die daraus für mich spricht.
Ich beglückwünsche Sie herzlichst zu Ihren verdienten Erfolgen in Wien und Berlin und auch zum Rektorat, insofern dies als eine Ehrung für Sie gedacht ist; denn im Übrigen werden Sie es doch wahrscheinlich als eine [ni]cht ganz erwünschte Bürde betrachten. Sie wissen, wie ich Sie immer hochgeschätzt habe und ich habe Sie jetzt nur zu bitten, dass Sie mir in Ihrer neuen Stellung auch weiterhin freundlich gesinnt bleiben. Insbesondere liegt mir daran, dass Sie wissenschaftlich nicht schlechter von mir denken; ich kann Sie wirkl[ic]h versichern, dass Hock und Schröder in den meisten Dingen unrecht haben. Ich arbeite bereits an der Widerlegung der beiden Gauner. Im Übrigen habe ich, da ich mich leider nicht ganz von der Ausgabe zurückziehen kann, die Arbeit verteilt und mir nur die Oberleitung behalten. Ich sehe wirklich nicht ein, warum ich mein Leben [mi]t diesen Dingen hinbringen soll, wenn man es mir auf solche Weise dankt.
Es ist im Laufe dieses Jahres von Gönnern und Freunden, von Schülern und Kollegen manches unternommen worden, um mir die Wege nach Wien zu bereiten und wenn ich es au[ch] nicht veranlasst oder erbeten habe, so habe ich es doch geduldet, solange die Namen Walzel und Weilen im Vordergrund standen. Auch den Wiener Kollegen, die das Minoritätsvotum für mich vorbereiteten, habe ich das erbetene Material schon zu einer Zeit gesandt, als nur von Köster die Rede war und seitdem Ihr Name genannt wird, hab ich von den betreffenden Herren nichts mehr ge[hör]t. Es versteht sich von selbst, dass ich diejenigen, die vielleicht auch jetzt noch an mir festhalten möchten, bitte, ihre Bemühungen einzustellen.
Vielleicht erhole ich mich von den mannigfachen erlittenen Kränkungen noch einmal und werde wieder arbeitsfähig.
Sie werden unruhige Ferien haben. Möchten sie so gut als möglich verlaufen!
Mit den besten Grüssen
Ihr
aufrichtig ergebener
AS.

Wien, 23. August 1913 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Obertressen bei Bad Aussee, Steiermark

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Auszug:

Herrn
Prof. Dr. B. Seuffert
Bad-Aussee
Obertressen 41.

L. F. Ich danke Ihnen herzlich für Ihre l[ieb]enswürdige Mitteilung [un]d beglückwünsche Sie zu diesem erfreulichen Ausgang. Ich hab es nicht anders erwartet.
Ich muss leider noch einige Tage hier aushalten, bis 28. oder 29. und habe ein gut Stück Arbeit geleistet. Ich treffe am 30. mit meiner Frau zusammen und wahrscheinlich gehen wir nach Süden.
Herzlich grüssend Ihr
altergebener
AS.

Wien VIII.
Josefstädterstrasse 9

Graz, 6. Dezember 1913 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich bitte um auskunft, wie die freiheitl. studenten die teilnahme der deutschen rektoren an der jh. feier der kath. verbindungen aufgenommen haben u. wieso v. Zeyneck zu dieser begeisterten lobeshymne kam.
Heute habe ich die nachricht aus dem ministerium erhalten, dass die verhandlungen wegen Wiens abgebrochen werden (nachdem ich 2 zu niedere angebote abgelehnt habe).
Mit dem besten grusse treulich
Ihr BSfft

6.12.13.

Prag, 8. Dezember 1913 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 8/12 13
Smichow 586

Lieber Freund!
Ich habe Zeynecks Rede nicht gelesen. Er sprach auf den beiden früheren Kommersen auf denen ich war (Germania – national; Lesehalle – freiheitlich) so schlecht und unlogisch, dass es mich verdross, ein weiteres Gestammel anzuhören oder zu lesen. Aber im Allgemeinen steht die Sache bei uns so: [s]eit den Bummelunruhen im Jahr 1908 (während meines Prorektorats), bei denen die klerikalen Studenten sich ebenso mutig, tapfer und national benommen hatten, wie alle andern, sieht man sie in Professorenkreisen als völlig gleichberechtigt an; der Rektor und die Dekane (wenn es nicht gerade Juden sind) gehen auf den Kommers ganz regelmässig und alle Rektoren der letzten Jahre haben dort auch gesprochen (ich noch nicht). So viel ich weiss, ist Zeyneck liberal, ausgesprochen klerikal kaum; er wird wohl in seiner kindlichen Harmlosigkeit etwas über den Strang geschlagen haben.
In der freiheitlichen Studentenschaft hat seine Rede offenbar böses Blut gem[ac]ht. Am letzten Sonntag (30. Nov.) rempelten sie die Klerikalen in dem (öffentlichen) Promenade-Konzerte, das in dem grossen Saal unseres Studentenheims allsonntäglich stattfindet, an und für gestern war ein Skandal angekündigt, für den Fall als die Klerikalen wieder in Farben dahin kämen. Es ist dem Rektor ge[lu]ngen einen Ausgleich zu erzielen. Auch hat man deshalb wohl schon Samstag den 6. die Vorlesungen im Allgemeinen geschlossen, damit die Studenten nach Hause können (eine Sache, die pädagogisch unserer Universität so sehr schadet).
Dass sich die Verhandlungen mit Ihnen zerschlagen haben, tut mir sehr leid. Persönlich []r Sie ist es vielleicht ein Vorteil; denn was für einen Augiasstall hätten Sie zu reinigen gehabt. Wenn aber jetzt, wie ich höre, mit Brecht verhandelt werden soll, so ist das für alle jüngeren Österreicher doch eine schreiende Ungerechtigkeit.
Herzlich grüssend Ihr treulich erg. AS.

Prag, 4. Januar 1914 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Sr. Magnificenz
Herrn Rektor
Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Lieber Freund! Herr Archivar Springer aus Biberach a. R. hat mir ein grosses Manuscript über Wielands Beamtenlaufbahn gesandt, das im Euphorion unterzubrin[ge]n mir ganz unmöglich ist. Ich [h]abe ihm den Rat gegeben, Ihnen das Man. vorzulegen; vielleicht dass Sie es in den Sitzungsberichten der Berliner Ak. unterbringen wie Kurrelmeyers Untersuchung; wahrscheinlich dürfte Ihnen an der Unterbringung der Arbeit gelegen sein. Sollte Ihnen die Behelligung unangenehm sein, so bitte es mir nicht nachzutragen und das Man. wieder an den [H]errn S. zurückzusenden, der Ihnen wahrscheinlich selbst geschrieben haben wird.
Mit den herzlichsten Neujahrswünschen Ihr treulich erg.
ASauer

Graz, 29. Mai 1914 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich denke Sie schweigsamster fahren über pfingsten heim u. so soll Sie dort mein glückwunsch u. dank aufsuchen. Also wieder ein tüchtig stück! ja wenn ich so bei der Wielandausg. zugriffe, zugreifen könnte!
Ein rektorat ohne kanzleidirektor frisst zeit. Ich gehe im regieren auf.
Wie geht es Ihrer gattin? ist sie mit Ihnen nach Wien beurlaubt?
Herzlich grüssend Ihr
alter
BSfft

Graz, 31. Mai 1914 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Besten dank, lieber freund. Viel lieber hätte ich etwas über Ihr befinden, körperliches u. seelisches, gehört. Mir genügen hoffentlich die freien pfingsttage mich von einer influenza zu erholen, die mich doch noch zu dumm macht, die anm. des neuen bandes zu studieren.
Grüssend Ihr
alter
BSfft

Wien, 2. Juni 1914 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Sr. Magnifizenz
Herrn Rektor Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Lieber Freund! Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, dass ich Ihnen die Korrekturbogen des Euphorion – diesmal wenigstens – nicht schicken kann. Fromme hat sich – aus Sparsamkeit [wie] es scheint – angewöhnt; mir von der 3. Correktur nur ein, wieder zurückzusendendes Exemplar zu schicken; da nun infolge des langen Zwischenraumes zwischen Abfassung u. Drucklegung bei diesem Heft meist starke Korrekturen notwendig waren, so sind die meisten Bogen unsendbar und von den einzelnen herausgerissenen haben Sie gar nichts.
Von meiner Geringfügigkeit ist wirklich nichts zu melden. Es steht al[les] was ich in meiner Wiener Einsamkeit erlebte, in jenen Bänden, deren einer Ihnen dieser Tage zugegangen ist.
Baldige Besserung wünschend Ihr
aufrichtig erg. ASauer

Wien, 14. Juli 1914 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich danke Ihnen herzlichst für die liebenswürdige Übersendung Ihrer Wielandrede.
Ich unterbreche heute meinen Arbeitsurlaub durch einen Erholungsurlaub, um im Sept. noch einmal für einige Wochen nach Wien zurückzukehren.
Ihnen nach dem anstrengenden Jahre recht angenehme Ferien wünschend und herzlich grüssend Ihr
aufrichtig erg.
ASauer

Prag, 12. Januar 1915 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 12/1 15
Smichow 586

Lieber Freund! Ich danke Ihnen herzlich für Ihren lieben Brief. Oft und oft, besonders in schlaflosen Nächten, habe ich Ihrer und Ihrer Söhne gedacht. Lange schon plante ich einen Brief; erst vor einigen Tagen als mir Swoboda einen Brief Bauers über das Schicksal seines Sohnes vorlas, nahm ich mir wieder vor, mich bei Ihnen um das Schicksal Ihrer Söhne zu erkundigen; aber der Arbeitsstunden sind jetzt in meinem kurzen Tag so wenige, dass sie das dringendste Bedürfnis verschlingt. Ich bin nemlich seit Anfang August schwer krank. Nach dem Wiener Urlaub und einer Woche Trautenauer Ferialkurs gieng ich Ende Juli nach Gastein; zu Kriegsbeginn aber auf Wunsch meiner Frau zu ihrer Familie nach Berchtesgaden; dort erkrankte ich. Schon vor 2 Jahren litt ich an demselben Übel einer Vergrösserung der Prostata; an dem Tage, an dem wir Sie in Obertressen besucht hatten, war die Krankheit ausgebrochen; damals gieng das Leiden in 3 Wochen zurück. Diesmal haben mich die Berchtesgadener Landärzte, die besseren waren eingerückt, zugrunde gerichtet. Der erste schickte mich überhaupt weg; ich lag 3 Wochen in einem Sanatorium in Reichenhall; der zweite, nach meiner Rückkehr nach B., verschlimmerte das [Üb]el durch Unvorsichtigkeit. Im Sept. stand es ein paarmal sehr schlecht. In den letzten Sept. Tagen konnten wir nach Prag fahren; aber Okt. & Nov. brachten neue gefährliche Rezidiven. Jetzt bin ich wenigstens etwas kräftiger, gehe aus, kann etwas arbeiten; werde dieser Tage das Seminar beginnen, Vorlesungen aber kann ich noch nicht halten. – Fast scheut man sich über sein eigenes Befinden zu reden, da allgemein so viel Sorge und Unglück herrscht und j[eder] sein Teil zu tragen hat. Dass auch Sie mit Ihren Söhnen und für sie zu leiden und sorgen haben, bekümmert mich tief. Möchte alles sich zum Guten gestalten!
Von den Mitarbeitern der Grillparzerausgabe ist Backmann von Anfang an im Felde; Rollett muss am 15. einrücken. An den Briefen und Akten wird weitergesetzt; seit meiner Besserung auch den Tagebüchern. – Schlecht steht es mit E[up]horion. Seit Kriegsbeginn sind 60 Ab. abgesprungen; durch Meyers Tod droht uns seine Subvention zu entgehen. Fromme wollte an d. Jahrgang XXI nicht zu setzen beginnen; bevor ihm nicht eine Subvention sichergestellt wäre, was jetzt unmöglich ist. Es ist mir nun durch grosse Opfer meinerseits gelungen, den Druck dieses Jgs. noch durchzusetzen, damit ich nicht die Schande erlebe, die seit langem bei mir liegenden Manuskripte zurückschicken zu müssen. Wie’s später werden wird, weiss ich nicht. Für mich wärs ein Glück, wenn die Zs. eingienge. Ich höre auch, dass Walzel u. Saran bereits eine neue Zs. bei Niemeyer planen (mit bes. Rücksicht auf Aesthetik, Philosophie u. Psychologie, ohne neue Materialmitteilungen u. ohne Rezensionen); nur durch Niemeyers Abwesenheit im Felde sei das Erscheinen verzögert worden. Haben Sie eine Einladung erhalten? Ich nicht, Hauffen auch nicht; jedoch Leitzmann z. B. Ich räume gerne einer anderen Zeit das [Fe]ld.
Hoffentlich reisst der Faden unserer Korrespondenz nicht wieder ab; mit mir müssen Sie aber doch noch Geduld haben, wenn ich überhaupt noch einmal ganz gesund werde.
Mit den besten Grüssen Ihr
treulich erg.
ASauer.

Graz, 29. April 1915 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Herrn Hofrat
Prof. Dr. August Sauer
Prag
Smichow 586

Lieber freund, Ich werde gefragt, ob es wahr sei, dass Grillparzer an den ersten allgemeinen Stücken des Milit. Dienstreglements I anteil habe; die prosa sei so gut, dass das gerücht mögliche wahrheit sei: Wissen Sie etwas darüber? Ich gebe diese frage nur weiter, um etwas von Ihnen zu hören. Hoffentlich haben auch Sie das semester mit wiedergewonnener kraft beginnen können. Der besuch bei mir ist nicht wesentlich anders als im ws. Die herzlichsten grüsse von
Ihrem alten
BSfft

29.4.13.

Prag, 2. Mai 1915 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

L. F. Von einer Beteiligung G’s am Exerzierregl. ist bisher nicht bekannt; unmöglich wäre es nicht, da er mit den Generälen, bes. mit Hess sehr befreundet war. Ich will sofort nach dem Kriege im Kr[ieg]sarchiv Nachforschungen anstellen lassen.
Obgleich mein Leiden noch nicht behoben ist, sondern mehrere Male des Tages beschwerliche Manipulationen erfordert, so habe ich doch vor einigen Tagen meine Vorlesungen im ganzen Umfange wieder aufgenommen und wenn es nicht schlechter wird, hoffe ich durchhalten zu können, wie man jetzt sagt. Ich habe einen vollen Hörsaal, aber wie es scheint, überwiegen die Damen. Andere Kollegen haben auch mehr Zuhörer als im Winter.
Hoffentlich steht in Ihrer Familie alles gut.
Mit herzlichen Grüssen
Ihr aufrichtig erg.
ASauer

Prag 2/5 15
Smichow 586

Graz, 26. September 1915 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund Ich bitte um nachricht über Ihr befinden u. hoffe, dass sie recht gut lautet. Mein dasein geht unter sorgen u. erschütterungen hin. Unsere gute mutter, die Sie auf der Tressen auch gesehen haben, ist seit dem kriege immer schwächer geworden und starb in der vorletzten augustwoche, nachdem sie im zimmer gefallen u. ein bein gebrochen hatte. Wir vermissen diesen optimistischen mittelpunkt sehr; es nützt nichts, dass das hohe alter von fast 86 jahren uns auf den verlust bereit sein liess. Mein älterer sohn ist nun seit ende juli in Ungarn; ein paar wochen war er mit schwerer aderhautentzündung zuhause u. jetzt ein paar tage nach grossmutters tod. Bisher war er als abrichterleutnant geborgen; jetzt aber steht er vielleicht irgendwo im feuer, denn er wurde trotz der hohen kurzsichtigkeit, die ihn überhaupt dienstfrei machen sollte nach den vorschriften, für felddiensttauglich erklärt und wir sind seit 2 wochen ohne nachricht. Der jüngere brach als einj. freiw. im vorigen oktober zusammen, wurde als untauglich aus dem heer entlassen, rückte im juni wieder bei der landwehr ein u. da er natürlich wieder nicht dienstfähig war, ist er seit kurzem beurlaubt. Sein organisches nervenleiden ist dabei erheblich schlechter geworden u. es wird jahre bedürfen, ihn auch nur für leichte zivile arbeit fähig zu machen, wenn überhaupt. Inzwischen wird man ihn aber sicher bald wieder aufs neue einberufen. Meine frau u. ich leiden schwer unter der not, die zu dem allgemeinen jammer dazu kommt. Die Hoffnung auf einen gesegneten frieden muss ich immer wieder auf eine dunkle zukunft vertrösten. Und meine gefallenen schüler gibt er mir nicht wieder.
Mit der arbeit geht es nicht. Mühsam ringe ich mir dies u. jenes kleine ab. Die Wielandausgabe stockt. U. wenn ich auf alte, noch unter Erich Schm. begonnene bände zurückgreife, hab ich keine freude. Das sind nicht die mitarbeiter, die ich brauche; ohne wutanfall schlag ich kaum eine seite auf. Ein redaktor kann nicht verhalten werden, jedes wort mit der vorlage zu vergleichen. Schweren herzens schliesse ich nun, während der herausgeber irgendwo im felde steht, einen band ab; es muss doch ein äusseres ende gesetzt werden.
Jetzt erst kam ich dazu Nadlers Wissenschaftslehre zu lesen. Ich bin sehr neugierig, zu hören wie Sie sich dazu stellen. Ist es altersschwäche, dass ich mich nicht gefördert dadurch fühle? Und diese spanischen stiefel der logik passen nicht für mich; ich verstehe den wert der einschnürung nicht, habe ihn schon als student nicht geschätzt. Erheiternd wirkt für jeden, der die österr. verhältnisse kennt, die bewertung des philos. rigorosums, zu eingang.
Wie steht es mit Ihrem Grillparzer? schreitet er trotz alledem voran?
Mit den besten wünschen in alter treue
Ihr
BSfft.

Prag, 27. September 1915 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 27/9 15
Smichow 586

Lieber Freund!

Der Hingang Ihrer lieben Mutter betrübt mich tief und meine Frau schliesst sich mir im Ausdruck der innigsten Teilnahme herzlichst an. Ich weiss es ja von meinem eigenen Vater her, den ich bis zum 83. Jahre um mich haben durfte, dass sich eine solche Lücke niemals schliesst und [da]ss das Letzte immer zu früh kommt. Und nun müssen Sie auch um Ihre Söhne sorgen und zittern. Ich habe Ihrer oft gedacht und wenn mir nicht jede Zeile so schwer fiele, hätte ich schon längst wieder bei Ihnen angefragt. Wenn Ihnen die teuren Kinder nur wenigstens erhalten bleiben. Ich bin von dem vielen Kummer und Elend rings herum sch[on] ganz stumpf und ersehne den Tag, an dem wenigstens die Kanonen und Gewehre schweigen werden, wenn auch dann noch viel zu überstehen sein wird.
Ich habe 2 Monate in dem schönen Gross-Gmain bei Salzburg verbracht; aber leider alle Augenblick im Bette; heute bin ich nach 14 Tagen wieder z. 1. Mal aufgestanden; freilich inzwischen ????? Reise gemacht, weil es schon kalt und ungemütlich geworden war. Man will jetzt wieder einmal eine neue Kur an mir versuchen; aber ich fürchte für die Arbeit des Winters sehr. Fast alle Mitarbeiter der Ausgabe sind einberufen und die meisten haben die Bände unfertig hinterlassen. Wenn ich nur e[in] paar Wochen zusammenhängend arbeitsfähig bliebe, so könnte ich mehrere Bände, die knapp vor dem Abschluss stehen, fertig machen. Aber ich bin von einem Tag zum andern nicht Herr meiner Zeit und meiner Gesundheit. –
Der theoretische Rausch, der über alle jüngeren Fachgenossen gekommen ist, wird sich wieder verflüchtigen. Ich betrachte das als Vollendeter wie aus den Wolken herab. Zu Nadler habe ich trotz mancher Widersprüche im Einzelnen doch das grösste Vertrauen. Der dritte Band seiner Lit. Gesch., soweit er im Man. vorliegt, ist eine grossartige Leistung, vor der ich mein Haupt beuge. Ich selbst kann die neue Richtung nicht mehr mitmachen und wäre froh genug, wenn ich die alten (und veralteten) [Er]nten noch in die Scheune brächte.
In alter Liebe und Treue
Ihr
stets angeeigneter
ASauer.

Graz, 10. Oktober 1915 (Sonntag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, So treten auch Sie in das 7. Jahrzehnt! Wie anders als ich können Sie auf eine fülle von leistungen zurückschauen! der reichtum Ihrer arbeit liegt auf breitem felde vor uns ausgebreitet und jeder greift dankbar zu und mancher vergisst dabei; wer der schöpfer ist; so selbstverständlich ist es, von Sauers arbeit zu zehren. Ins enge und ins weite. Der in den seminarräumen begeistert, ermutigt, beherrscht den festsaal auch. Ein lenker, der die richtung zeigt, die bahn ebnet, die massen darauf führt, jeden an seinen platz stellt, alle zusammenhält. Eine ordnende leitende natur, die selbst überall zugreift, klärt und sichtet, aufgaben stellt und löst, überall bescheid weiss. Ein friedensfeldherr.
Der das kleinste nicht übersieht, weil es zum ganzen gehört.
Lassen Sie mich heute für treue freundschaft danken und bitten, sie mir zu erhalten. Dem nachfolger auf Ihrem lehrstuhle war sie stets eine wohltat; nehmen Sie dies schlichte wort in seiner umfassendsten bedeutung. Und nun noch der wunsch zur wiederkehr der vollen gesundheit, auf dass Sie ein verjüngter zu fröhlichem schaffen in das neue jahrzehnt eintreten.
Treu der Ihre.
BSeuffert.

Prag, 13. Oktober 1915 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 13/10 15
Smichow 586

Lieber Freund!

Man glaubt mit dem Leben abgeschlossen zu haben und da kommt eine so himmlische Botschaft wie Ihr Brief, die einen schon auf Erden halb kanonisiert und einem neuen Lebensmut in die Adern giesst. Nehmen Sie meinen herzlichsten Dank für Ihr grosses Wohlwollen und für die treue [Fr]eundschaft und entziehen Sie mir beides für den Rest meines Lebens nicht.
In aufrichitiger Dankbarkeit
Ihr treulich erg.
ASauer

Graz, 19. November 1915 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Hoffentlich hat die viele dankbare treue, die Ihnen der geburtstag offenbarte, Ihre gesundheit recht zum guten beeinflusst.
Heute komme ich mit der bitte, beiliegende blätter in den Euph. aufzunehmen, wenn es sein kann. Ich weiss, dass sie nichts welterschütterndes enthalten; die dünken mich aber doch eine ganz nette studie. Die verfasserin geborene Schwarz ist die erste doktorin der germanistik, die Schönbach (u. ich) hier mit dem hute schmücken. Sie heiratete dann, verlor ihren mann u. wünschte nun als witwe zur alten beschäftigung zurückzukehren. Da lenkte ich sie auf lokales. Ich bitte Sie, sich nicht mit einer antwort darüber an mich zu bemühen (so gern ich ein gutes wort von Ihnen höre), sondern der frau dr. Irene Wunderlich Ulm a) Donau Grüner Hof 6 eine karte zu schreiben, ob Sie die aufnahme bewilligen können.
Der semsterbesuch ist besser als vorigen sommer. Freilich immer mehr weiblichkeit.
In alter freundschaft
Ihr
BSfft.

Prag, 22. November 1915 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Der Aufsatz verrät die vortreffliche Grazerschule und wird sich dem Euphorion gut einfügen. Ich habe der Dame geschrieben. Vor einigen Tagen war Ihre Schülerin Frau Touaillon bei mir auf der Sache nach einer deutschböhm. Romanschrfitstellerin Sagar. – Ich wage es Ihnen ein Beutestück von jenem Schicksalstage zu übersenden. Es ist kein eig. Gemälde, sondern es war nur eine farbige Zeichnunge als Vorarbeit zu einer (übrigens mislungenen) Lithographie. Der Künstler ist aber viel mehr Maler als Radierer und die Skizze, die in der Deutschen Arbeit veröffentlicht wurde, gilt allgemein für recht ähnlich.
Die Vorlesungen brauchte ich bis jet[zt] nicht zu unterbrechen. Das ist schon ein Fortschritt gegenüber dem Sommer, aber die Beschwerden sind gross und die Sehnsucht nach dem blauen Bogen oder der seidenen Schnur wächst von Tag zu Tag. –
Gestern habe ich endlich wieder einen Band Grillparzer imprimiert, der sich in ungefähr 14 Tagen vorstellen wird. Für Sie uninteressant.
Herzlich grüssend Ihr
treulich erg.
AS.

22/11 15.

Herrn Prof. Dr.
Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

Prag, 27. Dezember 1915 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Bild

Ich wünsche Ihnen für 1916 das was wir alle ersehnen und bes. dass Ihre Söhne gesund und siegreich heimkehren. Mein Befinden ist sehr wechselnd, in der vorigen Woche war ich wieder mit Fieber im Bette. Man gewöhnt sich aber schliesslich an Alles.
Mit vielen Grüßen Ihr
treulich erg.
ASauer

27/12 15

Graz, 28. Dezember 1915 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Heute kommt der verheissene Band in meine Hand, lieber Freund. Nochmaligen Dank. Sie täuschen sich: er interessiert mich doch, denn die Frage der Aktenauswahl brennt auch für Wld.; ich werde Ihre Beurteilung also sorgfältig studieren, wenn mir auch die Akademie so viel Freiheit nicht geben wird als Sie haben; mit Mühe setzte ich 1 Probe durch; vielleicht kann ich nun beweisen, dass mehr not tut.
Möge 1916 für Sie nicht nur besser werden, sondern gut!
Mit treuen Wünschen u Grüssen
Ihr
BSfft.

Prag, 23. April 1916 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Hofrat Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

Lieber Freund! Ich bin Ihnen für die liebenswürdige Übersendung des Geburtagsgrusses für G. doppelt dankbar, weil mir Krieg und Krankheit diesen Tag verschleiert haben. Wir werden die Beglückwünschung nachholen.
Von mir ist nichts Gutes zu berichten. Ich musste seit Weihnachten fast immer im Bette sein; gerade jetzt blühen mir ein paar frischere Tage. Mit Grauen sehe ich der Fahrt nach Wien zur Sitzung der Fröhlichstiftung entgegen. Ich komme mir vor wie mein eigenes Gespenst.
In der Hoffnung, dass Ihre Sö[hne] wolauf sind, mit herzlichen Grüssen
Ihr alter Freund
ASauer

23/4 16.

Graz, 18. Mai 1916 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ich übersende Ihnen eine lesefrucht einer zuhörerin, für die vielleicht der Euphor. ein plätzchen hat. Mir ist die gelegenheit willkommen, den wunsch zu äussern, Sie möchten die notgedrungene Wienfahrt gut bestanden haben und sich besser finden, als in den ersten monaten des jahres; hoffentlich können Sie das gelegentlich bejahen. Der semesterbesuch ist nicht geringer als im winter und der krieg läuft so normal fort wie der unter- richt! gott sei’s geklagt!
Treu Ihr
BSfft

18.5.16.

Graz, 19. Dezember 1916 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Für den 8. Bd. mit seinen Neuigkeiten danke ich sehr u. beglückwünsche Sie zum Abschluss, den ich auch als Zeichen Ihres Wohlbefindens nehmen möchte. Mich sehnt sehr davon Gutes zu hören. Ich habe in diesem Jahr nur 1 Bd. Wieland zu Ende getrieben u. kann Ihnen leider ihn nicht als Gegengabe anbieten, da ich nur 1 Ex. erhalte: die Akademie ist sehr sparsam in Ausstattung, Honorar u. allem. Übrigens gewährt die Leitung überhaupt keine Befriedigung, diese jungen Herren können sammt u. sonders nicht herausgeben. Mein Leben geht gedrückt weiter. Die Sorgen in der Familie reissen nicht ab. U. die allgemeine Lage ist ja nur in Rumänien (wo mein Älterer mitkämpft) schön. Das Friedensangebot erfüllt mich mit grosser Angst.
In Wien soll Seemüller v. Kraus ersetzen. Warum nicht? er ist der billigste u. man hat ja auch pensionierte Generäle mit Erfolg ausgegraben. Der Gundolfsche Goethe imponiert mir mächtig. Das ist doch einmal eine Originalarbeit, wenn man ihr auch oft widerstrebt. Ich lebe u. webe wieder ganz im Grünen Heinrich, den ich neuerlich im Seminar behandle u. noch besser zu verstehen meine.
Treue Grüsse u. beste Wünsche!
Ihr alter
BSfft.

19.12.16.

Herrn Hofrat
Prof. Dr. A. Sauer
Prag
Smichow 586

Prag, 22. Dezember 1916 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Hofrat Seuffert
Graz.
Harrachgasse 1.

Lieber Freund! Ich führe seit Semesterbeginn das merkwürdige Leben, dass ich nur auf 3-4 Stunden aufstehe, um Vorlesungen u. Übungen zu halten und dann wieder ins Bett gehe. Auf diese Weise ist es mir gelungen, [kei]ne Vorlesung ausfallen zu lassen. Nun soll endlich die Erlösung kommen. Ich soll nach Dreikönig hier in Prag operiert werden. – Arbeiten kann ich gar nichts; dagegen lese ich allen Tod und Teufel; auch Wieland habe ich gelesen. Gundolf leider noch nicht.
Seemüllers Reaktivierung käme mir sehr willkommen; denn ich verlöre Lessiak nur sehr ungern. Es wäre immerhin fraglich, o[b] Zw. nach Wien gienge
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute, wenn man dieses Wort heute in den Mund nehmen darf.
Herzlich grüssend Ihr
aufrichtig erg. AS.

22/12 16.

Graz, 8. Februar 1917 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Ihre hand zu sehen war in aller trübsal eine herzliche freude. Und Ihr wort vom neuen leben, das Sie beginnen, ist mir eine kostbare wohltat; auch ich hoffe davon zu gewinnen.
Die treue freundschaft Ihrer teilnahme beweist ja neuerlich, dass ich Ihnen auch rein menschlich etwas bin. Haben Sie dank dafür und erhalten Sie mir das. Ich brauche es sehr notwendig. Aber ich will den genesenden nicht in unser leid hineinziehen und also schweigen.
Ihr
getreuer
BSeuffert.

Prag, 8. Februar 1918 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich danke Ihnen vielmals für Ihre sehr wertvolle Gabe. Ich habe Ihre Methode sofort in meiner heutigen Seminarinterpretation auf ein Grillparzersches Gedicht (Lola Montez) mit grossem Erfolg angewendet. Es wä[re] für uns alle ein grosser Gewinn, wenn Sie sich entschliessen könnten, das in einem grösseren Werk zu entwickeln. Es ist jammerschade, dass das nur einem so kleinen Bruchteil von Studenten zugute kommt. Und es wäre so dringend!! In Innsbruck gibt man Themen, wie über die Sprache der ?????!!
Ich komme mir jetzt vor wie mein eigener Nachlassverwalter, der mit einer gewissen nervösen Hast die pa[ar] einzuheimsenden dürftigen Aehren noch in die Scheuer zu bringen sucht, bevor das letzte Dunkel endgiltig hereinbricht.
In alter Freundschaft Ihr aufrichtig erg. AS.

In Wien fehlt Papier u. Leder. Ein paar fertig gewordene Bände wurden vorläufig eingesorgt, bis man sie werde einbinden können. Mehrere andere stehen im Satze; eine ganze Reihe ????? im Man. ?????. Auf diese Weise veraltet einem alles im Verborgenen und in das Ganze kommt eine völlige Ungleichheit. Ich kann meine eigenen (mit entzogenen) Anmerkungen nicht zitieren.

Herrn Prof. Dr. B. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

Graz, 22. März 1919 (Samstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber Freund, Für Ihre Teilnahme danke ich Ihnen herzlich. Ich habe schwere Zeit.
Aber auch Sie hatten wieder Böses. Das tut mir aufrichtig leid. Möge die neue Operation zu dauernder Gesundheit führen. Dass darnach ein Fieber Ihre Schwäche vermehrte, war doppelt empfindlich. Und mit dem „Aufpäppeln“ des Leibes ist man ja jetzt schlecht dran.
Die eiserne Energie, mit der Sie bei der Arbeit trotz allem ausharren, bewundere ich, wie ich stets Ihre Leistungsfähigkeit bewundert habe. Ich bin seit dem zwecklosen Opfer des Sohnes darnieder, gleichgültig gegen alles. Und nun mir die Sorge um meine lange leidende Frau auf ganz unvorhergesehene schreckliche Weise genommen ist, – sie erwachte nach guter Nacht mit Sprachlähmung – ist der Inhalt des Lebens verloren. Ich wage nicht zu hoffen, dass ich die Genesung meines letzten Kindes erlebe, obwohl ich mir sage: ich darf die Augen nicht schliessen, bevor er arbeitsfähig geworden ist.
Dass ich bei solcher Stimmung schweigsam wurde, begreifen Sie. Aber auch Sie sind es wahrhaftig u. haben mir ja ausdrücklich geschrieben, dass Sie jede Minute auf Ihre „Hauptgeschäfte“ goethisch zu reden verwenden wollen. Da wär ich mir auch wie ein Störenfried vorgekommen. Und Persönliches wollte ich nicht vorklagen, Politi- sches ist garstig Lied und der Zensur bedenklich, weil wir ja jetzt so herrlich frei sind; und Fachliches – ich habe unter meinen 84 Semestern noch kein so elendes gehabt wie das letzte, heute volles Haus, morgen leeres in stetem Wechsel. Kein Kopf ist bei der Sache, die ehemaligen Krieger denkunfähig geworden u. ohne Beharrungsvermögen, ermüdet, lahm. Gewiss bin ich auch nicht frisch – wie sollte ich auch. Die allgemeinen Erlebnisse zermürben zu den familiären dazu. Der Berliner Wieland stockt: wer hat Lust und Sammlung?
Herzlich mit Dank u. Gruss an Sie und Ihre Gattin freundschaftlich verbunden
Ihr
BSeuffert

Graz, 22. Mai 1919 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Faksimile fehlt.

Hoffentlich trifft Sie die karte bei gutem Wohlsein, lieber Freund. Ich habe eine Bitte. Haben Sie irgend eine Fühlung mit Kauth, nahe der bayrischen Grenze? vielleicht ist ein Zuhörer aus der Gegend. Dort ist der Sitz der Familie Stadion, dort ihre „wertvolle Bibliothek“; dort wird ihr Archiv vermutet. Und in diesem vermute ich Wielandbriefe und - gedichte. Die dort befindliche „Zentraldirektion der gräfl. Stadionischen Güter“ soll recht unzugänglich sein. Vielleicht ist sie einem in Böhmen Lebendem zugänglicher als einem Deutsch-Österreicher. Könnten Sie zugunsten der Ausgabe etwas in Erfahrung bringen? Ich fahnde seit vielen Jahren nach dem Stadionschen Nachlass; habe mich auch längst an die im Gothaer aufgestoßenen/ausgestoßenen verheirateten Töchter gewendet (der Mannsstamm ist ausgestorben), bin aber damals ohne Antwort geblieben.
Mühsam hab ich mich fürs leidlich besuchte kolleg aufgerafft. Mein Sinnen bleibt bei meiner Frau. Die zahllosen Sitzungen dieser Zeit ermüden mich sehr u. doch kann ich mich nicht überall fern halten. Sie werden noch mehr unter den Verhältnissen leiden. Ob wir bessere Jahre noch erleben? Ich verzeifle.
Treu Ihr alter
BSfft.

22.5.19

Graz, 29. Oktober 1919 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber freund, Hoffentlich haben Sie sich in Johannisbad gut erholt. Dank für Ihre Bemühungen um Stadionschen Besitz. Ich habe jüngst das Biberacher Wieland-Museum veranlasst an die grfl. Güterverwaltung in Kauth zu schreiben; ihre Antwort behauptet, es seien keine Wielandiana vorhanden. Ich bitte sich also nicht weiter zu bemühen. Das Verschwinden bleibt freilich unaufgeklärt.
Im Nachlass der Schönbächin fand ich beiliegendes Bild, das ich Ihrer Gattin mit meinen Empfehlungen zurückerstatte. Ihr Bild erlaubte ich mir auf Ersuchen des Bibliotheksleiters der Sammlung Grazer Dozenten in der Universitätsbibliothek einzuverleiben. Ich wünsche Ihnen ein leichteres Semester als das vorige für Sie war. Ich habe mich nur ein paar Wochen den kriegsteilnehmern geopfert u. erfahren, dass die hiesigen von dem gewünschten Eintrichtern nichts hatten. Im letzten Semester begannen sie schon wieder Studenten zu werden u. selbst zu lernen. Der Besuch ist heuer stark, aber nur in Chemie übermässig.
Ich bleibe die Ferien über hier; arbeitete erst altes auf, dann im September scharf u. doch ohne Abschluss für ein neues Heft Wielandprolegomena. Vom 1. Oktober an spannte mich der Dekan bei Organisationsfragen tüchtig ein; besonders der Amtsentwurf zu einer neuen Privatdozentenordnung kostete viel Zeit u. Überlegung.
Nun holte ich mit in den ungeheizten Säälen eine leichte Grippe, von der mir die Müdigkeit noch in den Gliedern liegt. Die Wielandausgabe such ich wieder zu beleben. Todesfälle u. Ausspringen von Mitarbeitern erschweren; nun hab ich Texte, aber keine Lesarten. Ich lasse keine Texte mehr in Druck, eh ich Mscpt fürs Ganze habe, Dazu soll ich, wegen der hohen kosten, sparen!
Wie steht es mit Ihrem Grillparzer u. Euphorion?
Wir gehen dem Hungern und Frieren entgegen, versichern uns unsere Behörden. Auch gut; es ist so keine Freude zu leben.
Herzlich in Treuen Ihr
BSfft.

Prag, 3. November 1919 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 3/11 1919
Smichow 586

Lieber Freund!

Ich erfuhr aus Ihrem Briefe, dass Schönbachs Wittwe gestorben ist; Bibliotheksdirektor Peisker, der vor einigen Tagen bei mir war, und viel von Schönbach sprach, sagte mir nichts davon. Meine Frau dankt Ihnen vielmals für die liebenswürdige Übermittlung des Bildes und des Briefes. Wir lachten beide über das Ungetüm von [H]ut und meine Frau sagte: der Hut ist wirklich sehr schön!! Dass ich in der Grazer Bibliothek verewigt sein soll, mag hingehen; hoffentlich habe ich nicht auch ein solches Gebäude auf dem Kopf.
Ich habe mich in Johannisbad sehr erholt, um 10 Kilo zugenommen und wirklich alle Krankheitsfolgen überwunden, soweit man dies in meinem Alter kann. Ich sollte nach Wien fahren, habe auch Wohnung, Pas[s u]nd Einreisebewilligung bereits. Im letzten Augenblick schreckte mich aber der Umstand ab, dass ich für die Mitnahme meiner Papiere, ohne die die Reise keinen Sinn gehabt hätte, ein militärisches Visum gebraucht hätte. Meine Reise wäre um so notwendiger gewesen, als der Druck der Ausgabe neu zu beleben ist. Über Wien und allen Wienern liegt eine solche Passivität, dass sie sich zu nichts mehr aufraffen können. [Au]ch beim Euphorion geht es so. Er kann nicht leben und nicht sterben. Fromme will ich nicht abgeben; er druckt aber an dem neuen Heft schon bald ein Jahr und ich kann es immer noch nicht fertig bekommen. Schuchardt, auf dessen Beitrag ich so stolz bin, tut mir leid. Aber ich kann mir nicht helfen.
Hörer haben wir so viel, dass für mich z.B. kein Saal ausreicht. Und selbst die Qualität, der neuen wenigstens, ist nicht schlecht. Die Heimkehrer allerdings sind noch nicht so besonnen wie die Ihrigen und ich pauke weiter mit der grossen Trommel, bis mir der Athem ausgeht.
Was man sonst zu schreiben hätte, [ka]nn man dem Papier nicht anvertrauen. Ich habe mir mein Alter anders vorgestellt und nun weint man täglich blutigste Tränen. So können wir uns die Hand reichen.
In alter Freundschaft Ihr
ASauer.

Prag, 4. November 1919 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! P. erzählte mir die Sache so, er wurde vor etwa 20 Jahren von dem jetzigen Präsi[de]nten der R. zum [Prof]essor vorgeschlagen, aber von der [Fak]ultät angelehnt. Nun habe ihm M., um ihm die höhere Pension zu verschaffen, eine Professur für Sozialgeschichte verliehen, ihn für den Winter beurlaubt; im Sommer aber, dem letzten Semester vor seinem 70. Lebensjahre, werde er lesen. Triumphierend rief er aus: da werden sie den Przemysl schlucken müssen! (Er hält neuerlich Prz. für einen Germanen.) Ob P. diesmal von der Fakultät vorgeschlagen war oder nicht, war aus P. nicht herauszubekom- men; er sprach nur von seinem Freund M.; den er [au]ch für Schiessel von Fleschenberg in Bewegung setzen will, in dessen Interesse er bei mir und andern Kollegen war. Er will ihm eine Professur für Byzantinismus (!) verschaffen. In den deutsch. Zeitungen stehen Ernennungen tschechischer Professoren nicht und tschech. Zeitungen sehe ich nicht, kann sie auch nicht lesen. Ich weiss also nicht, inwieweit P.’s Mitteilungen auf Wahrheit beruhen. Herzlich grüssend Ihr
allergebener AS.

Prag, 2. Januar 1921 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 2/1 1921
Smichow 586

Lieber Freund! Da Sie einst an der Wiege des Euphorion gestanden haben, so darf ich vielleicht annehmen, dass noch ein kleiner Funke dafür in Ihrem Herzen schlummert, den ich gerne wiederbeleben möchte. [Mit] Hilfe einer amerikanischen Spende ist es mir nemlich gelungen, sein Fortbestehen auf einige Zeit zu sichern und da bin ich denn um das Interesse in weiteren Kreisen dafür wieder zu erwecken auf die Idee verfallen, ein Agitationsheft herauszugeben und zwar ein Sonderheft über Gundolfs Goethe. (Der Prospekt geht Ihnen demnächst zu.) Ich bin auf diese verrückte Idee dadurch gebracht worden, dass die Zeitschrift Logos dasselbe [für] Spenglers Untergang des Abendlandes tut. Ich stelle mir also längere oder kürzere Aufsätze über das Buch vor, zustimmend oder ablehnend; methodisch oder sachlich; auch Aufsätze über Goethe, die nur an Gundolf anknüpfen.
Nun erinnere ich mich, dass Sie mir seinerzeit enthusiastisch über G. schrieben und glaube auch, dass Sie der einzige waren, der neben Brecht aus voller Überzeugung für G. als Preisträger des Minorpreises [ge]stimmt haben; denn Muncker, Roethe und ich waren eigentlich dagegen; ich hatte mich damals noch nicht soweit erholt, dass ich einen Gegenvorschlag hätte durchfechten können. Kösters Meinung kenne ich nicht. Sind Sie also noch immer derselben Meinung, so würden Sie der Sache und der Zeitschrift einen gleich grossen Dienst erweisen, wenn Sie sich an der Debatte zu beteiligen die Güte hätten. Ist Ihnen der Termin (30. März) zu kurz, so verlängere ich ihn. Ich wäre auch mit einer kurzen Äusserung zufrieden. Jedenfalls würde durch Sie die Aussprache sofort auf ein Niveau gehoben, auf das ich sie gerne heben möchte. Also wenn es Ihnen nicht allzu sehr gegen den Strich geht, so erweisen Sie mir die Gefälligkeit.
Soll ich die Gelegenheit benützen, um Ihnen über mein Wohl- oder Übelbefinden ein Wort zu sagen, so kann ich nur andeutungsweise verfahren; denn ich weiss, dass meine Briefe sehr häufig ins schwarze Kabinett wandern und habe mir daher völlig abgewöhnt Hilferufe [au]s dem Gefängnis erschallen zu lassen. Mit der Gesundheit geht es mir leidlich gut; da aber allzuviele – akademische und ausserakademische – Geschäfte auf mir lasten, so reicht die Kraft nicht mehr ganz aus. Meine Unternehmungen, mit Ausnahme des Euphorion, stecken noch immer, die Grillparzer wie die Stifterausgabe und wenn es auch manchmal den Anschein hat, als liessen [sich] die Karren noch einmal aus dem Sumpfe ziehen, so versinkt dieser Hoffnungsschimmer sofort. Zehn ungedruckte Grillparzerbände harren in Wien der Erlösung; ich bin am Ende meiner Weisheit angelangt; denn ich kann mich selbst nicht mehr zitieren; da mir mein Material entzogen ist und so sehe ich jede Hoffnung schwinden, [we]nigstens einen Teil der Vollendung noch zu erleben, wenn schon nicht das Ganze.
Möchte es Ihnen besser ergehen!
Wenn Sie mir schreiben, bitte ich um Angabe von Pohlheims Adresse. Es grüsst Sie in alter Freundschaft Ihr aufrichtig erg. ASauer.

Eine eben fertig gewordene Kleinigkeit geht gleichzeitig ab.

Graz, 7. Januar 1921 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber Freund, welch kostbare Gabe haben Sie mir heute auf den Tisch gelegt! Ich danke herzlich für den Genuss, den mir die sofortige Lesung gewährte. Dies documentum ist von erquickender klarheit. Endlich einmal wieder ein Goethe-Beitrag von ausgezeichnetem Werte. Dazu Ihre feine vorsichtige Erläuterung, ohne Aufbauschen, schlicht wie die Niederschrift, rein von Suphanischer „Zierlichkeit“. Besonderen Dank auch dafür. –
Die Fortdauer des Euphorion freut mich. Ich selbst musste ihn leider abbestellen, denn 144 K für jedes Heft kann ich nicht zahlen. Hoffentlich ermöglicht das Bundesministerium – der Titel klingt gut – , die Zs. im Seminar zu halten, obwohl ihr Bezug allein die Höhe der Jahresdotation übersteigt.
Ein Gundolfheft ist viel Ehre für Gundelfinger. Die Abstimmung für den Minorpreis geschah recht grantilig. In einer Zuschrift über anderes berührte Br. auch diese Sache, zwei Namen nennend. Ich trat auf einer Karte für G. ein, erfuhr aus der Ztg. die Preisverleihung. Und es reut mich nicht: denn ich glaube, es geschah in Minors Sinn. Dass ich nicht blind für G. eintrete, mögen Sie daraus abnehmen, dass ich auf eine Anfrage aus der Berliner Fakultät, die von nicht germanistischer Seite an mich ergangen war, mit voller Entschiedenheit warnte, ihn vorzuschlagen oder sich aufdrängen zu lassen. Ein Schriftsteller muss nicht zum gelehrten Lehrer taugen. Selbst für meine Vorlesungen konnte ich nur sehr wenig von G. benützen. Es ist G.s Goethe so wie es einen H. Grimms gab. Mir ist er jetzt in die Ferne gerückt und ich wüsste nicht, wie ich an ihn anknüpfen sollte. So schwer es mir fällt, Ihrer Einladung nicht zu folgen, schwer, weil sie von Ihnen kommt, so unmöglich ist mir, jetzt in Gundolf oder Goethe einzutauchen. Ich habe vor Weihnachten etliche Wochen Vorlesungen durch Bronchitis verloren, muss das Versäumte durch Intensität nachholen. Daneben hat kein anderer Gott Platz zur Anbetung.
Mein ehemaliger Zuhörer Dr. Hans Mörtl, Direktor des 2. Staatsgymn. Graz Oeverseeg., hat einen recht vernünftigen Aufsatz in 2 Nummern der Tagespost über das Buch geschrieben, anerkennend und kritisch. Sollten Sie Mangel an Mitarbeitern haben, so wäre M. vielleicht brauchbar, er ist ein feiner Kopf. –
Recht sehr freut mich die gute Botschaft von Ihrer Gesundheit. Wie lange hab ich nichts von Ihnen gehört, wie oft mich nach einem Worte gesehnt. Die Schranken zwischen unsern Ländern sind zu hoch geworden. Jeder ist gefangener Knecht. Und wir immer näher am Zusammenbruch. Sie ahnen was ein Reichsdeutscher unter den Ereignissen der alten und neuen Heimat leidet.
Schade, schade dass Ihr Grillparzer nicht ans Licht tritt. Was bedeutet es daneben, dass ich ein mühsames neues Heft Prolegomena seit 5 Monaten fertig habe, das bei dem Stillstand der Akademieveröffentlichungen – nur die Sitzungsberichte sollen wieder aufgenommen werden – veralten muss. U. wie soll ich hier nachtragen, da ich Neues fast nicht sehe u. nicht erwerben kann. Geistige Verdorrung zu der leiblichen Austrocknung. Die Wielandausg. stockt weiter, trotz – mässiger – Erhöhung der Honorare greifen die Mitarbeiter nicht zu, sie müssen Frohndienste tun, um zu leben. Die Hoffnung, durch Proleg. VII das Werk anzueifern, ist begraben.
Was ists denn mit der Wahlefestschrift, zu der Sie auch beisteuern wollten? Hecker verharrt in Schweigen.
Wen holen Sie sich für Lessiak? Und geht der noch nach Wien? Ich wünsche es, um Zwierzina nicht zu verlieren. Wer wird sich auf Wackernells Stuhl setzen? Schneider hat ja die dreifache Wahl. Alt- u. Neu-Germanisten sind gesuchte Ware wie nie zu unseren Lebzeiten.
Ich leb ein einsam Witwerleben, an die Vergangenheit mehr gebunden als an die Gegenwart und ohne Hoffnung für die Zukunft. Ich erlebe es nicht, dass es uns wieder gut, ja nur erträglich wird.
Mit Empfehlung an Ihre Frau und herzlichem Grusse, auch mit der Bitte um nachsichtiges Verstehen meiner Absage und um kurze Pause unseres Verkehrs
Ihr alter
BSfft.

Privatdozent Dr. Karl Polheim Graz Radetzkystr. 17.

Graz, 7. September 1921 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Graz Harrachg. 1
7.9.21

Lieber Freund, Ich trage eine sehr alte Schuld an den Euphorion ab. Mindestens dreimal habe ich dazu angesetzt, Vorarbeiten gemacht, jedesmal kamen Hinderungen. Endlich das viertemal gelang die Beendigung, wenn mans denn Gelingen heissen kann. Wo man Verstand und Arbeit findet, lobt man gerne; aber I.s Art und Unart macht es verzweifelt schwer. Wenn Ihnen die Anz. zu lang ist, so streichen Sie etwa die Anm. zum 1. Gesg. heraus. Ich hätte ganz gerne den vorbereiteten kommentar zu allen 12 Gesgen gegeben, aber ich kann Ihnen nicht noch weitere (ungefähr 27) Blätter zumuten. Unproduktiv ist die kritik auch so nicht, meine ich.
Ich lege einen Zettel für die Bibliogr. des Euph. bei, zu etwaiger Berücksichtigung.
Nächstens wird Ihnen das 7. Hft der Prolego- mena ad Wielandum zugehen, unlesbar, aber allerlei philolog., mühselige Untersuchung, nicht nur Sammelei: Nehmen Sie es freundlich auf.
Eine ehemalige Zuhörerin Frl. Dr. Gretl Krinner wird sich an Sie wenden, ein sehr verständiges Frauenzimmer, dem ich riet, in Meran im Interesse der deutschen Schule auszuharren. Nun verlangt der ital. Inspektor den Druck der Diss., es ist also eine nationalpolitische Sache. Die Diss. hat mir s. Z. gefallen. Der Versuch die Kalendergeschichte Anzengrubers von den Dorfgängen zu scheiden, richtiger: die Scheidung zu erklären, schien mir gelungen. Sie weiss, dass sie stark kürzen muss, wenn Sie ihr den Euph. öffnen wollen.
Wie leben Sie und Ihre Frau? Ich grüsse Sie beide herzlich. Ich exisitiere; vergrämt, privat und politisch. Vielleicht fahr ich Ende nächster Woche auf 8 Tage zu meinen alten Schwestern nach Würzburg. Ich bin seit 1916 keinen Schritt aus dem Weichbildvon Graz gekommen.
In alten Treuen grüsst
Ihr ergebenster
BSfft.

Soeben kommt mir Ihr neuester Euph. zu Gesicht. Zu der von Ihnen trefflichst begonnenen Nachlese fügt sich ja im Abstand meine Sendung.

Lans, Tirol, 13. September 1921 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lans, 13. Sept. 1921

Lieber Freund! Eine grössere Freude hätten Sie mir gar nicht machen können, als durch Ihre Rezension. Endlich wieder einmal einen ! Beitrag von Ihnen. Wenn Sie gestatten, dass ich sie als Fortsetzung der Sammelrezension einreihe, so werde ich sie in XXIV/2 unterbringen; XXIV/1 ist leider schon voll. Wenn Sie sich nichts daraus machen würden, dass ich die Rezension auf 2 Hefte verteilte, so würde [ic]h um den Rest des Kommentars auch bitten; der Kommentar käme dann in XXIV/3. Aber ich hätte ev. auch noch eine andere Verwendung dafür. Ich habe die Absicht, wenn ich XXV/1 noch erlebe, dieses Heft zu einem Eliteheft zu machen, ohne weitere Vorbemerkung, vielleicht nur mit dem Verzeichnis der Mitarbeiter von Bd. 1-24 würde ich diejenigen Mitarbeiter des 1. Bdes, die noch am Leben sind um Beiträge bitten, die Okt. [22] fällig wären. Hätten Sie dafür keine Untersuchung, so könnten Sie jenen Kommentar beisteuern.
Überlegen Sie sichs.
Ich wollte Sie nach meiner Heimkehr fragen, ob Sie Bock, Wielands Aesthetik besprechen wollen? Sie haben es bereits in Ihren neuen Proleg. zitiert. Diese habe ich mit grosser Belehrung geles[en]. Die verschiedenen Abhandlungen über die Doppeldrucke sind höchst lehrreich. Wunderbar, was alles sich noch zusammenfindet. Beneidenswert sind Sie, dass Ihnen diese Untersuchungen so splendid gedruckt werden. Vielen Dank dafür.
Mit der Abhandl. über Anzengruber wird es schwer halten. Der Jahrgang XXIV ist so gut wie voll (Sehr gute Sachen über die Neukirchsche Sammlg., über Stranitzky; sehr nette Briefe etc.). XXV/1 besetzt. Also ich müsste die Dame auf XXV/2 vertrösten, was ihr wenig nützen wird und mir auf 1 1/2 Jahre die Hände bindet. Das Thema wäre sonst zeitgemäss und wichtig. Sie wird bei Ebering oder Muncker ankommen können, was allerdings Geld kostet. Tut mir sehr leid. Jedoch werd ich noch anfragen, wie stark die gekürzte Arbeit ist.
Wir haben 2 herrliche Monate in Lans zugebracht und soweit man sich in meinem Alter noch erholen kann, hab ich es trotz vieler Korrekturen, getan. Ich habe Sie durch Zingerle u. Radakowitsch, welch letztere unsere sehr angenehmen Nachbarn waren, grüssen lassen. Z. ist sehr alt geworden; aber er wi[r]d von mir dasselbe gefunden haben.
Nun hab ich noch Leidenswochen in Wien vor mir. Die sozialdemokr. Mehrheit des Gemeinderates will von der Fortsetzg. der Ausgabe nichts wissen. Nun muss ich hausieren oder betteln gehen. Wir sind in eine schlechte Zeit hineingeraten.
Mit herzlichen Grüssen
Ihr
treulichst ergebener
ASauer

Adresse bis 14. Okt.
Wien VIII.
Lenaugasse 19

Graz, 6. Oktober 1921 (Donnerstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Transkription fehlt

Prag, 29. März 1922 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ihr Manuscript nehme ich nach Wien mit, um es in die Druckerei zu geben. Die Fortsetzung wäre also gegen Ende Juli fällig. Da ich voraussichtlich um jene Zeit in Österreich sein werde, so warten Sie vielleicht meine Ver[stän]digung ab. Sollten wir, wie wir planen, wieder nach Lans gehen, so sind Radakovitsch vielleicht so liebenswürdig das Man. mitzunehmen. Das Man. zu XXV/i wäre dann Ende Dezember fällig. Burdach, Köster, Muncker, Roetteken, Hauffen haben zugesagt. Zwierzina liefert die Schönbach-Bibliographie. Einen kurzen Briefwechsel J. Grimm – Hildebrand, zwar blosses Abendleuchten, aber immerhin noch Licht, habe ich als besonderen Schmuck. Wenn ich irgend ein literarhistorisch bedeutsames Dokument von [Sc]herer oder ESchmidt kriegen könnte, wärs mir lieb.
Es gieng mir den Winter über nicht zum besten; trottete ebenso so fort, Tag für Tag, Stunde für Stunde. Möchte es Ihnen besser ergehen.
Mit vielen Grüssen Ihr treulich erg. A. S.

Vom 3.-29 April. Wien VIII. Lenaugasse 19.

Herrn Hofrat Prof. Dr. Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.
Steiermark

Wien, 17. April 1922 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Sie fragen mich auf Ihrer letzten Karte, wie Sie Ihren Kommentar eingerichtet haben. Da ich Ihr Man. gerade druckfertig mache so melde ich:
Gesang 1 Strophe 1 V2 „ins alte ????? Land“. Romantisch: ......
?????. – 4 ff „das magische Band ... um meine Stirne“: die antiken Jahre ...
8 der Ritter: Hüon. – 2 1
Die blau unterstrichenen Zahlen petit.
In Ihrem Man. steht zwischen 2 und 1 ein Komma; das streiche ich weg. Querstriche stehen nur bei neuen Strophen
Ich breche bei Schluss des ersten Gesanges mit „Fortsetzung folgt“ ab und halte den 8. Gesang zurück. Wollen Sie ihn zurückge[sandt] haben, so bitte ich um Nachricht.
Sie fragen wegen der Forsetzung der Grillparzerausgabe. Theoretisch ist alles in Ordnung. Aber praktisch stockt alles noch. Erst wenn Sie Band 3 der Jugendwerke und Band 3 der Tagebücher wirklich zugesendet bekommen, dann dürfen Sie an die Wiederaufnahme glauben. Die letzte Verzögerung ist dem Buchhändlergehilfenstreik zuzuschreiben; aber ich bin schon abergläubisch geworden: ich werde diesen Tag nicht mehr erleben. Momentan werden die Geheimschriften gedruckt und faksimiliert.
Angenehme Ostern wünscht Ihnen herzlich grüssend Ihr
treulich erg. A. S.

Herrn Hofrat Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Lans, Tirol, 21. Juli 1922 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Dr.
Bernhard Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

Lans, Tirol, 21/7 22.

Lieber Freund! Vielleicht können Sie Ihr Man. dem jungen Dr. Radakovitsch mitgeben, der den Eltern demn[äch]st hierher nachfolgen soll. Ansonsten hoffe ich bis 15. Spt. hierbleiben zu können, wohin das Porto immerhin mässiger ist als nach Prag. Hoffentlich bekommen Sie baldigst Korrektur. Die Wiener Setzer sind im Juni u. Juli auf Urlaub gegangen, um uns den August u. Spt. zu verderben. Trotz der ungeheuren Schwierigkeiten haben wir es gewagt, wieder hierher zu gehen und ich bedaure es nicht, obgleich die Sorgen gross sind. Am meisten erfreut das Ferns[ein] von der Heimat, die uns zur Fremde geworden ist und man sieht immer erst was Leben heisst, wenn man das feindliche Land verlassen hat. Ihnen einen recht angenehmen Sommer wünschend Ihr aufrichtig erg.
ASauer

Lans, Tirol, 9. August 1922 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lans, 9/8 22.
Lieber Freund! Verzeihen Sie, dass ich Ihnen den Empfang Ihres Man. so spät dankend bestätige. Es schreibt sich so schwer hier und es kommt täglich irgend eine Postarbeit da[zw]ischen; da die Wiener Setzer im Juni u. 1/2 Juli auf Urlaub gegangen sind und die Hochflut der Korrekturen pünktlich einsetzte, als ich von demselben Rechte Gebrauch machte. Ich hoffe daher, dass Sie auch recht bald Korrekturen vom 1. Teile Ihrer Besprechung bekommen. Obgleich ich mein čechisches Geld viel zu früh, schon im Mai, umgetauscht habe und daher hier sehr teuer lebe, so gedeihe ich doch körperlich prächtig; die geistigen Kräfte halten damit leider nicht Schritt; aber man wird bescheiden. Ich habe auch allerlei Besuche von Schülern und Freunden und so bringe ich meine Zeit leidlich hin.
Schade, dass uns nicht auch noch einmal ein Plauderstündchen gegönnt ist; an Stoff würde es uns nicht fehlen; aber wie sind die Reisen jetzt beschwerlich geworden!
Ich begrüsse Sie herzlichst als Ihr treu angeeigeneter
ASauer

Herrn Hofrat Seuffert
Graz
Harrachgasse 1.

Prag, 27. September 1922 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Hofrat Seuffert
Graz (Steiermark)
Harrachgasse 1

Lieber Freund! Nun bin ich in Sorge, dass Sie Ihr Manuskript nach Lans dirigiert haben, da die dortige Post, trotz anderem Auftrag, meine Post nach Wien an meine vorjährige Adresse sendet. Ich habe bereits alles veranlasst, damit das Man. n[ic]ht verloren gehe und werde Ihnen sofort Nachricht geben, wenn es eintrifft.
Nun hält mich heuer schon zum zweiten Male ein Streik auf. Es ist zum Verzweifeln. Jedoch müssen Sie endlich dieser Tage die erste Korrektur bekommen.
Der frühe Einfall des Winters regt manche Sorge an; wie denn mein Herz mehr im gewesenen Ö. ist, al[s d]ie dortigen Freunde wissen und ahnen.
Mit besten Grüssen Ihr
treulich erg.
AS.

27/9 22

Prag, 4. Oktober 1922 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Hofrat Seuffert
Graz (Steiermark)
Harrachgasse 1

Lieber Freund! Herzlichen Dank für die schöne Gabe! Ich war längst eifersüchtig auf die GRM, die Sie damals bevorzugt haben; nun kann jene Zs. auf die alte eifersüchtig sein. Leider ist mir in Bzeug auf dieses Heft nicht alles so gelungen wie ich wollte. Köster wurde unged[uld]ig und wünscht seinen Beitrag noch in diesem Jahre gedruckt. Anderseits kann ich mit einigen Briefen Jacob Grimms und anderer Germanisten, darunter Müllenhoffs, Zachers, Liliencrons aufwarten, die das Heft sehr interessant machen. Ein wenig verspätet wird es auch erscheinen, da ich um 1/4 Jahr zurück bin.
Möchte sich Ihr Winter recht ergiebig gestalten. Das Wort „angenehm“ wagt man nicht mehr in den Mund zu nehmen. Könnten Sie sich wieder einmal zu ei[n]er Rezension entschliessen, so bitte, sagen Sie es mir; ich trachte dann das Buch zu erlangen.
Mit den herzlichsten Grüssen Ihr
Treulichst erg. ASauer.

4/10 22

Graz, 2. April 1923 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Lieber Freund, Marianne Thalmann Wien hat Ihnen ihr neues Buch mit dem m. E. unschönen Titel zugeschickt u. bittet mich, bei Ihnen ein Wort einzulegen, dass die Arbeit im Euphor. besprochen werde. Ich denke, das würde auch so geschehen, da ein Blick darein lehrt, dass es solide Arbeit und eigen stilisiert ist; ich halte bes. die Auffassung ETA Hoffmanns für sehr gelungen. Sie war Schönbachs Liebling u. hat auch bei mir gearbeitet, wodurch ich selbst ihre Sachen nicht besprechen kann. Um eines möchte ich bitten – sie hat mit keiner Silbe daran gerührt – : geben Sie es nicht M. Pirker, der komisch eifersüchtig auf das Frl. ist, weil es sich auch mit ETA H u. s. Zeit beschäftigt; greifbarer als er kommt mir vor. – Bei mir wartet ein Artikel der Tagespost: Grillparzers Liebe, Rath. Altenburger von Baravalle (Lokalforscher) einer Gelegenheit beigelegt zu werden: allein lohnt er das Porto nicht. – Die neue Vjs. bringt einen echten Burdach. Das Programm berührt mich unangenehm; von Philol. über Phil. zu Soziologie: dazu bin ich zu altmodisch, antilamprechtisch; auch wunder ich mich, wie viel uns Alten selbstverständliche Sätze neueste Entdeckungen u. Prägungen sein sollen. Freilich die Finessen der Unterschiede von Psychologie u. Psychoanalyse versteh ich nicht. U. das ewige Geleier von Synthese wird mir unausstehlich: als ob jemals ein vernünf- tiger Mensch Analysen zu etwas anderem als zur sichernden Grundlage für Synthesen gemacht hätte. Schade um das viele Herum- und Danebendenken; lieber Beispiele arbeiten als methodologisieren! Herzlich alles gute! Ihr
BSfft.

2.4.23

Herrn Hofrat
Prof. Dr. August Sauer
Prag Smichow 586

Prag, 29. April 1923 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 29/4 1923
Smichow 586

Lieber Freund!

Frl. Thalmann kann ganz unbesorgt s[ei]n, wie ich ihr auch persönlich schrieb; ich werde das Buch nicht Pirker überweisen. Ich denke an Enzinger, dem Motivgeschichte am nächsten liegt. Freilich das überaus fleissige Buch beruht nach meiner Meinung auf einer falschen Voraussetzung, für den jungen Tieck und E. Th. A. Hoffmann mag es richtig sein; aber der übrige Roman der Romantiker hat andere Quellen. Jedenfalls ist der Aperçu überspannt. Freilich sind mir solche Bücher noch immer lieber als die der geistreichen jüngsten Generation. Am ärgsten treibt es Czycharz !, der deswegen auch mit dem Schererpreis gekrönt wurde; an Verworrenheit ist nicht mehr zu übertreffen. In der philos. Gesellschaft in Wien sagte er als Probe seiner neuen Methode: man spreche beim Werther immer vom Einfluss der Sentimentalitätsperiode, des Rousseau [u]s.w.; aber das Ganze seien doch nur Kosmische Agentien, in Goethe materialisiert. Zu Srbik, den wir vor kurzem hier zu begrüssen die Freude hatten, sagte er: er wisse ja nicht wie lange er lebe; alle Dichter könne er doch nicht lesen; also fange er gar nicht damit an. Und solche Leute kriechen schon jetzt um einen herum und lugen nach unsern Lehrkanzeln aus!
Einem von ihnen, einem Strichianer, ist leider auch der Euphorion aufgesessen. Ein gewisser Hübscher, mir von den Münchnern gut empfohlen, schickte mir seine fleissige brauchbare Disserta- tion über die Chiffern in Neukirchs Sammlung, die ich abdruckte. Bald darauf kam ein zweites Man. über das Barock des 17 Jhs. Obwohl ich [mi]t vielem nicht einverstanden war, nahm ichs an. Unmittelbar nach dem Erscheinen von Fritz Strich unendlicher Vollendung oder vollendeter Unendlichkeit forderte er sein Man. zur Umarbeitung zurück und schrieb es – o Schrecken – auf der Rückseite ins Unendliche um. Ich hätte wohl den Mut aufbringen müssen, diese Verstrichlung und Verschlechterung zurückzuweisen; nun hab ich mir das eigene Nest versenett, gerade zu derselben Zeit als der neue Seuchenherd in Halle begründet wurde. In Zukunft will ich vorsichtiger sein. – Leider liess mir Fromme das sonst sehr gute Heft 5 Monate liegen, weil er beim Marksturz einige Verluste gehabt hatte und so bin ich wieder ins Hintertreffen gekommen; aber nun werden Sie die Korrekturen des Jubiläumsheftes bald bekommen. Kös[ter]konnte es nicht erwarten und zwang mich seinen Aufsatz früher zu bringen. So ist mir meine Absicht nur halb gelungen. Trotzdem ist das Heft sehr wertvoll und enthält ausser Ihrem u. Elsters Aufsatz sehr interessante Briefe von Jakob Grimm, Müllenhoff etc.
In Wien gabs namenlosen Ärger; die Grillparzerausgabe soll an Schroll verkau[ft] werden, was für den Vertrieb ganz gut wäre, auch für das Tempo; nur wollen sie die Ausgabe drosseln. Der Umweg gieng über eine von Schroll geplante Volksausgabe, wobei sich Dr. Rollett, den ich für anständig hielt, sehr schlecht benommen hat. Überhaupt ist jetzt die ganze Welt käuflich!! Wir können mit Meister Anton ausrufen: Ich kenne die Welt nicht mehr.
Herzliche Grüsse von Ihrem getreuen A. S.

Ein amerik. Buch über Wielands Verhältnis zu den Frauen läge bei mir, wollen Sie nicht 5 Zeilen darüber schreiben oder auch mehr. Einen interessanten Aufsatz von Steinberger konnte ich leider Raummangels nicht annehmen.

Prag, 27. Mai 1923 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Hofrat Seuffert
Graz (Steiermark)
Harrachgasse 1.

Lieber Freund! Seien Sie bitte nicht ungehalten, dass Ihnen unsere wolgemeinte Schrift in einem so unfertigen Zustand überreicht werden musste. Seien Sie auch so gütig, die Aufsätze erst im Reindruck zu lesen, der etwa noch 2-3 Wochen auf sich warten lassen wird, weil Fromme bei [dem] raschen Umbruch ein paar Dummheiten passiert sind; so sind z. B. in Polheims Aufsatz 2 Absätze ausgefallen. Nicht allein meine unvermeidbare Reise nach Berlin war daran Schuld. Also wir bitten um Gnade für ! Recht.
Ich habe u. a. Burdach u. Petersen, A. Fries, Frau Friedländer, Frau Scherer, Frau Daniel Jacoby gesprochen, den Schellingnachlass mit meinem Schüler Stefansky in der Akademie gesichtet; den Ulenhart, den wir in Prag faksimiliert hrsg., collationiert und bin recht angeregt und erfrischt zurückgekommen. Über die sonstigen Eindr[ück]e schweig ich.
Mit herzlichen Grüssen Ihr
aufrichtig erg.
AS.

27/5 23.

Wien, 18. September 1923 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Hofrat Seuffert
Graz
Harrachgasse 1

Lieber Freund! Ihre willkommene Sendung, für die ich bestens danke, trifft mich zum Ferienabschluss in Wien. Ich war 8 – 15. Juli da, dann bis Anf. Sept. in Boskowitz bei Brünn mit Dr. Stefansky, auf Korrekturen wartend, die nicht kamen, dann 1 Woche auf Schloss Habr[ov]an bei Frau v. Gomperz-Bettelheim musikschwelgend. Hier in Wien stürzen nun die Korrekturen lawinenartig auf mich herein, wie sich nächstens erweisen wird. Nach 10 Jahren kommt tatsächlich die Ausgabe wieder in Fluss, nicht ohne grosse materielle und wissenschaftliche Opfer meinerseits; aber die Hautpsache ist gerettet. – Morgen wird sich das Schicksal des Euphorion entscheiden. Ich möchte ihn jetzt bei Deutschlands Not um jeden Preis halten.
Ihre Frage kann ich erst in Prag beantworten, wohin ich am 27. reise. Ich werde mir möglichste Mühe geben. Sollten seine Studien Ihren Sohn einmal nach Prag führen, so, [bi]tte, soll er nicht an mir vorüber gehen.
Meine Familie war in Füssen in Baiern, ist aber nun gottseidank schon zurück.
Ich begrüsse Sie herzlichst als Ihr
Treulichst erg. ASauer

18/9 23.

Prag, 26. November 1923 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag 26/11 1923
Smichow 586

Lieber Freund! Brecht ladet jetzt die Preisrichter der Minorstiftung zu (privaten) Vorschlägen ein. Es geschieht das auf meine Veranlassung; ich habe ihm nach der ersten Verteilung durch Muncker schreiben lassen, dass ich den damaligen Vorgang misbillige, dass man nur den einen Namen erfuhr u. nichts weiter. Da ich damals kaum von meinen schweren Operationen genesen war, stimmte ich widerwillig zu. Später schämte ich mich dieser Zustimmung, u. tue es auch heute noch. Ich möchte gerne eine ähnliche Abdankung der LG. verhindern und wage es daher mit Ihnen (und Muncker) Fühlung zu nehmen. Der Schererpreis wurde in diesem Jahr zwischen Czycharz (Erfahrung & Idee) und Vietor (Ode) geteilt. Es ist nun zu fürchten, dass Brecht und Petersen wieder mit ihren Kandidaten erscheinen. Cz. ist der grösste Confusionarius den es gibt. was Petersen privatim zugab! Vietor ein fleissiger Arbeiter; aber vgl. ich seinen Hölderlin mit dem Lehmanns, so ist dieser zwar etwas schulmeisterlich pedantisch, aber doch weit tiefer u. auch ergebnisreicher als Vietor. Ob Strich zu fürchten ist, weiss ich nicht. Roethe lehnt ihn in seiner Rektoratsrede a[b]. Er ist ganz unter die Myth[ologe]n gegangen. Von Geschichte keine Spur mehr. Ich würde Nadler vorschlagen; aber 1918 ist nur der dritte Band erschienen; die 2. Auflage des 1. erst 1923. Man wird also sagen können: es sei kein abgeschlossenes Werk. Vielleicht erlebe ich noch die nächsten 5 Jahre; freilich dürften wir nach unserer Pesio[nie]rung abgesetzt werden.
Ich meine nur: an erster Stelle stünde Hauffens Fischart. Es ist ein darstellendes Werk auf wissenschaftlichen Vorstudien, das eine ganze Epoche beleuchtet. Schröder hat es (allerdings nur auf einer Postkarte) über alles gerühmt. An zweiter Stelle stünde vielleicht Neumanns Reimbuch wenn es nicht zu philologisch ist. An dritter vielleicht Liepe, Elisabeth von Nassau-Saarbrücken, wenn das neuere deutsche LG. ist. Sonst wäre etwa an Mayncs Immermann zu denken. Willy Flemming? Kluckhohn ist doch etwas ungeordnet. Gundolfs u Witkops Kleist sind beide äusserst schwach; der erstere wird seiner eigenen Methode darin untreu, kennt aber die frühere Forschung kaum; Witkop ist ein mässiges Collegienheft.
Ich warte mit meinem Schreiben an Brecht, bis ich Ihre Antwort habe; denn es eilt ja nicht. Vielleicht sind Sie über die Absichten der anderen Preisrichter besser unterrichtet als ich. Jedenfalls sagen Sie mir Ihre Absicht. Ich vertrage Widerspruch ganz gut; jedenfalls von Ihnen.
Ihre Anfrage wegen Gerles habe ich nicht vergessen; unsere Weihnachtsferien beginnen bald. Jetzt korrigiere ich an 5 Bden Grillparzer zu gleicher Zeit und habe 57 Leute im Proseminar. Das sagt alles. Herzlich grüssend Ihr treulich ergebener ASauer.

Graz, 3. Dezember 1923 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

3.12

Lieber fr. Ich erhielt keine nachricht als die anfrage Brechts, antwortete ihm, dass ich unsere meinungsäusserungen ihm gegenüber für statutenwidrig halte, denn sie nehmen doch vorschläge vorweg; dass er mit einem vorschlag einzuleiten habe, ich die beste arbeit a. d. zeitraum nicht kenne, also keinen vorschlag erstatten könne; allenfalls f. Korffs braven Voltaire zu haben sei. Nicht f. Nadler, Strich, Kluckhohn. Natürlich trifft diese Antwort nicht Ihre mir wertvolle beratung mit mir; ich sehe nur nicht ein, warum wir Brecht das odium des vorschlags abnehmen sollen. Übrigens ????? ????? ????? ????? wenig neues; nicht Cysarz Erfahrg u. I. – seine Antrittsvorlesung hat mir gründlich misfallen – , nicht Vietor, Mayncs Imm., Flemming, Witky. Auf dessen frühere arbeiten halte ich nichts. . Wenn der Immerm. auf d stufe des normalarbeit Mörike steht, kann er etwa in frage kommen. Neumann ist nicht littgeschlich, rein grammatisch. Lippe hübsch, aber eng. Von Gundolfs Kleist kann keine rede sein. Hauffen Fr schätze ich als gründliche arbeit sehr hoch; dass er seinem helden so wenig verwandt ist, ist ein glück f. ihn aber nicht für die darstellg. Orignell ist von dem mir bekannten nur Brechts Meyer, aber der preisrichter scheidet aus; abgesehen davon, dass ich die wert Einstellg. nicht teile. Gerle eilt nicht.

Prag, 30. März 1924 (Sonntag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. B. Seuffert
Graz (Steiermark)
Harrachgasse 1.

Lieber Freund! Ihr jüngerer Kollege ist zu beneiden und zu beglückwünschen, dass er im Stande war, Ihnen ein solches Meisterstück abzuschmeicheln und ich bedaure nur, dass Sie nicht mehr arbeiten, d.h. [v]eröffentlichen. Ich habe mich trotz Ber[gen] von Korrektur sogleich darüber gemacht und mir einen guten Abend bereitet. In der Grundauffassung habe ich immer dasselbe gedacht und auch vorgetragen. Das Einzelne habe ich nie so durchdacht, wie mit Ihnen. Eingefallen ist mir, ob man bei den Romanzen des Harfners nicht an Claudius hätte erinnern können.
Die armselige Gegengabe, die ich Ihnen als eben fertig geworden schicke, ist nur zu entschuldigen aus lokalem Ehrgeiz; denn der Druck als solcher war des Faksimilierens nicht wert und ich der schelchteste Herausgeber, weil es nicht mein Gebiet ist. [A]lso Nachsicht.
Vom Minorpreis hört man nichts mehr. Ich habe Hauffen u. Unger vorgeschlagen; Muncker Strich u. Hauffen. Petersen ebenso.
Viele Grüsse und besten Dank von
Ihrem altergebenen AS.

30/3 24

Prag, 13. Mai 1924 (Dienstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich danke Ihnen herzlichst für Ihre letzte Abhandlg. Ich bewundere Sie, dass Sie Ihre alten Waffen immer noch rühren können; ich bin ihrer ganz überdrüssig und mir könnte nichts unlieberes widerfahren, als dass ich die Textgeschichte des Götz noch einmal zu revidieren hätte (meine Schulausgabe habe ich leider noch einmal machen müssen). Wenn übrigens die verdammten Bibliophilen durch solche Vorarbeiten die Philologen vernünftig unterstützten, dann wäre ihr Dasein gerechtfertigter als es jetzt ist.
Nun ist also doch Hauffen vorgeschlagen worden. Sie haben ihm ho[ffen]tlich zuletzt auch Ihre Stimme gegeben. Mein nächstes Heft wendet sich gegen Korff und Walzel. „Gehalt und Gestalt“ ist ein Skandal sondergleichen. Er ist ganz senil geworden. Mit allen guten Wünschen
Ihr
treulichst erg.
ASauer

Herrn Professor Dr. Bernhard Seuffert
Graz (Steiermark)
Harrachgasse 1

Graz, 30. Mai 1924 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Selbstverständlich, lieber Freund, habe ich gerne Ihrem u. Brechts Vorschlag auf Preiskrönung des Fischart zugestimmt. Dass Brecht sich dabei ausdrücklich zur älteren Richtung bekannte, war mir besonders angenehm.
Die Faustkletzelei habe ich ungern gemacht, wollte mich aber nicht versagen; mir wars ganz entfremdet u. es kommt nichts textkritisch Wertvolles dabei heraus. Nur in diesem Falle mache ich noch immer mit Lust Textvergleichungen. Den reinen Bibliophilen bin ich nicht so gram wie Sie; aber die meisten sind Händlerseelen, u. nur für die Preistreiberei der Anitquariate arbeite ich widerwillig. Auf Ihre Stellungnahme gegen Korff u. Walzel bin ich gespannt; über jenen hab ich mich schon bei Ihnen geäussert: das Voltairebuch war mir belehrend. Von Gehalt u. Gestalt hab ich nur die 1. Lieferg angesehen u. war damit satt. Walzel hat gesagt, Dilthey hat gesagt, Walzel hat gesagt u. wieder Walzel hat gesagt..... usw. in infinitum. Aber das Buch bestätigt den Nachwuchs. Ich habe eben eine roman. Diss. von 670 eng beschriebenen Folioseiten lesen müssen: Ermatinger + Walzel + etwas Dibelius. Programmatische Syste- matik zum Erbarmen. Dieser Geist der Zeit ist mir öde. Ich hoffe nicht, dass man meinen Theaterroman damit infiziert findet u. weise zurück, dass der Romanist sich auch auf mich beruft. Ein Anglist hat ohnedies meine Dramenschemata durch starre Anwendung in einer gleichfalls langen Diss. fast ad absurdum geführt. Sie erleben auch, dass man durch Schüler an sich irre wird. Herzlich grüsst Ihr getreu ergebener
BSfft.

30.5.

Herrn
Hofrat Prof. Dr. A. Sauer
Prag XVI
Smichow 586.

Graz, 18. Juni 1924 (Mittwoch)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Herrn Hofrat
Prof. Dr. A. Sauer
Prag
Smichow 586

Lieber Freund, Das heiss ich einen Sprung vorwärts getan! Wie freue ich mich, dass Ihre Sache dank Ihres opferwilligen Bemühens so emporschiesst. Und nehmen Sie meinen herzlichsten Dank für die überaus kostbare Gabe, die mich beschämt. Meine Hände sind leer. Ich bringe nichts voran. Aber das war immer so, dass Ihre Arbeitskraft sondergleichen ertragreicher war. Möge sie Ihnen erhalten bleiben! uns zum Nutzen, Ihnen zur Befriedigung. In Treuen Ihr aufrichtig ergebner
BSeuffert

18.6.24

Prag, 6. Dezember 1924 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Vielen Dank für Ihre feine Festschrift, die zu lesen ein hoher Genuß ist, Wie Sie alles durchleuchten und durch????? ohne Pom[p]worte und ohne ?????, das macht Ihnen niemand nach. Sie hätten ein Handbuch schreiben müssen, nicht der senil gewordene Walzel. – Es tut mir leid, daß Sie mir nicht sagten, daß Ihre Arbeit befristet ist; ich hatte mir vorgenommen, in den Weihnachtsferien meine Zettel herauszusuchen; denn ich glaube sogar, daß Mörike Rochlig gekannt und benutzt hat. Ich habe es jetzt getan; finde aber nur Seitenzahlen: ein Zeichen, daß ich das betreffende Buch selbst besitze. Wenn Sie es gestatten, lege ich die Sache im Anschluss an Ihre Schrift, über die ich sonst kein [öf]fentliches Urteil erlaube, nächstens dar. Ich wollte es schon in einer Selbstkritik meiner illustr. Ausgabe tun, wurde aber dann abgezogen, wie von so vielem andern. Die 4 Bände Grillparzer, die zu Weihnachten hätten ausgegeben werden sollen, sind von mir aus fertig; aber Buchdrucker und Buchbinder scheinen nicht nachzukommen und so erscheinen die Bände einzeln als Gespenster auf der Oberwelt nach und nach.
Ich wünsche Ihnen gesegnete Weihnachtsfeiertage oder brauchen Sie diese nicht mehr, weil Sie nicht mehr lesen?
Bestens grüßend Ihr altergeb.
A. S.

Herrn Hofrat Prof. Dr. Seuffert
Graz (Steiermark)
Harrachgasse 1.

Prag, 11. Dezember 1924 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Nur, damit Sie vielleicht nicht wirklich glauben, Ihre Arbeiten gehen lautlos unter, schicke ich Ihnen ????? Reg. Ihres WMeister, die im 4. Heft Euphorion erscheint. Zum Verständnis müssen Sie seine Rezension über Zinkernagel im 3. Heft heranziehen; und nur weil ihm ????? ????? ????? hatte, übermittelte ich ihm auch Ihr Buch. – Ich halte im Sommer Übungen über Gotthelfs Technik und habe nur Ihre Arbeiten als Richtschnur angegeben und angezapft. Sie tun sehr Unrecht, Ihr Wissen in dieser Hinsicht zu verbergen und zu verstecken. Dadurch kommt es dann, daß Walzels trauriger Unsinn triumphiert. Was soll man den Studenten empfehlen. Unser englischer ????? ist auf das Handbuch hereingefallen und dort sehen es auch meine Studenten und so werden sie verdorben. Und niemand sekunidert mir in der Öffentlichkeit. All[es] lobt und lobt und lobt, damit ihnen ja von niemandem andern der kleine Finger verletzt werde. Graf Lobdumirsky – Lobichdirsky war Keller ?????. – Ist denn Ihr Nachfolger schon ernannt? Man erfährt hier eher etwas über ????? als über einen der Nachfolge?????.
Mit besten Grüßen Ihr
treulich ergeb.
ASauer

11/12 24.

Herrn Prof. Dr. Seuffert
Graz (Steiermark)
Harrachgasse 1.

Prag, 14. Januar 1925 (Mittwoch)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Professor Dr. B. Seuffert
Graz (Steiermark)
Harrachgasse 1

Lieber Freund!
Frau R. Kaulitz-Niedeck schickt einen Brief Wielands an den baltischen Dichter Martin Heinrich Arvelius vom 16. Augu[s]t 1795; er stammt aus dem Dommu[se]um in Reval. Es ist natürlich für mich ganz unmöglich, festzustellen, ob der Brief gedruckt ist, da er in Goedeke 3 nicht steht. Verzeihen Sie also, daß ich Sie behellige. Um Ihnen aber die Mühe einer Rückantwort zu erlassen, schlage ich vor: Wenn in 8 Tagen keine Antwort von Ihnen kommt, so nehme ich an, daß der Brief ungedruckt ist
Mit bestem Dank und Gruß
Ihr
altergebener
ASauer

Prag 14/1 25
XVI., 586

Prag, 16. Februar 1925 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Prag XVI / 586, 16.2.25

Lieber Freund!
Verzeihen Sie, dass ich Sie mit folgender Sache behellige: es wollte sich im vorigen Jahre der Professor Körner von einer hiesigen Mittelschule bei uns habilitieren. Er wurde abgewiesen und hat den Rekurs an das hiesige (tschechische) Unterrichtsministerium ergriffen. Das Ministerium hat uns vorläufig freie Hand gegeben und weil Körner eine Überprüfung durch einen andern in- oder ausländischen Fachmann verlangt, so hat die Fakultät auf meinen Antrag beschlossen, ein solches Gutachten einzuh[ol]en. Wir haben uns zuerst an Petersen gewendet, der aber, wie Ihnen sein beiliegender Brief zeigt in einer etwas schwierigen Lage ist. Er hat nämlich das Buch gerade in den preussischen Jahrbüchern besprochen und seine Meinung dort festgelegt. Er rät uns daher, noch ein zweites Gutachten einzuholen und schlägt Sie dazu in erster Reihe vor. Ich frage daher bei Ihnen an, ob Ihnen unsere Fakultät die Akten zusenden darf. Mühe würde Ihnen nicht viele daraus erwachsen, weil es sich nicht um eine Kritik des Buches, sondern nur um eine Überprüfung unseres Gutachtens handelt. Ich habe den sachlichen Teil daraus daraus in einer Kritik des Euphorion drucken lassen, die in diesen Tagen erscheint und die ich Ihnen gleichzeitig in Correcturbogen zusende. Dass Sie mir und unserer Fakultät einen sehr grossen Dienst erweisen würden, brauche ich Sie nicht zu versichern. Dass der Betroffene Himmel und Hölle in Bewegung setzt, können Sie sich vorstellen. Was er für ein Individuum ist, werden Sie aus dem Wortlaut seines Rekurses klar ersehen. Ich bitte Sie die fremde Handschrift zu entschuldigen, mir ist augenblicklich grösste Schonung meiner Augen auferlegt. Ihr treulich
ergebener ASauer

Prag, 19. Februar 1925 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

19.2.25
Lieber Freund, ich danke Ihnen herzlich für die genaue Durchsicht unserer Grundsätze. Ich bitte Dr. Brikmann Ihre Einwendungen u. Bedenken selbst zu beantworten. Er ist leider etwas eigenwillig denn Manches, was Sie beanstanden, hatte auch ich schon beanstandet. Aber er wird es selbst duchbeißen müssen. In Genauigkeit und Fein- sinnigkeit lässt er nichts zu wünschen übrig.
Mit herzlichen Grüssen Ihr treulich ergebener
A. Sauer

Herrn
Hofrat Professor
Dr. Bernhard Seuffert
Graz (Steiermark)
Harrachg. 1

Prag, 14. März 1925 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! Ich danke Ihnen für die Übersendung [der] beiden Briefe. Ihren Brie[f] habe ich wahrscheinlich misverstanden. Er hat mir den Eindruck gemacht, als ob Sie mit der Sache nichts zu tun haben wollten und eine Unannehmlichkeit wollte ich Ihnen nicht bereiten. Wir haben uns jetzt auf andere Weise helfen müssen; aber nach Wien haben wir uns nicht gewendet.
Ich darf langsam wieder arbeiten, aber abgemessen nach halben Stunden. Schrecklich!
Mit herzlichen Grüssen Ihr AS.

Graz, 18. Mai 1925 (Montag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Herrn Hofrat
Prof. Dr. August Sauer
Prag Smichow
586

Herzlichsten Dank für die drei neuen Bände, l. Freund. Schroll ist brav. Wenn ich unter den Vorreden 1919 lese, so spüre ich Ihr Leid um die lange Verzögerung recht lebhaft. Nun aber bonis oder doch melioribus avibus weiter! Dass Backmann Wielands dunkeln Lolo heranzog, macht mir persönliches Vergnügen. Hoffentl. sind Sie bei guter Gesundheit. Ich hatte im März eine schwere Bronchitis, deren Schwächung noch nachtönt. Ich bin eben alt u. empfinde es immer lästiger. Doch les ich 2 Stunden. In Treuen dankbar ergeben
BSfft.

18.5.25.

Prag, 22. Mai 1925 (Freitag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. Seuffert
Graz (Steiermark)
Harrachgasse 1.

Ich erkrankte Dienstag vor Ostern an einer Blinddarmentzündung, mußte mich einer sehr schweren Operation unterziehen und war in der Stadt schon totgesagt. 6 Wochen Sanatorium! und nun habe ich mich [d]och soweit erholt, daß ich schon Seminare halten u. prüfen konnte u. am 27. meine Vorlesungen wieder beginnen kann.
Das Schreiben geht noch schwer; um so herzlicher mein kurzer Gruß. Ich habe in Stegschwaben oft an Sie gedacht.
Ihr AS.

Prag, 7. November 1925 (Samstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

7/11 25.

Verzeihen Sie, lieber alter Freund, dass mein Dank für Ihre Glückwünsche und für Ihren schönen Aufsatz so spät erfolgt. Ich habe den betreffenden Bogen der Festschrift erst heute [be]kommen u. gelesen. Sie hätten sich kein sinnigeres Objekt wählen können, um mir eine Freude zu machen und Sie hätten Ihre Untersuchung in keinem günstigeren Zeitpunkte mir vorlegen können, da ich gerade an dem Band arbeite, der den Spielmann enthält. Sie sehen manches anders als ich, Sie haben mich manches anders sehen gelehrt und Sie werden bald bemerken, wie ich mich mit Ihnen auseinandersetzen werde. Ihre Methode ist wie eine ?????, sie beleuchtet grell was man sonst weniger beachtet. Sie zwingt einen so scharf hinzusehen, wie Sie selbst es tun. Für mich ist sie jedenfalls sehr heilsam und lehrreich. Ich danke Ihnen also doppelt und dreifach für die liebe Gabe, die mir den Band so wert macht.
Ich bin weit über Gebür und für meinen Geschmack viel zu laut gefeiert worden. Schon in Wien beganns; als ich nach Prag zurückkehrte, konnte ich die Vorberei[tun]gen nicht mehr rückgängig machen. Die neue Gabe der Bibliophilen: eine Bibliographie meiner Schriften erhalten Sie nächstens. Dieselbe Vereinigung stiftete mir einen kostbaren Grillparzerbrief im Original, den Sie im nächsten Euphorionheft lesen werden. Sonst zog mein ganzes Leben an mir vorbei, von ältesten Schulfreunden angefangen, über Lemberg und Graz; daß sich die Schüler bei solcher Gelegenheit einstellen, wissen Sie ja aus eigner Erfahrung. Ich bin im dritten Hundert der Antwortbriefe und lange noch nicht zu Ende.
Euphorion ist an Metzler in Stuttgart verkauft. Fromme wollte ihn absolut nicht hergeben, er lebte zuletzt von ihm, hat jetzt seine Druckerei still gelegt. Mein Kontrakt mit ihm war für mich sehr ungünstig. Es gehörte alles ihm, auch der Titel. Er verlangte für alles 14.000 ????? und 10.000 hat er bekommen. Ich nichts. Für die Zs. ist es hoffentlich eine Auferstehung, die freilich nur meinen Schülern zugute kommt, nicht mir. Aber es wird wieder Honorar gezahlt, die Bettelwirtschaft hat ein [Ende] und es melden sich auch schon Mitarbeiter mit klingenden Namen. Vergessen Sie uns bitte, nicht!
Und nun heißen Dank für alles was Sie mir im Leben geworden sind mir Liebes und Gutes erwiesen haben und die Bitte, daß Sie mir Ihre gute Gesinnung bewahren.
In alter Treue
Ihr
aufrichtig ergebener
ASauer

Ich könnte Ihnen den Band 1925 des Euphorion als Widmung der amerikanischen Em. Society ????? stiften, wenn Sie es erlauben. Ob im nächsten Jahr wieder Exemplare zur Vefügung stehen, kann ich aber nicht sagen.

Prag, 3. Dezember 1925 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Prof. Dr. B. Seuffert
Graz (Steiermark)
Harrachgasse 1

Lieber Freund! Leider hat meine Frau den de Ligneschen Briefwechsel zu Weihnachten vorigen Jahres verschenkt.
Heute komme ich nur mit einer großen Bitte. Dr. Backmann, dessen Aufsatz im Euph. über die Grundsätze zur Grillparzerausgabe Sie vielleicht gelesen haben w[er]den, will nun im Gegensatz zu der dortigen Auffassu[ng] statt H1 H2 H3 H4...
H1, H2, H3, H4 mit Komma dazwischen schreiben.
Ich finde das 1) häßlich, 2) schädlich, 3) raum?????, 4) das Zusammengehörende trennend 5) überflüssiger Weise die Gegensätze zu den Gewohnheiten früherer ????? verstärkend.
Er legt auf 5 keinen Wert, ebensowenig auf 3, findet im Gegensatz zu mir die Kommata verbindend. Er meint, es würde ihm bei der Korrektur sehr viel Mühe ersparen, da die Setzer sonst verschieden große ????? zwischen den Chiffren machen würden. Also Bequemlichkeit oder übertrieben ?????.
Nun ist Herr B. ein sehr guter Arbeiter, a[ber] ein eigensinniger, bockbeiniger Herr, bei dem ich [ga]r nichts ausrichte. Ich rufe nun eine Autorität in diesen Dingen an. Bitte, schreiben Sie mir eine ostensible ????? darüber, die ich an ihn weiter geben kann; mit Ihrer Ansicht.
Vielen Dank dafür.
Die Festschrift und mein Schriftenverzeichnis werden Sie erhalten haben. Herzlich grüßend Ihr AS.

Prag, 7. Dezember 1925 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Hofrat Seuffert
Graz (Steiermark)
Harrachgasse 1.

Lieber Freund! Vielen Dank für Ihre gütige ?????, deren Inhalt sich ganz mit meiner Ansicht deckt. Ich bin nun sehr begierig, ob sich Mister Eigensinn Ihrem Verdikt fügt.
Die Festschrift sollten Sie inzwischen erhalten haben (u. z. ein gebundenes Ex.); die Herren hier haben sie alle bereits. Wäre es nicht der Fall, so schrieben Sie ein Rert. an die Metzlerische Buchhandlung Calwerstrasse 18. Mein eigenes Ex. ist entzückend in rotes Ganzleder mit Goldschrift gebunden. Eines meiner herrlichsten Bücher.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
treulich ergebener
ASauer

Prag, 14. Dezember 1925 (Montag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Lieber Freund! alea iacta est. Euphorion redivivus. Ich hoffe Sie bleiben uns treu. Würden Sie nicht ab und zu ein Werk über dichterische ????? besprechen oder ein Sammelreferat darüber in Zwischenräumen die Sie selbst bestimmen. Ein Buch läge mir sehr auf dem Herzen: Der Stil Carl Spittelers von Walter A. Berendsohn. Zürich, Seldwyla. Das Heftchen liegt bereit. Aber auch anderes, das Sie nennen mögen.
Mit besten Grüßen
Ihr
sehr ergebener
ASauer

Graz, 2. Februar 1926 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Herrn Hofrat
Prof. Dr. August Sauer
Prag
Smichow 586

Lieber Freund, Der Grillp.-brief ist ein wertvolles Stück. Dass auch hier wie s.Z. bei der Kallischen Vjs. Burdach führt, ist sehr erfreulich. Soweit ich bis jetzt durch bin, überzeugt mich übrigens seine Darlegung nicht völlig. Ihre Gundolfanz. ist ein diplomatisches Werk. – Der Gesamteindruck ist gut; ich meine: der äussere, denn ich habe nur Sie u. einen Zpifel Burdach bisher aufgreifen können. Ich denke, die kleine Schrift ist auf besserem Papier erfreulicher. Meyer macht sie noch kleiner, die las ich in Sommersonne leicht, aber bei Winterlampe wars böse. Glückauf u. herzlichsten Dank, dass Sie mich gleich teilnehmen liessen. Treulich
der alte BSfft

2.2.26

Graz, 25. Mai 1926 (Dienstag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Faksimile fehlt.

Lieber Freund, Das ist ganz aus der Weis’ hätte Frau Pöltl gesagt. Wie bedaure ich Ihre schwere Erkrankung! Ich beglückwünsche Sie zu der Genesung u. bitte dass Sie sich schonen. Dass Totgesagtwerden ist mir im 14. Jahr begegnet u. ist mir – recht gut bekommen. So glückt es auch Ihnen. – Denken Sie auch in frohen Stunden, nicht nur in trübseligen an Ihren herzlich zugetanen alten
Freund BSfft.
25.5.26.

Graz, 28. Mai 1926 (Freitag)
Brief von Bernhard Seuffert an August Sauer in Prag

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Auszug:

Faksimile fehlt.

Danke, danke sehr, lieber Freund, für den neuen Euphorion. Ich habe mir gleich Steinbergers Wieland u. Ihren Österreicherbericht gelesen. Der gibt einen vorzüglichen Führer durch das Was u. Wie. Sie haben die ganze dtsch-öst. Litt. in Schwung gebracht. Steinb. belesen wie immer. Wenn ich nur sicher wäre bei solchen Wortbeweisen, dass man sie nicht ebenso oder fast ebenso mit andern ????? machen könnte. Bei antiker u. mittelalterl. Litt. ist das Zusammenhalten zwingender als in der vielverzweigten neuen. Immerhin, vorläufig muss ich ihm glauben. Er ist gewiss keine Unzierde des Euph.
Endlich überflog ich Petsch. Wäre er nur präciser, hier u. immer; aber ich blätterte vielleicht zu flüchtig, das ich in ????? bin.
Rasche Kräftigung wünscht Ihnen herzlich der altgetreue BSfft.

28.5.26

Prag, 2. September 1926 (Donnerstag)
Brief von August Sauer an Bernhard Seuffert in Graz

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Auszug:

Herrn Hofrat Seuffert
Graz (Steiermark)
Harrachgasse 1.

L. F. Gratuliere zu dem hübschen Fündlein (nicht: fündlin, als was sich das Heckersche Bündlein entpuppt) und danke vielmals dafür. Mit dem Heft müssen Sie Nach[sich]t haben; von den Bildern habe ich leider keine besseren Abzüge. Leider klagt der neue Verleger auch schon wieder über den Absatz. Es sind eben zu viele Zss.; die andern aber haben ihren Tross hinter sich und wir sind isoliert.
Alles Gute wünschend und vielmals grüssend
schlecht und recht vegetierend
Ihr alter AS

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